Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2014 - 2 ARs 225/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
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- 1. Das Landgericht Koblenz hat den heranwachsenden Angeklagten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten, dem die Akten zur Einleitung der Vollstreckung gemäß § 84 Abs. 2 JGG übersandt worden waren, hat die Übernahme abgelehnt. Daraufhin hat das Landgericht Koblenz in entsprechender Anwendung von § 14 StPO die Akten dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts übersandt.
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- 2. Der Antrag war zurückzuweisen.
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- Die förmliche Einleitung der Vollstreckung ist keine jugendrichterliche Tätigkeit im Sinne des § 83 Abs. 1 JGG, sondern eine Aufgabe der Justizverwaltung. Besteht ausschließlich Streit über die Zuständigkeit für eine derartige Aufgabe , so liegt nach der Rechtsprechung des Senats, an der er festhält, kein Zuständigkeitsstreit zwischen mehreren Gerichten im Sinne von § 14 StPO vor, über den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte (vgl. Senat, Beschlüsse vom 26. Oktober 1994 - 2 ARs 333/94, BGHR StPO § 14 Entscheidung 1, und vom 4. Dezember 1981 - 2 ARs 328/81; OLG Hamm, NStZ-RR 2008, 79; vgl. auch BVerfG, NJW 1994, 2750, 2751; andere Ansicht wohl OLG Jena, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - 1 AR (S) 65/09).
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- 3. Ergänzend bemerkt der Senat:
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- Der Antrag wäre auch deswegen zurückzuweisen, weil sich nach derzeitigem Sachstand die Zuständigkeit eines bisher am Streit nicht beteiligten Gerichts ergibt (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juli 2005 - 2 ARs 179/05, StraFo 2005, 480 mwN). Ausweislich der Urteilsfeststellungen liegt es nahe, dass der Verurteilte nach seiner Haftentlassung seinen (illegalen) Aufenthalt bei seinem Cousin in Berlin beendet hat und nach Serbien zurückgekehrt ist. Fehlt es aber an einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist gemäß § 84 Abs. 2 JGG, § 151 Nr. 8, § 152 Abs. 3 FamFG der Jugendrichter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird (vgl. Rose in Ostendorf, NK-JGG, 9. Aufl., § 84 Rn. 3). Dies ist das - nicht am Streit beteiligte - Amtsgericht Koblenz, da in dessen Bezirk die Hauptverhandlung stattfand, in der die Bewährungsentscheidung getroffen wurde.
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(1) Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung in allen Verfahren ein, in denen er selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszuge erkannt hat.
(2) Soweit, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, die Entscheidung eines anderen Richters zu vollstrecken ist, steht die Einleitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben obliegen. Ist in diesen Fällen der Verurteilte volljährig, steht die Einleitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben bei noch fehlender Volljährigkeit oblägen.
(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 führt der Jugendrichter die Vollstreckung durch, soweit § 85 nichts anderes bestimmt.
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach den §§ 86 bis 89a und 89b Abs. 2 sowie nach den §§ 462a und 463 der Strafprozeßordnung sind jugendrichterliche Entscheidungen.
(2) Für die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen gegen eine vom Vollstreckungsleiter getroffene Anordnung ist die Jugendkammer in den Fällen zuständig, in denen
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der Vollstreckungsleiter selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszug erkannt hat, - 2.
der Vollstreckungsleiter in Wahrnehmung der Aufgaben der Strafvollstreckungskammer über seine eigene Anordnung zu entscheiden hätte.
(3) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 und 2 können, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Die §§ 67 bis 69 gelten sinngemäß.
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung in allen Verfahren ein, in denen er selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszuge erkannt hat.
(2) Soweit, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, die Entscheidung eines anderen Richters zu vollstrecken ist, steht die Einleitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben obliegen. Ist in diesen Fällen der Verurteilte volljährig, steht die Einleitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben bei noch fehlender Volljährigkeit oblägen.
(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 führt der Jugendrichter die Vollstreckung durch, soweit § 85 nichts anderes bestimmt.
Kindschaftssachen sind die dem Familiengericht zugewiesenen Verfahren, die
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die elterliche Sorge, - 2.
das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 3.
die Kindesherausgabe, - 4.
die Vormundschaft, - 5.
die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder für ein bereits gezeugtes Kind, - 6.
die Genehmigung von freiheitsentziehender Unterbringung und freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1631b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 1795 Absatz 1 Satz 3 und § 1813 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 7.
die Genehmigung oder Anordnung einer freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei einem Minderjährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder - 8.
die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz
(1) Während der Anhängigkeit einer Ehesache ist unter den deutschen Gerichten das Gericht, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war, ausschließlich zuständig für Kindschaftssachen, sofern sie gemeinschaftliche Kinder der Ehegatten betreffen.
(2) Ansonsten ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(3) Ist die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach den Absätzen 1 und 2 nicht gegeben, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird.
(4) Für die in den §§ 1693 und 1802 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit § 1867 bezeichneten Maßnahmen ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird. Es soll die angeordneten Maßnahmen dem Gericht mitteilen, bei dem eine Vormundschaft oder Pflegschaft anhängig ist.