Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2017 - 2 StR 320/17
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht Aachen hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „Beihilfe zum Diebstahl wahlweise wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei in 4 Fällen und wegen versuchten gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchsdiebstahls“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
- 2
- Seine auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Teilerfolg und führt zur Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 3
- Insoweit hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: „Die Verurteilung in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Diebstahl wahlweise wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei im Wege der ungleichartigen (gesetzesalternativen) Wahlfeststellung kann […] keinen Bestand haben. Nach den Ausführungen der Strafkammer konnte in diesen Fällen eine Beteiligung des Beschwerdeführers an den Diebstählen der Fahrzeuge nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt , aber auch nicht ausgeschlossen werden (UA S. 13). Dabei ergibt sich jedoch aus der Gesamtheit der Feststellungen, dass der Beschwerdeführer nicht als Alleintäter der vorangegangenen Diebstähle in Betracht kam, sondern lediglich, dass er neben unbekannten weiteren Tatbeteiligten als Mittäter oder Gehilfe beteiligt gewesen sein könnte. Damit steht aber die mögliche Beteiligung des Angeklagten an den Vortaten einer - eindeutigen - Verurteilung wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei nicht entgegen. Denn der Angeklagte hat in jedem Fall faktisch alle Tatbestandsmerkmale der Hehlerei (bei einer Absatzhilfe für die (Mit-)Täter des Diebstahls ) bzw. der Beihilfe zur Hehlerei (bei einer Absatzhilfe für nicht an der Vortat beteiligte Dritte) erfüllt. Es steht daher ein Sachverhalt fest, der die Verurteilung wegen einer auf den Diebstahl folgenden "Nachtat" in jedem Fall rechtfertigt. Ungewiss ist lediglich, ob der Angeklagte (auch) an den jeweiligen Vortaten beteiligt war. In derartigen Fällen geht eine Verurteilung auf eindeutiger Grundlage im Wege der Postpendenz unter Anwendung des Zweifelssatzes einer gesetzesalternativen Wahlfeststellung vor (vgl. BGHSt 35, 8690 ; BGHSt 55, 148-153; BGHR StGB vor § 1 Wahlfeststellung, Postpendenz 3 und 4; BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 – 2 StR 157/95 –, NStZ 1995, 500; Beschluss vom 24. Februar 2011 – 4 StR 651/10, NStZ 2011, 510; Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 131). Da dem Angeklagten in der - unverändert zugelassenen - Anklage hinsichtlich der Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe jeweils alternativ der Diebstahl der Fahrzeuge als gemeinschaftlicher Diebstahl in einem besonders schweren Fall (§§ 242 Abs. 1 und 2, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3, 25 Abs. 2 StGB) oder der Ankauf und anschließende Weiterverkauf der gestohlenen Fahrzeuge als Hehlerei nach § 259 StGB zur Last gelegt wurde, ihm eine Beteiligung an den Diebstahlstaten aber nicht nachgewiesen werden konnte, ist er auch insoweit freizusprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1998 – 4 StR 214/98 -, NStZ 1998, 635, zur Erforderlichkeit eines Teil- freispruchs bei eindeutiger Verurteilung nach Anklage von Alternativtaten
).
Der Rechtsfolgenausspruch kann trotz der Änderung des Schuldspruchs bestehen bleiben. Denn auf die Postpendenzfeststellung finden die Grundsätze der Wahlfeststellung Anwendung (vgl. LKDannecker , StGB, 12. Aufl. Anh. § 1, Rn. 104), bei der die Strafe dem Gesetz entnommen werden muss, das die - aufgrund konkreter Betrachtung zu ermittelnde - mildeste Strafe zulässt (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2000 – 3 StR 500/99 -, NStZ 2000, 473, 474). Das Landgericht ist hier trotz der Verwirklichung zweier Regelbeispiele im Falle einer Beihilfe zu den Diebstählen von dem Grundstrafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB ausgegangen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht. Damit hat es die Strafe dem niedrigeren Strafrahmen entnommen, da der nach§§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB zu mildernde Strafrahmen des § 260 StGB Freiheitsstrafe zwischen einem Monat und sieben Jahren und sechs Monate vorsieht.“
- 4
- Diesen Ausführungen tritt der Senat bei.
- 5
- Der Senat schließt aus, dass die Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 4 niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht den Angeklagten im Wege der Postpendenzfeststellung (nur) wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei verurteilt hätte. Appl Bartel Wimmer Grube Schmidt
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.