Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - 4 StR 371/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:230915B4STR371.15.0
23.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 371/15
vom
23. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:230915B4STR371.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 23. September 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 2. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt und eine nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge erhebt, hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) begegnet in zweifacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
1. Eine Anordnung gemäß § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn zumindest eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten positiv festgestellt werden kann und wenn der Täter in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begangen hat, die auf den die Annahme der §§ 20, 21 StGB rechtfertigenden dauerhaften Defekt zurückzuführen ist. Die Voraussetzungen des § 20 oder zumindest die des § 21 StGB zum Zeitpunkt der Anlasstat müssen danach zweifelsfrei festgestellt sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1994 – 3 StR 475/94, BGHR StGB § 63 Tat 4; Urteil vom 25. Februar 2010 – 4 StR 596/09; Beschluss vom 2. Februar 2010 – 4 StR 9/10). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
4
a) Das Landgericht hat – darin der psychiatrischen Sachverständigen folgend – angenommen, der Angeklagte habe sich zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten nicht ausschließbar im Zustand aufgehobener Schuldfähigkeit im Sinne von § 20 StGB befunden. Er habe an einer krankhaften seelischen Störung in Form einer schizoaffektiven Psychose gelitten, begleitet von einer schweren anderen seelischen Abartigkeit in der Ausprägung als depressive Episode mit psychotischem Erleben, ferner an einer leichten Minderbegabung und einer Polytoxikomanie. Diese „komplexe psychische Erkrankung“ habe nicht ausschließbar zu einer mindestens nicht ausschließbaren Aufhebung der Steuerungsfähigkeit geführt. Daher sei der Angeklagte, bei einer der Anlasstaten verstärkt durch vorherigen Alkoholkonsum, nicht mehr in der Lage gewesen, bei noch vorhandener Unrechtseinsicht danach zu handeln und seine starken aggressiven Impulse zu steuern.
5
b) Mit diesen widersprüchlichen Ausführungen ist der für den Maßregelausspruch erforderliche positive Nachweis eines andauernden Defekts vom Schweregrad des § 21 StGB nicht erbracht. Er lässt sich auch dem Gesamtzu- sammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen. Dass die Strafkammer nicht ausschließbar von aufgehobener Steuerungsfähigkeit ausgegangen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Anwendung des Zweifelssatzes steht der für die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorausgesetzten positiven Feststellung eines dauerhaften Zustandes entgegen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 – 4 StR 9/10 für § 21 StGB).
6
2. Die Voraussetzungen der Maßregel nach § 63 StGB sind auch in einem weiteren Punkt nicht hinreichend belegt.
7
a) Die Unterbringung darf nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Seine Gefährlichkeit muss sich dabei aus demjenigen Zustand ergeben, der die Einschränkung seiner Schuldfähigkeit bei der Anlasstat begründet. Es bedarf danach eines symptomatischen Zusammenhangs dergestalt, dass die Tatbegehung durch die (nicht nur vorübergehende) psychische Störung zumindest mitausgelöst worden ist und dass sich auch die für die Zukunft zu erwartenden Taten als Folgewirkung dieses Zustandes darstellen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. März 2012 – 2 StR 614/11 mwN).
8
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die Anlasstaten auf einen Zustand des Angeklagten zurückzuführen, der zum einen auf der „kom- plexen psychischen Erkrankung“, zum anderen auf einer gleichzeitig bestehenden Abhängigkeitserkrankung beruht. Erneuter Drogen- und Alkoholkonsum, mit dem beim Angeklagten zu rechnen sei, lasse befürchten, dass es zu einer Verschlimmerung der psychotischen Symptomatik kommen könnte und der Angeklagte in seinem Verhalten noch unberechenbarer werde, so dass jederzeit mit erneuten Gewalthandlungen zu rechnen sei.
9
Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die psychische Störung beim Angeklagten nicht allein, sondern nur im Zusammenwirken mit der vorübergehenden Alkoholisierung zu Straftaten im Zustand zumindest erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit führen wird. In einem solchen Fall kann ein die Unterbringung rechtfertigender Zustand im Sinne des § 63 StGB aber nur angenommen werden, wenn der Angeklagte an einer krankhaften Alkoholsucht leidet , in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder an einer länger andauernden geistig-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 1. April 2014 – 2 StR 602/13, NStZ-RR 2014, 207 mwN). Schon mit Blick darauf, dass der Tatrichter die positive Feststellung zumindest der Voraussetzungen des § 21 StGB nicht getroffen hat, lassen die Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht erkennen, dass dieser rechtliche Maßstab hinreichend bedacht worden ist. Entsprechende Feststellungen in der neuen Hauptverhandlung erscheinen allerdings möglich.

II.


10
1. Der Senat weist darauf hin, dass er den Gründen des angefochtenen Urteils eine ausdrückliche Erörterung der Verhältnismäßigkeit der Unterbringung (§ 62 StGB) ebenfalls nicht entnehmen kann. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich nicht, dass diese Frage geprüft und (konkludent) bejaht wurde. Deren Nichterörterung begründet aber im Rahmen der Prüfung einer Maßregel nach § 63 StGB schon für sich genommen regelmäßig einen durchgreifenden Erörterungsmangel.
11
2. Sollte der neue Tatrichter, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen, erneut zu dem Ergebnis kommen, dass der Ange- klagte unter einer schizoaffektiven Störung leidet, wird er mit Blick auf das Erfordernis der Dauerhaftigkeit des psychischen Defekts als Voraussetzung einer Unterbringung nach § 63 StGB insbesondere bedenken müssen, dass schizoaffektive Störungen phasenhaft verlaufen, wobei es auch zu Zeiten vollständiger Remission kommen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 2015 – 4 StR 514/14, NStZ-RR 2015, 169, 170; BGH, Beschluss vom 2. September 2015 – 2 StR 239/15). Sollte die neue Verhandlung ergeben, dass die Voraussetzun- gen einer Unterbringung nach § 63 StGB nicht vorliegen, wird § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO zu beachten sein, da der Freispruch ebenfalls der Aufhebung unterliegt und das Verbot der Schlechterstellung der Verhängung einer Strafe nicht entgegensteht (BGH, Beschluss vom 5. August 2014 – 3 StR 271/14 mwN). Mit Blick auf die festgestellte Polytoxikomanie des Angeklagten wird auch eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu prüfen sein.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 596/09
vom
25. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
die Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. August 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Das Verfahren wird eingestellt, soweit dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 26. Februar 2009 eine gefährliche Körperverletzung (Fall III 2. der Urteilsgründe) zur Last gelegt wird. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. 3. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten freigesprochen. Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und zur Einstellung des Verfahrens im Fall III 2. der Urteilsgründe.

I.

2
1. Der Angeklagte leidet seit seinem 15. Lebensjahr an einer paranoidhalluzinatorischen Psychose und hat sich seit mehr als zehn Jahren regelmäßig stationären psychiatrischen Behandlungen unterzogen. In dem Zeitraum von Juli 2007 bis zum November 2008 wurde der Angeklagte im Abstand von 14 Tagen mit Depotspritzen behandelt, die für einen stabilen Zustand sorgten. Als der Angeklagte diese Behandlung im Frühjahr 2008 vernachlässigte, kam es zu einem Selbstmordversuch und zu einer mehrere Wochen dauernden stationären psychiatrischen Behandlung. In der Zeit von November 2008 bis Januar 2009 wurde die Behandlung mit Depotspritzen erneut unterbrochen. Seit seinem letzten Klinikaufenthalt im Februar 2009 befindet sich der Angeklagte in regelmäßiger ambulanter Behandlung in einer psychiatrischen Klinik und erhält im Abstand von 14 Tagen Depotspritzen.
3
2. Zu den dem Angeklagten zur Last gelegten Taten hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
4
Fall III 1. der Urteilsgründe (Anklageschrift vom 19. Februar 2008):
5
Bei dem Versuch, sich nach einer Fahrausweiskontrolle in der U-Bahn der Feststellung der Personalien zu entziehen, zog der Angeklagte ein Küchenmesser aus der Tasche und „fuchtelte damit wild herum.“ Dabei nahm er Verletzungen der ihn verfolgenden Fahrausweisprüfer billigend in Kauf. Er verletzte einen von ihnen an der Hand und einen anderen am Oberarm. In den Urteilsgründen werden zum Tattag widersprüchliche Angaben gemacht. So wird zum einen das Datum 27. August 2007 und zum anderen das Datum 12. Februar 2008 genannt. Im Rahmen der Feststellungen zur Person und zur Schuldfähigkeit wird dagegen mitgeteilt, dass der Angeklagte die Tat in dem Zeitraum von November 2008 bis Februar 2009, in dem er nicht behandelt wurde, beging.
6
Fall III 2. der Urteilsgründe (Anklageschrift vom 26. Februar 2009):
7
Während eines Aufenthalts in einer Spielhalle wurde der Angeklagte gegenüber der Spielhallenaufsicht aggressiv und warf einen Glasaschenbecher auf die Theke, an der der Zeuge F. stand. Der Zeuge wurde durch einen Glassplitter an der Nase verletzt. Der Angeklagte hätte dies vorhersehen können und müssen.
8
3. Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen, weil "jedenfalls" nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Angeklagte aufgrund seiner zu den jeweiligen Tatzeitpunkten virulenten paranoiden Schizophrenie nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht der Taten einzusehen. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB hat das Landgericht abgelehnt, weil von dem Angeklagten "bei sichergestellter Medikation keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht", und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Behandlung des Angeklagten derzeit sichergestellt sei.

II.

9
Das Urteil hat insgesamt keinen Bestand.
10
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall III 2. der Urteilsgründe freigesprochen hat, ist das Urteil aufzuheben und das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 206 a StPO einzustellen, weil es insoweit an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt. Dieses Verfahrenshindernis ist - unbeschadet der Frage, ob die Revision der Staatsanwaltschaft wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist, von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. Einl. Rdn. 151 m.N.).
11
Das Landgericht hat die ihm im Hinblick auf die bei ihm bereits anhängige Sache 85 Js 2688/07 (Anklageschrift vom 19. Februar 2008) vorgelegte Sache 85 Js 119/09 (Anklageschrift vom 26. Februar 2009) erst in der Hauptverhandlung am 19. August 2009 "durch Kammerbeschluss" zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und die Verbindung zu der bereits anhängigen Sache beschlossen. Dies war rechtsfehlerhaft.
12
Entsprechend dem Eröffnungs- und Besetzungsbeschluss vom 9. Juni 2009, war die Strafkammer in der Hauptverhandlung gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG mit zwei Berufsrichtern besetzt. Wird eine zunächst unterbliebene Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens in der Hauptverhandlung nachgeholt, so entscheidet darüber aber beim Landgericht auch dann die Große Strafkammer in ihrer Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern ohne Mitwirkung der Schöffen, wenn die Kammer die Hauptverhandlung in reduzierter Besetzung durchführt (Senat, Beschluss vom 2. November 2005 - 4 StR 418/05, BGHSt 50, 267).
13
2. Auch der Freispruch wegen der Vorwürfe der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen (III 1. der Urteilsgründe) hat keinen Bestand. Die Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam. Die Feststellungen bilden keine tragfähige Grundlage für die Beurteilung der Schuldfähigkeit. Sie ermöglichen dem Revisionsgericht deshalb nicht die isolierte Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 63 StGB für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (vgl. BGH Beschluss vom 10. Januar 2001 - 2 StR 500/00, BGHSt 46, 257, 259). Es ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte die Tat beging, als seine paranoide Schizophrenie virulent war,weil er nicht mit Depotspritzen behandelt wurde. Sowohl der in den Urteilsgründen als Tattag genannte 27. August 2007 als auch der 12. Februar 2008 fallen in den Zeitraum, in dem der Angeklagte nach den Feststellungen im Abstand von 14 Tagen mit Depotspritzen behandelt wurde.

III.

14
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
15
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB setzt voraus, dass die Voraussetzungen des § 20 StGB oder die des § 21 StGB zweifelsfrei festgestellt sind (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 1986 - 4 StR 40/86; Fischer StGB 57. Aufl. § 63 Rdn. 11 m.w.N.). Auf die Feststellung, dass eine Aufhebung der Einsichtsfähigkeit nicht auszuschließen sei, kann die Anordnung der Maßregel nicht gestützt werden, weil damit weder die Voraussetzungen des § 20 StGB noch die des § 21 StGB festgestellt sind, denn eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 4 StR 437/09; Fischer aaO, jew. m.w.N.). Ist das nicht der Fall, wird der neue Tatrichter, sofern die paranoide Schizophrenie des Angeklagten zur Tatzeit virulent war, auch die Frage einer (sicheren) erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit zu prüfen haben.
16
2. Im Falle einer ohne Behandlung bestehenden Gefährlichkeit wird die Notwendigkeit einer Unterbringung gemäß § 63 StGB entgegen der Auffassung der Strafkammer in der Regel nicht durch minder einschneidende Maßnahmen außerhalb des Bereichs der strafrechtlichen Maßregeln aufgehoben. Vorrangig wird eine Minderung der Gefährlichkeit durch flankierende Maßnahmen bei der Frage der Vollstreckung, nicht aber bei der Frage der Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung zu beachten sein (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 3 StR 469/08, NStZ 2009, 260 m.N.). Tepperwien RiBGH Maatz ist Athing infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Tepperwien Ernemann Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 9/10
vom
2. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Februar 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der Jugendkammer des Landgerichts Münster beim Amtsgericht Bocholt vom 29. September 2009 im Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Nötigung unter Einbeziehung einer rechtskräftig erkannten Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie ferner wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und verschiedene Gegenstände eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Maßregelausspruch mit der Sachrüge Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und zum Strafausspruch sowie zur Anordnung der Einziehung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. Januar 2010.
3
2. Dagegen hat die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus keinen Bestand.
4
Die Anordnung setzt nach ständiger Rechtsprechung die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begründet, sowie ferner, dass der Täter in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begangen hat, die auf den die Annahme der §§ 20, 21 StGB rechtfertigenden dauerhaften Defekt zurückzuführen ist (vgl. nur BGHSt 34, 22, 27). Die Voraussetzungen zumindest des § 21 StGB zum Zeitpunkt der Anlasstat müssen danach zweifelsfrei festgestellt sein (vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 63 Rdn. 11 m.w.N.). Daran fehlt es.
5
a) Das Landgericht hat zur Schuldfähigkeit des Angeklagten - darin der gehörten Sachverständigen folgend - angenommen, der Angeklagte habe sich "aufgrund unterstellten permanenten Alkoholkonsums und einer weiteren seelischen Erkrankung (...) in einem Zustand (befunden), in dem seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert war". Hierzu hat es näher ausgeführt, bei dem Angeklagten liege eine lang- jährige Alkoholabhängigkeit vor, er habe "keine ausreichende Fähigkeit zur Normachtung, Empathie oder Respektaufbringung gegenüber Dritten". Gerade der Umstand, dass sich der Angeklagte während der JVA-Aufenthalte nach eigenem Bekunden sogar 'wohl fühlte', deute - so die Sachverständige - auf eine massive Persönlichkeitsstörung des Angeklagten hin. Ferner habe die Sachverständige bei dem Angeklagten "eine (nicht ausschließliche) Pädophilie festgestellt". Abschließend heißt es: Jedenfalls habe der Angeklagte, "was seine pädophilen Neigungen angeht, nach den Ausführungen der Sachverständigen nahezu durchgängig, jedenfalls unter Einfluss von Alkohol, Probleme, seine Steuerungsfähigkeit zu kontrollieren. Die Kammer ist daher in Anwendung des Zweifelssatzes auch diesbezüglich von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB ausgegangen".
6
b) Die Anwendung des Zweifelssatzes steht der für die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorausgesetzten positiven Feststellung eines dauerhaften Zustandes vom Schweregrad zumindest des § 21 StGB entgegen. Schon dies zwingt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs. Die bisher getroffenen Feststellungen belegen nur, dass der Angeklagte auf Grund seiner Persönlichkeitsstruktur "jedenfalls unter Einfluss von Alkohol" in einen Zustand geraten kann, der die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB rechtfertigt. Damit ist aber der für die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB erforderliche positive Nachweis eines andauernden Defekts vom Schweregrad zumindest des § 21 StGB nicht erbracht (vgl. BGH, Beschl. vom 26. Juli 2005 - 5 StR 230/05). Der Senat schließt auch aus, dass es sich bei dem Hinweis auf die „Anwendung des Zweifelssatzes“ lediglich um einen Missgriff im Ausdruck handelt. Dagegen spricht bereits, dass das Landgericht auch einen „permanenten Alkoholkonsum“ lediglich „unterstellt“. Die Ausführungen im Urteil zu der „(nicht ausschließlichen) Pädophilie“ und der angenommenen Persönlichkeitsstörung lassen auch nicht erkennen, dass diese Störungsbilder etwa schon für sich genommen den Schweregrad des § 21 StGB begründen. Davon ist nach den in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen jedenfalls nicht ohne weiteres auszugehen (vgl. BGH NStZ 1999, 610 f.; NStZ-RR 2004, 201; BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 32, 33 und § 63 Zustand 23, 28). Zudem lässt die Beschreibung der als Persönlichkeitsstörung gewerteten Auffälligkeiten in der Person des Angeklagten jegliche nachvollziehbare Zuordnung nach einem der in der forensischen Psychiatrie gebräuchlichen diagnostischen Klassifikationssysteme (ICD-10, DSM-IV) vermissen.

7
c) Die Sache bedarf daher zum Maßregelausspruch insgesamt neuer Prüfung und Entscheidung. Insoweit wird sich empfehlen, für das weitere Verfahren einen neuen Sachverständigen hinzuzuziehen. Sofern der neue Tatrichter die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 63 StGB nicht festzustellen vermag, wird mit Blick auf die festgestellte Alkoholabhängigkeit des Angeklagten auch dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu prüfen sein. Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanović Ernemann

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 9/10
vom
2. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Februar 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der Jugendkammer des Landgerichts Münster beim Amtsgericht Bocholt vom 29. September 2009 im Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Nötigung unter Einbeziehung einer rechtskräftig erkannten Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie ferner wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und verschiedene Gegenstände eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Maßregelausspruch mit der Sachrüge Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und zum Strafausspruch sowie zur Anordnung der Einziehung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. Januar 2010.
3
2. Dagegen hat die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus keinen Bestand.
4
Die Anordnung setzt nach ständiger Rechtsprechung die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begründet, sowie ferner, dass der Täter in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begangen hat, die auf den die Annahme der §§ 20, 21 StGB rechtfertigenden dauerhaften Defekt zurückzuführen ist (vgl. nur BGHSt 34, 22, 27). Die Voraussetzungen zumindest des § 21 StGB zum Zeitpunkt der Anlasstat müssen danach zweifelsfrei festgestellt sein (vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 63 Rdn. 11 m.w.N.). Daran fehlt es.
5
a) Das Landgericht hat zur Schuldfähigkeit des Angeklagten - darin der gehörten Sachverständigen folgend - angenommen, der Angeklagte habe sich "aufgrund unterstellten permanenten Alkoholkonsums und einer weiteren seelischen Erkrankung (...) in einem Zustand (befunden), in dem seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert war". Hierzu hat es näher ausgeführt, bei dem Angeklagten liege eine lang- jährige Alkoholabhängigkeit vor, er habe "keine ausreichende Fähigkeit zur Normachtung, Empathie oder Respektaufbringung gegenüber Dritten". Gerade der Umstand, dass sich der Angeklagte während der JVA-Aufenthalte nach eigenem Bekunden sogar 'wohl fühlte', deute - so die Sachverständige - auf eine massive Persönlichkeitsstörung des Angeklagten hin. Ferner habe die Sachverständige bei dem Angeklagten "eine (nicht ausschließliche) Pädophilie festgestellt". Abschließend heißt es: Jedenfalls habe der Angeklagte, "was seine pädophilen Neigungen angeht, nach den Ausführungen der Sachverständigen nahezu durchgängig, jedenfalls unter Einfluss von Alkohol, Probleme, seine Steuerungsfähigkeit zu kontrollieren. Die Kammer ist daher in Anwendung des Zweifelssatzes auch diesbezüglich von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB ausgegangen".
6
b) Die Anwendung des Zweifelssatzes steht der für die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorausgesetzten positiven Feststellung eines dauerhaften Zustandes vom Schweregrad zumindest des § 21 StGB entgegen. Schon dies zwingt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs. Die bisher getroffenen Feststellungen belegen nur, dass der Angeklagte auf Grund seiner Persönlichkeitsstruktur "jedenfalls unter Einfluss von Alkohol" in einen Zustand geraten kann, der die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB rechtfertigt. Damit ist aber der für die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB erforderliche positive Nachweis eines andauernden Defekts vom Schweregrad zumindest des § 21 StGB nicht erbracht (vgl. BGH, Beschl. vom 26. Juli 2005 - 5 StR 230/05). Der Senat schließt auch aus, dass es sich bei dem Hinweis auf die „Anwendung des Zweifelssatzes“ lediglich um einen Missgriff im Ausdruck handelt. Dagegen spricht bereits, dass das Landgericht auch einen „permanenten Alkoholkonsum“ lediglich „unterstellt“. Die Ausführungen im Urteil zu der „(nicht ausschließlichen) Pädophilie“ und der angenommenen Persönlichkeitsstörung lassen auch nicht erkennen, dass diese Störungsbilder etwa schon für sich genommen den Schweregrad des § 21 StGB begründen. Davon ist nach den in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen jedenfalls nicht ohne weiteres auszugehen (vgl. BGH NStZ 1999, 610 f.; NStZ-RR 2004, 201; BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 32, 33 und § 63 Zustand 23, 28). Zudem lässt die Beschreibung der als Persönlichkeitsstörung gewerteten Auffälligkeiten in der Person des Angeklagten jegliche nachvollziehbare Zuordnung nach einem der in der forensischen Psychiatrie gebräuchlichen diagnostischen Klassifikationssysteme (ICD-10, DSM-IV) vermissen.

7
c) Die Sache bedarf daher zum Maßregelausspruch insgesamt neuer Prüfung und Entscheidung. Insoweit wird sich empfehlen, für das weitere Verfahren einen neuen Sachverständigen hinzuzuziehen. Sofern der neue Tatrichter die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 63 StGB nicht festzustellen vermag, wird mit Blick auf die festgestellte Alkoholabhängigkeit des Angeklagten auch dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu prüfen sein. Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanović Ernemann

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 614/11
vom
28. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. März 2012 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. August 2011 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist. Davon ausgenommen bleiben die zu den rechtswidrigen Taten des Angeklagten getroffenen Feststellungen, die aufrechterhalten bleiben; insoweit wird die weitergehende Revision verworfen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Sachbeschädigung und des Diebstahls wegen Schuldunfähigkeit bei der Tatbegehung (§ 20 StGB) freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet (§ 63 StGB). Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Maßregelausspruch.
2
1. Bei dem jetzt 31 Jahre alten Angeklagten, der von 1995 bis 2004 vielfach u.a. wegen Körperverletzungsdelikten und räuberischer Erpressung verurteilt wurde, besteht eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Daneben leidet er an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, derentwegen er seit 2008 mehrfach in psychiatrischen Krankenhäusern behandelt wurde. Nach den zu der Anlasstat getroffenen Feststellungen durchschlug der Angeklagte am Tattag in den frühen Morgenstunden alkoholisiert die Glasscheibe der Eingangstür eines Mehrfamilienhauses. Im weiteren Verlauf öffnete er die beschädigte Tür, wobei er sich Schnittverletzungen zuzog, und begab sich ins Treppenhaus. An einer Wohnungstür entdeckte der Angeklagte einen von außen im Türschloss stecken gelassenen Wohnungsschlüssel und nahm ihn an sich. Nachdem die Wohnungsinhaberin wenig später ihre Wohnung verlassen hatte, drang der Angeklagte mit dem zuvor entwendeten Schlüssel in die Wohnung ein. Dort entwendete er diverse Gegenstände, die er am nächsten Tag ins Haus zurückbrachte und in einem Kellerraum abstellte, wo sie sichergestellt werden konnten. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte infolge seiner schizophrenen Erkrankung zur Tatzeit im Zustand der Schuldunfähigkeit befand.
3
2. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Zwar begegnet die Annahme der Schuldunfähigkeit rechtlich keinen Bedenken. Der Maßregelausspruch kann gleichwohl nicht bestehen bleiben, weil die Strafkammer die für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorausgesetzte Gefährlichkeitsprognose nicht ausreichend begründet hat.
4
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde. § 63 StGB setzt hierfür voraus, dass die Gefährlichkeit des Täters aus demjenigen Zustand folgt, der die Einschränkung seiner Schuldfähigkeit bei der Anlasstat begründet. Insoweit muss es sich um dieselbe Defektquelle handeln. Nötig ist mithin ein symptomatischer Zusammenhang dergestalt, dass die Tatbegehung durch die (nicht nur vorübergehende) psychische Störung zumindest mitausgelöst worden ist und dass auch die für die Zukunft zu erwartenden Taten sich als Folgewirkung dieses Zustandes darstellen (st. Rspr., vgl. BGHSt 34, 22, 27; BGH NStZ 1991, 528; NJW 1998, 2986, 2987; Fischer, StGB 59. Aufl. § 63 Rn. 14 mwN).
5
Inwieweit vom Angeklagten erhebliche Taten zu erwarten sind als Folge derselben psychischen Störung, auf welche die Anlasstat zurückzuführen ist, lässt sich den Ausführungen des Landgerichts nicht klar entnehmen. Nach den Urteilsgründen ist das Landgericht, dem Sachverständigen folgend, davon ausgegangen , dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund einer akuten Phase seiner schizophrenen Erkrankung bei Tatbegehung aufgehoben war (UA S. 8, 12, 13). Demgegenüber stellt das Landgericht für die Gefährlichkeitsprognose ausschlaggebend auch auf die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Angeklagten ab (UA S. 15, 16). Aufgrund dieser Störung habe er bereits vor seiner Erkrankung an einer Schizophrenie, die bei ihm das Delinquenzrisiko steigere, über eine hohe kriminelle Energie verfügt und zahlreiche Straftaten verübt. Bei seiner prognostischen Beurteilung der Gefährlichkeit des Angeklagten hat das Landgericht weiter berücksichtigt, dass im Rahmen einer psychiatrischen Behandlung der Schizophrenie zwar eine Remission dieser Erkrankung zu erwarten sei, die dissoziale Persönlichkeitsstörung jedoch bis auf weiteres bestehen bleiben werde, sodass für die Zukunft allein schon aufgrund dieser Persönlichkeitsanteile des Angeklagten weitere erhebliche strafrechtlich relevante Verhaltensweisen als sehr wahrscheinlich anzusehen seien. Mit dieser Begründung seiner Gefährlichkeitsprognose stützt sich das Landgericht maßgeblich auf die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Angeklagten, die in der Anlasstat nach den Feststellungen indes keinen Ausdruck gefunden hat.
6
Soweit das Landgericht im Hinblick auf die schizophrene Erkrankung des Angeklagten als Beleg für die hierdurch bedingte Gefährlichkeit auf in den vergangenen Jahren wiederkehrende psychotische Dekompensationen verweist, die mit aggressivem straftatrelevanten Verhalten einhergegangen seien, entbehren die Ausführungen einer hinreichenden Konkretisierung. In den Urteilsgründen finden sich hierzu Hinweise lediglich für die Zeit der Unterbringung des Angeklagten in der psychiatrischen Klinik ab April 2011 (UA S. 11). Insofern können krankheitstypische Taten, die im Rahmen einer Unterbringung gegen Angehörige des Pflegepersonals begangen werden, allerdings ohnehin nur eingeschränkt Anlass für die Anordnung einer strafrechtlichen Unterbringung nach § 63 StGB sein (BGH NStZ 1998, 405; 1999, 611, 612; NStZ-RR 2011, 202, 203).
7
3. Die Anordnung der Unterbringung kann danach keinen Bestand haben. Der aufgezeigte Rechtsfehler berührt die fehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen jedoch nicht, sodass sie bestehen bleiben können (§ 353 Abs. 2 StPO).

Ernemann Fischer Berger Krehl Eschelbach

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 6 0 2 / 1 3
vom
1. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. April 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 2. August 2013
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Vergewaltigung und Freiheitsberaubung schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und jeweils in Tateinheit hierzu schwerer sexueller Nötigung und Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Berichtigung des Schuldspruchs und der Aufhebung der Maßregel; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Nebenklägerin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben der Nebenklägerin sowie dieser nahe stehender Personen zur Duldung einer dem Beischlaf ähnlichen Handlung - Eindringen mit dem Finger in die Scheide (BGH Urteil vom 28. Januar 2004 - 2 StR 351/03 - NStZ 2004, 440, 441) - genötigt, die diese besonders erniedrigte. Da somit das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB erfüllt war, war die Tat im Urteilstenor nicht als "schwere sexuelle Nötigung", sondern als "Vergewaltigung" zu bezeichnen (siehe nur BGH Beschluss vom 11. Oktober 2012 - 2 StR 161/12).
4
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) unterliegt der Aufhebung. Die Maßregel setzt u.a. die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Zustands voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sicher begründet (vgl. nur BGHSt 42, 385). Das Vorliegen eines solchen länger andauernden Zustands ist hier nicht belegt.
5
Die Kammer begründet ihn damit, dass der Angeklagte eine rechtswidrige Tat im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit begangen habe. Nach den Feststellungen war bei der Tat infolge einer Kombination aus Minderbegabung, kombinierter Persönlichkeitsstörung und erheblichem Alkoholkonsum die Steue- rungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert. Diese Ausführungen legen es - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - nahe, dass Minderbegabung und Persönlichkeitsstörung nicht alleine, sondern nur im Zusammentreffen mit der vorübergehenden Alkoholisierung zur Annahme des § 21 StGB geführt haben. Ist die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit aber auf ein Zusammenwirken zwischen Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum zurückzuführen, kann ein die Unterbringung nach § 63 StGB rechtfertigender Zustand nur angenommen werden, wenn der Angeklagte an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder an einer länger andauernden geistigen-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (siehe nur BGHSt 44, 369, 374 ff.; BGH NStZ-RR 2010, 170). Hierzu enthält das angefochtene Urteil jedoch keine Ausführungen; entsprechende Feststellungen in der neuen Hauptverhandlung erscheinen allerdings möglich.
6
Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat schließt mit Rücksicht auf das in den Feststellungen zum Ausdruck kommende Tatbild sowie die darauf Bezug nehmenden Ausführungen zur Strafzumessung aus, dass das Landgericht eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte, wenn die Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus unterblieben wäre. Fischer Appl Schmitt RiBGH Dr. Ott ist aus Krehl tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR514/14
vom
28. Januar 2015
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. Januar 2015 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 24. Juni 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Beschuldigte die Verletzung materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen fühlte sich der Beschuldigte, der über der Ergotherapiepraxis der Frau P. wohnte, dadurch gestört, dass die Praxistüren geknallt würden. Er sprach die Praxisinhaberin mehrfach darauf an und hing entsprechende Zettel an die Eingangstür oder warf sie in den Briefkasten. Am Tattag, dem 21. Juni 2012, schnitt der Beschuldigte die Hecke, als eine Frau vor dem Haus die Tür ihres Fahrzeugs zuschlug. Der Beschuldigte war der Ansicht , sie habe dies absichtlich demonstrativ laut getan, und rief ihr zu: "Um- weltverschmutzung nach § 325a! Sie sind nur Gast hier". Die dadurch erheblich verängstigte Autofahrerin erzählte Frau P. von dem Vorfall. Herr P. begab sich daraufhin zur Wohnung des Beschuldigten, um ihn darauf anzusprechen. Der Beschuldigte packte Herrn P. in schmerzhafter Weise am rechten Arm und am Hals und führte ihn die Treppe hinab. Als der herbeigeeilte Ehemann der Vermieterin, Herr G. , versuchte, Herrn P. aus dem Griff zu befreien, stieß ihn der Beschuldigte mit dem Ellenbogen in den Rücken und schleuderte ihn dadurch gegen die Wand. Herr G. erlitt eine stark blutende Platzwunde über dem Auge. Die Vermieterin, Frau G. - K. , schubste der Beschuldigte die Treppe hoch, so dass sie auf die Stufen prallte. Herr P. begab sich nun "freiwillig" wieder in den Haltegriff. Als die herbeigerufene Polizei eintraf, sagte der Beschuldigte: "Ich hab den Verbrecher ! Ich übergebe Ihnen den Mann nach § 127 StPO!"
3
Ein weiterer Vorfall, der nicht Gegenstand der Antragsschrift ist, ereignete sich etwa einen Monat vor Beginn der mündlichen Hauptverhandlung. Der Beschuldigte nahm einen Schüler, der an einer Bushaltestelle seine Zigarettenkippe in einen Abfallbehälter werfen wollte, in den Schwitzkasten und schlug ihn auf den Hinterkopf und den Arm, um ihn zu veranlassen, die Kippe in die Gosse zu werfen.
4
Das Landgericht hat das Verhalten des Beschuldigten als vorsätzliche Körperverletzung in drei Fällen zum Nachteil der Zeugen P. , G. und G. -K. gewertet. Bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit und der Einschätzung der Gefährlichkeitsprognose hat sich das Landgericht dem angehörten Sachverständigen O. angeschlossen. Danach litt der Beschuldigte zur Tatzeit an einer exazerbierten schizoaffektiven Störung mit manischen Zügen. Unter dem Einfluss von paranoid-wahnhaftem Erleben sei er nicht fähig gewesen, das Unrecht seines Verhaltens zu erkennen und danach zu handeln. Mangels tragfähiger Krankheits- und Behandlungseinsicht sowie ausreichender Compliance seien im Rahmen der regelmäßig auftretenden paranoid -wahnhaften und manischen Exazerbationen weitere Straftaten zu erwarten , wobei es sich durchaus auch um Delikte handeln könne, bei denen Menschen verletzt werden.

II.


5
Die Voraussetzungen des § 63 StGB werden durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt.
6
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defektes schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2003 - 3 StR 79/03, NStZ-RR 2003, 232). Dieser Zustand muss, um eine Gefährlichkeitsprognose tragen zu können, von längerer Dauer sein (BGH, Beschluss vom 29. August 2012 - 4 StR 205/12, NStZ-RR 2012, 367; Urteil vom 6. März 1986 - 4 StR 40/86, BGHSt 34, 22, 27).
7
Das landgerichtliche Urteil enthält hierzu keine ausreichenden Feststellungen. Soweit das Landgericht im Anschluss an den Sachverständigen davon ausgeht, dass der Beschuldigte an einer schizoaffektiven Störung mit manischen Zügen leide, werden die diese Bewertung tragenden Anknüpfungs- und Befundtatsachen nicht in ausreichendem Umfang wiedergegeben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2013 - 4 StR 520/12, NStZ-RR 2013, 141, 142; Be- schluss vom 26. September 2012 - 4 StR 348/12, Rn. 8; Beschluss vom 29. Mai 2012 - 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307; Beschluss vom 14. September 2010 - 5 StR 229/10, Rn. 8; Urteil vom 21. Januar 1997 - 1 StR 622/96, BGHR StGB § 63 Zustand 20). Die Urteilsgründe beschränken sich auf eine Mitteilung der Diagnose und allgemein gehaltene Ausführungen über die gewöhnlich bei diesem Krankheitsbild zu beobachtenden Auffälligkeiten. Inwieweit der Beschuldigte konkret aufgrund Wahnerlebens handelte, wird nicht dargestellt, vielmehr lassen die Urteilsgründe offen, ob sich der Beschuldigte von "vermeintlichen oder tatsächlichen" Beeinträchtigungen belästigt fühlte, als es zu den ihm vorgeworfenen Taten gekommen ist. Dass sein psychischer Zustand andauernd gestört war, wird nicht näher aufgezeigt. Allein der Umstand, dass bereits dem Urteil vom 2. März 2007, durch das die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt worden war, die Diagnose einer schizoaffektiven Psychose mit manischer Auslenkung zugrunde lag, reicht hierfür nicht.
8
2. Auch die Gefährlichkeitsprognose begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
9
Eine Unterbringung nach § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass der Täter infolge seines Zustands in Zukunft Taten begehen wird, die eine schwere Störung des Rechtsfriedens zur Folge haben (BGH, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 550/10, NStZ-RR 2011, 240, 241). Ob eine zu erwartende Straftat zu einerschweren Störung des Rechtsfriedens führt, muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Die erforderliche Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln (BGH, Be- schluss vom 26. September 2012 - 4 StR 348/12, Rn. 10; Urteil vom 17. November 1999 - 2 StR 453/99, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 27).
10
Diesen Anforderungen werden die Erwägungen des Landgerichts nicht gerecht. Eine die Biographie des Beschuldigten und seine Krankheitsgeschichte in den Blick nehmende Gesamtwürdigung wurde nicht erkennbar vorgenommen. Dabei hätte Berücksichtigung finden müssen, dass der inzwischen 48 Jahre alte Beschuldigte seit dem Jahr 1999 unter psychischen Störungen leidet und zuvor nur im Jahr 2005 strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Ob er die Bewährungszeit aus dem Urteil vom 2. März 2007 durchgestanden hat, teilen die Urteilsgründe nicht mit. Aus den Gründen jenes früheren Urteils ergibt sich, dass der Betreuer des Beschuldigten auch für den Wirkungskreis Gesundheitssorge einschließlich der Zuführung zu einer Zwangsmedikation und das Aufenthaltsbestimmungsrecht bestellt war. Zu diesem Umstand verhalten sich die aktuellen Urteilsgründe nicht. Auch wäre das Landgericht gehalten gewesen , näher auf die Schwere und den bisherigen Verlauf der angenommenen schizoaffektiven Störung einzugehen. Derartige Erkrankungen verlaufen phasenhaft , wobei es zu Zeiten vollständiger Remission kommen kann, in denen keine psychischen Beeinträchtigungen zu beobachten sind (Hoff/Sass in: Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, S. 84 f.; Nedopil/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl., S. 181 f.; MüllerIsberner /Venzlaff in: Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 5. Aufl., S. 181 f.). Es hätte daher näherer Darlegung bedurft, mit welcher Häufigkeit es in der Vergangenheit bei dem Beschuldigten zu Krankheitsphasen gekommen ist und welche prognoserelevanten Schlüsse daraus zu ziehen sind.

III.


11
Sollte der neue Tatrichter - was nahe liegt - wieder zu der Annahme gelangen , dass der Beschuldigte bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines andauernden psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Begehung dieser Taten auf dem angenommenen Defekt beruhte , wird er sich, falls die Unterbringungsanordnung aus dem Urteil vom 2. März 2007 noch nicht erlassen sein sollte, auch mit der Notwendigkeit einer neuerlichen Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB auseinanderzusetzen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 4 StR 85/14 mwN).
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 2 3 9 / 1 5
vom
2. September 2015
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschuldigten am 2. September 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Beschuldigten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der Beschuldigte an einer schizoaffektiven Störung. Im Frühjahr 2014 befand er sich in einer manischen Phase. Er mietete am 15. Mai 2014 ein Hotelzimmer, wobei er die Hotelangestellte an der Rezeption fragte, ob sie mit ihm ausgehen wolle, was diese aber verneinte. Über die Zurückweisung ärgerte sich der Beschuldigte so sehr, dass er später ein Plisseerollo am Badezimmerfenster des Hotelzimmers aus der Verankerung riss, einen Vorhang in Brand setzte, den Inhalt eines Aschenbechers im Zimmer verstreute und das Bett verrückte. Den Brand am Vorhang löschte er alsbald.
3
Das Landgericht hat darin zwei rechtswidrige Taten der Sachbeschädigung gesehen, bei denen die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten aufgehoben gewesen war. Es hat ferner angenommen, weitere erhebliche rechtswidrige Taten des Beschuldigten seien zu erwarten. Kurz nach den genannten Handlungen habe der Beschuldigte am Flughafen in H. erneut mit einem Feuerzeug hantiert und einen Computermonitor in Brand gesetzt. Später habe er seinen Vater geschlagen und seine Mutter getreten. Der Beschuldigte werde immer dann gefährlich, wenn er unter wahnhaften Ängsten leide. Der gerichtliche Sachverständige habe unter Anwendung der HCR-20-Checkliste dargelegt, dass bei ihm ein mittelgradig erhöhtes Risiko für Gewalttaten bestehe. Vor diesem Hintergrund sei die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auch verhältnismäßig, obwohl die Anlasstaten die Erheblichkeitsschwelle noch nicht überschritten hätten.

II.

4
Gegen diese Bewertung bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.
5
1. Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme , die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie setzt zunächst voraus, dass zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defektes schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2015 - 4 StR 514/14, NStZ-RR 2015, 169 f.).
6
In den Urteilsgründen des Landgerichts bleibt schon unklar, weshalb die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten bei der Begehung der rechtswidrigen Taten aufgehoben gewesen sein soll. Immerhin löschte er den Brand am Vorhang "relativ schnell". Auch ist nicht erkennbar, dass den Handlungen im Hotelzimmer eine paranoide Symptomatik zu Grunde gelegen hat; sein Randalieren könnte auch eine noch normalpsychologisch erklärbare Reaktion auf die Zurückweisung durch die Hotelangestellte gewesen sein. Deren Eindruck vom Erscheinungsbild des Beschuldigten ist in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt worden, sondern nur der "Eindruck, den sie von dem Hotelzimmer gehabt habe".
7
2. Eine Unterbringung nach § 63 StGB kommt auch nur in Betracht, wenn im Urteilszeitpunkt eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht , dass der Täter infolge seines Zustands in Zukunft Taten begehen wird, die eine schwere Störung des Rechtsfriedens zur Folge haben.
8
a) Die vom Landgericht hervorgehobene Auswertung einer Checkliste durch den Sachverständigen besitzt dafür nur eine geringe Aussagekraft (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 3 StR 311/13, StV 2015, 216 f.), zumal deren Resultate nicht näher erläutert wurden.
9
b) Die Prüfung des Grades der Wahrscheinlichkeit weiterer Taten und ihrer Art ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln. Die hierauf bezogenen Betrachtungen des Landgerichts sind jedoch nicht erschöpfend.
10
Schizoaffektive Störungen verlaufen phasenhaft, wobei es auch zu Zeiten vollständiger Remission kommen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2015 - 4 StR 514/14, NStZ-RR 2015, 169, 170). Der vom Landgericht gehörte Sachverständige hat sechs Krankheitsschübe bei dem Beschuldigten im Zeitraum von 2006 bis Frühjahr 2014 unterschieden. In der ersten Phase war es zu einem Rückzugsverhalten gekommen, in der zweiten Phase zu beleidigendem Verhalten, in der dritten Phase wiederum zu einem Rückzug, in der vierten Phase zu einer versuchten Nötigung, in der fünften Phase war der Beschuldigte "streitlustig". Bei dem sechsten Schub war es anfänglich während eines Aufenthalts in P. nicht zu aggressivem Verhalten des Beschuldigten gekommen.
11
Nach den Anlasstaten des vorliegenden Verfahrens, die keine erheblichen Taten im Sinne des § 63 StGB darstellen, reagierte der Beschuldigte auf das Erscheinen seines Vaters vor seiner Wohnung damit, dass er mit einem Messer oder Schraubendreher durch die Tür stach. Im Rahmen der vorläufigen Unterbringung kam es zu aggressivem Verhalten gegenüber Mitarbeitern des psychiatrischen Krankenhauses, das allerdings auch unter dem Blickwinkel der besonderen Situation in der Freiheitsentziehung zu beurteilen ist. Danach zeigte sich der Beschuldigte ab Oktober 2014 unauffällig. In der Hauptverhandlung war er "orientiert und aufnahmefähig. Seine Einlassung war verständlich".
12
Bei dieser Sachlage liegt es jedenfalls nicht auf der Hand, dass in Zukunft mit einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades auch erhebliche rechtswidrige Taten des Beschuldigten zu erwarten sind. Dies wäre mit Blick auf die störungsfreien Phasen sowie diejenigen Krankheitsschübe, die nicht zu rechtswidrigen Taten oder allenfalls zu noch nicht erheblichen Taten geführt hatten, vom Landgericht näher zu erörtern gewesen. Die Art der mit höherer Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Taten wäre nach Möglichkeit zu konkretisieren. Aggres- sive Handlungen gegen Sachen stellen oftmals keine erheblichen Taten dar. Ob Drohungen als erhebliche rechtswidrige Taten anzusehen sind, hängt davon ab, wie wahrscheinlich mit der Realisierung der Drohungen zu rechnen ist und welches Gewicht die dann zu erwartenden Handlungen haben. Dies hat das Landgericht nicht vertieft. Dies wäre aber geboten gewesen, zumal die Anlasstaten selbst noch keine erheblichen rechtswidrigen Taten waren. Eschelbach Franke Ott Zeng Bartel

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 7 1 / 1 4
vom
5. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. August 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 12. Februar 2014, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des gemeinschaftlich begangenen besonders schweren Raubes wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) angeordnet. Die auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Angeklagte im Einvernehmen mit zwei Mittätern am 22. Oktober 2013 den Nebenkläger, hielt ihm ein Messer an die Kehle und ermöglichte so den Mittätern, das Opfer zu durchsuchen und Mobiltelefone und Geldbeutel wegzunehmen.
3
Das Landgericht hat - dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen folgend - nicht ausschließen können, dass der Angeklagte bei der Tatbegehung "wegen aufgehobener Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit" schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB war. Von der erheblichen Verminderung der "Steuerungsfähigkeit und auch Einsichtsfähigkeit" war die Strafkammer überzeugt.
4
2. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme , die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht , dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war.
6
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, kann die Überzeugung von der verminderten Schuldfähigkeit als Voraussetzung für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus regelmäßig nicht auf die erheblich verminderte "Einsichts- und Steuerungsfähigkeit" gestützt werden.
7
Bei erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit muss der Tatrichter sich zunächst Klarheit darüber verschaffen, ob die verminderte Einsichtsfähigkeit tatsächlich dazu geführt hat, dass dem Täter die Einsicht in das Unrecht seines Tuns gefehlt hat oder nicht. Hat ihm die Einsicht gefehlt, so ist weiter zu prüfen, ob ihm dies zum Vorwurf gemacht werden kann. Ist ihm das Fehlen nicht vorwerfbar , so ist auch bei nur verminderter Einsichtsfähigkeit nicht § 21 StGB, sondern § 20 StGB anwendbar. Nur wenn dem Täter die Einsicht gefehlt hat, dies ihm aber zum Vorwurf gemacht werden kann, lägen die Voraussetzungen des § 21 StGB in den Fällen verminderter Einsichtsfähigkeit vor. Hat dagegen der Angeklagte ungeachtet seiner erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit das Unrecht seines Tuns zum Tatzeitpunkt tatsächlich eingesehen, so ist seine Schuld nicht gemindert und § 21 StGB im Hinblick auf die verminderte Einsichtsfähigkeit nicht anwendbar.
8
Auf die diesbezügliche Klärung kann hier nicht verzichtet werden, da es für die Annahme eines Krankheitsbildes, bei dem sowohl die Einsichts- als auch die Steuerungsfähigkeit betroffen sein können (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 - 2 StR 394/05, NStZ-RR 2006, 167, 168), an Feststellungen fehlt.
9
3. Der Senat war durch den Umstand, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat, nicht gehindert, auch den Freispruch aufzuheben; denn durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) wurde der frühere Rechtszustand dahin geändert, dass es gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO nunmehr möglich ist, in einer neuen Hauptverhandlung an Stelle der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus den Täter schuldig zu sprechen und eine Strafe zu verhängen. Dies bedeutet, dass auf die Revision des Angeklagten in Fällen wie dem vorliegenden ein Freispruch aufgehoben werden kann. Die Aufhebung (auch) des Freispruchs entspricht im vorliegenden Fall dem Ziel des Gesetzgebers, durch die Neuregelung zu vermeiden, dass nach einer erfolgreichen Revision eines Angeklagten gegen die alleinige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen angenommener Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB die Tat ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung herausstellt , dass der Angeklagte bei Begehung der Tat schuldfähig war. Das Gericht bleibt jedoch gehindert, nach Aufhebung einer isoliert angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erneut die Unterbringung anzuordnen und zugleich erstmals Strafe zu verhängen (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - 3 StR 349/13, juris Rn. 8 mwN).
10
4. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
VRiBGH Becker ist wegen Pfister Schäfer Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Pfister Mayer Spaniol

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.