Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2002 - 5 StR 12/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 4. November 1999 werden nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
G r ü n d e 1. Das Landgericht hat die Angeklagten am 4. November 1999 wegen Betrugs in 19 Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung erklärten die Verteidiger der Angeklagten sowie die Angeklagten selbst ausweislich des beweiskräftigen Protokolls der Hauptverhandlung (§ 274 StPO) Rechtsmittelverzicht.
Nunmehr haben die Angeklagten Revision eingelegt. Sie machen Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts geltend und berufen sich darauf, der Verzicht sei Gegenstand einer Absprache zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gewesen. Sie beantragen außerdem, ihnen gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
2. Die Revisionen sind unzulässig, weil die Angeklagten auf Rechtsmittel verzichtet haben. Ein Rechtsmittelverzicht ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr., vgl. u.a. BGHSt 5, 338, 341; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 1, 4, 5, 8, 15).
Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Das Vorbringen der jetzigen Verteidiger der Angeklagten, das Gericht habe mit einer Freiheitsstrafe von acht Jahren für den Fall gedroht, daß kein Geständnis abgelegt, und in der weiteren Folge kein Rechtsmittelverzicht erklärt werde, steht in Widerspruch zu den vorliegenden dienstlichen Erklärungen von Richtern, Staatsanwalt und beiden früheren Verteidigern, gegen deren Richtigkeit keine Bedenken bestehen. Ebensowenig ist danach ein Rechtsmittelverzicht ausdrücklich abgesprochen worden. Verfahrensverstöße müssen jedoch erwiesen sein (vgl. auch BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren Vereinbarung 11).
3. Hieraus folgt, daß den Beschwerdeführern auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Frist zur Einlegung der Revision gewährt werden kann. Eine Fristversäumung im Sinne von § 44 StPO liegt nicht vor. Wer von einem befristeten Rechtsbehelf bewußt keinen Gebrauch macht, ist nicht im Sinne von § 44 Satz 1 StPO “verhindert, eine Frist einzuhalten” (BGH NStZ-RR 1998, 109).
Der Schriftsatz vom 16. Mai 2002 hat vorgelegen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.