Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2013 - 4 StR 247/13

bei uns veröffentlicht am10.09.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 247/13
vom
10. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
hier: "Gegenvorstellungen" gegen den Senatsbeschluss vom 30. Juli 2013
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. September 2013

beschlossen:
1. Die Anhörungsrüge bzw. Gegenvorstellung des Angeklagten gegen den Senatsbeschluss vom 30. Juli 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. 2. Der Antrag des Angeklagten "auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen und wegen Diebstahls in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 30. Juli 2013 teilweise eingestellt - hinsichtlich eines Diebstahls lag weder der nach § 248a StGB erforderliche Strafantrag vor, noch hatte die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht - und das Rechtsmittel im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Nunmehr hat der Verurteilte "Gegenvorstellung" erhoben sowie "vorsorglich ... Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der versäumten ordnungsgemäßen Revisionsantragstellung nebst Revisionsbegründung" beantragt. Er meint, es sei für den Senat erkennbar gewesen, dass trotz des ausdrücklich auf die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkten Antrags eine unbe- schränkte Revision eingelegt gewesen sei, da in der Revisionsbegründung "ausführlich zur 'Bagatellgrenze', mithin zum Schuldspruch ausgeführt" worden sei.
2
1. Der offensichtlich allein gegen die (teilweise) Verwerfung der Revision gerichtete, als Gegenvorstellung bezeichnete Rechtsbehelf des Verurteilten hat keinen Erfolg.
3
a) Die an keine Frist gebundene Gegenvorstellung ist als Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Senats nicht statthaft.
4
Ein Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO kann jedenfalls grundsätzlich weder aufgehoben noch abgeändert oder ergänzt werden (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 15. August 2013 - 4 StR 196/13; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., Vor § 296 Rn. 24 f., § 349 Rn. 24 jeweils mwN). Gegen Revisionsentscheidungen ist vielmehr als speziellere Regelung nur der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO statthaft. Unter welchen jedenfalls sehr ungewöhnlichen Voraussetzungen eine Gegenvorstellung ausnahmsweise zur Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung führen kann, kann hier offen bleiben, da das Vorbringen des Verurteilten als Grundlage einer solchen Entscheidung offensichtlich nicht in Betracht kommt (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 1 StR 557/12 und den dortigen Hinweis auf Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 296 Rn. 10; sowie Meyer-Goßner, aaO, Vor § 296 Rn. 24 f. jeweils mwN).
5
b) Das Vorbringen hat auch als Anhörungsrüge nach § 356a StPO keinen Erfolg.
6
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nicht vor. Der Senat hat die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch geprüft und (ausdrücklich) als wirksam angesehen. Er hat dabei die Ausführungen des Revisionsführers zur "Bagatellgrenze" nicht übersehen. Jedoch betrifft § 248a StGB nicht den Schuldspruch, sondern eine trotz Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachtende und (wie die teilweise Einstellung belegt) beachtete Verfahrensvoraussetzung. Soweit die "Bagatellgrenze" Bedeutung für die Anwendung des § 243 StGB haben kann (vgl. dessen Absatz 2), hätte auch dies keine Auswirkungen auf den Schuldspruch, da es sich bei dieser Vorschrift lediglich um eine Strafzumessungsvorschrift handelt. Insofern hat der Senat das Vorbringen des Revisionsführers durch die (ausdrückliche) Bezugnahme auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts verbeschieden; eine weitergehende Begründungspflicht , für die letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung bestand nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07, StraFo 2007, 463; vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1382/10, NJW 2011, 1497 f. [Rn. 12, 18]; BGH, Beschluss vom 8. April 2009 - 5 StR 40/09, NStZ-RR 2009, 252 jeweils mwN).
7
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil das Verfahren mit der Sachentscheidung des Senats vom 30. Juli 2013 rechtskräftig abgeschlossen ist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist da- nach nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 1962 - 4 StR 392/61, BGHSt 17, 94, 97; Beschluss vom 9. November 1999 - 4 StR 394/99; Meyer-Goßner, aaO, § 349 Rn. 25 mwN).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer Bender Quentin

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Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 196/13
vom
15. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen Vollrausches
hier: „Gegenvorstellung“ gegen den Senatsbeschluss vom 18. Juli 2013
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. August 2013 beschlossen
:
Die Anhörungsrüge bzw. Gegenvorstellung des Angeklagten gegen
den Senatsbeschluss vom 18. Juli 2013 wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der als „Gegenerklärung“ im Sinne des § 33a StPO bezeichnete Rechtsbehelf des Angeklagten hat keinen Erfolg.
2
1. Die an keine Frist gebundene „Gegenvorstellung“ nach § 33a StPO ist als Rechtsbehelf gegen Revisionsentscheidungen gemäß § 349 Abs. 2 StPO nicht statthaft. Ein derartiger Beschluss kann grundsätzlich weder aufgehoben noch abgeändert oder ergänzt werden (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. September 2012 – 4 StR 195/12 und vom 25. Juni 2009 – 4 StR 121/09 jeweils mwN). Gegen Revisionsentscheidungen ist vielmehr als speziellere Regelung nur der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO statthaft.
3
2. Es kann letztlich dahinstehen, ob der Rechtsbehelf als Anhörungsrüge nach § 356a StPO zulässig wäre. Bedenken bestehen insoweit, weil nicht dargetan und glaubhaft gemacht ist, dass die Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO eingehalten worden ist.
4
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt jedenfalls nicht vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung keine Tatsachen verwertet, die sich nicht aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergeben. Auf die entsprechende Fundstelle in den Urteilsgründen hat der Senat in seinem Beschluss vom 18. Juli 2013 ausdrücklich hingewiesen. Der Revisionsführer hatte in seiner Gegenerklärung auf den Antrag des Generalbundesanwalts die entsprechende Urteilspassage selbst zitiert. Dass der Senat diese Feststellungen anders bewertet hat als der Angeklagte, begründet keine Verletzung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
RiBGH Bender ist infolge Urlaubs ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung gehindert.
Mutzbauer Quentin

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 557/12
vom
14. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
hier: Gegenvorstellung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2013 beschlossen:
Sämtliche Anträge des Verurteilten werden zurückgewiesen.

Gründe:

1
Der Senat hat nach Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO die Revision des Angeklagten am 22. Januar 2013 verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Dieser Beschluss ging ihm, wie er vorträgt, am 18. Februar 2013 zu. In der Zwischenzeit hatte der Rechtspfleger (§ 299 StPO) am 24. Januar 2013 noch eine Erklärung des Angeklagten zu Protokoll genommen, worin dieser eine menschenrechtswidrige Verfahrensverzögerung geltend machte. Die Akten seien nämlich erst am 23. Oktober 2012 beim Generalbundesanwalt eingegangen, obwohl sie der Staatsanwaltschaft schon ab 20. September 2012 zur Weiterleitung vorgelegen hätten.
2
Am 4. März 2013 ging beim Bundesgerichtshof eine Gegenvorstellung des Verurteilten ein, mit der er - ergänzt durch eine Reihe nachfolgend eingegangener weiterer umfangreicher Schriftsätze - die Aufhebung des Beschlusses vom 22. Januar 2013 und Vollstreckungsaufschub beantragt.
3
Hinsichtlich des Protokolls vom 24. Januar 2013 trägt er vor, er habe auf Grund einer Auskunft seines Verteidigers nicht damit gerechnet, dass über seine Revision vor Ende Februar 2013 entschieden würde. Außerdem habe er bereits einige Zeit vor dem 24. Januar 2013 beantragt, dem Rechtspfleger vorgeführt zu werden.
4
Darüber hinaus ist im Wesentlichen dargelegt, warum sowohl das Urteil des Landgerichts als auch der Beschluss des Senats falsch seien. Die auch im Übrigen vielfach fehlerhaften Feststellungen hingen (auch) mit gekauften Zeugen zusammen, es liege eine Vielzahl von Fälschungen vor, letztlich sei nicht er Täter, sondern dies seien die Richter der Strafkammer und ein Oberstaatsanwalt.
5
Das Vorbringen ist insgesamt unbehelflich.
6
Unter welchen jedenfalls sehr ungewöhnlichen Voraussetzungen eine Gegenvorstellung ausnahmsweise zur Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung führen kann (vgl. hierzu Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 296 Rn. 10 mwN), kann hier offen bleiben, da das Vorbringen des Verurteilten als Grundlage einer solchen Entscheidung - offensichtlich - nicht in Betracht kommt.
7
Soweit es - zumindest in Teilen - als Anhörungsrüge (§ 356a StPO) zu werten sein könnte (§ 300 StPO), führte es - auch abgesehen davon, dass die dann erforderlichen formalen Anforderungen (z.B. hinsichtlich Fristwahrung und Glaubhaftmachung) nicht erfüllt sind - zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat hat seiner Entscheidung nichts zu Grunde gelegt, wozu der Angeklagte nicht gehört worden wäre, und auch sonst rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt: Unabhängig davon, dass im Blick auf Vorbringen, das bei der nach Ablauf sämtlicher gesetzlicher Fristen erfolgten Entscheidung des Revisionsgerichts noch nicht abgegeben war, regelmäßig rechtliches Gehör nicht verletzt sein kann (vgl. zusammenfassend Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 356a Rn. 2 mwN), wäre der erst am 24. Januar 2013 zu Protokoll genommene Vortrag nämlich auch dann nicht entscheidungserheblich gewesen, wenn er dem Senat vorgelegen hätte. Der hinsichtlich der Aktenübersendung geschilderte Verfahrensgang hat offensichtlich nicht zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung geführt (zum Maßstab für die Annahme einer solchen Verfahrensverzögerung im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Aktenübersendung an den Generalbundesanwalt vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2008 - 5 StR 283/08).
8
Dass hier für die Anordnung eines Vollstreckungsaufschubs durch den Senat kein Raum ist, bedarf keiner näheren Darlegung. Wahl Graf Jäger Cirener Radtke

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die dem Bundesgerichtshof nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO eingeräumte Möglichkeit, einen Beschluss über die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht näher zu begründen, und die Anwendung dieser Vorschrift auf die Entscheidung über eine nachfolgende Anhörungsrüge nach § 321a ZPO.

2

1. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren verurteilt, mehr als 2 Millionen Euro an den Kläger zu zahlen, der als Insolvenzverwalter Zahlung für eine Insolvenzschuldnerin aus einem mit der Beschwerdeführerin geschlossenen Unternehmenskaufvertrag begehrt hat.

3

2. Der Bundesgerichtshof hat die vorrangig auf Verletzungen von Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG gestützte Nichtzulassungsbeschwerde mit der an den Wortlaut der § 544 Abs. 4 Satz 2, § 543 Abs. 2 ZPO angelehnten, formelhaften Begründung zurückgewiesen, die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderten eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Anhörungsrüge hat der Bundesgerichtshof ebenfalls zurückgewiesen. Der Senat habe das von der Anhörungsrüge als übergangen gerügte Vorbringen geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiterreichenden Begründung werde in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.

II.

4

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Rechts auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

5

1. Die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde, soweit diese auf eine Gehörsverletzung durch das Berufungsgericht gestützt werde, müsse mit Rücksicht auf eine im Anschluss daran in Frage kommende Anhörungsrüge nach § 321a ZPO unter Reduzierung des durch § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO eingeräumten Ermessens in einer Weise begründet werden, die eine inhaltliche Auseinandersetzung ermögliche; andernfalls werde die Durchsetzung der Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG in unzumutbarer Weise erschwert.

6

Die Effektivität des Rechtsschutzes werde in unzumutbarer Weise beeinträchtigt und das Anhörungsrügeverfahren ungeachtet der damit auch verfolgten Zielsetzung, das Bundesverfassungsgericht zu entlasten, zu einem bloßen "Durchlauferhitzer", wenn Anhörungsrügen im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof von diesem lediglich formal beschieden würden und ein Beschwerdeführer keinen Aufschluss darüber erhalte, mit welcher Begründung die von ihm erhobenen Gehörsrügen vom Bundesgerichtshof für nicht durchgreifend erachtet worden seien. Die diesbezügliche Praxis des Bundesgerichtshofs könne nicht mit einem Hinweis auf § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO begründet werden.

7

2. Wenn der Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde auch bei einer Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht begründet werde, müsse der Beschwerdeführer das Bundesverfassungsgericht mit den gleichen Gehörsrügen konfrontieren, die er bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und gegebenenfalls im Anhörungsrügeverfahren erhoben habe; bei Anrufung des Bundesverfassungsgerichts stehe der Beschwerdeführer "mit leeren Händen dar".

III.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig (1.) und hat im Übrigen keinen Erfolg (2.).

9

1. Mangels einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit die Beschwerdeführerin sich nach ihrem Antrag auch gegen die Entscheidungen der Instanzgerichte wendet. Eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts durch das angegriffene Urteil des Landgerichts behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin zwar ausgeführt, dass sie mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gerügt habe. Der Verfassungsbeschwerdeschrift lässt sich eine hinreichende Darstellung einer Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör durch das Oberlandesgericht jedoch nicht entnehmen. Die Beschwerdeführerin hat hierzu auch nicht ausdrücklich auf die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung verwiesen. Selbst wenn man ihr Vorbringen aber in diesem Sinne auslegte, genügte dies den Anforderungen an eine substantiierte Begründung nicht, weil es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, aufgrund eines undifferenzierten Hinweises auf Schriftsätze im Ausgangsverfahren den dortigen Vortrag auf verfassungsrechtlich relevante Lebenssachverhalte hin zu untersuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. Januar 2010 - 1 BvR 2973/06 -, juris, Rn. 4; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, S. 780 <781 f.>).

10

2. Dass der Bundesgerichtshof die angegriffenen Beschlüsse nicht näher begründet hat, verletzt weder den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip noch ihr Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

11

a) Der Bundesgerichtshof ist auch in Ansehung dieser grundgesetzlichen Gewährleistungen nicht gehalten gewesen, seine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde über einen formelhaften Hinweis auf die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO hinaus näher zu begründen. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO räumt diese Möglichkeit ausdrücklich ein.

12

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung von Verfassungs wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 65, 293 <295>; 71, 122 <135 f.>; 81, 97 <106>; 86, 133 <146>; 94, 166 <210>; 104, 1 <7 f.>; 118, 212 <238>; BVerfGK 2, 213 <220>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. September 1996 - 1 BvR 1485/89 -, NJW 1997, S. 1693). Dies gilt auch für Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, mit denen - wie hier - eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen wird (vgl. BVerfGK 2, 213 <220>).

13

bb) Ausnahmsweise ist eine Begründung geboten, wenn von dem eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen werden soll und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. BVerfGE 71, 122 <136>) oder ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender Zulassungsgrund vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wegfällt und deswegen eine Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz für tragend erachteten Gründe erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. September 2010 - 1 BvR 2649/06 -, juris, Rn. 25 f.). Eine solche Ausnahme ist jedoch weder dargetan noch anderweitig ersichtlich.

14

cc) An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gerügt wird. Dass die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 ZPO mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre, sondern neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 5. Mai 2008 - 1 BvR 562/08 -, NJW 2008, S. 2635), bleibt ohne Einfluss auf die Begründungserleichterungen bei Beschlüssen über die Nichtzulassungsbeschwerde.

15

(1) In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der für Zivilverfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anspruch auf Justizgewährung die Möglichkeit einer einmaligen Kontrolle einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör garantiert, auch wenn diese erstmals in einem Rechtsmittelverfahren geschieht (vgl. BVerfGE 107, 395 <406 f., 410 f.>). Die Prüfung einer behaupteten Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG kann im allgemeinen Rechtsmittelsystem oder im Rahmen eines Sonderrechtsbehelfs ohne Anrufung einer weiteren Instanz erfolgen (vgl. BVerfGE 107, 395 <411 f.>). Dem Gesetzgeber steht bei der näheren Ausgestaltung ein Spielraum offen, bei dessen Ausfüllung auch die Interessen der anderen Verfahrensbeteiligten und Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu beachten sind (vgl. BVerfGE 107, 395 <412>).

16

Der Anspruch auf Justizgewährung garantiert neben dem Recht auf Zugang zu den Gerichten effektiven Rechtsschutz durch eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche richterliche Entscheidung (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 107, 395 <401>; 108, 341 <347>). Die gebotene wirksame gerichtliche Kontrolle darf nicht in einer für den Rechtsschutzsuchenden unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 88, 118 <123 f.>; 101, 397 <408>; 107, 395 <413>). Ein in der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel darf das Gericht nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>).

17

(2) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 1 ZPO kann eine Verletzung rechtlichen Gehörs seitens des Berufungsgerichts mit Erfolg gerügt werden, weil bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen ist (vgl. nur BGHZ 154, 288 <295 f.>); nach § 544 Abs. 7 ZPO kann das Revisionsgericht im Falle einer begründeten Gehörsrüge auch schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen. Die Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet auf diese Weise die verfassungsrechtlich gebotene Möglichkeit zur einmaligen Kontrolle einer Gehörsverletzung.

18

Die Effektivität dieser Kontrolle der Entscheidung des Berufungsgerichts auf eine Gehörsverletzung wird jedoch nicht davon beeinflusst, ob der Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde näher begründet wird. Da die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde als letztinstanzliche Entscheidung nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden kann, ist eine nähere Begründung dieser Entscheidung auch nicht geeignet, die Wirksamkeit des Rechtsschutzes im fachgerichtlichen Rechtsmittelzug weiter zu beeinflussen. Eine Begründung mag daher zwar aus Gründen der Nachvollziehbarkeit für die Parteien wünschenswert sein (vgl. Sangmeister, NJW 2007, S. 2363 <2365>), der aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gebietet eine solche jedoch nicht (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>); ebensowenig folgt aus der Gewährleistung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG ein Anspruch der Beteiligten auf eine mit Gründen versehene letztinstanzliche Entscheidung (vgl. BVerfGE 104, 1 <7 f.>).

19

(3) Eine ausführlichere Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nicht deswegen geboten, weil gegen sie - im Übrigen unabhängig davon, ob die Beschwerde auf eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör gestützt wurde - eine Anhörungsrüge nach § 321a ZPO erhoben werden kann, wenn damit eine nicht nur sekundäre, sondern neue und eigenständige Gehörsverletzung durch den Bundesgerichtshof gerügt wird (vgl. BVerfGK 13, 496 <499>; BGH, Beschluss vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07 -, NJW 2008, S. 923).

20

(a) Die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt eine letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung, weil die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO als außerordentlicher Rechtsbehelf keine weitere Instanz eröffnet.

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(b) Zwar wird es einem Beschwerdeführer durch das Fehlen einer näheren Begründung zu den Zulassungsvoraussetzungen erschwert, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auf eine neue und eigenständige Gehörsverletzung zu überprüfen (vgl. Kirchberg, in: Festschrift für Krämer, 2009, S. 43 <56 f.>; Zuck, NJW 2008, S. 479). Eine solche Erschwerung lässt die von Verfassungs wegen zu gewährleistende einmalige fachgerichtliche Kontrolle auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG weder "leerlaufen" noch ist diese unzumutbar. Mit der Begründungserleichterung in § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO hält sich der Gesetzgeber vielmehr innerhalb seines weiten Spielraums bei der Ausgestaltung der Kontrolle (vgl. BVerfGE 107, 395 <411>), wobei er auch die Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu beachten hat (vgl. BVerfGE 107, 395 <412>). Die dem Bundesgerichtshof eingeräumte Arbeitserleichterung, von einer näheren Begründung nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abzusehen, ist mit Blick auf die besonderen Aufgaben eines obersten Gerichts des Bundes sachgerecht, dient der Erhaltung seiner Funktionsfähigkeit und damit der Effektivität der Rechtsverfolgung im Interesse aller Rechtsschutzsuchenden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. September 1996 - 1 BvR 1485/89 -, NJW 1997, S. 1693, zu § 115 Abs. 5 FGO a.F.; vgl. auch BTDrucks V/2849, S. 3, zum Entwurf des späteren Gesetzes zur Entlastung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen vom 15. August 1969, BGBl I S. 1141). Von Verfassungs wegen geboten ist lediglich eine einmalige Kontrolle gerichtlichen Verfahrenshandelns auf eine Gehörsverletzung, nicht aber eine Begründung der hierauf ergehenden Entscheidung (vgl. BVerfGE 107, 395 <411>; BVerfGK 2, 213 <217, 220>).

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(4) Die Verfassungsbeschwerde selbst ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf außerhalb des fachgerichtlichen Verfahrens, der der Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt und der Durchsetzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten dient (vgl. BVerfGE 107, 395 <413 f.>). Der Anspruch auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verlangt deswegen nicht, dass das Verfassungsbeschwerdeverfahren durch eine ausführliche Darlegung der fachgerichtlichen Auffassung zu einer möglichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG für die Beschwerdeführerin gleichsam vorbereitet und erleichtert wird, auch wenn es zunächst den Fachgerichten obliegt, die Grundrechte zu wahren und durchzusetzen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>), denn Letzteres geschieht unabhängig von einer Begründung der fachgerichtlichen Entscheidungen.

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Die mit der Einführung der Anhörungsrüge bezweckte Entlastung des Bundesverfassungsgerichts durch Eröffnung der Möglichkeit einer Selbstkorrektur auch bei Gehörsverstößen des Bundesgerichtshofs wird dadurch hinreichend gewahrt, dass die Anhörungsrüge, wenn trotz der Begründungserleichterung genügend Anhaltspunkte für einen eigenständigen Gehörsverstoß durch den Bundesgerichtshof vorliegen, eröffnet bleibt, so dass der Bundesgerichtshof die angegriffene Entscheidung auf einen solchen überprüfen und gegebenenfalls korrigieren kann. Ohne solche Anhaltspunkte und bei einer nur "sekundären Gehörsrüge" besteht hingegen keine Veranlassung für eine Anhörungsrüge gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs und kann sofort Verfassungsbeschwerde erhoben werden (vgl. BVerfGK 13, 496 <499>; BGH, Beschluss vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07 -, NJW 2008, S. 923).

24

b) Die Auslegung und Anwendung des § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO durch den Bundesgerichtshof, nach der auf eine Begründung der Entscheidung über die Anhörungsrüge in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO verzichtet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2005 - III ZR 443/04 -, NJW-RR 2006, S. 63; BTDrucks 15/3706, S. 16), ist vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich hinzunehmen. Sie steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen effektiven Rechtsschutzes und rechtlichen Gehörs, da die vorgenannten Gründe für die Begründungserleichterung bei der Entscheidung über die Anhörungsrüge erst recht gelten.

25

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

5 StR 40/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 8. April 2009
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a.
hier: Anhörungsrüge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. April 2009

beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten nach § 356a StPO gegen den Beschluss des Senats vom 11. März 2009 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht Bremen hat gegen den Verurteilten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen sowie Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten verhängt. Mit am 20. März 2009 den Verteidigern übersandtem Beschluss vom 11. März 2009 hat der Senat die Revision des Verurteilten nach § 349 Abs. 2 StPO mit einer ergänzenden Begründung hinsichtlich einer Aufklärungs- bzw. Inbegriffsrüge verworfen und einen in der Gegenerklärung zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts enthaltenen Antrag des Verteidigers Rechtsanwalt M. auf Durchführung einer Revisionshauptverhandlung durch Bezugnahme auf einen anderen Senatsbeschluss zurückgewiesen.
2
Die Anhörungsrüge versagt. Die im Rechtsbehelf geltend gemachten Einwände gegen den Senatsbeschluss belegen keine Gehörsverletzung im Sinne des § 356a Satz 1 StPO.
3
1. Der Senat hat den Anspruch auf rechtliches Gehör des Verurteilten nicht dadurch verletzt, dass diesem keine Gelegenheit gegeben worden ist, zu der ergänzenden Begründung des Senats vorab Stellung zu nehmen.
4
Die vom Bundesverfassungsgericht in der Plenarentscheidung BVerfGE 107, 395, 410 erwogene Gehörsverletzung hinsichtlich abweichender rechtlicher Auffassungen in einer weiteren Instanz bezieht sich nicht auf die besonderen Ausprägungen des rechtlichen Gehörs in dem nach der Plenarentscheidung durch das Bundesverfassungsgericht stets als verfassungsrechtlich unbedenklich bewerteten revisionsgerichtlichen Beschlussverfahren gemäß § 349 Abs. 2 bis 4 StPO (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1999; 2006, 136; BGHR StPO § 356a Gehörsverstoß 1). In diesem Verfahren legt zunächst allein der Revisionsführer in seiner Begründungsschrift Art und Umfang der rechtlichen Angriffe gegen das tatrichterliche Urteil fest. Sodann erhält der Revisionsführer Gelegenheit, den Erwägungen entgegenzutreten, welche die Revisionsstaatsanwaltschaft diesen Angriffen in ihrer Antragsschrift rechtlich entgegengesetzt hat. Ihm steht es dabei frei, zu den im Beschlussverfahren angelegten, den Schuld- oder Strafausspruch betreffenden Entscheidungsvarianten (vgl. BGHR aaO) Stellung zu nehmen und seine Rechtsstandpunkte auch im Übrigen gegen weitergehende gegenläufige Erwägungen ergänzend abzusichern.
5
Hierzu hat der Revisionsführer besonderen Anlass. Das Revisionsgericht muss sich dem Verwerfungsantrag nur im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen der Begründung anschließen (BVerfG – Kammer – NJW 2002, 814, 815 m.w.N.). Der Revisionsführer muss deshalb gewärtigen, dass das Revisionsgericht Zusätze zur Begründung der eigenen Rechtsauffassung beifügt (BVerfG aaO). Für diese dem Beschlussverfahren immanente Entscheidungsvariante wird dem Revisionsführer nur ein allgemeines, indes kein spezielles auf das einzelne rechtliche Argument bezogenes Gehör gewährt (vgl. BVerfG – Kammer – NStZ 2002, 487, 489). Dies begegnet vor dem Hintergrund der Kumulation des Antrags- und Einstimmigkeitserfordernisses keinen Bedenken (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 349 Rdn. 11). Nur eine solche Praxis gewährleistet die rechtsstaatlich ebenfalls gebotene Effektivität des Beschlussverfahrens. Für grundlegend neue und damit notwendig jeden Beschwerdeführer überraschende Rechtsauffassungen ist im Beschlussverfahren nach § 349 Abs. 2 StPO ohnehin kein Raum.
6
2. Eine Gehörsverletzung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Senat im Verwerfungsbeschluss im Übrigen nur zu dem Begehren auf Durchführung einer Revisionshauptverhandlung, nicht aber zu der vom Antrag des Generalbundesanwalts abweichenden Rechtsauffassung der Verteidigung in ihrer Gegenerklärung Stellung genommen hat. Dies rechtfertigt nicht die Annahme , der Senat hätte das Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen (vgl. BVerfGE 96, 205, 216 f.; BVerfG – Kammer – StraFo 2007, 463). Das Schweigen des Senats auf Rechtsausführungen in der Gegenerklärung des Verteidigers offenbart nach der Sachlogik des revisionsgerichtlichen Beschlussverfahrens vielmehr, dass der neue Vortrag ungeeignet gewesen ist, die vom Generalbundesanwalt begründete Erfolglosigkeit der erhobenen Revisionsrügen zu entkräften (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2008 – 5 StR 426/08 und 13. Februar 2009 – 2 StR 479/08).
7
3. Eine weitergehende Begründungspflicht für die letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung bestand nicht (vgl. BVerfGE 50, 287, 289 f.; 65, 293, 295; BVerfG – Kammer – StraFo 2007, 463). Sie wird auch nicht von der im Rechtsbehelf dargelegten Sorge erheischt, nur eine Begründungspflicht könne den Senat davon abhalten , dass dieselbe Rechtsfrage von demselben Senat in einem Fall so und in einem anderen Fall anders entschieden werde. Solches verkennt die wahrzunehmende und wahrgenommene Sorgfalt und Verantwortung in der Praxis revisionsgerichtlicher Beschlussentscheidungen (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2008 – 5 StR 426/08).
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