Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2018 - 3 StR 204/18

bei uns veröffentlicht am10.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 204/18
vom
10. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen Mordes in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen
ECLI:DE:BGH:2018:100718B3STR204.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Juli 2018 einstimmig
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 16. Oktober 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

1
1. Der Senat bemerkt ergänzend zur Verfahrensrüge des Angeklagten, mit welcher er einen Widerspruch zwischen den Urteilsfeststellungen und dem Inhalt eines verlesenen Sektionsprotokolls beanstandet (Inbegriffsrüge nach § 261 StPO, S. 111 - 150 der Revisionsbegründung):
2
a) Das Landgericht hat bezüglich beider Tatopfer jeweils die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe als erfüllt angesehen (§ 211 Abs. 2 StGB). Nach der Überzeugung des Tatgerichts sprach für einen überraschenden Angriff des Angeklagten auf das erste Tatopfer W. u.a. "das Fehlen jeglicher Abwehrverletzungen". Dies widerspricht dem Inhalt des rechtsmedizinischen Sektionsprotokolls vom 6. Januar 2015, in welchem der Privatdozent Dr. med. A. und der Assistenzarzt J. eine Schnittverlet- zung an W. s linkem Unterarm als passive Abwehrverletzung sowie eine scharfrandige Verletzung am Daumen und Zeigefinger ihrer linken Hand als eine aktive Abwehrverletzung werteten. Zu diesen beiden Punkten verhalten sich die Urteilsgründe nicht.
3
b) Ohne Verstoß gegen das Rekonstruktionsverbot hat der Beschwerdeführer mit seiner Verfahrensrüge damit einen Widerspruch zwischen dem Wortlaut einer verlesenen Urkunde und dem Urteilsinhalt aufgezeigt (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 4 StR 401/10, StV 2012, 67, 68; vom 19. August 2008 - 3 StR 252/08, NStZ 2009, 404; vom 22. November 1988 - 1 StR 559/88, BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 15). Auf diesem Verfahrensmangel beruht das Urteil indes nicht (§ 337 Abs. 1 StPO); denn nach den im Übrigen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen würde sich an der Bewertung des Vorgehens des Angeklagten gegen die beiden Tatopfer als heimtückisch (§ 211 Abs. 2 2. Gruppe 1. Merkmal StGB) auch dann nichts ändern , wenn das Tatopfer W. noch in der Lage gewesen sein sollte, mit bloßen Händen Abwehrversuche gegen die Messerstiche des Angeklagten zu unternehmen.
4
aa) Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren. Heimtückisches Handeln erfordert jedoch kein "heimliches" Vorgehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Opfer auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen. Maßgebend für die Beurteilung ist die La- ge bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (siehe nur BGH, Urteil vom 3. September 2015 - 3 StR 242/15, NStZ 2016, 340, 341; Beschluss vom 28. Juni 2016 - 3 StR 120/16, NJW 2016, 2899, jeweils mwN). Ein solcher Fall ist zum Beispiel anzunehmen, wenn der Täter das Opfer mit Tötungsvorsatz in einen Hinterhalt lockt, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, und die entsprechenden Vorkehrungen und Maßnahmen bei Ausführung der Tat noch fortwirken (siehe nur BGH, Urteil vom 17. Januar 1968 - 2 StR 523/67, BGHSt 22, 77, 79 f.; Beschlüsse vom 7. April 1989 - 3 StR 83/89, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 8; vom 24. Januar 2017 - 2 StR 459/16, juris Rn. 11). Mithin stehen Abwehrversuche, die der überraschte und in seinen Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkte Geschädigte im letzten Moment unternimmt, in solchen Konstellationen der Annahme von Heimtücke nicht entgegen (st. Rspr.; siehe BGH, Urteile vom 22. August 1995 - 1 StR 393/95, NJW 1996, 471 [insoweit in BGHSt 41, 222 nicht abgedruckt]; vom 16. Juni 1999 - 2 StR 68/99, NStZ 1999, 506, 507; vom 3. September 2002 - 5 StR 139/02, NStZ 2003, 146, 147; vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 250/05, NStZ 2006, 96).
5
bb) So liegt es hier. Der Angeklagte lockte sowohl seine Ehefrau als auch deren Freundin W. in die Familienwohnung im 5. Stock, indem er beide darüber belog, er wolle ein Versöhnungsgespräch führen. Tatsächlich fasste er bereits zuvor den Tötungsvorsatz und schloss, um beiden Opfern jegliche Möglichkeit zur Flucht oder zum Hilferuf zu nehmen, die Wohnungstür ab und zog den Stecker des Telefonanschlusses. Derart in eine Falle gelockt, waren beide Tatopfer, die beim Messerangriff des Angeklagten auf dem Ecksofa saßen, zu diesem Zeitpunkt überrascht und dem Angriff ausgeliefert. Die im rechtsmedizinischen Gutachten aufgezeigten kleineren Abwehrverletzungen ändern demnach nichts an der heimtückischen Vorgehensweise des Angeklagten.
6
2. Soweit der Angeklagte innerhalb dieser Verfahrensrüge weiter beanstandet , dass sich das Urteil nicht mit einem verlesenen Bericht über die Untersuchung von am Tatort aufgefundenen Kleidungsstücken, namentlich eines abgerissen Knopfs, einer aufgefundenen Stofflasche und eines Oberhemds mit Stoffdefekten, auseinandersetze, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Becker Gericke Tiemann Hoch Leplow

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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Nachschlagewerk: nein BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StPO § 273 Abs. 1a Satz 2 Wird in der Hauptverhandlung ein Vermerk über ein außerhalb der Hauptverhandlung geführtes Verständigungsgespräch verlesen , ist der Protokollierungspflicht des § 273

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 401/10
vom
7. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 7. Dezember 2010 nach § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 23. März 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge und mehrere Verfahrensbeanstandungen gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit einer die Verletzung des § 261 StPO geltend machenden Verfahrensrüge Erfolg.
2
Der Angeklagte beanstandet zu Recht, dass die Strafkammer das in der Hauptverhandlung verlesene Behördengutachten des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt vom 18. November 2009 inhaltlich unzutreffend erfasst und damit den tatsächlichen durch die Verlesung zum Gegenstand der Verhandlung gemachten Aussagegehalt des Gutachtens bei ihrer Überzeugungsbildung unberücksichtigt gelassen hat.
3
1. Die Rüge ist entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Abgesehen davon, dass sich die Einräumung des Fragerechts an die Verfahrensbeteiligten im Anschluss an die Verlesung des Gutachtens, deren Vortrag der Generalbundesanwalt vermisst, dem in der Revisionsbegründung mitgeteilten Protokollauszug entnehmen lässt, hätte es der Angabe dieses Umstandes schon deshalb nicht bedurft, weil die Urteilsgründe, die dem Senat wegen der zugleich erhobenen Sachrüge offen stehen, ergeben, dass die Strafkammer den Inhalt des Behördengutachtens durch Verlesung im Wege des Urkundenbeweises in die Verhandlung eingeführt hat. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, auf welche Weise die bloße Einräumung eines Fragerechts zu einem von dem schriftlichen Gutachten abweichenden Beweisergebnis geführt haben soll.
4
2. In der Sache kann der Verfahrensrüge ein Erfolg nicht versagt werden.
5
a) Nach den Feststellungen misshandelte der Angeklagte die Nebenklägerin , mit der er eine intime Beziehung unterhielt, über mehrere Stunden auf vielfältige Weise, wobei er auch zwei Küchenmesser mit unterschiedlicher Klingenlänge einsetzte. Mit dem kleineren der zwei Messer stach der Angeklagte der Nebenklägerin in den linken Unterarm, so dass der Stich durch den Arm hindurchging und die Messerspitze auf der anderen Seite des Arms wieder austrat. Bei der anschließenden Rangelei ließ der Angeklagte das Messer neben dem Bett fallen, was die Nebenklägerin bemerkte. Ihr gelang es, das Messer mit einem Fuß unter das Bett zu schieben, wo es für den Angeklagten nicht mehr zu ergreifen war.
6
Der Angeklagte hat die Anklagevorwürfe bestritten und sich dahin eingelassen , dass die Nebenklägerin ihn mit zwei Küchenmessern angegriffen habe. Nachdem es ihm gelungen sei, ihr ein Messer aus der rechten Hand zu schla- gen, habe die Nebenklägerin mit dem in der linken Hand gehaltenen kleineren Messer nach seinem Oberkörper gestochen. Er habe ihre Handgelenke fassen und sie hinter ihren Körper zusammendrücken können. In dem Gerangel habe er ihre Hände an ihr Gesäß gedrückt, wodurch vermutlich die Stichverletzung am Gesäß der Nebenklägerin verursacht worden sei. Als er anschließend das Messer aus der Hand der Nebenklägerin habe lösen können, sei es unter das Bett gerutscht. Dort habe er es später, nachdem die Nebenklägerin weg gewesen sei, gefunden, es abgewischt und zurück in die Messerbox gesteckt.
7
b) In der Hauptverhandlung am 16. März 2010 wurde das Behördengutachten des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt vom 18. November 2009 über die Ergebnisse der an verschiedenen Spuren durchgeführten molekulargenetischen Untersuchungen gemäß § 256 Abs. 1a StPO verlesen. Nach den Ausführungen in dem schriftlichen Gutachten konnten an der Klinge der Spur 3a - ausweislich der Urteilsgründe handelte es sich dabei um das kleinere der zwei tatrelevanten Messer - sowie an zwei weiteren Spuren menschliches Blut festgestellt werden. An der Klinge und am Griff der Spur 3a sowie am Blut an einer weiteren Spur wurden die DNA-Merkmale nachgewiesen, die mit den Merkmalen der Nebenklägerin übereinstimmen. Die Häufigkeit der jeweils festgestellten Merkmalskombinationen beträgt bei Zugrundelegung deutscher Populationsdaten 1 zu 6,53 Billionen.
8
c) Den Inhalt des im Wege des Urkundenbeweises in die Verhandlung eingeführten Behördengutachtens geben die Urteilausführungen fälschlich dahin wieder, dass an dem kleineren Messer an Klinge und Griff Blut der Nebenklägerin gefunden worden sei. Dieser Befund, der sich zwanglos mit dem von der Nebenklägerin geschilderten Tatablauf vereinbaren lasse, spreche nicht für die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten, sondern stütze eher die Aussage der Nebenklägerin.
9
Entgegen der Auffassung der Strafkammer wird aber durch das schriftliche Behördengutachten des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt vom 18. November 2009 gerade keine Blutanhaftung am Griff des kleineren Messers belegt. Durch die unzutreffende inhaltliche Erfassung des Gutachtens hat die Strafkammer zugleich die Tatsache übergangen, dass am Griff des kleineren Messers eine (anderweitige) DNA-Spur vorhanden war, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Nebenklägerin als Spurenverursacherin herrührt. Da dieser Spurenbefund als Indiz für die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten in Betracht kommen kann, hätte das Untersuchungsergebnis einer tatrichterlichen Würdigung im Rahmen der Beweiswürdigung bedurft. Diese ist unter Verstoß gegen § 261 StPO unterblieben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1991 - 2 StR 45/91, BGHSt 38, 14; Beschluss vom 13. Februar 2008 - 3 StR 481/07, NStZ 2008, 475; vom 18. Juni 2008 - 2 StR 485/07, NStZ 2008, 705).
10
d) Der Senat kann trotz der sonstigen, den Angeklagten erheblich belastenden Beweisergebnisse nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass sich die unzutreffende inhaltliche Erfassung und Würdigung des verlesenen Behördengutachtens bei der Überzeugungsbildung der Strafkammer zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Die Sache bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird sich empfehlen, die Ergebnisse der Spurenuntersuchungen durch mündliche Erstattung des Gutachtens in die neue Hauptverhandlung einzuführen. Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck Cierniak Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 252/08
vom
19. August 2008
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. August 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 2008 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit einer Verfahrensrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. a) Der Angeklagte schoss nach einem Streit mit einem Türsteher im Eingangsbereich einer Diskothek mit einer halbautomatischen Selbstladepistole der Marke Ceska, Kal. 9 mm, auf einen Glasschaukasten, der an einer Wand unweit des Eingangs der Diskothek angebracht war. Die Zeugin T. , die gerade im Begriff war, die Diskothek zu verlassen, erlitt durch "abgeprallte Pro- jektilteile oder zersplittertes, herumfliegendes Glas" eine blutende Verletzung an der Stirn. Einen weiteren Schuss, den kurz darauf der Mitangeklagte G. aus derselben Waffe in die Decke über dem Eingangsbereich der Diskothek abgab und der in ähnlicher Weise zu Verletzungen der Zeuginnen F. und S. führte, hat das Landgericht dem Angeklagten nicht zugerechnet.
3
Es hat festgestellt, dass sich der Angeklagte bei den durch den Schuss des Mitangeklagten verletzten Zeuginnen F. und S. entschuldigt und ihnen darüber hinaus jeweils 1.000 Euro Schmerzensgeld bezahlt habe. Bei der Zeugin T. , die durch seine Tathandlung geschädigt wurde, habe er sich lediglich entschuldigt.
4
Seiner Strafzumessung hat das Landgericht den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB zu Grunde gelegt und bei Bemessung der Strafe u. a. die vom Angeklagten an die Zeuginnen F. und S. geleisteten Schmerzensgeldzahlungen mildernd berücksichtigt. Die Voraussetzungen des § 46 a Abs. 1 StGB und eine Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB hat es jedoch mit der Begründung verneint, der Angeklagte habe an die von ihm verletzte Zeugin T. kein Schmerzensgeld gezahlt und sich ihr gegenüber auch nicht um Wiedergutmachung bemüht.
5
b) Mit seiner auf § 261 StPO gestützten Verfahrensbeschwerde wendet sich der Angeklagte gegen die Ablehnung eines Täter-Opfer-Ausgleichs nach § 46 a Abs. 1 Nr. 1 StGB.
6
Die Rüge ist zulässig und begründet. Die Revision macht zu Recht geltend , dass in der Hauptverhandlung verlesene Urkunden unvollständig im Urteil gewürdigt worden sind (vgl. BGHR StPO § 261, Inbegriff der Verhandlung 15; BGH StV 1993, 459). Sie trägt zutreffend vor, dass ausweislich des gemäß § 249 Abs. 1 StPO verlesenen Schreibens des Instanzverteidigers vom 21. Januar 2008 der Angeklagte der Zeugin T. über seinen Verteidiger die Zahlung eines bereits hinterlegten Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000 Euro angeboten hat.
7
Der nicht aufgelöste Widerspruch zwischen dem Inhalt dieses Schriftstücks und den Urteilsgründen entzieht der Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich gegenüber der Zeugin T. nicht um Wiedergutmachung bemüht, die Grundlage. Mit Blick auf zwei weitere, ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesene Schreiben, die an die Zeugin F. gerichtet waren , ist vielmehr zu besorgen, dass der Strafkammer hinsichtlich der Adressatinnen der Wiedergutmachungsangebote bzw. hinsichtlich erfolgter Schmerzensgeldzahlungen ein Irrtum unterlaufen ist, mithin die Ablehnung eines TäterOpfer -Ausgleichs nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage beruht.
8
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge deckt demgegenüber zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist insbesondere die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe durch seine Tat nicht nur die Tatmodalität des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt, sondern die Körperverletzung auch mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB herbeigeführt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Becker Miebach Pfister
von Lienen Sost-Scheible

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 4 2 / 1 5
vom
3. September 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. September
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten A. O. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. O. ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwältin
als Vertreter des Nebenklägers I. B. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Nebenklägers I. B. wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 12. Dezember 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. Jeder dieser Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger I. B. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Totschlags jeweils zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten sowie die Revision des Nebenklägers I. B. , mit denen sachlich-rechtliche Beanstandungen erhoben werden. Der Nebenkläger hat mit seinem Rechtsmittel Erfolg. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich demgegenüber als unbegründet.
2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der später getötete H. B. war mit der Schwester der Angeklagten verheiratet. Im Verlauf dieser Ehe kam es zu erheblichen Streitigkeiten mit teilweise gewaltsamen Übergriffen des H. B. auf seine Ehefrau. Zweimal wurde er deshalb verurteilt. Schließlich erfolgte im Jahr 2004 die Scheidung. 2008 lauerte H. B. , der die Trennung von seiner Familie nicht akzeptieren konnte, dem älteren Bruder der Angeklagten auf und versuchte, ihn mit Messerstichen gegen den Oberkörper und mit einem Pflasterstein gegen den Kopf geführten Schlägen zu töten. Das Vorhaben scheiterte, weil der Bruder sich wehrte. Er trug allerdings erhebliche Verletzungen davon. H. B. verbüßte wegen dieser Tat eine mehrjährige Freiheitsstrafe, während deren Vollstreckung er in der Haft einen Verwandten der Angeklagten angriff, weshalb er ebenfalls verurteilt wurde. In der Folge wurde der später Getötete - insbesondere nach seiner Haftentlassung - von der gesamten Familie der Angeklagten als Bedrohung empfunden. Auch die Angeklagten lebten in beträchtlicher Angst vor ihm.
4
Am Tattag bemerkten die Angeklagten den später Getöteten, der auf dem Weg zu einem Supermarkt war. Jetzt beschlossen sie, H. B. , in dem sie eine dauernde Bedrohung der Familie sahen, zu beseitigen. Sie folgten ihm zum Geschäft, wo der Angeklagte A. O. ihn zunächst durch die Scheiben der Glasfront beobachtete. Dann postierten sich die Angeklagten an der äußeren Schiebetür des Marktes, so dass H. B. nicht passieren konnte. Als dieser dem Ausgang zustrebte, kam es im Bereich dieser Außentür zu einem kurzen und heftigen Wortwechsel zwischen ihm und den Angeklagten, die spätestens jetzt entschlossen waren, H. B. zu töten. Sie griffen diesen an und drängten ihn in Richtung des Kassenbereichs zurück. Bereits im Bereich der inneren Schiebetür, die unmittelbar in die Räumlichkeiten des Supermarkts führt und 3,5 m von der äußeren Tür entfernt ist, versetzten sie H. B. einen oder mehrere Messerstiche. Dieser versuchte, die Angeklagten von weiteren Angriffen abzuhalten, was ihm kurzzeitig auch mit Hilfe eines Einkaufswagens gelang, den ihm ein anderer Kunde zugeschoben hatte und den er zwischen sich und die Angeklagten zu bringen versuchte. Da die Angeklagten weiter auf ihn eindrangen, floh er zurück in den Kassenbereich. Dort stolperte er über eine Absperrung und kam zu Fall. Jetzt erreichten ihn die Angeklagten und stachen auf den Oberkörper des am Boden Liegenden ein, bis dieser sich nicht mehr regte. H. B. , der insgesamt 44 Stiche erhalten hatte, verstarb alsbald an Verbluten und einem Pneumothorax.
5
2. Die Revision des Nebenklägers
6
Die Revision des Nebenklägers I. B. , die eine Verurteilung der Angeklagten wegen Mordes erstrebt, hat Erfolg.
7
a) Allerdings hat das Landgericht auf der Grundlage seiner Feststellungen rechtsfehlerfrei das Vorliegen niedriger Beweggründe ausgeschlossen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts verwiesen.
8
b) Dagegen hält die Begründung, mit der das Landgericht eine heimtückische Begehungsweise verneint hat, der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
Das Landgericht hat das Mordmerkmal der Heimtücke deshalb nicht als gegeben angesehen, weil die Angeklagten die Überraschung des später Getöteten jedenfalls nicht ausgenutzt hätten. Sie hätten ihr Opfer zunächst durch die Scheibe des Supermarktes beobachtet und keine Anstalten unternommen, sich zu verbergen. Schließlich seien sie ihm offen in feindlicher Absicht entgegengetreten. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die Strafkammer von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
10
Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 - 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382, 383 f.; vom 20. Oktober 1993 - 5 StR 473/93, BGHSt 39, 353, 368; Beschluss vom 30. Oktober 1996 - 2 StR 405/96, StV 1998, 544). Heimtückisches Handeln erfordert jedoch kein "heimliches" Vorgehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Opfer auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2005 - 2 StR 236/05, NStZ-RR 2005, 309; vom 27. Juni 2006 - 1 StR 113/06, NStZ 2006, 502, 503; vom 16. Februar 2012 - 3 StR 346/11, NStZ 2012, 245 nur ). Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Abwehrversuche, die das durch einen überraschenden Angriff in seinen Verteidigungsmöglichkeiten behinderte Opfer im letzten Moment unternommen hat, stehen der Heimtücke daher nicht entgegen (BGH, Urteile vom 3. September 2002 - 5 StR 139/02, NStZ 2003, 146, 147; vom 22. August 1995 - 1 StR 393/95, NJW 1996, 471; vom 21. Januar 1970 - 3 StR 182/69, juris Rn. 6).
11
Nach diesen Maßstäben durfte das Landgericht zur Verneinung der Heimtücke nicht allein darauf abstellen, dass die Angeklagten dem später Getöteten offen und feindselig gegenübergetreten sind. Vielmehr hätte es prüfen müssen, ob der später Getötete, als er auf die Angeklagten zuging und danach mit ihnen zusammentraf, die Gefahr so rechtzeitig erkannte, dass er noch Zeit gehabt hätte, sie abzuwehren oder sich ihrer zu entziehen. Hierzu verhalten sich die Urteilsgründe indes nicht. Soweit die Strafkammer darüber hinaus das Fehlen des Ausnutzungsbewusstseins verneint hat, weil die Angeklagten jedenfalls nicht davon ausgegangen seien, mit ihrem von Tötungsvorsatz getragenen Angriff einen arglosen Menschen zu überraschen, ist dies durch die Urteilsgründe nicht belegt. Das Landgericht hat zwar angeführt, dass die Angeklagten dem später Getöteten offen gegenübertraten. Um ein Ausnutzungsbewusstsein zu verneinen, hätte es jedoch der weiteren Feststellung bedurft, dass sie eine mögliche hilflose Lage ihres Opfers nicht erkannten.
12
3. Die Revisionen der Angeklagten
13
Die Überprüfung des Urteils hat weder zum Schuldspruch noch zum Rechtsfolgenausspruch Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Näherer Ausführungen bedarf nur Folgendes:
14
a) Der Senat vermag widersprüchliche Feststellungen zum Zeitpunkt des Tötungsentschlusses, wie sie die Revision des Angeklagten A. O. geltend macht, nicht zu erkennen. Das Landgericht hat zunächst festgestellt, dass die Angeklagten bereits beschlossen, H. B. zu beseitigen, als sie diesen auf dem Weg zum Supermarkt erblickten. Spätestens als sie ihn nach dem kurzen Wortgefecht angriffen, seien sie entschlossen gewesen, H. B. zu töten. Damit hat das Landgericht lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sich der Entschluss, den später Getöteten zu beseitigen, verfestigt hatte und sie bereits zu diesem Zeitpunkt nicht nur Körperverletzungs-, sondern Tötungsvorsatz hatten. Auch die Ausführungen zur Beweiswürdigung weisen keinen Rechtsfehler auf. Dies gilt insbesondere auch zu den Fragen, wann der Tatentschluss gefasst wurde und ob die Angeklagten zunächst nur vorhatten, mit dem später Getöteten zu reden.
15
b) Die von der Revision des M. O. vorgebrachten Einwendungen gegen das angefochtene Urteil greifen ebenfalls nicht durch. DasLandgericht hat der Bemessung der Strafe alle relevanten Strafzumessungskriterien zugrunde gelegt. Dass es straferschwerend berücksichtigt hat, der Angeklagte habe sich zum Vollstrecker eines von ihm selbst gefällten Unwerturteils über H. B. gemacht, verstößt nicht gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB. Die Strafkammer hat insoweit das Motiv des Angeklagten zu der Gewalttat als unrechtserhöhend bewertet. Hiergegen gibt es nichts zu erinnern. Mit ihren Einwendungen gegen die Nichtannahme eines minder schweren Falles des Totschlags nimmt die Revision eine eigene Wertung der festgestellten Umstände der Tat vor.
16
Eine Erstattung der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin B. B. im Revisionsverfahren findet wegen der gleichfalls erfolglosen Revision der Nebenklägerin nicht statt.
Schäfer Pfister Hubert Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 120/16
vom
28. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:280616B3STR120.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 28. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 2. Dezember 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten Mordes in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit versuchtem Totschlag schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben, jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und die näher bezeichnete Tatwaffe eingezogen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seinen in allgemeiner Form erhobenen Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2
I. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
II. Die auf die allgemeine Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen hat sie keine weiteren Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben. Im Einzelnen:
4
1. Der Schuldspruch wegen versuchten Mordes in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen kann keinen Bestand haben.
5
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts eröffnete der Angeklagte, der erkannt hatte, dass Polizisten seine Wohnung durchsuchen wollten und der sich mit seiner halbautomatischen Selbstladepistole im beidhändigen Anschlag so im Flur seiner Wohnung positioniert hatte, dass er beim Öffnen der Tür den Hausflur einsehen konnte, unmittelbar nachdem der hinzugezogene Schlüsseldienst die Wohnungstür einen Spalt weit geöffnet hatte, aus dem im Dunklen liegenden Flur das Feuer. Er hatte zuvor den Plan gefasst, auf alle Personen zu schießen, die sich ihm nach der Türöffnung im Treppenhaus zeigen würden, um seine "Ehre" zu verteidigen. Innerhalb weniger Sekunden gab der Angeklagte fünf gezielte Schüsse auf den Schlüsseldienstinhaber und den vor der Tür positionierten Polizisten KHK A. ab. Nachdem ein anderer Polizist - KHK W. - seinerseits in Richtung der Wohnung des Angeklagten geschossen und dieser das erkannt hatte, gab der Angeklagte - wiederum nur Sekunden später - einen sechsten Schuss in Richtung der bereits fliehenden Polizisten KHK W. und KHK T. ab, die sich indes - wie auch die beiden anderen Polizisten und der Schlüsseldienstinhaber - aus dem Sicht- und Schussfeld des Angeklagten entfernen konnten.
6
b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen begegnet der Schuldspruch wegen versuchten Mordes in zwei tateinheitlich zusammentreffen Fällen (zum Nachteil des Schlüsseldienstinhabers und von KHK A. ) keinen Bedenken. Indes hält die Annahme, der Angeklagte habe auch bei der Schussabgabe auf KHK W. bzw. KHK T. heimtückisch gehandelt, sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
7
Heimtückisch handelt, wer eine zur Tatzeit beim Opfer bestehende Argund Wehrlosigkeit bewusst zur Tat ausnutzt. Arglos ist, wer sich eines Angriffs nicht versieht; wehrlos ist derjenige, dessen Verteidigungsfähigkeit aufgehoben oder erheblich eingeschränkt ist. Die Wehrlosigkeit muss sich als Folge der Arglosigkeit darstellen (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Urteil vom 3. September 2015 - 3 StR 242/15, juris Rn. 10 mwN).
8
Das Landgericht hat zu dem Merkmal der Arglosigkeit ausgeführt, dass sich die Polizisten und der Schlüsseldienstinhaber - trotz der routinemäßigen Vorsichtsmaßnahmen, die sie wie bei jeder Türöffnung ergriffen - in der konkreten Situation keines Angriffs auf ihre körperliche Unversehrtheit versehen hätten , vielmehr aufgrund des ihnen bekannten Vorlebens des polizeilich zu keiner Zeit in Erscheinung getretenen Angeklagten davon ausgegangen seien, dass er die ehemals legal besessenen Waffen ordnungsgemäß in einem Waffenschrank gelagert habe und lediglich versuche, deren Beschlagnahme hinauszuzögern. Trotz des Umstandes, dass KHK A. und KHK W. routinemäßig ihre Dienstwaffen gezogen hätten, seien sie wehrlos gewesen, weil sie in der Kürze der ihnen verbleibenden Reaktionszeit wirksame Gegenmaß- nahmen nicht hätten ergreifen können und weitere Schutzmaßnahmen wie etwa den Einsatz schusssicherer Schutzschilde aufgrund der von ihnen vorgenommenen Gefährdungseinschätzung nicht getroffen hätten.
9
aa) Diese Begründung erweist sich nur mit Blick auf die ersten fünf - nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen und Wertungen der Strafkammer mit Tötungsvorsatz und dem erforderlichen Ausnutzungsbewusstsein auf KHK A. und den Schlüsseldienstinhaber - abgegebenen Schüsse als rechtsfehlerfrei. Insoweit ist anerkannt, dass heimtückisches Handeln kein "heimliches" Vorgehen erfordert. Vielmehr kann das Opfer auch dann arg- und infolgedessen wehrlos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff etwas Wirkungsvolles entgegen zu setzen. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (BGH aaO mwN; MüKo-StGB/Schneider, 2. Aufl., § 211 Rn. 174 f. mwN).
10
Hier bestand für KHK A. und den Schlüsseldienstinhaber aufgrund des unerwarteten Angriffs keine Möglichkeit, den ersten Schuss abzuwenden oder sich anderweit dagegen zu verteidigen. Aufgrund der Kürze der Zeit zwischen dem ersten und den vier folgenden Schüssen war KHK A. - der unbewaffnete Schlüsseldienstinhaber hatte ohnehin keine Verteidigungsmöglichkeit - auch nicht in der Lage, diese abzuwehren. Dass beide im Folgenden fliehen konnten, weil der Angeklagte sie jedenfalls nicht so traf, dass sie in ihrer Fluchtmöglichkeit eingeschränkt wurden, steht der Annahme eines jeweils zu ihrem Nachteil versuchten Heimtückemords nicht entgegen, weil sie sich jedenfalls den ersten Schüssen nicht hatten entziehen können und es nur einen glücklichen Zufall darstellte, dass sie jedenfalls nicht schwerwiegend verletzt wurden. Als zutreffend erweist sich auch die rechtliche Bewertung des Landgerichts , das davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte jedenfalls nicht freiwillig von dem Versuch des Mordes zum Nachteil dieser Personen zurückgetreten ist.
11
bb) Anders stellt sich die Situation betreffend den sechsten auf KHK W. bzw. KHK T. abgegebenen Schuss dar. KHK W. hatte, nachdem er den Angriff des Angeklagten auf KHK A. und den Schlüsseldienstinhaber erkannt hatte, seinerseits zunächst "in Richtung der Wohnung des Angeklagten" geschossen und war unmittelbar im Anschluss daran mit KHK T. in dem Treppenhaus aufwärts in Richtung des zweiten Obergeschosses geflohen. Damit waren diese Beamten, bevor der Angeklagte auf sie schoss, erkennbar nicht mehr arglos.
12
Entgegen der Auffassung der Strafkammer waren sie auch nicht in dem Sinne wehrlos, dass sie dem Angriff nicht sinnvoll begegnen konnten: Der von KHK W. abgegebene Schuss - mag er auch "reflexartig" abgefeuert worden sein - schlug in der Wohnung des Angeklagten in der Zarge seiner Schlafzimmertür ein. Der Angeklagte nahm ihn wahr und richtete erst deshalb seine Aufmerksamkeit auf die fliehenden Beamten W. und T. , in deren Richtung er nun schoss. Dies verschaffte zugleich KHK A. und dem Schlüsseldienstinhaber weitere Zeit, sich aus der Schusslinie zu entfernen. Es kann mithin keine Rede davon sein, dass KHK W. seine Waffe nicht sinnvoll zur Verteidigung - auch der Rechtsgüter der anderen unter Beschuss geratenen Beteiligten - nutzen konnte. Die Strafkammer hat zudem nicht in den Blick genommen , dass die Wehrlosigkeit auch dadurch entfallen kann, dass sich das Opfer dem Angriff durch Flucht entzieht (MüKo-StGB/Schneider, aaO, Rn. 176 mwN). Bei Abgabe des sechsten Schusses waren KHK W. und KHKT. bereits auf dem Weg zu dem nächsten Treppenpodest, das sie unverletzt erreichten und sich damit außerhalb des Sicht- und Schussfelds des Angeklagten befanden. Mag es auch weitere Schutzmaßnahmen gegeben haben, die die Beamten nicht ergriffen, so stellt sich ihre Flucht jedenfalls als eine - letztlich erfolgreiche - Möglichkeit dar, sich dem Angriff wirkungsvoll zu entziehen.
13
c) Der Senat schließt aus, dass eine erneute Hauptverhandlung zu Feststellungen führen würde, die eine Verurteilung wegen versuchten Mordes insoweit rechtfertigen könnten, und ändert den Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte sich wegen versuchten Mordes in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit versuchtem Totschlag schuldig gemacht hat. Das Fehlen eines Mordmerkmals lässt es unberührt, dass der Angeklagte auch bei dem sechsten Schuss mit Tötungsvorsatz gegen die fliehenden Polizisten vorging. Insoweit ist nach den rechtsbedenkenfreien Feststellungen und Würdigungen des Landgerichts von einem fehlgeschlagenen Versuch auszugehen, von dem der Angeklagte nicht zurücktreten konnte.
14
2. Die Änderung des Schuldspruchs entzieht dem Strafausspruch die Grundlage, zumal die Strafkammer strafschärfend das Vorliegen mehrerer tateinheitlicher Mordversuche angenommen hat. Auch wenn zwei tateinheitlich zusammentreffende Mordversuche in Tateinheit mit versuchtem Totschlag verbleiben , kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Würdigung auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

5 StR 139/02

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 3. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. September
2002, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt L
als Verteidiger,
Rechtsanwalt D
als Vertreter der Nebenkläger Z
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten B Z gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 2. August 2001 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dadurch dem Angeklagten B Z entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte B Z hat die Kosten seiner Revision und die insoweit den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz in drei Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Dieses Urteil greift die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision nur insoweit an, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere im Sinne von § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint hat. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen das Urteil insgesamt. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrat der An- geklagte am 1. Januar 2001 nach 1.00 Uhr die Wohnung seiner Schwägerin N Z , um diese sowie deren Bruder I K und Cousin G K zu töten. Bereits beim Eintreten in das Wohnzimmer gab der Angeklagte aus seiner Pistole in Tötungsabsicht binnen weniger Sekunden in unmittelbarer Folge vier Schüsse auf diese drei Personen ab, wobei zwei Schüsse seine Schwägerin verletzten und ein Schuß deren Bruder traf, während der vierte Schuß deren Cousin verfehlte. Als dieser sich ihm entgegenwarf und an der Abgabe weiterer Schüsse hinderte, kam dem Angeklagten sein 16 Jahre alter Neffe – der Mitangeklagte M Z , der seine Verurteilung wegen Totschlags in zwei Fällen zu acht Jahren Jugendstrafe nicht angefochten hat – zu Hilfe und brachte das Opfer zu Boden. Nunmehr tötete der Angeklagte den Cousin mit fünf Schüssen. Die inzwischen in den Flur der Wohnung gelaufene Schwägerin verfolgte der Angeklagte dann, schoß auf sie, stach mit dem Messer auf sie ein, brachte sie in das Schlafzimmer und tötete sie dort mit zahlreichen weiteren Messerstichen. Daraufhin suchte der Angeklagte in der Wohnung nach dem Bruder, der sich auf dem Balkon versteckt hatte und dort hilflos verharrte. Der Angeklagte fand ihn, zerrte ihn vom Balkon und fügte ihm gemeinsam mit seinem Neffen über 30 Stich- und Schnittverletzungen zu, an denen er rasch verstarb.

II.


Die Revision des Angeklagten hat mit der allein erhobenen Sachrüge keinen Erfolg.
1. Die Urteilsfeststellungen beruhen auf einer tragfähigen, ausreichend begründeten Beweiswürdigung.
2. Der Schuldspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.

a) Daß der Angeklagte vorsätzlich drei Menschen getötet hat, hat der Tatrichter rechtsfehlerfrei festgestellt. Auch die Annahme, daß das Mordmerkmal der Heimtücke nach § 211 Abs. 2 StGB vorgelegen habe, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Anwendung des Mordmerkmals steht nicht entgegen, daß es in der Vergangenheit zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen war, in deren Verlauf der Angeklagte seine Schwägerin unter anderem bei einem Telefonanruf mit den Worten „Ich töte Dich“ bedroht hatte. Erforderlich für die Beseitigung der Arglosigkeit ist auch bei einem vorhergehenden Streit, daß das Opfer im Tatzeitpunkt mit einem tätlichen Angriff rechnet (BGHSt 32, 382, 384; 33, 363, 365; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 7, 13 und 27). Eine solche Erwartung hat der Tatrichter rechtsfehlerfrei mit der Erwägung ausgeschlossen, daß der Angeklagte in den Stunden vor der Tat seine Schwägerin dreimal angerufen und dabei erklärt hatte, er wolle in dieser Neujahrsnacht noch zu Besuch kommen, mit ihrem Bruder und ihrem Cousin Karten spielen, reden und Tee trinken, da er allein sei, seine Familie sei bei seinen Eltern. Zudem hatte er sich bereit erklärt , die beiden Männer anschließend mit seinem Auto nach Hause zu fahren , so daß sie nicht mit der U-Bahn fahren müßten. Dieses Versprechen hatte die beiden Männer schließlich zum Bleiben veranlaßt.
Weiterhin steht der Anwendung des § 211 StGB weder entgegen, daß I K und G K nach Abgabe der ersten beiden Schüsse auf die N Z mit einem Angriff auf sich rechnen mußten, noch daß G K sich nach Abgabe je eines weiteren Schusses auf ihn und auf I K dem Angeklagten entgegengeworfen hatte und ihn vorübergehend an der Abgabe weiterer Schüsse hindern konnte. Das Opfer kann auch dann arglos und wehrlos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt , das Opfer aber die drohende Gefahr erst im letzten Augenblick erkennt, so daß ihm keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen. Die Gefährlichkeit heimtückischen Handelns liegt darin, daß der Täter sein Opfer in hilf-
loser Lage überrascht und dadurch hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu entgehen oder doch wenigstens zu erschweren (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3, 15, 16). Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Abwehrversuche, die das durch einen überraschenden Angriff in seinen Verteidigungsmöglichkeiten behinderte Opfer im letzten Moment unternommen hat, stehen der Heimtükke daher nicht entgegen (BGH NJW 1996, 471; NStZ 1999, 506 m. w. N.). Die ersten vier Schüsse wurden auf die drei Opfer binnen weniger Sekunden in unmittelbarer Folge abgegeben. Bei der sich anschließenden Tötung der drei Personen handelte es sich um ein Geschehen, innerhalb dessen sich in wenigen Augenblicken die verschiedenen Teilakte aneinanderreihten. Die Getöteten hatten keine Chance des Entrinnens, nachdem sie einmal in die Gewalt des Angeklagten geraten waren.

b) Auch die Ausführungen zu dem Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe genügen den rechtlichen Anforderungen. Beweggründe sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind, wobei eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen hat (st. Rspr.; vgl. BGHSt 35, 116, 127; BGH StV 1996, 211, 212). Das Landgericht sieht die niedrigen Beweggründe zum einen darin, daß der Angeklagte seine Schwägerin getötet hat, um das Bekanntwerden ihrer durch ihn verursachten Schwangerschaft und eine damit mögliche Bedrohung seiner persönlichen Lebensumstände und Ehrhaftigkeit zu verhindern. Zum anderen nimmt der Tatrichter als Motiv gegenüber allen drei Opfern an, der Angeklagte sei wütend und verärgert gewesen über das von ihnen ausgegebene Geld seines Schwagers, das er für sich beanspruchte.
Das Landgericht hat nachvollziehbar dargelegt, warum die Motive des Angeklagten solche niedrigen Beweggründe darstellen und warum angesichts der getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen zur subjektiven
Seite vorgelegen haben. Das die Tötung seiner Schwägerin prägende Motiv steht nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe, weil der Angeklagte die Beendigung des Lebens eines Menschen als Mittel zur Verdekkung eigenen Fehlverhaltens eingesetzt hat (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 35, 37, 39). Wut und Haß, weil die drei Tatopfer die Durchsetzung seiner finanziellen Interessen teilweise verhindert hatten, beruhten ebenfalls auf niedrigen Beweggründen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 8, 16). Dem Angeklagten war durch seinen Rechtsanwalt mitgeteilt worden, daß er keinen Anspruch auf das von seiner Schwägerin ererbte Geld besaß. Die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war nicht aufgehoben und nicht einmal als schon erheblich eingeschränkt zu bewerten, wenngleich die Tat, die eine wesentliche Ursache in einer vom Angeklagten namentlich aufgrund seiner Herkunft aus einem fremden Kulturkreis erheblich konfliktbeladen gewerteten persönlichen Krisensituation gehabt hatte, von einer nicht unerheblichen affektiven Spannung begleitet war.

c) Auch die tatrichterliche Wertung der Tötungshandlungen als drei rechtlich selbständige Morde unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken.
Der Senat kann noch hinnehmen, daß der Tatrichter von der an sich näherliegenden Annahme von Tateinheit, die im Ergebnis an der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe und an der Beurteilung der wesentlichen Grundlage für die besondere Schuldschwere – vorsätzliche Tötung von drei Menschen unter Verwirklichung von jeweils zwei Mordmerkmalen – nichts ändern könnte, abgesehen hat.
3. Schließlich ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei. Die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe war rechtlich geboten. Außergewöhnliche Umstände , die die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe als unverhältnismäßig erscheinen lassen und zu einer Anwendung des Strafrahmens des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB führen können (vgl. BGHSt 30, 105, 119 ff.), liegen nicht
vor. Es handelt sich nicht um eine durch eine notstandsnahe, ausweglos er- scheinende Situation motivierte, in großer Verzweiflung begangene Tat. Vielmehr hat der Angeklagte ungeachtet der festgestellten Konfliktsituation letztlich doch aus niedrigen Beweggründen gehandelt.

III.


Die von der Staatsanwaltschaft angegriffene Ablehnung der Feststellung besonders schwerer Schuld im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB hält rechtlicher Nachprüfung noch stand.
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat der Tatrichter unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227). Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatrichterlichen Wertung eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat; es ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen (BGH NStZ 1998, 352, 353).
Das Landgericht hat bei der Prüfung der besonderen Schuldschwere eine zusammenschauende Würdigung des Mordgeschehens und der Täterpersönlichkeit vorgenommen. Dabei hat der Tatrichter namentlich bedacht, daß der Angeklagte drei Menschen unter Verwirklichung zweier Mordmerkmale getötet hat, was regelmäßig für die Feststellung besonderer Schuldschwere ausreichen wird. Das Landgericht hat seine abweichende Entscheidung jedoch maßgeblich auf die psychische Situation des Angeklagten gestützt. Dieser fühlte sich beim Fassen des Tatentschlusses und bei der Ausführung der Taten psychisch stark eingeengt. Diesen Zustand durfte der Tatrichter als maßgebliches Kriterium für die Ablehnung besonders schwerer Schuld werten, auch wenn er noch nicht die Qualität eines krankheitswerti-
gen Affektes, der die Anwendung des § 21 StGB gerechtfertigt hätte, erreicht hatte und bei der Besonderheit der Tatursachen auch noch nicht einmal das Vorliegen niedriger Beweggründe aus subjektiven Gründen in Frage stellen konnte.
Allerdings hat der Tatrichter einen nicht unbedeutenden Punkt – nämlich die Einbeziehung des zur Tatzeit 16 Jahre alten Neffen des Angeklagten, der ihn über alles geliebt und verehrt hat, in die Mordtaten – nicht ausdrücklich im Rahmen seiner Gesamtabwägung mitabgehandelt. Die Verstrickung eines Jugendlichen in ein schwerstes Kapitalverbrechen kann fraglos ein für die Schuldschwereentscheidung maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Gleichwohl schließt der Senat angesichts des sonst insgesamt außerordentlich sorgfältigen, das Leid der Opfer und den schweren Unrechtsgehalt des Gesamttatgeschehens wie die Konflikte der Täter mit sachverständiger Hilfe ausgewogen bewertenden tatrichterlichen Urteils aus, daß dieser Umstand, auch wenn er nicht ausdrücklich erörtert wurde, außer Betracht geblieben ist.
Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 250/05
vom
11. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1. Verdachts des Mordes
zu 2. Verdachts der Anstiftung zum Mord
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11. Oktober 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten S. ,
Rechtsanwälte und
als Verteidiger des Angeklagten U. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 12. Januar 2005 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Die Angeklagte S. wurde wegen Totschlags an A. U. zu zeitiger Freiheitsstrafe verurteilt. A. U. war Ehefrau des Angeklagten U. , mit dem die Angeklagte S. ein Verhältnis hatte. Der Angeklagte U. wurde vom Vorwurf der Anstiftung zur Tat der Angeklagten S. freigesprochen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen der Staat sanwaltschaft und des Nebenklägers. Sie erstreben eine Verurteilung der Angeklagten S. wegen Mordes und eine Verurteilung des Angeklagten U. wegen Anstiftung hierzu.
Die auch vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmitte l haben mit der Sachrüge Erfolg.

I.

Zur Angeklagten S. : 1. Die Strafkammer hat zum Tatgeschehen festgestellt: Die Angeklagte suchte A. U. in der en Wohnung in der Schweiz auf. Sie führte dabei zwei Messer und zwei Flaschen Sekt mit sich. Sie übergab der ahnungslosen A. U. eine Sektflasche als Geschenk. A. U. kochte Kaffee und stellte Kuchen auf den Tisch und entfernte sich dann kurz. Zum weiteren Geschehensverlauf hat die Strafkammer festgestellt : "Als A. U. …- die Tür … zumachte, trat die Angeklagte … an sie heran und packte sie am Hals. Zugunsten der Angeklagten ist davon auszugehen , dass sieA. U. nicht mehr - wie an sich beabsichtigt - von hinten, sondern von vorn erwischte und ihren Angriff mit den Worten 'Geli, es ist soweit' einleitete. ... A. U. , die … über erhebliche Körperkräfte verfügte, leistete heftige Gegenwehr.… Der ... größeren Angeklagten … gelang es … dennoch,A. U. im Würgegriff ins Wohnzimmer zu ziehen und dort zu Fall zu bringen. Sodann griff sie die … Sektflasche und versetzte A. U. damit … Schläge auf Kopf und Schulter. Anschließend versetzte sie A. U. mittels des … Küchenmessers einen Stich ins Herz ….". Heimtücke i. S. d. § 211 StGB lehnt die Strafkammer a b. Im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Angeklagte ihren Angriff auf A. U. ihren Würgegriff von vorne und mit den Worten "Geli, es ist soweit", einleitetet, sei Heimtücke aus Rechtsgründen zu verneinen.
2. Diese Erwägung hält, wie auch der Generalbundesanw alt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit des Opfers eines Tötungsdelikts kann auch dann bestehen, wenn der Täter ihm zwar offen entgegentritt , die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3; Senatsurteil vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04). Maßgeblich ist die Situation zum Zeitpunkt des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Dass die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers nachfolgend durch den Angriff beseitigt werden und das Opfer sich (noch) gegen den Täter wehrt, ändert nichts daran, dass zu Beginn des Angriffs Heimtücke gegeben sein kann, weil effektive Abwehrmittel zunächst nicht zur Verfügung standen (vgl. Lackner/Kühl StGB 25. Aufl. § 211 Rdn. 8). Es liegt nahe, dass es sich hier so verhält, jedenfalls wär e dies zu erörtern gewesen: Der erste Angriff war der völlig überraschende Würgeangriff, als A. U. die Tür schloss. Es versteht sich angesichts der Körperkräfte der Geschädigten und dem selbst in verzweifelter Lage von ihr noch geleisteten heftigen Widerstand zumindest nicht von selbst, dass die Angeklagte bei offenem feindseligen Verhalten den Hals der Geschädigten erreicht hätte. Der Würgegriff war aber die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Angeklagte ihr Opfer letztlich zu Fall bringen und ihr die tödlichen Schläge bzw. Stiche versetzen konnte. Gründe, die gegen die Annahme sprechen könnten, die A ngeklagte sei sich der Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit der Geschädigten nicht be-
wusst gewesen, sind nicht erkennbar (vgl. auch Senatsurteil vom 31. Mai 2005 - 1 StR 290/04) Der von der Strafkammer für möglich gehaltene Ausspruch "Geli, jetzt ist es soweit" kann an alledem nichts ändern, da er ersichtlich unmittelbar mit dem Würgeangriff zusammenfiel und daher keine Warnwirkung entfalten konnte.

II.

Zum Angeklagten U. : Nach den Feststellungen der Strafkammer hat der Angekla gte U. der Angeklagten S. für den Fall des Todes seiner Frau gemeinsame Lebensperspektiven in Aussicht gestellt und dies mit einzelnen Äuß erungen untermauert. So hat er etwa im Zusammenhang mit einer von seiner Frau unternommenen Schlittenfahrt zur Angeklagten S. gesagt: "Wenn sie abstürzen würde, könntest Du bei mir einziehen". Auf eine Äußeru ng der Angeklagten S. , sie wolle A. U. "am liebsten den Hals umdrehen" erwiderte er: "Wieso? Mach’s doch! Vielleicht können wir dann zusammenkommen wir zwei. Brauchst es nur mal machen". Diese und zahlreiche inhaltlich identische weitere Gespräche bewertet die Strafkammer dahin, dass sie geeignet waren, die Angeklagte "tatbereit zu machen". "Über derartige Gespräche hinaus" sei jedoch nicht festzustellen, dass "Einzelheiten der Tatausführung so weit besprochen wurden, wie dies bei der Persönlichkeit der AngeklagtenS. erforderlich war". Wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, reicht es für die Annahme einer Anstiftung i. S. d. § 26 StGB aus, wenn die von ihm an den
Täter gerichteten Aufforderungen zur Tatbegehung die Tat im Kern kennzeichnen und für den Tatentschluss mitursächlich waren. Eines alle Einzelheiten der Tatausführung festlegenden Tatplans bedurfte es dagegen auch hier nicht. Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Graf