Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2017 - 4 StR 252/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 11. April 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) soweit die Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe verurteilt worden sind, und
b) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in zwei Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von neun Monaten verurteilt , deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten, die jeweils mit einer Verfahrensbeanstan- dung und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet sind. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Die Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 3 StGB im Fall II.2 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Urteilsausführungen nicht hinreichend belegen , dass es sich bei den nicht abgeführten Beiträgen um Teile des den Arbeitnehmern zustehenden Arbeitsentgelts handelte.
- 3
- 1. Nach den Feststellungen waren die Angeklagten Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der W. GmbH & Co. KG, die mit mehr als 500 Beschäftigten im Bereich der Herstellung, Veredelung und Bearbeitung von Glas zu Geschenkartikeln unternehmerisch tätig war. Für tarifgebundene Arbeitnehmer der W. GmbH & Co. KG bestand die Möglichkeit, Beiträge an die ufba - Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge e.V. zu leisten. Hierzu wurden seitens der Gesellschaft jeweils im Dezember eines Jahres vorschüssig für das Folgejahr pro Mitarbeiter 624 Euro des Weihnachtsgeldes einbehalten und bei der Unterstützungskasse für die Beschäftigten angelegt. Vor dem Hintergrund einer seit 2008 angespannten Liquiditätssituation bei der W. GmbH & Co. KG unterließen die Angeklagten in Kenntnis ihrer Verpflichtungen bewusst die Abführung von Beiträgen in Höhe von ca. 157.000 Euro für das Beitragsjahr 2010, die grundsätzlich am 1. Dezember 2009 hätten entrichtet werden müssen, deren Fälligkeit aber aufgrund einer mit der Unterstützungskasse getroffenen Vereinbarung bis August 2010 gestundet war. Ferner unterließen sie es, die betroffenen Mitarbeiter hierüber zu informieren, obwohl ihnen bewusst war, hierzu verpflichtet zu sein.
- 4
- 2. Die Strafvorschrift des § 266a Abs. 3 StGB, mit welcher der Gesetzgeber treuwidrige Verhaltensweisen des Arbeitgebers im Grenzbereich von Betrug und Untreue erfassen wollte (vgl. Entwurf der Bundesregierung für ein Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drucks. 10/318, S. 13, 29), stellt das heimliche Nichtabführen von einbehaltenen Teilen des dem Arbeitnehmer zustehenden Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber unter Strafe. Erforderlich ist eine den Arbeitgeber treffende rechtliche Verpflichtung zur Abführung von Entgeltteilen des Arbeitnehmers an Dritte, die sich neben gesetzlichen Regelungen auch aus vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben kann (vgl. BT-Drucks. 10/318, S. 29; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 266a Rn. 13; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 266a Rn. 22a). Tatbestandlich geschützt sind ausschließlich Bestandteile des dem Arbeitnehmer zustehenden Entgelts. Zahlungen, die der Arbeitgeber aufgrund einer eigenen, wenn auch im Interesse der Arbeitnehmer bestehenden Beitragsverpflichtung zu erbringen hat, unterfallen dagegen nicht der Strafnorm des § 266a Abs. 3 StGB (vgl. BAG, NJW 2005, 3739, 3740; LAG Hamm, Urteil vom 18. Juli 2014 – 10 Sa 1492/13, juris Rn. 76). Ob sich die seitens des Arbeitgebers unterbliebene Erbringung vertraglich vereinbarter Leistungen zur Altersvorsorge als Nichterfüllung einer eigenen Beitragsverpflichtung des Arbeitgebers oder als Nichtabführung einbehaltener Entgeltteile des Arbeitnehmers darstellt, beurteilt sich nach dem – gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden – Inhalt der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen einzel- und tarifvertraglich getroffenen Vereinbarungen (vgl. LAG Hamm aaO Rn. 77; LAG Düsseldorf, Urteil vom 2. September 2015 – 12 Sa 175/15, juris Rn. 111 ff.).
- 5
- 3. Die Ausführungen der Strafkammer im angefochtenen Urteil ergeben danach nicht hinreichend, dass es sich bei den von den Angeklagten nicht an die Unterstützungskasse abgeführten Beiträgen um Teile des den Beschäftigten zustehenden Arbeitsentgelts handelte. Zu den vertraglichen Vereinbarungen, die der für die tarifgebundenen Arbeitnehmer bestehenden Möglichkeit zugrunde LAG, Beiträge zur Altersvorsorge an die Unterstützungskasse zu leisten, verhalten sich die Feststellungen des Urteils nicht. Soweit das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung pauschal auf entsprechende tarifvertragliche Vereinbarungen verweist, wird dies inhaltlich nicht näher ausgeführt. Auch der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ermöglicht keine eindeutige Beurteilung. So könnte die Feststellung, wonach pro Mitarbeiter vorschüssig für das Folgejahr 624 Euro des Weihnachtsgeldes einbehalten wurden, auf einen Entgeltcharakter der Beiträge hindeuten, während der Umstand, dass die W. GmbH & Co. KG hinsichtlich der zu leistenden Beiträge Stundungs - und Ratenzahlungsvereinbarungen mit der Unterstützungskasse schloss, eher für eine eigene Beitragsverpflichtung der Gesellschaft spricht. Insgesamt vermag der Senat auf der Grundlage der bisherigen Urteilsausführungen nicht abschließend zu beurteilen, ob der Tatrichter zu Recht von einem Nichtabführen von Teilen des den Arbeitnehmern zustehenden Arbeitsentgelts ausgegangen ist.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber
- 1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder - 2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, - 2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält, - 3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet, - 4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder - 5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.
(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.
(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 02.10.2013, 2 Ca 482/13 wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 02.10.2013, 2 Ca 482/13 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, in die Rentenversicherung mit der Rentenversicherungsnummer 4.4 029 101.71 bei der G Deutschland Pensionskasse Hamburg für den Kläger 400,- € einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehenden Ansprüche des Klägers gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma X4 GmbH & Co KG.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger zu 78 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 22 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 76 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 24 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch.
3Der Kläger war seit dem 01.10.1981 bei der Firma X3 GmbH & Co KG, vertreten durch die X GmbH (im Folgenden Insolvenzschuldnerin) beschäftigt. Die Beklagten waren die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Insolvenzschuldnerin. Der Kläger war der Vorsitzende des bei der Insolvenzschuldnerin gewählten Betriebsrats.
4Von dem Gehalt des Klägers wurden im Rahmen der privaten Altersvorsorge monatlich 100,- € bei der AMG G Pensionskasse zu dem Versicherungsvertrag 4.4 029 101.71 eingezahlt. Dieses Geld wurde im Wege der Gehaltsumwandlung vom monatlichen Gehalt des Klägers in Abzug gebracht und durch die Insolvenzschuldnerin an die G Pensionskasse abgeführt.
5Weiterhin wurde jährlich ein Betrag in Höhe von 624,- € in den Versorgungsvertrag des Klägers 1-31.984.103-0 bei der Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung e.V. (J Unterstützungskasse) gezahlt. Sowohl im Hinblick auf die Höhe der Zahlung als auch im Hinblick auf den Monat der Zahlung entsprach die Leistung an die J Unterstützungskasse den Regelungen von § 2 des Tarifvertrags über die betriebliche Altersversorgung der Deutschen Glasindustrie vom 29.10.2003 (Bl. 52 ff. d.A.). Bei der in diesem Tarifvertrag vorgesehenen Einmalzahlung handelt es sich um einen zweckgebundenen Arbeitgeberbeitrag. In den Lohnabrechnungen für die Monate Dezember 2009 (Bl. 34 f. d.A.) und Dezember 2010 (Bl. 36 f. d.A.) wurde der Betrag jeweils ausgewiesen.
6Seit dem Jahre 2009 wurden die Löhne der Mitarbeiter teilweise zeitlich verzögert ausgezahlt. Hierbei traten Verzögerungen von bis zu drei Monaten ein. Die finanziellen Probleme der Insolvenzschuldnerin waren Gegenstand von regelmäßig stattfindenden Liquiditätsrunden. Diese fanden u.a. am 25.11.2010, 23.12.2010, 13.01.2011, 01.02.2011 und 16.03.2011 statt. Ob der Kläger an diesen Liquiditätsrunden teilgenommen hat, ist zwischen den Parteien streitig. Die finanzielle Situation der Insolvenzschuldnerin war auch Thema von Betriebsversammlungen. Eine Betriebsversammlung fand am 02.12.2010 statt. Weiter wurde die finanzielle Situation auch in Gesprächen mit dem Betriebsrat erörtert.
7Bezogen auf die Monate Oktober 2010 bis Januar 2011 wurde dem Kläger das in den monatlichen Lohnabrechnungen ausgewiesene Gehalt ausgezahlt. In den Lohnabrechnungen wurde auch eine Abführung von Beiträgen zur G Pensionskasse dokumentiert. Wegen der Einzelheiten der Gehaltsabrechnungen wird auf die Lohnabrechnungen für Oktober 2010 bis Januar 2011 (Bl. 68-72 d.A.) Bezug genommen. Eine tatsächliche Abführung der Beiträge erfolgte jedoch nicht. Ausweislich eines Schreibens der AMB G Pensionskasse vom 18.05.2012 gingen Zahlungen auf das Versicherungskonto 4.4 029 101.71 des Klägers seit dem 01.10.2010 nicht mehr ein (Bl. 75 f. d.A.). Auch bei anderen Mitarbeitern wurde die Beiträge nicht mehr abgeführt. Allerdings wurde in Einzelfällen, etwa bei der Mitarbeiterin S, auf eine entsprechende Beanstandung eine Nachzahlung vorgenommen.
8Bezogen auf die Monate Februar und März 2011 wurde ebenfalls eine Abführung von Beiträgen zur G Pensionskasse in den Lohnabrechnungen dokumentiert (Bl. 73-74 d.A.). Allerdings erfolgte in diesen Monaten insgesamt keine Lohnzahlung an den Kläger.
9Inwiefern die im Dezember 2009 und Dezember 2010 fälligen Beiträge zur J Unterstützungskasse in Höhe von jeweils 624,- € von der Insolvenzschuldnerin gezahlt wurden, ist zwischen den Parteien streitig.
10Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde aufgrund eines Antrags vom 17.05.2011 am 01.07.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet (AG Paderborn 2 IN 226/11) und Rechtsanwalt Dr. X2, B-Platz, 33602 B zum Insolvenzverwalter bestellt.
11Gegen die Beklagten wurde wegen des Verdachts der Untreue, des Betrugs und der Insolvenzverschleppung ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Paderborn (Az. 111 Js 447/10) eingeleitet. Am 28.11.2012 wurde Anklage erhoben.
12Mit seiner am 04.04.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten die Abführung von Beiträgen für die Monate Oktober 2010 bis März 2011 an die G Pensionskasse sowie die Abführung von Beiträgen für die Jahre 2009 und 2010 an die J Unterstützungskasse verlangt. Der Kläger hat seine Klage später hinsichtlich der Abführung von Beiträgen an die G Pensionskasse für die Monate Februar und März 2011 zurückgenommen.
13Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafteten persönlich gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB wegen der Nichtabführung der Beträge zur betrieblichen Altersversorgung. Hierbei sei hinsichtlich der Zahlungen von 624 € an die J Unterstützungskasse eine Entgeltumwandlung durch die Insolvenzschuldnerin erfolgt. Damit sei der Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB erfüllt. Die Zahlungen für die Jahre 2009 und 2010 seien nicht erfolgt. Der Jahresbeitrag habe sich jeweils auf das abgelaufene Jahr bezogen und habe keine Vorauszahlung dargestellt. Auch hinsichtlich der Beiträge an die G Pensionskasse in Höhe von 400,- € für die Zeit von Oktober 2010 bis einschließlich Januar 2011 hafteten die Beklagten wegen der Einbehaltung und Nichtabführung dieser Beträge persönlich. Eine Unterrichtung oder Information des Klägers sei nicht erfolgt. Von der Nichtzahlung an die G Pensionskasse habe er erst durch das Schreiben der G Pensionskasse vom 18.05.2011 erfahren. An den Liquiditätsrunden habe er nicht teilgenommen. Er habe auch hinsichtlich der Zahlungen keine Probleme vermutet, da in der Zeit von Oktober 2010 bis Januar 2011 noch Weihnachtsgeld und Vorschüsse gezahlt worden seien. In einer Versammlung im März/April 2011 habe die Arbeitgeberseite erklärt, dass man bezüglich der Beiträge an die G Pensionskasse auf dem Laufenden sei. Wäre er über die Nichtzahlung der Beiträge ordnungsgemäß informiert worden, hätte er die Zahlung mit Erfolg geltend machen können, wie dies auch bei Frau S und anderen Mitarbeitern der Fall gewesen sei. Durch die Nichtabführung sei ihm ein Schaden entstanden, der in der geringeren Anwartschaft bei der betrieblichen Altersversorgung und der Minderung der gesetzlichen Rente liege.
14Der Kläger hat zuletzt beantragt,
151. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, in die Rentenversicherung mit der Rentenversicherungsnummer 4.4 029 101.71 bei der G Deutschland Pensionskasse Hamburg für den Kläger 400,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 100,- € netto ab dem 01.11.2010, auf weitere 100,- € netto ab dem 01.12.2010, auf weitere 100,- € netto ab dem 01.01.2011 und auf weitere 100,- € netto ab dem 01.02.2011 einzuzahlen.
162. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner in den Versorgungsvertrag, Zusagennummer 1-31.984.103-0 (Trägerunternehmen 1991) bei der Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung e.V. in Hamburg für den Kläger 1.248,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 624,- € ab dem 01.12.2009 sowie auf weitere 624,- € netto ab dem 01.12.2010 einzuzahlen,
17hilfsweise für den Fall, dass die Einzahlungen in die Unterstützungskasse bzw. Pensionskasse nicht mehr möglich sind, die Auszahlung der entsprechenden Beträge einschließlich der Zinsen an den Kläger vorzunehmen.
18Die Beklagten haben beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie haben die Auffassung vertreten, eine persönliche Haftung scheide aus. Hinsichtlich des an die J zu zahlenden Betrages sei zu berücksichtigen, dass es sich um einen rein arbeitgeberfinanzierten Beitrag handele. Es sei entgegen der verwirrenden Darstellung in der Lohnabrechnung keine Entgeltumwandlung erfolgt. Des weiteren habe sich die Zahlung des jährlichen Betrages stets auf das Folgejahr bezogen, so dass kein Anspruch auf den im Dezember 2010 zu zahlenden Betrag bestehen könne.
21Sowohl bezogen auf die J Unterstützungskasse als auch bezogen auf die G Pensionskasse hätten zudem Stundungsvereinbarungen bestanden. Der Kläger habe auch Kenntnis von der finanziellen Situation der Insolvenzschuldnerin und von der Nichtzahlung von Beiträgen an die J Unterstützungskasse und die G Pensionskasse gehabt. Die Zahlungsrückstände und Stundungsvereinbarungen seien in den Liquiditätsrunden thematisiert worden. An diesen habe der Kläger teilgenommen. Darüber hinaus habe der Kläger auch an zahlreichen Betriebs- und Abteilungsversammlungen teilgenommen, in denen auch die Rückstände bzgl. der J Unterstützungskasse und der G Pensionskasse thematisiert worden seien. Über die bestehenden Rückstände sei beispielsweise auf der Betriebsversammlung am 02.12.2010 informiert worden. Der Kläger habe sich auch mehrfach persönlich nach den ihn betreffenden Rückständen erkundigt. Selbst wenn der Kläger die Zahlung an sich geltend gemacht hätte, wäre an ihn – anders als an andere Mitarbeiter – keine Zahlung wegen seiner herausragenden Stellung als Betriebsratsvorsitzender erfolgt. Durch eine Zahlung an den Kläger wären andere Mitarbeiter veranlasst worden, auch Ansprüche geltend zu machen. Hinsichtlich der monatlichen Lohnabrechnungen und der dort ausgewiesenen Beiträge sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten keine Kenntnis über einzelne Abrechnungen gehabt hätten. Dem Kläger sei durch die Nichtzahlung der Beiträge auch kein Schaden entstanden, für den die behaupteten Pflichtverletzungen kausal gewesen seien. Insbesondere hätte der Kläger die rückständigen Beiträge zur Insolvenztabelle anmelden können und müsse sich daher die zu erwartende Quote anrechnen lassen. Auch müsse er sich Ansprüche auf Insolvenzgeld anrechnen lassen.
22Durch Urteil vom 02.10.2013 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger Schadensersatzansprüche wegen Nichtabführung von Beiträgen an die J Unterstützungskasse geltend gemacht hat. Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich weder auf vertraglicher Grundlage noch nach § 823 Abs. 1 BGB noch nach § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 Abs. 1 StGB noch nach § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266 Abs. 1 StGB noch nach § 826 BGB. Er ergebe sich auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266a Abs. 3 StGB. § 266a Abs. 3 StGB erfasse die Fälle der Verletzung treuhänderischer Pflichten des Arbeitgebers durch Nichtabführen einbehaltener Teile des Arbeitsentgelts. Bei den geltend gemachten Beiträgen zur J Unterstützungskasse handele es sich schon tatbestandlich nicht um Teile des Arbeitsentgelts. Gemäß § 2 des Tarifvertrags über Altersvorsorge handele es sich bei der kalenderjährlichen Einmalzahlung in Höhe von 624,- € um einen zweckgebundenen Arbeitgeberbeitrag, den der Arbeitgeber in eine betriebliche Altersversorgung einstelle. Da es sich um einen rein arbeitgeberfinanzierten Beitrag handele, komme es nicht darauf an, ob und wie dieser in der Lohnabrechnung ausgewiesen sei.
23Das Arbeitsgericht hat aber dem Klageantrag entsprochen, insofern der Kläger von den Beklagten Schadensersatz wegen der Nichtabführung von Beiträgen an die G Pensionskasse in den Monaten Oktober 2010 bis Januar 2011 verlangt hat. Ein Anspruch ergebe sich insofern aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266a Abs. 3 StGB. Es seien Teile des Arbeitsentgelts, nämlich insgesamt 400,- €, vom Arbeitsentgelt einbehalten aber nicht an die Pensionskasse abgeführt worden. Die Beklagten hätten es auch unterlassen, den Kläger über die Nichtabführung spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach zu unterrichten. Die Beklagten hätten nicht substantiiert vorgetragen, wann und mit welchem Inhalt eine Unterrichtung des Klägers erfolgt sei. Die Beklagten hätten vorgetragen, der Kläger habe an den Liquiditätsrunden teilgenommen, welche am 25.11.2010, 23.12.2010, 13.01.2011, 01.02.2011 und 16.03.2011 stattgefunden haben. In diesen Liquiditätsrunden seien die geplanten Ratenzahlungen an die J Unterstützungskasse und die G Pensionskasse erläutert worden. Mit diesem Vorbringen hätten die Beklagten die Unterrichtung des Klägers jedoch nicht substantiiert dargelegt. Soweit die Beklagten vorgebracht hätten, der Kläger habe sich mehrfach in der Buchhaltung nach dem Zahlungsstand erkundigt, so sei hierin ebenfalls keine hinreichende Unterrichtung zu erblicken. Auch soweit die Beklagten vorgetragen haben, die Zahlungsrückstände seien Gegenstand zahlreicher Betriebs- und Abteilungsversammlungen gewesen, so enthalte auch dieses Vorbringen keinen substantiierten Vortrag zu einer Unterrichtung des Klägers im Sinne von § 266a Abs. 3 StGB. Auch der subjektive Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB sei erfüllt. Für die Nichtabführung des vom Entgelt des Klägers einbehaltenen Betrages von 400,- € seien die Beklagten als damalige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Insolvenzschuldnerin verantwortlich gewesen. Die Beklagten könnten sich nicht darauf berufen, als Geschäftsführer nicht selbst für die Abführung von Beiträgen zur Pensionskasse verantwortlich gewesen zu sein. Wegen der bestehenden Zahlungsschwierigkeiten der Insolvenzschuldnerin hätten gesteigerte Überwachungspflichten der Beklagten bestanden. Die Nichtabführung der einbehaltenen Beträge habe auch kausal zu einem Schaden geführt. Der Schaden bestehe im Fehlen von 400,- € auf dem Versicherungskonto des Klägers. Dem Schaden stünden auch nicht etwaige Ansprüche des Klägers aus der Insolvenztabelle entgegen. Vielmehr stünden der Anspruch gegen die Beklagten und der Anspruch gegen die Insolvenzschuldnerin nebeneinander. Lediglich der Zinsanspruch sei unbegründet, da im Falle der Nichtzahlung von Beiträgen an eine Versorgungskasse kein Zinsanspruch bestehe. Das Arbeitsgericht hat die Berufung für die Beklagten zugelassen.
24Das Urteil ist den Parteien am 18.10.2013 zugestellt worden. Die Beklagten haben am 05.11.2013 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 20.01.2014 am 20.01.2014 begründet. Der Kläger hat am 07.11.2013 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 20.01.2014 am 20.01.2014 begründet.
25Die Beklagten meinen, die Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, soweit es der Klage im Umfang von 400,- € entsprochen habe. Der objektive Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB sei nicht erfüllt. Der Kläger sei über die Nichtabführung der Beiträge an die G Pensionskasse informiert worden. Der Kläger sei in den Liquiditätsrunden über die Ratenzahlungen, Stundungsvereinbarungen und Zahlungsrückstände informiert worden. Zu den einzelnen Zahlungsvorgängen seien schriftliche Unterlagen vorgelegt worden. Diese Unterlagen hätten auch die jeweiligen Rückstände gegenüber der J und der G und entsprechende Ratenzahlungsvereinbarungen umfasst. Der Kläger habe sich auch in der Lohnbuchhaltung nach dem betreffenden Zahlungsstand erkundigt. Das betreffe auch die Nichtabführung der Beiträge für Oktober 2010 bis Januar 2011. Zu diesen Gesichtspunkten hätten die Beklagten Zeugenbeweis angetreten, dem vom Arbeitsgericht nicht nachgegangen worden sei.
26Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger als Betriebsratsvorsitzender an allen Betriebsversammlungen, Abteilungsversammlungen, Liquiditätsrunden, an vielen Gesprächen mit der Geschäftsführung, an vielen Gesprächen mit der Buchhaltung und deren Leiter sowie an vielen Gesprächen der Geschäftsführung mit dem gesamten Betriebsrat teilgenommen habe. In allen Gesprächen sei immer die wirtschaftliche Situation in Verbindung mit der Zahlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin thematisiert worden. Insbesondere der Kläger habe die jeweils aktuelle Zahlungssituation in sehr detaillierter Form erfragt. Er habe sich seit September 2010 fast täglich dafür eingesetzt, Zahlungsprobleme bei einzelnen Mitarbeitern der Insolvenzschuldnerin zu lösen. Er sei über Einzelheiten zu Zahlungsrückständen bei einzelnen Mitarbeitern bestens informiert gewesen und habe auch Informationen der Geschäftsleitung an die Mitarbeiter weiter geleitet. Er habe zudem immer zum Ausdruck gebracht, dass er Zahlungsrückstände akzeptiere und es sein höchstes Interesse sei, das Unternehmen trotz finanzieller Schwierigkeiten fortzuführen und dafür auch seine persönlichen Interessen zurückzustellen. Er habe auch zum Ausdruck gebracht, dass ihm klar sei, dass die weitere vollständige Zahlung an die G Pensionskasse eine frühere Insolvenzanmeldung nach sich ziehen würde. Der Kläger habe somit sein Einverständnis mit der Nichtzahlung der streitgegenständlichen Beiträge zum Ausdruck gebracht. Er habe sich auch bezüglich Anfragen an die G Pensionskasse mit anderen Betriebsratsmitgliedern ausgetauscht, so auch mit der Mitarbeiterin M. Von dieser wiederum sei eine Anfrage an Herrn O ergangen, was dieser in einer E-Mail vom 21.02.2011 an den Beklagten zu 2 bestätigt habe.
27Zudem sei eine Verantwortung der Beklagten ohnehin trotz der Regelung in § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht gegeben. Der Adressat des Verbots sei nicht eindeutig erkennbar. Arbeitgeberin des Klägers seien nicht die Beklagten, sondern die Insolvenzschuldnerin gewesen. Eine Haftung der Beklagten für Verbindlichkeiten der Insolvenschuldnerin sei nicht gegeben. Die Haftung entfalle überdies wegen der Delegation der Zahlungstätigkeiten.
28Auch sei durch eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten kein Schaden verursacht worden. Angesichts der Liquiditätssituation der Insolvenzschuldnerin im streitigen Zeitraum sei es nicht realistisch, dass dem Kläger die 400,- € an die G Pensionskasse zugekommen wären. Dem Kläger wäre es nicht gelungen, einen werthaltigen Titel zu erlangen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass bei einer frühzeitigen Geltendmachung nicht abgeführter Beiträge durch alle Arbeitnehmer eine Zahlungsunfähigkeit früher eingetreten wäre und andere Vergütungsansprüche des Klägers nicht hätten bedient werden können. Eine nur um einen Monat frühere Insolvenz hätte einen Vermögensnachteil beim Kläger verursacht, der den geltend gemachten Schaden übersteigen dürfte. Die Nichtabführung der Beiträge sei lediglich von etwa fünf Mitarbeitern nicht akzeptiert worden. Diese hätten die Zahlung seinerzeit eingefordert. Zu weiteren dieser Ausnahmezahlungen habe es aufgrund der finanziellen Situation des Unternehmens nicht kommen können. Bei Auszahlung der Beiträge und früherer Insolvenzanmeldung wären laufende Lohnzahlungen sowie ebenfalls laufende Nachzahlungen von rückständigem Weihnachtsgeld nicht mehr erfolgt. Die Beklagten bezweifeln zudem, dass die Darlegungslast für den hypothetischen Kausalverlauf beim Schädiger liege. Soweit die Darlegungen der Beklagten zur fehlenden Kausalität nicht als ausreichend angesehen würden, sei ein Sachverständigengutachten einzuholen.
29Schließlich habe der Kläger zur Begründung seines Schadensersatzanspruchs darzulegen, inwieweit er aus der Insolvenzmasse befriedigt worden ist. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagten und die Insolvenzschuldnerin stünden nicht nebeneinander.
30Die Beklagten beantragen,
31das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 02.10.2013, 2 Ca 482/13 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
32Der Kläger beantragt,
33die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
34Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil, soweit dieses der Klage stattgegeben hat. Er ist allerdings der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit Schadensersatzansprüche wegen Nichtabführung der Beiträge zur J Unterstützungskasse betroffen seien. Ein Anspruch ergebe sich insofern aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266a Abs. 3 StGB. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien durch die Nichtabführung der J Beiträge Teile des Arbeitsentgelts betroffen. Der tarifvertragliche Anspruch entstehe gemäß § 2 Abs. 2 des Tarifvertrags monatlich. Zudem könne der Arbeitgeber gemäß § 3 des Tarifvertrags dem Arbeitnehmer alle nach dem Betriebsrentengesetz für die Entgeltumwandlung zulässigen Formen der betrieblichen Altersversorgung anbieten.
35Zudem ist der Kläger der Ansicht, es bestehe auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei auch der subjektive Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB erfüllt. Den Beklagten sei es darum gegangen, die für die Altersvorsorge der Mitarbeiter vorgesehenen Beiträge zugunsten der Insolvenzschuldnerin anderweitig zu verwenden. Damit sei die Absicht gegeben, der Arbeitgeberin einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Aus diesen Erwägungen bestehe auch ein Anspruch nach § 826 BGB. Die Beklagten hätten durch die Lohnabrechnungen dem Kläger vorgespiegelt, die Beiträge seien abgeführt. Damit hätten sie den Versorgungsvertrag des Klägers selbst gefährdet und ihn insbesondere auch davon abgehalten, Beiträge selbst einzuzahlen.
36Der Kläger beantragt,
37das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 02.10.2013, 2 Ca 482/13 teilweise abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, in den Versorgungsvertrag Zusagen-Nummer 1-31.984.103-0 (Träger Unternehmen 1991) bei der Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung e.V. in Hamburg für den Kläger 1.248 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 624,- € ab dem 01.12.2009 sowie auf weitere 624,- € ab dem 01.12.2010 einzuzahlen.
38Hilfsweise für den Fall, dass die Einzahlung in die Unterstützungskasse nicht mehr möglich ist, die Auszahlung der oben genannten Beträge zzgl. Zinsen an den Kläger vorzunehmen.
39Die Beklagten beantragen,
40die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
41Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat.
42Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe
44A.
45Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
46I.
47Beide Berufungen sind zulässig.
48Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. a ArbGG. Die Beklagten haben ihre Berufung gegen das am 18.10.2013 zugestellte Urteil form- und fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 05.11.2013 eingelegt und nach Fristverlängerung bis zum 20.01.2014 am 20.01.2014 ordnungsgemäß nach den §§ 520 Abs. 3 i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG begründet.
49Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG. Der Kläger hat seine Berufung gegen das am 18.10.2013 zugestellte Urteil form- und fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 07.11.2013 eingelegt und nach Fristverlängerung bis zum 20.01.2014 am 20.01.2014 ordnungsgemäß nach den §§ 520 Abs. 3 i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG begründet.
50II.
51Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn ist teilweise abzuändern.
521.
53Die Beklagten sind zur Einzahlung von 400,- € in die Rentenversicherung des Klägers mit der Rentenversicherungsnummer 4.4 029 101.71 bei der G Pensionskasse nur Zug um Zug gegen Abtretung der dem Kläger in gleicher Höhe gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zustehenden Ansprüche verpflichtet.
542.
55Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB in Höhe von 400,- €.
56a)
57Gemäß § 823 Abs. 2 BGB ist zum Ersatz des entstehenden Schadens verpflichtet, wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. § 266a Abs. 3 StGB ist hinsichtlich abzuführender Teile des Arbeitsentgelts ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zu Gunsten des Arbeitnehmers (vgl. BAG 18.08.2005 – 8 AZR 542/04 – NJW 2005, 3739; BGH 29.09.2008 – II ZR 162/07 – NJW 2009, 295 f.). Gesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist jede Rechtsnorm, die ein bestimmtes Gebot oder Verbot ausspricht. Dabei muss die Gebots- oder Verbotsnorm nach Zweck und Inhalt jedenfalls auch dem Individualschutz dienen. Danach ist § 266a Abs. 3 StGB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen, denn es dient dem Schutzinteresse der Arbeitnehmer an der treuhänderischen Verwaltung von Teilen ihres Arbeitseinkommens (vgl. BAG 18.08.2005 – 8 AZR 542/04 – NJW 2005, 3739).
58b)
59Die Beklagten haben den Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB erfüllt. Sie haben als Arbeitgeber Teile des Arbeitsentgelts, die sie für den Kläger an einen anderen zu zahlen hatten, dem Kläger einbehalten, sie jedoch nicht an den anderen gezahlt und es unterlassen, den Kläger spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten.
60aa)
61In den Monaten Oktober 2010 bis Januar 2011 wurde das Arbeitsentgelt des Klägers in Höhe von jeweils 100,- € einbehalten. Die einbehaltenen Beträge wurden nicht an die G Pensionskasse gezahlt. Dies hat der Kläger bereits erstinstanzlich belegt durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der G Pensionskasse belegt (Bl. 75 f. d.A.).
62bb)
63Die Beiträge waren vereinbarungsgemäß monatlich an die G Pensionskasse zu zahlen. Die Beklagten haben nicht substantiiert dargelegt, dass die Vereinbarung, die Beiträge monatlich an die G Pensionskasse abzuführen, später durch eine andere Vereinbarung ersetzt worden ist. Insbesondere haben die Beklagten eine Stundungsvereinbarung mit dem Kläger nicht substantiiert dargelegt. In welcher Form welche konkrete Person wann mit dem Kläger eine Vereinbarung über die Stundung der Beiträge geschlossen haben soll, haben die Beklagten nicht dargelegt. Inwiefern eine Stundungsvereinbarung mit der G Pensionskasse geschlossen worden ist, kann dahinstehen. Eine solche Stundungsvereinbarung ist für das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin ohne Belang. Denn die G Pensionskasse konnte durch eine etwaige Stundungsvereinbarung mit der Beklagten nicht für den Kläger auf dessen Rechte verzichten.
64cc)
65Die Beklagten haben es auch unterlassen, den Kläger spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an die G Pensionskasse zu unterrichten.
66Eine entsprechende Unterrichtung des Klägers haben die Beklagten für keinen der vier streitgegenständlichen Monate von Oktober 2010 bis Januar 2011 substantiiert dargelegt. Dabei ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass gerade dem Kläger als Vorsitzenden des Betriebsrats die finanziellen Probleme der Insolvenzschuldnerin bekannt waren. Die Beklagten haben aber nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger bei Fälligkeit oder unverzüglich danach auch darüber informiert war, dass die für ihn in den Monaten Oktober 2010 bis Januar 2011 abzuführenden Beiträge zur G Pensionskasse in den Monaten Oktober 2010 bis Januar 2011 nicht abgeführt wurden. Wann konkret welche Person diese Information in welcher Form an den Kläger übermittelt haben soll, haben die Beklagten nicht dargelegt.
67Es kann dahinstehen, ob der Kläger an den Liquiditätsrunden am 25.11.2010, 23.12.2010, 13.01.2011, 01.02.2011 und 16.03.2011 teilgenommen hat. Denn die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger im Rahmen dieser Liquiditätsrunden darüber informiert worden ist, dass die für ihn in den Monaten Oktober 2010 bis Januar 2011 abzuführenden Beiträge zur G Pensionskasse nicht abgeführt worden waren. Selbst wenn in den Liquiditätsrunden über Stundungsvereinbarungen und Ratenzahlungsvereinbarungen mit der G Pensionskasse gesprochen worden ist, so haben die Beklagten nicht konkret dargelegt, welche Auszahlungsmonate und welche Arbeitnehmer von diesen Vereinbarungen betroffen gewesen sein sollen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass schon vor Oktober 2010 die Lohnzahlungen verspätet erfolgt sind. Soweit in diesen Monaten nicht nur der an die Arbeitnehmer auszuzahlende Nettolohn, sondern auch die abzuführenden Beiträge verspätet geleistet wurden, mag dies auf der Grundlage von Stundungsvereinbarungen erfolgt sein. Eine insgesamt verspätete Lohnzahlung konnte auch den Straftatbestand des § 266a StGB nicht erfüllen. Es ist aber von den Beklagten nicht dargelegt, dass in den Liquiditätsrunden darauf hingewiesen wurde, dass zwar der Nettolohn bei Fälligkeit gezahlt wurde, nicht aber die abzuführenden Beiträge für die G Pensionskasse. Erst Recht ist von den Beklagten nicht dargelegt worden, dass in den Liquiditätsrunden eine differenzierte Darstellung bezogen auf unterschiedliche Arbeitnehmer erfolgt ist. Denn es ist zu berücksichtigen, dass für einige Arbeitnehmer die Beiträge zur G abgeführt worden sind. Soweit die Beklagten darauf hingewiesen haben, dass zu den einzelnen Zahlungsvorgängen schriftliche Unterlagen vorgelegt worden seien, so haben die Beklagten auch diesen Vortrag nicht weiter substantiiert. Insbesondere haben sie die entsprechenden Unterlagen nicht vorgelegt. Nach alledem ist nicht dargelegt, dass der Kläger in den von den Beklagten angesprochenen Liquiditätsrunden darüber informiert worden ist, dass trotz Zahlung seines Nettolohns für die Monate Oktober 2010 bis Januar 2011 eine Abführung der Beiträge zur G Pensionskasse nicht erfolgt ist.
68Die Beklagten haben auch nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger diese Information im Rahmen von Rückfragen in der Lohnbuchhaltung erhalten hat. Wann der Kläger konkret die Lohnbuchhaltung aufgesucht hat und welche Gespräche dort mit welcher natürlichen Person mit welchem Inhalt geführt worden sind, hat die Beklagte nicht dargelegt.
69Die Beklagten haben schließlich auch nicht dargelegt, dass eine entsprechende Information des Klägers im Rahmen von Betriebsversammlungen, Abteilungsversammlungen oder in sonstigen Gesprächen mit der Geschäftsführung erteilt worden ist.
70Vor diesem Hintergrund kam die von den Beklagten zu verschiedenen Gesichtspunkten beantragte Vernehmung von Zeugen nicht in Betracht. Sie wäre auf eine unzulässige Ausforschung des Sachverhalts hinausgelaufen.
71Im Übrigen spricht gegen eine rechtzeitige Information des Klägers über die Nichtabführung der Beiträge für die Monate Oktober 2010 bis Januar 2011 der Hinweis der Beklagten, die Mitarbeiterin K habe sich nach Absprache mit dem Kläger bei dem Mitarbeiter F nach der Abführung der Beiträge an die G erkundet. Nach dem Vorbringen der Beklagten soll der Mitarbeiter F diese Anfrage durch E-Mail vom 21.02.2011 an den Beklagten zu 2 bestätigt haben. Auch wenn der Sachvortrag der Beklagten auch unter diesem Gesichtspunkt nicht substantiiert ist, so spricht der Hinweis auf eine E-Mail vom 21.02.2011 dafür, dass im Februar 2011 und damit erst nach Fälligkeit der streitgegenständlichen Beiträge die Anfrage durch die Mitarbeiterin K erfolgt ist. Wenn diese Anfrage wiederum nach Rücksprache mit dem Kläger erfolgte, so spricht dies wiederum dafür, dass der Kläger im Februar 2011 im Hinblick auf die unterbliebene Abführung von Beiträgen zur G gerade nicht informiert war. Anderenfalls wäre die Nachfrage entbehrlich gewesen.
72Zudem ist gegenüber dem Kläger durch die Auszahlung der Nettovergütung für die entsprechenden Monate und die Erteilung von Abrechnungen, die auch eine Abführung der Beiträge zur G Pensionskasse vorsahen, der Eindruck erweckt worden, als seien die Beiträge zur G Pensionskasse abgeführt worden.
73dd)
74Für die Nichtabführung des vom Entgelt des Klägers einbehaltenen Betrages in Höhe von monatlich 100,- € sind die Beklagten als damalige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Insolvenzschuldnerin nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB verantwortlich.
75Zwar haftet nach der gesetzlichen Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 GmbHG eine GmbH als Arbeitgeberin für entstehende Schäden ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen, während eine Haftung der Geschäftsführer nicht vorgesehen ist. Dieses gesellschaftsrechtlich normierte Haftungssystem wird allerdings bezüglich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers einer GmbH für Verstöße gegen Straftatbestände durch § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB erweitert. Soweit mehrere Geschäftsführer bestellt sind, trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich jeden von ihnen. Wenn mehrere Personen zu Geschäftsführern einer GmbH bestellt sind, trifft jede von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung. Aus dieser „Allzuständigkeit" ergibt sich die Verantwortung jedes Geschäftsführers für die Erfüllung der Pflichten der Gesellschaft. Von dieser Verpflichtung können sich die Geschäftsführer weder durch interne Zuständigkeitsverteilung noch durch Delegation von Aufgaben auf andere Personen entledigen. Interne Zuständigkeitsregelungen lassen ebenso wie eine Delegation der Aufgaben die Eigenverantwortlichkeit nicht erlöschen. Es bleiben stets Überwachungspflichten, die Veranlassung zum Eingreifen geben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung von der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch die mit der Erledigung beauftragten Arbeitnehmer nicht mehr gewährleistet ist (BGH 09.01.2001 – VI ZR 407/99 – NZA 2001, 392).
76Vor diesem Hintergrund können sich die Beklagten nicht darauf berufen, als Geschäftsführer selbst nicht für die Abführung der Beiträge an die Pensionskasse verantwortlich gewesen zu sein bzw. diese Pflicht delegiert zu haben. Wegen der bestehenden Zahlungsschwierigkeiten der Insolvenzschuldnerin bestanden vielmehr gesteigerte Überwachungspflichten der Beklagten als damalige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Beklagten hätten dafür Sorge tragen müssen, dass die Mitarbeiter zeitnah zum Einbehalt der Beiträge über die Nichtweiterleitung an die G Pensionskasse zuverlässig informiert wurden. Es wäre ihre Pflicht gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter nicht noch zusätzlich durch falsche Informationen auf der Lohnabrechnung in die Irre geführt wurden.
77ee)
78Die Beklagten haben auch den subjektiven Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB erfüllt. Die Beklagten waren sich darüber bewusst, dass die Beiträge zur G Pensionskasse nicht bei Fälligkeit aus dem Entgelt des Klägers abgeführt wurden. Die Beklagten nahmen es bei der von ihnen gewählten Art der Information der Arbeitnehmer billigend in Kauf, dass Arbeitnehmer verspätet, gar nicht oder unzureichend über die sie betreffenden Rückstände unterrichtet wurden.
79ff)
80Da Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe nicht ersichtlich sind, sind die Voraussetzungen des § 266a Abs. 3 StGB erfüllt. Da somit dieses Schutzgesetz verletzt worden ist, haften die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB.
81c)
82Die Nichtabführung der einbehaltenen Beiträge hat auch beim Kläger zu einem Schaden geführt. Das Guthaben aus seinem Vertrag bei der G Pensionskasse ist um 400,- € geringer, als wenn eine ordnungsgemäße Abführung der Beiträge in den Monaten Oktober 2010 bis Januar 2011 erfolgt wäre.
83Die Beklagte kann dem Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Vermögenseinbuße auch im Falle eines rechtmäßigen Verhaltens der Beklagten eingetreten wäre. Allerdings kann eine Schadensersatzpflicht nach §§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 266a StGB ausgeschlossen sein, wenn bei dem Geschädigten auch im Falle pflichtgemäßen Verhaltens des Arbeitgebers der Schaden entstanden wäre. So fehlt es etwa an einem kausal verursachten Schaden, wenn geleistete Beiträge in einem Insolvenzverfahren erfolgreich anzufechten gewesen wären (BGH 02.12.2010 – IX ZR 247/09 – NJW 2011, 1133 ff.) Bezogen auf die Darstellung dieses hypothetischen Kausalverlaufs trägt allerdings – nicht nur bezogen auf den Bereich des Arzthaftungsrechts - der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast (BGH 15.03.2005 – VI ZR 313/03 – NJW 2005, 1718; Oetker, in Münchener Kommentar zum BGB, 6 . Aufl., § 249 BGB Rdz. 224 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, Vorb v § 249 BGB Rdz. 107).
84Die Beklagten haben nicht hinreichend dargelegt, dass der Kläger auch im Falle einer rechtzeitigen Information über die Nichtabführung der Beiträge zur G Pensionskasse diese Beiträge nicht hätte realisieren können. Die Insolvenzschuldnerin hat nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten etwa fünf Arbeitnehmer durch Abführung der Beiträge an die G Ende 2010/Anfang 2011 klaglos gestellt. Insofern bestand ein finanzieller Spielraum, die Ansprüche einiger Mitarbeiter zu befriedigen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger im Falle einer korrekten Information ebenfalls die Abführung der Beiträge zur G Pensionskasse verlangt hätte. Weiter ist nicht auszuschließen, dass die Beklagte diesem Verlangen entsprochen hätte. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die Erfüllung der relativ geringfügigen Ansprüche des Klägers zu einer vorzeitigen Insolvenz geführt hätte. Soweit sich die Beklagten darauf berufen, im Falle einer Erfüllung der Ansprüche des Klägers hätten auch zahlreiche weitere Beschäftigte ihre Ansprüche geltend gemacht, bewegt sie sich im Bereich der Spekulation.
85Entgegen der Ansicht der Beklagten war zu der Frage, ob im Falle einer Zahlung an den Kläger eine vorzeitige Insolvenz eingetreten wäre, kein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre auf eine unzulässige Ausforschung des Sachverhalts hinaus gelaufen. Nicht einem Sachverständigen, sondern den Beklagten oblag es aber, im Rahmen des Beibringungsgrundsatzes die Tatsachen vorzutragen, die darauf schließen lassen, dass beim Kläger auch im Falle einer frühzeitigen Information ein Schaden in gleicher Höhe eingetreten wäre. Da den Beklagten diese Darlegung nicht gelungen ist, ist durch Fehlverhalten der Beklagten ein Vermögensnachteil in Höhe der vier nicht gezahlten monatlichen Raten von jeweils 100,- € entstanden.
86Ein Schaden ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil geleistete Zahlungen im Insolvenzverfahren anfechtbar gewesen wären. Wäre die Abführung der Beiträge fristgerecht zum Monatsende erfolgt, wäre die Abführung mehr als drei Monate vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung bzw. der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Statten gegangen. In diesem Fall wären die Zahlungen an die G Pensionskasse nach den §§ 129 InsO nicht anfechtbar gewesen.
87Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die nicht bezahlten 400,- € über das Insolvenzgeld erstattet wurden, sind nicht ersichtlich. Da das Insolvenzverfahren erst am 01.07.2011 eröffnet wurde, lag der hier streitgegenständliche Zeitraum der nicht gezahlten Beiträge zur G außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums.
88d)
89Der Kläger ist allerdings entsprechend § 255 BGB verpflichtet, Zug um Zug gegen Zahlung der 400,- € seine in gleicher Höhe bestehenden Insolvenzforderungen gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin an die Beklagten abzutreten.
90III.
91Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
92Wegen einer etwaigen Nichtabführung von Beiträgen zur J Unterstützungskasse in den Jahren 2009 und 2010 steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu.
931.
94Ein Schadensersatzanspruch ergibt insbesondere nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 266a Abs. 3 StGB. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 266a Abs. 3 StGB sind hinsichtlich etwaig nicht abgeführter Jahresbeträge in Höhe von jeweils 624,- € nicht erfüllt.
95§ 266a Abs. 3 StGB erfasst Fälle der Verletzung treuhänderischer Pflichten des Arbeitgebers durch Nichtabführung einbehaltener Teile des Arbeitsentgelts. Soweit der Arbeitgeber dagegen durch Zahlungen an Dritte eigene Beitragspflichten erfüllt, ist der Anwendungsbereich des § 266a Abs. 3 StGB nicht eröffnet. Dies gilt etwa, wenn der Arbeitgeber es unterlässt, Beiträge im Rahmen des Urlaubskassenverfahrens abzuführen. Zwar kommen diese Beiträge auch dem Arbeitnehmer zu Gute. Jedoch begleicht der Arbeitgeber mit der Einzahlung der Beiträge keine Schulden des Arbeitnehmers, sondern erbringt seinen eigenen Beitrag zu dem Umlageverfahren (vgl. BAG 18.08.2005 – 8 AZR 542/04 – NJW 2005, 3739).
96Auch vorliegend hat die Insolvenzschuldnerin im Rahmen der Zahlung von Beiträgen an die J Unterstützungskasse eigene Verpflichtungen erfüllt. Die Zahlung von jährlich 624,- € erfolgte auf der Grundlage des Tarifvertrags über Altersvorsorge in der Deutschen Glasindustrie. Bei den Zahlungen handelte es sich gemäß § 2 Abs. 1 des Tarifvertrags um einen zweckgebundenen Arbeitgeberbeitrag. Auch wenn der Arbeitgeber gemäß § 3 des Tarifvertrags über Altersvorsorge in der Deutschen Glasindustrie dem Berechtigten alle nach dem Betriebsrentengesetz für die Entgeltumwandlung zulässigen Formen der betrieblichen Altersversorgung anbieten kann, bedeutet dies nicht, dass es sich bei den Zahlungen an die J-Unterstützungskasse um die Abführung einbehaltener Teile des Arbeitsentgelts handelt. Denn ein Einbehalt von Arbeitsentgelt hat bezogen auf diese Zahlungen nicht stattgefunden. Daran ändert auch die Darstellung in den Entgeltabrechnungen, in denen die 624,- € einerseits addiert und andererseits subtrahiert wurden, nichts. Denn die Frage, ob und wie ein Lohneinbehalt oder eine andere Zahlung in der Entgeltabrechnung aufgeführt wird, ist für ihre rechtliche Einordnung nicht entscheidend (vgl. Perron, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 266a StGB Rdz. 13).
972.
98Ein Schadensersatzanspruch wegen etwaig nicht abgeführter Beiträge zur J Unterstützungskasse ergibt sich aus doppeltem Grund auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 Abs. 1 BGB.
99a)
100Seit der Einführung des § 266a StGB geht diese Regelung dem Betrugstatbestand bezogen auf das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt als lex specialis vor (BGH 07.03.2012 – 1 StR 662/11 – juris; BGH 24.04.2007 – 1 StR 639/06 – juris). Schon vor diesem Hintergrund kann sich keine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 Abs. 1 StGB ergeben.
101b)
102Zudem haben die Beklagten zumindest auch den subjektiven Tatbestand des Betrugs nach § 263 Abs. 1 BGB nicht erfüllt. Das neben dem Vorsatz weiterhin erforderliche subjektive Element des Betrugstatbestands, nämlich die Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffe, liegt nicht vor. Diese Bereicherungsabsicht ist nur dann gegeben, wenn es dem Täter gerade darauf ankommt, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dagegen fehlt es an einer Bereicherungsabsicht, wenn die Vorteilserlangung nur eine notwendige Nebenfolge eines angestrebten anderen Erfolgs ist (Perron, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 263 StGB Rdz. 176). Dass die Beklagten erstrebten, sich oder der Insolvenzschuldnerin einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Allein die Tatsache, dass der Insolvenzschuldnerin durch die Nichtabführung der Beiträge ein finanzieller Spielraum eingeräumt wurde, führt nicht zu einer Verwirklichung des Betrugstatbestands. Die Nichtzahlung von Beiträgen an die J Unterstützungskasse lässt – wie jede Nichtzahlung von Vergütung in einer finanziellen Krise – ohne weitere Anhaltspunkte nicht darauf schließen, dass die Arbeitgeberin oder ihre Geschäftsführer hierbei in der Absicht handelten, sich rechtswidrige Vermögensvorteile zu verschaffen. Die finanzielle Entlastung der Arbeitgeberin erweist sich in diesem Fall grundsätzlich nur als notwendige Nebenfolge der ausgebliebenen Zahlung. Dass die finanzielle Entlastung der Arbeitgeberin hier mehr als nur eine notwendige Nebenfolge war, ist nicht ersichtlich.
1033.
104Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266 Abs. 1 StGB. Insofern fehlt es bereits an einem Vermögensbetreuungsverhältnis im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB zwischen dem Kläger und den Beklagten als damalige Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin. Eine Vermögensbetreuungspflicht ist nur anzunehmen, wenn diese sich als Hauptpflicht, d.h. als eine das Vertragsverhältnis zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Pflicht darstellt. Eine Treuepflicht ergibt sich in aller Regel nur aus einem fremdnützig typisierten Schuldverhältnis, in welchem der Verpflichtung des Handelnden Geschäftsbesorgungscharakter zukommt (BAG 13.02.2007 – 9 AZR 106/06 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 40).
1054.
106Ein Anspruch ergibt sich schließlich nicht gemäß § 826 BGB.
107a)
108§ 826 BGB setzt eine sittenwidrige Schadenszufügung voraus. Objektiv sittenwidrig ist dabei eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Hinzutreten muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Die bloße Nichterfüllung von Vertragspflichten führt regelmäßig nicht zu einer Haftung nach § 826 BGB (BGH 24.02.1954 – II ZR 3/53 – NJW 1954, 1150 f; Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 826 BGB Rdz. 58). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Allein die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht reicht nicht aus (BGH; 10.07.2001 – VI ZR 160/00 – NJW 2001, 3702; Sprau, in: Palandt, 69. Aufl., § 826 BGB Rdz. 7).
109b)
110Nach diesen Grundsätzen besteht eine Haftung der Beklagten nach § 826 BGB nicht. Mit einer Nichtabführung der jährlich geschuldeten Beträge in Höhe von jeweils 624,- € läge zwar ein Verstoß der Insolvenzschuldnerin gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen vor. Dieser Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen führt aber regelmäßig nicht zu einer Haftung nach § 826 BGB. Auch wenn in den Lohnabrechnungen für die Monate Dezember 2009 und Dezember 2010 möglicherweise zu Unrecht eine Abführung der Beiträge vorgespiegelt wurde, erreicht das Fehlverhalten nicht ein solches Gewicht, dass es als sittenwidrig zu erachten ist. Die Abführung der Beiträge zur J Unterstützungskasse entsprach zwar einer vertraglichen Verpflichtung nicht aber einem sittlichen Gebot. Eine besondere Verwerflichkeit kann dem gesamten Vorgang nicht entnommen werden.
111B.
112Die Kosten des Rechtsstreits sind wie ausgeurteilt zu verteilen. Erstinstanzlich ist dabei unter Berücksichtigung der erfolgten Klagerücknahme in Höhe von 200,- € von einem Streitwert in Höhe von 1.848,- € auszugehen. Da der Kläger in einer Höhe von 400,- € obsiegt, sind ihm 78 % der Kosten aufzuerlegen. Die verbleibenden 22 % sind von den Beklagten zu tragen. Bei einem Streitwert von 1.648,- € in der Berufungsinstanz ergibt sich eine Kostenquote von 76 : 24 zum Nachteil des Klägers.
113C.
114Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Ferner liegen keine Gründe vor, die die Zulassung der Revision wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würden.
Tenor
I.Auf die Berufung der klagenden Parteien zu 1) bis 6) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.12.2014 - 13 Ca 5608/14 - teilweise abgeändert und die Beklagte zu 1) verurteilt,
1.für die Klägerin zu 1) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 1) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403263 einen Betrag in Höhe von 2.515,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche der Klägerin zu 1) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;
2.für den Kläger zu 2) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 2) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403050 einen Betrag in Höhe von 2.633,80 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche des Klägers zu 2) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;
3.für den Kläger zu 3) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 3) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403133 einen Betrag in Höhe von 2.158,60 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche des Klägers zu 3) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;
4.für die Klägerin zu 4) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 4) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403362 einen Betrag in Höhe von 535,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche der Klägerin zu 4) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;
5.für die Klägerin zu 5) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 5) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403202 einen Betrag in Höhe von 1.012,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche der Klägerin zu 5) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;
6.für den Kläger zu 6) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 6) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403282 einen Betrag in Höhe von 1.855,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche des Klägers zu 6) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG.
II.Die weitergehende Berufung der klagenden Parteien zu 1) bis 6) wird zurückgewiesen.
III.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 1) auferlegt.
IV.Die Revision wird für die Beklagte zu 1) zugelassen. Für die klagenden Parteien wird sie nicht zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über die persönliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zum Schadensersatz als ehemaliger Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin der klagenden Parteien aufgrund der Nichtabführung von Beiträgen aus betrieblicher Altersversorgung.
3Die klagenden Parteien waren sämtlich bei der A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG (im Folgenden Arbeitgeberin) beschäftigt und zwar die Klägerin zu 1) ab dem 01.08.1993 als Köchin, der Kläger zu 2) ab dem 01.01.2003 als First Level Support EDV, der Kläger zu 3) ab dem 01.10.1991 als Technischer Angestellter, die Klägerin zu 4) seit dem 01.09.1993 als Laborantin, die Klägerin zu 6) als Laborantin und der Kläger zu 6) seit dem 01.04.2002 als Mitarbeiter Kontrollküche. Bis auf die Klägerin zu 5) waren die klagenden Parteien in Vollzeit beschäftigt. Die Klägerin zu 5) arbeitete in Teilzeit mit 25 Wochenstunden.
4Die Beklagte zu 1) war ausweislich des zur Akte gereichten Handelsregisterauszugs der A. Nahrungsmittel GmbH (Amtsgericht Düsseldorf - HRB 1468) seit Mitte 2013 Geschäftsführerin der A. Nahrungsmittel GmbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin. Dies war sie jedenfalls bis zum 31.01.2014. Ob sie ab dem 01.02.2014 noch Geschäftsführerin war, ist zwischen den Parteien streitig. Die Löschung der Beklagten zu 1) als Geschäftsführerin im Handelsregister erfolgte am 10.03.2014. Der ursprünglich auch Beklagte zu 2) war zeitweise ebenfalls Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin.
5Auf die Arbeitsverhältnisse der klagenden Parteien fand jeweils kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Manteltarifvertrag der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie, Essigindustrie, Senfindustrie (MTV) Anwendung. Ebenfalls zur Anwendung kam der Altersvorsorge-Tarifvertrag der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (AVT). In diesem hieß es u.a.:
6"§ 2
7Durchführungswege
81.Die Altersversorgung wird bei einer von den Tarifvertragsparteien auszuwählenden Pensionskasse durchgeführt. Zwischen den Tarifvertragsparteien und der ausgewählten Pensionskasse werden entsprechende Rahmenbedingungen und Regelwerke vereinbart.
9…
10§ 3
11Tariflicher Altersvorsorgebetrag
121.Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit mindestens sechs Monaten Betriebszugehörigkeit haben ab 1. Juli 2002 Anspruch auf eine kalenderjährliche Einmalzahlung. Diese beträgt im Jahr 2001 267,50 Euro, ab 2003 535,00 Euro. Der Altersvorsorgebetrag darf ausschließlich zum Zwecke der Altersvorsorge verwendet werden.
13...
142.Der Anspruch nach Absatz 1 ermäßigt sich für jeden Kalendermonat, für den weniger als zwei Wochen Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht um 1/12.
153.a) Teilzeitbeschäftigte haben einen anteiligen Anspruch, der dem Verhältnis ihrer vertraglichen zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entspricht.
16…
174.Der Altersvorsorgebeitrag des jeweiligen Jahres wird dem Versorgungsträger vom Arbeitgeber jeweils bis 15. Dezember eines jeden Kalenderjahres überwiesen.
185.…
196.Soweit Ansprüche von der Höhe des Arbeitsentgelts abhängen, wird der Altersvorsorgebeitrag nicht mitgerechnet.
20§ 4
21Vermögenswirksame Leistungen
221.Der Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen vom 1. Juli 1987 in der Fassung vom 1. Januar 1992 wird zum 30. Juni 2002 außer Kraft gesetzt. Als ersetzende Regelung tritt der tarifliche Altersvorsorgebeitrag gem. § 3 dieses Vertrages.
232.Für den Fall, dass der Arbeitnehmer seine laufenden Verträge über vermögenswirksame Leistungen weiterführen will, muss er dies spätestens zum 30. Juni 2002 dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. In diesem Fall beträgt der tarifliche Altersvorsorgebeitrag gemäß § 3 dieses Vertrages 56,00 Euro, ….
24§ 5
25Entgeltumwandlung
261.Arbeitnehmer und Auszubildende haben ab dem 01. April 2002 Anspruch auf Umwandlung künftiger tariflicher Entgeltbestandteile (z.B. Tarifentgelt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgratifikation) zum Zwecke einer zusätzlichen Altersvorsorge nach den jeweils gültigen Gesetzen. Bei der Umwandlung von laufenden Entgelten sind diese zu einer jährlichen Einmalzahlung zusammenzufassen.
27…
28§ 7
29Unverfallbarkeit
30Umgewandelte Entgeltbeträge und der Altersvorsorgebetrag sind sofort unverfallbar, soweit nicht § 3 Ziffer 5 und § 5 Ziffer 4 anzuwenden ist.
31…
32§ 10
33Information/Schriftform
34Jeder Arbeitnehmer hat gegenüber den Versorgungsträgern Anspruch auf eine jährliche Information über den eingezahlten Umwandlungs- und Altersvorsorgebetrag und die sich hieraus ergebenden Anwartschaften.
35Für alle im Rahmen dieser Bestimmung abzugebenden Erklärungen und abzuschließenden Vereinbarungen bedarf es der Schriftform.
36§ 11
37Ausschlussfrist
38Ansprüche aus diesem Tarifvertrag sind innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten schriftlich geltend zu machen. Die Ausschlussfrist beginnt mit dem Zugang der Bescheinigung des Versorgungsträgers über die für das Kalenderjahr geleisteten Altersvorsorgebeiträge."
39Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten AVT Bezug genommen. Ausweislich einer Protokollnotiz zum AVT wählten die Tarifvertragsparteien als Pensionskasse die Hamburger Pensionskasse (HPK). Für die klagenden Parteien und die Arbeitgeberin kamen bei der HPK die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Versichertengruppe F (AVB-F) zur Anwendung. In diesen hieß es u.a.:
40"Anmeldung durch die Unternehmen
41§ 2
421.Die Mitgliedsunternehmen (§ 3 Nr. 2 der Satzung) melden ihre Beschäftigten entsprechend den in der Mitgliedschaftsvereinbarung mit der HPK vereinbarten Regeln zur Versicherung bei der HPK an. …
43Rechtsanspruch
44§ 4
45Der/Die nach den AVB-F Versicherte und seine /ihre Hinterbliebenen haben gegenüber der HPK einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf die Versicherungsleistungen nach Maßgabe der AVB-F.
46Beiträge
47§ 5
481.Die Deckung der Ausgaben erfolgt durch Zahlung von laufenden Beiträgen oder Einmalbeträgen. Laufende Beiträge sind für die Zeit bis zum Schluss des Monats zu leisten, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, bzw. bis zum Wirksamwerden der Kündigung oder Beitragsfreistellung des Versicherungsverhältnisses (§ 22). Laufende Beiträge sind jährlich bis zum Ende des jeweiligen Jahres zu zahlen.
492.Die HPK kann die Annahme von rückständigen Beiträgen ablehnen oder ihre Annahme von der Zahlung eines Verspätungszuschlags abhängig machen.
503.Jedes Unternehmen zahlt an die HPK für die bei ihm beschäftigten Versicherten die in den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beiträge.
514.Sowohl die Unternehmen als auch die Versicherten können auf Antrag neben den laufenden Beiträgen Einmalbeiträge entrichten. …
52Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten AVB-F Bezug genommen.
53Die klagenden Parteien machten mit Ausnahme der Klägerin zu 4) sämtlich von der Möglichkeit des § 5 AVT zur Entgeltumwandlung Gebrauch, und zwar: die Klägerin zu 1) in Höhe von 150,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 15,00 Euro monatlich; der Kläger zu 2) in Höhe von 159,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 15,90 Euro monatlich; der Kläger zu 3) in Höhe von 123,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 12,30 Euro monatlich; die Klägerin zu 5) in Höhe von 50,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 5,00 Euro monatlich; der Kläger zu 6) in Höhe von 100,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 10,00 Euro monatlich. In den monatlichen Gehaltsabrechnungen der klagenden Parteien für das Jahr 2013 und für Januar 2014 wurden jeweils die Gehaltsumwandlung und der Zuschuss der Arbeitgeberin angeführt und die Summe als "Abzug Pensionskasse" ausgewiesen. Die Arbeitgeberin zahlte die monatlichen Umwandlungsbeträge einschließlich des Zuschusses des Arbeitgeberbeitrags und den Jahresbeitrag gemäß § 3 AVT seit dem Jahr 2013 nicht an die HPK. Darüber wurden die klagenden Parteien selbst von der Arbeitgeberin oder der Beklagten zu 1) nicht unterrichtet. Die Klägerin zu 1), der Kläger zu 2), der Kläger zu 3), die Klägerin zu 5) und der Kläger zu 6) erhielten auf den 10.01.2014 datierte und von der HPK erstellte Bescheinigungen für den Arbeitnehmer über Beiträge zur Altersversorgung für das Jahr 2013. In diesen hieß es: "Einbehaltene und abgeführte Beträge zur Altersversorgung, Beträge gemäß EStG Par. 3 Nr. 63, Nr. 56". Angeführt waren folgende Beträge: Klägerin zu 1) 1.980,00 Euro; Kläger zu 2) 2.089,80 Euro; Kläger zu 3) 1.623,60 Euro; Klägerin zu 5) 660,00 Euro; Kläger zu 6) 1.320,00 Euro.
54Am 05.02.2014 versandte die Beklagte zu 1) an Frau Q. von der HPK eine E-Mail mit folgendem Inhalt:
55"Sehr geehrte Frau Q.,
56wie zum 31.01.2014 besprochen, vereinbaren wir folgenden Zahlungsplan ab Januar 2014:
57Wir werden - wie in den vergangenen Jahren - monatlich eine Zahlung in Höhe von 35.000,00 Euro beginnend ab Februar 2014 leisten.
58Darüber hinaus zeigen wir hiermit an, dass wir ebenfalls für das Jahr 2015 einen Zahlungsplan vereinbaren möchten.
59Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
60Ich bitte um kurze Bestätigung."
61Mit freundlichen Grüßen / Best regards
62Q. A."
63In der E-Mail war in der Mailkennung und in der Signatur Herr X. als Geschäftsführer der Arbeitgeberin angegeben.
64Es existierte ein unter dem 12.02.2014 datiertes Schreiben der HPK an die Arbeitgeberin, welches einen Zahlungsplan für das Beitragsjahr 2013 enthielt. Die offenen Forderungen der Arbeitgeberin für das Beitragsjahr wurden dabei auf 191.459,69 Euro beziffert, diejenigen der A. Nahrungsmittel E. GmbH auf 65.769,34 Euro. Für den Gesamtbetrag von 257.229,34 Euro sah der Zahlungsplan Folgendes vor:
65Fälligkeit | Beitrag in Euro | Verspätungsmonate | Zins in Euro |
31.01.2014 | 1 | 0,00 | |
28.02.2014 | 35.000,00 | 2 | 2.100,24 |
31.03.2014 | 35.000,00 | 3 | 905,39 |
… | … | … | … |
30.09.2014 | 12.229,34 | 9 | 49,82 |
Summe | 257.229,34 | 5,554,49 |
Konkret war das Schreiben bei der Arbeitgeberin an die Beklagte zu 1) adressiert. Ein entsprechender Zahlungsplan existierte für das Beitragsjahr 2012. Das entsprechende Schreiben vom 17.01.2013 war bei der Arbeitgeberin an Herrn N. gerichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Zahlungspläne Bezug genommen.
67Es existierte weiter eine Dienstbeendigungsvereinbarung vom 12.02.2014 mit der Beklagten zu 1) auch betreffend die Arbeitgeberin, ausweislich derer alle bestehenden Geschäftsführer-Anstellungsverträge zum 28.02.2014 beendet wurden. Die Beklagte zu 2) wurde danach bis zum Ablauf des 28.02.2014 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Für die Übergabe ihrer Verantwortungen sollte die Beklagte zu 2) bis zum 28.02.2014 noch zur Verfügung stehen.
68Aufgrund des am 24.02.2014 bei dem Amtsgericht Düsseldorf eingegangenen Antrags wurde am 01.05.2014 um 08.00 Uhr über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet (Amtsgericht Düsseldorf 01.05.2014 - 500 IN 39/14). Die Arbeitgeberin hatte bis Mitte 2014 ihre wesentlichen Verbindlichkeiten beglichen und bis zur Insolvenzantragsstellung am 24.02.2014 pünktlich alle Nettolöhne, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Die klagenden Parteien meldeten mit anwaltlichem Schreiben vom 03.06.2014 folgende Beträge (tariflicher Altersvorsorgebeitrag 2013 und anteilig Januar 2014 sowie Entgeltumwandlung zzgl. 10 % Aufstockung Januar 2013 bis Januar 2014) zur Insolvenztabelle der Arbeitgeberin an: Klägerin zu 1) 2.753,62 Euro; Kläger zu 2) 2.883,69 Euro; Kläger zu 3) 2.390,40 Euro; Klägerin zu 4) 585,76 Euro; Klägerin zu 5) 1.108,01 Euro; Kläger zu 6) 2.031,00 Euro. Die Forderungen wurden durch den Sachwalter am 25.06.2014 bestritten (ausweislich der Tabelle beim Kläger zu 3) angemeldet und bestritten nur 2.363,40 Euro sowie beim Kläger zu 6) 2.031,10 Euro). Mit Schreiben vom 20.06.2014 forderten die klagenden Parteien die Beklagte zu 1) zur Erstattung der in 2013 nicht eingezahlten Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung (tariflicher Eigenbeitrag und Entgeltumwandlung), insgesamt jeweils folgender Beträge auf: Klägerin zu 1) 2.753,62 Euro; Kläger zu 2) 2.883,69 Euro; Kläger zu 3) 2.384,22 Euro; Klägerin zu 4) 585,76 Euro; Klägerin zu 5) 1.108,01 Euro; Kläger zu 6) 2.031,00 Euro. Die Beklagte zu 1) wies diese Forderungen jeweils mit Schreiben vom 25.06.2014 zurück. Sie wies dabei darauf hin, dass jeweils Zahlungspläne mit der HPK vereinbart worden seien und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Zahlungsplans ausweislich der vorliegenden Gutachten keine Zahlungsunfähigkeit bestanden und die Zukunftsperspektive des Unternehmens positiv gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schreiben der klagenden Parteien und der Beklagten zu 1) sowie die Tabellenauszüge Bezug genommen. Mit Eingang am 31.10.2014 zeigte der Sachwalter gegenüber dem Amtsgericht Düsseldorf die Masseunzulänglichkeit in dem Insolvenzverfahren der Arbeitgeberin an.
69Die klagenden Parteien haben gemeint, die Beklagten seien ihnen als Gesamtschuldner zum Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 3 StGB verpflichtet und machen den tariflichen Altersvorsorgebetrag für das Jahr 2013 sowie die Entgeltumwandlung einschließlich des Zuschusses der Arbeitgeberin für die Zeit von Januar 2013 bis Januar 2014 einschließlich geltend. Die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung seien rechtswidrig nicht abgeführt worden. Sämtliche Beträge seien am 15.12.2013 zur Zahlung an die HPK fällig gewesen. Eine rechtliche Grundlage für eine Fälligkeit am 31.12.2013 bestehe nicht. Die Stundungsvereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und der HPK sei unwirksam, weil sie tarifwidrig und ohne Beteiligung der Arbeitnehmer zustande gekommen sei. Außerdem sei sie - selbst wenn sie wirksam abgeschlossen worden wäre - zu spät, nämlich nach Fälligkeit vereinbart worden. Die klagenden Parteien bestreiten mit Nichtwissen, dass es bereits im Dezember 2013 Verhandlungen über eine Stundungsvereinbarung gab. Die Beklagte zu 1) sei als Geschäftsführerin taugliche Täterin des § 266a Abs. 3 StGB gewesen, zumal ihre Geschäftsführereigenschaft erst zum 10.03.2014 im Handelsregister gelöscht wurde. Sie haben behauptet, im Innenverhältnis sei die Beklagte zu 1) noch bis zum 28.02.2014 Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin gewesen. Angesichts der Zahlungsvereinbarung müsse von einer vorsätzlichen Tat ausgegangen werden. Offensichtlich sei bereits in der Vergangenheit systematisch so vorgegangen worden, um Liquidität für das Unternehmen zu Lasten der Arbeitnehmer zu schaffen. Soweit die Beklagte zu 1) meint, sie sei aufgrund des Zahlungsplans mit der HPK zur verspäteten Zahlung berechtigt gewesen, unterliege sie offensichtlich einem Rechtsirrtum. Auf eine Kenntnis des Betriebsrats von den Zahlungsvereinbarungen - die nicht gegeben sei - komme es nicht an. Der Schaden bestehe darin, dass die abzuführenden Beträge nicht mehr gegen die jetzt insolvente Arbeitgeberin eingeklagt werden könnten. Im Verhältnis zu ihnen sei die Beklagte zu 1) nicht berechtigt gewesen, die Beiträge zurückzuhalten und verspätet abzuführen.
70Die klagenden Parteien haben beantragt,
71die Beklagte zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen,
721.für die Klägerin zu 1) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 1) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403263 einen Betrag in Höhe von 2.680,00 Euro netto einzuzahlen;
732.für den Kläger zu 2) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 2) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403050 einen Betrag in Höhe von 2.808,70 Euro netto einzuzahlen;
743.für den Kläger zu 3) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 3) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403133 einen Betrag in Höhe von 2.293,90 Euro netto einzuzahlen;
754.für die Klägerin zu 4) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 4) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403362 einen Betrag in Höhe von 535,00 Euro netto einzuzahlen;
765.für die Klägerin zu 5) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 5) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403202 einen Betrag in Höhe von 1.067,00 Euro netto einzuzahlen;
776.für den Kläger zu 6) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 6) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403282 einen Betrag in Höhe von 1.965,00 Euro netto einzuzahlen.
78Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,
79die Klage abzuweisen.
80Die Beklagte zu 1) hat gemeint, weder der objektive noch der subjektive Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB seien gegeben.
81Die Beklagte zu 1) hat behauptet, dass seit dem Jahre 2002 der Arbeitgeberin die Höhe der zu zahlenden Beiträge im Dezember mitgeteilt worden sei und die entsprechende Zahlung dann geleistet worden sei. Seit ca. drei bis vier Jahren seien mit der HPK Zahlungspläne getroffen worden. Diese Zahlungspläne seien für das abgelaufene Jahr im Dezember des Vorjahres vereinbart worden. Sie hat gemeint, die Fälligkeit der Beiträge an die HPK sei zum 15. Dezember des Beitragsjahres bzw. zum Jahresende eingetreten. Bereits vor diesem Fälligkeitstermin sei zwischen der Gruppe der Arbeitgeberin und der HPK, vertreten durch Frau Q., die Ratenzahlungsvereinbarung vom 12.02.2014 getroffen worden. Die Fälligkeit der ersten Rate sei mithin erst am 28.02.2014 eingetreten. Jedenfalls habe aufgrund der Gespräche zwischen ihr und Frau Q. von der HPK festgestanden, dass eine Stundungsvereinbarung zustande kommen werde. Zum 15.12.2013 sei die HPK nicht einmal ihrer Verpflichtung nachgekommen, die Beitragshöhe mitzuteilen.
82Die Beklagte zu 1) hat behauptet, bereits zum 31.01.2014 sei im Innenverhältnis ihr Geschäftsführerverhältnis bei der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin beendet worden. Ab dem 01.02.2014 sei sie freigestellt worden und Herr X. Geschäftsführer gewesen, der als solcher auch nach außen aufgetreten sei. Lediglich auf Bitten des Herrn X. habe sie noch die getroffene Zahlungsvereinbarung Anfang Februar 2014 bestätigt, weil sie insoweit auch die telefonischen Verhandlungen mit Frau Q. von der HPK geführt hatte. Die Mail vom 05.02.2014 habe sie nach Rücksprache mit Herrn X. versandt.
83Die Beklagte zu 1) hat gemeint, aufgrund der jeweils vereinbarten Zahlungspläne liege kein Vorsatz vor. Sie hat hierzu weiter behauptet, der damalige Betriebsratsvorsitzende habe seit dem Jahr 2002 die durchgeführte Zahlungsweise überprüft und in Ordnung befunden. Es sei mithin nichts verheimlicht worden.
84Für die Beiträge aus Januar 2014 fehle es bereits an der Fälligkeit. Eine Anspruchsgrundlage sei insoweit nicht ersichtlich.
85Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die klagenden Parteien nicht dargelegt haben, dass ihnen bei unverzüglicher Unterrichtung am 16.12.2013 über die Nichtabführung der Beiträge kein Schaden entstanden wäre. Sie hätten sich zeitlich nicht durch Vollstreckung befriedigen können. Etwaige Zahlungen wären als inkongruente Deckung anfechtbar gewesen. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist den klagenden Parteien am 29.12.2014 zugestellt worden. Am 16.01.2015 hat die HPK als Streitverkündete mitgeteilt, dass sie nicht bereits im Jahr 2013 über eine Stundung des Beitrags für das Jahr 2013 verhandelt habe. Die Arbeitgeberin habe schlicht Ende 2013 die fälligen Beitragszahlungen nicht geleistet. Dies habe die HPK weder veranlasst noch auf eine termingerechte Zahlung verzichtet. Die klagenden Parteien haben am 28.01.2015 nur betreffend die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.03.2015 - am 17.03.2015 begründet.
86Sie meinen, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die haftungsausfüllende Kausalität verneint. Insoweit sei zu prüfen, ob der Schaden gerade durch die Verletzung des Schutzgesetzes herbeigeführt worden ist. Ausreichend sei insoweit aber, dass die Befolgung des Schutzgesetzes eine größere Sicherheit gegen den Schadenseintritt geboten hätte. Dies sei der Fall, denn bei entsprechender Unterrichtung hätte die Möglichkeit zur Klage bestanden. Auf die Frage einer Zwangsvollstreckung komme es insoweit nicht an. Es liege auch keine inkongruente Deckung im Sinne des § 131 InsO vor. Außerdem sei der Schaden bereits mit der Nichtzahlung der Beiträge bei Fälligkeit eingetreten gewesen.
87Sie sind der Ansicht, dass die Ansprüche nicht gemäß der Ausschlussfrist des § 15 des Manteltarifvertrags der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalen verfallen seien. Diese finde schon keine Anwendung, weil es um Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) persönlich gehe. Die klagenden Parteien hätten die Ansprüche mit den Schreiben vom 20.06.2014 rechtzeitig geltend gemacht. Die Frist habe erst mit Kenntnis der klagenden Parteien von der Nichtabführung der Beiträge beginnen können. Diese habe jedoch frühestens mit dem Informationsschreiben der Gewerkschaft NGG vom 08.04.2014 vorgelegen. Vorher habe es im Betrieb allenfalls Gerüchte gegeben. Die klagenden Parteien bestreiten den Vortrag der Beklagten zu 1) betreffend die wirtschaftliche Lage der Arbeitgeberin mit Nichtwissen. Letztlich sei dies für den Vorsatz des § 266a Abs. 3 StGB auch irrelevant.
88Die klagenden Parteien haben in der mündlichen Verhandlung behauptet, die Bescheinigungen der HPK über die im Jahr 2013 einbehaltenen und abgeführten Beiträge hätten sie von ihrer Arbeitgeberin zusammen mit der Abrechnung für den Monat Januar 2014 erhalten.
89Die klagenden Parteien beantragen,
90unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.12.2014 - 13 Ca 5608/14 - die Beklagte zu 1) zu verurteilen,
911.für die Klägerin zu 1) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 1) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403263 einen Betrag in Höhe von 2.680,00 Euro netto einzuzahlen;
922.für den Kläger zu 2) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 2) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403050 einen Betrag in Höhe von 2.808,70 Euro netto einzuzahlen;
933.für den Kläger zu 3) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 3) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403133 einen Betrag in Höhe von 2.293,90 Euro netto einzuzahlen;
944.für die Klägerin zu 4) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 4) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403362 einen Betrag in Höhe von 535,00 Euro netto einzuzahlen;
955.für die Klägerin zu 5) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 5) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403202 einen Betrag in Höhe von 1.067,00 Euro netto einzuzahlen;
966.für den Kläger zu 6) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 6) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403282 einen Betrag in Höhe von 1.965,00 Euro netto einzuzahlen.
97Die Beklagte zu 1) beantragt,
98die Berufung zurückzuweisen.
99Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Voraussetzungen des § 266a Abs. 3 StGB seien nicht gegeben. Zunächst sehe § 3 Abs. 4 AVT nur für den Altersvorsorgebeitrag eine Fälligkeitsregelung vor. Für die Entgeltumwandlung fehle sie. Aufgrund der Umwandlung könne sie erst nach dem 31.12. eines Jahres eintreten. Aus den AVB-F ergebe sich nichts anderes. § 5 Abs. 1 AVB-F betreffe laufende Zahlungen. Einmalige Zahlungen würden von § 5 Abs. 4 AVB-F erfasst. Maßgeblich sei deshalb die Stundungsvereinbarung vom 12.02.2014. Erster Fälligkeitstermin sei somit der 28.02.2014 gewesen. Die Nichtabführung des jährlichen Altersvorsorgebeitrags sei indes nicht strafbar, weil es sich dabei um eine eigene Beitragsverpflichtung der Arbeitgeberin und nicht um eine Nichtabführung treuhänderisch verwalteter Gelder des Arbeitnehmers handele. Es handele sich insoweit nicht um Arbeitsentgelt. Nichts anderes gelte für den zehnprozentigen Zuschlag der Arbeitgeberin zur Entgeltumwandlung. Eine Anspruchsgrundlage betreffend die Entgeltumwandlung im Januar 2014 sei nicht ersichtlich.
100Aber auch im Übrigen liege kein Verstoß gegen § 266a Abs. 3 StGB vor. Die Beklagte zu 1) behauptet dazu erneut, dass ihre Geschäftsführertätigkeit mit dem 31.01.2014 geendet habe und sie nach diesem Zeitpunkt nur noch Abwicklungsarbeiten nach Anweisung des neuen Geschäftsführers X. habe tätigen dürfen. Jedenfalls nach dem 31.01.2014 sei sie keine handelnde Person i.S.v. § 14 StGB mehr gewesen. Aus den AVB-F ergebe sich schon keine Verpflichtung der Arbeitgeberin, die Beiträge zu zahlen, sie sei dazu nur berechtigt. Die Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ergebe sich ausschließlich aus den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. In diesen fehle es für die Entgeltumwandlung aber an einer Fälligkeitsregelung. Die HPK sei aufgrund der AVB-F zur Stundung berechtigt gewesen. Vor dem 28.02.2014 habe für die Beiträge des Jahres 2013 aus Entgeltumwandlung keine Fälligkeit bestanden.
101Zum Zustandekommen der Stundungsvereinbarung behauptet die Beklagte, dass man ihr berichtet habe, dass man bereits in der Vergangenheit mit der HPK gesprochen und mitgeteilt habe, dass der Dezember der Hauptproduktionsmonat gewesen sei, in dem angesichts der Weihnachtsgeldzahlungen die Liquidität der Arbeitgeberin immer angespannt sei. Deshalb habe die HPK sich regelmäßig auf die Stundungen eingelassen. Zuständig sei insoweit Herr N. gewesen. Im Januar 2014 habe Herr N. die Beitragsmeldung an die HPK für 2013 verschlampt und sich an sie gewandt. Er habe sein Fehlverhalten eingestanden und vor dem Hintergrund der Stundungsvereinbarungen der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass eine solche sicher auch für 2013 getroffen werde. Er habe gebeten, dass sie sich einschalte, weil dies aufgrund seiner Nachlässigkeit besser sei. Am 31.12.2014 habe sie sich mit der Zeugin Q. in Verbindung gesetzt und man sei sofort überein gekommen, den Zahlungsplan für die Beiträge aus 2014 abzuschließen. Es sollte wie in den Vorjahren eine monatliche Zahlung von 35.000,00 Euro ab Februar 2014 geleistet werden. Die Zeugin Q. habe dabei zudem einen Zahlungsplan auch für 2015 angeregt. Dazu habe sie ausgeführt, dass sie nicht mehr Geschäftsführerin sei, sie dies aber an die neue Geschäftsführung weiter geben wolle. Sie sei letztlich von Herrn N. lediglich gebeten worden, sein eigenes Versäumnis gegenüber der Pensionskasse auszubügeln.
102Sie habe gegenüber Frau Q. zu keinem Zeitpunkt erwähnt, dass die Arbeitgeberin sich in Zahlungsschwierigkeiten befunden hätte. Dies sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht der Fall gewesen. Die Fortführungsprognose sei zu diesem Zeitpunkt vielmehr positiv gewesen. Die Tatsache, dass keine Zahlungsunfähigkeit gegeben sei, sei zudem noch im Januar 2014 durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft festgestellt worden. Es seien vielmehr nach dem Ausscheiden des weiteren Geschäftsführers, dem ehemaligen Beklagten zu 2) im Herbst 2013 zahlreiche Produkte aus der viel zu großen Produktpalette gestrichen und mit Großkunden Preiserhöhungen vereinbart worden. Sie sei davon ausgegangen, dass diese Restrukturierungsmaßnahmen erfolgreich sein würden. Warum dieser Weg nach ihrem Ausscheiden nicht weiter verfolgt worden sei, wisse sie sie nicht.
103Unabhängig davon seien die Ansprüche nach der dreimonatigen Ausschlussfrist des § 15 des Manteltarifvertrags der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalen verfallen.
104Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.
105E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
106Die zulässige Berufung der klagenden Parteien ist teilweise begründet. Diese können von der Beklagten die Zahlung folgender Beträge zu ihrer jeweiligen Versicherungsnummer an die HPK verlangen, und zwar: die Klägerin zu 1) 2.515,00 Euro netto, der Kläger zu 2) 2.633,80 Euro netto, der Kläger zu 3) 2.158,60 Euro netto; die Klägerin zu 4) 535,00 Euro netto, die Klägerin zu 5) 1.012,00 Euro netto und der Kläger zu 6) 1.855,00 Euro netto. Es handelt sich dabei um die nichtabgeführten Beiträge (Altersvorsorgebeitrag, Entgeltumwandlung und Zuschuss zur Entgeltumwandlung) für das Jahr 2013. Diese Ansprüche bestehen aber nur Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe gegen die Arbeitgeberin bestehenden Ansprüche. Betreffend die Entgeltumwandlung einschließlich Arbeitgeberzuschuss für den Monat Januar 2014 steht den klagenden Parteien gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch zu.
107A.Die Klagen sind begründet, soweit die klagenden Parteien die Zahlung des Altersvorsorgebeitrags, der Entgeltumwandlung und des Arbeitgeberzuschusses für das Beitragsjahr 2013 an die HPK Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe gegen die Arbeitgeberin bestehenden Ansprüche verlangen. Die Ansprüche folgen aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 266a Abs. 3 StGB. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind gegeben.
108I.Zunächst steht dem Anspruch gegen die Beklagte zu 1) die Sperrwirkung des § 93 InsO nicht entgegen, auch wenn es sich bei der Arbeitgeberin um eine GmbH & Co. KG handelt. Die Sperrwirkung des § 93 InsO ist auf die Haftung als Gesellschafter gemäß § 128 HGB beschränkt (BFH 02.11.2001 - VII B 155/01, ZIP 2002, 181 Rn. 9; BFH 15.11.2012 - VII B 105/12, juris Rn. 8), d.h. bei einer GmbH & Co. KG auf die persönlich haftende GmbH (vgl. insoweit LAG Niedersachsen 15.08.2002 - 4 Sa 1781/01, ZInsO 2003, 146 Rn. 58), mithin hier die A. GmbH. Darum geht es hier nicht, sondern um die Haftung der Beklagten zu 1) als Geschäftsführerin als Vertretungsorgan aus unerlaubter Handlung. Diese ist nicht von § 93 InsO erfasst (ausdrücklich für § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs.3 StGB LAG Niedersachsen 07.11.2011 - 15 Ta 423/11, juris Rn. 16 und BAG 20.03.2012 - 3 AZB 74/11, 15, 17 n.v.; vgl. a. MüKo-InsO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl. 2013, § 93 InsO Rn. 6; Schmidt, InsO, 18. Aufl. 2013, § 93 Rn. 22).
109II.Gemäß § 823 Abs. 2 BGB ist zum Ersatz des entstehenden Schadens verpflichtet, wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. § 266a Abs. 3 StGB ist hinsichtlich abzuführender Teile des Arbeitsentgelts ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zu Gunsten des Arbeitnehmers (BAG 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, DB 2005, 2414, Rn. 22; LAG Hamm 18.07.2014 - 10 Sa 1492/13, juris Rn. 49; s.a. BGH 29.09.2008 - II ZR 162/07, NJW 2009, 295 Rn. 10).
110III.Die Beklagte zu 1) hat den Straftatbestand des § 266 Abs. 3 StGB als vertretungsberechtigtes Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) erfüllt. § 266a Abs. 3 und 6 StGB in der ab dem 01.08.2004 geltenden Fassung lauten:
111"Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
112(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
113(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
1141. die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
1152. darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
116Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend."
117§ 14 Abs. 1 StGB in der ab dem 30.08.2002 geltenden Fassung lautet:
118"Handeln für einen anderen
119(1) Handelt jemand
1201. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
1212. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
1223. als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
123so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen."
1241.Die Arbeitgeberin hat Teile des Arbeitsentgelts, das sie für die klagenden Parteien als Arbeitnehmer an einen anderen, die HPK, zu zahlen hatte, einbehalten.
125a)Es handelt sich bei allen eingeklagten Beträgen um Arbeitsentgelt im Sinne von § 266a Abs. 3 StGB. Maßgeblich ist dabei, dass es sich um Teile des Lohns handelt (vgl. so z.B. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl. 2014, § 266a Rn. 13) und nicht um eigene Beiträge des Arbeitgebers (vgl. dazu BAG 18.08.2005 a.a.O. Rn. 24). Entscheidend ist, dass es sich arbeitsrechtlich um einen Bestandteil des Lohnes oder Gehalts handelt, wie dies z.B. für die vermögenswirksamen Leistungen in § 2 Abs. 7 5. VermBG normiert ist (vgl. BT-Drs. 10/318 S. 29). Für die Entgeltumwandlung ist dies ohne weiteres zu bejahen. Dies wäre selbst dann so, wenn das Entgelt aus diesem Anlass zum Zwecke der Umwandlung erhöht worden wäre. Dies änderte nichts daran, dass es sich arbeitsrechtlich um einen Lohnbestandteil handelt. Dies gilt ebenso für den Zuschuss der Arbeitgeberin gemäß § 5 Nr. 6 AVT. Dieser Zuschuss wird nicht losgelöst vom Arbeitsverhältnis sondern als Teil der betrieblichen Altersversorgung im Hinblick auf die erbrachte Arbeitsleistung als Teil des Arbeitsentgelts gezahlt. Besteht der umgewandelte Entgeltanspruch nicht, entfällt auch die Pflicht zur Weiterleitung an die HPK, was auch für den akzessorischen Zuschuss gilt, denn dieser bezieht sich auf die umgewandelten Entgeltbestandteile und zwar in Höhe von 10 % des umgewandelten Betrags (§ 5 Nr. 3 AVT i.V.m. § 5 Nr. 6 AVT). Insoweit gilt nichts anderes als bei den vermögenswirksamen Leistungen. Diese sind sowohl in dem Teil, den der Arbeitgeber zuschießt, als auch in dem Teil, welchen der Arbeitnehmer aus seinem sonstigen Arbeitsentgelt erbringt (§ 11 Abs. 2 5. VermBG) Arbeitsentgelt.
126Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich auch bei dem Altersvorsorgebeitrag gemäß § 3 AVT um einen Lohnbestandteil. Richtig ist, dass dann nicht von Teilen des Arbeitsentgelts i.S.v. § 266a Abs. 3 StGB auszugehen ist, wenn es um eigene Beitragspflichten des Arbeitgebers aus eigenen Mitteln, wie z.B. bei der Urlaubskasse, geht (BAG 18.08.2005 a.a.O. Rn. 24). Es handelt sich bei dem tariflichen Altersvorsorgebetrag nicht um einen zweckgebundenen Arbeitgeberbeitrag (so aber für § 3 des Tarifvertrags über die Altersvorsorge in der Deutschen Glasindustrie LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 77), der kein Arbeitsentgelt ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der konkreten Ausgestaltung von § 3 AVT. Zunächst wird den Arbeitnehmern in § 3 Nr. 1 Satz 1 AVT ein Anspruch auf eine kalenderjährliche Einmalzahlung zugesagt, welche im nachfolgenden Satz in ihrer Höhe definiert wird. Bereits damit ist zur Überzeugung der Kammer den Arbeitnehmern ein Gehaltsbestandteil zugesagt worden. Lediglich dessen Verwendung wird - ähnlich wie bei vermögenswirksamen Leistungen - in Satz 3 auf die Altersvorsorge beschränkt. Der Vergütungscharakter zeigt sich auch in § 5 Nr. 2 AVT, denn er hängt in seiner Höhe davon ab, dass Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht. Bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern entspricht er dem Anteil ihrer Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen Vollarbeitszeit (§ 3 Nr. 3a AVT). Im Falle einer Überzahlung besteht eine Verrechnungsmöglichkeit mit dem Arbeitsentgelt (§ 3 Nr. 5 AVT). Auch die Tarifvertragsparteien sind letztlich davon ausgegangen, dass es sich um Arbeitsentgelt handelt, denn sie haben ausdrücklich geregelt, dass dann, wenn Ansprüche von der Höhe des Arbeitsentgeltes abhängen, der Altersvorsorgebeitrag nicht mitgerechnet wird (§ 5 Nr. 6 AVT). Dies wäre überflüssig, wenn es sich nicht um Arbeitsentgelt handeln würde. Für die Einordnung als Entgeltbestandteil spricht weiter, dass der Altersvorsorgebeitrag die vermögenswirksamen Leistungen ersetzt (§ 4 AVT). Insgesamt handelt es sich bei dem Altersvorsorgebeitrag um Arbeitsentgelt.
127b)Das Arbeitsentgelt war für die klagenden Parteien, die Arbeitnehmer von der Arbeitgeberin an einen anderen, nämlich die HPK zu zahlen. Die Kammer hat dabei nicht aufgeklärt, ob auch die klagenden Parteien, d.h. die Arbeitnehmer, Versicherungsnehmer bei der HPK waren, weil es für die Kammer darauf zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankam. Aus einem Parallelverfahren ist der Kammer allerdings bekannt, dass nach der Satzung der HPK zwar grundsätzlich Arbeitnehmer und Arbeitgeber Versicherungsnehmer sind (doppelte Versicherungsnehmereigenschaft). Aufgrund einer Rahmenvereinbarung zur Ausführung des AVT der Tarifparteien mit der HPK ist dies im Anwendungsbereich des AVT jedoch anders. Danach sind die Arbeitnehmer keine Versicherungsnehmer, sondern nur versicherte Personen, die einen unmittelbaren Anspruch auf die Versicherungsleistungen nach Maßgabe der AVB-F haben (§ 4 AVB-F). Dann trifft die Arbeitnehmer, anders als wenn sie Versicherungsnehmer wären, keine eigene Beitragspflicht. Darauf kommt es zur Überzeugung der Kammer indes nicht an. Auch dann, wenn ein Vertrag zu Gunsten Dritter gemäß §§ 328 ff. BGB vorliegt, zahlt die Arbeitgeberin die Beiträge an die HPK aus dem Arbeitsentgelt für die klagenden Parteien als Arbeitnehmer an einen anderen, nämlich an die HPK. Bereits der Wortlaut des § 266a Abs. 3 StGB erfasst diesen Fall ohne weiteres. Richtig ist zwar, dass bei der Abführung des Entgeltbestandteils an einen Dritten in der Regel der Arbeitnehmer Gläubiger ist (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13; s.a. BT-Drs. 10/318 S. 29 li. Sp. vorletzter Abs.). Dies ändert aber nichts daran, dass der Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB dies nicht voraussetzt, sondern sogar der Fall eines vom Arbeitnehmer freiwillig Bedachten, z.B. im Rahmen einer regelmäßigen Spende, erfasst ist (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13). Dem entspricht, dass die Merkmale "für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat" alle Fälle beschreiben sollen, in denen eine privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Pflicht besteht, Teile des Arbeitsentgelts an einen anderen als den Arbeitnehmer abzuführen (BT-Drs. 10/318 S. 29 re. Sp. dritter Abs.). So liegt es hier. Die Arbeitgeberin ist gemäß § 3 Nr. 4 AVT verpflichtet, den Altersvorsorgebeitrag als Teil des Arbeitsentgelts an einen anderen, nämlich an die HPK abzuführen. Für das umgewandelte Arbeitsentgelt einschließlich des Zuschusses gilt nichts anderes (vgl. § 5 Nr. 4 AVT).
128c)Die Arbeitgeberin hat die Lohnbestandteile einbehalten. Unter den Begriff des Einbehaltens fallen alle Fälle, in denen der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer nicht den vollen, sondern einen um die Zahlung an einen anderen gekürzten Lohn auszahlt (BT-Drs. 10/318 S. 29). Darauf, ob dieser Entgeltbestandteil in der Lohnabrechnung aufgeführt wird, kommt es nicht an (LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 77; Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13). Darauf, ob die Entgeltbestandteile überhaupt an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden dürfen, kommt es ebenfalls nicht an. Das Merkmal des Einbehaltens ist deshalb z.B. bei den vermögenswirksamen Leistungen, die nicht an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden dürfen, gleichwohl erfüllt, wenn sie nicht vom Arbeitgeber ordnungsgemäß an das Anlageinstitut abgeführt werden. Einbehalten und Nichtzahlen fallen dann zeitlich zusammen (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13; BT-Drs. 10/318 S. 29). In Anwendung dieser Grundsätze hat die Arbeitgeberin für das Beitragsjahr 2013 die Entgeltumwandlung, den Zuschuss zur Entgeltumwandlung und den Altersvorsorgebeitrag einbehalten und diese nicht an die HPK abgeführt. Im Hinblick auf die Entgeltumwandlung ist den klagenden Parteien ohne weiteres nur ein um den umgewandelten Teil gekürzter Lohn ausbezahlt worden, ohne dass die Arbeitgeberin diesen Teil an den anderen, die HPK, gezahlt hat. Im Ergebnis gilt nichts anderes für den Zuschuss zur Entgeltumwandlung und den Altersvorsorgebeitrag. Bei beiden handelt es sich um Entgeltbestandteile. Der Umstand, dass diese nach ihrer Zwecksetzung nicht zur Auszahlung an die Arbeitnehmer vorgesehen sind, steht dem Merkmal des Einbehaltens ebenso wie bei den vermögenswirksamen Leistungen nicht entgegen (a.A. für § 3 des Tarifvertrags über die Altersvorsorge in der Deutschen Glasindustrie LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 77).
129d)Die Arbeitgeberin hat die einbehaltenen Lohnbestandteile nicht an den anderen, d.h. die HPK gezahlt.
130aa)Nicht gezahlt i.S.v. § 266a Abs. 3 StGB ist der Lohnbestandteil dann, wenn er vorbehaltlich der Vereinbarung eines anderen Fälligkeitstermins nicht mit Fälligkeit des Lohns an einen anderen erfolgt (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13). Richtig ist insoweit weiter, dass die Fälligkeit durch eine wirksame Stundungsabrede hinausgeschoben werden kann (OLG Düsseldorf, 17.07.1998 - 22 U 24/98, NJW-RR 1998, 1729 Rn. 4; OLG Brandenburg 21.11.2002 - 12 U 149/01, GmbHR 2003, 595 Rn. 27). Ob eine Stundungsvereinbarung zu Lasten der Arbeitnehmer bei der Entgeltumwandlung alleine zwischen Versorgungsträger und Arbeitgeber grundsätzlich unwirksam ist (so wohl LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 52) und was in dem Fall gilt, dass nur der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und Beitragsschuldner der Pensionskasse ist, bleibt offen. Für einen Ausschluss des Tatbestandes des § 266a Abs. 3 StGB ist erforderlich, dass die Stundungsvereinbarung vor der Fälligkeit geschlossen wird (vgl. Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 7; BT-Drs. 10/318 S. 26), weil andernfalls der Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB bereits erfüllt ist.
131bb)Die Beiträge für das Jahr 2013 waren spätestens am 31.12.2013 zur Zahlung fällig. Dies gilt für sämtliche hier streitgegenständlichen Bestandteile des an die HPK zu zahlenden Arbeitsentgelts. Für den Altersvorsorgebeitrag legt § 3 Nr. 4 sogar bereits den 15.12. des Kalenderjahres als Zeitpunkt für die Abführung an den Versorgungsträger fest. Dieser Zeitpunkt taucht allerdings in den AVB-F nicht wieder auf. Gemäß § 5 Nr. 1 Satz 3 AVB-F sind laufende Beiträge jährlich bis zum Ende des jeweiligen Jahres zu zahlen. Dies ist der 31.12. des jeweiligen Jahres. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) handelt es sich auch bei den Zahlungen aus der Entgeltumwandlung und den Zuschuss der Arbeitgeberin um laufende Zahlungen und nicht um Einmalzahlungen. Richtig ist zwar, dass § 5 Nr. 1 Satz 2 AVT insoweit von einer Einmalzahlung spricht. Die laufenden Entgelte werden insoweit zu einer jährlichen Einmalzahlung zusammengefasst. Im Versicherungsverhältnis zur HPK handelt es sich aber nicht um Einmalzahlungen i.S.v. § 5 Nr. 4 AVB-F. Es handelt sich vielmehr um die regelmäßig, d.h. dauerhaft oder laufend zu erbringenden Beiträge, solange das Versicherungsverhältnis besteht (vgl. § 5 Nr. 1 Satz 2 AVB-F). Dass diese ebenso wie der Altersvorsorgebeitrag einmal im Jahr zu zahlen sind, steht dem nicht entgegen, wie bereits § 5 Nr. 1 Satz 3 AVB-F zeigt. Es geht insoweit nicht um bestimmte Einmalbeträge, die ggfs. von besonderen Annahmevoraussetzungen abhängen, wie sie in § 5 Nr. 4 AVB-F genannt sind. § 5 Nr. 3 AVB-F regelt insoweit nur den Umfang der Beiträge und verweist insoweit auf die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. Im Versicherungsverhältnis war die Arbeitgeberin verpflichtet, den Altersvorsorgebeitrag und die Beträge aus der Entgeltumwandlung einschließlich ihres Zuschusses zum 31.12.2013 an die HPK abzuführen. Davon ist sie im Übrigen auch selbst ausgegangen, wie der Zahlungsplan für das Jahr 2013 belegt. Dieser enthält nämlich Zinsen für Verspätungsmonate, die z.B. bei der dann vereinbarten Rate von 35.000,00 Euro mit Fälligkeit am 28.02.2014 Zinsen für zwei Verspätungsmonate ausweist. Die Zinsen und Verspätungsmonate gehen von einer Fälligkeit am 31.12.2013 aus.
132cc)Die Arbeitgeberin hat vor dem 31.12.2013 keine die Fälligkeit hinausschiebende Stundungsvereinbarung mit der HPK getroffen. Sie hat dies zwar erstinstanzlich behauptet. Daran hat sie in der zweiten Instanz nicht mehr festgehalten. Sie hat vielmehr behauptet, erst im Januar von Herrn N. angesprochen worden zu sein im Hinblick auf die unterbliebenen Beitragsmeldungen an die HPK. Erst im Anschluss daran sei der Zahlungsplan 2013 zustande gekommen. Die Kammer hat im Termin ausdrücklich noch einmal nachgefragt, ob es entgegen dem erstinstanzlichen Vorbringen so sei, dass die Stundungsabrede für das Jahr 2013 erst im Jahr 2014 getroffen worden sei. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) bejaht.
1332.Die Beklagte zu 1) hat es unterlassen, die klagenden Parteien im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an die HPK zu unterrichten. Weder am 31.12.2013 noch unverzüglich danach hat die Beklagte zu 1) die klagenden Parteien unterrichtet. Dies hat sie im Übrigen auch nicht unverzüglich nach der Unterrichtung durch Herrn N. getan. Darauf, dass der Betriebsratsvorsitzende angeblich die seit dem Jahr 2002 durchgeführte Zahlungsweise überprüft und in Ordnung befunden habe, ändert daran nichts. Die Unterrichtung der Arbeitnehmer gemäß § 266a Abs. 3 StGB wird dadurch nicht ersetzt. Eine konkrete Unterrichtung der klagenden Parteien betreffend das Beitragsjahr 2013 im Fälligkeitszeitpunkt oder unverzüglich danach durch den Betriebsrat ist im Übrigen von der Beklagten zu 1) nicht behauptet worden. Ausgeführt ist lediglich, dass der Betriebsrat die Zahlungsweise überprüft und in Ordnung befunden habe.
1343.Der Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB entfällt nicht wegen der Unmöglichkeit normgemäßen Verhaltens. Der Geschäftsführer haftet nicht nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 266a StGB, soweit ihm die Abführung der zur Zahlung an einen Dritten vorgesehen Teile des Arbeitsentgelts zum Fälligkeitszeitpunkt mangels verfügbarer Mittel nicht möglich war (BGH 18.04.2005 - II ZR 61/05, NJW 2005, 2546 Rn. 10; BGH 25.09.2006 - II ZR 108/05, NJW 2006, 3573 Rn. 8). So liegt es hier nicht. Die Arbeitgeberin hat bis Mitte 2014 ihre wesentlichen Verbindlichkeiten beglichen und zahlte bis zur Insolvenzantragsstellung am 24.02.2014 pünktlich alle Nettolöhne, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge. Schon aus diesem Grund ist nicht ersichtlich, dass es unmöglich gewesen wäre, die hier streitigen Beträge abzuführen. Unabhängig davon und insoweit selbständig tragend ergibt sich die Unmöglichkeit zur Zahlung bereits aus dem Vortrag der Beklagten zu 1) nicht. Vielmehr hat die Beklagte zu 1) ausdrücklich selbst vorgetragen (Schriftsatz vom 12.05.2015 Seite 15), dass die Arbeitgeberin zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens zum 31.01.2014 nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Im Hinblick auf diesen eigenen Vortrag der Beklagten zu 1), den die klagenden Parteien sich insoweit als ihnen günstigen Vortrag jedenfalls hilfsweise zu eigen gemacht haben, konnte die Kammer nicht von einer Unmöglichkeit normgerechten Verhaltens ausgehen.
1354.Die Beklagte zu 1) hat die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 266a Abs. 3 StGB als Täterin gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt. Täterin einer Straftat nach § 266a StGB können nur die Arbeitgeberin (Abs. 1) und die dieser nach § 266a Abs. 5 StGB gleichgestellten Personen sowie die im Sinne von § 14 StGB für die Arbeitgeberin handelnden Personen sein (BGH 11.06.2013 - II ZR 389/12, MDR 2013, 1049 Rn. 13). Unstreitig war die Beklagte zu 1) bis zum 31.01.2013 Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin, d.h. der vertretungsberechtigtes Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Es mag sein, dass - worauf die Beklagte zu 1) im Termin hingewiesen hat -, es zunächst Aufgabe des Herrn N. war, sich um die Abführung der Beiträge zur Altersversorgung an die HPK zu kümmern. Dies ändert aber nichts an der Eigenschaft der Beklagten als Täterin i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die Beklagte zu 1) war als Geschäftsführerin kraft ihrer Amtsstellung grundsätzlich für alle Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig (vgl. BGHZ 133, 370, 376). Selbst, wenn mehrere Personen zu Geschäftsführern einer GmbH bestellt sind, trifft jede von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung. Der sich aus dieser "Allzuständigkeit" ergebenden Verantwortung jedes Geschäftsführers können sich die Geschäftsführer weder durch interne Zuständigkeitsverteilung noch durch Delegation auf andere Personen entledigen. Interne Zuständigkeitsregelungen lassen ebenso wie eine Delegation der Aufgaben die Eigenverantwortlichkeit nicht erlöschen. Es bleiben stets Überwachungspflichten, die Veranlassung zum Eingreifen geben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung von der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den (intern) zuständigen Geschäftsführer oder den mit der Erledigung beauftragten Arbeitnehmer nicht mehr gewährleistet ist (zum Ganzen BGH 09.01.2006 - VI ZR 407/99, NZA 2001, 392 Rn. 17). Spätestens als Herr N. die Beklagte zu 1) im Januar 2014 über sein Versäumnis betreffend die Beiträge zur HPK unterrichtete, bestanden für die Beklagte zu 1) Anhaltspunkte dafür, zur Gewährleistung der Abführung der Beiträge an die HPK und zur Unterrichtung der Arbeitnehmer selbst tätig zu werden. Im Übrigen spricht sogar mehr dafür, dass sich dies der Beklagten zu 1) schon früher, d.h. auch in den Vorjahren aufdrängen musste, denn ihr war berichtet worden, dass man mit der Pensionskasse gesprochen habe, weil der Dezember der Hauptproduktionsmonat gewesen sei und man wegen der insoweit angespannten Liquiditätslage regelmäßig entsprechende Stundungen vereinbart habe.
1365.Der subjektive Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB ist erfüllt. Die Beklagte zu 1) hat zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt.
137a) Ausreichend ist bedingter Vorsatz. Für den Vorsatz sind das Bewusstsein und der Wille erforderlich und ausreichend, die Abführung der Beiträge bzw. der Zahlung der Teile des Arbeitsentgelts an einen anderen bei Fälligkeit ebenso zu unterlassen wie die entsprechende Unterrichtung der Arbeitnehmer bei Fälligkeit oder unverzüglich danach (vgl. BGH 01.10.1991 - VI ZR 374/90, NJW 1992, 177 Rn. 13; BGH 18.12.2012 - II ZR 220/12, WM 2013, 329 Rn. 16; OLG Brandenburg 21.11.2002 - 12 U 149/01 a.a.O. Rn. 29). Wenn die Abführung der Teile des Arbeitsentgelts an einen anderen für die Arbeitnehmer dem Aufgabenbereich eines anderen Geschäftsführers zugewiesen oder auf Angestellte übertragen ist, muss der Geschäftsführer im Rahmen der ihm verbliebenen Überwachungspflicht tätig werden, sobald Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der Aufgaben durch den intern zuständigen Geschäftsführer oder den mit der Erledigung beauftragten Angestellten nicht mehr gewährleistet ist. Er muss dann durch geeignete Maßnahmen die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen sowie die Einhaltung der Pflicht überwachen. Anlass für konkrete Überwachungsmaßnahmen bieten insbesondere eine finanzielle Krisensituation oder ungeordnete Verhältnisse im Geschäftsablauf innerhalb der Gesellschaft (BGH 18.12.2012 a.a.O. Rn. 17).
138b)Die Beklagte zu 1) hat bedingt vorsätzlich gehandelt. Spätestens als ihr im Januar 2014 Herr N. mitgeteilt hatte, dass er die Beitragsmeldungen an die HPK "verschlampt" hatte, musste sich der Beklagten zu 1) aufdrängen, dass hier eine ungeordnete Situation im Geschäftsablauf gegeben war. Wenn Herr N. ihr mitteilte, dass er die Beitragsmeldungen "verschlampt" hatte und sein Fehlverhalten eingestand, wusste die Beklagte zu 1), dass bereits eine Pflicht zur Beitragsmeldung bestanden hatte und diese nicht erfüllt wurde. Wenn Herr N. dann weiter auf Stundungsvereinbarungen aus der Vergangenheit hinwies sowie darauf, dass diese erneut geschlossen werden könnten, dann war klar, dass der Fälligkeitszeitpunkt für die Zahlung der Beiträge bereits verstrichen war, aber nachträglich noch eine Stundung vereinbart werden könnte. Dies wurde noch deutlicher, weil Herr N. die Beklagte zu 1) ausdrücklich bat, dass es besser sei, wenn sie sich einschaltete, um das durch seine Nachlässigkeit entstandene Problem zu lösen. Wenn sie sich nunmehr nicht an die Arbeitnehmer wandte und diesen mitteilte, dass die Beiträge aus der Entgeltumwandlung, der entsprechende Zuschuss und der Altersvorsorgebeitrag nicht an die HPK entrichtet worden waren, so handelte sie zumindest bedingt vorsätzlich. Dies wird indiziell - auch wenn es darauf nicht mehr entscheidend ankommt - noch dadurch gestützt, dass der noch an die Beklagte zu 1) gerichtete Zahlungsplan Zinsen für Verzugsmonate enthielt. Wenn die Beklagte zu 1) ursprünglich davon ausgegangen wäre, dass die Beiträge ja noch gar nicht fällig gewesen seien, so hätte es nahe gelegen, dagegen zu protestieren oder zumindest Herrn X. entsprechend zu unterrichten, dass dies doch gar nicht sein könne und auf Abänderung zu drängen. Dazu fehlt aber jeder Vortrag. Im Termin hat die Kammer auch im Zusammenhang mit der Frage des Vorsatzes darauf hingewiesen, dass doch im Zahlungsplan Zinsen enthalten sind. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) hat zwar den Vorsatz von sich gewiesen, in der Sache aber letztlich nur darauf hingewiesen, dass doch Herr N. für die Abführung der Beiträge zuständig gewesen sei und seine Mandantin davon letztlich keine Kenntnis gehabt habe und auf die Stundungsabreden vertraut habe. Dies ist indes unerheblich, denn zur Überzeugung der Kammer wusste sie bereits nach den zunächst dargelegten obigen Ausführungen mit der Unterrichtung durch Herrn N. im Januar 2014 Bescheid und hat gleichwohl die Arbeitnehmer nicht unterrichtet.
1396.Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht gegeben. Die Beklagte zu 1) unterlag allenfalls einem vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB), wenn sie glaubte aufgrund der schon bislang getroffenen Stundungsvereinbarungen diese auch im Jahr 2014 für das Beitragsjahr 2013 noch schließen zu können und nicht verpflichtet zu sein, die Arbeitnehmer zu unterrichten. Nicht erforderlich ist das Bewusstsein, selbst zum Handeln verpflichtet zu sein. Es genügt vielmehr, wie allgemein bei echten Unterlassungsdelikten, dass der Täter diejenigen Umstände kennt, die seine Handlungspflicht begründen. Glaubt er, nicht zum Eingreifen verpflichtet zu sein und für die Abführung der Beiträge nicht (weiter) sorgen zu müssen, so unterliegt er keinem Tatbestandsirrtum, sondern einem Verbots- bzw. Gebotsirrtum, der ihn nur bei Unvermeidbarkeit entschuldigt (BGH 09.01.2001 a.a.O. Rn. 20). An die Feststellung der Unvermeidbarkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Der bloße Hinweis auf bisher gewährte Zahlungsaufschübe wird in der Regel allein nicht ausreichen, um Anlass für die Annahme zu geben, dass sich der Versicherungsträger zu einem erneuten Zahlungsaufschub bereit finden werde (OLG Hamburg 13.10.2006 - 1 U 59/06, ZIP 2007, 725 Rn. 45). Die Beklagte zu 1) war von Herrn N. über dessen Versäumnis betreffend die HPK unterrichtet worden und sie sollte - wie ausgeführt - nach der bereits eingetreten Fälligkeit - eine erneute Stundungsvereinbarung abschließen. Wenn die Beklagte zu 1) aus den tatsächlichen Umständen im Hinblick auf ihre Pflichten falsche Schlussfolgerungen ableitete, irrte sie lediglich in vermeidbarer Weise über das ihr obliegende Handlungsgebot - nämlich die Unterrichtung der Arbeitnehmer. Ein Absehen von der Strafe gemäß § 266a Abs. 6 Satz 3 StGB kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen von § 266a Abs. 6 Sätze 1 und 2 StGB in entsprechender Anwendung nicht gegeben sind. Auf die Frage, welche Auswirkungen § 266a Abs. 6 StGB auf die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB hat, kommt es deshalb nicht an.
140IV.Der Verstoß gegen das Schutzgesetz des § 266a Abs. 3 StGB hat bei den klagenden Parteien zu dem zuerkannten Schaden geführt.
1411.Durch die Nichtabführung der zuerkannten Beiträge ist den klagenden Parteien ein entsprechender Schaden entstanden, denn das jeweilige Guthaben des Versicherungskontos zu den jeweils im Tenor genannten Versicherungsnummern ist entsprechend geringer (vgl. LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 66).
1422.Die Beklagte zu 1) kann den klagenden Parteien nicht entgegenhalten, dass der Schaden auch im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht eingetreten wäre.
143a)Allerdings kann eine Schadensersatzpflicht nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 266a StGB ausgeschlossen sein, wenn bei dem Geschädigten auch im Falle pflichtgemäßen Verhaltens des Arbeitgebers der Schaden entstanden wäre. So fehlt es etwa an einem kausal verursachten Schaden, wenn geleistete Beiträge in einem Insolvenzverfahren erfolgreich anzufechten gewesen wären (BGH 02.12.2010 - IX ZR 247/09, NJW 2011, 1133 Rn. 19; LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 67). Voraussetzung ist zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGH 09.03.2012 - V ZR 156/11, NJW 2012, 2022 Rn. 17). Bezogen auf die Darstellung dieses hypothetischen Kausalverlaufs trägt allerdings der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast (LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 67; s.a. BAG 29.09.1994 - 8 AZR 570/93, juris Rn. 48; BGH 15.03.2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718 Rn. 17).
144b)In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte zu 1) kein rechtmäßiges Alternativverhalten dargelegt, bei dem der hier in Rede stehende Schaden der klagenden Parteien ebenfalls eingetreten wäre.
145aa)Die Beklagte zu 1) hat zunächst nicht dargelegt, dass die Arbeitgeberin auch im Fall der rechtzeitigen Information die einbehaltenen Entgeltbestandteile (Entgeltumwandlung, Zuschuss und Altersvorsorgebeitrag) nicht an die HPK abgeführt hätte. Wie bereits ausgeführt hat die Beklagte zu 1) selbst ausgeführt, dass die Arbeitgeberin bis Ende Januar 2014 nicht zahlungsunfähig war. Dann wäre sie auch in der Lage gewesen, die hier in Rede stehenden Entgeltbestandteile an die HPK abzuführen. Dies gilt erst Recht, weil sie bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 24.02.2014 ihre wesentlichen Verbindlichkeiten sowie Nettolöhne, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlte. Es bestand mithin nach der dem unstreitigen Sachverhalt und dem Vortrag der Beklagten zu 1) betreffend die fehlende Zahlungsunfähigkeit durchaus Spielraum, um die hier streitigen Entgeltbestandteile zu erfüllen. Es kann daher nicht per se ausgeschlossen werden, dass die Arbeitgeberin bei entsprechender Information durch die Beklagte zu 1) an die klagenden Parteien ggfs. auch nach Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts durch die klagenden Parteien, die streitigen Forderungen gegenüber der HPK beglichen hätten. Auf die Frage einer gerichtlichen Durchsetzung und der insoweit möglichen Inkongruenz aufgrund einer Zwangsvollstreckung kam es nicht an (vgl. ArbG Düsseldorf 16.04.2015 - 7 Ca 7440/14 und LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 68). Außerdem geht die Beklagte zu 1) von einer günstigen Fortführungsprognose aus.
146bb)Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Begleichung der hier streitigen Forderungen zu einer vorzeitigen Insolvenz der Arbeitgeberin geführt hätte. Die Beklagte zu 1) trägt vielmehr - wie bereits dargelegt - vor, dass die Arbeitgeberin bis Ende Januar 2014 nicht zahlungsunfähig war. Sie geht außerdem von einer günstigen Fortführungsprognose aus. So vermag sie kein rechtmäßiges Alternativverhalten, bei dem es ebenfalls zum Schadenseintritt gekommen wäre, dazulegen.
147cc)Wären die Zahlungen nach der Unterrichtung vor dem 24.02.2014 erfolgt, wären sie auch nicht anfechtbar gemäß §§ 129 ff. InsO gewesen. Jedenfalls hat die Beklagte zu 1) dies nicht ausreichend dargelegt. Die Beklagte zu 1) hat keine Tatsachen vorgetragen, die zu einer Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO führten. Es trifft zwar zu, dass die Zahlungen in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden wären. Dass die Arbeitgeberin bereits vorher zahlungsunfähig war (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO), behauptet die Beklagte zu 1) nicht. Sie behauptet - folgerichtig - nicht, dass die klagenden Parteien vor dem 24.02.2014 die Zahlungsunfähigkeit kannten oder aber Kenntnis gemäß § 130 Abs. 2 InsO hatten. Auch weitere Anfechtungstatbestände sind nicht ersichtlich bzw. in ihren Voraussetzungen von der Beklagten zu 1) nicht dargelegt.
148dd)Es ist weiter nicht ersichtlich, dass die HPK die nachträglichen Zahlungen nicht angenommen hätte. Dies ist von keiner Partei dieses Verfahrens behauptet worden. Dies gilt ebenso für die derzeitige Annahme durch die HPK, so dass auch dies der Verurteilung zur Zahlung an die HPK nicht entgegensteht, zumal § 5 Nr. 4 durchaus auch die Entrichtung von Einmalbeiträgen vorsieht. Es kommt in diesem Verfahren deshalb nicht darauf an, ob es treuwidrig wäre, wenn die HPK sich darauf berufen würde, die Beiträge nicht mehr anzunehmen, nachdem sie selbst die Versorgungsberechtigten aufgefordert hatte, die Beiträge gegenüber der Beklagten zu 1) persönlich geltend zu machen.
149V.Die Höhe der zugesprochenen an die HPK zu zahlenden Beträge errechnet sich wie folgt: Klägerin zu 1) 2.515,00 Euro netto (535,00 + 12 x (150,00 + 15,00)). Kläger zu 2) 2.633,80 Euro netto (535,00 + 12 x (159,00 + 15,90)). Kläger zu 3) 2.158,60 Euro netto (535,00 + 12 x (123,00 + 12,30)). Klägerin zu 4) 535,00 Euro netto (entspricht dem Altersvorgebeitrag 2013). Klägerin zu 5) 1.012,00 Euro netto (352,00 + 12 x (50,00 + 5,00)). Kläger zu 6) 1.855,00 Euro netto (535,00 + 12 x (100,00 + 10,00)). Die Beträge sind von der Beklagten zu 1) als Nettozahlung an die HPK zu leisten, weil die klagenden Parteien so zu stellen sind wie sie bei ordnungsgemäßer Abführung nach Unterrichtung gestanden hätten.
150VI.Die Verpflichtung zum Schadensersatz besteht aber entsprechend § 255 BGB (vgl. insoweit LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 72) nur Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe gegen Arbeitgeberin bestehenden Ansprüche. Da Eigenverwaltung angeordnet ist, hat die Kammer insoweit auf die Ansprüche gegen die Arbeitgeberin und nicht gegen den Insolvenzverwalter abgestellt.
151VII.Die Ansprüche sind nicht verfallen. Es ist schon fraglich, ob die Ausschlussfristen in § 15 MTV oder in § 11 AVT überhaupt zur Anwendung kommen, weil es um Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) als Geschäftsführerin geht, die nicht Partei des Arbeitsvertrags ist oder zumindest gegenüber der Arbeitgeberin eine Geltendmachung erforderlich gewesen wäre. Letztlich kommt es darauf nicht an. Die Ansprüche sind nicht verfallen und zwar weder gegenüber der Beklagten zu 1) noch gegenüber der Arbeitgeberin. Wenn überhaupt, kommt zur Überzeugung der Kammer die Frage der Ansprüche aus dem AVT speziell erfassende Ausschlussfrist des § 11 AVT zur Anwendung. Darauf sind die Parteien im Termin hingewiesen worden. Die Ausschlussfrist läuft indes erst mit den Unterrichtungsschreiben. Diese datieren - soweit sie erfolgt sind - vom 10.01.2014. Die Ansprüche sind aber zur Tabelle am 03.06.2014 angemeldet und jeweils am 25.06.2015 durch den Sachwalter bestritten sowie gegenüber der Beklagten zu 1) am 20.06.2015 geltend gemacht worden. Die Beklagte zu 1) hat auf diese Schreiben bereits am 25.06.2014 geantwortet. Die Ausschlussfrist von sechs Monaten des § 11 AVT ist gewahrt. Auf die Frage, ob diese überhaupt zu laufen beginnt, wenn objektiv falsche Bescheinigungen des Versorgungsträgers versandt werden, kommt es nicht an.
152B.Betreffend die Entgeltumwandlung einschließlich Arbeitgeberzuschuss für den Monat Januar 2014 steht den klagenden Parteien gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch zu. Eine Anspruchsgrundlage ist insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 3 StGB nicht gegeben. Es lag, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte zu 2) erst ab dem 28.02.2014 keine Geschäftsführerin der Arbeitgeberin mehr war, bis dahin keine Fälligkeit zur Abführung der Beiträge an die HPK vor. Ausweislich § 5 Nr. 1 Satz 2 AVT wurden bei der Umwandlung von laufendem Entgelten diese zu einer jährlichen Einmalzahlung zusammengefasst. § 5 Nr. 1 Satz 3 AVB-F sah eine Beitragszahlung erst zum Jahresende vor. Und selbst wenn die tarifliche Regelung in § 5 Nr. 1 Satz 2 AVT unwirksam sein sollte, wovon der Kläger ausgeht, änderte dies nichts. Ein Vorsatz der Beklagten zu 1) betreffend § 266a Abs. 3 StGB lässt sich angesichts der genannten Fälligkeitsbestimmungen nicht begründen. Dies ist im Termin erörtert worden. Weiterer Sachvortrag seitens der klagenden Parteien ist nicht erfolgt.
153C.Die Kostenentscheidung folgt betreffend die Beklagte zu 1) aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Diese ist im Hinblick auf die Kosten des Berufungsverfahrens richtig, weil an diesem nur die klagenden Parteien und die Beklagte zu 1) beteiligt waren. Betreffend die Gerichtskosten der ersten Instanz hat das Gericht übersehen, dass an diesem auch der Beklagte zu 2) beteiligt war. Insoweit hätte es der Abänderung bedurft, weil die Beklagte zu 1) nur die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen hatte. Die andere Hälfte wäre gemäß § 100 Abs. 2 ZPO entsprechend dem Verhältnis der Klageforderungen auf die klagenden Parteien zu verteilen gewesen.
154D.Die Kammer hat für die Beklagte zu 1) die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zugelassen. Es lag kein Grund vor, die Revision für die klagenden Parteien zuzulassen.
155RECHTSMITTELBELEHRUNG
156Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
157R E V I S I O N
158eingelegt werden.
159Für die klagenden Parteien ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
160Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
161Bundesarbeitsgericht
162Hugo-Preuß-Platz 1
16399084 Erfurt
164Fax: 0361-2636 2000
165eingelegt werden.
166Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
167Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1681.Rechtsanwälte,
1692.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1703.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
171In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
172Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
173Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
174* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
175Dr. GotthardtFrohweinBrössel