Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2015 - 4 StR 188/15

bei uns veröffentlicht am30.06.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR188/15
vom
30. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 19. Februar 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall III.4 der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt ist;
b) im Gesamtstrafen- und Maßregelausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die (tateinheitliche) Verurteilung wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB im Fall III.4 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die bisherigen Feststellungen ergeben nicht, dass das Fahrverhalten des Angeklagten zu einer konkreten Gefahr für die bezeichneten Individualrechtsgüter geführt hat. Auch ist nicht erkennbar, dass er zumindest mit bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt hat.
3
a) Nach den Feststellungen hielt sich der Angeklagte am 16. August 2014 mit einem von ihm Tage zuvor entwendeten Pkw Audi A3 auf dem Parkplatz der Rastanlage H. an der Bundesautobahn A 8 auf. Dort wurde er von einer Zivilstreife der Polizei bemerkt, die sich daraufhin mit ihrem Fahrzeug neben das Fahrzeug des Angeklagten stellte. Der Angeklagte erkannte die Polizeibeamten und wollte sich der befürchteten Kontrolle und Festnahme entziehen. Er fuhr deshalb sogleich in Richtung Autobahn. Die beiden Polizeibeamten folgten mit ihrem Fahrzeug nach und versuchten ihn mittels Leuchtzeichen und Hupen zum Anhalten zu bringen. Zudem verständigten sie über Funk eine weitere uniformierte Polizeistreife, die sich mit ihrem Streifenwagen an der Ausfahrt der Raststätte befand und baten um eine Blockade der Ausfahrt. Die Beamten PHM K. und PK R. blockierten daraufhin mit ihrem Streifenwagen bei eingeschaltetem Blaulicht die Ausfahrspur, indem sie sich quer zur Fahrbahn stellten, sodass ein Durchkommen vor und hinter dem Streifenwagen wegen der dort vorhandenen Leitplanken nicht mehr möglich war. Der Angeklagte beschleunigte sein Fahrzeug auf der mehrere hundert Meter langen Ausfahrspur der Rastanlage auf 100 bis 120 km/h. Obwohl er die Polizeisperre bemerkte, beschleunigte er weiter und fuhr ungebremst auf das Streifenfahrzeug zu, um die Polizeibeamten zur Freigabe der Fahrbahn zu zwingen. Als der PK R. , der zuvor bereits von den verfolgenden Zivilbeamten vor einem Durchbruchsversuch gewarnt worden war, das Fahrzeug des Angeklagten mit hoher Geschwindigkeit ungebremst auf sich zukommen sah, fuhr er den Streifenwagen nach hinten auf eine Sperrfläche und gab den Weg frei. Im Zeitpunkt des Be- ginns dieses Fahrmanövers war der Angeklagte mit seinem Fahrzeug „weniger als 50 Meter“ von dem Streifenfahrzeug entfernt. Er hätte sein Fahrzeug auch mit einer Vollbremsung nicht mehr vor dem Streifenwagen zum Stehen bringen können. Ihm kam es dabei darauf an, den Streifenwagen zum Zurücksetzen zu zwingen. Ohne dieses Rückfahrmanöver wäre es zu einem Zusammenstoß mit Lebensgefahr für die Fahrzeuginsassen gekommen. Der Angeklagte verfügte nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis.
4
b) Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. September 2014 – 4 StR 251/14, NStZ 2015, 278; Beschluss vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13, Urteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 122; Ernemann in SSW-StGB, 2. Aufl., § 315b Rn. 5, 16). Dies ist der Fall, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing (sog. Beinahe-Unfall), ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 435/12, NStZ 2013, 167; Urteil vom 30. März 1995 – 4 StR 725/95, NJW 1995, 3131, jeweils zu § 315c StGB; Ernemann in SSW-StGB, 2. Aufl., § 315b Rn. 16). Bei Vorgängen im fließenden Verkehr muss zu einem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht ferner hinzukommen, dass das Fahrzeug mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz missbraucht wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 2013 – 4 StR 454/13, NStZ 2014, 86; Urteil vom 20. Februar 2003 – 4 StR 228/02, BGHSt 48, 233, 237 f.). Beides ist nicht hinreichend belegt.
5
Dass das Fahrverhalten des Angeklagten zu einer konkreten Gefahr in dem dargestellten Sinne geführt hat, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Als der Polizeibeamte PK R. die Rückwärtsfahrt einleitete, war der Angeklagte mit seinem Fahrzeug noch „weniger als 50 Meter“ entfernt. Die- se nur sehr vage Beschreibung der Entfernungsverhältnisse lässt keinen siche- ren Schluss auf ein Geschehen zu, das als ein „Beinahe-Unfall“ erfasst werden könnte. Feststellungen zu den räumlichen Verhältnissen an der Stelle, an der der Angeklagte das zurückgesetzte Polizeifahrzeug mit hoher Geschwindigkeit passierte (Abstände zwischen den Fahrzeugen, zur Verfügung stehender Raum für die Durchfahrt in Richtung Autobahn), fehlen. Soweit das Landgericht an anderer Stelle (im Rahmen der Ausführungen zu § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB) darauf abhebt, es habe „die konkrete Gefahr“ bestanden, dass der Polizeibeamte einen Fahrfehler macht (UA 14), fehlt dafür jeder Beleg. Dies gilt umso mehr als PK R. – ein ausgebildeter Polizeibeamter – durch den Hinweis seiner Kollegen vorgewarnt war.
6
Einen zumindest bedingten Schädigungsvorsatz hat das Landgericht nicht festgestellt. In der rechtlichen Würdigung ist lediglich davon die Rede, dass der Angeklagte die Gefahr für die beiden Polizeibeamten durch seinen Eingriff auch vorsätzlich herbeigeführt habe (UA 14). In der Beweiswürdigung führt das Landgericht dazu aus, dass es dem Angeklagten darauf angekommen sei, die Durchfahrt in Kenntnis der Blockade zu erzwingen und er dementsprechend damit gerechnet habe, dass durch sein bedingungsloses Fahrverhalten das Polizeifahrzeug den Weg freigibt (UA 12).
7
2. Die Aufhebung der Verurteilung wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB zieht die Aufhebung der tateinheitlichen Verurteilungen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) nach sich. Dadurch verlieren auch der Gesamtstrafen- und der Maßregelausspruch ihre Grundlage.
8
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf das Folgende hin:
9
Bei einer wiederum erfolgenden Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB (Gewalt durch Zufahren auf die Polizeibeamten; vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 497/12, NStZ 2013, 336, 337), wird auch das Regelbeispiel des § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB erneut zu prüfen sein. Ein Kfz kann zwar nicht als „Waffe“ im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden (vgl. BVerfG, NJW 2008, 3627, 3629). Es kommt aber – nicht anders als in den Fällen der § 244 Abs. 1 Nr. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Nr. 1 StGB – als „gefährliches Werkzeug“ in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 – 4 StR 90/00, NStZ 2000, 530 zu § 252, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Das Regelbeispiel des § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB setzt eine bedingt vorsätzlich herbeigeführte konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsbeschädigung voraus, die durch eine Gewalttätigkeit (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. Juli 1995 – 1 StR 126/95, NJW 1995, 2643, 2645 zu § 125 Abs. 1 Nr. 1 StGB) herbeigeführt worden sein muss. Als eine solche Gewalttätigkeit kann zwar auch das schnelle Zufahren auf eine Person in Betracht kommen (vgl. Fahl in SSW-StGB, 2. Aufl., § 113 Rn. 17; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 113 Rn. 39; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 113 Rn. 67; Bosch in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 113 Rn. 76). Die konkrete Gefahr muss aber – anders als bisher geschehen – mit bestimmten Tatsachen belegt werden , wobei die oben zu § 315b StGB gemachten Ausführungen einen Anhalt bieten.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR251/14
vom
9. September 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 9. September 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 21. Januar 2014, soweit es diese Angeklagten betrifft, aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte Mo. O. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen (Fälle II. 1 und II. 7 der Urteilsgründe) und der Angeklagte J. O. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in fünf Fällen (Fälle II. 4, 5, 6, 8 und 10 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,
b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen. Die Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur konkreten Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, den Angeklagten Mo. O. unter Freispruch im Übrigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen, wegen Sachbeschädigung und wegen Betruges in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, den Angeklagten J. O. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und wegen Betruges in jeweils fünf Fällen.
2
Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen, haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; die weiter gehenden Rechtsmittel sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Die vom Angeklagten J. O. erhobene, nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

II.


4
1. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der von beiden Angeklagten geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Landgericht sie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt hat. Die bisherigen, zu den einzelnen Taten getroffenen Feststellungen belegen nicht hinreichend, dass ihr Fehlverhalten eine konkrete Gefährdung der in § 315b Abs. 1 StGB bezeichneten Individualrechtsgüter zur Folge hatte.
5
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat (Senatsurteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 122; Senatsbeschlüsse vom 25. April 2012 – 4 StR 667/11, NStZ 2012, 700, 701 und vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13, Rn. 7; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 5, 17). Die Annahme einer solchen, über die abstrakte Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs hinausgehende konkrete Gefährdung wird im angefochtenen Urteil in keinem der betreffenden Fälle belegt.
6
b) Die Angeklagten führten nach den Feststellungen des Landgerichts als Fahrer verschiedener Kraftfahrzeuge absichtlich insgesamt neun Verkehrsunfälle herbei und machten im Anschluss gegenüber den gegnerischen Haftpflichtversicherungen unberechtigte Schadensersatzansprüche geltend, um sich dadurch eine nicht nur vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Zum Beleg der Voraussetzungen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in insgesamt sieben Fällen teilt die Strafkammer in den Urteilsgründen den jeweiligen Anschaffungs- bzw. Zeitwert des Fahrzeugs des Unfallgegners sowie, aufgeschlüsselt nach einzelnen Schadenspositionen , die Beträge mit, die die Angeklagten mit Anwaltsschreiben bei den gegnerischen Haftpflichtversicherungen geltend machten und welche Summen sie letztlich ausgezahlt erhielten. Daraus sowie aus den Feststellungen zum jeweiligen Unfallhergang folgert das Landgericht, in den betreffenden Fällen seien schon deshalb fremde Sachen von bedeutendem Wert, nämlich in der vom Senat in ständiger Rechtsprechung angenommenen Mindesthöhe von 750,00 € (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Gefährdung 5) gefährdet worden, weil es im Zuge der jeweiligen Vorfälle tatsächlich zu Kollisionen zwischen den beteiligten Kraftfahrzeugen gekommen sei. Feststellungen zu den jeweils konkret eingetretenen Fremdschäden werden in den Urteilsgründen indes nicht mitgeteilt. Diese und die konkrete Gefahr weiterer Schäden lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Schilderung der jeweiligen Kollisionen und dem jeweils mitgeteilten Schadensbild nicht hinreichend sicher entnehmen. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Prüfung durch den Tatrichter, der auch über die Gesamtstrafe neu zu befinden haben wird. Da sich der durchgreifende Rechtsfehler auf die Feststellungen zur konkreten Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert beschränkt, hat der Senat die übrigen Urteilsfeststellungen aufrecht erhalten.
7
2. Den weiter gehenden Rechtsmitteln bleibt der Erfolg aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 4. Juli 2014 versagt.
8
Der Senat bemerkt insoweit lediglich ergänzend, dass in der strafschärfenden Berücksichtigung der Vorverurteilung vom 26. November 1998 hinsichtlich des Angeklagten Mo. O. entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kein Verstoß gegen § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG liegt: Gemäß § 46 Abs. 3 BZRG verlängert sich die Frist von 15 Jahren um die Dauer der durch das damalige Urteil des Landgerichts Essen verhängten Freiheits- strafe von zwei Jahren und neun Monaten (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 1999 – 4 StR 125/99, BGHR BZRG § 46 Abs. 1 Tilgungsfrist 2).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 435/12
vom
4. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 27. Juni 2012 1. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2 und II.5 der Urteilsgründe verurteilt worden ist sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und
c) im Maßregelausspruch; 2. im Strafausspruch in den Fällen II.8 und II.10 der Urteilsgründe dahin abgeändert, dass hinsichtlich der verhängten Einzelgeldstrafen die Tagessatzhöhe auf einen Euro festgesetzt wird. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung, Wohnungseinbruchsdiebstahls, Diebstahls in sechs Fällen, Unterschlagung, versuchten Diebstahls, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in zwei Fällen, Körperverletzung, Nötigung sowie Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es bestimmt , dass die Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine (neue) Fahrerlaubnis erteilen darf. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in den Fällen II.2 und II.5 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen fuhr der Angeklagte in beiden Fällen mit fremden, mit zwei weiteren Personen besetzten Pkws im öffentlichen Straßenverkehr, obwohl er infolge Alkoholgenusses absolut fahruntüchtig war. Infolge der Fahruntüchtigkeit fuhr er mit dem Pkw gegen eine Hausmauer und verursachte an dieser einen Schaden von 368,90 € (Fall II.2) bzw. in eine Baustellenabsicherung sowie an eine Stützmauer und streifte im weiteren Verlauf der Fahrt Leitplankenfelder (Fall II.5). Während der Fahrten gefährdete er Leib und Leben der beiden Mitfahrer.
4
b) Die Feststellungen der Strafkammer belegen die für die Annahme einer Tat nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Herbeiführung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert nicht. Nach gefestigter Rechtsprechung muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (BGH, Urteil vom 30. März 1995 – 4 StR 725/94, NJW 1995, 3131 f., zu § 315c StGB, Beschluss vom 4. September 1995 – 4 StR 471/95, NJW 1996, 329 f., zu § 315b StGB; vgl. weiter SSW-StGB/ Ernemann, § 315c Rn. 22 ff.).
5
Da für den Eintritt des danach erforderlichen konkreten Gefahrerfolgs die vom Angeklagten geführten fremden Fahrzeuge nicht in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1976 – 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40; Beschluss vom 19. Januar 1999 – 4 StR 663/98, NStZ 1999, 350, 351) und auch nicht erkennbar ist, ob der Gefährdungsschaden an Hauswand bzw. Baustellenabsicherung , Stützmauer und Leitplankenfeldern die tatbestandsspezifische Wertgrenze von 750 Euro erreicht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215; SSW-StGB/Ernemann, § 315c Rn. 25), kommt es auf die Gefährdung der Mitfahrer an. Nach den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Maßstäben genügen die hierauf bezogenen knappen Bemerkungen der Strafkammer – „Außerdem gefährdete er Leib und Leben seiner beiden Mitfahrer.“ (UA 5) bzw. „In beiden Fällen bestand konkrete Gefahr für Leib und Leben seiner Mitfahrer.“ (UA 6) – nicht den Anforderungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr. Einen Vorgang, bei dem es beinahe zu einer Verletzung der Mitfahrer gekommen wäre, also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, „das sei noch einmal gut gegangen“ (BGH, Urteil vom 30. März 1995 und Beschluss vom 4. Sep- tember 1995 – jew. aaO; Beschluss vom 26. Juli 2011 – 4 StR 340/11, StV 2012, 217), hat die Strafkammer auch nach dem Gesamtzusammenhang ihrer auf das Unfallgeschehen bezogenen Feststellungen nicht hinreichend mit Tatsachen belegt. Insbesondere fehlen Angaben zu den Geschwindigkeiten der Fahrzeuge im Zeitpunkt der Kollisionen und der Intensität des Aufpralls auf die einzelnen Gefährdungsobjekte (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NZV 2010, 261, 262). Auch ergeben die bisher getroffenen Feststellungen nicht, dass es dem Angeklagten – etwa nur aufgrund überdurchschnittlich guter Reaktion – sozusagen im allerletzten Moment gelungen ist, einen intensiveren Aufprall zu verhindern.
6
c) Nach den bisherigen Feststellungen bleibt zudem offen, ob die Mitfahrer des Angeklagten vom Schutzbereich des § 315c StGB überhaupt erfasst sind. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies für an einer solchen Straftat beteiligte Insassen des Fahrzeugs zu verneinen (BGH, Urteile vom 23. Februar 1954 – 1 StR 671/53, BGHSt 6, 100, 102, vom 28. Oktober 1976 – 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40, 43, und vom 20. November 2008 – 4 StR 328/08, NJW 2009, 1155, 1157; vgl. SSW-StGB/Ernemann, § 315c Rn. 24 mwN). Die Mitfahrer könnten sich – jedenfalls zum Teil – durch Übergabe des Pkw-Schlüssels (UA 5) oder durch Überlassen des eigenen Pkws (UA 6) der Beihilfe gemäß § 27 StGB schuldig gemacht haben, sofern zumindest die Voraussetzungen der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination nach § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB gegeben sind.
7
2. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs umfasst auch die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in den Fällen II.2 und II.5 der Urteilsgründe (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1) und entzieht den hierwegen verhängten Einzelstrafen, der Gesamtstrafe und der Maßregel nach §§ 69, 69a StGB die Grundlage.
8
3. Die Strafkammer hat in den Fällen II.8 und II.10 die Höhe des Tagessatzes auf fünf Euro festgesetzt, die Höhe jedoch ausweislich der Urteilsgründe (UA 15) angesichts des geringen Einkommens des Angeklagten auf das Mindestmaß beschränken wollen. Der Senat setzt daher die Tagessatzhöhe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO auf den gemäß § 40 Abs. 2 Satz 3 StGB niedrigsten in Betracht kommenden Betrag von einem Euro fest.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 454/13
vom
5. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. November 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 3. Juli 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit „vorsätzlicher“ Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte am Tattag mit seinem Pkw eine Straße in der Innenstadt von . In Höhe des von seiner ältesten Tochter bewohnten Hauses sah er auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Nebenklägerin, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, die auf dem Bürgersteig , in Fahrtrichtung des Angeklagten gehend, einen Kinderwagen mit ihrem zweijährigen Enkel schob. Er fasste spontan den Entschluss, mit seinem Fahrzeug auf diese zuzufahren, bremste es deshalb ab, lenkte es über die Gegenfahrspur nach links auf den Gehweg und fuhr auf die Nebenklägerin zu. Unmittelbar vor ihr kam er zum Stehen; ob er seine Frau dabei mit dem Pkw erfasste, konnte die Strafkammer nicht feststellen. Entweder auf Grund einer Berührung mit dem Fahrzeug oder wegen eines Gleichgewichtsverlusts nach einer Ausweichbewegung kam die Nebenklägerin zu Fall und zog sich eine Prellung am Bein zu. Eine solche Verletzung als Folge des Sturzes bei einem der beiden alternativ in Betracht kommenden Fahrmanöver habe er, so die Strafkammer, im Sinne eines bedingten Schädigungsvorsatzes in Kauf genommen ; indes sei es ihm nicht darauf angekommen, die Nebenklägerin umzufahren.
3
2. Die Feststellungen des Landgerichts zu der für eine vollendete Tat nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB vorausgesetzten konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer Sache von bedeutendem Wert infolge eines zweckwidrigen Einsatzes eines Fahrzeugs entbehren ebenso einer tragfähigen Beweisgrundlage wie die Annahme eines zumindest bedingten Schädigungsvorsatzes des Angeklagten.
4
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache im Sinne eines „Beinaheunfalls“ so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (vgl. nur Senatsbeschluss vom 3. November 2009 – 4 StR 373/09, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Nr. 3 Eingriff, erheblicher 6 mwN). Bei Vorgängen im fließenden Verkehr muss zu einem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht ferner hinzukommen, dass das Fahrzeug mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz missbraucht wurde (Senatsurteil vom 20. Februar 2003 – 4 StR 228/02, BGHSt 48, 233, 237 f.). Beides ist nicht hinreichend belegt.
5
b) Das Landgericht hat den Nachweis, dass der Angeklagte die Nebenklägerin mit seinem Pkw angefahren und sich diese hierdurch die Beinverletzung zugezogen hat, nicht zu führen vermocht. Diese Sachverhaltsalternative durfte es den Feststellungen deshalb nicht zugrunde legen. Die Strafkammer hat jedoch auch nicht hinreichend belegt, dass durch das Zufahren mit dem Fahrzeug eine konkrete Leibesgefahr für die Nebenklägerin eingetreten ist. Vielmehr hat diese angegeben, auf das Fahrmanöver des Angeklagten frühzeitig aufmerksam geworden zu sein, sich deshalb umgedreht und gesehen zu haben, dass der Angeklagte auf dem Gehweg auf sie zufährt. Er sei dabei nicht schnell gefahren und habe vor ihr abgebremst. Diese Angaben, mit denen sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt hat, lassen es schon als zweifelhaft erscheinen, ob das Fahrmanöver des Angeklagten eine konkrete Gefährdung der Nebenklägerin in dem oben dargelegten Sinne hervorgerufen hat, zumal die Strafkammer keine Feststellungen zu der vom Angeklagten gefahrenen Geschwindigkeit und zu dem Abstand zur Nebenklägerin im Zeitpunkt des Anhaltens des Fahrzeugs getroffen hat. Jedenfalls stellen die Angaben der Nebenklägerin sowie das – wovon zu Gunsten des Angeklagten auszugehen ist – rechtzeitige Anhalten die Annahme des für die Tatbestandsverwirklichung des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlichen Schädigungsvorsatzes – und damit zugleich eines Körperverletzungsvorsatzes – des Angeklagten in Frage. Vor diesem Hintergrund bestand Anlass zu der Prüfung, ob der Angeklagte darauf vertraut hat, es werde „schon nichts passieren“.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Bender

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 497/12
vom
19. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 22. August 2012 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Urkundenfälschung in zehn Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und versuchtem Betrug, der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch sowie des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz , vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§§ 74, 109 Abs. 2 JGG).

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in zehn Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und Betrug, wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung , Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Halle und eines Urteils des Landgerichts Halle zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Betrugs kann nicht bestehen bleiben.
3
a) Nach den von der Strafkammer insofern getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte in den Fällen II. 1 – II. 10 der Urteilsgründe die von ihm benutzten Personenkraftwagen jeweils mit amtlichen Kennzeichen versehen, die aus Diebstählen stammten. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht fuhr er in zehn Fällen jeweils zu Selbstbedienungstankstellen, betankte das von ihm geführte Fahrzeug und setzte anschließend die Fahrt fluchtartig ohne Bezahlung der eingefüllten Treibstoffmenge fort. Das Landgericht hat nicht festgestellt , ob die Tankvorgänge von den Betreibern der Tankstellen oder deren Mitarbeitern bemerkt wurden.
4
b) Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen vollendeten Betruges.
5
In den Fällen des Selbstbedienungstankens setzt die Annahme eines vollendeten Betruges voraus, dass der Täter durch (konkludentes) Vortäuschen von Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen entsprechenden Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. Mangels Irrtumserregung liegt jedoch kein vollendeter Betrug vor, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. In einem solchen Fall ist aber regelmäßig vom Tatbestand des versuchten Betruges auszugehen, wenn das Bestreben des Täters – wie im vorliegenden Fall – von Anfang an darauf gerichtet war, das Benzin unter Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten (BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 – 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827; Beschluss vom 28. Juli 2009 – 4 StR 254/09, NStZ 2009, 694; Beschluss vom 10. Januar 2012 – 4 StR 632/11, NStZ 2012, 324). Da das Landgericht trotz umfassenden Geständnisses des Angeklagten, Heranziehung der Lichtbilder der Überwachungskameras und Vernehmung des alle Ermittlungen führenden Polizeibeamten keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die einzelnen Tankvorgänge vom Kassenpersonal bemerkt wurden, geht der Senat zu Gunsten des Angeklagten davon aus, dass dies nicht der Fall war, und ändert den Schuldspruch jeweils in versuchten Betrug ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
6
2. Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
7
a) Nach den Feststellungen (Fall II. 12 der Urteilsgründe) befuhr der erheblich alkoholisierte, absolut fahruntüchtige Angeklagte, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, am 29. Dezember 2011 gegen 06.10 Uhr mit einem Pkw, für den kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand, öffentliche Straßen in Eisleben. Einer polizeilichen Verkehrskontrolle versuchte er sich dadurch zu entziehen, dass er wendete und mit hoher Geschwindigkeit (bis zu 180 km/h) flüchtete. Dabei beging er zahlreiche Vorfahrtverletzungen, missachtete das Rotlicht an Kreuzungen und überholte trotz Gegenverkehrs. Andere Verkehrsteilnehmer konnten nur durch eine umsichtige und reaktionsschnelle Fahrweise einer drohenden Kollision entgehen. Um der Flucht des Angeklagten ein Ende zu bereiten, stellte ein Polizeibeamter vor dem Ortseingang Heiligenthal seinen Streifenwagen quer zur Fahrbahn. Der Angeklagte versuchte nun, das Polizeifahrzeug mit hoher Geschwindigkeit rechts zu umfahren. Dies misslang jedoch, da sich in diesem Bereich neben der Straße eine kleine Baumgruppe befand. Der Angeklagte steuerte sein Fahrzeug deshalb wieder nach links und kollidierte in voller Fahrt mit dem Streifenwagen. Dabei erlitt einer der beiden in dem Fahrzeug befindlichen Polizeibeamten eine Knieprellung, Hautabschürfungen im Stirnbereich sowie ein Schädel-Hirntrauma ersten Grades. Das Landgericht hat das Tatgeschehen u.a. als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB gewertet, da die waghalsige Fahrt dazu gedient habe, „sich der Polizeikontrolle zu entziehen“ (UA S. 22).
8
b) Diese Feststellungen rechtfertigen keine Verurteilung aus § 113 Abs. 1 StGB. Unter Widerstand ist eine aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten zu verstehen, mit der die Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme verhindert oder erschwert werden soll. Die Tat muss demgemäß Nötigungscharakter haben. Allerdings wird ein effektiver Nötigungser- folg nicht vorausgesetzt („unechtes Unternehmensdelikt“, vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 113 Rn. 22; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 113 Rn. 40). „Mit Gewalt“ wird Widerstand geleistet, wenn unter Einsatz materieller Zwangsmittel, vor allem körperlicher Kraft, ein tätiges Handeln gegen die Person des Vollstrecken- den erfolgt, das geeignet ist, die Vollendung der Diensthandlung zumindest zu erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1962 – 4 StR 337/62, BGHSt 18, 133, 134; Fischer aaO § 113 Rn. 23). Die bloße Flucht vor der Polizei erfüllt diese Voraussetzungen nicht, auch wenn dabei andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden. Da der Angeklagte die ihn verfolgenden Polizeibeamten mit seinem Kraftfahrzeug weder abgedrängt noch am Überholen gehindert hat und auch nicht auf die Polizeibeamten zugefahren ist, um diese zum Wegfahren und damit zur Freigabe der Fahrbahn zu nötigen, fehlt bereits die für den äußeren Tatbestand erforderliche gewaltsame, gegen die Person des Vollstreckenden gerichtete Handlung (vgl. Senatsbeschluss vom 4. März 1997 – 4 StR 48/97, NStZ-RR 1997, 261, 262). Ebenso wenig wird der für die Verwirklichung des § 113 Abs. 1 StGB erforderliche Vorsatz deutlich, zumal das Landgericht das Unfallgeschehen, das zur Verletzung eines Polizeibeamten geführt hat, lediglich als fahrlässige Körperverletzung gewertet hat. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Es ist auszuschließen, dass in neuer Verhandlung weitere Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme des Tatbestandes des § 113 Abs. 1 StGB tragen.
9
3. Die gegen den Angeklagten verhängte Einheitsjugendstrafe wird durch die Schuldspruchänderung nicht in Frage gestellt. Durch die Einordnung der Tankvorgänge als versuchter Betrug und durch den Wegfall der Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hat sich der Unrechtsgehalt der Taten nicht wesentlich verändert. Der Erziehungsbedarf des Angeklagten besteht unverändert fort.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Wer sich an

1.
Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder
2.
Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,
die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß. Dies gilt auch in Fällen des § 114, wenn die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Absatz 1 ist.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.