Bundesgerichtshof Beschluss, 03. März 2016 - 2 StR 360/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. März 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 34 Fällen und Urkundenfälschung in neun Fällen unter Einbeziehung weiterer Strafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt , außerdem hat es eine Anrechnungs- sowie eine Kompensationsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
- 2
- 1. Das Landgericht hat seine Feststellungen zur Tatbegehung durch den Angeklagten und zu den Einzelheiten der verschiedenen Betrugstaten und Urkundenfälschungen allein auf das „glaubhafte und vollumfängliche Geständnis des Angeklagten“ gestützt. Die Beweiswürdigung erschöpft sich insoweit in einem einzigen Satz. Damit fehlt dem Urteil eine tragfähige Beweisgrundlage.
- 3
- Aus dem Schuldprinzip folgt die Verpflichtung der Strafgerichte, von Amts wegen den wahren Sachverhalt zu erforschen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1060). Diese Pflicht darf nicht dem Interesse an einer einfachen und schnellstmöglichen Erledigung des Verfahrens geopfert werden. Es ist unzulässig, dem Urteil einen Sachverhalt zu Grunde zu legen, der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter Ausschöpfung des Beweismaterials beruht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte geständig gezeigt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 3 StR 35/13, StV 2013, 684, vom 6. August 2013 - 3 StR 212/13, StV 2013, 703 f., vom 5. November 2013 - 2 StR 265/13, NStZ 2014, 170 und vom 24. September 2013 - 2 StR 267/13, BGHSt 59, 21, 27 f.).
- 4
- Nach diesem Maßstab ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft, denn die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, dass die Strafkammer das Geständnis des Angeklagten einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen hat. Zu einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Begründung des Urteils hätte es zunächst der Erläuterung der geständigen Einlassung bedurft; denn ohne Kenntnis von Einzelheiten vermag das Revisionsgericht nicht zu erkennen, ob ein auf Betrugs- und Urkundendelikte bezogenes Geständnis auch sämtliche Tatbestandsmerkmale dieser Straftatbestände erfasst. Dabei hätte die Strafkammer insbesondere darlegen müssen, aufgrund welcher Umstände sie sich im Einklang mit dem Geständnis des Angeklagten vom Vorliegen eines Betrugsvorsatzes überzeugt hat. Denn dass der Angeklagte im Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsabschlüsse nicht willens und auch nicht in der Lage war, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, bzw. ihre Nichterfüllung billigend in Kauf genommen hat, versteht sich – auch vor dem Hintergrund, dass er die Taten „eingeräumt“ hat - nicht von selbst. So hat er, wie es den Urteilsgründen an anderer Stelle zu entnehmen ist, angegeben, es seien auch viele Geschäfte, die er - wie in den der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen - als Inhaber seiner Firma abgeschlossen habe, ordentlich abgewickelt worden. Warum in diejenigen Fälle, in denen es demgegenüber nicht zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen gekommen ist, eine vorsätzliche Täuschung über „Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit“ und damit ein nach § 263 StGB strafbares Verhalten vorliegen soll, hätte unter Mitteilung der konkreten Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung näherer Erörterung bedurft.
- 5
- 2. Die Sache bedarf insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Appl Krehl Eschelbach Zeng R'inBGH Dr. Bartel ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Appl
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)