Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2019 - 2 StR 609/18

bei uns veröffentlicht am27.11.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 609/18
vom
27. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:271119B2STR609.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu Ziffer 1.b) bb) und zu Ziffer 3 auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. November 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten J. Q. wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 25. September 2018
a) soweit es diesen Angeklagten betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II.51. und II.52. sowie in den Fällen II.53. und II.54. der Urteilsgründe jeweils nur eines schweren Bandendiebstahls schuldig ist, bb) in den Einzelstrafaussprüchen in den vorbezeichneten Fällen sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über die Verhängung einer Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
b) auch soweit es die Mitangeklagten A. Q. und S. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) im Fall II.50. der Urteilsgründe bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen sowie cc) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen im Fall II.14. der Urteilsgründe in Höhe eines Teilbetrages von 2.750,68 Euro. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten J. Q. wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen und Diebstahls in zwei Fällen ‒ jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis ‒ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat das Landgericht eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von einem Jahr verhängt. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen hat das Landgericht gegen den Nichtrevidenten S. und gegen den Angeklagten J. Q. als Gesamtschuldner in Höhe von 49.590,11 Euro, gegen den Angeklagten und gegen den Nichtrevidenten A. Q. als Gesamtschuldner in Höhe von 1.400 Euro sowie gegen alle drei Angeklagten als Gesamtschuldner in Höhe von 16.315,33 Euro angeordnet. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten J. Q. mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel führt zu dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, der wiederum zu einem Teil auf die Nichtrevidenten erstreckt wird. Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
1. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte J. Q. und die Mitangeklagten A. Q. und S. , die kein Rechtsmittel eingelegt haben, im Zeitraum vom 12. Mai bis zum 27. September 2017 einzeln oder gemeinschaftlich in unterschiedlicher Besetzung „eine Vielzahl von Ein- bruchsdiebstählen in Firmen begingen, wobei der Angeklagte J. Q. insbesondere als Fahrer fungierte“, obwohl er keine Fahrerlaubnis hatte. „Das Diebesgut diente der Finanzierung des Lebensunterhalts der Angeklagten und den Angeklagten A. Q. und S. darüber hinaus der Finanzierung ihrer Drogensucht.“
3
In den Fällen II.1. und II.2. beging der Nichtrevident S. die Tat jeweils alleine, in den Fällen II.3. bis II.10., II.12. und II.13., II.15. bis II.49. waren nur die Nichtrevidenten A. Q. und S. an der Tatausführung beteiligt , in den Fällen II.11. und II.14. wirkte auch der Angeklagte als Fahrer und als Aufpasser mit. Ab dem Fall II.50. wurden die Taten bandenmäßig begangen ; denn die Angeklagten entschlossen sich spätestens ab dem 20. September 2017 dazu, „vornehmlich aus Firmengebäuden“ Geld oder Wertgegenstände zu entwenden. Die Angeklagten A. Q. und S. sollten jeweils einbrechen, während dem Angeklagten J. Q. die Rolle zukam, die Mittäter zum Tatort zu fahren und nach der Tat entwendetes Bargeld bei Banken einzuzahlen und sogleich wieder abzuheben, damit die Herkunft der Geldscheine nicht an der Seriennummer zu erkennen war.

4
Im Fall II.50. fuhr der Angeklagte J. Q. die Mittäter zum „Betriebsstützpunkt“ der Firma Ü. in T. . A. Q. und S. brachen ein und gelangten in eine Einliegerwohnung. „Die Angeklagten verlie- ßen die Einliegerwohnung jedoch, als sie erkannten, dass es sich nicht – wie von ihnen angenommen – um Geschäftsräume, sondern um Wohnräume han- delte. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von 500,00 Euro.“
5
In den Fällen II.51., II.52. und II.53. brachen die Angeklagten A. Q. und S. , nachdem sie von dem Angeklagten J. Q. mit dem Auto zum Tatort gebracht worden waren, in „Firmengebäude“ ein und stahlen Bar- geld (300, 170 und 1.400 Euro), in den im Übrigen gleich gelagerten Fällen II.54. und II.55. fanden sie nichts Stehlenswertes. Die Taten in den Fällen II.51. und II.52. wurden in der Nacht vom 23. auf den 24. September 2017, die Taten in den Fällen II.53. und II.54. in den frühen Morgenstunden des 25. September 2017 begangen, wobei der Angeklagte J. Q. die Mittäter auch von einem Tatort zum nächsten fuhr.
6
2. Das Landgericht hat ausgeführt, in allen den Angeklagten J. Q. betreffenden Fällen habe es sich bei dessen Tatbeitrag um Mittäterschaft ge- handelt. „Denn durch das Fahren zu den einzelnen Tatorten hin und das Weg- fahren von den einzelnen Tatorten hatte der Angeklagte J. Q. Tatherrschaft und er hat auch einen wesentlichen Tatbeitrag erbracht, da man erst auf diese Weise zu den teilweise weiter entfernten Tatorten gelangt und so das Diebesgut im Pkw verstauen konnte, was eben in dem Umfang in den Fällen nicht möglich war, in denen die Angeklagten S. und A. Q. lediglich mit den Rollern oder mit dem Zug zu den einzelnen Tatorten fuhren. Zudem handelte der Angeklagte J. Q. auch mit Täterwillen, da er am Erfolg der Diebstahlsdelikte interessiert war, da er nur auf diese Weise an der Tatbeute partizipieren konnte und auch (partizipiert) hat.“

II.

7
Die Revision des Angeklagten J. Q. hat teilweise Erfolg. Die insoweit gebotene Urteilsaufhebung ist zu einem Teil auf die Nichtrevidenten zu erstrecken.
8
1. Die Feststellungen tragen nicht die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten schweren Bandendiebstahls im Fall II.50. Das Landgericht hat die Möglichkeit einer Strafbefreiung wegen freiwilligen Rücktritts vom Versuch nach § 24 Abs. 2 StGB nicht erörtert, obwohl eine Prüfung geboten war.
9
a) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft , wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird (§ 24 Abs. 2 StGB).
10
aa) Bei einem fehlgeschlagenen Versuch scheidet ein strafbefreiender Rücktritt auch in der Konstellation des § 24 Abs. 2 StGB aus (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 4 StR 560/14). Fehlgeschlagen ist der Versuch jedoch erst, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Nach den Urteilsgründen besteht kein Grund zu der Annahme, dass die Mittäter zurzeit der letzten Ausführungshandlung davon ausgegangen sind, sie könnten nach dem Einbruch in das Gebäude keine fremden Wertsachen wegnehmen. Jedenfalls geht aus den Urteilsgrün- den nicht hervor, warum das Erkennen der Wohnraumnutzung des Objekts, aus dem die Mittäter stehlen wollen, ein Hindernis für das Weiterhandeln war. Auch die Bandenabrede über Diebstähle „vornehmlich aus Firmengebäuden“ hatte einen Wohnungseinbruchsdiebstahl nicht zwingend ausgeschlossen.
11
bb) Auf den ursprünglichen Tatplan kommt es selbst dann nicht an, wenn dieser fest umrissen war (vgl. Senat, Urteil vom 3. Dezember 1982 – 2 StR 550/82, BGHSt 31, 170, 175; BGH, Urteil vom 12. November 1987 – 4 StR 541/87, BGHSt 35, 90, 92 f.). Maßgebend ist vielmehr, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolgs noch für möglich hält (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227). Zum Rücktrittshorizont der Angeklagten hat das Landgericht jedoch keine genauen Feststellungen getroffen und es hat sich in der Beweiswürdigung sowie bei der rechtlichen Würdigung nicht mit der Rücktrittsfrage befasst. Lässt sich das Vorstellungsbild der Mittäter zurzeit der letzten Ausführungshandlung, das für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung ist, den Urteilsfeststellungen nicht in ausreichendem Maß entnehmen, so hält das Urteil sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 – 3 StR 149/14, NStZ-RR 2015, 8 f.).
12
b) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht. Zwar wird im Fall des Versuchs der Tatbegehung, an dem mehrere beteiligt sind, im Allgemeinen nur derjenige von Strafe befreit, der freiwillig die Vollendung verhindert (§ 24 Abs. 2 Satz 1 StGB). Eine ausreichende Verhinderungsleistung kann aber schon darin zu sehen sein, dass die Tatbeteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiter zu handeln (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ 2013, 273, 274; Beschluss vom 15. Mai 2014 – 3 StR 149/14, NStZ 2015, 8 f.; Beschluss vom 15. Januar 2015 – 4 StR 560/14). Nach den Urteilsgründen liegt es nicht fern, dass dies hier der Fall war. Nach den Feststellungen haben zwar zuerst die Nichtrevidenten den Rückzug angetreten, während der Angeklagte J. Q. als Fahrer außerhalb des Gebäudes geblieben war. Den Feststellungen ist aber nicht zu entnehmen, dass dieser den Entschluss zur Aufgabe der Tatausführung bereits wegen des zuerst durch die Vorderleute angetretenen Rückzugs nicht mehr einvernehmlich mit diesen vor Ort treffen konnte.
13
c) Die fehlende Erörterung der Frage eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch des schweren Bandendiebstahls durch einvernehmliche Aufgabe der weiteren Tatausführung gemäß § 24 Abs. 2 StGB betrifft die Nichtrevidenten in gleicher Weise wie den Beschwerdeführer. Daher ist die Aufhebung des Urteils im Fall II.50. der Urteilsgründe gemäß § 357 StPO auf die Nichtrevidenten zu erstrecken. Das zwingt zugleich zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafen für diese.
14
2. Die Konkurrenzbewertung zu den Fällen II.51. und II.52. einerseits sowie II.53. und II.54. der Urteilsgründe andererseits ist rechtsfehlerhaft, soweit sie den Beschwerdeführer betrifft. Eine Revisionserstreckung kommt insoweit jedoch nicht in Betracht.
15
a) Leistet der Mittäter einer Deliktserie für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten, soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt, als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer individuellen Tatförderung, erbringt der Täter im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie vielmehr Tatbeiträge, durch die mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen. Sie werden in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Hand- lung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die anderen Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641; Beschluss vom 23. August 2017 – 1 StR 648/16, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe

39).

16
Nach diesem Maßstab ist die Annahme von Tatmehrheit rechtsfehlerhaft, soweit zwei Diebstahlstaten in den Fällen II.51. und II.52. einerseits und in den Fällen II.53. und II.54. der Urteilsgründe andererseits jeweils nacheinander in derselben Nacht begangen wurden. In diesen Fällen ist der Angeklagte J.

Q.

etappenweise zum ersten und sodann zum zweiten Tatort gefahren. Darin lag sein Tatbeitrag, der zur Zurechnung der Diebstahlshandlungen gemäß § 25 Abs. 2 StGB führt und eine Teilidentität seiner Ausführungshandlungen begründet. Insoweit ist von Tateinheit auszugehen.
17
b) Eine Revisionserstreckung gemäß § 357 StPO auf die Nichtrevidenten kommt insoweit nicht in Frage.
18
Die Konkurrenzfrage ist für jeden Mittäter gesondert anhand seines individuellen Tatbeitrags zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1996 – 1 StR596/95, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 29). Die Tatbeiträge der Nichtrevidenten bestanden nicht im Führen des Tatfahrzeugs, sondern in den Einbrüchen und gegebenenfalls in der Wegnahme fremder Sachen. Für sie liegen daher auch bei den jeweils in derselben Tatnacht begangenen Diebstählen oder Diebstahlsversuchen an verschiedenen Tatorten tatmehrheitlich begangene Taten vor. Insoweit ist die Konkurrenzbewertung durch das Landgericht nicht rechtsfehlerhaft.
19

c) Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der Einzelstrafen für den Beschwerdeführer in den Fällen II.51. bis II.54. der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe zur Folge.
20
3. Die Annahme tateinheitlicher Vergehen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist rechtsfehlerfrei. Fährt ein Täter, der nicht im Besitz der Fahrerlaubnis ist, mit dem Auto zum Tatort eines Diebstahls, wartet er im Fahrzeug sitzend auf die plangemäße Tatausführung durch Mittäter und verwendet er das Fahrzeug anschließend zum Abtransport der Beute, so steht das Fahren ohne Fahrerlaubnis mit den ihm zuzurechnenden Diebstählen in Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 1989 – 1 StR 563/89, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung dieselbe 20).
21
4. Die Anordnung einer Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis an den Beschwerdeführer gemäß § 69a StGB ist rechtsfehlerhaft. Insoweit unterliegt das Urteil der Aufhebung. Dies gilt jedoch nur, soweit es den Beschwerdeführer betrifft.
22
a) Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 69a StGB ist gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO im Urteil zu begründen (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Juni 2018 – 2 StR 211/18, BGHR StPO § 267 Abs. 6 S. 1 Darlegungspflicht 1; BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – 1 StR 439/18, NStZ-RR 2019, 29). Das Landgericht hat jedoch die Anordnung einer einjährigen Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis weder hinsichtlich der Voraussetzungen noch hinsichtlich der Dauer begründet. Der alleinige Hinweis auf die angewendete Rechtsnorm genügt nicht.
23
b) Hinsichtlich dieses Rechtsfehlers scheidet eine Revisionserstreckung auf die Nichtrevidenten aus. Als Ausnahmevorschrift ist § 357 StPO eng auszu- legen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1955 - 3 StR 316/55, NJW 1955, 1934, 1935; LR/Franke, StPO 26. Aufl. § 357 Rn. 3; SK-StPO/Wohlers, 5. Aufl., § 357 Rn. 4). Die Revisionserstreckung setzt nicht nur die Urteilsidentität und die Gleichartigkeit des Rechtsfehlers, sondern auch die Nämlichkeit der Tat voraus , auf die sich der Rechtsfehler ausgewirkt haben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 1959 - 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 341; LR/Franke, aaO § 357 Rn. 18). Die gegen die Nichtrevidenten verhängte Maßregel beruht jedoch ersichtlich auf Anlasstaten gemäß § 21 StVG, an denen der Angeklagte J. Q. nicht beteiligt war.
24
5. Die nicht näher begründete Einziehungsentscheidung ist zum Teil ebenfalls aufzuheben. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 14. Januar 2019 zutreffend ausgeführt hat, ist diese auch anhand der Urteilsfeststellungen nicht nachzuvollziehen, soweit der Wert eines Teils der im Fall II.14. der Urteilsgründe entwendeten Gegenstände nicht festgestellt wurde. Deshalb unterliegt die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.750,68 Euro der Aufhebung. Da dies die Nichtrevidenten als Gesamtschuldner ebenfalls betrifft, ist die Aufhebung gemäß § 357 StPO auf diese zu erstrecken.
Franke Krehl Eschelbach Zeng Meyberg

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

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wegen Diebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. Januar 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 27. Mai 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu dem Fall II. 4 der Urteilsgründe verschafften sich der Angeklagte und mehrere unbekannt gebliebene Mittäter Zugang zu dem Gelände eines Containerdienstes, um dort nach mitnehmenswerten Gegenständen zu suchen. Beim Durchschneiden von Maschendrahtzäunen verletzte sich der Angeklagte am Fuß, wodurch er starke Schmerzen erlitt und nicht mehr einsatzfähig war. Seine Mittäter zerschlugen die Scheibe eines abgestellten Lkws und entnahmen dem Führerhaus einen Koffer mit Werkzeug. Sie übergaben den Koffer dem Angeklagten zur Mitnahme. Da dieser ihn aufgrund seiner Verletzung nicht zu tragen vermochte, ließ er ihn stehen. Der Angeklagte und seine Mittäter verließen den Tatort ohne Beute, weil sie keine stehlenswerten Gegenstände vorfanden. Zuvor hatten die Mittäter aus Frustration über den Misserfolg die Scheinwerfer und Blinkleuchten des Lkws zerschlagen.
3
Das Landgericht hat einen versuchten Diebstahl in einem besonders schweren Fall – Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB – angenommen, einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch indes verneint, „weil der diesbezügliche Diebstahlversuch fehlgeschlagen ist, nachdem der Angeklagte und seine Mittäter in den Lagerhallen der Firma … keine mitnehmenswerten Güter vorgefunden hatten“.
4
2. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen versuchten Diebstahls (in einem besonders schweren Fall) nicht. Die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch gemäß § 24 Abs. 2 StGB hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts , wonach bei einem fehlgeschlagenen Versuch ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 StGB von vornherein ausscheidet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 10. April 1986 – 4 StR 89/86, BGHSt 34, 53, 56, und vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369). Fehlgeschlagen ist der Versuch jedoch erst, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Maßgeblich dafür ist nicht der ursprüngliche Tatplan, dem je nach Fallgestaltung allerdings Indizwirkung für den Erkenntnishorizont des Täters zukommen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, NStZ 2008, 393), sondern dessen Vorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (BGH, Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239).
7
b) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen einen solchen Fehlschlag nicht. Zwar ergibt sich aus dem entfalteten Vandalismus am Ende der Tatausführung, dass der Angeklagte und seine Mittäter den Versuch, weitere stehlenswerte Gegenstände auf dem Gelände des Containerdienstes zu finden, für gescheitert hielten. Aus welchem Grund dies aber auch für den zu Beginn der Tat aus dem Führerhaus des aufgebrochenen Lkws entnommenen Koffer mit Werkzeug gelten soll, belegen die Ausführungen des Landgerichts nicht. Angesichts der Anwesenheit mehrerer Mittäter am Tatort ist der festgestellte Umstand, dass der Angeklagte den Werkzeugkoffer verletzungsbedingt nicht fortschaffen konnte, für sich allein genommen nicht tragfähig.
8
c) Hierauf beruht der Schuldspruch im Fall II. 4 der Urteilsgründe. Zwar waren an der Tat mehrere beteiligt; in einem solchen Fall wird gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Diese Verhinderungsleistung kann aber schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiter zu handeln (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274; Beschluss vom 15. Mai 2014 – 3 StR 149/14, NStZ-RR 2015, 8 f.).
9
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 4 9 / 1 4
vom
15. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung
zu 2.: Beihilfe zur versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 15. Mai 2014 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 4. Dezember 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten F. wegen Beihilfe zu dieser Tat unter Einbeziehung der Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, mit denen sie in allgemeiner Form die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts suchten die Angeklagten den Geschädigten S. am Abend des Tattages in seiner Wohnung auf. Die Initiative dazu ging von dem Angeklagten D. aus, der den Geschädigten zuvor vergeblich aufgefordert hatte, ein Treffen zwischen ihm, dem Angeklagten , und dem Stiefvater des Geschädigten zu arrangieren, in dem der Angeklagte wegen einer vorangegangenen verbalen Auseinandersetzung eine Entschuldigung einfordern wollte. Unmittelbar nach Betreten der Wohnung forderte der Angeklagte D. die Zahlung von 500 €, hilfsweise die Herausgabe des Kfz-Briefs für den Pkw des Geschädigten, weil dieser seinen Schwiegervater noch nicht zu einem Treffen habe bewegen können. Nachdem der Geschädigte erklärt hatte, der Kfz-Brief befinde sich bei seinen Eltern und Bargeld habe er nicht im Haus, nahm der Angeklagte F. ein Messer mit einer Klingenlänge von 20 cm aus seiner Jacke und legte es vor dem Angeklagten D. , der dem Geschädigten gegenüber saß, auf den Küchentisch. Der Angeklagte D. ergriff das Messer und strich dem Geschädigten damit über den Oberschenkel, wobei er auf die Schärfe der Klinge hinwies, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Nach 20-30 Minuten verließen die Angeklagten die Wohnung. Dabei forderte der Angeklagte D. , der Geschädigte solle die verlangte Summe zu einer Tankstelle in B. bringen, und nahm als Druckmittel einen Schlüssel zu dessen Pkw an sich, der an der Garderobe hing.
3
Im weiteren Verlauf des Abends wollte der Angeklagte D. den Geschädigten erneut "auf die Sache ansprechen" und ihn zu diesem Zweck vor Arbeitsbeginn - der Geschädigte hatte eine Nachtschicht zu absolvieren - abpassen. Die Angeklagten ließen sich zu diesem Zweck von einem Bekannten zum Parkplatz des Arbeitgebers des Geschädigten bringen. Als der Pkw des Geschädigten vorfuhr, begab sich der Angeklagte D. dorthin. Aus dem Wagen stieg indes lediglich eine Arbeitskollegin des Geschädigten, der er den Wagen geliehen hatte, weil er selbst sich - aufgrund des vorangegangenen Geschehens eingeschüchtert - außer Stande sah, an diesem Abend zur Arbeit zu gehen. Als der Angeklagte D. das bemerkte, kehrte er zum Wagen seines Bekannten zurück und fuhr mit diesem und dem Angeklagten F. davon.
4
2. Die Verurteilungen wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen Beihilfe dazu können aufgrund dieser Feststellungen keinen Bestand haben. Denn die Strafkammer hat es in rechtsfehlerhafter Weise unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Angeklagten vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung strafbefreiend zurückgetreten sind. Insbesondere hat sie keine Feststellungen zum Vorstellungsbild der Angeklagten nach der letzten von ihnen vorgenommenen Ausführungshandlung getroffen. Insoweit gilt:
5
Sind an einer Tat mehrere beteiligt, so wird gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Diese Verhinderungsleistung kann indes schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiterzuhandeln (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 4. April 1989 - 4 StR 125/89, BGHR StGB § 24 Abs. 2 Verhinderung 2; vom 19. Juni 1991 - 3 StR 481/90, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Rücktritt 4; Urteil vom 19. März 2013 - 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274 mwN). Ob darin ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch gesehen werden kann, hängt entscheidend von dem Vorstellungsbild der Täter nach der letzten von ihnen vorgenommenen Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont) ab: Gehen sie zu diesem Zeitpunkt davon aus, noch nicht alles getan zu haben, was nach ihrer Vorstellung zur Herbeiführung des Taterfolgs erforderlich oder zumindest ausreichend ist und liegt mithin ein unbeendeter Versuch vor, so können sie durch bloßes Nichtweiterhandeln zurücktreten. Anders liegt es aber dann, wenn der Versuch fehlgeschlagen ist, weil aus Sicht der Täter nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen na- he liegenden Mitteln die Tat nicht mehr vollendet werden kann (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 19. März 2013 aaO). Lässt sich das Vorstellungsbild der Täter im maßgeblichen Zeitpunkt, das auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung ist (BGH aaO mwN), den Urteilsfeststellungen nicht entnehmen, so hält das Urteil demgemäß sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil es die revisionsrechtliche Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts nicht ermöglicht (BGH aaO; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 13. November 2012 - 3 StR 411/12, juris; vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11, NStZ 2012, 263).
6
So verhält es sich hier: Die Strafkammer hat weder Feststellungen zum weiteren Geschehen nach der Abfahrt der Angeklagten vom Parkplatz des Arbeitgebers des Geschädigten noch dazu getroffen, welche Vorstellung sich die Angeklagten im Zeitpunkt ihres Aufbruches hinsichtlich der Möglichkeit der Tatvollendung machten. Auch in der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung hat sie sich nicht mit der Frage des Rücktritts auseinandergesetzt, so dass auch aus dem Urteil in seiner Gesamtheit nicht auf den Rücktrittshorizont der Angeklagten geschlossen werden kann. Darlegungen zum Rücktrittshorizont waren hier insbesondere auch deshalb geboten, weil es sich um ein mehraktiges Geschehen handelte und von den Angeklagten möglicherweise weitere Ausführungshandlungen vorgenommen werden sollten.
7
Der Senat hat auch die von dem Fehler nicht betroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
Becker Pfister Hubert Mayer Gericke

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 647/12
vom
19. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. März
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Zeng,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. Juli 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben:
a) soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung (in Tateinheit) mit Freiheitsberaubung verurteilt worden ist und
b) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (in Tateinheit) mit Freiheitsberaubung sowie wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
2
Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist auf die Anfechtung der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung beschränkt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt hinsichtlich der Gewalthandlungen vom 28./29. August 2011 jedenfalls die Verurteilung wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Die weitergehende Verurteilung (wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung) ist vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
3
Die insoweit wirksam beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, sodass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf.

II.

4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der Angeklagte unterhielt mit der Nebenklägerin (im Folgenden: N.) seit etwa 2008 eine Beziehung. Aus dieser Beziehung ging der gemeinsame Sohn L. hervor. Nachdem es zwischen den Partnern immer öfter Streitigkeiten gab, trennte sich N. im Juli 2011 vom Angeklagten. Trotz der Trennung wohnten sie und der Angeklagte weiter zusammen in der gemeinsamen Wohnung und schliefen im gleichen Zimmer. Der Angeklagte sowie N. beabsichtigten, zur Absicherung ihres Sohnes eine gemeinsame Lebensversicherung abzuschließen. Versicherungsnehmer sollten sie beide sein. Die Vertragsformalitäten sollten vom Angeklagten übernommen werden.
6
Nachdem der Angeklagte erkannte, dass die Trennung von N. endgültig ist, beschloss er zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt, N. zu töten. In diesem Zusammenhang wollte er die Versicherungsleistung aus der geplanten, noch abzuschließenden Lebensversicherung zu Unrecht selbst vereinnahmen. Den Tod der N. wollte er so herbeiführen, dass sich der Geschehensablauf als häuslicher Unfall darstellt.
7
In Ausführung dieses Planes füllte er am 1. Juli 2011 in seiner Wohnung einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung bei der C.-Versicherung aus. Als Versicherungsnehmer und als die zu versichernde Person trug er entgegen der Absprache mit N. in das Formular diese als alleinige Versicherungsnehmerin ein, versah den Antrag mit deren nachgemachter Unterschrift und trug sich selbst als Begünstigter im Todesfall der N. ein. Im Antrag bezifferte er die Versicherungsleistung, die im Todesfall der N. an ihn selbst ausgezahlt werden sollte, mit 1.340.000 €. Dieser Antrag ging am 4. Juli 2011 bei der C.-Versicherung ein. Mit der nachgemachten Unterschrift wollte er die Versicherung über den tatsächlichen Antragsteller täuschen. N. wusste hiervon nichts.
8
Entgegen der Vorstellung des Angeklagten lehnte die Versicherungsgesellschaft eine Deckung in der beantragten Höhe ab, erklärte sich aber zum Vertragsschluss in Höhe von 500.000 € entsprechend einer von der Versicherung durchgeführten Bedarfsberechnung bereit. Am 13. August 2011 unterschrieb der Angeklagte aufgrund eines neuen Tatentschlusses erneut in seiner Wohnung eine Erklärung über den Erhalt von Unterlagen sowie einen Zusatzantrag zur Hinterbliebenenabsicherung, in dem der Versicherungsbeginn 1. August 2011 und die Versicherungssumme mit 500.000 € vereinbart wurde.
9
Die vorgenannten Urkunden versah er wiederum mit der von ihm nachgemachten Unterschrift der N., um die Versicherung erneut darüber zu täuschen , dass diese die Antragsunterlagen - wie nicht - erhalten und unterschrieben hätte, und reichte sie bei der C.-Versicherung ein. Im Vertrauen auf die Echtheit der Urkunden bestätigte die C.-Versicherung das Zustandekommen des Versicherungsvertrages mit Versicherungspolice vom 16. August 2011, die der Angeklagte tags darauf zugestellt bekam. Auch davon bekam N. nichts mit. Versichert war der Tod der N. unabhängig davon, ob es sich um einen natürlichen oder um einen gewaltsamen Tod handelte. Dies wusste der Angeklagte.
10
Nachdem der Angeklagte die vertraglichen Voraussetzungen geschaffen und erfahren hatte, dass N. sich mit einem anderen Mann trifft, entschloss er sich schließlich am 28. August 2011, seinen Tötungsplan in die Tat umzusetzen.
11
Der Angeklagte wollte den Eindruck erwecken, N. sei beim Ausstieg aus der nassen Dusche auf dem Boden des Badezimmers ausgerutscht und mit dem Kopf auf einen harten Gegenstand aufgeschlagen, wobei sie sich tödliche Verletzungen zugezogen habe. Hierzu verstreute er am Abend vorher auf dem Boden Waschpulver und legte sich Geschirrtücher sowie Kabelbinder unter dem Kopfkissen zurecht, um damit N. zu fesseln. Den gemeinsamen Sohn L. verbrachte er zu seinen Eltern, damit dieser von der Tat nichts mitbekomme. Um sich selbst ein Alibi zu verschaffen, verbrachte er den Abend bei seinen Eltern und legte sich, nachdem sein Vater zu Bett ging, zum Schein auf die Couch, um den Eindruck zu erwecken, er werde die ganze Nacht bei seinen Eltern verbringen.
12
Tatsächlich begab er sich jedoch heimlich zurück in seine Wohnung, wo er im Bett liegend auf die Rückkehr von N. wartete. Diese kehrte etwa gegen 2.30 Uhr zurück und legte sich nur mit einer Unterhose bekleidet neben den Angeklagten in ihre Betthälfte. Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 3.15 Uhr und 5.30 Uhr begann der Angeklagte, die schlafende, wehrlose N. zu fesseln. Er drehte sie dazu auf den Bauch und fesselte ihr zuerst mit einem stabilen Klebeband die Hände auf dem Rücken, wickelte ihr dann die bereits vorher dazu ebenfalls bereitgelegten Geschirrtücher um die Handgelenke und fixierte diese dann über den zur Polsterung und Striemenvermeidung dienenden Tüchern mit den bereitliegenden Kabelbindern. Hierdurch wurde N. wach, worauf der Angeklagte ihr sogleich den Mund mit Klebeband verklebte. Damit wollte der Angeklagte jeglichen Fluchtversuch der N. von vornherein verhindern.
13
Anschließend nahm er eine nicht näher identifizierte Pistole, hielt sie an ihren Mund und sagte, er würde sie wahnsinnig gerne erschießen. Tatsächlich beabsichtigte er dies nicht, sondern wollte sie einschüchtern und in Todesangst versetzen, was ihm auch gelang. Anschließend fesselte er N. mit dem Klebeband noch an den Beinen, um sie ohne Gegenwehr in das Badezimmer verbringen zu können. Entsprechend seinem Plan verbrachte er die verängstigte und wehrlose N. gegen ihren Willen ins Badezimmer und bespritzte dort das schon am Abend zuvor auf dem Boden verstreute Waschpulver mit Wasser, um einen Schmierfilm zu erzeugen. Anschließend verbrachte er sie nochmals ins Schlafzimmer und gleich wieder zurück ins Bad. Er stellte N. nun unter die laufende Dusche, um sie nass zu machen.
14
Dann zog er sie aus der Dusche, fasste sie mit den Händen an den Kopf, zog diesen zuerst nach vorne und schleuderte die gefesselte N. dann mit aller Kraft nach hinten, um ihr durch den Sturz möglichst tödliche Kopfverletzungen zuzufügen. Die aufgrund der Fesselung völlig wehrlose N. stürzte und schlug mit der linken Schulter und dem Hinterkopf auf dem gefliesten Boden auf. Sie blieb zwar auf dem Rücken liegen, war jedoch nicht schwer verletzt. Der Angeklagte war von diesem vergleichsweise harmlosen Verlauf überrascht, da er zumindest mit dem Eintreten der Bewusstlosigkeit der N. rechnete. Er entschloss sich nunmehr, N. dadurch zu töten, dass er ihr das Genick bricht. Er setzte sich dazu auf die Hüfte auf der am Boden liegenden N., nahm ihren Kopf in seine Hände und versuchte, durch gewaltsames Überdrehen des Kopfes nach hinten dieser tödliche Genickverletzungen zuzufügen. Als dies aufgrund Muskelanspannung der N. misslang, fasste er mit einer Hand unter die rechte Schulter der N., zog sie nach oben und drückte mit der anderen Hand gleichzeitig ihren Kopf nach unten. Da auch dies nicht zu tödlichen Verletzungen führte, kniete er sich nunmehr neben N., fasste mit einer Hand an ihren Hinterkopf und mit der anderen an ihr Kinn, um den Kopf kraftvoll drehen zu können. Er zog sodann gleichzeitig ihren Hinterkopf seitlich nach vorne und drückte ihr Kinn nach hinten. Aber auch hierdurch gelang es ihm nicht, N. erhebliche bzw. tödliche Verletzungen zuzufügen, weil diese ihren Körper mitdrehen konnte.
15
Er ließ nun von N. ab und fing an, diese zu beschimpfen. Er warf ihr vor, sie sei schuld am Scheitern der Beziehung und auch an dem was nunmehr passiere, weil sie egoistisch sei und nur an sich selbst denke. N. antwortete auf die Beschimpfungen und Vorhalte des Angeklagten trotz verklebtem Mund so gut sie konnte, worauf der Angeklagte ihr mehrfach mit der flachen Hand auf die Wange schlug, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass ihm ihre Antwort nicht gefiel.
16
Nunmehr entschloss er sich, die Gegenwehr der N. dadurch auszuschalten , dass er sie bis zur Ohnmacht knebelte, um ihren Kopf dann ohne Widerstand auf den Boden schleudern zu können bzw. ihr durch gewaltsames Verdrehen des Kopfes tödliche Verletzungen zuzufügen. Hierzu drückte er zunächst ihren Mund und ihre Nase mit der Hand zu. Infolge dieser Behandlung löste sich das Klebeband von ihrem Mund und N. schrie so laut sie konnte um Hilfe. Dies geschah ca. um 6.00 Uhr früh. Nun drückte er ihr ein im Badezimmer in unmittelbarer Reichweite befindliches Handtuch tief in den Mund- und Rachenraum und hielt ihr gleichzeitig die Nase zu. Damit gelang es ihm, die Luftzufuhr der N. vollständig zu unterbinden, sodass N. nicht mehr atmen konn- te, ihre Gegenwehr aufgab und dachte, sie werde nun sterben. Erst als sie langsam kraftlos wurde und, wie er erkannte, kurz vor der Bewusstlosigkeit stand, ließ der Angeklagte wortlos von seinem Vorhaben ab und nahm den Knebel aus ihrem Mund, sodass sie schließlich wieder Luft bekam und sich erholte.
17
Anschließend trug er die immer noch am Boden liegende, gefesselte halbnackte N. zurück in das Schlafzimmer und zwang sie, auf dem Bett liegen zu bleiben. Als er bemerkte, dass es ihr zwischenzeitlich gelungen war, der Fesselung der Hände durch die Kabelbinder teilweise zu entkommen, drehte er sie gewaltsam in Bauchlage und legte ihr neue Kabelbinder an, die er so fest zuzog, dass sie Schmerzen erlitt. Im weiteren Verlauf bot N. dem Angeklagten aus Angst um ihr Leben eine Übertragung des Sorgerechts für den gemeinsamen Sohn an und versprach ihm, sie werde nicht zur Polizei gehen, wenn er sie frei lasse.
18
Schließlich nahm der Angeklagte N. gegen 8.30 Uhr die Fesselung ab und ließ sie gegen 9.15 Uhr aus der Wohnung. Der Angeklagte bedrohte sie kurz vor Verlassen der Wohnung noch, dass er sie umbringen werde, wenn sie den Vorfall der Polizei melde.
19
Dennoch erstattete N. nach einer Überlegungsphase und erst nach Aufforderung durch ihre Mutter am 29. August 2011 abends Anzeige gegen den Angeklagten.
20
N. erlitt durch den Erstickungsversuch Petechien im Auge, durch den Aufprall auf dem gefliesten Boden eine 4 cm große Beule am Hinterkopf, durch die Misshandlungen starke Schmerzen am Hals und durch die Fesselung an den Hand- und Sprunggelenken Hautreizungen und Schmerzen. Dies hatte der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen.
21
N. ist seit diesem Vorfall in psychiatrischer Behandlung. Ob und in welchem Umfang psychische Dauerfolgen verbleiben, steht nicht fest. Sie hat nach wie vor schon bei alltäglichen Berührungen Angstzustände.
22
2. Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung (III. 6 = UA S. 10-12) das Vorliegen eines fehlgeschlagenen Tötungsversuchs verneint und bei der rechtlichen Würdigung (IV. 1 = UA S. 12) einen freiwilligen Rücktritt vom unbeendeten Versuch bejaht. Es hat bei dem Tatgeschehen vom 28./29. August 2011 eine Zäsur nur im Hinblick auf die abschließende versuchte Nötigung angenommen und ist davon ausgegangen, dass das Dauerdelikt der Freiheitsberaubung "die übrigen Körperverletzungsdelikte" verklammere.

III.

23
Das angefochtene Urteil leidet an durchgreifenden materiell-rechtlichen Fehlern.
24
1. Insbesondere ist den getroffenen Feststellungen nicht das Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung , der sogenannte Rücktrittshorizont, zu entnehmen. Bei Vorliegen einer Zäsur müssen zudem die Vorstellungen des Angeklagten jeweils nach der (vorläufig) letzten Ausführungshandlung dargetan werden.
25
Auf den Rücktrittshorizont des Angeklagten kann hier nicht aus dem Urteil in seiner Gesamtheit geschlossen werden, wenn auch im Rahmen der Beweiswürdigung (III. 6 = UA S. 10-12) und der rechtlichen Würdigung (IV. 1 = UA S. 12) rudimentär Rücktrittselemente angesprochen werden. Hier wird jeweils in erster Linie mitgeteilt, was nicht festgestellt werden konnte, ohne dass - ergänzend heranzuziehende - klare und eindeutige Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach den verschiedenen Tathandlungen getroffen wurden. Ohnehin konnte N. zum jeweiligen Vorstellungsbild des Angeklagten schon deshalb keine Angaben machen, weil er sich hierzu nicht geäußert hat. Die entsprechenden Feststellungen sind aber unerlässlich; denn auf den Rücktrittshorizont kommt es bei der Beurteilung, ob ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch vorliegt, entscheidend an.
26
Das ergibt sich aus Folgendem:
27
Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendeten Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter Versuch vor, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist.
28
Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen, wenn er den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.
29
Eine Korrektur des Rücktrittshorizonts ist in engen Grenzen möglich. Der Versuch eines Tötungsdelikts ist daher nicht beendet, wenn der Täter zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber nach alsbaldiger Erkenntnis seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen Abstand nimmt.
30
Rechnet der Täter dagegen zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, so liegt eine umgekehrte Korrektur des Rücktrittshorizonts vor, wenn er unmittelbar darauf erkennt, dass er sich insoweit geirrt hat.
31
In diesem Fall ist ein beendeter Versuch gegeben, wenn sich die Vorstellung des Täters bei fortbestehender Handlungsmöglichkeit sogleich nach der letzten Tathandlung in engstem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser ändert (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - 3 StR 337/11 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - 3 StR 401/11; BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - 5 StR 528/11).
32
Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor (st. Rspr. vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
33
Liegt ein Fehlschlag vor, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus; umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen des § 24 Abs. 2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) Verhinderungsleistung von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Unterlassen des Weiterhandelns erschöpfen kann (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - 2 StR 278/09 mwN).
34
Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ankommt. Diese Vorstellung ist gegebenenfalls auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2005 - 4 StR 216/05 mwN).
35
Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen , hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 411/12; BGH, Beschluss vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 4 StR 8/03).
36
Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, weil es sich um ein mehrstündiges und mehraktiges Tatgeschehen handelt und auch die Prüfung der Annahme nur einer Tat im Rechtssinne vorzunehmen ist. Denn würde man, was hier nicht fern liegt, eine oder mehrere Zäsuren (hinsichtlich der abschließenden versuchten Nötigung ist der Tatrichter selbst davon ausgegangen [UA S. 13]) annehmen, ist die Mitteilung des Vorstellungsbildes des Angeklagten nach der jeweils letzten Ausführungshandlung geboten.
37
Die Annahme des Landgerichts, das Dauerdelikt der (einfachen) Freiheitsberaubung verklammere auch gefährliche Körperverletzungen (die konkrete Fesselung kann ebenfalls eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen; vgl. u.a. BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 364/03 mwN; Fischer, StGB, 60. Aufl., Rn. 9b zu § 224), begegnet rechtlichen Bedenken; denn das im Strafrahmen des § 224 StGB zum Ausdruck kommende Gewicht übersteigt das des Dauerdelikts (§ 239 StGB) erheblich (vgl. Fischer aaO Rn. 32 vor § 52).
38
Zu denken ist aber an eine natürliche Handlungseinheit. Eine solche und damit eine Tat im materiell-rechtlichen Sinne liegt bei einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen nach der Rechtsprechung nur dann vor, wenn die einzelne Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint.
39
Für die Beurteilung einzelner Versuchshandlungen als eine natürliche Handlungseinheit ist deshalb eine solche Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Dabei begründet der Wechsel eines Angriffsmittels nicht ohne Weiteres eine die Annahme einer Handlungseinheit ausschließende Zäsur. Eine tatbestandliche Handlungseinheit endet jedoch mit dem Fehlschlagen des Versuchs (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 25. November 2004 - 4 StR 326/04 mwN).
40
Auch für die Beurteilung, ob die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind, ist die (jeweils rechtsfehlerfreie ) Feststellung der subjektiven Tatseite erforderlich.
41
An all diesem fehlt es hier.
42
Die Urteilsgründe lassen weiter nicht eindeutig erkennen, ob der Angeklagte durchgehend davon ausging, den Tod der N. (als außertatbestandliches Ziel) als Unfall darstellen zu können oder nur noch ihren gewaltsamen Tod erstrebte , obwohl dafür das Risiko für ihn größer wurde, als Täter in Verdacht zu geraten und deshalb die Versicherungssumme nicht ausbezahlt zu erhalten. Denn es ist naheliegend, dass bei einem offensichtlich gewaltsamen Tod der N. in der Wohnung des Angeklagten kurz nach Abschluss einer entsprechenden Lebensversicherung und bei einem möglichen Sorgerechtsstreit (UA S. 7) der Tatverdacht auf den Angeklagten fallen würde.
43
Die Urteilsgründe lassen offen, ob der Angeklagte möglicherweise nur noch weiterhandelte, um seine vorausgehende Tat zu verdecken.
44
Das Fehlen entsprechender Feststellungen und Erörterungen lässt eine abschließende Prüfung durch das Revisionsgericht nicht zu.
45
Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils im angefochtenen Umfang.
46
Die zugrundeliegenden Feststellungen waren ebenfalls aufzuheben, da der Senat nicht ausschließen kann, dass auch insoweit neue Feststellungen getroffen werden können, die sich auf das Vorstellungsbild des Angeklagten im jeweiligen rechtserheblichen Zeitpunkt ausgewirkt haben.
47
2. Der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung hatte im Übrigen schon deshalb keinen Bestand, weil die Strafkammer übersehen hat, dass tateinheitlich begangen auch eine Bedrohung (mit der Pistole; § 241 StGB) vorliegt. Ob diese hinter einem versuchten Tötungsdelikt zurücktreten würde, kann hier offenbleiben; sie würde aber nicht hinter der vom Landgericht lediglich angenommenen gefährlichen Körperverletzung zurücktreten (vgl. zur Problematik u.a. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2002 - 2 StR 523/01; auch BGH, Beschluss vom 9. Februar 2000 - 2 StR 639/99). Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 4 9 / 1 4
vom
15. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung
zu 2.: Beihilfe zur versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 15. Mai 2014 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 4. Dezember 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten F. wegen Beihilfe zu dieser Tat unter Einbeziehung der Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, mit denen sie in allgemeiner Form die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts suchten die Angeklagten den Geschädigten S. am Abend des Tattages in seiner Wohnung auf. Die Initiative dazu ging von dem Angeklagten D. aus, der den Geschädigten zuvor vergeblich aufgefordert hatte, ein Treffen zwischen ihm, dem Angeklagten , und dem Stiefvater des Geschädigten zu arrangieren, in dem der Angeklagte wegen einer vorangegangenen verbalen Auseinandersetzung eine Entschuldigung einfordern wollte. Unmittelbar nach Betreten der Wohnung forderte der Angeklagte D. die Zahlung von 500 €, hilfsweise die Herausgabe des Kfz-Briefs für den Pkw des Geschädigten, weil dieser seinen Schwiegervater noch nicht zu einem Treffen habe bewegen können. Nachdem der Geschädigte erklärt hatte, der Kfz-Brief befinde sich bei seinen Eltern und Bargeld habe er nicht im Haus, nahm der Angeklagte F. ein Messer mit einer Klingenlänge von 20 cm aus seiner Jacke und legte es vor dem Angeklagten D. , der dem Geschädigten gegenüber saß, auf den Küchentisch. Der Angeklagte D. ergriff das Messer und strich dem Geschädigten damit über den Oberschenkel, wobei er auf die Schärfe der Klinge hinwies, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Nach 20-30 Minuten verließen die Angeklagten die Wohnung. Dabei forderte der Angeklagte D. , der Geschädigte solle die verlangte Summe zu einer Tankstelle in B. bringen, und nahm als Druckmittel einen Schlüssel zu dessen Pkw an sich, der an der Garderobe hing.
3
Im weiteren Verlauf des Abends wollte der Angeklagte D. den Geschädigten erneut "auf die Sache ansprechen" und ihn zu diesem Zweck vor Arbeitsbeginn - der Geschädigte hatte eine Nachtschicht zu absolvieren - abpassen. Die Angeklagten ließen sich zu diesem Zweck von einem Bekannten zum Parkplatz des Arbeitgebers des Geschädigten bringen. Als der Pkw des Geschädigten vorfuhr, begab sich der Angeklagte D. dorthin. Aus dem Wagen stieg indes lediglich eine Arbeitskollegin des Geschädigten, der er den Wagen geliehen hatte, weil er selbst sich - aufgrund des vorangegangenen Geschehens eingeschüchtert - außer Stande sah, an diesem Abend zur Arbeit zu gehen. Als der Angeklagte D. das bemerkte, kehrte er zum Wagen seines Bekannten zurück und fuhr mit diesem und dem Angeklagten F. davon.
4
2. Die Verurteilungen wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen Beihilfe dazu können aufgrund dieser Feststellungen keinen Bestand haben. Denn die Strafkammer hat es in rechtsfehlerhafter Weise unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Angeklagten vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung strafbefreiend zurückgetreten sind. Insbesondere hat sie keine Feststellungen zum Vorstellungsbild der Angeklagten nach der letzten von ihnen vorgenommenen Ausführungshandlung getroffen. Insoweit gilt:
5
Sind an einer Tat mehrere beteiligt, so wird gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Diese Verhinderungsleistung kann indes schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiterzuhandeln (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 4. April 1989 - 4 StR 125/89, BGHR StGB § 24 Abs. 2 Verhinderung 2; vom 19. Juni 1991 - 3 StR 481/90, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Rücktritt 4; Urteil vom 19. März 2013 - 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274 mwN). Ob darin ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch gesehen werden kann, hängt entscheidend von dem Vorstellungsbild der Täter nach der letzten von ihnen vorgenommenen Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont) ab: Gehen sie zu diesem Zeitpunkt davon aus, noch nicht alles getan zu haben, was nach ihrer Vorstellung zur Herbeiführung des Taterfolgs erforderlich oder zumindest ausreichend ist und liegt mithin ein unbeendeter Versuch vor, so können sie durch bloßes Nichtweiterhandeln zurücktreten. Anders liegt es aber dann, wenn der Versuch fehlgeschlagen ist, weil aus Sicht der Täter nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen na- he liegenden Mitteln die Tat nicht mehr vollendet werden kann (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 19. März 2013 aaO). Lässt sich das Vorstellungsbild der Täter im maßgeblichen Zeitpunkt, das auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung ist (BGH aaO mwN), den Urteilsfeststellungen nicht entnehmen, so hält das Urteil demgemäß sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil es die revisionsrechtliche Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts nicht ermöglicht (BGH aaO; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 13. November 2012 - 3 StR 411/12, juris; vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11, NStZ 2012, 263).
6
So verhält es sich hier: Die Strafkammer hat weder Feststellungen zum weiteren Geschehen nach der Abfahrt der Angeklagten vom Parkplatz des Arbeitgebers des Geschädigten noch dazu getroffen, welche Vorstellung sich die Angeklagten im Zeitpunkt ihres Aufbruches hinsichtlich der Möglichkeit der Tatvollendung machten. Auch in der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung hat sie sich nicht mit der Frage des Rücktritts auseinandergesetzt, so dass auch aus dem Urteil in seiner Gesamtheit nicht auf den Rücktrittshorizont der Angeklagten geschlossen werden kann. Darlegungen zum Rücktrittshorizont waren hier insbesondere auch deshalb geboten, weil es sich um ein mehraktiges Geschehen handelte und von den Angeklagten möglicherweise weitere Ausführungshandlungen vorgenommen werden sollten.
7
Der Senat hat auch die von dem Fehler nicht betroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
Becker Pfister Hubert Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR560/14
vom
15. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. Januar 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 27. Mai 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu dem Fall II. 4 der Urteilsgründe verschafften sich der Angeklagte und mehrere unbekannt gebliebene Mittäter Zugang zu dem Gelände eines Containerdienstes, um dort nach mitnehmenswerten Gegenständen zu suchen. Beim Durchschneiden von Maschendrahtzäunen verletzte sich der Angeklagte am Fuß, wodurch er starke Schmerzen erlitt und nicht mehr einsatzfähig war. Seine Mittäter zerschlugen die Scheibe eines abgestellten Lkws und entnahmen dem Führerhaus einen Koffer mit Werkzeug. Sie übergaben den Koffer dem Angeklagten zur Mitnahme. Da dieser ihn aufgrund seiner Verletzung nicht zu tragen vermochte, ließ er ihn stehen. Der Angeklagte und seine Mittäter verließen den Tatort ohne Beute, weil sie keine stehlenswerten Gegenstände vorfanden. Zuvor hatten die Mittäter aus Frustration über den Misserfolg die Scheinwerfer und Blinkleuchten des Lkws zerschlagen.
3
Das Landgericht hat einen versuchten Diebstahl in einem besonders schweren Fall – Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB – angenommen, einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch indes verneint, „weil der diesbezügliche Diebstahlversuch fehlgeschlagen ist, nachdem der Angeklagte und seine Mittäter in den Lagerhallen der Firma … keine mitnehmenswerten Güter vorgefunden hatten“.
4
2. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen versuchten Diebstahls (in einem besonders schweren Fall) nicht. Die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch gemäß § 24 Abs. 2 StGB hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts , wonach bei einem fehlgeschlagenen Versuch ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 StGB von vornherein ausscheidet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 10. April 1986 – 4 StR 89/86, BGHSt 34, 53, 56, und vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369). Fehlgeschlagen ist der Versuch jedoch erst, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Maßgeblich dafür ist nicht der ursprüngliche Tatplan, dem je nach Fallgestaltung allerdings Indizwirkung für den Erkenntnishorizont des Täters zukommen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, NStZ 2008, 393), sondern dessen Vorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (BGH, Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239).
7
b) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen einen solchen Fehlschlag nicht. Zwar ergibt sich aus dem entfalteten Vandalismus am Ende der Tatausführung, dass der Angeklagte und seine Mittäter den Versuch, weitere stehlenswerte Gegenstände auf dem Gelände des Containerdienstes zu finden, für gescheitert hielten. Aus welchem Grund dies aber auch für den zu Beginn der Tat aus dem Führerhaus des aufgebrochenen Lkws entnommenen Koffer mit Werkzeug gelten soll, belegen die Ausführungen des Landgerichts nicht. Angesichts der Anwesenheit mehrerer Mittäter am Tatort ist der festgestellte Umstand, dass der Angeklagte den Werkzeugkoffer verletzungsbedingt nicht fortschaffen konnte, für sich allein genommen nicht tragfähig.
8
c) Hierauf beruht der Schuldspruch im Fall II. 4 der Urteilsgründe. Zwar waren an der Tat mehrere beteiligt; in einem solchen Fall wird gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Diese Verhinderungsleistung kann aber schon darin zu sehen sein, dass die Beteiligten es einvernehmlich unterlassen, weiter zu handeln (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274; Beschluss vom 15. Mai 2014 – 3 StR 149/14, NStZ-RR 2015, 8 f.).
9
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 29/13
vom
30. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Dezember 2012 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls schuldig ist. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe entfallen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 13 Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme von jeweils selbständigen real konkurrierenden Diebstahlstaten in den Fällen II. 6 und 7 sowie II. 9 und 10 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen fuhren die gesondert Verurteilten V. , R. und S. am 2. Dezember 2011 auf Veranlassung des Angeklagten nach M. , um dort auf Diebestour zu gehen. Nachdem sie vergeblich versucht hatten, sich gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung zu verschaffen, flüchteten sie. Die Gruppe beschloss unmittelbar anschließend am selben Abend, ihre Diebestour in H. fortzusetzen. Dort entwendeten sie Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten und kehrten anschließend zur Wohnung des Angeklagten zurück (Fälle II. 6 und 7 der Urteilsgründe). Am 9. Dezember 2011 begaben sich zwei Gruppen getrennt voneinander jeweils auf Veranlassung des Angeklagten in H. auf Diebestour. Eine Gruppe entwendete Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten, während die andere Gruppe beim Aufhebeln des Fensters zu einer Wohnung gestört wurde, sodass die Beteiligten ohne Beute flüchteten (Fälle II. 9 und 10 der Urteilsgründe).
4
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatge- nossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146).
5
In den Fällen II. 6 und 7 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine individuelle , nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich vielmehr darin, als Hintermann die Tatgenossen am Tattag auf Einbruchstour zu schicken. Diese Fälle sind daher konkurrenzrechtlich zu einer Tat des schweren Bandendiebstahls zusammenzufassen. Nichts anderes gilt für die am 9. Dezember 2011 verwirklichten Taten (II. 9 und 10 der Urteilsgründe). Soweit diese dadurch gefördert wurden, dass der Angeklagte gleichzeitig die beiden Gruppen veranlasste, auf Diebestour zu gehen, stellt dieses Verhalten entweder bereits nur eine Handlung dar; jedenfalls aber bilden diese Förderungsbeiträge des Angeklagten eine natürliche Handlungseinheit, sodass auch hinsichtlich dieser Fälle Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist.
6
c) Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen , weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
7
Infolge der Schuldspruchänderung entfallen die Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und vier Monaten in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe. Die Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten im Fall II. 7 der Urteilsgründe und von zwei Jahren und zehn Monaten im Fall II. 9 der Urteilsgründe bleiben jeweils als alleinige Einzelstrafen bestehen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen – je eine Einzelstrafe von drei Jahren und von einem Jahr und vier Monaten sowie jeweils drei Einzelstrafen in Höhe von zwei Jahren und vier Monaten, zwei Jahren und sechs Monaten und von zwei Jahren und zehn Monaten – ausschließen , dass die Strafkammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses , die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11 aaO), auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
2. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 648/16
vom
23. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:230817B1STR648.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. August 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22. Juli 2016, soweit es den Angeklagten betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, des Wohnungseinbruchdiebstahls sowie der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) aufgehoben aa) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen I.1. bis I.12. der Urteilsgründe und bb) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen und versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es ein sichergestelltes Päckchen Kokain eingezogen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht in der gebotenen Form ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
2. Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Teilaufhebung im Strafausspruch. Im Übrigen weist das Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
4
a) Die Urteilsfeststellungen werden von einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung getragen. Aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen tragen sie auch die Verurteilung des Angeklagten wegen in Mittäterschaft begangenen (versuchten) schweren Bandendiebstahls in den Fällen I.1. bis I.9. der Urteilsgründe und mittäterschaftlich begangenen (versuchten ) Wohnungseinbruchdiebstahls in den Fällen I.10. bis I.12. der Urteilsgründe.
5
b) Der Schuldspruch kann allerdings in konkurrenzrechtlicher Hinsicht nicht unverändert bestehen bleiben, weil die Annahme jeweils selbständiger, real konkurrierender Diebstahlstaten rechtlicher Nachprüfung nicht standhält.
6
aa) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden , sind ihm die gleichzeitig geförderten Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 11. April 2017 – 4 StR 615/16, Rn. 4; vom 2. Juli 2014 – 4 StR 176/14, wistra 2014, 437 und vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641; Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.).
7
bb) In den Fällen I.1. bis I.6., I.7. bis I.9. sowie I.10. bis I.12. der Urteilsgründe hat das Landgericht eine individuelle, nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt: Der Tatbeitrag des Angeklagten „erschöpfte sich nach der Sach- verhaltsdarstellung im angefochtenen Urteil ... jeweils darin, seine (n) Tatgenossen an den verschiedenen Tattagen mit dem Pkw in zur Begehung von Einbruchstaten geeignet erscheinende Wohngebiete zu fahren, sie (ihn) dort abzusetzen und nach Beendigung von mehreren Einbrüchen in Wohnungen in Tatortnähe wieder abzuholen. Die Fälle I.1 bis I.6, I.7 bis I.9 sowie I.10 bis I.12 der Urteilsgründe, in denen die vom Angeklagten in Tatortnähe abgesetzten und später wieder abgeholten Tatgenossen jeweils mehrere Wohnungseinbrüche begingen, sind daher für den Angeklagten konkurrenzrechtlich jeweils zu einheitlichen Taten des schweren Bandendiebstahls oder des Wohnungseinbruchdiebstahls zusammenzufassen.“
8
cc) Da ergänzende Feststellungen, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2017 – 4 StR 615/16, Rn. 6 und vom 28. März 2017 – 4 StR 82/17, Rn. 7, mwN). § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte, der seine Tatbeteiligung bestritten hat, gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
9
dd) Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der Einzelstrafen I.1. bis I.12. der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe zur Folge. Demgegenüber haben die den aufgehobenen Einzelstrafaussprüchen und der Gesamtstrafe zugrundeliegenden Feststellungen, die von dem Rechtsfehler in der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Taten nicht betroffen sind, Bestand. Der neue Tatrichter kann ergänzende, mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.
Graf Jäger Cirener
Bär Hohoff

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 211/18
vom
19. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:190618B2STR211.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 19. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 11. Dezember 2017 aufgehoben, soweit
a) die Festsetzung der Tagessatzhöhe für die wegen illegalen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland verhängte Einzelgeldstrafe unterblieben ist und
b) die Verwaltungsbehörde angewiesen worden ist, dem Angeklagten vor Ablauf von drei Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung , wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen illegalen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf von drei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Ferner hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die dagegen gerichtete, auf die Beanstandung der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat sowohl zum Schuldspruch, hinsichtlich der verhängten Einzelfreiheitsstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe sowie der Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
4
3. Hingegen hält der Strafausspruch hinsichtlich der Verurteilung wegen illegalen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) zu einer Einzelgeldstrafe rechtlicher Prüfung nicht vollumfänglich stand. Das Landgericht hat insoweit auf eine Einzelgeldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen erkannt, jedoch rechtsfehlerhaft die Tagessatzhöhe nicht bestimmt.
5
Die Festsetzung der Tagessatzhöhe (§ 40 Abs. 2 Satz 1 StGB), die neben der Bemessung der Tagessatzzahl einen selbständigen Strafzumessungsvorgang darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1976 – 1 StR 319/76, BGHSt 27, 70, 72; Beschluss vom 10. Juni 1986 – 1 StR 445/85, BGHSt 34, 90, 92), ist auch dann erforderlich, wenn, wie hier, die Einzelgeldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB in eine Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen wird (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2014 – 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209 mwN). Der Tatrichter hat daher die Bestimmung der Tagessatzhöhe nachzuholen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 97). Der übrige Strafausspruch ist hiervon nicht berührt.
6
4. Die Anordnung der Sperrfrist kann nicht bestehen bleiben.
7
a) Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung ist im Urteil gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO zu begründen (Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 553; MüKoStPO/Wenske, StPO, § 267 Rn. 440). Soll gegen den Angeklagten wegen einer nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthaltenen Straftat eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet werden, so ist die Vornahme einer Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit durch den Tatrichter zum Beleg der fehlenden Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich. Der erforderliche Umfang der Darlegung ist hierbei einzelfallabhängig (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, juris Rn. 3). Zwar liegt es bei typischen Verkehrsdelikten, zu denen Fahren ohne Fahrerlaubnis zählt, nicht fern, dass der Täter zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet und daher eine isolierte Sperrfrist anzuordnen ist (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, aaO; Urteil vom 5. September 2006 – 1 StR 107/06, NStZ-RR 2007, 40). Eine auf den Einzelfall bezogene Begründung macht dies indes nicht entbehrlich. Zudem bedarf es bei der Bemessung der Sperrfrist der Darlegung der Prognoseentscheidung zur Dauer der voraussichtlichen Ungeeignetheit des Täters (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2002 – 4 StR 339/02, NZV 2003, 46).
8
b) Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die Strafkammer hat ihre Überlegungen zur Anordnung der Maßregel sowie zur Dauer der isolierten Sperrfrist nicht dargelegt. Mangels jeglicher Ausführung zur Begründung des Maßregelausspruchs ist nicht nachvollziehbar, welche Kriterien für die Strafkammer bei der Anordnung der isolierten Sperrfrist und der Bestimmung ihrer Länge leitend gewesen sind. Dies erschließt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht, auch wenn die vielfachen Verurteilungen des Angeklagten wegen straßenverkehrsrechtlicher Vergehen für dessen charakterlichen Eignungsmangel sprechen.
9
5. Die zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist allerdings nicht gehindert, weitere Feststellungen zu treffen, sofern sie den bereits bestehenden nicht widersprechen.
Schäfer Eschelbach Bartel
Grube Schmidt

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 439/18
vom
13. September 2018
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:130918B1STR439.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 1.b), 2. und 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 13. September 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 9. April 2018 aufgehoben,
a) im Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist;
b) soweit die Verwaltungsbehörde angewiesen worden ist, dem Angeklagten vor Ablauf von zwei Jahren ab Rechtskraft des vorgenannten Urteils keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen und
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf von zwei Jahren ab Rechtskraft des Urteils keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen.
2
Die gegen seine Verurteilung gerichtete und auf die Beanstandung der Verletzung materiellen Rechts (unter Ausnahme der Nichtanwendung des § 64 StGB) gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat hinsichtlich der Schuldsprüche wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und der insoweit verhängten Einzelfreiheitsstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Lediglich die Anordnung der Sperrfrist kann nicht bestehen bleiben. Dagegen hält der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf folgende Feststellungen gestützt: „Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im März 2015 kaufte und übernahm die anderweitig Verurteilte S. an einem nicht näher bekannten Ort in der Tschechischen Republik 100 Gramm Methamphetamin, um dieses gewinnbringend weiterzuverkaufen.
Sie und der Angeklagte, der wusste, dass das Betäubungsmittel gewinnbringend weiterverkauft werden sollte und dies zumindest billigend in Kauf nahm, brachten das Rauschgift sodann gemeinsam über die tschechisch-deutsche Grenze auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und weiter nach N. .
Von dem Rauschgift verkaufte und übergab S. anschließend eine Teilmenge an die anderweitig Verurteilten P. und E. in deren Wohnung... . Das Methamphetamin hatte einen Wirkstoffgehalt von mindestens 60 % Methamphetaminbase.“
5
b) Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln nicht; sie sind zum objektiven Tatbestand unzureichend. Es fehlen Angaben zur konkreten Tathandlung des Angeklagten. Es wird bereits nicht erkennbar, wie (mit welchem Fahrzeug, mit der Bahn oder auch zu Fuß) das Methamphetamin über die Grenze verbracht worden ist und worin genau der Tatbeitrag des Angeklagten bestand. Die Feststellung des konkreten Tatbeitrags des Angeklagten ist erforderlich, um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob sich der Angeklagte als Mittäter oder als Gehilfe an der Einfuhr beteiligt hat oder seine Handlungen die Grenze zur Strafbarkeit nicht überschritten haben. So ist das bloße Dabeisein und die Kenntnis von einem Rauschgifttransport ohne einen objektiv fördernden Beitrag nicht als Beihilfe zu werten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 5. Juli 2018 – 1 StR 42/18 Rn. 9 mwN, NStZ-RR 2018, 286); eine psychische Beihilfe wiederum bedarf der Feststellungen, inwieweit der Gehilfe hierdurch den Tatentschluss des Haupttäters bestärkt oder ihn bei der Tatausführung unterstützt hat, indem er ihm durch seine Anwesenheit ein Gefühl der Sicherheit bei der Tatausführung verschafft hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2018 – 1StR 42/18 Rn. 9 mwN, NStZ-RR 2018, 286 und vom 11. November 2008 – 4 StR 434/08 Rn. 4, NStZ-RR 2009, 121).
6
Der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat daher auf der Grundlage der ungenügenden Feststellungen keinen Bestand. Dies führt auch zur Aufhebung der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der zugehörigen Einzelstrafe und der Gesamtfreiheitsstrafe. Der Senat hebt die Feststellungen insoweit insgesamt auf.
7
2. Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung ist im Urteil gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO zu begründen. Soll gegen den Angeklagten wegen einer nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthaltenen Straftat eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 69a Abs. 1 Satz 1 StGB), so ist die Vornahme einer Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit durch den Tatrichter zum Beleg der fehlenden Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich. Der erforderliche Umfang der Darlegung ist hierbei einzelfallabhängig. Zwar liegt es bei typischen Verkehrsdelikten, zu denen Fahren ohne Fahrerlaubnis zählt, nicht fern, dass der Täter zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet und daher eine isolierte Sperrfrist anzuordnen ist (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2018 – 2 StR 211/18, juris Rn. 7 mwN und vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, juris Rn. 3, NStZ-RR 2015, 123; Urteil vom 5. September 2006 – 1 StR 107/06, NStZ-RR 2007, 40). Eine auf den Einzelfall bezogene Begrün- dung macht dies indes nicht entbehrlich. Zudem bedarf es bei der Bemessung der Sperrfrist der Darlegung der Prognoseentscheidung zur Dauer der voraussichtlichen Ungeeignetheit des Täters (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2018 – 2StR 211/18, juris Rn. 7 und vom 22. Oktober 2002 – 4 StR 339/02, NZV 2003, 46).
8
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die Strafkammer hat ihre Überlegungen zur Anordnung der Maßregel sowie zur Dauer der isolierten Sperrfrist nicht dargelegt. Mangels jeglicher Ausführung zur Begründung des Maßregelausspruchs ist nicht nachvollziehbar, welche Kriterien für die Strafkammer bei der Anordnung der isolierten Sperrfrist und der Bestimmung ihrer Länge leitend gewesen sind. Dies erschließt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, auch wenn die rechtskräftigen Verurteilungen des Angeklagten wegen vorsätzlichem Fahren trotz Fahrverbots und fahrlässigem Fahren ohne Fahrerlaubnis für dessen charakterlichen Eignungsmangel sprechen.
9
Die zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist allerdings nicht gehindert, weitere Feststellungen zu treffen, sofern sie den bereits bestehenden nicht widersprechen.
Raum Jäger Bellay
Cirener Fischer

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.