Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2007 - 5 StR 134/07

bei uns veröffentlicht am16.04.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 134/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 16. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2007 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 4. Dezember 2006 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO im gesamten Rechtsfolgenausspruch
aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung – auch über die Kosten des
Rechtsmittels – an eine andere Schwurgerichtskammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung
und wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten
verurteilt. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der allein erhobenen
Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg. Das weitergehende
Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2 Generalbundesanwalt Der hat in seiner Antragsschrift vom
22. März 2007 zur Strafzumessung des Landgerichts ausgeführt:
3 „Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben.
4 Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass das Schwurgericht es bei der
Festsetzung der Einsatzstrafe unterlassen hat, die erste Alternative des
§ 213 StGB zu erörtern. Dies war hier aus Rechtsgründen unerlässlich (vgl.
BGH NStZ 1995, 83 Nr. 10; BGH NStZ-RR 2000, 80 Nr. 3; Senat, Beschlüsse
vom 12. Juni 2002 – 5 StR 221/02 – und vom 11. Dezember 2006
5 StR 457/06 –).
5 Der genannte Rechtsfehler berührt zwar die andere Einzelstrafe nicht. Da
indes nicht auszuschließen ist, dass diese von der Bemessung der Einsatzstrafe
beeinflusst ist, und um dem neuen Tatrichter eine umfassende Bewertung
zu ermöglichen, sollten alle Strafaussprüche in dessen Beurteilung gestellt
werden.
6 Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht. Neue, die nicht in Widerspruch
zu den bisherigen stehen, können getroffen werden.“
7 Dem kann sich der Senat auch nicht vor dem Hintergrund der durchaus
maßvollen Bestrafung des Angeklagten verschließen, zumal das Landgericht
nach sachverständiger Beratung auch hinsichtlich des versuchten
Totschlags noch von einer psychischen Beeinträchtigung des Angeklagten
ausgegangen ist, die durch die Aufregung des Angeklagten infolge der von
K. hervorgerufenen Verletzungen mitverursacht worden ist (UA S. 20). Es
liegt deshalb nahe, dass der durch die Kränkung hervorgerufene Zorn des
Angeklagten noch angehalten und als nicht durch rationale Erwägung unterbrochene
Gefühlsaufwallung fortgewirkt hat (vgl. Tröndle/Fischer, StGB
54. Aufl. § 213 Rdn. 9a m.w.N.).
8 Solches wird der neu berufene Tatrichter zu prüfen haben, der bei
dem ersichtlich alkoholkranken Angeklagten (UA S. 4) auch die Verhängung
einer Maßregel gemäß § 64 StGB in seine Würdigung einbeziehen wird. Um
dies zu ermöglichen, hat der Senat den gesamten Rechtsfolgenausspruch
aufgehoben.
Basdorf Gerhardt Raum
Brause Jäger

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 213 Minder schwerer Fall des Totschlags


War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minde

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

5 StR 221/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. Juni 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juni 2002

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. Januar 2002 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat einen Teilerfolg. Sie ist zum Schuldspruch und, soweit das Schwurgericht die Anordnung von Maßregeln nach § 63 und § 64 StGB abgelehnt hat, unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Hingegen hält der Strafausspruch sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
Die Strafrahmenwahl des Schwurgerichts, das die Strafe mit Rücksicht auf den Versuch und die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten dem nicht weiter gemilderten Strafrahmen des § 213 StGB (zweite Alternative) entnommen hat, erweist sich als rechtsfehlerhaft. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hätten die Voraussetzungen eines minder schweren Falles des Totschlages gemäß der ersten Alternative des § 213 StGB nicht verneint werden dürfen.
Der Geschädigte hatte dem Angeklagten einen heftigen Schlag in das Gesicht versetzt, ihm dabei eine mit Schmerzen verbundene Beschädigung seiner Zahnprothese zugefügt und ihn anschließend vor sich hergetrieben, um ihn in eine Schlägerei zu verwickeln. Danach hat das Schwurgericht für die Tatzeit zutreffend eine objektive Notwehrlage bejaht, für den mit bedingtem Tötungsvorsatz geführten Messerstich in den Hals des Geschädigten indes mangels Verteidigungswillens des Angeklagten, zudem mangels Erforderlichkeit dieses Messereinsatzes eine Rechtfertigung wegen Notwehr verneint. Mithin durfte vor dem Hintergrund der im Rahmen der Erörterungen zu § 21 StGB rechtsfehlerfrei angestellten Erwägung, daß der Geschädigte den ohnehin aktuell psychisch beeinträchtigten, sonst eher friedfertigen und zurückhaltenden Angeklagten letztlich durch sein Verhalten in einen die Tat motivierenden Konflikt gebracht hatte, eine Mißhandlung gemäß der ersten Alternative des § 213 StGB nicht verneint werden. Die in diesem Zusammenhang angestellten ablehnenden Überlegungen des Schwurgerichts sind zu Unrecht allein auf den Schlag beschränkt; das unmittelbar anschließende aggressive, auf weitere nicht gerechtfertigte Gewalttätigkeiten gerichtete Verhalten des Geschädigten durfte nicht ausgeklammert werden. Dessen Gesamtverhalten erfüllte ohne weiteres die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 213 StGB. Dies gilt umso mehr, als es für die Annahme einer Mißhandlung im Sinne der Vorschrift nicht einmal eines Körperverletzungserfolges bedarf (BGHR StGB § 213 1. Alt. Mißhandlung 4 und 5; BGH, Beschl. vom 14. Mai 2002 – 5 StR 119/02).
Danach wäre eine zweimalige Milderung des allein hiernach zwingend anzunehmenden Ausnahmestrafrahmens des § 213 StGB über § 49 Abs. 1 StGB, sowohl nach § 21 StGB als auch nach § 23 Abs. 2 StGB, in Betracht gekommen. Der Senat weist darauf hin, daû die vom Schwurgericht im Rahmen seiner Strafrahmenwahl gegen eine Strafrahmenreduzierung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB angeführten Erwägungen trotz der Gefährlichkeit der Tat bedenklich sind; dies gilt im Blick auf die weiteren versuchsspezifischen strafmildernden Faktoren, nämlich den lediglich bedingten Tötungsvorsatz , das – wenngleich wegen des beendeten Versuchs nicht rücktrittsrelevante – bewuûte Abstandnehmen von weiteren möglichen Messerattacken und das gänzliche Ausbleiben relevanter Spätfolgen der Tat.
Der Aufhebung von Feststellungen nach § 353 Abs. 2 StPO bedarf es nicht. Der neue Tatrichter wird allein auf der Grundlage sämtlicher bislang rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen – die allenfalls durch weitergehende widerspruchsfreie Feststellungen ergänzt werden dürfen – die Ermessensentscheidungen nach § 21 StGB und § 23 Abs. 2 StGB über mögliche weitere Reduzierungen des Strafrahmens des § 213 StGB gemäû § 49 Abs. 1 StGB zu treffen und aus dem so gefundenen Strafrahmen die neue Strafe zu verhängen haben. Der Senat kann nicht sicher ausschlieûen, daû ein neuer Tatrichter auf der Grundlage zutreffender Strafrahmenfindung eine noch etwas mildere Strafe verhängen könnte.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Schaal
5 StR 457/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. Dezember 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2006 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Leipzig vom 4. Juli 2006 nach § 349 Abs. 4
StPO im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach
§ 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer
Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat
einen Teilerfolg. Aus den Gründen der Antragsschrift der Bundesanwaltschaft
ist die Verfahrensbeschwerde jedenfalls unbegründet, auch die insoweit
nicht näher begründete Sachrüge ist unbegründet, soweit sie den
Schuldspruch betrifft. Hingegen hält der Strafausspruch sachlichrechtlicher
Prüfung nicht stand.
2 1. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts tötete der Angeklagte
den R. , welchen er einen Tag zuvor am Bahnhof kennengelernt
und sodann in dessen Wohnung begleitet hatte, dort in der Nacht
vom 8. auf den 9. Juli 2005. Zum Tathergang hat die Kammer nicht ausschließen
können, dass zunächst der unter Alkoholeinfluss regelmäßig ag-
gressive R. den Angeklagten verbal und körperlich attackierte und dabei
auch ein Messer gegen ihn richtete. Daraufhin schlug der Angeklagte mit
mehreren Glasflaschen wuchtig auf den Kopf des R. , wodurch dieser
benommen – und nicht ausschließbar bewusstlos – zu Boden ging. Der Angeklagte
fesselte R. an Händen und Füßen, verband die Fesselstücke
miteinander und wirkte mittels stumpfer Gewalt auf den Oberkörper seines
Opfers ein. Er knebelte es und entschloss sich spätestens in diesem Moment
zur Tötung R. s. Mit einer mindestens fünf Zentimeter langen Klinge
schnitt er ihm zweimal in den Hals und stach ihm in das Herz. Diese Stichund
Schnittverletzungen führten schließlich zum Tode R. s. Sachverständig
beraten, hat die Strafkammer festgestellt, dass die Steuerungsfähigkeit
des Angeklagten bei der Tat aufgrund einer hirnorganischen Persönlichkeitsstörung
(ICD-10: F07.0) in Verbindung mit einem affektiven Erregungszustand
erheblich vermindert war.
3 Die Strafkammer hat die Tat des Angeklagten zwar als einen minder
schweren Fall des Totschlags im Sinne des § 213 zweite Alt. StGB angesehen
und die Strafe dieser Vorschrift entnommen. Zu der Annahme eines
sonstigen minder schweren Falles ist sie aber nur unter Berücksichtigung der
erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten bei der Tat gekommen.
Dementsprechend hat sie von einer nochmaligen Verschiebung des
Strafrahmens nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB abgesehen.
4 2. Diese Strafrahmenwahl erweist sich als rechtsfehlerhaft.
5 a) Nach den Feststellungen lagen die Voraussetzungen des § 213 erste
Alt. StGB entgegen der tatrichterlichen, allerdings nicht näher begründeten
Wertung vor. Die unter Anwendung des Zweifelssatzes zugrunde gelegten
auch körperlichen Attacken des Opfers unter Einsatz eines Messers stellten
sich als Misshandlung des Angeklagten dar. Anhaltspunkte dafür, dass die
tatauslösende Spannungssituation auch dem Angeklagten zuzurechnen gewesen
wäre, liegen aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht vor. Da-
nach besteht kein Anlass, die Tötung nicht als eine dem Zorn geschuldete
Reaktion – hierfür spricht auch die Heftigkeit des Vorgehens des zur Tatzeit
60 Jahre alten, noch nie mit Gewaltdelikten strafrechtlich in Erscheinung getretenen
Angeklagten – auf die vom Opfer ausgehende Provokation anzusehen.
Allein die Mehraktigkeit der gegen das Opfer gerichteten Angriffe, die
zeitlich unmittelbar aufeinander folgten, schließt nicht aus, dass die von der
Provokation ausgelösten affektiven Vorgänge ihren nicht nur untergeordneten
Einfluss verloren haben.
6 b) Da die Voraussetzungen des § 213 erste Alt. StGB vorliegen, ist die
Strafmilderung nach dieser Vorschrift zwingend und unabhängig davon geboten
, ob die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert war
(BGHR StGB § 213 Alt. 1 Misshandlung 4). Dementsprechend stünde § 50
StGB einer weiteren Milderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht prinzipiell
entgegen. Allerdings hängt die auf einer krankhaften seelischen Störung
des Angeklagten beruhende hochgradige affektive Erregung mit dem Ausmaß
der zur Tatbegehung eingesetzten massiven Gewalt eng zusammen.
Unter diesen Voraussetzungen wäre eine weitere im tatrichterlichen Ermessen
stehende Strafrahmenverschiebung nicht zwingend (vgl. BGHR StGB
§ 213 Alt. 1 Beleidigung 5 und 8).
7 Auch die übrigen benannten mildernden Faktoren könnten bei der
Strafzumessung stärkeres Gewicht erhalten, da sie nicht bereits für die Annahme
eines sonstigen minder schweren Falles nach § 213 zweite Alt. StGB
herangezogen worden sind.
8 3. Die dem Strafausspruch zugrundeliegenden Feststellungen werden
von dem Rechtsfehler nicht berührt; der Senat kann auch ausschließen, dass
in der neuen Hauptverhandlung ein § 213 erste Alt. StGB entgegenstehender
Sachverhalt festgestellt werden könnte. Der neue Tatrichter wird auf der
Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen – die allenfalls durch weitergehende
widerspruchsfreie Feststellungen ergänzt werden dürfen – eine
neue Strafe zu verhängen haben.
Basdorf Häger Gerhardt
Brause Schaal

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.