Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2017 - 2 ARs 541/17

ECLI: ECLI:DE:BGH:2017:131217B2ARS541.17.0
published on 13/12/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2017 - 2 ARs 541/17
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Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 541/17
2 AR 341/17
vom
13. Dezember 2017
in der Gerichtsstandsbestimmungssache
gegen
wegen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung
Az.: 55 StVK 157/17 Landgericht Göttingen
Az.: 164 StVK 109/17 Landgericht Lüneburg
ECLI:DE:BGH:2017:131217B2ARS541.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 13. Dezember 2017 beschlossen:
Zuständig für die Entscheidung über den Widerruf der mit Urteil des Amtsgerichts Osterode am Harz vom 8. August 2014 bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung ist das Landgericht Göttingen - Strafvollstreckungskammer.

Gründe:


I.

1
Das Amtsgericht Osterode am Harz hat mit Urteil vom 8. April 2014 gegen den Verurteilten wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzt hat. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat es die Bewährungszeit auf vier Jahre festgesetzt.
2
Am 20. September 2016 wurde der Angeklagte wegen neuer Straftaten in Untersuchungshaft genommen, die zunächst in der Justizvollzugsanstalt Braunschweig, später in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf vollzogen wurde. Am 29. Dezember 2016 ging beim Amtsgericht Osterode am Harz eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Göttingen ein, durch die die erste von mehreren neuen Anklageschriften gegen den Verurteilten zum Landgericht Göttingen übermittelt wurde. Am 21. Juni 2017 verurteilte ihn das Landgericht Göttingen wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen schweren Bandendiebstahls, jeweils in mehreren Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten. Ferner ordnete das Landgericht seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Von der Anordnung eines Vorwegvollzugs sah das Landgericht ab. Das Urteil ist seit dem 29. Juni 2017 rechtskräftig.
3
Nachdem das Amtsgericht Osterode am Harz am 15. August 2017 eine Urteilsabschrift erhalten hatte, übersandte es am 17. August 2017 die Akten der Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Antragstellung hinsichtlich eines Bewährungswiderrufs.
4
Am 24. August 2017 wurde der Verurteilte zum Vollzug der Maßregel aus der Justizvollzugsanstalt Rosdorf in die Psychiatrische Klinik Lüneburg verlegt, nachdem er sich zuvor in der Zeit vom 29. Juni 2017 bis zum 23. August 2017 in Organisationshaft in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf befunden hatte. Mit Verfügung vom 24. August 2017, beim Landgericht Göttingen eingegangen am 29. August 2017, beantragte die Staatsanwaltschaft Göttingen den Bewährungswiderruf. Nachdem die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen mit Verfügung vom 31. August 2017 ihre Zuständigkeit verneint hatte, wiederholte die Staatsanwaltschaft Göttingen ihren Antrag am 11. September 2017 gegenüber der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg.
5
Mit Beschluss vom 13. Oktober 2017 hat sich die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg für örtlich unzuständig erklärt, weil eine Befassung im Sinne des § 462a Abs. 1 StPO bereits dann vorliege, wenn Tatsachen aktenkundig seien, die eine Entscheidung notwendig machten. Dies sei am 15. August 2017 mit Eingang der Nachverurteilung beim Amtsgericht Oste- rode am Harz der Fall gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Verurteilte noch in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf, also im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Göttingen befunden.
6
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen hält sich ebenfalls für unzuständig, weil sie erst mit Eingang des Widerrufsantrags vom 29. August 2017 und damit nach der Verlegung des Verurteilten nach Lüneburg konkret mit der Sache befasst gewesen sei. Sie hat die Sache mit Verfügung vom 21. November 2017 dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

7
1. Der Bundesgerichtshof ist entsprechend § 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht der Landgerichte Lüneburg und Göttingen für die Gerichtsstandsbestimmung zuständig.
8
2. Die nachträgliche Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung obliegt gemäß §§ 453, 462a Abs. 1 Satz 1 und 2, § 463 Abs. 1 StPO der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen.
9
a) Die sachliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer war seit dem 29. Juni 2017 begründet, weil an diesem Tag aufgrund der Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Göttingen vom 21. Juni 2017 die in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf vollzogene Untersuchungshaft in Strafhaft überging (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschlüsse vom 2. Dezember 1977 – 2 ARs 366/77, BGHSt 27, 302, 303; vom 28. August 1991 – 2 ARs 366/91, BGHSt 38, 63, 65; vom 16. Mai 2012 – 2 ARs 159/12, NStZ 2012, 652, 653; Meyer-Goßner/Schmitt; StPO, 60. Aufl., § 462a Rn. 6; SK-StPO/Paeffgen, 4. Aufl., § 462a Rn. 3).
10
Der sachlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer steht nicht entgegen, dass gegen den Verurteilten ab Rechtskraft der Nachverurteilung bis zu seiner Verlegung in den Maßregelvollzug am 24. August 2017 Organisationshaft vollstreckt wurde (Senat, Beschluss vom 28. Juli 2015 – 2 ARs 141/15, juris Rn. 4; OLG Hamm, Beschluss vom 19. Februar 2009 – 3 Ws 44/09, NStZ 2010, 295, 296; KK-StPO/Appl, 7. Aufl., StPO § 462a Rn. 9; aA Radtke/ Hohmann/Baier § 462a Rn. 6; BeckOK Strafvollzug Bund/Slawik, StPO § 462a Rn. 3). Denn die Organisationshaft ist zunächst schlichte Strafhaft(Pohlmann/ Jabel/Wolf, Strafvollstreckungsordnung, 9. Aufl., 2016 § 462a Rn. 17c). Bei der Organisationshaft, deren Dauer regelmäßig zunächst nicht feststeht, handelt es sich auch nicht um eine kurzfristige vorübergehende Aufnahme, die als solche nicht zuständigkeitsbegründend wirken kann (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2016 – 2 ARs 5/16, StraFo 2017, 86). Die anerkannten Beispiele einer kurzfristigen vorübergehenden Aufnahme wie etwa die Verschubung, die Wahrnehmung eines Gerichtstermins oder eine ärztliche Untersuchung sind mit der typischerweise mehrere Wochen dauernden und hinsichtlich ihres Endes zunächst nicht fixierten Organisationshaft nicht vergleichbar (OLG Hamm, aaO, S. 296). Zudem ist – für die vergleichbare Frage der örtlichen Zuständigkeit – anerkannt, dass eine geplante spätere Verlegung nach dem Vollstreckungsplan (vgl. Senat, Beschlüsse vom 8. Dezember 2016 – 2 ARs 5/16, aaO; vom 28. August 1991 – 2 ARs 366/91, BGHSt 38, 63, 65) eine bereits begründete Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer nicht beseitigt.
11
Die Organisationshaft wurde in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf in der Zeit vom 29. Juni 2017 bis zum 23. August 2017 und damit nicht nur vorübergehend vollstreckt.
12
b) Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen war auch örtlich zuständig.
13
Die örtliche Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer für den Widerruf einer Bewährung bestimmt sich gemäß § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO danach , in welchem Bezirk die Anstalt liegt, in der sich der Verurteilte zu dem Zeitpunkt befindet oder zuletzt befand, zu dem eine erstmalige Befassung mit der konkreten Angelegenheit gegeben war (Senat, Beschlüsse vom 21. Februar 2017 – 2 ARs 62/17, aaO; vom 21. Juli 2006 – 2 ARs 302/06, NStZ-RR 2007, 94; KK-StPO/Appl, 7. Aufl., § 462a Rn. 16). Eine mit der ersten Befassung begründete örtliche Zuständigkeit wird durch später eingetretene Umstände nicht berührt (Senat, Beschlüsse vom 21. Februar 2017 – 2 ARs 62/17, aaO; vom 14. August 1981 – 2 ARs 174/81, BGHSt 30, 189; Appl aaO Rn. 21).
14
(a) Befasst im Sinne von § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO ist ein Gericht mit der Sache schon dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die den Widerruf der Strafaussetzung rechtfertigen können (st. Rspr.; Senat, Beschlüsse vom 15. Oktober 1975 – 2 ARs 296/75, BGHSt 26, 214, 216; vom 11. Juli 2012 – 2 ARs 164/12, NStZ-RR 2012, 358). Dies war spätestens mit Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung des Landgerichts Göttingen am 29. Dezember 2016 der Fall. Denn ab diesem Zeitpunkt waren die den Widerruf begründenden Umstände dem Landgericht Göttingen und damit auch der dortigen Strafvollstreckungskammer bekannt. Unerheblich ist dabei, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen tatsächlich erst durch die Antragstellung der Staatsanwaltschaft am 29. August 2017 und damit nach der Verlegung des Verurteilten in die Psychiatrische Klinik Lüneburg von dem Sachverhalt erfahren hat.
15
(b) Darüber hinaus begründet auch die Befassung des für den Bewährungswiderruf ursprünglich zuständigen Amtsgerichts Osterode am Harz noch vor dem 24. August 2017die örtliche Zuständigkeit der seit dem 29. Juni 2017 sachlich zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen.
Insofern bewirkt nämlich die Befassung eines Gerichts, das allgemein für die Entscheidung zuständig sein kann, die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer , in deren Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt (st. Rspr.; Senat, Beschlüsse vom 6. Mai 1987 – 2 ARs 105/87, BGHR StPO § 462a Abs. 1 Befasstsein 3; vom 26. November 2003 – 2 ARs 382/03 bei Becker, NStZ-RR 2005, 65,

69).

16
(c) Die Verlegung des Verurteilten in die Psychiatrische Klinik in Lüneburg änderte an der Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen nichts. Ein Zuständigkeitswechsel von einer Strafvollstreckungskammer zu einer anderen tritt nicht ein, solange erstere noch nicht abschließend über eine Frage befunden hat, mit der sie befasst war, bevor der Verurteilte in eine zum Bezirk der anderen Strafvollstreckungskammer gehörenden Justizvollzugsanstalt aufgenommen wurde (st. Rspr.; Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2016 – 2 ARs 5/16, StraFo 2017, 86). Eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung ist bisher jedoch nicht erfolgt. Appl Eschelbach Bartel Grube Schmidt
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(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte z

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
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(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.