Bundesgerichtshof Beschluss, 18. März 2015 - 2 StR 96/14

bei uns veröffentlicht am18.03.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 9 6 / 1 4
vom
18. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
hier: Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 GVG
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. März 2015 beschlossen:
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Die Ausdehnung der deutschen Strafgewalt auf Auslandstaten ausländischer Täter im Rahmen des § 6 Nr. 5 StGB bedarf zu ihrer Rechtfertigung eines hinreichenden Inlandsbezugs; die Auslieferung des im Ausland festgenommenen Beschuldigten und seine daran anschließende Festnahme im Inland vermögen einen solchen nicht zu begründen. 2. Er fragt deshalb beim 1. Strafsenat an, ob an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.

Gründe:

I.

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts übergab der Angeklagte, ein niederländischer Staatsangehöriger, im Auftrag eines niederländischen Rauschgiftlieferanten bei zwei Gelegenheiten im Juni und im August 2011 an Treffpunkten in den Niederlanden 40.000 bzw. 250.000 Ecstasy-Pillen gegen Entgelt an den früheren Mitangeklagten J. . Dieser war nach dem Kenntnis- stand des Angeklagten ein (deutscher) Kontaktmann des eigentlichen, wiederum niederländischen Abnehmers. In Wirklichkeit handelte es sich bei den Übergaben um polizeilich angeschobene Scheingeschäfte. Bei dem angeblichen Abnehmer handelte es sich um einen verdeckten Ermittler der niederländischen Polizei. Der Angeklagte wurde unmittelbar nach der zweiten Übergabe auf Grund eines Europäischen Haftbefehls festgenommen und am 17. Oktober 2011 an Deutschland ausgeliefert.
3
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, der geltend macht, deutsches Strafrecht sei nicht anwendbar, sowie die Sachbeschwerde erhebt.
4
2. Der Senat hält die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nicht für gegeben und erachtet die Revision insoweit für erfolgversprechend. Er ist in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt der Auffassung, dass sich nach den Feststellungen die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nur aus § 6 Nr. 5 StGB begründen ließe (nachfolgend II.). Insoweit teilt der Senat aber die Bedenken der Revision gegen die Annahme des Generalbundesanwalts, die Auslieferung des Angeklagten nach Deutschland könne einen die Anwendung des § 6 Nr. 5 StGB legitimierenden Anknüpfungspunkt darstellen (nachfolgend III.).

II.

5
Die Anwendung deutschen Strafrechts lässt sich nach den Feststellungen nur nach § 6 Nr. 5 StGB begründen.
6
Inländische täterschaftliche Tatbeiträge des früheren Mitangeklagten B. könnten zwar, wie das Landgericht in seinem im Urteil in Bezug genommenen und von der Revision mitgeteilten Beschluss vom 10. Mai 2012 richtig gesehen hatte, nach §§ 3, 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 StGB zur Anwendung deutschen Strafrechts führen. Solche Tatbeiträge hat das Landgericht aber im Urteil nicht festgestellt; im Rahmen der rechtlichen Würdigung wird lediglich ausgeführt, dass sich der Angeklagte den in Bonn erfolgten Tatbeitrag des früheren Mitangeklagten B. über § 9 Abs. 2 Satz 1 StGB zurechnen lassen müsse, ohne dass näher dargelegt wird, worin dieser bestehen soll. In der mitgeteilten Prozessgeschichte finden sich zwar Hinweise auf "vorherige Verhandlungen in Bo. "; diese Ausführungen erfolgten aber lediglich im Rahmen der Wiedergabe des Anklagevorwurfs und können daher ebenso wenig wie die ersichtlich vorläufigen Einschätzungen des Landgerichts im Beschluss vom 10. Mai 2012 konkrete tatbestandsmäßige und täterschaftliche Handlungen des Mitangeklagten B. belegen. Da der Angeklagte niederländischer Staatsangehöriger ist und nach Deutschland ausgeliefert wurde, sind auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 StGB nicht erfüllt.

III.

7
Der Senat ist mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Auffassung, dass § 6 Nr. 5 StGB Ausdruck des Weltrechtsprinzips ist (nachfolgend 1.), es aber insoweit zur Ausdehnung der deutschen Strafgewalt auf Auslandstaten ausländischer Täter eines legitimierenden Anknüpfungspunktes bedarf (nachfolgend 2.); die Auslieferung des Beschuldigten nach Deutschland und seine daran anschließende Festnahme im Inland vermögen indes keinen solchen hinreichenden Inlandsbezug zu begründen (nachfolgend 3.).
8
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 6 Nr. 5 StGB Ausdruck des Weltrechtsprinzips (vgl. Senat, Beschluss vom 3. November 2011 - 2 StR 201/11, NStZ 2012, 335 mit Anmerkung von Patzak; BGH, Urteil vom 22. September 2009 - 3 StR 383/09, NStZ 2010, 521; Beschluss vom 22. November 1999 - 5 StR 493/99, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 37; Urteile vom 12. November 1991 - 1 StR 328/91, BGHR StGB § 6 Nr. 5 Vertrieb 2; vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 336; vom 22. Januar 1986 - 3 StR 472/85, BGHSt 34, 1, 2, und vom 20. Oktober 1976 - 3 StR 298/76, BGHSt 27, 30, 32).
9
Daran hält der Senat fest. Die Entscheidung des Gesetzgebers, den unbefugten Vertrieb von Betäubungsmitteln grundsätzlich dem Weltrechtsprinzip zu unterwerfen, findet seine völkerrechtliche Rechtfertigung u. a. (zum EinheitsÜbereinkommen vom 30. März 1961 über Suchtstoffe vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1976 - 3 StR 298/76, BGHSt 27, 30, 33) im Wiener Übereinkommen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (BGBl. 1993 II, S. 1136 ff.). Dieses betont die Erkenntnis , "dass die Ausmerzung des unerlaubten Verkehrs [mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen] in die kollektive Verantwortung aller Staaten fällt". Dementsprechend wird in Art. 4 Abs. 3 des Übereinkommens die Ausübung einer über die dort einzeln aufgezählten - im deutschen Recht im Wesentlichen schon durch die §§ 3, 4 und 7 StGB umgesetzten - Jurisdiktionstitel hinausgehenden , nach innerstaatlichem Recht begründeten Strafbarkeit ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Dies lässt den Schluss auf die Geltung des Weltrechtsprinzips zu, dessen Funktion gerade darin besteht, eine Verfolgung von Straftaten gegen wichtige Rechtsgüter der internationalen Staatengemeinschaft zu ermöglichen (vgl. BVerfG, NJW 2001, 1848, 1852; so im Ergebnis auch Böse in NK-StGB, 4. Aufl., Vor § 3 Rn. 26, § 6 Rn. 13; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 6 Rn. 5; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., Vorbem. §§ 3-9 Rn. 19; Weber , BtMG, Vor §§ 29 ff. Rn. 121; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 149; differenzierend MüKo-StGB/Ambos, 2. Aufl., Vor §§ 3-7 Rn. 43, 49). Der im Schrifttum dagegen erhobenen Kritik (vgl. etwa Werle /Jeßberger in LK, 12. Aufl., § 6 Rn. 79; Roegele, Deutscher Strafrechtsimperialismus , 2014, S. 195 f.) ist zuzugeben, dass die in § 6 Nr. 5 StGB getroffene gesetzgeberische Entscheidung nicht zwingend war; sie ist aber angesichts des den Staaten insoweit eingeräumten weiten Ermessens (vgl. StIGH, PCIJ Series A Nr. 10 - The Case of the S. S. "Lotus", S. 18 ff.) nicht völkerrechtswidrig (BGH, Urteile vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 336 ff., und vom 20. Oktober 1976 - 3 StR 298/76, BGHSt 27, 30, 32 f.).
10
2. Um im Fall des § 6 Nr. 5 StGB die Ausdehnung deutscher Strafgewalt auf Auslandstaten ausländischer Täter zu rechtfertigen, müssen diese Taten über den Wortlaut der Vorschrift hinaus allerdings einen hinreichenden Inlandsbezug aufweisen.
11
a) Der Bundesgerichtshof hat bisher die Notwendigkeit eines Inlandsbezuges im Rahmen des § 6 Nr. 5 StGB zumeist mit der Erwägung offengelassen, dass der zu Grunde liegende Sachverhalt einen solchen aufweise, wobei alle Strafsenate, die sich mit dieser Problematik zu befassen hatten, eine Neigung zu diesem Erfordernis zu erkennen gegeben haben (vgl. BGH, Urteile vom 12. November 1991 - 1 StR 328/91, BGHR StGB § 6 Nr. 5 Vertrieb 2, vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 336, und vom 20. Oktober 1976 - 3 StR 298/76, BGHSt 27, 30, 33; vgl. auch BVerfG, NJW 2001, 1848, 1853; OLG Celle, Beschluss vom 15. September 2010 - 31 HEs 10/10, OLGSt StGB § 6 Nr. 3, insoweit in NStZ-RR 2011, 54 nicht abgedruckt). Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die die Notwendigkeit eines Inlandsbezugs in Frage stellen , sind demgegenüber nicht ersichtlich.
12
b) Nach Auffassung des Senats bedarf es - in Übereinstimmung mit weiten Teilen der Literatur (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 6 Rn. 5b; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 6 Rn. 1; MüKo-StGB/Ambos aaO § 6 Rn. 4; ders., Internationales Strafrecht, 4. Aufl., § 3 Rn. 100; Weber aaO Rn. 11; KK-StPO/Diemer, 7. Aufl., § 153c Rn. 2; vgl. auch Werle/Jeßberger in LK, 12. Aufl., § 6 Rn. 35) - eines solchen Inlandsbezuges, aus dem sich ein inländisches Interesse an der Verfolgung im Ausland begangener Straftaten ergeben muss. Die dagegen im Schrifttum teilweise erhobene Kritik (vgl. Eser in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 6 Rn. 1; SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 6 Rn. 3) greift nicht durch.
13
aa) Insoweit ist die Sachlage anders als bei völkerrechtlichen Kernverbrechen , bei denen der Gesetzgeber im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1999 - 3 StR 215/98, BGHSt 45, 64, 66) die Notwendigkeit eines Inlandsbezugs ausdrücklich verneint hat (§ 1 VStGB, vgl. BT-Drucks. 14/8524 S. 14). Für völkerrechtliche Kernverbrechen ist charakteristisch, dass das völkerrechtliche Vertrags- oder Gewohnheitsrecht eine weltrechtliche Verfolgung explizit und unbedingt vorschreibt (vgl. MüKo-StGB/Ambos aaO, Vor §§ 3-7 Rn. 43, § 6 Rn. 15; ders., Internationales Strafrecht, 4. Aufl., § 3 Rn. 94), was bei diesen Straftaten dem Erfordernis eines zusätzlichen Inlandsbezuges entgegensteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2001 - 3 StR 372/00, BGHSt 46, 292, 307 zu § 6 Nr. 9 StGB). Eine solche völkerrechtlich begründete, umfassende Verfolgungspflicht gilt für den unbefugten Vertrieb von Betäubungsmittel aber gerade nicht: vielmehr räumt Art. 4 Abs. 3 des Wiener Suchtstoffübereinkommens 1988 den Vertragsparteien nur eine weitergehende Verfolgungsmöglichkeit in dem Sinne ein, dass diese nach innerstaatlichem Recht ihre Strafgerichtsbarkeit über die im Übereinkommen explizit geregelten Jurisdiktionstitel hinaus ausdehnen können. Insoweit ist daher Raum für eine Begrenzung der inländischen Strafgewalt.
14
bb) Dass eine grundsätzliche Verfolgungspflicht sämtlicher im Ausland begangener Straftaten, die dem Anwendungsbereich des § 6 Nr. 5 StGB unterfallen , nicht in Betracht kommt, liegt schon mit Blick auf die begrenzten Ressourcen der deutschen Strafrechtspflege auf der Hand. Zudem wird regelmäßig eine Aufklärung und Verfolgung von Straftaten am Ort der Tatbegehung schnel- ler und effektiver möglich sein. Dem hat der Gesetzgeber durch die Möglichkeit, gemäß § 153c Abs. 1 StPO von der Strafverfolgung abzusehen, Rechnung getragen. Die Staatsanwaltschaft hat insoweit aber einen weiten Ermessensspielraum (vgl. KK-StPO/Diemer, 7. Aufl., § 153c Rn. 19), innerhalb dessen sie das öffentliche Interesse gegen widerstreitende Interessen abwägt (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 153c Rn. 1), ohne dass klare, die Ermessensausübung ausreichend vorhersehbar machende Kriterien erkennbar wären; solche lassen sich auch Nr. 94 Abs. 1 RiStBV nicht entnehmen.
15
Das Erfordernis eines materiell-rechtlich verstandenen Inlandsbezuges vermag demgegenüber eine gleichförmige, der revisionsrechtlichen Kontrolle zugängliche Rechtsausübung zu gewährleisten, was der Rechtssicherheit deutlich besser gerecht wird, als eine gerichtlich nicht überprüfbare Ermessensentscheidung ; dies gilt umso mehr angesichts der Bedeutung, die dieser Entscheidung für den Betroffenen im Hinblick auf die Weite des § 6 Nr. 5 StGB zukäme, wollte man auf eine materiell-rechtliche Einschränkung des Tatbestandes verzichten. Insoweit findet die Notwendigkeit eines Inlandsbezuges seine Grundlage letztlich im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes, zu dessen wesentlichen Elementen die Rechtssicherheit gehört (vgl. BVerfG, NJW 2012, 669, 672 mwN sowie BVerfGE 7, 89, 92; 13, 261, 271). Damit läuft die Vorschrift des § 153c Abs. 1 StPO auch nicht leer: vielmehr kann die Staatsanwaltschaft im Rahmen der dortigen Ermessenentscheidung von der Verfolgung absehen, obwohl ein Inlandsbezug vorliegt und deutsches Strafrecht anwendbar ist, und hierbei insbesondere außenpolitische Zweckmäßigkeitserwägungen berücksichtigen (siehe § 153c Abs. 3 StPO i.V.m. Nr. 94 Abs.1 Satz 2 RiStBV).
16
cc) Dieses Ergebnis entspricht zudem einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung des § 6 Nr. 5 StGB. Eine solche ist wegen des auch in Art. 2 Abs. 2 und 3 des Wiener Suchtstoffübereinkommens 1988 betonten völkerrechtlichen Nichteinmischungsgrundsatzes geboten. Das Erfordernis eines Inlandsbezuges führt insoweit zu einer sinnvollen Begrenzung des den Staaten in Art. 4 Abs. 3 dieses Übereinkommens eingeräumten Spielraums und kann daher schon auf Ebene des Tatbestandes Verstöße gegen den Nichteinmischungsgrundsatz vermeiden (vgl. MüKo-StGB/Ambos aaO Vor §§ 3-7 Rn. 13 ff., § 6 Rn. 4).
17
c) Als legitimierende Anknüpfungspunkte im Sinne eines Inlandsbezuges kommen nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Betracht : die spätere Einfuhr der im Ausland an einen Ausländer veräußerten Betäubungsmittel in das Bundesgebiet (BGH, Urteil vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 339), ein inländischer Sitz der die Betäubungsmittel produzierenden oder die dafür nötigen Rohstoffe liefernden Firma (BGH, Urteil vom 12. November 1991 - 1 StR 328/91, BGHR StGB § 6 Nr. 5 Vertrieb 2), die Festnahme des sich freiwillig im Bundesgebiet aufhaltenden Beschuldigten (BGH aaO), die Begehung einer mit der Auslandstat eng verknüpften Inlandstat (BGH aaO) sowie ein früherer Wohnsitz oder jedenfalls ein regelmäßiger oder längerer Aufenthalt des Beschuldigten im Inland (BGH, Urteil vom 21. Februar 2001 - 3 StR 372/00, BGHSt 46, 292, 307; Urteil vom 30. April 1999 - 3 StR 215/98, BGHSt 45, 64, 68; Senat, Beschluss vom 11. Dezember 1998 - 2 ARs 499/98, NStZ 1999, 236; BGH, Beschluss vom 18. August 1994 - AK 12/94, BGHR StGB § 6 Nr. 1 Völkermord 1; Beschluss - Ermittlungsrichter - vom 13. Februar 1994 - 1 BGs 100/94, NStZ 1994, 232, 233).
18
Kein ausreichender Inlandsbezug wurde dagegen im inländischen Aufenthalt des Tatopfers oder Anzeigeerstatters gesehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. Februar 1999 - 2 ARs 51/99 und vom 11. Dezember 1998 - 2 ARs 499/98, NStZ 1999, 236).
19
Die Frage, ob die Festnahme des ausländischen Beschuldigten im Inland nach Auslieferung einen legitimierenden Anknüpfungspunkt zu begründen vermag , ist vom 3. Strafsenat offengelassen worden (BGH, Urteil vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 338). Der 1. Strafsenat hat in seiner Entscheidung vom 12. November 1991 - 1 StR 328/91 (BGHR StGB § 6 Nr. 5 Vertrieb 2) offengelassen, ob es eines legitimierenden Anknüpfungspunktes bedarf, in der rechtmäßigen Auslieferung eines ausländischen Beschuldigten durch seinen Heimatstaat aber einen solchen Anknüpfungspunkt erblickt. Mit Urteil vom 5. November 2014 - 1 StR 299/14 hat der 1. Strafsenat entschieden, dass sich eine Inlandsberührung der Tat im Rahmen des § 6 Nr. 5 StGB ungeachtet der Bestimmungsorte der dort verfahrensgegenständlichen Rauschgiftlieferungen jedenfalls aus der Auslieferung des - in diesem Fall offenkundig deutschen - Angeklagten an Deutschland ergeben kann. Die anderen Strafsenate haben sich - soweit ersichtlich - bislang nicht zu dieser Frage geäußert.
20
3. Nach Ansicht des Senats vermag die Festnahme des Beschuldigten nach seiner Auslieferung allein keinen hinreichenden Inlandsbezug zu begründen.
21
Zwar wird man dem Einverständnis des ausliefernden Staates mit der Auslieferung entnehmen können, dass jedenfalls dieser in der Strafverfolgung des Beschuldigten keinen Verstoß gegen den Nichteinmischungsgrundsatz erblickt (so wohl auch der 1. Strafsenat in seinem Urteil vom 12. November 1991 - 1 StR 328/91, BGHR StGB § 6 Nr. 5 Vertrieb 2); die Frage, ob dies als Inlandsbezug ausreicht, könnte aber schon anders zu beurteilen sein, wenn der ausliefernde Staat nicht mit dem Staat identisch ist, in dessen Staatsgebiet die Tat begangen wurde oder aus dem der Beschuldigte stammt. Ungeachtet dessen erschöpft sich die Funktion des Inlandsbezugs, wie dargelegt, nicht in der Vermeidung von Verstößen gegen den Nichteinmischungsgrundsatz; vielmehr soll dadurch zugleich eine gleichförmige, vorhersehbare Rechtsanwendung gewährleistet werden, was insoweit zu einer materiell-rechtlichen Einschränkung des § 6 Nr. 5 StGB führt. Aus diesem Grund ist deutsches Strafrecht von vornherein nicht anwendbar, wenn ein Bezug zum Inland fehlt. Unter diesem Gesichtspunkt rügt die Revision zu Recht, dass ein Auslieferungsersuchen, auch auf Grund eines Europäischen Haftbefehls, die Strafbarkeit der Tat nach deutschem Recht und damit die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts gerade voraussetzt und sie daher nicht erst begründen kann (vgl. BGH - Ermittlungsrichter -, Beschluss vom 2. Juli 2012 - 2 BGs 152/12, StV 2013, 304, 306 zum Erlass eines Haftbefehls in einer vergleichbaren Konstellation). Die der Auslieferung nachfolgende Festnahme im Inland ist nur deren unmittelbare Folge und kann daher für sich ebenfalls keinen hinreichenden Inlandsbezug begründen. Anders läge der Fall dann, wenn vor dem Auslieferungsersuchen ein diesem zu Grunde liegender tragfähiger Inlandsbezug vorgelegen hätte, der auch nach Durchführung des Strafverfahrens noch anzunehmen wäre. Dies ist nach den insoweit unergiebigen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil hier nicht der Fall.

IV.

22
1. Der Senat beabsichtigt, das Urteil aufzuheben und die Sache zur Klärung der Frage, ob deutsches Strafrecht möglicherweise aus anderen Gründen anwendbar ist, an das Landgericht zurückzuverweisen.
23
Nach den Urteilsgründen erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass sich mittäterschaftliche Tathandlungen des früheren Mitangeklagten B. feststellen lassen, die nach §§ 3, 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 StGB zur Anwendung deutschen Strafrechts führen könnten. Selbst wenn diese Handlungen nur als Beihilfe zu werten wären und für den Angeklagten daher keinen inländischen Tatort begründen könnten (vgl. Werle/Jeßberger in LK, 12. Aufl., § 9 Rn. 16 mwN), würden sie jedenfalls einen die Anwendung des § 6 Nr. 5 StGB rechtfertigenden Inlandsbezug darstellen. In der bisherigen Rechtsprechung ist anerkannt , dass bereits die Begehung einer mit der Auslandstat eng verknüpften Inlandstat die deutschen Strafverfolgungsbehörden zum Einschreiten berechtigt (s. o. III.2.c). Für inländische Tatbeiträge eines Gehilfen zu der im Ausland begangenen Haupttat kann nichts anderes gelten. Die Feststellung derartiger Tatbeiträge und ihres Umfangs ist aber mit den Mitteln des dem Revisionsgericht allein zur Verfügung stehenden Freibeweisverfahrens nicht zuverlässig möglich, sondern erfordert eine Beweisaufnahme nach strengbeweislichen Grundsätzen. In dieser Konstellation ist es angezeigt, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Tatgericht zurückzuverweisen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Februar 2001 - 2 StR 458/00, BGHSt 46, 307, 309 f. mwN).
24
2. Dieser beabsichtigten Entscheidung steht zwar nicht die Rechtsprechung des 3. Strafsenats entgegen, da dieser die Frage, ob die Festnahme des ausländischen Beschuldigten im Inland nach Auslieferung einen legitimierenden Anknüpfungspunkt zu begründen vermag, ausdrücklich offengelassen hat (BGH, Urteil vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 338). Auch das Urteil des 1. Strafsenats vom 5. November 2014 - 1 StR 299/14 dürfte nicht entgegenstehen, da es die Auslieferung eines Deutschen und damit eine andere Fallkonstellation betraf, wie schon die Wertung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB zeigt.
25
Entgegenstehen könnte aber die Entscheidung vom 12. November 1991 - 1 StR 328/91 (BGHR StGB § 6 Nr. 5 Vertrieb 2), in der der 1. Strafsenat die Auslieferung eines ausländischen Beschuldigten durch seinen Heimatstaat als ausreichenden Inlandsbezug angesehen hat. Der Senat hat erwogen, ob diese Rechtsansicht - die im vorliegenden Fall die Verwerfung der Revision zur Folge hätte - nicht tragend gewesen sein könnte, da in der Entscheidung weitere, auch vorgreifliche, Anknüpfungspunkte für die Anwendung deutschen Strafrechts (insbesondere der inländische Sitz der die Betäubungsmittel produzierenden oder die dafür nötigen Rohstoffe liefernden Firma) genannt werden (vgl. Franke in LR, 26. Aufl., § 132 GVG Rn. 6). Um sicherzustellen, dass eine mögliche Divergenz nicht übersehen wird, fragt der Senat gleichwohl gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG beim 1. Strafsenat an, ob an etwa entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird (vgl. auch Franke aaO Rn. 8).
Fischer Krehl Eschelbach Ott Zeng

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(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.

(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter

1.
zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder
2.
zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 201/11
vom
3. November 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. November 2011 gemäß § 154a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) die Verfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit versuchter Durchfuhr von Betäubungsmitteln beschränkt,
b) das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. Januar 2011 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit versuchter Durchfuhr von Betäubungsmitteln verurteilt ist,
c) das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen erklärte sich der Angeklagte für einen Kurierlohn von 3.000 Euro bereit, einen Drogentransport auf dem Luftweg von Mexiko über Frankfurt am Main nach Brüssel durchzuführen. Die ihm von seinem Auftraggeber übergebenen und mit Drogen präparierten Koffer bewahrte er mehrere Tage in seinem Hotelzimmer in Mexiko auf, bevor er sie am Tag seines Abfluges bis Brüssel durchcheckte. Bei der Kontrolle seines Transitgepäcks am Frankfurter Flughafen am 24. September 2010 wurden 1.537,1 Gramm Kokain mit 1.267,8 Gramm Wirkstoff aufgefunden.
3
2. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts beschränkt der Senat gemäß § 154a Abs. 2 StPO die Verfolgung auf den Vorwurf der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit versuchter Durchfuhr von Betäubungsmitteln. Die Beschränkung erfolgt, weil Zweifel bestehen, ob auf den vom Angeklagten, einem italienischen Staatsangehörigen , ausschließlich im Ausland ausgeübten Besitz an den Betäubungsmitteln das deutsche Strafrecht anwendbar ist.
4
a) Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB liegen nach den Urteilsgründen nicht vor. Entsprechende Feststellungen hat das Landgericht nicht getroffen mit der Folge, dass entsprechende Ermittlungen vom Revisionsgericht nachgeholt werden müssten.
5
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich die Anwendung deutschen Strafrechts auch nicht schon aus § 6 Nr. 5 StGB, denn diese Vorschrift , nach der für den "unbefugten Vertrieb von Betäubungsmitteln" das Weltrechtsprinzip gilt, erfasst nicht deren Besitz (st. Rspr. Senat, StV 1984, 286; BGH NStZ 2010, 521). Insoweit kommt es nicht auf den Begriff des "Handeltreibens" im Sinne des § 29 BtMG an, der "jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit" erfasst (vgl. BGHGS, NJW 2005, 3790, 3792 mwN) und der den Besitz von Betäubungsmitteln als unselbständiges , im täterschaftlichen Handeltreiben aufgehendes Teilstück des Geschehens umfasst (BGHSt 30, 359 ff; 25, 290). Der Begriff des "Vertriebs" ist vielmehr autonom auszulegen. Im Sinne des § 6 Nr. 5 StGB vertreibt Betäubungsmittel, wer allein oder durch seine Mitwirkung ihren in der Regel entgeltlichen Absatz an andere fördert (BGHSt 34, 1, 2); gefordert wird eine Tätigkeit, die ein Betäubungsmittel entgeltlich in den Besitz eines anderen bringen soll (Kühl, Lackner/ Kühl, StGB 27. Aufl. § 6 Rn. 2; Eser, Schönke/Schröder StGB 28. Aufl. § 6 Rn. 6; Heintschel-Heinegg, Beck OK StGB Ed. 14 § 6 Rn. 3). Von den zahlreichen Teilakten des Handeltreibens werden durch den "Vertrieb" nur solche erfasst , die unmittelbar auf Weitergabe gerichtet sind (vgl. auch Schrader NJW 1986, 2874, 2876).
6
Auch nach seinem Sinn und Zweck gebietet § 6 Nr. 5 StGB keine andere Auslegung. Vom Schutzzweck her sachgerecht und vom Gesetzgeber erkennbar gewollt ist es, dem Betäubungsmittelhandel, der wegen seiner grenzüberschreitenden Gefährlichkeit auch Inlandsinteressen berührt, durch Anwendung des deutschen Strafrechts auf den Händler entgegenzuwirken, gleich welcher Staatsangehörigkeit er ist und wo er die Tat begangen hat (BGHSt 34, 1, 3). Dies ist für den Auslandbesitz als solchen nicht anzunehmen.
7
Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Besitz an Betäubungsmitteln vorliegend mit dessen Vertrieb (hier in Form der Beihilfe zum Handeltreiben) in Tateinheit steht (vgl. insoweit BGH, NStZ 2010, 521). Allein die tateinheitliche Begehungsweise bewirkt nicht, dass eine Tathandlung auch materiell-rechtlich von der anderen erfasst wird.
8
3. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte aber nicht nur der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig, sondern auch der versuchten Durchfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BtMG (Senat, Beschlüsse vom 20. Juni 2007 - 2 StR 221/07 und vom 7. Mai 2008 - 2 StR 144/08).
9
Der Senat hat den Schuldspruch selbst geändert. Beide Taten stehen im Verhältnis der Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 1983 - 2 StR 693/83). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, zumal schon die zugelassene Anklage die versuchte Durchfuhr umfasste.
10
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Kammer hat zwar im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt , dass das Schwergewicht der Tat auf der Beihilfe lag und der daneben verwirklichte Besitz von Betäubungsmitteln die Tat gegenüber anderen Kurierfällen "nicht schwerwiegender erscheinen lässt" (UA S. 11). Der Senat kann gleichwohl nicht ausschließen, dass die Kammer bei veränderten Strafrahmen eine mildere Strafe verhängt hätte.
Fischer Appl Berger Krehl Ott

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen werden, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.

(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter

1.
zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder
2.
zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

Dieses Gesetz gilt für alle in ihm bezeichneten Straftaten gegen das Völkerrecht, für Taten nach den §§ 6 bis 12 auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist. Für Taten nach § 13, die im Ausland begangen wurden, gilt dieses Gesetz unabhängig vom Recht des Tatorts, wenn der Täter Deutscher ist oder die Tat sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richtet.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung von Straftaten absehen,

1.
die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen sind oder die ein Teilnehmer an einer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangenen Handlung in diesem Bereich begangen hat,
2.
die ein Ausländer im Inland auf einem ausländischen Schiff oder Luftfahrzeug begangen hat,
3.
wenn in den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches die Vereinigung nicht oder nicht überwiegend im Inland besteht und die im Inland begangenen Beteiligungshandlungen von untergeordneter Bedeutung sind oder sich auf die bloße Mitgliedschaft beschränken.
Für Taten, die nach dem Völkerstrafgesetzbuch strafbar sind, gilt § 153f.

(2) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, wenn wegen der Tat im Ausland schon eine Strafe gegen den Beschuldigten vollstreckt worden ist und die im Inland zu erwartende Strafe nach Anrechnung der ausländischen nicht ins Gewicht fiele oder der Beschuldigte wegen der Tat im Ausland rechtskräftig freigesprochen worden ist.

(3) Die Staatsanwaltschaft kann auch von der Verfolgung von Straftaten absehen, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine außerhalb dieses Bereichs ausgeübte Tätigkeit begangen sind, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.

(4) Ist die Klage bereits erhoben, so kann die Staatsanwaltschaft in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und des Absatzes 3 die Klage in jeder Lage des Verfahrens zurücknehmen und das Verfahren einstellen, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.

(5) Hat das Verfahren Straftaten der in § 74a Abs. 1 Nr. 2 bis 6 und § 120 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art zum Gegenstand, so stehen diese Befugnisse dem Generalbundesanwalt zu.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung von Straftaten absehen,

1.
die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen sind oder die ein Teilnehmer an einer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangenen Handlung in diesem Bereich begangen hat,
2.
die ein Ausländer im Inland auf einem ausländischen Schiff oder Luftfahrzeug begangen hat,
3.
wenn in den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches die Vereinigung nicht oder nicht überwiegend im Inland besteht und die im Inland begangenen Beteiligungshandlungen von untergeordneter Bedeutung sind oder sich auf die bloße Mitgliedschaft beschränken.
Für Taten, die nach dem Völkerstrafgesetzbuch strafbar sind, gilt § 153f.

(2) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, wenn wegen der Tat im Ausland schon eine Strafe gegen den Beschuldigten vollstreckt worden ist und die im Inland zu erwartende Strafe nach Anrechnung der ausländischen nicht ins Gewicht fiele oder der Beschuldigte wegen der Tat im Ausland rechtskräftig freigesprochen worden ist.

(3) Die Staatsanwaltschaft kann auch von der Verfolgung von Straftaten absehen, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine außerhalb dieses Bereichs ausgeübte Tätigkeit begangen sind, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.

(4) Ist die Klage bereits erhoben, so kann die Staatsanwaltschaft in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und des Absatzes 3 die Klage in jeder Lage des Verfahrens zurücknehmen und das Verfahren einstellen, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.

(5) Hat das Verfahren Straftaten der in § 74a Abs. 1 Nr. 2 bis 6 und § 120 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art zum Gegenstand, so stehen diese Befugnisse dem Generalbundesanwalt zu.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 2 9 9 / 1 4
vom
5. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
4. November 2014, in der Sitzung am 5. November 2014, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Mosbacher
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung
vom 4. November 2014 –,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung
vom 4. November 2014 –
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 24. Januar 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und
b) hinsichtlich Ziffer 3. (Anrechnungsentscheidung).
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Es hat zusätzlich ausgesprochen, dass die in Thailand verbüßte Strafhaft von drei Jahren und vier Monaten und die in Thailand erlittene Abschiebehaft von drei Monaten und zwei Wochen jeweils im Verhältnis 1 : 2 auf die Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen sind.
2
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision gegen die Anrechnung der in Thailand erlittenen Haft auf die Gesamtstrafe. Sie ist der Auffassung , stattdessen hätte alleine ein Härteausgleich vorgenommen werden dürfen. Der Generalbundesanwalt vertritt die Revision der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten mit dem Ziel, auf die unter Vornahme eines Härteausgleichs zu bildende Gesamtstrafe die in Thailand erlittene Freiheitsentziehung letztlich im Verhältnis 1 : 3 zur Anrechnung zu bringen.
3
Das Rechtsmittel hat im Ergebnis Erfolg.

I.


4
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist nicht auf die Überprüfung der Anrechnung der im Ausland erlittenen Haft beschränkt; sie erfasst auch den Gesamtstrafenausspruch. Zwar kann sich grundsätzlich der Revisionsangriff auch auf die Frage der Anrechnung bereits vollstreckter Haft im Sinne von § 51 StGB beschränken; die Beschränkung ist indes nur dann wirksam, wenn die Strafhöhe selbst mit der Anrechnung in keiner Wechselwirkung steht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 1955 – 3 StR 552/54, BGHSt 7, 214, 215 f.; allg. zur Teilanfechtung BGH, Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35). Ist hingegen ein Sachzusammenhang zwischen der Strafhöhe und der Anrechnung bereits erlittener Haft gegeben, scheidet eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Frage der Anrechnung aus. Die Anrechnung der im Ausland erfolgten Freiheitsentziehung kann von dem Revisionsangriff nicht ausgenommen sein, wenn sie mit der Strafhöhe selbst unmittelbar verbunden ist.
5
So liegt es hier. Der Sachzusammenhang zwischen der Bemessung der Gesamtstrafe und der Anrechnung ergibt sich schon aus der Begründung des Urteils, denn das Landgericht hat die Ablehnung eines Härteausgleichs und damit einer Minderung der Strafhöhe auf die vorzunehmende Anrechnung der Auslandshaft gestützt. Ungeachtet einer möglichen Auslegung des Revisionsantrags der Staatsanwaltschaft wäre eine etwaige Beschränkung des Rechtsmittels auf die Anrechnungsentscheidung der Strafkammer deshalb unwirksam, denn die Gesamtstrafenbildung ist rechtlich selbständiger Überprüfung in dieser Konstellation nicht zugänglich.

II.


6
Das Landgericht hat u.a. folgende Feststellungen getroffen:
7
Der in Thailand lebende Angeklagte hatte spätestens seit Mitte des Jahres 2006 begonnen, in Bangkok zur Finanzierung seines Lebensunterhalts Eu- ropäer anzuwerben, die bereit waren, als Kuriere hochwertiges „Nepal“- Haschisch im Kilogrammbereich von Asien nach Europa zu überführen. Zu diesem Zweck trat der Angeklagte in Absprache mit dem gesondert Verfolgten K. an den gesondert Verfolgten G. heran, der zu drei im Einzelnen nicht feststellbaren Zeitpunkten zwischen Anfang Juni und Ende Dezember 2006 jeweils mindestens acht Kilogramm Haschisch von Thailand über Indien nach Großbritannien verbrachte. Für seine Tätigkeit, die neben dem Anwerben des Kuriers auch darin bestand, alle für den Betäubungsmitteltransport erforderlich werdenden Vorbereitungen zu treffen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, wurde der Angeklagte mit Beträgen von jeweils mindestens 2.500 EUR entlohnt.
8
Bis Anfang des Jahres 2008 erweiterten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte K. ihre Geschäfte dergestalt, dass fortan neben dem An- geklagten auch der gesondert Verfolgte Gu. dem gesondert Verfolgten K. Betäubungsmittelkuriere europäischer Herkunft zuführen sollte. Der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Gu. sollten in arbeitsteiligem Zusammenwirken tatbereite Personen anwerben, für diese Reiserouten erstellen, die erforderlichen Reiseunterlagen, Dokumente und Geldmittel bereitstellen und gegebenenfalls als Kontaktpersonen agieren. In Ausführung dieser Abrede warben der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Gu. in der Folgezeit Personen an, die im Zeitraum zwischen dem 18. April 2008 und dem 1. November 2009 in sieben Fällen Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 10% in Mengen von 7,1 bis 43,9 Kilogramm nach jeweiliger Weisung zu verschiedenen Zielorten in Europa transportierten.
9
Am 26. Oktober 2009 wurde der Angeklagte in Thailand von den dortigen Behörden vorläufig festgenommen und mit Urteil des Strafgerichtshofs Bangkok/Thailand vom 16. November 2010, rechtskräftig seit dem 16. Dezember 2010, wegen Verstoßes gegen das thailändische Betäubungsmittelgesetz neben einer (vollständig bezahlten) Geldstrafe zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Verurteilung lagen Vorwürfe aus dem Zeitraum von April 2009 bis zum Tag der Festnahme im Zusammenhang mit Betäubungsmitteldelikten zugrunde. Nach Verbüßung der im Rahmen einer Amnestie auf drei Jahre und vier Monate gemilderten Strafe in thailändischen Gefängnissen befand sich der Angeklagte drei Monate und zwei Wochen in Abschiebehaft, bevor er am 11. März 2013 von Thailand nach Deutschland überstellt wurde.
10
Zu den Haftbedingungen hat das Landgericht festgestellt, die Strafhaft gegen den Angeklagten sei spätestens seit Ende des Jahres 2009 in dem eigens für Betäubungsmitteldelinquenten eingerichteten Gefängnis „Bombat“ in Bangkok vollstreckt worden. Der Angeklagte habe die Haft während der ersten vier Monate in verschiedenen Zellen verbracht, die jeweils mit bis zu sechzig Häftlingen belegt und räumlich sehr beengt gewesen seien. Schlafplätze seien nur in geringer Anzahl vorhanden gewesen, der Angeklagte habe mit einer Decke auf dem Betonboden schlafen müssen, regelmäßiger enger Körperkontakt zu Mitgefangenen sei dabei unvermeidbar gewesen. So habe sich der Angeklagte in einer der Zellen etwa einen Schlafplatz von einem Meter Breite mit zwei weiteren Inhaftierten teilen müssen.
11
Nach einer Beschwerde über die Deutsche Botschaft sei der Angeklagte im März 2010 in den sogenannten Infirmary Hospital Block verlegt worden, in dem er bis mindestens November 2012 untergebracht gewesen sei. Um eine mit deutschen Verhältnissen vergleichbare Krankenstation habe es sich dabei aber nicht gehandelt. Der Unterschied zu den sonstigen Zellen habe darin bestanden , dass eine Zelle nur mit zwanzig bis vierzig Häftlingen belegt gewesen sei. Diese seien dafür jedoch zum Teil an Tuberkulose oder an Parasiten erkrankt gewesen oder hätten an Verletzungen aus Auseinandersetzungen mit anderen Gefangenen gelitten. Im Hospital Block habe der Angeklagte einen Schlafplatz für sich alleine in Form einer Bettrolle der Größe von etwa 80cm auf 180cm gehabt.
12
Die hygienischen Bedingungen seien während der gesamten Haftzeit durchweg verheerend gewesen. So sei die Abwasserversorgung in den thailändischen Gefängnissen unter Inkaufnahme der Emissionsfolgen überwiegend oberirdisch geführt worden; sämtliche Zellen seien mit nur einer Toilette und nur einer einfachen Waschgelegenheit für alle Gefangenen ausgestattet gewesen. Im Hospital-Bereich hätten zudem regelmäßig die Leichen verstorbener Mitgefangener in den Gängen gelegen. Arbeits- oder Freizeitangebote habe es zu keiner Zeit gegeben.

13
Die Haftbedingungen des Angeklagten während der Abschiebehaft seien denjenigen im Hospital Block ähnlich gewesen; allerdings habe es dort keine kranken Mitgefangenen in den Zellen gegeben.

III.


14
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Urteils mit den zugehörigen Feststellungen (und zur Zurückverweisung) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und über die Anrechnungsentscheidung. Diese war schon deshalb aufzuheben, weil die Berechnung des Zeitraums der anzurechnenden Haft fehlerhaft erfolgt ist. Dieser Fehler hat sich auf die hiermit verknüpfte Gesamtstrafenbildung ausgewirkt.
15
1. Die von der Strafkammer bei der Bemessung der Gesamtstrafe (§ 54 StGB) angestellten Erwägungen zu der Frage, ob dem Angeklagten aufgrund der in Thailand erlittenen Haft ein Härteausgleich zu gewähren ist, begegnen für sich betrachtet im Ansatz keinen sachlich-rechtlichen Bedenken. Die Vornahme eines Härteausgleichs konnte nicht losgelöst von der gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB zu treffenden Anrechnungsentscheidung beurteilt werden, denn das kompensationsbedürftige Ausmaß einer unbilligen Härte ist damit unauflösbar verbunden. Die Strafe kann sich infolge der Anrechnung – etwa bei einem gegebenenfalls erhöhten Maßstab – so stark reduzieren, dass ein weiterer Strafrabatt bei der Bemessung der Gesamtstrafe eine ungerechtfertigte Doppelprivilegierung des Angeklagten zur Folge hätte. Umgekehrt hat diese Wechselwirkung zur Folge, dass – wie hier – ein der Anrechnungsentscheidung anhaftender Rechtsfehler bereits auf die Bildung der Gesamtstrafe durchschlagen kann.

16
a) Die Voraussetzungen für den Ausgleich der Härte, die sich für den Angeklagten aus der bereits in Thailand vollstreckten Strafe ergab, lagen vor.
17
aa) Die Vornahme eines Härteausgleichs ist nach den allgemeinen Grundsätzen immer dann geboten, wenn sich für den Angeklagten aus der Nichtberücksichtigung einer Vorverurteilung bei der Bemessung einer Gesamtstrafe eine unbillige Härte ergibt und die Summe der Strafen anderenfalls schuldunangemessen wäre. Ist nach § 55 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung an sich möglich, scheitert sie aber daran, dass die zunächst erkannte Strafe bereits vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, oder wird durch die Zäsurwirkung einer früheren Strafe die Bildung einer Gesamtstrafe verhindert, so ist die darin liegende Härte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Bemessung der nunmehr zu verhängenden Strafe auszugleichen (BGHSt 12, 94, 95; 31, 102, 103; 33, 131, 132; 41, 310, 312; 43, 79, 80).
18
Im Ergebnis das gleiche gilt im Falle der Verurteilung des Angeklagten durch ein ausländisches Gericht, soweit hypothetisch eine Aburteilung der Auslandstat auch im Inland nach deutschem Recht möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80; Beschluss vom 2. September 1997 – 1 StR 317/97, NStZ 1998, 134; Beschluss vom 30. Oktober 1997 – 1 StR 659/97, NStZ-RR 1998, 204; Beschluss vom 15. Dezember 1999 – 5 StR 608/99, NStZ-RR 2000, 105; Urteil vom 26. September 2007 – 1 StR 276/07, NStZ 2008, 709, 710; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09,NJW 2010, 2677, 2678; Fischer StGB, 61. Aufl., § 55 Rn. 21b mwN). Zwar sind im Ausland verhängte Strafen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung über § 55 StGB nicht zugänglich, weil eine Gesamtstrafe mit ei- ner von einem ausländischen Gericht verhängten Strafe schon wegen des damit verbundenen Eingriffs in deren Vollstreckbarkeit ausgeschlossen ist (vgl. BGHSt 43, 79; BGH, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 16; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09, NJW 2010, 2677). Die Grundsätze des Härteausgleichs greifen demgegenüber aber Platz. Dem liegen dieselben Erwägungen zugrunde, als wenn nach Jugendrecht und Erwachsenenrecht getrennt abgeurteilte Straftaten an sich gesamtstrafenfähig wären; auch in diesem Fall ist die Härte auszugleichen, die darin liegt, dass die Bildung einer Gesamtstrafe aus einer Jugendstrafe und einer Freiheitsstrafe des allgemeinen Strafrechts unzulässig ist (vgl. BGHSt 14, 287, 288; 36, 270, 272; 43, 79, 80). Auch bei der Verurteilung eines Angeklagten in zwei verschiedenen Staaten hängt die getrennte oder gemeinsame Verurteilung von Zufälligkeiten wie insbesondere der Art der Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit dem betroffenen ausländischen Staat auf dem Gebiet der Strafrechtspflege und dem Bestehen bi- oder multinationaler Übereinkommen ab.
19
bb) Die Aburteilung der dem thailändischen Strafurteil zugrunde liegenden Taten wäre vor einem inländischen Gericht möglich gewesen. Die Geltung deutschen Strafrechts ergibt sich aus § 6 Nr. 5 StGB, wonach das deutsche Strafrecht unabhängig von dem Recht des Tatorts für den unbefugten Vertrieb von Betäubungsmitteln im Ausland, wie etwa die Organisation von Rauschgifttransporten , Anwendung findet (vgl. BGHSt 27, 30; 34, 334 f.). Eine Inlandsberührung der Tat resultiert hier ungeachtet der Bestimmungsorte der verfahrensgegenständlichen Rauschgiftlieferungen jedenfalls aus der Auslieferung des Angeklagten an die Bundesrepublik Deutschland (vgl. BGH, Urteil vom 8 April 1987 – 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 338).
20
b) Härteausgleich und Anrechnung bereits erlittener Freiheitsentziehung verfolgen dem Grunde nach verschiedene Regelungsziele.
21
aa) Die Gewährung eines Härteausgleichs dient der Vermeidung eines schuldinadäquaten Gesamtstrafübels, weil eine bereits vollstreckte Strafe nicht mehr gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Gesamtstrafenbildung herangezogen werden kann (BGHSt 12, 94, 95; 31, 102, 103; 33, 131, 132; 41, 310, 312; 43, 79, 80). Ob der Tatrichter den Härteausgleich durch die Bildung einer fiktiven Gesamtstrafe unter Einbeziehung der erledigten Verurteilung, die dann um die vollstreckte Strafe zu mindern ist, vornimmt, oder den Umstand, dass eine Gesamtstrafenbildung mit der früheren Strafe nicht mehr möglich ist, unmittelbar bei der neuen Festsetzung der Strafhöhe berücksichtigt, steht in seinem freien Ermessen (BGH, Urteil vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80; Urteil vom 26. September 2007 – 1 StR 276/07, NStZ 2008, 709, 710).
22
bb) Bei der Anrechnung bereits vollstreckter Haft gemäß § 51 StGB handelt es sich demgegenüber eher um eine Angelegenheit der Vollstreckung. Konstitutive Wirkung kommt alleine der in den Tenor aufzunehmenden Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB zu (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, NJW 1994, 1484, 1485; Beschluss vom 6. Februar 2002 – 2 StR 489/01, StV 2002, 540; Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418 [insow. nicht abgedr.]). Diese ermöglicht eine angemessene Berücksichtigung des Strafübels, das dem Angeklagten durch die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung widerfahren ist, und der Abwägung, wie viel dieses Übel von demjenigen bereits vorweg genommen hat, mit dem das inländische Urteil ihn belasten will (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1981 – 1 StR 648/81, BGHSt 30, 282, 283). In dem für ihn spürbaren Strafübel soll der Angeklagte vergleichsweise so stehen, als sei der gesamte Strafvollzug im Inland erfolgt.
23
c) Die Anrechnungsfähigkeit der in Thailand erlittenen Haft hat das Landgericht zutreffend bejaht.
24
aa) Gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB wird auf eine inländische Strafe die ausländische Strafe, soweit sie vollstreckt ist, angerechnet, wenn der Angeklagte im Ausland wegen derselben Tat bestraft worden ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Anrechnung nicht nur dann zu erfolgen hat, wenn das ausländische und das inländische Urteil dieselbe Tat i.S. des prozessualen Tatbegriffs gemäß § 264 StPO betreffen (BGH, Urteil vom 25. Juni 1953 – 4 StR 108/53, NJW 1953, 1522; BGHSt 29, 63, 64; BGH, Urteil vom 7. Februar 1990 – 2 StR 601/89, NStZ 1990, 231, 232). Sie ist ebenso vorzunehmen , wenn die ausländische Strafvollstreckung eine selbständige prozessuale Tat betrifft, die im inländischen Erkenntnis nicht mitabgeurteilt wird, die aber Gegenstand des inländischen Strafverfahrens gewesen ist (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 176). Der Regelungsgedanke des § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB, der verhindern will, dass der Täter durch eine Doppelverurteilung, zu der es kommt, weil ein früher ergangenes Strafurteil im Ausland nicht zum Strafklageverbrauch im Inland geführt hat, schlechter gestellt wird, als wäre er für die Tat (im prozessualen Sinne) nur einmal im inländischen Verfahren verurteilt worden, beansprucht in diesem Fall gleichermaßen Geltung. Der Angeklagte soll durch die Anrechnung der ausländischen Strafvollstreckung andererseits aber auch nicht besser stehen, als wenn Verurteilung und Vollstreckung sämtlich im Inland erfolgt wären (vgl.
BGH, Urteil vom 17. Juli 1979 – 1 StR 261/79, BGHSt 29, 63, 65; Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 176).
25
Die Erwägung, den Täter so zu stellen, als sei die gesamte Vollstreckung in Deutschland erfolgt, hat die Auslegung des § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB nach dem Vorbild des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Folge, der die Anrechnung früherer im Inland erlittener Freiheitsentziehung regelt. Danach setzt die Anrechnung (nur) voraus, dass die Freiheitsentziehung aus Anlass einer Tat vollstreckt worden ist, die Gegenstand des Verfahrens war oder ist. Dieses Verständnis, wonach von einem einheitlichen – über § 264 StPO hinausgehenden – Tatbegriff in § 51 Abs. 1 und Abs. 3 StGB auszugehen ist, liegt auch deshalb nahe, weil Absatz 3 Satz 2 auf Absatz 1 der Vorschrift verweist und für die Ungleichbehandlung im In- und Ausland erlittener Haft auch sonst kein sachlicher Grund besteht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 178; LK-StGB/Theune, 12. Aufl., § 51 Rn. 21; Fischer StGB, 61. Aufl., § 51 Rn. 17).
26
bb) Die Voraussetzungen für die Anrechnung gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 StGB liegen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts hier vor. Die dem thailändischen Straferkenntnis zugrunde liegende(n) Tat(en) ist (sind) Gegenstand des Verfahrens geworden, weil sie Eingang in das Ermittlungsverfahren gefunden haben, das der vorliegenden Verurteilung des Angeklagten zugrunde liegt. Für die Bestimmung des Gegenstands eines Ermittlungsverfahrens ist eine formelle Sichtweise anzulegen. Ob die Aktenlage zu einem Verfolgungswillen der Ermittlungsbehörden führt und in welchem Umfang tatsächlich Ermittlungen stattfinden, spielt dafür keine Rolle. Es reicht vielmehr bereits aus, dass das ausländische Verfahren aktenkundig geworden und durch die faktische Befassung damit in das inländische Verfahren eingeflossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 1990 – 2 StR 601/89, NJW 1990, 1428, 1429). Soweit die dem ausländischen Erkenntnis zugrunde liegende Tat rechtlich auch in Gestalt der Prüfung des Härteausgleichs Eingang in das Verfahren gefunden hat, kommt dem daneben kein Gewicht zu.
27
Die in Thailand erlittene Freiheitsentziehung war daher grundsätzlich auf die vorliegend verhängte Strafe anzurechnen. Anrechnungsfähig ist dabei dem Rechtsgedanken des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB und auch des § 450a StPO entsprechend nicht nur die Strafhaft, sondern jede Art der justizförmigen Freiheitsentziehung , also etwa auch – hier trotz langer Zeitdauer zwischen der Inhaftierung des Angeklagten und dem Erlass des Urteils in Thailand nicht festgestellter – Untersuchungs- und Auslieferungshaft (vgl. BayObLG NJW 1963, 2238; LK-StGB/Theune, 12. Aufl., § 51 Rn. 24).
28
d) Liegen die Voraussetzungen sowohl für die Gewährung eines Härteausgleichs als auch für die Anrechnung von Auslandshaft vor, darf dies im Ergebnis aber keine ungerechtfertigte Privilegierung des Angeklagten zur Folge haben. Eine solche läge vor, wenn dem Angeklagten die im Ausland erlittenen Haftbedingungen über die Vornahme eines Härteausgleichs einen Strafrabatt einbringen und bei der Anrechnung der Auslandshaft abermals zu seinen Gunsten berücksichtigt würden. Der Angeklagte soll im Ergebnis weder besser noch schlechter stehen, als wäre das gesamte Tatgeschehen im Inland abgeurteilt worden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 177 mwN).
29
Es bedarf aus diesem Grunde der Entscheidung, ob die Auswirkung der Anrechnungsentscheidung bereits bei der Prüfung des Härteausgleichs Berücksichtigung finden muss oder umgekehrt zunächst dessen ungeachtet ein Strafrabatt (auch wegen entgangener Gesamtstrafenbildung) durch den Härteausgleich zu gewähren und ein hierdurch eingetretener Vorteil danach über die Absenkung des – anderenfalls anzusetzenden – Anrechnungsmaßstabs auszugleichen ist. Beide Ansätze verhindern im Ergebnis gleichermaßen, dass dem Angeklagten die ausländische Haft doppelt zu Gute kommt, fügen sich in das Rechtsgefüge aber nicht friktionslos ein. Die Berücksichtigung der Anrechnungsentscheidung bereits bei der Entscheidung über die Gesamtstrafe hat zur Konsequenz, dass formale Vollstreckungselemente wie materielle Strafzumessungsgründe wirken. Dem Rechtsgedanken des § 51 Abs. 3 StGB ist dies grundsätzlich fremd, denn er ist nicht auf eine Herabsetzung der Strafe angelegt , sondern auf die rein formale Anrechnung erlittenen Vollzugs. Das Bestehen einer tat- und schuldangemessenen Strafe setzt die Anrechnungsentscheidung gerade voraus.
30
Nicht weniger angreifbar erscheint demgegenüber die vorrangige Gewährung des Härteausgleichs ohne Berücksichtigung der Anrechnungsentscheidung. Würde der erlittene Vollzug nämlich im Ergebnis zu einer nicht vertretbaren Aushöhlung der Gesamtstrafe führen, kann dem nur durch Herabsetzung des Anrechnungsmaßstabes angemessen entgegen gewirkt werden. Die Anrechnung als solche sieht das Gesetz in § 51 StGB aber zwingend vor, sie steht nicht im Ermessen des Tatgerichts. Dem Tatrichter kann dies im Einzelfall abverlangen, einen komplizierten Anrechnungsmaßstab zu bestimmen, um gerade bei langjährigen Strafen angemessene Ergebnisse zu erzielen, während die Bestimmung des Härteausgleichs nach seinem Ermessen nicht beziffert werden muss. Zu unbefriedigenden Konsequenzen führte der Vorrang des Här- teausgleichs vor allem aber bei innereuropäischen Vorverurteilungen, die regelmäßig mit einem Maßstab 1 : 1 auf die im Inland verhängte Strafe anzurechnen sind. Wurde hier aufgrund des aus der Auslandshaft resultierenden Strafübels bereits eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt, ist die Entstehung eines ungerechtfertigten Privilegs unvermeidlich, denn eine Anrechnung der Strafe 1 : 1 hat zwingend stattzufinden. Der Angeklagte würde in diesem Fall vergleichsweise besser gestellt, als wären alle Taten im Inland abgeurteilt worden.
31
Aus all diesen Erwägungen und insbesondere unter dem Aspekt der Praktikabilität hält der Senat die zuerst genannte Lösung für vorzugswürdig. Das Tatgericht hat die später zu treffende Anrechnungsentscheidung bereits bei Prüfung des Härteausgleichs in den Blick zu nehmen und die Bemessung der Gesamtstrafe daran auszurichten (vgl. auch Senat, Urteil vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 82). Rechtsfehler im Rahmen der Anrechnungsentscheidung können deshalb – wie hier (nachfolgend 2.) – zur Folge haben, dass die Gesamtstrafenbildung insgesamt rechtsfehlerhaft ist.
32
e) Als rechtsfehlerhaft erweist sich die Prüfung des Härteausgleichs im Übrigen auch, weil das Landgericht die in dem thailändischen Straferkenntnis ebenfalls verhängte und von dem Angeklagten vollständig bezahlte Geldstrafe (UA S. 4) unberücksichtigt gelassen hat. Diese wäre – ebenso wie die Freiheitsstrafe – im Sinne des § 55 StGB gesamtstrafenfähig gewesen. Anders als bei der vollstreckten Freiheitsstrafe besteht eine Wechselwirkung zu der Anrechnungsentscheidung nach § 51 Abs. 3 StGB mit der Folge des dargelegten Spannungsfelds hier nicht. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass bereits die Berücksichtigung der hierdurch eingetretenen Härte im Ergebnis zur Verhängung einer milderen Gesamtfreiheitsstrafe geführt hätte.
33
2. Die von der Strafkammer vorgenommene Anrechnung der in Thailand vollstreckten Haft weist Rechtsfehler schon im Hinblick auf die Feststellung der anrechenbaren Haftzeiten auf. Ferner lässt das Urteil die gebotene Differenzierung zwischen den verschiedenen Haftorten vermissen.
34
a) Der Zeitraum der angerechneten Haftdauer wird von den Feststellungen des Urteils nicht getragen. Ausweislich der Urteilsgründe wurde der Angeklagte in Thailand am 26. Oktober 2009 festgenommen und am 11. März 2013 nach Deutschland abgeschoben. Er kann sich in Thailand demnach nicht länger als drei Jahre, vier Monate und zwei Wochen in Haft befunden haben. Der Tenor des angegriffenen Urteils sieht indessen die Anrechnung thailändischer Haft von insgesamt drei Jahren, sieben Monaten und zwei Wochen auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe vor. Die Anrechnung des nach den Feststellungen zu der tatsächlich erlittenen Haft überschießenden Zeitfensters verstößt gegen § 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 StGB. Ob insoweit die tatsächlichen Haftzeiten fehlerhaft festgestellt oder aber – was näher liegt – die rechnerische Verlängerung der Abschiebehaft nicht bei der Strafhaft in Abzug gebracht wurde, lässt sich dem Urteil nicht sicher entnehmen.
35
b) Dessen ungeachtet fehlen auch Feststellungen dazu, wie lange sich der Angeklagte an welchem Haftort aufgehalten hat. Fand eine Inhaftierung an verschiedenen Haftorten und demnach unter verschiedenen Bedingungen statt, hat die Anrechnungsentscheidung dies in den Blick zu nehmen und die Bestimmung des jeweiligen Maßstabes an den konkret für diesen Zeitraum fest- gestellten Bedingungen auszurichten (vgl. SSW-StGB/Eschelbach, 2. Aufl., § 51 Rn. 31; NK-StGB/Kett-Straub, 4. Aufl., § 51 Rn. 38 mwN).
36
aa) Nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB hat der Tatrichter den für die Anrechnung der im Ausland erlittenen Haft anzulegenden Maßstab nach seinem Ermessen zu bestimmen. Er hat dafür das im Ausland erlittene Strafübel zu schätzen und in ein dem inländischen Strafensystem zu entnehmendes Äquivalent umzusetzen (vgl. RGSt 35, 41; BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 1981 – 1 StR 648/81, BGHSt 30, 282, 283 und vom 28. Januar 1986 – 1 StR 652/85, NStZ 1986, 312 f.). Maßgeblich hierfür ist die Bewertung, wie schwer das Übel wiegt, das dem Verurteilten durch die ausländischen Strafverfolgungsmaßnahmen widerfahren ist, und wieviel dieses Übel von demjenigen schon vorweggenommen hat, mit dem das inländische Urteil den Angeklagten belasten will; dabei ist der Maßstab zu berücksichtigen, der sich aus dem Vergleich der ausländischen mit der inländischen Strafenordnung ergibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 1981 – 1 StR 648/81, BGHSt 30, 282, 283 und vom 28. Januar 1986 – 1 StR 652/85, NStZ 1986, 312 f.).
37
Grundsätzlich ist bei Freiheitsentziehungen im Ausland, jedenfalls in Staaten der Europäischen Union, von einem Anrechnungsmaßstab 1 : 1 auszugehen ; besondere Belastungen bei der ausländischen Freiheitsentziehung durch erheblich erschwerte Haftbedingungen können im Einzelfall aber dazu führen, dass der Maßstab unter Berücksichtigung der besonderen Umstände in einem für den Angeklagten günstigeren Verhältnis zu wählen ist. Grundlage für die Vornahme dieser Bewertung sind die Haftbedingungen im Einzelfall, also in der konkreten Haftanstalt (vgl. SSW-StGB/Eschelbach, 2. Aufl., § 51 Rn. 31; NK-StGB/Kett-Straub, 4. Aufl., § 51 Rn. 38). In einzelnen Ländern können die Haftbedingungen von Haftanstalt zu Haftanstalt unterschiedlich sein, so dass der Tatrichter im Einzelnen auch die konkrete Haftanstalt festzustellen hat, in der der Angeklagte inhaftiert war. Ist der Angeklagte – wie hier – an verschiedenen Haftorten inhaftiert gewesen, so hat das Tatgericht nicht nur die einzelnen Haftanstalten zu benennen und die dort vorherrschenden Haftbedingungen festzustellen; es hat auch die konkreten Zeiträume der jeweiligen Inhaftierung darzulegen und in seine Würdigung miteinzustellen. Nur dann besteht eine für die rechtsfehlerfreie Ermessensausübung tragfähige Tatsachengrundlage. Anhaltspunkte für die Bewertung der Relation der Hafterschwernis in ausländischen Vollzugsanstalten sind etwa die Einrichtung und Ausgestaltung der Haftzellen , die Belegungssituation, die Vorhaltung ärztlicher Betreuung, das Personal , Beschäftigungs- und Kontaktmöglichkeiten, das Essen und vor allem auch die hygienischen Verhältnisse (vgl. die Nachw. bei NK-StGB/Kett-Straub, 4. Aufl., § 51 Rn. 38).
38
Auf dieser Tatsachengrundlage hat der Tatrichter in einem zweiten Schritt für jede Inhaftierung des Angeklagten an einem anderen Haftort in eigenständiger Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände einen angemessenen Anrechnungsmaßstab zu bestimmen. Erweisen sich die Haftbedingungen auch bei verschiedener Unterbringung in derselben Haftanstalt als unterschiedlich stark belastend, kann im Einzelfall die Bestimmung unterschiedlicher Anrechnungsmaßstäbe – für dann konkret darzulegende Zeiträume – angezeigt sein.
39
bb) Diesem Maßstab genügt das angefochtene Urteil nicht. Nach den Feststellungen war der Angeklagte spätestens seit Ende des Jahres 2009 in dem Gefängnis „Bombat“ in Bangkok inhaftiert. Ob der bereits am 26. Oktober 2009 festgenommene Angeklagte sich vorher in einem anderen Gefängnis befand , lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Er wurde dann auf ein Verlegungsgesuch unter Einschaltung der Deutschen Botschaft in den sogenannten Infirmary Hospital Block und schließlich nach Vollverbüßung der Strafhaft zur Vollstreckung von Abschiebehaft in eine weitere Haftanstalt verlegt. Die vorherrschenden Bedingungen an diesen drei Haftorten hat das Landgericht zwar hinreichend festgestellt. Indes lässt das Urteil aber insoweit Feststellungen dazu vermissen, wie lange sich der Angeklagte genau in welchem Gefängnis bzw. welcher Abteilung des Gefängnisses befunden hat. Soweit das Landgericht im Anschluss zur Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs eine einheitliche Würdigung der Hafterschwernis vorgenommen hat und unterschiedslos zu der Bestimmung eines Anrechnungsmaßstabs gelangt ist, lässt dies besorgen, dass das Landgericht die dargelegten Rechtsgrundsätze verkannt und von dem ihm in § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB eingeräumten Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht hat. Die getroffene Anrechnungsentscheidung kann bereits deshalb keinen Bestand haben.
40
3. Die vorbenannten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Gesamtstrafe und über die Anrechnung der in Thailand erlittenen Freiheitsentziehung; aufgrund des dargelegten Widerspruchs waren auch die zughörigen Feststellungen aufzuheben.
41
Das neue Tatgericht wird unter Beachtung der dargelegten Grundsätze die zu treffende Anrechnungsentscheidung bereits bei der Bemessung der Gesamtstrafe in den Blick zu nehmen haben. Sollten im Hinblick auf die Zeiträume der Inhaftierung des Angeklagten in den einzelnen Gefängnissen präzisierende Feststellungen nicht getroffen werden können, hätte das neue Tatgericht zugunsten des Angeklagten von der höchstmöglichen Aufenthaltsdauer des Angeklagten in dem Gefängnis mit den schlechtesten Bedingungen auszugehen und diese so taggenau zu bestimmen. Im Hinblick auf die im Urteil geschilder- ten Haftbedingungen weist der Senat darauf hin, dass der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit für die Anrechnung in Thailand erlittener Haft auch schon einen vom Tatgericht angelegten Maßstab von 1 : 3 für rechtsfehlerfrei erachtet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11). Die Höhe des jeweiligen Anrechnungsmaßstabs für die verschiedenen Haftzeiten hat der neue Tatrichter unter jeweils eigenständiger Gesamtwürdigung der festgestellten Haftbedingungen zu bestimmen. Der für jeden Inhaftierungszeitraum neu festzulegende Anrechnungsmaßstab ist in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 1982 – 3 StR 56/82, NStZ 1982, 326; Beschluss vom 26. Mai 1983 – 4 StR 265/83, NStZ 1983, 455; Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 177).
42
Im Übrigen wird der neue Tatrichter bei der Prüfung eines Härteausgleichs auch die – im Urteil nicht bezifferte, aber vollständig bezahlte – Geldstrafe erkennbar zu bedenken haben. Rothfuß Graf Jäger Mosbacher Fischer

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 2 9 9 / 1 4
vom
5. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
4. November 2014, in der Sitzung am 5. November 2014, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Mosbacher
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung
vom 4. November 2014 –,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung
vom 4. November 2014 –
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 24. Januar 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und
b) hinsichtlich Ziffer 3. (Anrechnungsentscheidung).
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Es hat zusätzlich ausgesprochen, dass die in Thailand verbüßte Strafhaft von drei Jahren und vier Monaten und die in Thailand erlittene Abschiebehaft von drei Monaten und zwei Wochen jeweils im Verhältnis 1 : 2 auf die Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen sind.
2
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision gegen die Anrechnung der in Thailand erlittenen Haft auf die Gesamtstrafe. Sie ist der Auffassung , stattdessen hätte alleine ein Härteausgleich vorgenommen werden dürfen. Der Generalbundesanwalt vertritt die Revision der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten mit dem Ziel, auf die unter Vornahme eines Härteausgleichs zu bildende Gesamtstrafe die in Thailand erlittene Freiheitsentziehung letztlich im Verhältnis 1 : 3 zur Anrechnung zu bringen.
3
Das Rechtsmittel hat im Ergebnis Erfolg.

I.


4
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist nicht auf die Überprüfung der Anrechnung der im Ausland erlittenen Haft beschränkt; sie erfasst auch den Gesamtstrafenausspruch. Zwar kann sich grundsätzlich der Revisionsangriff auch auf die Frage der Anrechnung bereits vollstreckter Haft im Sinne von § 51 StGB beschränken; die Beschränkung ist indes nur dann wirksam, wenn die Strafhöhe selbst mit der Anrechnung in keiner Wechselwirkung steht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 1955 – 3 StR 552/54, BGHSt 7, 214, 215 f.; allg. zur Teilanfechtung BGH, Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35). Ist hingegen ein Sachzusammenhang zwischen der Strafhöhe und der Anrechnung bereits erlittener Haft gegeben, scheidet eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Frage der Anrechnung aus. Die Anrechnung der im Ausland erfolgten Freiheitsentziehung kann von dem Revisionsangriff nicht ausgenommen sein, wenn sie mit der Strafhöhe selbst unmittelbar verbunden ist.
5
So liegt es hier. Der Sachzusammenhang zwischen der Bemessung der Gesamtstrafe und der Anrechnung ergibt sich schon aus der Begründung des Urteils, denn das Landgericht hat die Ablehnung eines Härteausgleichs und damit einer Minderung der Strafhöhe auf die vorzunehmende Anrechnung der Auslandshaft gestützt. Ungeachtet einer möglichen Auslegung des Revisionsantrags der Staatsanwaltschaft wäre eine etwaige Beschränkung des Rechtsmittels auf die Anrechnungsentscheidung der Strafkammer deshalb unwirksam, denn die Gesamtstrafenbildung ist rechtlich selbständiger Überprüfung in dieser Konstellation nicht zugänglich.

II.


6
Das Landgericht hat u.a. folgende Feststellungen getroffen:
7
Der in Thailand lebende Angeklagte hatte spätestens seit Mitte des Jahres 2006 begonnen, in Bangkok zur Finanzierung seines Lebensunterhalts Eu- ropäer anzuwerben, die bereit waren, als Kuriere hochwertiges „Nepal“- Haschisch im Kilogrammbereich von Asien nach Europa zu überführen. Zu diesem Zweck trat der Angeklagte in Absprache mit dem gesondert Verfolgten K. an den gesondert Verfolgten G. heran, der zu drei im Einzelnen nicht feststellbaren Zeitpunkten zwischen Anfang Juni und Ende Dezember 2006 jeweils mindestens acht Kilogramm Haschisch von Thailand über Indien nach Großbritannien verbrachte. Für seine Tätigkeit, die neben dem Anwerben des Kuriers auch darin bestand, alle für den Betäubungsmitteltransport erforderlich werdenden Vorbereitungen zu treffen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, wurde der Angeklagte mit Beträgen von jeweils mindestens 2.500 EUR entlohnt.
8
Bis Anfang des Jahres 2008 erweiterten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte K. ihre Geschäfte dergestalt, dass fortan neben dem An- geklagten auch der gesondert Verfolgte Gu. dem gesondert Verfolgten K. Betäubungsmittelkuriere europäischer Herkunft zuführen sollte. Der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Gu. sollten in arbeitsteiligem Zusammenwirken tatbereite Personen anwerben, für diese Reiserouten erstellen, die erforderlichen Reiseunterlagen, Dokumente und Geldmittel bereitstellen und gegebenenfalls als Kontaktpersonen agieren. In Ausführung dieser Abrede warben der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Gu. in der Folgezeit Personen an, die im Zeitraum zwischen dem 18. April 2008 und dem 1. November 2009 in sieben Fällen Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 10% in Mengen von 7,1 bis 43,9 Kilogramm nach jeweiliger Weisung zu verschiedenen Zielorten in Europa transportierten.
9
Am 26. Oktober 2009 wurde der Angeklagte in Thailand von den dortigen Behörden vorläufig festgenommen und mit Urteil des Strafgerichtshofs Bangkok/Thailand vom 16. November 2010, rechtskräftig seit dem 16. Dezember 2010, wegen Verstoßes gegen das thailändische Betäubungsmittelgesetz neben einer (vollständig bezahlten) Geldstrafe zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Verurteilung lagen Vorwürfe aus dem Zeitraum von April 2009 bis zum Tag der Festnahme im Zusammenhang mit Betäubungsmitteldelikten zugrunde. Nach Verbüßung der im Rahmen einer Amnestie auf drei Jahre und vier Monate gemilderten Strafe in thailändischen Gefängnissen befand sich der Angeklagte drei Monate und zwei Wochen in Abschiebehaft, bevor er am 11. März 2013 von Thailand nach Deutschland überstellt wurde.
10
Zu den Haftbedingungen hat das Landgericht festgestellt, die Strafhaft gegen den Angeklagten sei spätestens seit Ende des Jahres 2009 in dem eigens für Betäubungsmitteldelinquenten eingerichteten Gefängnis „Bombat“ in Bangkok vollstreckt worden. Der Angeklagte habe die Haft während der ersten vier Monate in verschiedenen Zellen verbracht, die jeweils mit bis zu sechzig Häftlingen belegt und räumlich sehr beengt gewesen seien. Schlafplätze seien nur in geringer Anzahl vorhanden gewesen, der Angeklagte habe mit einer Decke auf dem Betonboden schlafen müssen, regelmäßiger enger Körperkontakt zu Mitgefangenen sei dabei unvermeidbar gewesen. So habe sich der Angeklagte in einer der Zellen etwa einen Schlafplatz von einem Meter Breite mit zwei weiteren Inhaftierten teilen müssen.
11
Nach einer Beschwerde über die Deutsche Botschaft sei der Angeklagte im März 2010 in den sogenannten Infirmary Hospital Block verlegt worden, in dem er bis mindestens November 2012 untergebracht gewesen sei. Um eine mit deutschen Verhältnissen vergleichbare Krankenstation habe es sich dabei aber nicht gehandelt. Der Unterschied zu den sonstigen Zellen habe darin bestanden , dass eine Zelle nur mit zwanzig bis vierzig Häftlingen belegt gewesen sei. Diese seien dafür jedoch zum Teil an Tuberkulose oder an Parasiten erkrankt gewesen oder hätten an Verletzungen aus Auseinandersetzungen mit anderen Gefangenen gelitten. Im Hospital Block habe der Angeklagte einen Schlafplatz für sich alleine in Form einer Bettrolle der Größe von etwa 80cm auf 180cm gehabt.
12
Die hygienischen Bedingungen seien während der gesamten Haftzeit durchweg verheerend gewesen. So sei die Abwasserversorgung in den thailändischen Gefängnissen unter Inkaufnahme der Emissionsfolgen überwiegend oberirdisch geführt worden; sämtliche Zellen seien mit nur einer Toilette und nur einer einfachen Waschgelegenheit für alle Gefangenen ausgestattet gewesen. Im Hospital-Bereich hätten zudem regelmäßig die Leichen verstorbener Mitgefangener in den Gängen gelegen. Arbeits- oder Freizeitangebote habe es zu keiner Zeit gegeben.

13
Die Haftbedingungen des Angeklagten während der Abschiebehaft seien denjenigen im Hospital Block ähnlich gewesen; allerdings habe es dort keine kranken Mitgefangenen in den Zellen gegeben.

III.


14
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Urteils mit den zugehörigen Feststellungen (und zur Zurückverweisung) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und über die Anrechnungsentscheidung. Diese war schon deshalb aufzuheben, weil die Berechnung des Zeitraums der anzurechnenden Haft fehlerhaft erfolgt ist. Dieser Fehler hat sich auf die hiermit verknüpfte Gesamtstrafenbildung ausgewirkt.
15
1. Die von der Strafkammer bei der Bemessung der Gesamtstrafe (§ 54 StGB) angestellten Erwägungen zu der Frage, ob dem Angeklagten aufgrund der in Thailand erlittenen Haft ein Härteausgleich zu gewähren ist, begegnen für sich betrachtet im Ansatz keinen sachlich-rechtlichen Bedenken. Die Vornahme eines Härteausgleichs konnte nicht losgelöst von der gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB zu treffenden Anrechnungsentscheidung beurteilt werden, denn das kompensationsbedürftige Ausmaß einer unbilligen Härte ist damit unauflösbar verbunden. Die Strafe kann sich infolge der Anrechnung – etwa bei einem gegebenenfalls erhöhten Maßstab – so stark reduzieren, dass ein weiterer Strafrabatt bei der Bemessung der Gesamtstrafe eine ungerechtfertigte Doppelprivilegierung des Angeklagten zur Folge hätte. Umgekehrt hat diese Wechselwirkung zur Folge, dass – wie hier – ein der Anrechnungsentscheidung anhaftender Rechtsfehler bereits auf die Bildung der Gesamtstrafe durchschlagen kann.

16
a) Die Voraussetzungen für den Ausgleich der Härte, die sich für den Angeklagten aus der bereits in Thailand vollstreckten Strafe ergab, lagen vor.
17
aa) Die Vornahme eines Härteausgleichs ist nach den allgemeinen Grundsätzen immer dann geboten, wenn sich für den Angeklagten aus der Nichtberücksichtigung einer Vorverurteilung bei der Bemessung einer Gesamtstrafe eine unbillige Härte ergibt und die Summe der Strafen anderenfalls schuldunangemessen wäre. Ist nach § 55 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung an sich möglich, scheitert sie aber daran, dass die zunächst erkannte Strafe bereits vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, oder wird durch die Zäsurwirkung einer früheren Strafe die Bildung einer Gesamtstrafe verhindert, so ist die darin liegende Härte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Bemessung der nunmehr zu verhängenden Strafe auszugleichen (BGHSt 12, 94, 95; 31, 102, 103; 33, 131, 132; 41, 310, 312; 43, 79, 80).
18
Im Ergebnis das gleiche gilt im Falle der Verurteilung des Angeklagten durch ein ausländisches Gericht, soweit hypothetisch eine Aburteilung der Auslandstat auch im Inland nach deutschem Recht möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80; Beschluss vom 2. September 1997 – 1 StR 317/97, NStZ 1998, 134; Beschluss vom 30. Oktober 1997 – 1 StR 659/97, NStZ-RR 1998, 204; Beschluss vom 15. Dezember 1999 – 5 StR 608/99, NStZ-RR 2000, 105; Urteil vom 26. September 2007 – 1 StR 276/07, NStZ 2008, 709, 710; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09,NJW 2010, 2677, 2678; Fischer StGB, 61. Aufl., § 55 Rn. 21b mwN). Zwar sind im Ausland verhängte Strafen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung über § 55 StGB nicht zugänglich, weil eine Gesamtstrafe mit ei- ner von einem ausländischen Gericht verhängten Strafe schon wegen des damit verbundenen Eingriffs in deren Vollstreckbarkeit ausgeschlossen ist (vgl. BGHSt 43, 79; BGH, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 16; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09, NJW 2010, 2677). Die Grundsätze des Härteausgleichs greifen demgegenüber aber Platz. Dem liegen dieselben Erwägungen zugrunde, als wenn nach Jugendrecht und Erwachsenenrecht getrennt abgeurteilte Straftaten an sich gesamtstrafenfähig wären; auch in diesem Fall ist die Härte auszugleichen, die darin liegt, dass die Bildung einer Gesamtstrafe aus einer Jugendstrafe und einer Freiheitsstrafe des allgemeinen Strafrechts unzulässig ist (vgl. BGHSt 14, 287, 288; 36, 270, 272; 43, 79, 80). Auch bei der Verurteilung eines Angeklagten in zwei verschiedenen Staaten hängt die getrennte oder gemeinsame Verurteilung von Zufälligkeiten wie insbesondere der Art der Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit dem betroffenen ausländischen Staat auf dem Gebiet der Strafrechtspflege und dem Bestehen bi- oder multinationaler Übereinkommen ab.
19
bb) Die Aburteilung der dem thailändischen Strafurteil zugrunde liegenden Taten wäre vor einem inländischen Gericht möglich gewesen. Die Geltung deutschen Strafrechts ergibt sich aus § 6 Nr. 5 StGB, wonach das deutsche Strafrecht unabhängig von dem Recht des Tatorts für den unbefugten Vertrieb von Betäubungsmitteln im Ausland, wie etwa die Organisation von Rauschgifttransporten , Anwendung findet (vgl. BGHSt 27, 30; 34, 334 f.). Eine Inlandsberührung der Tat resultiert hier ungeachtet der Bestimmungsorte der verfahrensgegenständlichen Rauschgiftlieferungen jedenfalls aus der Auslieferung des Angeklagten an die Bundesrepublik Deutschland (vgl. BGH, Urteil vom 8 April 1987 – 3 StR 11/87, BGHSt 34, 334, 338).
20
b) Härteausgleich und Anrechnung bereits erlittener Freiheitsentziehung verfolgen dem Grunde nach verschiedene Regelungsziele.
21
aa) Die Gewährung eines Härteausgleichs dient der Vermeidung eines schuldinadäquaten Gesamtstrafübels, weil eine bereits vollstreckte Strafe nicht mehr gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Gesamtstrafenbildung herangezogen werden kann (BGHSt 12, 94, 95; 31, 102, 103; 33, 131, 132; 41, 310, 312; 43, 79, 80). Ob der Tatrichter den Härteausgleich durch die Bildung einer fiktiven Gesamtstrafe unter Einbeziehung der erledigten Verurteilung, die dann um die vollstreckte Strafe zu mindern ist, vornimmt, oder den Umstand, dass eine Gesamtstrafenbildung mit der früheren Strafe nicht mehr möglich ist, unmittelbar bei der neuen Festsetzung der Strafhöhe berücksichtigt, steht in seinem freien Ermessen (BGH, Urteil vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80; Urteil vom 26. September 2007 – 1 StR 276/07, NStZ 2008, 709, 710).
22
bb) Bei der Anrechnung bereits vollstreckter Haft gemäß § 51 StGB handelt es sich demgegenüber eher um eine Angelegenheit der Vollstreckung. Konstitutive Wirkung kommt alleine der in den Tenor aufzunehmenden Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB zu (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 – 1 StR 745/93, NJW 1994, 1484, 1485; Beschluss vom 6. Februar 2002 – 2 StR 489/01, StV 2002, 540; Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418 [insow. nicht abgedr.]). Diese ermöglicht eine angemessene Berücksichtigung des Strafübels, das dem Angeklagten durch die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung widerfahren ist, und der Abwägung, wie viel dieses Übel von demjenigen bereits vorweg genommen hat, mit dem das inländische Urteil ihn belasten will (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1981 – 1 StR 648/81, BGHSt 30, 282, 283). In dem für ihn spürbaren Strafübel soll der Angeklagte vergleichsweise so stehen, als sei der gesamte Strafvollzug im Inland erfolgt.
23
c) Die Anrechnungsfähigkeit der in Thailand erlittenen Haft hat das Landgericht zutreffend bejaht.
24
aa) Gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB wird auf eine inländische Strafe die ausländische Strafe, soweit sie vollstreckt ist, angerechnet, wenn der Angeklagte im Ausland wegen derselben Tat bestraft worden ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Anrechnung nicht nur dann zu erfolgen hat, wenn das ausländische und das inländische Urteil dieselbe Tat i.S. des prozessualen Tatbegriffs gemäß § 264 StPO betreffen (BGH, Urteil vom 25. Juni 1953 – 4 StR 108/53, NJW 1953, 1522; BGHSt 29, 63, 64; BGH, Urteil vom 7. Februar 1990 – 2 StR 601/89, NStZ 1990, 231, 232). Sie ist ebenso vorzunehmen , wenn die ausländische Strafvollstreckung eine selbständige prozessuale Tat betrifft, die im inländischen Erkenntnis nicht mitabgeurteilt wird, die aber Gegenstand des inländischen Strafverfahrens gewesen ist (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 176). Der Regelungsgedanke des § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB, der verhindern will, dass der Täter durch eine Doppelverurteilung, zu der es kommt, weil ein früher ergangenes Strafurteil im Ausland nicht zum Strafklageverbrauch im Inland geführt hat, schlechter gestellt wird, als wäre er für die Tat (im prozessualen Sinne) nur einmal im inländischen Verfahren verurteilt worden, beansprucht in diesem Fall gleichermaßen Geltung. Der Angeklagte soll durch die Anrechnung der ausländischen Strafvollstreckung andererseits aber auch nicht besser stehen, als wenn Verurteilung und Vollstreckung sämtlich im Inland erfolgt wären (vgl.
BGH, Urteil vom 17. Juli 1979 – 1 StR 261/79, BGHSt 29, 63, 65; Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 176).
25
Die Erwägung, den Täter so zu stellen, als sei die gesamte Vollstreckung in Deutschland erfolgt, hat die Auslegung des § 51 Abs. 3 Satz 1 StGB nach dem Vorbild des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Folge, der die Anrechnung früherer im Inland erlittener Freiheitsentziehung regelt. Danach setzt die Anrechnung (nur) voraus, dass die Freiheitsentziehung aus Anlass einer Tat vollstreckt worden ist, die Gegenstand des Verfahrens war oder ist. Dieses Verständnis, wonach von einem einheitlichen – über § 264 StPO hinausgehenden – Tatbegriff in § 51 Abs. 1 und Abs. 3 StGB auszugehen ist, liegt auch deshalb nahe, weil Absatz 3 Satz 2 auf Absatz 1 der Vorschrift verweist und für die Ungleichbehandlung im In- und Ausland erlittener Haft auch sonst kein sachlicher Grund besteht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 178; LK-StGB/Theune, 12. Aufl., § 51 Rn. 21; Fischer StGB, 61. Aufl., § 51 Rn. 17).
26
bb) Die Voraussetzungen für die Anrechnung gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 StGB liegen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts hier vor. Die dem thailändischen Straferkenntnis zugrunde liegende(n) Tat(en) ist (sind) Gegenstand des Verfahrens geworden, weil sie Eingang in das Ermittlungsverfahren gefunden haben, das der vorliegenden Verurteilung des Angeklagten zugrunde liegt. Für die Bestimmung des Gegenstands eines Ermittlungsverfahrens ist eine formelle Sichtweise anzulegen. Ob die Aktenlage zu einem Verfolgungswillen der Ermittlungsbehörden führt und in welchem Umfang tatsächlich Ermittlungen stattfinden, spielt dafür keine Rolle. Es reicht vielmehr bereits aus, dass das ausländische Verfahren aktenkundig geworden und durch die faktische Befassung damit in das inländische Verfahren eingeflossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 1990 – 2 StR 601/89, NJW 1990, 1428, 1429). Soweit die dem ausländischen Erkenntnis zugrunde liegende Tat rechtlich auch in Gestalt der Prüfung des Härteausgleichs Eingang in das Verfahren gefunden hat, kommt dem daneben kein Gewicht zu.
27
Die in Thailand erlittene Freiheitsentziehung war daher grundsätzlich auf die vorliegend verhängte Strafe anzurechnen. Anrechnungsfähig ist dabei dem Rechtsgedanken des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB und auch des § 450a StPO entsprechend nicht nur die Strafhaft, sondern jede Art der justizförmigen Freiheitsentziehung , also etwa auch – hier trotz langer Zeitdauer zwischen der Inhaftierung des Angeklagten und dem Erlass des Urteils in Thailand nicht festgestellter – Untersuchungs- und Auslieferungshaft (vgl. BayObLG NJW 1963, 2238; LK-StGB/Theune, 12. Aufl., § 51 Rn. 24).
28
d) Liegen die Voraussetzungen sowohl für die Gewährung eines Härteausgleichs als auch für die Anrechnung von Auslandshaft vor, darf dies im Ergebnis aber keine ungerechtfertigte Privilegierung des Angeklagten zur Folge haben. Eine solche läge vor, wenn dem Angeklagten die im Ausland erlittenen Haftbedingungen über die Vornahme eines Härteausgleichs einen Strafrabatt einbringen und bei der Anrechnung der Auslandshaft abermals zu seinen Gunsten berücksichtigt würden. Der Angeklagte soll im Ergebnis weder besser noch schlechter stehen, als wäre das gesamte Tatgeschehen im Inland abgeurteilt worden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 177 mwN).
29
Es bedarf aus diesem Grunde der Entscheidung, ob die Auswirkung der Anrechnungsentscheidung bereits bei der Prüfung des Härteausgleichs Berücksichtigung finden muss oder umgekehrt zunächst dessen ungeachtet ein Strafrabatt (auch wegen entgangener Gesamtstrafenbildung) durch den Härteausgleich zu gewähren und ein hierdurch eingetretener Vorteil danach über die Absenkung des – anderenfalls anzusetzenden – Anrechnungsmaßstabs auszugleichen ist. Beide Ansätze verhindern im Ergebnis gleichermaßen, dass dem Angeklagten die ausländische Haft doppelt zu Gute kommt, fügen sich in das Rechtsgefüge aber nicht friktionslos ein. Die Berücksichtigung der Anrechnungsentscheidung bereits bei der Entscheidung über die Gesamtstrafe hat zur Konsequenz, dass formale Vollstreckungselemente wie materielle Strafzumessungsgründe wirken. Dem Rechtsgedanken des § 51 Abs. 3 StGB ist dies grundsätzlich fremd, denn er ist nicht auf eine Herabsetzung der Strafe angelegt , sondern auf die rein formale Anrechnung erlittenen Vollzugs. Das Bestehen einer tat- und schuldangemessenen Strafe setzt die Anrechnungsentscheidung gerade voraus.
30
Nicht weniger angreifbar erscheint demgegenüber die vorrangige Gewährung des Härteausgleichs ohne Berücksichtigung der Anrechnungsentscheidung. Würde der erlittene Vollzug nämlich im Ergebnis zu einer nicht vertretbaren Aushöhlung der Gesamtstrafe führen, kann dem nur durch Herabsetzung des Anrechnungsmaßstabes angemessen entgegen gewirkt werden. Die Anrechnung als solche sieht das Gesetz in § 51 StGB aber zwingend vor, sie steht nicht im Ermessen des Tatgerichts. Dem Tatrichter kann dies im Einzelfall abverlangen, einen komplizierten Anrechnungsmaßstab zu bestimmen, um gerade bei langjährigen Strafen angemessene Ergebnisse zu erzielen, während die Bestimmung des Härteausgleichs nach seinem Ermessen nicht beziffert werden muss. Zu unbefriedigenden Konsequenzen führte der Vorrang des Här- teausgleichs vor allem aber bei innereuropäischen Vorverurteilungen, die regelmäßig mit einem Maßstab 1 : 1 auf die im Inland verhängte Strafe anzurechnen sind. Wurde hier aufgrund des aus der Auslandshaft resultierenden Strafübels bereits eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt, ist die Entstehung eines ungerechtfertigten Privilegs unvermeidlich, denn eine Anrechnung der Strafe 1 : 1 hat zwingend stattzufinden. Der Angeklagte würde in diesem Fall vergleichsweise besser gestellt, als wären alle Taten im Inland abgeurteilt worden.
31
Aus all diesen Erwägungen und insbesondere unter dem Aspekt der Praktikabilität hält der Senat die zuerst genannte Lösung für vorzugswürdig. Das Tatgericht hat die später zu treffende Anrechnungsentscheidung bereits bei Prüfung des Härteausgleichs in den Blick zu nehmen und die Bemessung der Gesamtstrafe daran auszurichten (vgl. auch Senat, Urteil vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 82). Rechtsfehler im Rahmen der Anrechnungsentscheidung können deshalb – wie hier (nachfolgend 2.) – zur Folge haben, dass die Gesamtstrafenbildung insgesamt rechtsfehlerhaft ist.
32
e) Als rechtsfehlerhaft erweist sich die Prüfung des Härteausgleichs im Übrigen auch, weil das Landgericht die in dem thailändischen Straferkenntnis ebenfalls verhängte und von dem Angeklagten vollständig bezahlte Geldstrafe (UA S. 4) unberücksichtigt gelassen hat. Diese wäre – ebenso wie die Freiheitsstrafe – im Sinne des § 55 StGB gesamtstrafenfähig gewesen. Anders als bei der vollstreckten Freiheitsstrafe besteht eine Wechselwirkung zu der Anrechnungsentscheidung nach § 51 Abs. 3 StGB mit der Folge des dargelegten Spannungsfelds hier nicht. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass bereits die Berücksichtigung der hierdurch eingetretenen Härte im Ergebnis zur Verhängung einer milderen Gesamtfreiheitsstrafe geführt hätte.
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2. Die von der Strafkammer vorgenommene Anrechnung der in Thailand vollstreckten Haft weist Rechtsfehler schon im Hinblick auf die Feststellung der anrechenbaren Haftzeiten auf. Ferner lässt das Urteil die gebotene Differenzierung zwischen den verschiedenen Haftorten vermissen.
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a) Der Zeitraum der angerechneten Haftdauer wird von den Feststellungen des Urteils nicht getragen. Ausweislich der Urteilsgründe wurde der Angeklagte in Thailand am 26. Oktober 2009 festgenommen und am 11. März 2013 nach Deutschland abgeschoben. Er kann sich in Thailand demnach nicht länger als drei Jahre, vier Monate und zwei Wochen in Haft befunden haben. Der Tenor des angegriffenen Urteils sieht indessen die Anrechnung thailändischer Haft von insgesamt drei Jahren, sieben Monaten und zwei Wochen auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe vor. Die Anrechnung des nach den Feststellungen zu der tatsächlich erlittenen Haft überschießenden Zeitfensters verstößt gegen § 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 StGB. Ob insoweit die tatsächlichen Haftzeiten fehlerhaft festgestellt oder aber – was näher liegt – die rechnerische Verlängerung der Abschiebehaft nicht bei der Strafhaft in Abzug gebracht wurde, lässt sich dem Urteil nicht sicher entnehmen.
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b) Dessen ungeachtet fehlen auch Feststellungen dazu, wie lange sich der Angeklagte an welchem Haftort aufgehalten hat. Fand eine Inhaftierung an verschiedenen Haftorten und demnach unter verschiedenen Bedingungen statt, hat die Anrechnungsentscheidung dies in den Blick zu nehmen und die Bestimmung des jeweiligen Maßstabes an den konkret für diesen Zeitraum fest- gestellten Bedingungen auszurichten (vgl. SSW-StGB/Eschelbach, 2. Aufl., § 51 Rn. 31; NK-StGB/Kett-Straub, 4. Aufl., § 51 Rn. 38 mwN).
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aa) Nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB hat der Tatrichter den für die Anrechnung der im Ausland erlittenen Haft anzulegenden Maßstab nach seinem Ermessen zu bestimmen. Er hat dafür das im Ausland erlittene Strafübel zu schätzen und in ein dem inländischen Strafensystem zu entnehmendes Äquivalent umzusetzen (vgl. RGSt 35, 41; BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 1981 – 1 StR 648/81, BGHSt 30, 282, 283 und vom 28. Januar 1986 – 1 StR 652/85, NStZ 1986, 312 f.). Maßgeblich hierfür ist die Bewertung, wie schwer das Übel wiegt, das dem Verurteilten durch die ausländischen Strafverfolgungsmaßnahmen widerfahren ist, und wieviel dieses Übel von demjenigen schon vorweggenommen hat, mit dem das inländische Urteil den Angeklagten belasten will; dabei ist der Maßstab zu berücksichtigen, der sich aus dem Vergleich der ausländischen mit der inländischen Strafenordnung ergibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 1981 – 1 StR 648/81, BGHSt 30, 282, 283 und vom 28. Januar 1986 – 1 StR 652/85, NStZ 1986, 312 f.).
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Grundsätzlich ist bei Freiheitsentziehungen im Ausland, jedenfalls in Staaten der Europäischen Union, von einem Anrechnungsmaßstab 1 : 1 auszugehen ; besondere Belastungen bei der ausländischen Freiheitsentziehung durch erheblich erschwerte Haftbedingungen können im Einzelfall aber dazu führen, dass der Maßstab unter Berücksichtigung der besonderen Umstände in einem für den Angeklagten günstigeren Verhältnis zu wählen ist. Grundlage für die Vornahme dieser Bewertung sind die Haftbedingungen im Einzelfall, also in der konkreten Haftanstalt (vgl. SSW-StGB/Eschelbach, 2. Aufl., § 51 Rn. 31; NK-StGB/Kett-Straub, 4. Aufl., § 51 Rn. 38). In einzelnen Ländern können die Haftbedingungen von Haftanstalt zu Haftanstalt unterschiedlich sein, so dass der Tatrichter im Einzelnen auch die konkrete Haftanstalt festzustellen hat, in der der Angeklagte inhaftiert war. Ist der Angeklagte – wie hier – an verschiedenen Haftorten inhaftiert gewesen, so hat das Tatgericht nicht nur die einzelnen Haftanstalten zu benennen und die dort vorherrschenden Haftbedingungen festzustellen; es hat auch die konkreten Zeiträume der jeweiligen Inhaftierung darzulegen und in seine Würdigung miteinzustellen. Nur dann besteht eine für die rechtsfehlerfreie Ermessensausübung tragfähige Tatsachengrundlage. Anhaltspunkte für die Bewertung der Relation der Hafterschwernis in ausländischen Vollzugsanstalten sind etwa die Einrichtung und Ausgestaltung der Haftzellen , die Belegungssituation, die Vorhaltung ärztlicher Betreuung, das Personal , Beschäftigungs- und Kontaktmöglichkeiten, das Essen und vor allem auch die hygienischen Verhältnisse (vgl. die Nachw. bei NK-StGB/Kett-Straub, 4. Aufl., § 51 Rn. 38).
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Auf dieser Tatsachengrundlage hat der Tatrichter in einem zweiten Schritt für jede Inhaftierung des Angeklagten an einem anderen Haftort in eigenständiger Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände einen angemessenen Anrechnungsmaßstab zu bestimmen. Erweisen sich die Haftbedingungen auch bei verschiedener Unterbringung in derselben Haftanstalt als unterschiedlich stark belastend, kann im Einzelfall die Bestimmung unterschiedlicher Anrechnungsmaßstäbe – für dann konkret darzulegende Zeiträume – angezeigt sein.
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bb) Diesem Maßstab genügt das angefochtene Urteil nicht. Nach den Feststellungen war der Angeklagte spätestens seit Ende des Jahres 2009 in dem Gefängnis „Bombat“ in Bangkok inhaftiert. Ob der bereits am 26. Oktober 2009 festgenommene Angeklagte sich vorher in einem anderen Gefängnis befand , lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Er wurde dann auf ein Verlegungsgesuch unter Einschaltung der Deutschen Botschaft in den sogenannten Infirmary Hospital Block und schließlich nach Vollverbüßung der Strafhaft zur Vollstreckung von Abschiebehaft in eine weitere Haftanstalt verlegt. Die vorherrschenden Bedingungen an diesen drei Haftorten hat das Landgericht zwar hinreichend festgestellt. Indes lässt das Urteil aber insoweit Feststellungen dazu vermissen, wie lange sich der Angeklagte genau in welchem Gefängnis bzw. welcher Abteilung des Gefängnisses befunden hat. Soweit das Landgericht im Anschluss zur Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs eine einheitliche Würdigung der Hafterschwernis vorgenommen hat und unterschiedslos zu der Bestimmung eines Anrechnungsmaßstabs gelangt ist, lässt dies besorgen, dass das Landgericht die dargelegten Rechtsgrundsätze verkannt und von dem ihm in § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB eingeräumten Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht hat. Die getroffene Anrechnungsentscheidung kann bereits deshalb keinen Bestand haben.
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3. Die vorbenannten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Gesamtstrafe und über die Anrechnung der in Thailand erlittenen Freiheitsentziehung; aufgrund des dargelegten Widerspruchs waren auch die zughörigen Feststellungen aufzuheben.
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Das neue Tatgericht wird unter Beachtung der dargelegten Grundsätze die zu treffende Anrechnungsentscheidung bereits bei der Bemessung der Gesamtstrafe in den Blick zu nehmen haben. Sollten im Hinblick auf die Zeiträume der Inhaftierung des Angeklagten in den einzelnen Gefängnissen präzisierende Feststellungen nicht getroffen werden können, hätte das neue Tatgericht zugunsten des Angeklagten von der höchstmöglichen Aufenthaltsdauer des Angeklagten in dem Gefängnis mit den schlechtesten Bedingungen auszugehen und diese so taggenau zu bestimmen. Im Hinblick auf die im Urteil geschilder- ten Haftbedingungen weist der Senat darauf hin, dass der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit für die Anrechnung in Thailand erlittener Haft auch schon einen vom Tatgericht angelegten Maßstab von 1 : 3 für rechtsfehlerfrei erachtet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11). Die Höhe des jeweiligen Anrechnungsmaßstabs für die verschiedenen Haftzeiten hat der neue Tatrichter unter jeweils eigenständiger Gesamtwürdigung der festgestellten Haftbedingungen zu bestimmen. Der für jeden Inhaftierungszeitraum neu festzulegende Anrechnungsmaßstab ist in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 1982 – 3 StR 56/82, NStZ 1982, 326; Beschluss vom 26. Mai 1983 – 4 StR 265/83, NStZ 1983, 455; Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 177).
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Im Übrigen wird der neue Tatrichter bei der Prüfung eines Härteausgleichs auch die – im Urteil nicht bezifferte, aber vollständig bezahlte – Geldstrafe erkennbar zu bedenken haben. Rothfuß Graf Jäger Mosbacher Fischer

(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.

(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter

1.
zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder
2.
zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.

Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:

1.
(weggefallen)
2.
Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
3.
Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c);
4.
Menschenhandel (§ 232);
5.
unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln;
6.
Verbreitung pornographischer Inhalte in den Fällen der §§ 184a, 184b Absatz 1 und 2 und § 184c Absatz 1 und 2;
7.
Geld- und Wertpapierfälschung (§§ 146, 151 und 152), Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152b Abs. 1 bis 4) sowie deren Vorbereitung (§§ 149, 151, 152 und 152b Abs. 5);
8.
Subventionsbetrug (§ 264);
9.
Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.