Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - 2 StR 388/14

published on 12/02/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - 2 StR 388/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 8 8 / 1 4
vom
12. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu Ziffer 3. auf dessen Antrag - und des Beschwerdeführers am
12. Februar 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 13. Mai 2014 mit den zugehörigen Feststellungen
a) in den Fällen II. 1., II. 2. und II. 3.5. der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in acht Fällen und sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung zugunsten der Nebenklägerin getroffen. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Schuldspruch wegen Vergewaltigung in den Fällen II. 1., II. 2. und II. 3.5. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen drängte der Angeklagte die Nebenklägerin kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Juni/Juli 2006 zu sexuellem Verkehr, den sie ablehnte. Er wandte ihr gegenüber "zunächst im Flur der Wohnung und dann auf der Couch im Wohnzimmer körperliche Gewalt" an und vollzog schließlich den Beischlaf (Fall II. 1. der Urteilsgründe). Im März 2009 kam es zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin zu von ihr erneut abgelehntem Vaginalverkehr, den er "mit seiner körperlichen Überlegenheit" erzwang (Fall II. 2. der Urteilsgründe). Nähere Feststellungen zur vom Angeklagten angewendeten Gewalt waren der Strafkammer in diesen beiden Fällen nicht möglich.
4
Ende Juni 2013 begehrte der Angeklagte erneut von der Nebenklägerin Geschlechtsverkehr. Als sie das Wohnzimmer verlassen wollte, zog er sie in Richtung der Couch. Der Angeklagte verließ das Wohnzimmer, um sich ein Kondom aus dem Schlafzimmer zu holen, während sie auf der Couch sitzen blieb, "da sie nicht wusste, wohin sie hätte gehen können, ohne dass der Angeklagte ihr nachkommt". Als der Angeklagte zurückkehrte, sich neben sie setzte und sie zu küssen begann, sagte sie ihm, dass sie keinen Geschlechtsverkehr wolle, und schubste den Angeklagten von sich weg. "Der Angeklagte ließ sich davon aber nicht abhalten und führte schlussendlich den Vaginalverkehr bis zum Samenerguss durch" (Fall II. 3.5. der Urteilsgründe).
5
b) Im Fall II. 1. und II. 2. der Urteilsgründe ist die vom Angeklagten angewendete Gewalt nicht mit Tatsachen belegt; die bloße Feststellung mit dem Gesetzeswortlaut ist nicht ausreichend (vgl. auch Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 284). Im Fall II. 3.5. der Urteilsgründe ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe die Geschädigte mit Gewalt zur Duldung des sexuellen Übergriffs genötigt, ebenfalls nicht belegt. Anders als der Generalbundesanwalt meint, ergeben sich entsprechende Feststellungen auch nicht aus der Gesamtschau der Urteilsgründe. Denn in allen weiteren nicht zu beanstandenden Fällen hat das Landgericht das Tatbestandsmerkmal "Gewalt" im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB jeweils im Einzelnen festgestellt.
6
2. Die Aufhebung in den Fällen II. 1., II. 2. und II. 3.5. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Wegen der schwierigen Beweislage in den Fällen II. 1. und II. 2. der Urteilsgründe könnte die Anwendung des § 154 StPO nahe liegen.
7
Die (teilweise) Aufhebung des Urteils erfasst nicht den Adhäsionsausspruch (BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - 4 StR 158/14, insoweit in NStZ 2014, 569 nicht abgedruckt; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 406a Rn. 8); eine Aufhebung der Adhäsionsentscheidung ist dem Tatrichter vorbehalten (vgl.
Senat, Urteil vom 28. November 2007 - 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96, 98). Auf den Anfragebeschluss des Senats vom 8. Oktober 2014 - 2 StR 137/14 und 2 StR 337/14 wird hingewiesen. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.