Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2010 - 3 StR 331/10

bei uns veröffentlicht am16.09.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 331/10
vom
16. September 2010
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) und 2. auf dessen Antrag - am
16. September 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. April 2010, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des versuchten Betrugs, zweier Fälle des Diebstahls und der Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten mit den zugehörigen Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass insgesamt eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit versuchtem Betrug und wegen Diebstahls in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten sowie wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl zu der weiteren Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen Unterschlagung in Tateinheit mit versuchtem Betrug im Falle II. 1. b) der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: " … Der mit der Verwendung der Kreditkarte begangene versuchte Betrug (§§ 263 Abs. 1, 22, 23 StGB) verdrängt als Delikt mit höherer Strafandrohung wegen der Subsidiaritätsklausel des § 246 Abs. 1 StGB den innerhalb derselben prozessualen Tat mitverwirklichten Tatbestand der Unterschlagung (vgl. BGHSt 47, 243 f.; Fischer StGB 57. Aufl. § 246 Rdnr. 23c m.w.N.). … Es ist auszuschließen, dass durch den rechtsfehlerhaften zusätzlichen Schuldspruch wegen Unterschlagung der Beschwerdeführer im Strafausspruch beschwert ist, da der Tatrichter bei der Strafzumessung auch die Verwirklichung solcher Straftatbestände, die aufgrund ihrer formellen Subsidiarität zurücktreten, strafschärfend berücksichtigen darf (st. Rspr., BGHSt 19, 189; NStZ-RR 1996, 21)."
3
Dem tritt der Senat bei und ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
4
2. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat keinen Bestand.
5
Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte die den Fällen II. 1. a) bis c) zugrunde liegenden Taten vor seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Witten vom 7. Mai 2009 begangen hat und diesem Erkenntnis damit gegenüber der nachfolgenden, als Fall II. 1. d) abgeurteilten Tat eine Zäsurwirkung zukommt, denn die vom Amtsgericht Witten verhängte Geldstrafe ist noch nicht erledigt. Es begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass sich das Landgericht gleichwohl an der Entscheidung über die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (§ 55 StGB) aus den in den Fällen II. 1. a) bis c) ausgesprochenen Einzelstrafen und der Strafe aus dem Erkenntnis des Amtsgerichts Witten sowie gegebenenfalls auch - je nach den (im Urteil nicht mitgeteilten) Tatzeiten der abgeurteilten Delikte - der Geldstrafen aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Essen vom 28. Mai 2009, des Amtsgerichts Bochum vom 3. August 2009, des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 26. August 2009, des Amtsgerichts Wesel vom 2. Oktober 2009 und des Amtsgerichts Düsseldorf vom 13. November 2009 gehindert gesehen hat, weil seine Bemühungen um Beiziehung der Akten erfolglos geblieben sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 - 1 StR 369/03, NStZ 2005, 32).
6
Vor diesem Hintergrund war es dem Landgericht indes verwehrt, allein aus den in den Fällen II. 1. a) bis c) verhängten Einzelstrafen eine gesonderte Gesamtstrafe zu bilden. Eine Grundlage hierfür ergibt sich weder aus § 53 StGB noch aus § 55 StGB. Die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe setzt nach § 55 StGB schon begrifflich die Einbeziehung der Strafe aus der früheren Verurteilung voraus. Sieht der Tatrichter von der Anwendung des § 55 StGB deshalb ab, weil dies noch weiterer Ermittlungen bedurft hätte und deshalb mit einer erheblichen Verfahrensverzögerung verbunden gewesen wäre, so richtet sich die Gesamtstrafenbildung ausschließlich nach § 53 StGB. In diese Entscheidung einzubeziehen sind dann aber sämtliche nunmehr verwirkte Einzelstrafen ; die Zäsurwirkung der früheren Verurteilung hat außer Betracht zu bleiben ; denn sollte sich im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO ergeben, dass die Vorstrafen - aus welchen Gründen auch immer - nicht zur Gesamtstrafenbildung heranzuziehen sind, so muss die im Urteil ausgesprochene und in diesem Falle bestehen bleibende Gesamtstrafe für sich rechtsfehlerfrei gebildet sein. Dies hat das Landgericht verkannt.
7
Über die Bildung der Gesamtstrafe ist deshalb neu zu entscheiden. Der Senat macht insoweit von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO zu verfahren. Im Nachverfahren wird sich die Gesamtstrafenbildung an der Vollstreckungssituation auszurichten haben, die im Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils vorlag (BGH, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72).
8
3. Da absehbar ist, dass die Revision über die nachträgliche Gesamtstrafenbildung allenfalls einen geringen Teilerfolg erzielen wird und es daher nicht unbillig erscheint, den Beschwerdeführer mit den gesamten durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO), trifft der Senat die Entscheidung über die Revisionskosten selbst (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 430/04, NJW 2004, 3788, 3789). Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafprozeßordnung - StPO | § 462 Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen; sofortige Beschwerde


(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

Strafprozeßordnung - StPO | § 460 Nachträgliche Gesamtstrafenbildung


Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine

Strafgesetzbuch - StGB | § 246 Unterschlagung


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Ist in

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 369/03
vom
17. Februar 2004
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Februar
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. März 2003 wird verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Von Rechts wegen

Gründe:


I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit dem Führen einer halbautomatischen Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm in zwei Fällen, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Mit seiner wirksam beschränkten Revision wendet sich der Angeklagte gegen den Rechtsfolgenausspruch. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Strafkammer habe insbesondere die Voraussetzungen für die Annahme minder schwerer Fälle zu Unrecht verneint, jedenfalls unzureichend erörtert. Außerdem sei die Ablehnung erheblich verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB rechtsfehlerhaft. Der Generalbundesanwalt ist der Auffassung , die Gesamtstrafe könne wegen Nichtbeachtung der Vorschrift über die nachträgliche Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) keinen Bestand haben. Der Revision des Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.

II.


Das Landgericht hat festgestellt:
Am 9. September 2001 überfielen der Angeklagte und sein rechtskräftig verurteilter Mittäter D. F. - beide mit einem geladenen Revolver bewaffnet und maskiert - die Spielhalle "P. " in R. . Sie bedrohten einen Angestellten mit ihren Waffen, verbrachten ihn ins Untergeschoß des Hauses zu den Toiletten und fesselten ihn mit Klebeband an einen Pfosten. Dann brachen sie Spielautomaten auf und erbeuteten 700,-- DM und richteten einen Sachschaden von 2.000,-- DM an.
Mit den gleichen Waffen überfielen sie - wiederum maskiert - am 24. September 2001 die Spielhalle "Re. " in B. . Sie bedrohten den Geschäftsführer vor dem Gebäude mit ihren Waffen, verklebten ihm mit Klebeband die Augen, nahmen ihm den Hausschlüssel ab, öffneten und brachen wiederum mehrere Spielautomaten auf. Die Beute betrug 4.000,-- DM, der Sachschaden 8.000,-- DM.

III.


1. Soweit sich die Revision gegen die beiden Einzelstrafen in Höhe von sechs Jahren und sechs Monaten sowie von fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe richtet, ist sie aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragschrift vom 22. August 2003 dargelegten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere lag die - mit ausreichender Begründung abgelehnte - Annahme eines minder schweren Falls hier nicht nahe.

2. Auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat Bestand. Der Erörterung bedarf nur folgendes:
Die Strafkammer hat ersichtlich keine ausreichenden Feststellungen zu den Grundlagen der Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Nürnberg vom 8. November 2001 treffen können und in der Folge auch nicht dazu, ob gemäß § 55 StGB mit den dort verhängten Einzelstrafen die nachträgliche Gesamtstrafenbildung letztlich überhaupt in Betracht kommt, wenn dies auch nahe liegt. Das Landgericht durfte die nachträgliche Gesamtstrafenbildung deshalb dem Beschlußverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen. Im vorliegenden Fall ist dies frei von Rechtsfehlern.
Hierzu im einzelnen:
Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Angeklagte mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 8. November 2001 wegen Diebstahls in zwei Fällen - sofort rechtskräftig - zu neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt. Die Tatzeiten, der zugrundeliegende Sachverhalt und die Höhe der Einzelstrafen werden nicht mitgeteilt. Nach dem zeitlichen Zusammenhang ist es jedoch wahrscheinlich, daß auch mit den Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 8. November 2001 - zusammen mit den im angefochtenen Urteil am 25. März 2003 (Tatzeiten 9. und 24. September 2001) verhängten Einzelstrafen - eine, insoweit nachträgliche , Gesamtstrafe zu bilden ist. Dem weiteren Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 23. Juli 2001 (die Taten, die der Verurteilung vom 8. November 2001
zu Grunde lagen, dürften davor begangen worden sein) zu 20 Tagessätzen Gesamtgeldstrafe wegen Leistungserschleichung (Schwarzfahrens) in drei Fällen kommt jedenfalls keine Zäsurwirkung - mehr - zu. Diese Verurteilung ist durch die Verbüßung von zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe und Bezahlung der Restgeldstrafe durch Vollstreckung erledigt (UA S. 6).
Die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (seit BGHSt - GS - 12, 1; vgl. Rissing-van Saan in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl., § 55 Rdn. 47; Stree in Schönke/Schröder StGB, 26. Aufl., § 55 Rdn. 72, 73; Tröndle/Fischer StGB, 51. Aufl., § 55 Rdn. 34, 35; jeweils m.w.N.; kritisch hierzu: Fitzner, Gesamtstrafenbildung trotz §§ 460, 462 nur noch nach mündlicher Verhandlung?, NJW 1966, 1206) grundsätzlich Sache des Tatrichters. Er darf dies in der Regel nicht dem Beschlußverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen. Es gibt jedoch Ausnahmen. Der Tatrichter darf die nachträgliche Gesamtstrafenbildung insbesondere dann dem Beschlußverfahren überlassen, wenn er auf Grund der bislang gewonnenen Erkenntnisse keine sichere Entscheidung fällen kann, etwa weil die Unterlagen für eine möglicherweise gebotene Gesamtstrafenbildung nicht vollständig vorliegen - ohne daß dies auf unzureichender Terminsvorbereitung beruht - und die Hauptverhandlung allein wegen deshalb noch notwendiger Erhebungen mit weiterem erheblichem Zeitaufwand belastet werden würde (BGHSt - GS - 12, 1 [10]; BGHSt 23, 98 [99], mit Anmerkung Küper, MDR 1970, 885; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Anwendungspflicht 2; BGH NJW 1997, 2892 [2893]; Rissing-van Saan in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. § 55 Rdn. 48; Stree in Schönke/Schröder StGB, 26. Aufl., § 55 Rdn. 72; Tröndle/Fischer StGB, 51. Aufl., § 55 Rdn. 34).
Enthalten die Urteilsgründe keine erschöpfenden Ausführungen zu den Vorverurteilungen, deren Einbeziehung in die Gesamtstrafe im Grundsatz gemäß § 55 StGB zu prüfen gewesen wäre, ohne ausdrücklich mitzuteilen, weshalb die entsprechenden Feststellungen nicht getroffen werden konnten, so liegt darin kein Erörterungsmangel. Wie sogar das Vorliegen der Voraussetzungen für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung durch Schweigen verneint werden kann (BGH, Urteil vom 2. Februar 1993 - 1 StR 862/92 - m.w.N.), so ist bei fehlenden oder nicht vollständigen Darlegungen zu den Voraussetzungen einer in Betracht kommenden nachträglichen Gesamtstrafenbildung grundsätzlich davon auszugehen, daß dem erkennenden Gericht die notwendigen Unterlagen zu den Vorverurteilungen und zu deren Vollstreckung nicht zugänglich waren, und daß das Gericht deshalb die nachträgliche Gesamtstrafenbildung zu Recht dem Beschlußverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO überlassen hat (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Juni 1997 - 5 StR 269/97 -). Soll anderes geltend gemacht werden, so wird dies einer gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu begründenden Verfahrensrüge bedürfen (so schon OLG Hamm NJW 1970, 1200, mit Anmerkung Küper, NJW 1970, 1559). Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
1. Bei Urteilsaufhebung nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO
wegen fehlerhafter Gesamtstrafenbildung bedarf es
keiner Zurückverweisung.
2. Zur Kostenentscheidung in diesem Fall.
BGH, Beschluß vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 430/04
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2004

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Januar 2004 im Ausspruch über die Gesamtstrafen nach § 349 Abs. 4 StPO mit der Maßgabe (§ 354 Abs. 1b Satz 1 StPO) aufgehoben, daß eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist; die Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 5. November 1997 – 325 Ds 196/97 – bleibt bestehen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. November 1997 wegen Körperverletzung (Einzelstrafe: ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie wegen Körperverletzung in sechs Fällen und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafe aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. Juni 2002 zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Eine Tat wurde im Oktober 1997, die anderen zwischen Juli 2000 und Mai 2002 begangen. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen ; im übrigen erweist sie sich aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 23. September 2004 im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet.
1. Die Gesamtstrafaussprüche können nicht bestehenbleiben. Die Bildung der Gesamtsstrafen ist rechtsfehlerhaft erfolgt, da die Verurteilung vom 5. November 1997 keine Zäsurwirkung entfaltet. Die dort abgeurteilte Verkehrsstraftat war am 20. April 1997 begangen worden und damit vor einer anderen Verurteilung des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. Juli 1997. Liegt die abzuurteilende Tat – wie hier die Tat vom 15./16. Oktober 1997 – zwischen zwei Verurteilungen, aus denen eine Gesamtstrafe zu bilden war, kommt eine Gesamtstrafbildung aus der Strafe für die abzuurteilende Tat mit der Strafe aus der letzten Vorverurteilung nicht in Betracht (vgl. BGHSt 32, 190, 193; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 55 Rdn. 12). Nur der ersten der beiden früheren Verurteilungen käme eine Zäsurwirkung zu (BGH aaO). Mangels Zäsur und Einbeziehungsmöglichkeit muß es bei der Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. November 1997 verbleiben, die nach zutreffender Anwendung des § 55 StGB unter Einbeziehung der am 25. Juli 1997 verhängten Geldstrafe gebildet worden ist. Durch die Bildung zweier Gesamtfreiheitsstrafen ist der Angeklagte möglicherweise beschwert; es liegt nahe, daß das Landgericht bei Bildung lediglich einer Gesamtfreiheitsstrafe zu einem strafferen Zusammenzug der verhängten Freiheitsstrafen gelangt wäre als durch die erfolgte Bildung von zwei Gesamtfreiheitsstrafen.
2. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden. Die nachträgliche Gesamtstrafbildung aus den nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen obliegt somit dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz BT-Drucks. 15/3482 S. 22). Einer Zurückverweisung bedarf es indes nicht (mißverständlich insoweit die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. aaO); diese hat nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO nur „in anderen Fällen“ – also nicht in den Fällen des § 354 Abs. 1 bis 1b StPO – zu erfolgen. Demgemäß wird in § 462a Abs. 6 StPO nur auf § 354 Abs. 2 und § 355 StPO, nicht aber auf § 354 Abs. 1b StPO Bezug genommen.
3. Im vorliegenden Fall ist sicher abzusehen, daß das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung auch hinsichtlich des Schuldspruchs umfassend angegriffen hat, mit dem Teilerfolg zur Gesamtstrafe nur einen geringfügigen Rechtsmittelerfolg erbracht hat. Jedenfalls bei dieser Sachlage kann der Senat die abschließende – für den Angeklagten negative – Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO sofort selbst treffen und hat sie nicht dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO vorzubehalten, dem sie systemfremd wäre. Ob in Fällen, in denen die Aufhebung der Gesamtstrafe im Verfahren nach §§ 460, 462 StPO dem Anliegen des Revisionsführers nicht nur geringfügig zum Erfolg verhelfen kann, eine Kostenentscheidung – eher untypisch – auf Grundlage einer Prognose der Entscheidung im Nachverfahren ebenfalls sofort zu treffen ist, ob die Kostenentscheidung etwa vorzubehalten ist oder ob sie dann doch im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO getroffen werden müßte, bedarf hier keiner Entscheidung. In schwierigeren Fällen kann ohnehin eine Verfahrensweise nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO vorzugswürdig gegenüber dem nicht zwingenden Vorgehen nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO sein.
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal