Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2018 - 2 ARs 41/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 8. Februar 2018 beschlossen:
Gründe:
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- Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt:
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- "Die Jugendkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat den deutschen Staatsangehörigen D. , geboren am , mit Urteil vom 21. August 2017 (Az.: KLs 354 Js 16171/16) wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 59 Fällen, sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Einheitsjugendstrafe von sechs Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor der Vollziehung der Maßregel zunächst ein Jahr und sechs Monate der verhängten Einheitsjugendstrafe unter Anrechnung der bislang in dieser Sache vollstreckten Untersuchungshaft zu verbüßen sind. Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 29. August 2017. Der Verurteilte wurde am 27. Oktober 2017 aus der JVA Bayreuth im Rahmen von Organisationshaft in die JVA Ebrach, Bezirk des Amtsgerichts Bamberg, verlegt.
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- Die Amtsgerichte Nürnberg und Bamberg streiten nunmehr über die Zuständigkeit zur Einleitung der Strafvollstreckung. Das Ersuchen des Amtsgerichts Nürnberg um Einleitung der Strafvollstreckung hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bamberg abgelehnt (siehe Blatt 3001 Bd. VIll d. SA). Das Amtsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 die "Übernahme der Vollstreckung" abgelehnt (siehe Blatt 3010 Bd. VllI d. SA). Das Amtsgericht Bamberg hat am 22. Januar 2018 beschlossen (Blatt 3017 Bd. VllI d. SA), das Verfahren dem Bundesgerichtshof als gemeinschaftliches oberes Gericht zur Zuständigkeitsbestimmung entsprechend § 14 StPO vorzulegen.
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- Der Antrag ist zurückzuweisen.
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- Die förmliche Einleitung der Vollstreckung ist keine jugendrichterliche Tätigkeit im Sinne des § 83 Abs. 1 JGG, sondern eine Aufgabe der Justizverwaltung. Besteht ausschließlich Streit über die Zuständigkeit für eine derartige Aufgabe, so liegt nach der Rechtsprechung des Senats kein Zuständigkeitsstreit zwischen mehreren Gerichten im Sinne von § 14 StPO vor, über den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte (vgl. Senat, Beschlüsse vom 13. August 2014 - 2 ARs 225/14, StraFo 2014, 523; vom 26. Oktober 1994 - 2 ARs 333/94, BGHR StPO § 14 Entscheidung 1 und vom 4. Dezember 1981 - 2 ARs 328/81, OLG Hamm NStZ-RR 2008, 79; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 2750, 2751; aA OLG Jena, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - 1 ARs 65/09). Der Streit zwischen den hier beteiligten Amtsgerichten betrifft ausschließlich die Zuständigkeit für die Einleitung der Vollstreckung.
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- Mit der Aufnahme des Verurteilten in die JVA Ebrach ist das Amtsgericht Bamberg für die Durchführung der Vollstreckung zuständig (§ 85 Abs. 2 JGG)." Schäfer Appl Zeng Grube Schmidt
Annotations
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach den §§ 86 bis 89a und 89b Abs. 2 sowie nach den §§ 462a und 463 der Strafprozeßordnung sind jugendrichterliche Entscheidungen.
(2) Für die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen gegen eine vom Vollstreckungsleiter getroffene Anordnung ist die Jugendkammer in den Fällen zuständig, in denen
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der Vollstreckungsleiter selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszug erkannt hat, - 2.
der Vollstreckungsleiter in Wahrnehmung der Aufgaben der Strafvollstreckungskammer über seine eigene Anordnung zu entscheiden hätte.
(3) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 und 2 können, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Die §§ 67 bis 69 gelten sinngemäß.
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist.
(2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe liegt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts übergeht, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(3) Unterhält ein Land eine Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß der Jugendrichter eines Amtsgerichts des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, zuständig sein soll. Wird eine solche Vereinbarung getroffen, so geht die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die für die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Die Regierung des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß der Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts zuständig wird, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.
(4) Absatz 2 gilt entsprechend bei der Vollstreckung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 1 oder 2 des Strafgesetzbuches.
(5) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben.
(6) Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so kann der nach den Absätzen 2 bis 4 zuständige Vollstreckungsleiter die Vollstreckung einer nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogenen Jugendstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Vollstreckungsbehörde abgeben, wenn der Straf- oder Maßregelvollzug voraussichtlich noch länger dauern wird und die besonderen Grundgedanken des Jugendstrafrechts unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten für die weiteren Entscheidungen nicht mehr maßgebend sind; die Abgabe ist bindend. Mit der Abgabe sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Strafvollstreckung anzuwenden.
(7) Für die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren gilt § 451 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.