Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2012 - 3 StR 220/12
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Osnabrück vom 4. April 2008 zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt.
- 2
- Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Abänderung des Strafausspruchs ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- Die Bildung der Gesamtstrafe ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hätte die Strafe aus dem Strafbefehl vom 4. April 2008 nicht einbeziehen dürfen.
- 4
- Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte ab Juni 2008 in mehreren Einzelverkäufen Betäubungsmittel, die er einer am 3. Januar 2008 erworbenen und auf einem Nachbargrundstück vergrabenen Gesamtmenge entnahm. Bereits am 4. Januar 2008 war beim Angeklagten ein Gramm Heroin aufgefunden worden, von dem nicht ausgeschlossen werden konnte, dass es aus dieser Menge stammte. Das hierauf eingeleitete Ermittlungsverfahren war nach § 154a Abs. 1 StPO im Hinblick auf die im Strafbefehl vom 4. April 2008 wegen eines Waffendelikts verhängte, zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr eingestellt worden. Das Landgericht hat zurecht einen Strafklageverbrauch verneint, weil unabhängig von der Frage, ob die Betäubungsmittelstraftat vom 4. Januar 2008 tateinheitlich mit dem Waffendelikt verwirklicht worden war, die als ein einheitlicher Betäubungsmittelhandel abgeurteilten Betäubungsmittelverkäufe zeitlich erst nach dem Erlass des Strafbefehls am 4. April 2008 getätigt wurden und dieser danach begangene Taten nicht erfassen konnte. Der gerichtlichen Kognitionspflicht kann kein strafbares Verhalten unterfallen, das einem Urteil oder dem Erlass eines Strafbefehls nachfolgt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 526/08, juris). Damit lagen aber auch die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl vom 4. April 2008 nicht vor.
- 5
- Durch die rechtsfehlerhafte Bildung der Gesamtstrafe ist der Angeklagte beschwert, weil die im Strafbefehl vom 4. April 2008 zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe unter Wegfall der Bewährung einbezogen wurde. Das Urteil muss deshalb im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben werden. Auch die vom Landgericht in vorliegender Sache ausgesprochene Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten kann in dieser Höhe nicht bestehen bleiben. Wegen des Verschlechterungsverbotes (§ 358 Abs. 2 StPO) darf die Summe der beiden zu Unrecht zusammengezogenen Strafen drei Jahre und vier Monate nicht übersteigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 1990 - 1 StR 273/90, juris und 10. Januar 2012 - 3 StR 370/11, NStZ-RR 2012, 170). Die Freiheitsstrafe für das hier abgeurteilte Betäubungsmitteldelikt darf daher nicht mehr als zwei Jahre und vier Monate betragen. Diese Strafe kann der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst verhängen.
- 6
- Der geringe Teilerfolg des Rechtsmittels rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und die Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.
- 7
- Ergänzend bemerkt der Senat: Der Teilfreispruch betrifft nur die dem Angeklagten unter Nr. 2, 3 und 30 der Anklageschrift vorgeworfenen Straftaten. Hinsichtlich der Tatvorwürfe Nr. 8-28 war der Angeklagte hingegen nicht freizusprechen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist in dem Fall, dass mehrere Delikte als tatmehrheitlich begangen angeklagt und die Tathandlungen in der Hauptverhandlung auch nachgewiesen werden, der Schuldspruch wegen Vorliegens einer Bewertungseinheit indes nur die einmalige Begehung der Straftat ausspricht, ein Teilfreispruch nicht veranlasst. Denn in einem solchen Fall wird der gesamte Verfahrensgegenstand durch die Verurteilung erschöpfend erledigt (BGH, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 3 StR 176/02, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 14 unter Aufgabe von BGH, Urteil vom 11. September 1996 - 3 StR 252/96, NStZ 1997, 90). Damit hat die Staatskasse auch nur die durch die Freisprüche in den Fällen Nr. 2, 3 und 30 der Anklageschrift veranlassten Kosten und notwendigen Auslagen zu tragen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
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(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Ausspruch über die erste Gesamtstrafe (Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten),
b) mit den zugehörigen Feststellungen im Maßregelausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beleidigung, und wegen Beleidigung Geldstrafen verhängt und ihn unter Einbeziehung zweier Einzelstrafen aus einem Urteil vom 12. Januar 2010 zu einer (ersten) Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Weiter hat es gegen ihn wegen schwerer Brandstiftung und wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen auf eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten erkannt. Es hat die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Die Bildung der ersten Gesamtstrafe ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hätte nach Auflösung der im Urteil vom 12. Januar 2010 verhängten Gesamtstrafe nur die Einzelstrafe für die zweite, nicht auch die für die erste dort abgeurteilte Tat einbeziehen dürfen.
- 3
- Dem Urteil vom 12. Januar 2010 gingen Vorverurteilungen vom 9. Februar 2009 und 16. April 2009 voraus, wobei die Verurteilung vom 16. April 2009 - wie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend zu entnehmen - Taten vor dem 9. Februar 2009 betraf. Zwar entfaltete das Urteil vom 12. Januar 2010, das Taten vom 25. Oktober 2008 und 21. Februar 2009 zum Gegenstand hatte, damit Zäsurwirkung für die Taten II. 1 bis II. 4 der Urteilsgründe (Tatzeitraum Mai bis Dezember 2009), weil die am 21. Februar 2009 verübte Tat am 9. Februar 2009 noch nicht berücksichtigt werden konnte und der Vorverurteilung vom 16. April 2009 im Hinblick auf die Tat vom 21. Februar 2009 keine Zäsurwirkung zukam (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; Beschluss vom 24. Oktober 2002 - 4 StR 332/02, NStZ 2003, 200, 201). In die im angefochtenen Urteil gebildete (erste) Gesamtstrafe hätte aber die am 12. Januar 2010 verhängte Einzelstrafe für die Tat vom 25. Oktober 2008 nicht einbezogen wer- den dürfen, weil diese Tat schon am 9. Februar 2009 hätte abgeurteilt werden können. Dass in dem Urteil vom 12. Januar 2010 auf der Grundlage des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von der Bildung einer Gesamtstrafe mit der früheren Verurteilung vom 9. Februar 2009 abgesehen worden ist, ändert an der Zäsurwirkung der Vorverurteilung vom 9. Februar 2009 hinsichtlich der Tat vom 25. Oktober 2008 nichts (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 194; Urteil vom 12. August 1998 - 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184).
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- Durch die rechtsfehlerhafte Bildung der ersten Gesamtstrafe ist der Angeklagte beschwert, weil eine im Urteil vom 12. Januar 2010 noch zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe unter Wegfall der Vergünstigung nach § 56 Abs. 1 StGB einbezogen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 1990 - 1 StR 273/90, juris). Das Urteil muss deshalb im Ausspruch über die erste Gesamtstrafe aufgehoben werden, wobei der neue Tatrichter zu beachten haben wird, dass wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 StPO die neu zu verhängende Gesamtstrafe nur so hoch bemessen werden darf, dass sie zusammen mit der für die Tat vom 25. Oktober 2008 verhängten Freiheitsstrafe von drei Monaten die im angefochtenen Urteil festgesetzte erste Gesamtstrafe von sieben Monaten Freiheitsstrafe nicht übersteigt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1990 - 2 StR 513/90, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 4). Bei der Zäsurwirkung als solcher bleibt es ohne Rücksicht auf einen etwaigen zwischenzeitlichen Erlass der am 12. Januar 2010 verhängten Strafe, weil die Gesamtstrafe nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung zu bilden ist (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 5 StR 459/09, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 4; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 55 Rn. 37 mwN). Die Feststellungen sind durch den Rechtsfehler bei der Bildung der ersten Gesamtstrafe nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
- 5
- 2. Der Maßregelausspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 6
- a) Das Landgericht hat sachverständig beraten ausgeführt, bei dem Angeklagten lägen die "typischen Symptome einer paranoiden Persönlichkeitsstörung" vor, und dies mit dem "Verschenken einer Erbschaft" in den siebziger Jahren aus Verärgerung über die Veranlagung zur Erbschaftsteuer, der Eheschließung im Jahr 1989 allein zum Zwecke der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile , dem Verfassen von "insgesamt über 100 Schreiben an Gerichte und Behörden" und negative Äußerungen über eine Nachbarin und einen Polizeibeamten im Zusammenhang mit gegen ihn geführten polizeilichen Ermittlungen begründet. "Spätestens ab dem Jahr 2009" sei "der Alltag des Angeklagten (neben der Behandlung seiner körperlichen Leiden) durch den Kampf gegen das von ihm empfundene Unrecht und gegen eine - aus seiner Sicht - ihn 'terrorisierende Umwelt' bestimmt" gewesen. Es hat aus diesen Umständen auf eine "Einengung der Lebensführung" und eine "Stereotypisierung des Verhaltens" des Angeklagten, der "unflexible, unangepasste und paranoide Denkstile" zeige , geschlossen und angesichts "der gesamten vom Sachverständigen ausgeführten Umstände und der anderen hier zu Tage getretenen Tatsachen", insbesondere der "besonders starken Zuspitzung" wegen des mit einer "Inhaftierung zusammenhängenden Gesamtszenarios", im Hinblick auf die schwere Brandstiftung die Voraussetzungen des § 63 StGB bejaht.
- 7
- b) Diese Erwägungen belegen schon nicht, dass der Angeklagte die schwere Brandstiftung aufgrund des Vorliegens eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat. Ob eine paranoide Persönlichkeitsstörung als schwere andere seelische Abartigkeit qualifiziert werden kann, hängt - wie vom Landgericht grundsätzlich zutreffend gesehen - davon ab, ob es im Alltag des Täters zu Einschränkungen des beruflichen oder sozialen Handlungsvermögens gekommen ist und die Persönlichkeitsstörung sein Leben vergleichbar nachhaltig und mit ähnlichen Folgen belastet oder einengt wie eine krankhafte seelische Störung (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2000 - 2 StR 278/00, BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 35). Einschränkungen des Alltags des Angeklagten dieses Umfangs hat das Landgericht indes nicht festgestellt. Die von ihm für eine Einengung des sozialen Handlungsvermögens konkret herangezogenen Umstände beziehen sich zum Teil auf lange zurückliegende Vorgänge. Sie lassen sich überdies - auch, soweit sie das Verfassen zahlreicher Schreiben an Gerichte und Behörden betreffen - innerhalb der Bandbreite "normalen" menschlichen Verhaltens erklären, zumal sich das Landgericht, was gegen seine Annahme eines dauernden Zustands im Sinne des § 63 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986 - 4 StR 40/86, BGHSt 34, 22, 27; st. Rspr.) spricht, bei den sonstigen Taten nicht sicher von einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit hat überzeugen können. Seine Ausführungen zur "Einengung der Lebensführung" , zur "Stereotypisierung des Verhaltens" und zu unflexiblen, unangepassten und paranoiden Denkstilen nehmen das Ergebnis vorweg, ohne die tatsächlichen Voraussetzungen einer Persönlichkeitsstörung in dem nach §§ 20, 21 StGB erforderlichen Schweregrad nachvollziehbar zu belegen.
- 8
- c) Im Übrigen hat das Landgericht eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades , dass der Angeklagte infolge eines nach § 63 StGB relevanten Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (BGH, Beschluss vom 23. November 2010 - 3 StR 385/10, R&P 2011, 30, 31 mwN), nicht rechtsfehlerfrei belegt. Es hat seine Gefährlichkeitsprognose allein an die schwere Brandstiftung geknüpft, weil es weitere rechtswidrige Taten eines die Unterbringung nach § 63 StGB rechtfertigenden Schweregrades nicht festgestellt hat. Die Tatumstände der schweren Brandstiftung - Sorge des Angeklagten um seine Habe aus Anlass seiner bevorstehenden Inhaftierung - waren indessen besondere, für deren Wiederholung außer der bloßen Möglichkeit, dass der Angeklagte künftig erneut zum Haftantritt geladen werden könnte, nichts spricht und die damit eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades für vergleichbar gewichtige Rechtsbrüche nicht ergeben. Im Gegenteil legen sie eine Gelegenheits- oder Konflikttat nahe, die eine Unterbringung nach § 63 StGB nicht rechtfertigt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 3 StR 148/91, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 15; Beschluss vom 1. September 1998 - 4 StR 367/98).
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- d) Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus muss daher - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - aufgrund neu zu treffender Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) erneut geprüft und entschieden werden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Jedoch wird die Urteilsformel dahin geändert, daß der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 Fällen, Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung in drei Fällen und versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt ist.
Mit dem Wegfall des "Freispruchs im übrigen" entfällt die teilweise Auferlegung der Kosten des Verfahrens und der notwendigen Auslagen des Angeklagten auf die Landeskasse.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Der Senat bemerkt zur Änderung der Urteilsformel: Der Teilfreispruch entfällt. Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 80 tatmehrheitlich zusammentreffenden Fällen angeklagt , begangen in 30 Fällen durch den Verkäufer S. und in 50 Fällen durch den Verkäufer H. . Nach den getroffenen Feststellungen veräuûerte H. aus Rauschgift aus vier vom Angeklagten angelegten Vorräten, so daû die Strafkammer die 50 angeklagten Fälle, die sie alle als erwiesen ansah, zu vier Bewertungseinheiten zusammengefaût und den Angeklagten insoweit rechtsfehlerfrei nur wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen verurteilt hat (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 3, 4 und 13). Beim Wegfall tatmehrheitlich angeklagter Delikte durch die Annahme von Bewertungseinheiten ist der Angeklagte nicht freizusprechen, wenn sich - wie hier - die weggefallenen materiell-rechtlich selbständig angeklagten Taten als Bestandteil der Taten erweisen, derentwegen Verurteilung erfolgt ist (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 12; BGH NStZ 1994, 547). Denn in einem solchen Fall wird der gesamte Verfahrensgegenstand durch die Verurteilung erschöpfend erledigt (vgl. Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 260 Rdn. 40, 41). Soweit der Senat in einer einzelnen früheren Entscheidung (BGH NStZ 1997, 90) eine andere Auffassung vertreten hatte, hält er hieran nicht fest.
Das Verbot der "reformatio in peius" (§ 358 Abs. 2 StPO) steht der Änderung des Schuldspruchs und der Kostenentscheidung zu Ungunsten des Angeklagten nicht entgegen (vgl. Kleinknecht/ Meyer-Goûner, StPO 45. Aufl. § 331 Rdn. 6 und 8).
Winkler Miebach Pfister von Lienen Becker
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.