Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2016 - 4 StR 205/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:240616B4STR205.16.0
bei uns veröffentlicht am24.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 205/16
vom
24. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Strafvereitelung
ECLI:DE:BGH:2016:240616B4STR205.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 24. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 23. September 2015, soweit es sie betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte M. wegen Strafvereitelung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus zwei rechtskräftigen Urteilen nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ihre Revision hat Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen suchte der in Po. lebende Mitangeklagte G. am Nachmittag des 21. März 2011 die Angeklagte M. auf deren Bitte hin in der Familienwohnung in L. auf, um mit ihrem Ehe- mann, dem späteren Tatopfer D. M. , über Eheprobleme zu sprechen. Zu diesem Zeitpunkt war D. M. noch an seiner Arbeitsstelle. Kurz vor seiner erwarteten Heimkehr kamen die Angeklagte M. und der Mitangeklagte G. überein, dass dieser das anstehende Gespräch mit D. M. in der Garage führen sollte, damit die Kinder der Eheleute M. eine befürchtete lautstarke Auseinandersetzung nicht mitbekämen. Als D. M. in die Garage einfuhr, stand der Mitangeklagte G. an der Seite der Garage in einem Nebenraum. Dabei trug er eine Trainingsjacke mit über den Kopf gezogener Kapuze.D. M. konnte ihn beim Hereinfahren nicht sehen. Nachdem D. M. aus seinem Fahrzeug ausgestiegen war, sprach ihn der Mitangeklagte G. an und erklärte ihm, dass er gekommen sei, um mit ihm zu sprechen. Anschließend betätigte er den Schließmechanismus der Garagentür und redete weiter auf D. M. ein. Dabei gewann der Mitangeklagte G. den Eindruck, dass sich D. M. annähere. Er wich zurück und wurde aggressiv. Als D. M. eine Bewegung in Richtung des Angeklagten G. machte, ergriff dieser einen Gummihammer und schlug damit mindestens zwölfmal kräftig auf den Kopf von D. M. ein, wobei er dessen Tod billigend in Kauf nahm. Infolge der Schläge kam es bei D. M. zu schwerwiegenden Kopfverletzungen, die zu seinem Tod führten.
3
Der Mitangeklagte G. ging blutverschmiert zurück zum Haus, wo ihm die Angeklagte M. öffnete. Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte, begaben sich beide in die Garage, wo der zwischenzeitlich verstorbene D. M. auf dem Boden lag. Sie kamen überein, die Leiche mit dem Auto der Familie M. "zu entsorgen". In der Folge verbrachte der Mitangeklagte G. die Leiche in das Fahrzeug. Dabei verwendete Müllsäcke und Klebeband stellte ihm die Angeklagte M. zur Verfügung. Anschließend reinigte sie das Badezimmer. Am frühen Morgen des 22. März 2011 fuhr der Mitangeklagte G. mit dem Pkw, in dem sich die Leiche befand, nach E. . Die Angeklagte M. reinigte den Tatort und wusch die dabei verwendeten Lappen sowie ihre Kleidung. Gegenüber ihren Kindern gab sie an, dass ihr Vater am Vorabend allein mit dem Auto weggefahren sei, um ein Holzgeschäft abzuschließen. Gleiches erzählte sie in der Nachbarschaft. Am Mittag des 22. März 2011 kam der Mitangeklagte G. nochmals nach L. und erhielt von der Angeklagten M. 500 Euro als "Reisespesen". Am Nachmittag des 22. März 2011 erstattete die Angeklagte M. bei der Polizei in P. eine Vermisstenanzeige. Dabei erklärte sie, ihr Ehemann sei am 21. März 2011 nach der Spätschicht nach Hause gekommen und mit einem größeren Bargeldbetrag wieder weggefahren, um ein Holzgeschäft zu tätigen. Am 24. März 2011 reiste der Mitangeklagte G. zurück nach Po. . Nachdem die Polizei am 25. März 2011 im Haus und in der Garage der Familie M. diverse Blutspuren gesichert hatte, wurde die Angeklagte noch am selben Tag erstmals als Beschuldigte vernommen. Nach zunächst abweichenden Angaben benannte sie am 26. März 2011 den Mitangeklagten G. und machte Angaben zum Tatgeschehen.
4
Das Landgericht hat sich von einer Beteiligung der Angeklagten M. an der Tötung ihres Ehemanns durch den Mitangeklagten G. nicht zu überzeugen vermocht. Es ist jedoch der Auffassung, dass sich die Angeklagte M. der Strafvereitelung schuldig gemacht habe, indem sie den Mitangeklagten G. bei der Beseitigung der Leiche unterstützte, die Tatspuren beseitigte und unrichtige Angaben über den Verbleib ihres Ehemannes machte. Ohne diese Handlungen wäre der Mitangeklagte G. noch vor seiner Ausreise nach Po. verhaftet worden, weil die Tat dann früher angezeigt und der Mitangeklagte G. noch vor seiner Ausreise von der Angeklagten M. bei einer zeugenschaftlichen Vernehmung benannt worden wäre (UA 46). Bei alldem sei es der Angeklagten M. darauf angekommen, ihm die Flucht nach Po. zu ermöglichen und seine Bestrafung zu verhindern.

II.


5
Entgegen der Auffassung der Revision ist die abgeurteilte Tat Gegenstand der unverändert zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft P. vom 16. April 2015. Zwar wird der Angeklagten M. darin lediglich eine Anstiftung des Mitangeklagten G. zur Tötung des D. M. zur Last gelegt. Im Anklagesatz (§ 201 Abs. 1 Satz 1 StPO) sind aber nach der Darstellung der Anstiftungshandlung und der Tötung auch die sich anschließenden Vereitelungshandlungen der Angeklagten M. im Einzelnen aufgeführt. Im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen heißt es dazu weiter, dass dieses Verhalten als Strafvereitelung "strafbar wäre". Damit hat die Staatsanwaltschaft ihren Willen zum Ausdruck gebracht, auch das Nachtatverhalten zur Aburteilung zu bringen, sofern nicht § 258 Abs. 5 StGB entgegensteht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1998 – 2 StR 76/98, NStZ-RR 1999, 48).

III.


6
Die Revision der Angeklagten M. hat Erfolg.
7
1. Die Verurteilung der Angeklagten M. wegen (vollendeter) Strafvereitelung gemäß § 258 Abs. 1 StGB leidet an einem durchgreifenden Erörterungsmangel , weil sich das Landgericht trotz entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob der Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 5 StGB zu ihren Gunsten eingreift.
8
a) Nach § 258 Abs. 5 StGB wird nicht wegen Strafvereitelung bestraft, wer durch die Tat ganz oder zum Teil vereiteln will, dass er selbst bestraft wird. Dabei ist entscheidend, wie der Täter seine Situation selbst einschätzt. Die Selbstbegünstigung ist daher auch dann straflos, wenn die Befürchtung eigener Strafverfolgung unbegründet ist (BGH, Urteil vom 23. März 2016 – 2 StR 223/15, Rn. 7; Beschluss vom 3. April 2002 – 2 StR 66/02, NStZ-RR 2002, 215; Urteil vom 20. Mai 1952 – 1 StR 748/51, BGHSt 2, 375, 378; Stree in: Schönke/ Schröder, StGB, 29. Aufl., § 258 Rn. 37 mwN).
9
b) Danach hätte das Landgericht erörtern müssen, ob die Angeklagte M. mit den ihr zur Last gelegten Vereitelungshandlungen zu Gunsten des Mitangeklagten G. (Übereinkunft zur Beseitigung der Leiche, Beseitigung der Tatspuren, falsche Angaben zum Verbleib des Tatopfers gegenüber den Kindern , den Nachbarn und der Polizei) nicht jedenfalls auch das Ziel verfolgt hat, sich selbst vor Strafverfolgung zu schützen. Dies war hier nach den Feststellungen schon deshalb nicht fernliegend, weil die Tat in ihrem Wohnumfeld begangen wurde, sie mit dem Tatopfer in einer spannungsreichen Ehe lebte und der Mitangeklagte G. allein auf ihre Veranlassung hin den zur Vortat führenden Kontakt mit dem Getöteten aufgenommen hatte. Aus Sicht der Angeklagten M. könnte daher die Befürchtung entstanden sein, die Tötung ihres Ehemannes durch den Mitangeklagten G. würde auch ihr zugerechnet oder sie sei sonst strafrechtlich (mit-)verantwortlich.
10
2. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Dies gilt auch in Bezug auf eine mögliche Beteiligung der Angeklagten M. an der Vortat und diese selbst. Die Frage, ob sich die Angeklagte M. hinsichtlich des Mitangeklagten G. wegen Strafvereitelung gemäß § 258 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat oder ob insoweit der Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 5 StGB eingreift, hängt maßgeblich von den Feststellungen zur Vortat und einer (möglichen) Beteiligung der Angeklagten M. an dieser Tat ab. Die Geschehnisse sind dabei auf das Engste miteinander verbunden und können unter den hier gegebenen Umständen nur auf der Grundlage einer einheitlichen Bewertung des Prozessstoffs festgestellt werden. Mit Rücksicht auf die Forderung nach innerer Einheit des tatrichterlichen Erkenntnisses ist es daher nicht angezeigt , die Aufhebung auf die Verurteilung wegen Strafvereitelung zu beschränken und den neuen Tatrichter damit an die Feststellungen zur Vortat und zur nicht erweislichen Beteiligung der Angeklagten M. daran zu binden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1986 – 2 StR 578/85, NJW 1986, 1820, 1821; Urteil vom 6. Mai 1980 – 1 StR 89/80, NJW 1980, 1807).
11
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf das Folgende hin:
12
a) Eine Verurteilung wegen vollendeter Strafvereitelung gemäß § 258 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter die Bestrafung des Vortäters ganz oder zum Teil vereitelt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Strafverfolgung oder die Anordnung einer Maßnahme völlig und endgültig unmöglich gemacht wird; es genügt, dass der Vortäter zumindest geraume Zeit der Bestrafung oder der Anordnung einer Maßnahme entzogen wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1994 – 2 StR 455/94, wistra 1995, 143; Urteil vom 4. August 1983 – 4 StR 378/83, NJW 1984, 135; Urteil vom 29. September 1982 – 2 StR 214/82). Für diesen Vereitelungserfolg muss die Tathandlung ursächlich gewesen sein. Dazu bedarf es des Nachweises, dass ohne das Eingreifen des Täters eine frühere Bestrafung des Vortäters mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgt wäre (Stree in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 258 Rn. 18; NK-StGB/Altenhain, 3. Aufl., § 258 Rn. 53; Ferber, Strafvereitelung, 1997, S. 35, 54). Soweit dabei hypothetische Verläufe in die Betrachtung einbe- zogen werden, muss sich der Tatrichter auch mit alternativen Geschehensabläufen auseinandersetzen, sofern sich diese nach dem Beweisergebnis aufdrängen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 3 StR 564/09, NStZ-RR 2010, 183, 184). Der neue Tatrichter wird daher für den Fall, dass er eine Verurteilung wegen vollendeter Strafvereitelung auf die Annahme stützen will, die Angeklagte M. hätte auch im Fall einer früheren Vernehmung den Mitangeklagten G. als Täter benannt, die Frage erörtern müssen, ob die Angeklagte M. nicht stattdessen von einem ihr zustehenden Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätte.
13
b) Bei einer erneuten nachträglichen Gesamtstrafenbildung mit den Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 14. Mai 2012 wird der neue Tatrichter zu beachten haben, dass die dort abgeurteilten Taten Nr. 1 bis 3 (Tatzeiten: 25. Februar 2011, 1./2. April 2011 und 1. Mai 2011) und 18 (Tatzeit: 14. März 2011) vor dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 17. August 2011 begangen worden sind. Sollte die nach den Feststellungen im Ersturteil erledigte Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil vom 17. August 2011 im Zeitpunkt des Urteils vom 14. Mai 2012 noch nicht vollstreckt gewesen sein, wofür die dort erfolgte Sachbehandlung nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB spricht, käme dem Urteil vom 17. August 2011 in Bezug auf die Einzelstrafen für die Taten Nr. 1 bis 3 und 18 aus dem Urteil vom 14. Mai 2012 noch eine Zäsurwirkung zu, da diese Strafen noch nicht erledigt sind und deshalb ein Nachtragsverfahren nach § 460 StPO noch möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 2014 – 4 StR 150/14, Rn. 5; Beschluss vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987, Rn. 346; Nestler, JA 2011, 248, 253). Dann aber stünden diese Strafen für eine Gesamtstrafenbildung im vorliegenden Verfahren nicht mehr zur Verfügung. Dass die Geldstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 17. August 2011 im Urteil vom 14. Mai 2012 nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB behandelt worden sind, lässt die Zäsurwirkung des Urteils vom 17. August 2011 nicht entfallen (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2015 – 2 StR 105/15, NStZ-RR 2015, 306; Beschluss vom 8. September 2010 – 2 StR 423/10, StraFo 2011, 61 f.).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 201 Übermittlung der Anklageschrift


(1) Der Vorsitzende des Gerichts teilt die Anklageschrift dem Angeschuldigten mit und fordert ihn zugleich auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Entscheidung über die Eröffnung d

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Vorsitzende des Gerichts teilt die Anklageschrift dem Angeschuldigten mit und fordert ihn zugleich auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen oder Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen wolle. Die Anklageschrift ist auch dem Nebenkläger und dem Nebenklagebefugten, der dies beantragt hat, zu übersenden; § 145a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(2) Über Anträge und Einwendungen beschließt das Gericht. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe oder Maßnahme ganz oder zum Teil vereitelt.

(3) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Wegen Strafvereitelung wird nicht bestraft, wer durch die Tat zugleich ganz oder zum Teil vereiteln will, daß er selbst bestraft oder einer Maßnahme unterworfen wird oder daß eine gegen ihn verhängte Strafe oder Maßnahme vollstreckt wird.

(6) Wer die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht, ist straffrei.

7
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen handelte der Angeklagte in der Absicht, den Mitangeklagten zu entlasten und ihn einer späteren Strafverfolgung zu entziehen (UA S. 11, 50). Nicht erkennbar erwogen hat die Strafkammer, ob der Angeklagte nicht zumindest auch seine eigene Bestrafung vereiteln wollte und deshalb gemäß § 258 Abs. 5 StGB nicht zu bestrafen wäre. Für eine entsprechende Erörterung hätte hier Anlass bestanden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Strafausschließungsgrund auch eingreift , wenn der Täter lediglich irrig annimmt, er sei Beteiligter der Vortat, und daher die Befürchtung eigener Strafverfolgung unbegründet ist (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 258 Rn. 34 m. N. zur Rspr.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 66/02
vom
3. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Strafvereitelung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 3. April 2002 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten Ch. wird das Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchter Strafvereitelung in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision der Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils, soweit es sie betrifft.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Mitangeklagte P. am 18. Juni 2000 das Tatopfer im Verlaufe eines Streites in Gegenwart der Angeklagten und des weiteren Mitangeklagten R. in der Wohnung der Angeklagten erdrosselt. Die Angeklagte wurde am nächsten Tag zunächst als Zeugin, dann als Beschuldigte und erneut am 7. Juli 2000 als Beschuldigte polizeilich vernommen. Dabei gab sie an, daß der Mitangeklagte R. die Tat allein begangen habe. P., der ebenso wie die Angeklagte und der Mitangeklagte R. am Tag nach
der Tat verhaftet wurde und sich seitdem in Untersuchungshaft befand, wurde wegen Mordes - rechtskräftig durch Beschluû des Senats vom heutigen Tage - verurteilt, R. wurde vom Vorwurf des Mordes freigesprochen.
Das Landgericht hat die entlastenden Aussagen der Angeklagten bei den beiden Vernehmungen jeweils als versuchte Strafvereitelung gewertet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat sich schon nicht ausreichend damit auseinandergesetzt , ob die Angeklagte, der eine Beteiligung an dem Tötungsdelikt vorgeworfen worden war, mit ihren falschen Angaben in den Beschuldigtenvernehmungen nicht jedenfalls auch das Ziel verfolgt hat, sich selbst vor Strafverfolgung zu schützen. Dies war hier nicht fernliegend, weil der Angeklagte P. ihr Lebensgefährte war und die Tat in ihrer Wohnung begangen wurde. Daû die Angeklagte nach Überzeugung des Landgerichts an dem Tötungsgeschehen tatsächlich in keiner Weise beteiligt war, stände der Anwendung des § 258 Abs. 5 StGB nicht entgegen. Entscheidend ist, wie die Angeklagte die Situation einschätzte. Die Selbstbegünstigung ist auch dann straflos, wenn die Befürchtung eigener Strafverfolgung unbegründet ist (BGHSt 2, 375).
Insbesondere hat das Landgericht aber nicht bedacht, daû die Angeklagte am 13. September 2000 ihre bisherigen Aussagen geändert und nunmehr angegeben hat, P. und R. hätten gemeinsam das Tatopfer erdrosselt. Damit hat sie ihre den P. entlastenden Angaben rückgängig gemacht. Das Landgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom (jeweiligen) Strafvereitelungsversuch vorgelegen haben. Der Schuldspruch wegen zweifacher versuchter Strafvereitelung kann
danach nicht bestehen bleiben. Die Sache bedarf erneuter Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird der neue Tatrichter auch zu prüfen haben, ob sich die Angeklagte durch die falsche Bezichtigung des früheren Mitangeklagten R. nach § 164 StGB oder § 145 d Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht hat und eine Wiedereinbeziehung nach § 154 a Abs. 3 StPO in Betracht kommt.
Jähnke Detter Bode Otten Elf

(1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe oder Maßnahme ganz oder zum Teil vereitelt.

(3) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Wegen Strafvereitelung wird nicht bestraft, wer durch die Tat zugleich ganz oder zum Teil vereiteln will, daß er selbst bestraft oder einer Maßnahme unterworfen wird oder daß eine gegen ihn verhängte Strafe oder Maßnahme vollstreckt wird.

(6) Wer die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht, ist straffrei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 564/09
vom
4. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 4. Februar 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 18. September 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; denn die Beweiswürdigung des Landgerichts enthält eine rechtlich erhebliche Lücke.
2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau Nuran C. , dem späteren Tatopfer, kam es zum wiederholten Male in der Ehewohnung zu einem Streit. Der Angeklagte zog sich daraufhin in das Schlafzimmer zurück. Der gemeinsame Sohn Akin C. beschloss, mit dem Angeklagten über den Vorfall zu reden, und begab sich zu diesem. Zwischen beiden entwickelte sich eine tätliche Auseinandersetzung, bei der Akin C. dem Angeklagten durch Schläge mit einer Ketchupflasche eine Platzwunde an der Stirn beibrachte. Sodann floh Akin C. in das Kellergeschoss des Hauses. Der Angeklagte holte eine mit acht Patronen geladene Pistole aus dem Schlafzimmerschrank, um seinem Sohn damit Angst einzujagen. Er bemerkte sodann, dass dieser die Wohnung bereits verlassen hatte, und begab sich in das Badezimmer, um seine heftig blutende Wunde zu versorgen. Der schon stark erregte Angeklagte empörte sich beim Anblick seiner Verletzung noch mehr und ärgerte sich nunmehr auch über seine Ehefrau, weil er fälschlicherweise davon ausging, sie habe den Sohn auf ihn gehetzt. Daraufhin steigerte sich das ohnehin bereits vorhandene Hassgefühl gegen seine Ehefrau und er beschloss, sie mit der Pistole zu erschießen. Er verließ das Bad und traf im Wohnungsflur auf seine Ehefrau. Diese wich in das Kinderzimmer zurück. Der Angeklagte folgte ihr und schoss sieben Mal auf sie. Während des Tatgeschehens schrieen der Angeklagte sowie Nuran C. laut, wobei der Angeklagte ausrief "Ich bring Dich um!". Nuran C. wurde von sechs Kugeln getroffen und verstarb trotz einer Notoperation an den Schussverletzungen. Nach der Tat warf der Angeklagte die Pistole auf das Bett im Schlafzimmer und verließ die Wohnung.
4
1. Die Beweiswürdigung, auf der die tatgerichtliche Überzeugung beruht, der Angeklagte habe entgegen seiner Einlassung den Tötungsentschluss bereits im Badezimmer getroffen, hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
a) Die Würdigung der erhobenen Beweise obliegt allein dem Tatrichter; sie kann vom Revisionsgericht auf die Sachrüge nur darauf überprüft werden, ob sie Rechtsfehler aufweist (zum Maßstab revisionsrechtlicher Kontrolle vgl. im Einzelnen BGH NJW 2005, 2322, 2326). Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist und das Tatgericht sich insbesondere nicht mit nahe liegenden alternativen Geschehensabläufen befasst, obwohl sich dies nach dem Beweisergebnis aufdrängt.
6
b) So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat ausgeschlossen, dass der Angeklagte den Vorsatz, seine Ehefrau zu töten, erst dann fasste, nachdem er das Badezimmer verlassen hatte. Zur Begründung hat es lediglich darauf abgestellt , die Einlassung des Angeklagten sei widerlegt, seine Ehefrau habe ihn zu diesem Zeitpunkt mit den Worten "Ich scheiß dir in den Mund! Verrecke!" beleidigt , worauf er "schwarz gesehen" habe. Dies reicht hier nicht aus. Das Landgericht hätte aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles auch die Möglichkeit in seine Würdigung einbeziehen müssen, dass der ohnehin stark verärgerte Angeklagte sich erst zur Tötung seiner Ehefrau entschloss, als er nach Verlassen des Badezimmers im Wohnungsflur auf diese traf, ohne dass sie den Angeklagten beleidigte. Nach den Feststellungen führte der Angeklagte die Pistole ursprünglich mit sich, um seinem Sohn zu drohen. Objektive Anhaltspunkte dafür , wann er dieses Vorhaben aufgab und den Vorsatz fasste, seine Ehefrau zu erschießen, sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Das Tatgeschehen im engeren Sinne weist - auch nach der Wertung des Landgerichts (s. UA S. 58) - deutliche Merkmale einer Spontantat auf. Unter diesen Umständen liegt die Möglichkeit, dass der Angeklagte auch ohne zusätzliche Provokation durch seine Ehefrau den Tötungsvorsatz erst nach Verlassen des Badezimmers fasste, jedenfalls nicht ferner als diejenige, dass er sich bereits zuvor zu ihrer Tötung entschlossen hatte.
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2. Das Urteil beruht auf dem dargelegten Rechtsfehler. Nach der Würdigung des Landgerichts handelte der Angeklagte gerade deshalb heimtückisch und erfüllte damit ein Tatbestandsmerkmal des § 211 StGB, weil er den Tö- tungsvorsatz fasste, während er im Badezimmer verweilte. Nuran C. sei arglos und aufgrund der räumlichen Verhältnisse in der Wohnung auch wehrlos gewesen. Der Angeklagte habe diese Umstände bewusst zur Tatbegehung ausgenutzt. Als er sich vor der Tat im Badezimmer überlegt habe, seine Ehefrau zu erschießen, sei ihm klar gewesen, dass diese nicht mit einem Angriff gerechnet und, sobald der Angeklagte das Badezimmer verlassen habe, keine Fluchtmöglichkeit mehr haben werde. Ein sonstiges Mordmerkmal ist nicht festgestellt.
Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

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b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Amtsgericht Magdeburg verhängte Geldstrafe im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 26. Juli 2011 noch nicht erledigt war und deshalb zwischen den Einzelstrafen aus diesen beiden Vorverurteilungen eine Gesamtstrafenlage im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB bestand. Da eine Gesamtstrafenbildung im Nachtragsverfahren nach § 460 StPO erst dann ausgeschlossen ist, wenn sämtliche dafür in Betracht zu ziehenden Strafen vollständig erledigt sind (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369, 370; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe , 1987, Rn. 346; Nestler, JA 2011, 248, 253), stünde eine in der Zwischenzeit eingetretene Vollstreckung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 7. September 2010 einer unterbliebenen Gesamtstrafenbildung mit der vom Amtsgericht Wolfenbüttel vom 26. Juli 2011 verhängten und noch nicht erledigten Strafe nicht entgegen. In diesem Fall wäre die Einzelstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Wolfenbüttel infolge der Zäsurwirkung der zu diesem Zeitpunkt noch unerledigten Verurteilung durch das Amtsgericht Magdeburg gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“ (vgl. BGH, Be- schluss vom 8. Juni 2011 – 4 StR 249/11, NStZ-RR 2011, 307; Beschluss vom 28. Juli 2006 – 2 StR 215/06, NStZ 2007, 28, 29) und stünde für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den für die verfahrensgegenständlichen Taten II.1 der Urteilsgründe (Tatzeit: 3. Juli 2011) und II.3 (Tatzeit: zwischen dem 11. Dezember 2010 und dem 13. September 2011) nicht mehr zur Verfügung.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 0 5 / 1 5
vom
22. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 3 auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 22. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 18. Dezember 2014 im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen, sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in dreiundvierzig Fällen, Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen in siebzehn Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von der Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Rudolstadt vom 7. Januar 2012 - 602 Js 17305/12 Cs - hat es abgesehen. Einen Personalcomputer hat es eingezogen. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
2
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils im Gesamtstrafenausspruch ; im Übrigen ist die Revision unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Angeklagte wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Rudolstadt vom 7. Januar 2012 wegen einer am 11. Juli 2011 begangenen falschen Verdächtigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Diese Geldstrafe hat er noch nicht vollständig bezahlt. Die im vorliegenden Fall abgeurteilten Taten hat der Angeklagte im Zeitraum zwischen Juni 2011 und November 2013 begangen. Die Geldstrafe aus dem vorgenannten Strafbefehl hätte daher in eine Gesamtstrafe einbezogen werden können. Davon hat das Landgericht gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen. Es hat dabei aber - wie der Generalbundesanwalt zutreffend angemerkt hat - übersehen, dass eine solche Vorverurteilung auch dann eine Zäsurwirkung im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB entfaltet, wenn das Gericht von einer Einbeziehung der dortigen Strafe absieht (vgl. Senat, Beschluss vom 8. September 2010 - 2 StR 432/10, StraFo 2011, 61 f.). Das Landgericht hätte daher zwei Gesamtstrafen bilden müssen.
4
Dieser Rechtsfehler kann sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht mindestens eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet hätte, die zwei Jahre Freiheitsstrafe nicht überschritten und noch eine Strafaussetzung zur Bewährung erlaubt hätte, ferner , dass eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe jedenfalls unter fünf Jahren und sechs Monaten gelegen hätte. Fischer Eschelbach Ott RiBGH Zeng ist wegen Bartel Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Fischer