Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2013 - 3 StR 52/13

published on 21/03/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2013 - 3 StR 52/13
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 52/13
vom
21. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 21. März 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2012 unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über den Verfall aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und Wertersatzverfall in Höhe von 60.000 € angeordnet. Hiergegen wendet sich die auf eine nicht ausgeführte und deshalb unzulässige (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Formalrüge sowie die Beanstandung der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO; jedoch hält der Ausspruch über den Verfall von Wertersatz sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: "Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte aus dem Verkauf der Betäubungsmittel Erlöse in Höhe von 76.751 € erzielt. Da er die Gewinne , die ihm nach Abzug der von ihm bezahlten Kaufpreise verblieben waren, im Zeitpunkt der Verurteilung bereits verbraucht hatte, hat die Strafkammer Verfall von Wertersatz angeordnet und diesen im Hinblick auf die angespannte finanzielle Lage des mit erheblichen Kreditverbindlichkeiten aus dem Erwerb des Hauses belasteten Angeklagten auf 60.000 € beschränkt. Die Strafkammer teilt schon nicht mit, auf welcher Grundlage - § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB oder § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB - sie teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen hat. Wegen des systematischen Verhältnisses der beiden Regelungen [vgl. hierzu Senat in BGHR StGB § 73c Härte 14 (Gründe)] ist regelmäßig zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73c Abs.1 Satz 2 StGB zu prüfen. Nach dieser Vorschrift kann eine Verfallsanordnung unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden sind (BGHSt 33, 37, 39f; BGH NStZ-RR 2003, 75; 2003, 144; StV 2008, 576f). Es ist deshalb zunächst festzustellen, was der Angeklagte aus der Tat 'erlangt' hat, sodann ist diesem Betrag der Wert seines noch vorhandenen Vermögens gegenüber zu stellen (BGH NStZ 2010, 86f). Wenn hiernach auch ein Gegenwert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist, kann der Tatrichter von einer Verfallsanordnung absehen. An diesen Grundsätzen gemessen ist die Strafkammer zwar zunächst - rechtsfehlerfrei - davon ausgegangen, dass aufgrund des nach § 73 Abs. 1 StGB geltenden Bruttoprinzips der gesamte Verkaufserlös aus den Betäubungsmittelgeschäften für verfallen zu erklären ist. Anschließend fehlen jedoch konkrete Feststellungen dazu , in welchem Umfang zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war [vgl. BGH wistra 2009, 23, 25; BGHR StGB § 73c Härte 14 (Gründe)]. Zu dem (noch vorhandenen) Vermögen des Angeklagten verhalten sich die Urteilsausführungen nicht. Zwar ist dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen, dass der Angeklagte über einen Pkw verfügt und mit seiner Lebensgefährtin im Jahr 2010 ein - vollfinanziertes - Einfamilienhaus erworben hatte, aber die Ur- teilsgründe lassen Ausführungen zu den Eigentumsverhältnissen (Alleineigentum oder Miteigentum) und zum Wert sowohl des Pkws als auch des mit dem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks - insbesondere zur Höhe der (vom Angeklagten) bereits erbrachten Tilgung - vermissen (vgl. BGHSt 38, 23, 25 zur Anrechenbarkeit von Immobilieneigentum bei Verwendung dem Verfall unterliegender Mittel zur Schuldentilgung). Die 'erheblichen Kreditverbindlichkeiten' des Angeklagten sind ebenfalls nicht beziffert. Deshalb ist dem Urteil selbst die ungefähre Höhe der Entreicherung des Angeklagten nicht zu entnehmen. Aus diesem Grund fehlt eine tragfähige Grundlage für die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens. Da nicht auszuschließen ist, dass aufgrund einer zureichenden Beurteilungsgrundlage auf einen geringeren Verfallsbetrag erkannt worden wäre, weil - worauf die Strafkammer mit ihren Erwägungen zu der angespannten finanziellen Lage des Angeklagten ersichtlich abstellte - die Resozialisierung des Angeklagten nicht durch zu hohe finanzielle Belastungen gefährdet werden soll (BGHSt 48, 40f mwN), kann die getroffene Anordnung keinen Bestand haben. Die im angefochtenen Urteil zur Verfallsanordnung getroffenen Feststellungen sind von dem Erörterungsmangel nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
Die Sache bedarf deshalb zum (Wertersatz-)Verfall neuer Verhandlung und Entscheidung. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Tolksdorf Hubert Schäfer Gericke Spaniol
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
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(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.