Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2018 - 4 StR 597/17
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. Januar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
a) hinsichtlich des Angeklagten T. D. , aa) soweit dieser in den Fällen III. 3 bis 7 der Urteilsgründe verurteilt ist, bb) in den Fällen III. 1 und 2 der Urteilsgründe im Strafausspruch , cc) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
b) hinsichtlich der Angeklagten M. D. , soweit sie verurteilt worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten T. D. wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten T. D. wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Schutzbefohlenen in zwei Fällen sowie schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die nicht revidierende Mitangeklagte M. D. hat es wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person und Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte T. D. wendet sich mit der allgemeinen Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg und führt zu einer Erstreckung der Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte M. D. (§ 357 Satz 1 StGB). Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Verurteilung des Angeklagten T. D. wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person in den Fällen III. 3 bis 7 der Urteilsgründe nach dem zur Tatzeit geltenden § 179 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1 StGB in der bis zum 9. November 2016 geltenden Fassung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Urteilsgründe eine Widerstandsunfähigkeit des Nebenklägers nicht belegen.
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- a) Nach den Feststellungen leidet der zu den Tatzeiten 18 Jahre alte Nebenkläger unter einer leichten geistigen Behinderung, die im Grenzbereich zu einer mittelgradigen geistigen Behinderung liegt. Aufgrund dessen verfügte er nur über die Intelligenz eines etwa neun bis zehn Jahre alten Kindes und eine dementsprechend entwickelte soziale Kompetenz.
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- In der Zeit zwischen dem 17. Januar 2015 und dem 20. September 2015 forderte der Angeklagte den Nebenkläger mehrfach dazu auf, mit ihm den Analverkehr (Fälle III. 3, 4 und 7 der Urteilsgründe) oder den Oralverkehr (Fall III. 6 der Urteilsgründe) auszuüben. In einem Fall sollte er zusätzlich an der Scheide der Mitangeklagten M. D. (seiner Mutter) lecken (Fall III. 6 der Urteils- gründe). Der Nebenkläger kam diesem Ansinnen jeweils nach, weil er „aufgrund seiner psychischen Situation nicht in der Lage war, einen entgegenstehenden Willen zu bilden und deutlich zu machen bzw. durchzusetzen“. In den Fällen III. 3 und 4 der Urteilsgründe handelte er auch aus Angst vor körperlichen Züchtigungen. Im Fall III. 6 der Urteilsgründe brach die Mitangeklagte M. D. die sexuellen Handlungen mit dem Nebenkläger ab, nachdem dieser durch ein Kopfschütteln signalisiert hatte, dass er dies nicht wolle. In einem weiteren Fall (Fall III. 5 der Urteilsgründe) führte der Angeklagte – bestärkt von der zusehenden Mitangeklagten M. D. – einen Dildo in den Anus des Nebenklägers ein. Als er anschließend den Penis des Nebenklägers in den Mund nahm, versuchte dieser seinen Unwillen durch ein Kopfschütteln deutlich zu machen. Der Angeklagte erwiderte daraufhin, dass sich der Nebenkläger „nicht so haben soll“ und führte den Oralverkehr an ihm aus. Der Nebenkläger ließ dies geschehen, weil er „aufgrund seiner geistigen Behinderung nicht in der Lage war, die Situation ausreichend zu erfassen und einen entgegenstehenden Willen durchzusetzen“.
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- Nach der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Da. , der sich die Strafkammer angeschlossen hat, könne bei dem Nebenkläger weder die Fähig- keit zur sexuellen Selbstbestimmung noch die Möglichkeit für eine „altersadä- quate Widerständigkeit“ gegenüber den Handlungen des Angeklagten festge- stellt werden. Ihm sei es aufgrund seiner Entwicklungsdefizite und der Beeinträchtigung seiner geistigen Fähigkeiten nicht möglich gewesen, die Absichten des Angeklagten umfassend zu reflektieren und die Folgen für seine sexuelle Selbstbestimmung abzuschätzen (UA 21).
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- b) Diese Feststellungen rechtfertigen nicht den Schluss, dass der Nebenkläger in den konkreten Tatsituationen im Sinne von § 179 Abs. 1 StGB in der bis zum 9. November 2016 geltenden Fassung widerstandsunfähig war.
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- aa) Nach dieser Vorschrift machte sich strafbar, wer eine Person, die aus den in der Norm näher genannten Umständen zum Widerstand unfähig war, dadurch missbrauchte, dass er unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an ihr vornahm oder an sich von ihr vornehmen ließ. Als widerstandsunfähig galt, wer – wenn auch nur vorübergehend – gänzlich unfähig war, einen zur Abwehr ausreichenden Widerstandswillen gegen das an ihn herangetragene sexuelle Ansinnen zu bilden, zu äußern oder durchzusetzen. Die Feststellung der Widerstandsunfähigkeit erforderte eine normative Entscheidung, die der Tatrichter auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung zu treffen hatte, in welche auch das aktuelle Tatgeschehen und etwaige Beeinträchtigungen des Tatopfers durch die Tatsituation einzubeziehen waren (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 – 4 StR 366/16, NStZ-RR 2017, 240, 241; Beschluss vom 16. Mai 2017 – 3 StR 43/17, NStZ 2018, 33; Urteil vom 15. März 1989 – 2 StR 662/88, BGHSt 36, 145, 147 mwN). Eine Widerstandsunfähigkeit konnte danach nicht schon ohne nähere Begründung auf die Feststellung einer geistigen Behinderung und daraus resultierende allgemeine Kompetenzmängel gestützt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 – 2 StR 385/08, NStZ-RR 2009, 14; Beschluss vom 26. Januar 2005 – 2 StR 456/04, NStZ-RR 2005, 172, 173; Beschluss vom 1. April 2003 – 4 StR 96/03, NStZ 2003, 602, 603).
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- bb) Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht. Aus der allgemein gehaltenen Feststellung, dass es dem Nebenkläger aufgrund seiner Entwicklungsdefizite und der Beeinträchtigung seiner geistigen Fähigkeiten nicht möglich gewesen sei, die Absichten des Angeklagten umfassend zu reflektieren und die Folgen für seine sexuelle Selbstbestimmung abzuschätzen, folgt nicht ohne weiteres, dass es ihm in den einzelnen Tatsituationen unmöglich war, einen zur Abwehr ausreichenden Widerstandswillen zu bilden, zu äußern oder durchzusetzen. Eine das konkrete jeweilige Tatgeschehen einbeziehende Gesamtbetrachtung hat das Landgericht in keinem der abgeurteilten Fälle erkennbar vorgenommen. Dabei hätte insbesondere näher erörtert werden müssen, dass es dem Nebenkläger im Fall III. 6 der Urteilsgründe möglich war, die Mitangeklagte M. D. durch ein bloßes Kopfschütteln zum Abbruch der sexuellen Handlungen zu bewegen und er auch im Fall III. 5 der Urteilsgründe seinen Unwillen zur Durchführung des Oralverkehrs zum Ausdruck brachte. Dafür, dass der Nebenkläger – jedenfalls in eingeschränktem Umfang – zu einer Reflektion seines Verhaltens und zu Folgeabschätzungen in der Lage war, spricht überdies, dass er in den Fällen III. 3 und 4 der Urteilsgründe die sexuellen Handlungen des Angeklagten an sich auch aus Angst vor körperlichen Züchtigungen duldete. Schließlich durfte die Strafkammer in den Fällen III. 3, 4, 6 und 7 der Urteilsgründe auch nicht ohne nähere Begründung offenlassen , ob dem Nebenkläger aufgrund seiner Defizite bereits die Fähigkeit fehlte, einen Widerstandswillen zu bilden oder ob es ihm lediglich unmöglich war, einen solchen Willen in den konkreten Tatsituationen zu äußern oder durchzusetzen.
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- c) Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Aufhebung ist in den Fällen III. 5 und 6 der Urteilsgründe nach § 357 Satz 1 StPO auf die nicht revidierende Mitangeklagte M. D. zu erstrecken , weil in beiden Fällen ein innerer Zusammenhang zwischen ihrer Verurteilung und derjenigen des Angeklagten T. D. besteht.
- 10
- Sollte der neue Tatrichter wiederum zu der Überzeugung gelangen, dass sich die Angeklagten nach § 179 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1 StGB in der bis zum 9. November 2016 geltenden Fassung gegebenenfalls in Verbindung mit § 27 StGB strafbar gemacht haben, wird bei der Prüfung der Frage, ob der mit Wirkung zum 10. November 2016 neu gefasste § 177 StGB, der insbesondere in den Abs. 1, 2 Nrn. 1 und 2 sowie Abs. 4 Nachfolgeregelungen zu § 179 StGB enthält, das nach § 2 Abs. 3 StGB mildere Gesetz darstellt, von ihm zu beachten sein, dass es insoweit auf eine konkrete Betrachtungsweise ankommt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. August 2017 – 4 StR 345/17; Beschluss vom 9. Mai 2017 – 4 StR 366/16, NStZ-RR 240, 241 f.; Beschluss vom 16. Mai 2017 – 3 StR 43/17, NStZ 2018, 33; Beschluss vom 4. April 2017 – 3 StR 524/16, NStZ-RR 2017, 242).
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- 2. In den Fällen III. 1 und 2 der Urteilsgründe hält jeweils der Ausspruch über die Einzelstrafe revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Strafkammer dem Angeklagten die Störung des Sexualverhaltens des Nebenklägers als Folge dieser Taten angelastet hat, obwohl die Feststellungen dafür keinen ausreichenden Beleg bieten.
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- a) Als verschuldete Auswirkungen der Tat im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB können nur Geschehnisse und Umstände angesehen werden, bei denen feststeht, dass sie durch die Tat verursacht worden sind. Kann das Gericht hierzu keine sicheren Feststellungen treffen, darf sich das nicht zu Lasten des Angeklagten auswirken (vgl. BGH, Beschluss vom 20. August 2003 – 2 StR 285/03, NStZ-RR 2004, 41, 42; Beschluss vom 7. Januar 1997 – 4 StR 601/96, NStZ 1997, 336, 337). Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass die therapiebedürftige Unfähigkeit des Nebenklägers, seine eigene Sexualität zu regulieren und Schamgrenzen anderer zu erkennen, sicher auch auf die unter III. 1 und 2 der Urteilsgründe festgestellten Taten zurückzuführen ist. In den Feststellungen wird dazu – soweit nachvollziehbar – nur ein Zusammenhang zu der von beiden Angeklagten vorgelebten „offenen Sexualität“ hergestellt (UA 14 f.).
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- b) Dies und die Aufhebung in den Fällen III. 3 bis 7 der Urteilsgründe zieht bei dem Angeklagten die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
Bender Quentin
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Ein Vorgesetzter, welcher seine Untergebenen zu einer rechtswidrigen Tat im Amt verleitet oder zu verleiten unternimmt oder eine solche rechtswidrige Tat seiner Untergebenen geschehen läßt, hat die für diese rechtswidrige Tat angedrohte Strafe verwirkt.
(2) Dieselbe Bestimmung findet auf einen Amtsträger Anwendung, welchem eine Aufsicht oder Kontrolle über die Dienstgeschäfte eines anderen Amtsträgers übertragen ist, sofern die von diesem letzteren Amtsträger begangene rechtswidrige Tat die zur Aufsicht oder Kontrolle gehörenden Geschäfte betrifft.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.
(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.
(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.