Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2013 - 4 StR 247/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen und wegen Diebstahls in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 30. Juli 2013 teilweise eingestellt - hinsichtlich eines Diebstahls lag weder der nach § 248a StGB erforderliche Strafantrag vor, noch hatte die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht - und das Rechtsmittel im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Nunmehr hat der Verurteilte "Gegenvorstellung" erhoben sowie "vorsorglich ... Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der versäumten ordnungsgemäßen Revisionsantragstellung nebst Revisionsbegründung" beantragt. Er meint, es sei für den Senat erkennbar gewesen, dass trotz des ausdrücklich auf die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkten Antrags eine unbe- schränkte Revision eingelegt gewesen sei, da in der Revisionsbegründung "ausführlich zur 'Bagatellgrenze', mithin zum Schuldspruch ausgeführt" worden sei.
- 2
- 1. Der offensichtlich allein gegen die (teilweise) Verwerfung der Revision gerichtete, als Gegenvorstellung bezeichnete Rechtsbehelf des Verurteilten hat keinen Erfolg.
- 3
- a) Die an keine Frist gebundene Gegenvorstellung ist als Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Senats nicht statthaft.
- 4
- Ein Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO kann jedenfalls grundsätzlich weder aufgehoben noch abgeändert oder ergänzt werden (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 15. August 2013 - 4 StR 196/13; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., Vor § 296 Rn. 24 f., § 349 Rn. 24 jeweils mwN). Gegen Revisionsentscheidungen ist vielmehr als speziellere Regelung nur der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO statthaft. Unter welchen jedenfalls sehr ungewöhnlichen Voraussetzungen eine Gegenvorstellung ausnahmsweise zur Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung führen kann, kann hier offen bleiben, da das Vorbringen des Verurteilten als Grundlage einer solchen Entscheidung offensichtlich nicht in Betracht kommt (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 1 StR 557/12 und den dortigen Hinweis auf Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 296 Rn. 10; sowie Meyer-Goßner, aaO, Vor § 296 Rn. 24 f. jeweils mwN).
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- b) Das Vorbringen hat auch als Anhörungsrüge nach § 356a StPO keinen Erfolg.
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- Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nicht vor. Der Senat hat die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch geprüft und (ausdrücklich) als wirksam angesehen. Er hat dabei die Ausführungen des Revisionsführers zur "Bagatellgrenze" nicht übersehen. Jedoch betrifft § 248a StGB nicht den Schuldspruch, sondern eine trotz Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachtende und (wie die teilweise Einstellung belegt) beachtete Verfahrensvoraussetzung. Soweit die "Bagatellgrenze" Bedeutung für die Anwendung des § 243 StGB haben kann (vgl. dessen Absatz 2), hätte auch dies keine Auswirkungen auf den Schuldspruch, da es sich bei dieser Vorschrift lediglich um eine Strafzumessungsvorschrift handelt. Insofern hat der Senat das Vorbringen des Revisionsführers durch die (ausdrückliche) Bezugnahme auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts verbeschieden; eine weitergehende Begründungspflicht , für die letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung bestand nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07, StraFo 2007, 463; vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1382/10, NJW 2011, 1497 f. [Rn. 12, 18]; BGH, Beschluss vom 8. April 2009 - 5 StR 40/09, NStZ-RR 2009, 252 jeweils mwN).
- 7
- 2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil das Verfahren mit der Sachentscheidung des Senats vom 30. Juli 2013 rechtskräftig abgeschlossen ist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist da- nach nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 1962 - 4 StR 392/61, BGHSt 17, 94, 97; Beschluss vom 9. November 1999 - 4 StR 394/99; Meyer-Goßner, aaO, § 349 Rn. 25 mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält, - 2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, - 3.
gewerbsmäßig stiehlt, - 4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient, - 5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist, - 6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder - 7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.