Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2016 - 1 StR 669/15

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:100516B1STR669.15.1
published on 10/05/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2016 - 1 StR 669/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 669/15
vom
10. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:100516B1STR669.15.1

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 2. Juli 2015, soweit es sie betrifft,
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass die Angeklagte wegen zweier Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in jeweils zwei tateinheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zwei tateinheitlichen Fällen und jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften, verurteilt ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen „schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in zwei tateinheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch Schutzbefohlener in zwei tateinheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Sichver- schaffen von kinderpornographischen Schriften“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, von der sechs Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die Revision der Angeklagten führt auf die näher ausgeführte Sachrüge zu einer Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen bleibt die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Das Landgericht hat bei der Angeklagten lediglich zwei Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (in Tateinheit mit den in der Beschlussformel genannten weiteren Delikten) festgestellt und auch nur für diese zwei Fälle Einzelstrafen verhängt. Die Verurteilung der Angeklagten wegen zweier weiterer Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (in Tateinheit mit anderen Delikten) hat deshalb zu entfallen.
3
2. Die Strafzumessung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
a) Das Landgericht hat der Angeklagten vor allen Dingen straferschwerend angelastet, sie habe bei ihrer ersten Tat ohne großes Nachdenken und ohne nachvollziehbaren Grund dem Ansinnen des Mitangeklagten zugestimmt, ihre Töchter gemeinsam zu missbrauchen. Die Zeitspanne nach dessen Aufforderung hierzu habe sie nicht zur Besinnung und zum Entschluss, ihren Töchtern zu helfen, genutzt, sondern sei zum Mitangeklagten in Spitzenwäsche zurückgekehrt. Durch einen vorherigen Wunsch des Mitangeklagten vorgewarnt, habe sie erst recht Anlass gehabt, sich anlässlich ihres Umziehens zu sammeln und sich dann zu Gunsten ihrer Kinder gegen die Wünsche des Mitangeklagten aufzulehnen.
5
Bei der zweiten Tat hat die Kammer straferschwerend gewertet, dass die Angeklagte weder den Zeitablauf von zwei Monaten zwischen der zweiten Aufforderung des Mitangeklagten zu einem ähnlichen Vorgehen und der Tatbegehung noch die lange Fahrt mit ihren Töchtern zur Wohnung des Mitangeklagten dazu genutzt habe, um zur Besinnung zu kommen und von der Tatbegehung abzusehen.
6
b) Damit hat die Strafkammer der Angeklagten angelastet, dass sie die Taten überhaupt begangen und nicht von einer Tatbegehung Abstand genommen hat. Dies verstößt, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, gegen § 46 Abs. 3 StGB.
7
c) Die Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Unberührt von der Aufhebung des Strafausspruchs bleibt auch die aufgrund der Verfahrensverzögerung getroffene Kompensationsentscheidung.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.