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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 450/18
vom
27. März 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:270319B2STR450.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 27. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO beschlossen:
1. a) Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Mai 2018 im Gesamtstrafenausspruch mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung darüber nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
b) Die weiter gehende Revision des Angeklagten A. wird verworfen.
c) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten A. bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten. 2. a) Die Revision des Angeklagten P. wird verworfen.
b) Dieser Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen, Diebstahls und versuchten Diebstahls verurteilt, den Angeklagten P. unter Einbeziehung der Strafe aus einem früheren Urteil des Amtsgerichts Darmstadt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren, den Angeklagten A. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Außerdem hat es die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 90.441,30 Euro gegen die Angeklagten als Gesamtschuldnerangeordnet. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Die Revision des Angeklagten P. ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, diejenige des Angeklagten A. hat nur in demaus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie ebenfalls unbegründet.
2
1. Das Landgericht hat von der Bildung einer weiteren Gesamtstrafe mit den Entscheidungen des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 9. August 2017 – 302 Ds 109 Js 1980/17 – und des Amtsgerichts Hersbruck vom 18. Dezember 2017 – 3 Ds 609 Js 68751/16 – abgesehen. Dazu hat es auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. November 1985 – 3 StR 311/85 (BGHSt 33, 367 ff.) verwiesen. Darin hatte der 3. Strafsenat – nicht tragend – die von bisheriger Rechtsprechung abweichende Auffassung geäußert, die Zäsurwirkung einer Vorverurteilung entfalle auch dann nicht, wenn die durch das frühere Urteil verhängte Strafe im Sinne von § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB erledigt ist. Dem sind die anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs mit Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut entgegengetreten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1987 – 1 StR222/87, JR 1988, 214 mit Anm. Bringewat; Senat, Urteil vom 6. März 1987 – 2 StR 37/87, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 2; BGH, Beschluss vom 15. März 1988 – 4 StR 75/88, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 7; Beschluss vom 26. Oktober 1988 – 4 StR 472/88). Der 3. Strafsenat hat die genannte Auffassung danach nicht aufrechterhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 1988 – 3 StR 338/88). Demnach ist es weiter ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass einer erledigten Verurteilung keine Zäsurwirkung zukommt (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – 2 StR 495/14; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 3 StR 497/16, NStZ 2017, 169; Urteil vom 8. November 2018 – 4 StR 269/18). Der mehr oder weniger zufällige Eintritt der Erledigung vor der neuen Verurteilung erfordert aber einen Härteausgleich bei der Bemessung der zu bildenden Gesamtstrafe (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 1995 – 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310, 313).
3
2. Der Senat hat keinen Anlass, im vorliegenden Fall von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen. Daher hebt er die bisherige Gesamtstrafenentscheidung gemäß § 354 Abs. 1b StPO mit der Maßgabe auf, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
Franke Appl Eschelbach Meyberg Wenske

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafprozeßordnung - StPO | § 462 Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen; sofortige Beschwerde


(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

Strafprozeßordnung - StPO | § 460 Nachträgliche Gesamtstrafenbildung


Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2018 - 4 StR 269/18

bei uns veröffentlicht am 08.11.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 269/18 vom 8. November 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Raubes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:081118U4STR269.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2017 - 3 StR 497/16

bei uns veröffentlicht am 10.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 497/16 vom 10. Januar 2017 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2017:100117B3STR497.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 497/16
vom
10. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:100117B3STR497.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25. August 2016 im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Während der Schuldspruch und die Bemessung der gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen keinen diesen benachteiligenden Rechtsfehler erkennen lassen, kann der Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand haben.
3
Der Angeklagte hatte zwei der abgeurteilten Taten am 4. August 2014 und damit zeitlich vor dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 1. Dezember 2014 begangen, durch welches er zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden war, die noch nicht erledigt ist. Damit kommt in Betracht, dass mit dieser Freiheitsstrafe und den im angefochtenen Urteil verhängten Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden, während die für die Tat vom 18. März 2016 festgesetzte Einzelstrafe wegen einer möglichen Zäsurwirkung des Urteils vom 1. Dezember 2014 gesondert auszusprechen war. Dem steht nicht notwendig entgegen, dass durch das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 1. Dezember 2014 eine Tat des Angeklagten geahndet worden war, die dieser vor dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 23. Juni 2014 begangen hatte. Denn dieses Urteil würde nur dann seinerseits eine Zäsur begründen und damit eine Gesamtstrafenbildung zwischen der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 1. Dezember 2014 und den Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 ausschließen, wenn die dort verhängte Geldstrafe von 50 Tagessätzen noch nicht erledigt ist (s. etwa BGH, Urteil vom 18. März 1982 - 4 StR 636/81, NJW 1982, 2080 f.; Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; Urteile vom 10. Juli 1985 - 3 StR 124/85, juris Rn. 6; vom 6. März 1987 - 2 StR 37/87, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 2; vom 30. Juni 1987 - 1 StR 222/87, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 3; Beschlüsse vom 18. Dezember 1987 - 5 StR 644/87, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 5; vom 26. Oktober 1988 - 4 StR 472/88, GA 1989, 132, 133; seine gegenteiligen, nicht tragenden Erwägungen im Urteil vom 13. November 1985 - 3 StR 311/85, BGHSt 33, 367, 369 verfolgt der Senat nicht weiter; s. bereits Senat, Beschluss vom 7. September 1988 - 3 StR 338/88, NStZ 1988, 552). Ob dies der Fall ist, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen, da die- ses den Vollstreckungsstand des Urteils des Amtsgerichts Hannover vom 23. Juni 2014 nicht mitteilt.
4
Durch die möglicherweise rechtsfehlerhaft gebildete Gesamtstrafe ist der Angeklagte beschwert. Da das Amtsgericht Hannover die Vollstreckung der von ihm verhängten Freiheitsstrafe von fünf Monaten zur Bewährung ausgesetzt hatte, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass das Landgericht auch die Vollstreckung einer aus dieser Freiheitsstrafe und den beiden Einzelstrafen für die Taten vom 4. August 2014 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hätte.
5
Über die Gesamtstrafe ist daher nochmals zu befinden. Dabei wird die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer zu beachten haben, dass insoweit der Vollstreckungsstand der gegen den Angeklagten ergangenen früheren Urteile im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils (25. August 2016) maßgeblich (s. nur BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 188/11, juris Rn. 5) und im Falle vom Ersturteil abweichender Gesamtstrafen- bildung auch Augenmerk auf das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO zu richten ist (zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 4 StR 73/16, NStZ-RR 2016, 275, 276). Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 269/18
vom
8. November 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:081118U4STR269.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. November 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 7. November 2017
a) in den Gesamtstrafenaussprüchen gegen die Angeklagten R. und T. und
b) im Strafausspruch gegen den Angeklagten B.
mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen schweren Raubes unter Auflösung einer Gesamtstrafe und Einbeziehung der Strafen aus drei Vorverurteilungen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten B. hat es wegen schweren Raubes die Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Den Angeklagten T. hat es des schweren Raubes und des Wohnungseinbruchdiebstahls schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung der Strafe aus einer anderweitigen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Schließlich hat es gegen alle Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, beanstandet die Staatsanwaltschaft die Gesamtstrafenaussprüche gegen die Angeklagten R. und T. sowie den von der Strafkammer bei der Bemessung der Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten B. vorgenommenen Härteausgleich.
2
Die Revisionen haben Erfolg.

I.


3
1. Nach den Feststellungen begingen die drei Angeklagten am 20. August 2014 gemeinschaftlich einen schweren Raub. Der Angeklagte T. verübte des Weiteren am 12. Mai 2016 einen Wohnungseinbruchdiebstahl. Nach dem 20. August 2014 traten sämtliche Angeklagten mehrfach mit weiteren Verurteilungen strafrechtlich in Erscheinung.
4
a) Gegen den Angeklagten R. verhängte das Amtsgericht Hagen am 29. Juni 2015 wegen Diebstahls, versuchten Diebstahls und Körperverletzung die Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung es für drei Jahre zur Bewährung aussetzte. Wegen eines am 21. August 2014 begangenen Diebstahls wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Arnsberg am 10. September 2015 zu der Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt, die er durch Ratenzahlung teilweise bezahlte. Schließlich erkannte das Amtsgericht Dortmund mit Strafbefehl vom 10. April 2017 wegen eines weiteren am 16. Dezember 2016 verübten Diebstahls auf die Geldstrafe von 80 Tagessätzen. Die Vollstreckung dieser Geldstrafe ist bislang zurückgestellt.
5
b) Den Angeklagten B. verurteilte das Amtsgericht Arnsberg am 8. September 2014 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Nach dem Widerruf der Vollstreckungsaussetzung verbüßte der Angeklagte einen Teil der Strafe vom 26. September 2017 bis 2. November 2017. Die Reststrafe wurde im Zuge der jährlichen Weihnachtsamnestie erlassen. Am 7. April 2015 und 7. Dezember 2015 erkannte das Amtsgericht Arnsberg gegen den Angeklagten wegen Körperverletzung bzw. unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Nötigung jeweils auf Geldstrafen zu 60 Tagessätzen, die durch Vollstreckung der jeweiligen Ersatzfreiheitsstrafen erledigt sind.
6
c) Gegen den Angeklagten T. verhängte das Amtsgericht Arnsberg mit Strafbefehl vom 9. Oktober 2014 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen die Freiheitsstrafe von drei Monaten und setzte die Vollstreckung zur Bewährung aus. Nach dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wurde die Vollstreckung nach § 35 BtMG zurückgestellt. Schließlich verurteilte das Amts- gericht Arnsberg den Angeklagten am 30. November 2015 wegen Sachbeschädigung zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen, die durch Ratenzahlung erledigt ist.
7
2. Das Landgericht hat gegen den Angeklagten R. wegen der Raubtat am 20. August 2014 eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und unter Einbeziehung der Einzelstrafen von vier Monaten und zweimal drei Monaten aus der Entscheidung des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015, der Geldstrafe von 60 Tagessätzen aus der Entscheidung des Amtsgerichts Arnsberg vom 10. September 2015 und der Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 10. April 2017 eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gebildet.
8
Gegen den Angeklagten B. hat es auf die Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erkannt, wobei es für die infolge Erledigung nicht mehr mögliche Einbeziehung der drei Strafen aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Arnsberg vom 8. September 2014, 7. April 2015 und 7. Dezember 2015 in eine nachträgliche Gesamtstrafe einen Härteausgleich von drei Monaten vorgenommen hat.
9
Schließlich hat die Strafkammer gegen den Angeklagten T. Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten für die Raubtat am 20. August 2014 und acht Monaten für den Wohnungseinbruchdiebstahl am 12. Mai 2016 verhängt und aus diesen Einzelstrafen und der Freiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Arnsberg vom 9. Oktober 2014 die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gebildet. Für die durch Bezahlung erledigte Geldstrafe von 40 Tagessätzen aus dem Erkenntnis des Amtsge- richts Arnsberg vom 30. November 2015 hat es bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe einen Härteausgleich von einem Monat gewährt.

II.


10
Die die Angeklagten R. und T. betreffenden Revisionen sind wirksam auf die jeweiligen Gesamtstrafenaussprüche beschränkt.
11
Das Rechtsmittel bezüglich des Angeklagten B. richtet sich gegen den Strafausspruch. Zwar hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift auch die Revision hinsichtlich des Angeklagten B. ausdrücklich auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkt. Die Bedeutung dieser Erklärung ist aber bereits deshalb unklar, weil das Landgericht gegen diesen Angeklagten nicht auf eine Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hat. Sie ist zudem nicht mit den weiteren Ausführungen in der Antragsschrift in Einklang zu bringen, mit denen sich der Generalbundesanwalt gegen den von der Strafkammer vorgenommenen Härteausgleich bei der Bemessung der für die Raubtat verhängten Freiheitsstrafe wendet. Auch die beschwerdeführende Staatsanwaltschaft hat in ihrer Revisionsbegründung unter anderem die fehlende Nachvollziehbarkeit des gewährten Härteausgleichs beanstandet. Die bei sich widersprechenden Ausführungen zum Angriffsziel zur Bestimmung der Reichweite des Revisionsangriffs gebotene Auslegung der Rechtsmittelerklärungen (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR528/13, NJW 2014, 871; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 9 f. mwN) ergibt, dass sich die den Angeklagten B. betreffende Revision der Staatsanwaltschaft gegen den Strafausspruch richtet. Diese Beschränkung ist wirksam.

III.


12
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben in vollem Umfang Erfolg. Sowohl die Gesamtstrafenaussprüche gegen die Angeklagten R. und T. als auch der Härteausgleich bei der den Angeklagten B. betreffenden Strafzumessung begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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1. Nach der Vorschrift des § 55 StGB ist unter Anwendung der §§ 53 und 54 StGB nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden, wenn ein bereits rechtskräftig Verurteilter vor Erledigung der gegen ihn erkannten Strafe wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Diese Regelung soll ihrem Grundgedanken nach sicherstellen, dass Taten, die bei gemeinsamer Aburteilung nach den §§ 53, 54 StGB behandelt worden wären, auch bei getrennter Aburteilung dieselbe Behandlung erfahren, sodass der Täter im Ergebnis weder besser noch schlechter gestellt ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Dezember 1954 – 3 StR 189/54, BGHSt 7, 180, 181; Beschlüsse vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; vom 9. November 2010 – 4 StR 441/10, StV 2011, 158; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 2). Hierbei kommt es maßgeblich allein auf die materielle Rechtslage und nicht auf die verfahrensrechtliche Situation an (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, aaO; vom 22. Februar 2012 – 4 StR 22/12, wistra 2012, 221). Folgen der Beendigung der neu abgeurteilten Tat mehrere Verurteilungen des Täters nach, ist bei der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe von der frühesten nicht erledigten Verurteilung auszugehen. Dieser Verurteilung kommt regelmäßig – von hier nicht vorliegenden Ausnahmekonstellationen abgesehen – eine Zäsurwirkung zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. November 2003 – 2 StR 394/03, NStZ-RR 2004, 137; vom 28. Juli 2006 – 2 StR 215/06, NStZ 2007, 28; vom 11. April 2018 – 4 StR 53/18 Rn. 4; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 55 Rn. 11 mwN).
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2. Nach diesen Grundsätzen können die Gesamtstrafenaussprüche gegen die Angeklagten R. und T. nicht bestehen bleiben.
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a) Hinsichtlich des Angeklagten R. hat das Landgericht neben der Freiheitsstrafe für die am 20. August 2014 begangene Raubtat zu Recht die (Einzel-)Strafen aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015 und des Amtsgerichts Arnsberg vom 10. September 2015 zur Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe herangezogen, weil sämtliche Taten vor dem noch nicht erledigten Erkenntnis des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015 beendet wurden. Dagegen besteht hinsichtlich der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 10. April 2017 – wie die Strafkammer ausweislich der Urteilsgründe selbst erkannt hat – keine Gesamtstrafenlage. Denn die dort abgeurteilte Tat wurde erst am 16. Dezember 2016 und damit nach der zäsurbildenden Entscheidung des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015 begangen. Die Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 10. April 2017 hätte daher bestehen bleiben müssen. Dies hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge, die, da der Angeklagte durch die Einbeziehung der Geldstrafe in eine Gesamtfreiheitsstrafe beschwert ist, auch zugunsten des Angeklagten wirkt.
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b) Bei dem Angeklagten T. hat die Strafkammer übersehen, dass der Wohnungseinbruchdiebstahl am 12. Mai 2016 zeitlich nach der noch nicht erledigten Verurteilung durch das Amtsgericht Arnsberg vom 9. Oktober 2014 erfolgte. Sie hätte daher die für den Wohnungseinbruchdiebstahl verhängte Freiheitsstrafe von acht Monaten nicht in die gebildete Gesamtfreiheitsstrafe einbeziehen dürfen. Ferner war – selbst für den Fall, dass die Verurteilungen durch das Amtsgericht Arnsberg vom 9. Oktober 2014 und 30. November 2015 untereinander gesamtstrafenfähig waren – kein Härteausgleich veranlasst, weil die Geldstrafe durch Zahlung erledigt worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 5. November 2013 – 1 StR 387/13, StraFo 2014, 30; vom 15. September 2004 – 2 StR 242/04; vom 2. Mai 1990 – 3 StR 59/89, NStZ 1990, 436).
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3. a) Bezüglich des Angeklagten B. hat das Landgericht zutreffend von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe abgesehen. Denn die drei der abgeurteilten Raubtat zeitlich nachfolgenden Verurteilungen durch das Amtsgericht Arnsberg sind sämtlich erledigt und entfalten daher keine Zäsurwirkung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, aaO; Fischer, StGB, aaO Rn. 10 mwN). Auch der Erlass einer Strafe im Gnadenwege führt zur Erledigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Dezember 2009 – StB 51/09, NStZ 2010, 445, 448; Rissing-van Saan in LK-StGB, aaO Rn. 23).
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b) Die Erwägungen der Strafkammer zu dem für die unterbliebene Gesamtstrafenbildung zu gewährenden Härteausgleich halten indes einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
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Scheitert eine nach § 55 Abs. 1 StGB an sich mögliche nachträgliche Gesamtstrafenbildung daran, dass die zunächst erkannte Strafe bereits vollstreckt , verjährt oder erlassen ist, so fordert eine darin liegende Härte einen angemessenen Ausgleich bei der Bemessung der neuen Strafe (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 29. Juli 1982 – 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102, 103; vom 23. Januar 1985 – 1 StR 645/84, BGHSt 33, 131, 132; vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80). Bezugspunkt für den zu gewährenden Här- teausgleich ist die Gesamtstrafenbildung, wie sie ohne die eingetretene Erledigung der früheren Verurteilungen vorzunehmen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2011 – 5 StR 301/11, StV 2012, 596). Für die Bemessung des Härteausgleichs ist der Tatrichter daher gehalten, sich Klarheit über die ohne Berücksichtigung der Erledigung an sich gegebene Gesamtstrafenlage zu verschaffen. Das Landgericht hat mit Blick auf sämtliche Strafen aus den drei Erkenntnissen des Amtsgerichts Arnsberg vom 8. September 2014, 7. April 2015 und 7. Dezember 2015 einen Härteausgleich von drei Monaten gewährt. Dies wäre im Ansatz nur zutreffend, wenn die drei Verurteilungen untereinander gesamtstrafenfähig gewesen sind, weil alle Taten vor dem 8. September 2014 beendet wurden. Ob dies der Fall ist, lässt sich auf der Grundlage der Urteilsgründe , welche sich zu den Tatzeiten der jeweils abgeurteilten Taten nicht verhalten , nicht abschließend beurteilen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.