Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 582/17
vom
7. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:070218B1STR582.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 7. Februar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 1. August 2017 in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig verhängten rechtskräftigen Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten sowie wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2
1. Die von dem Landgericht vorgenommene Schätzung des Wirkstoffgehaltes des Betäubungsmittels ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
3
Zwar lässt sich den schriftlichen Urteilsgründen entnehmen, dass im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten am 8. November 2016 geringe Mengen Methamphetamin sichergestellt worden sind, sodass jedenfalls eine exakte Feststellung des Wirkstoffgehalts dieser Menge mithilfe eines Sachverständigengutachtens möglich gewesen wäre. Dem Grunde nach begegnet die unterbliebene Begutachtung rechtlichen Bedenken, denn wegen der Bedeutung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht kann grundsätzlich auf eine nach den Umständen des Falles mögliche genaue Feststellung des Wirkstoffgehalts nicht verzichtet werden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 StR 227/17, StV 2018, 22 mwN). Allerdings bedurfte es im vorliegenden Fall ausnahmsweise keiner Begutachtung des sichergestellten Betäubungsmittels , weil die von der Angeklagten begangenen Taten in den Zeiträumen April bis Oktober 2014 und November 2015 bis April 2016 der Sicherstellung zeitlich weit vorgelagert waren und das erheblich später sichergestellte Betäubungsmittel keinen verlässlichen Rückschluss auf die Qualität der Betäubungsmittel in den urteilsgegenständlichen Zeiträumen erlaubt.
4
2. Die Gesamtstrafenaussprüche haben indes keinen Bestand.
5
Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung rechtsfehlerhaft das Gesamtstrafübel für die Angeklagte nicht in den Blick genommen, das – infolgeder Zäsurwirkung des Urteils des Amtsgerichts Kulmbach vom 6. August 2015 – aus der obligatorischen Bildung von zwei Gesamtstrafen resultierte. Sofern die Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Strafe zur Bildung mehrerer Gesamtstrafen führt, muss das Gericht grundsätzlich einen sich daraus möglicherweise für die Angeklagte ergebenden Nachteil infolge eines zu hohen Gesamtstrafübels ausgleichen. Hierzu muss es für das Revisionsgericht nachvollziehbar darlegen, dass es sich dieser Sachlage bewusst gewesen ist, und erkennen lassen, dass es das Gesamtmaß der Strafen für schuldangemessen gehalten hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. November 1995 – 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310 [313]; vom 24. Juli 2007 – 4 StR 237/07, StV 2007, 632; vom 17. April 2008 – 4 StR 118/08, NStZ-RR 2008, 234 und vom 5. September 2017 – 1 StR 350/17). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil, das bei einer Methamphetamingesamtmenge im zweistelligen Grammbereich gegen die Angeklagte einen Freiheitsentzug von insgesamt fünf Jahren und vier Monaten anordnet und keinerlei Ausführungen zum Gesamtstrafübel enthält , nicht.
6
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bemessung der Gesamtstrafen auf diesem Mangel beruht.
7
3. Weder die Einzelstrafen noch die der Zumessung der Gesamtstrafen zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) sind von dem Rechtsfehler betroffen, sodass sie bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann weitere , mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.
8
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
9
Das neue Tatgericht wird außerdem zu prüfen haben, ob der zuvor nicht inhaftierten Angeklagten darüber hinaus noch ein Widerruf der Bewährung der mit Urteil vom 17. Dezember 2013 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten droht. Sollte dies der Fall sein, muss mit Rücksicht auf die Wirkungen der Strafe, die für das künftige Leben des Täters zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB), auch insoweit das Gesamtstrafübel bei Festsetzung der neuen Strafe(n) im Auge behalten werden. Es obliegt dem Tatgericht , bei der Straffestsetzung den Umstand zu berücksichtigen, dass wegen der neuerlichen Taten der Widerruf einer früher gewährten Strafaussetzung zur Bewährung zu erwarten ist und die Angeklagte deshalb eine weitere Strafe zu verbüßen haben wird (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 9. November 1995 – 4 StR650/95, BGHSt 41, 310 [314]; vom 29. Oktober 2008 – 2 StR 386/08 und vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09, NJW 2010, 2677 [2678]; Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12).
Graf Radtke Fischer Bär Hohoff

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Tenor Das angefochtene Urteil wird im Strafausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere al

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 227/17
vom
20. Juni 2017
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über
21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:200617B1STR227.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu Ziffer 3 auf dessen Antrag - am 20. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - auswärtige Strafkammer Pforzheim - vom 13. Januar 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall III.1. der Urteilsgründe verurteilt wurde,
b) im Gesamtstrafenausspruch,
c) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Weiter wurde der Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.200 Euro angeordnet.
2
Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 22. Mai 2017 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall III.1. der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil die Strafkammer den Wirkstoffgehalt des abgegebenen Betäubungsmittels nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
4
Es unterliegt durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht den Wirkstoffgehalt des sichergestellten Betäubungsmittels mit 5 % THC geschätzt hat (UA S. 11). Wegen der Bedeutung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht kann auf eine nach den Umständen des Falles mögliche genaue Feststellung des Wirkstoffgehalts nicht verzichtet werden (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1996 - 3 StR 233/96, NStZ 1996, 498 mwN). Da nach den Feststellungen des Landgerichts bei einer Kontrolle des Abnehmers des Angeklagten Marihuana aufgefunden wurde (UA S. 11), wäre ohne weiteres eine exakte Feststellung des Wirkstoffgehalts durch das Gutachten einer Untersuchungsstelle möglich gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass das sichergestellte Marihuana für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung gestanden haben könnte, bestehen nicht.
5
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Verurteilung in diesem Fall auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Da das Landgericht nur von einem relativ geringen Überschreiten der nicht geringen Menge ausgegangen ist, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine exakte Feststellung des Wirkstoffgehalts zu einer geringeren Wirkstoffmenge und damit auch zu einem anderen Schuldspruch des Angeklagten sowie niedrigeren Freiheitsstrafen geführt hätte.
6
2. Die Aufhebung der Verurteilung in Bezug auf Fall III.1. der Urteilsgründe bedingt auch die Aufhebung der vom Landgericht gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe.
7
3. Auch die Entscheidung über die Anordnung des Verfalls von Wertersatz zu Fall III.1. der Urteilsgründe kann schon auf Grund des Wegfalls der Verurteilung keinen Bestand haben. Die Entscheidung begegnet aber auch deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht den Regelungsgehalt des § 73c StGB nicht bedacht hat. Diese Vorschrift ist auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar. Die Härtevorschrift des § 73c Satz 1 StGB bildet im Einzelfall das notwendige Korrektiv zum Bruttoprinzip und eröffnet dem Tatrichter die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen ganz oder teilweise vom Verfall abzusehen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 14. Januar 2016 - 1 StR 615/15, NStZ-RR 2016, 108 mwN). Ob dieses Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt wurde, vermag der Senat jedoch nicht zu beurteilen, da sich den Urteilsgründen keinerlei Ausführungen dazu entnehmen lassen. Angesichts der vom Landgericht festgestellten Schulden des Angeklagten (UA S. 4) kann eine Anwendung der Härtevorschrift auch nicht ausgeschlossen werden.
8
4. Die zu Grunde liegenden Feststellungen zu Fall III.1. der Urteilsgründe und zum Verfall von Wertersatz werden mit aufgehoben, weil diese auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung getroffen wurden. Graf Jäger Radtke Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 237/07
vom
24. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
zu Ziff. 1.: wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
zu Ziff. 2.: wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 24. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten E. und K. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 7. November 2006, soweit es sie betrifft, in den Aussprüchen über die im Fall III C 7 der Urteilsgründe gegen sie verhängten Einzelfreiheitsstrafen und Gesamtstrafen mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten E. wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Beihilfe zur Nötigung, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten K. hat es wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung, Beihilfe zur Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Beihilfe zur Nötigung und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts. Der Angeklagte K. rügt ferner die Verletzung formellen Rechts.
2
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die im Fall III C 7 der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils neun Monaten halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Zwar hat das Landgericht sowohl dem Angeklagten E. als auch dem Angeklagten K. zu Gute gehalten, dass sie, als sich das Tatopfer im versperrten Kellerraum befand, begütigend auf den Angeklagten Y. eingewirkt haben. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Landgericht aber zu Gunsten der Angeklagten darüber hinaus unterstellt, dass sie an der Tat nur deshalb mitgewirkt haben, um den Angeklagten Y. von Schlimmerem abzuhalten. Im Rahmen der den Angeklagten E. betreffenden Strafzumessungserwägungen hat das Landgericht dagegen ausgeführt, es glaube dem Angeklagten diese Behauptung "in Anbetracht seiner eigenen Vorstrafen nicht und, auch, weil es ja wohl einfacher gewesen wäre, den L. gar nicht erst in das Büro des Angeklagten Y. zu holen, wenn der Angeklagte E. ihn schon schützen wollte“ (UA 56/57). Es ist nicht auszuschließen, dass sich dieser Widerspruch bei der Bemessung der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafen zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat.
5
Die Aufhebung der die beiden Angeklagten betreffenden Einzelstrafaussprüche im Fall III C 7 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der gegen sie verhängten Gesamtfreiheitsstrafen nach sich.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 118/08
vom
17. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 27. November 2007
a) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II 9 und
b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung, vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, Sachbeschädigung in zwei Fällen, Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Beleidigung unter Einbeziehung zweier Einzelfreiheitsstrafen aus einer früheren rechtskräftigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Wegen Körperverletzung, Bedrohung in zwei Fällen, Missbrauchs von Notrufen und Vortäuschens einer Straftat hat es eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten festgesetzt. Außerdem hat es im Adhäsionsverfahren zu Gunsten ei- nes Geschädigten auf Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von 300 Euro erkannt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II 9 (Beleidigung) und die Gesamtstrafenaussprüche halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
1. Das Landgericht hat der Bemessung der Strafe im Fall II 9 rechtsfehlerhaft den erhöhten Strafrahmen des § 185 (2. Halbs.) StGB zu Grunde gelegt. Dieser gilt jedoch nur für eine tätliche, nicht jedoch für eine verbale Beleidigung, wie sie hier festgestellt ist. Das Höchstmaß des nach §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB gemilderten Strafrahmens beträgt danach nicht, wie das Landgericht angenommen hat, 18 Monate, sondern lediglich neun Monate Freiheitsstrafe. In Anbetracht der für diese Tat festgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Zugrundelegung des zutreffenden Strafrahmens auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
4
2. Die Gesamtstrafenaussprüche haben keinen Bestand, weil zu besorgen ist, dass das Landgericht die Möglichkeit eines zu hohen Gesamtstrafenübels nicht bedacht hat.
5
Nötigt - wie hier - die Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Verurteilung zur Bildung mehrerer Gesamtstrafen, muss das Gericht einen sich daraus möglicherweise für den Angeklagten ergebenden Nachteil infolge eines zu hohen Gesamtstrafübels ausgleichen. Es muss also darlegen, dass es sich dieser Sachlage bewusst gewesen ist und erkennen lassen, dass es das Gesamtmaß der Strafen für schuldangemessen gehalten hat (vgl. BGHSt 41, 310, 313).
Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat zur Bemessung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen lediglich ausgeführt, diese seien unter Berücksichtigung der bei Zumessung der Einzelstrafen angeführten Umstände, der Unterschiedlichkeit der verletzten Rechtsgüter, der Dauer des Tatzeitraums und der Wirkungen der Strafe für den Angeklagten angemessen. Damit hat es aber weder die Gesamthöhe des ausgesprochenen Freiheitsentzugs von immerhin fünf Jahren und sechs Monaten erkennbar auf ihre Schuldangemessenheit überprüft noch das Ergebnis einer solchen Überprüfung für das Revisionsgericht nachvollziehbar dargelegt. Einer entsprechenden Erörterung hätte es hier aber schon deshalb bedurft, weil das Landgericht als höchste Einzelstrafe zwei Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe für die schwere Brandstiftung im Fall II 10 festgesetzt und für die übrigen Taten lediglich auf Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und (nur in zwei Fällen) zehn Monaten erkannt hat. Die Schuldangemessenheit des Gesamtstrafübels, welches mehr als das Doppelte der höchsten verhängten Einzelstrafe beträgt, versteht sich unter diesen Umständen nicht von selbst.
6
3. Da über die Gesamtstrafen erneut verhandelt und entschieden werden muss, hebt der Senat auch die Einzelstrafe im Fall II 9 auf und sieht davon ab, entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts selbst die Strafe festzusetzen. Da lediglich Wertungsfehler vorliegen, können die der Zumessung der Einzelstrafe im Fall II 9 und der Gesamtstrafen zu Grunde liegenden Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind zulässig, sofern sie den bisher getroffenen nicht widersprechen.
7
Soweit der Angeklagte in der in die erste Gesamtstrafe einzubeziehenden Sache (Verurteilung durch das Amtsgericht Dessau vom 12. Mai 2005) die ihm als Bewährungsauflage erteilten Arbeitsstunden teilweise abgeleistet hat, wird der neue Tatrichter gemäß §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 56 f Abs. 3 Satz 2, 56 b StGB über die Anrechnung der erbrachten Leistungen zu entscheiden haben. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe zu bewirken (vgl. BGHSt 36, 378).
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 350/17
vom
5. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2017:050917B1STR350.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 5. September 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. März 2017 aufgehoben,
a) im gesamten Strafausspruch und
b) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und den erweiterten Verfall von Bargeld angeordnet. Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat das Landgericht abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Am 3. Mai 2016 vereinbarte der Mitangeklagte E. mit einer Vertrauensperson der Polizei den Verkauf von 100 g Kokain zu einem Preis von 7.500 Euro. Die Übergabe des Kokains wurde von dem Mitangeklagten E. mehrfach nach Rücksprache mit dem Angeklagten verschoben, der das Betäubungsmittel liefern sollte. Der Mitangeklagte E. sollte für das Geschäft von dem Angeklagten 5 g Kokain zum Eigenbedarf erhalten. Nachdem der Übergabetermin – nunmehr auf Initiative der Vertrauensperson – ein weiteres Mal auf den 12. Mai 2016 verschoben wurde, verlangte der Mitangeklagte E. im Auftrag des Angeklagten eine Entschädigung in Höhe von 500 Euro für entstandene Mehrkosten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte bereits die 100 g Kokain organisiert. Am 12. Mai 2016 trafen sich der Mitangeklagte E. und die Vertrauensperson am N. Hauptbahnhof. Von dort aus fuhren sie gemeinsam zu einem Parkplatz, auf dem ein nicht offen ermittelnder Polizeibeamter das Bargeld bereithielt, von dessen Vorhandensein sich der Mitangeklagte E. zunächst überzeugte. Anschließend fuhren sie nach Aufforderung des Angeklagten zum P. in N. . Dort erklärte der Angeklagte, dass lediglich 50 g des Kokains zu einem Preis von 5.000 Euro übergeben werden könnten, da die übrigen 50 g bereits anderweitig verkauft seien. Hierauf ließ sich die Vertrauensperson ein. Sodann fuhren die Beteiligten gemeinsam in den Bereich D. straße/Pa. straße in N. . Dort hielten sie sich zunächst in einer Sportsbar auf, bevor sich der Angeklagte entfernte und mit dem Mitangeklagten R. traf, der ihm das Kokain übergab und dem er ein Ledermäppchen mit Betäubungsmittelplomben im Grammbereich überreichte. Daraufhin begab sich der Angeklagte zurück in die D. straße zum Mitangeklagten E. und der Vertrauensperson. Anschließend erfolgte die Festnahme des Angeklagten und der Mitangeklagten E. und R. , in deren Verlauf bei dem Angeklagten 48,9 g Kokain mit einem Kokainhydrochloridgehalt von 47,5 g und bei dem Mitangeklagten R. das Ledermäppchen mit weiteren Kokainplomben aufgefunden und sichergestellt wurden (Anklagefall 1).
4
2. Zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 12. Mai 2016 erwarb der Angeklagte von einem Unbekannten 798,99 g Haschisch zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Den wesentlichen Teil des Betäubungsmittels – acht Haschischplatten – versteckte er im Keller seines Bruders in einem Paar Stiefel, das er in die Trommel einer alten Waschmaschine steckte. Spätestens am 12. Mai 2016 fand der Mitangeklagte R. das in seinen Stiefeln deponierte Betäubungsmittel. Aus Angst vor Schlägen seines Bruders steckte er die Haschischplatten wieder in die Stiefel und legte diese zurück in die Waschmaschinentrommel. Dort wurden sie am 12. Mai 2016 von der Polizei sichergestellt. Infolge eines THC-Gehalts von 26,6 - 27,3 % errechnete das Landgericht eine Gesamtmenge von 216 g THC (Anklagefall 2).
5
3. Am 26. Januar 2016 erkundigte sich ein unbekannter Abnehmer bei dem Angeklagten im Rahmen eines WhatsApp-Chats, ob ihm dieser 1 kg „Schokolade“ liefern könne, wobei beide übereinstimmend davon ausgingen, dass es sich bei „Schokolade“ um Haschisch handeln sollte. Der Angeklagte sagte diese Lieferung für einen Preis von 7.000 Euro verbindlich zu. In der Folgezeit versuchte der unbekannte Abnehmer den Preis zu drücken, woraufhin der Angeklagte ihm mitteilte, dass nun ein Neapolitaner komme und das Haschisch zu einem Preis von 8.500 Euro abnehme. Den Wirkstoffgehalt hat das Landgericht auf mindestens 20 % geschätzt und daraus eine Gesamtmenge von 200 g THC errechnet (Anklagefall 3).
6
4. Rechtlich hat das Landgericht die Taten als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen gewertet. Im Rahmen der Strafzumessung hat es jeweils die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG abgelehnt und insoweit zu Lasten des Angeklagten angeführt, dass wegen des beabsichtigten Handeltreibens eine Gefährdung Dritter bestanden habe, die sich allerdings nicht verwirklicht habe, soweit die Betäubungsmittel sichergestellt wurden.
7
5. Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB hat das Landgericht abgelehnt.

II.


8
1. Der Schuldspruch des Angeklagten wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts, die ihrerseits auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhen, getragen.
9
2. Die Einzelstrafaussprüche halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung indes nicht stand. Das Landgericht hat im Rahmen der Prüfung minder schwerer Fälle gemäß § 29a Abs. 2 BtMG zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt , dass eine Gefährdung Dritter wegen des beabsichtigten Handeltreibens bestanden habe. Damit hat es allerdings das gesetzgeberische Motiv, die menschliche Gesundheit sowohl des Einzelnen wie der Bevölkerung im Ganzen vor den von Betäubungsmitteln ausgehenden Gefahren zu schützen (dazu BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – 3 StR 245/95, BGHSt 42, 1 [5]), im Rahmen der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt. Dies verstößt gegen das Verbot der Doppelverwertung aus § 46 Abs. 3 StGB (vgl. zum Verbot der Doppelverwertung bei Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention nur Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 46 mwN aus der Rechtsprechung).
10
3. Das Urteil beruht auch auf dem vorgenannten Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Infolge der zahlreichen zugunsten des Angeklagten sprechenden Umstände (UA S. 41) kann – auch in Anbetracht des jeweils deutlichen Überschreitens der nicht geringen Menge – schon nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Strafzumessung (insbesondere in den Anklagefällen 2 und 3) die Voraussetzungen minder schwerer Fälle bejaht hätte. Jedenfalls können aber in allen Fällen die Einzelstrafaussprüche auf dieser rechtsfehlerhaften Erwägung beruhen.
11
4. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafenaussprüche nach sich.
12
5. Die Ablehnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
13
a) Das Landgericht hat im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten festgestellt, dass er seit seiner Rückkehr nach Deutschland im Oktober 2015 „relativ intensiv“ Kokain, insbesondere in Form von Crack, konsumierte. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat es sodann ausgeführt, dass eine Untersuchung der Haare des Angeklagten einen Zeitraum von drei Mona- ten abdecke. Die im Rahmen dieser Untersuchung festgestellten Rückstände ließen dabei den Rückschluss auf einen intensiven Konsum von Kokain zu. Insoweit sei durchschnittlich von ein bis zwei Konsumeinheiten täglich bzw. von einigen Konsumphasen mit stündlichem oder halbstündlichem Konsum und jeweils mehrtägigen Pausen auszugehen.
14
b) Gleichwohl hat das sachverständig beratene Landgericht eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt, weil bei ihm eine Abhängigkeit von Alkohol vorliege, die jedoch in keinem Zusammenhang mit den urteilsgegenständlichen Taten stehe. Eine Abhängigkeit von Betäubungsmitteln oder ein Hang zu deren übermäßigem Konsum habe indes nicht festgestellt werden können. Vielmehr spreche das Konsumverhalten des Angeklagten dafür, dass die Drogen als Life-Style-Produkt eingesetzt würden. Auch die weiteren Voraussetzungen einer Anordnung nach § 64 StGB lägen nicht vor.
15
c) Diese Ausführungen des Landgerichts lassen besorgen, dass es rechtsfehlerhaft von einem zu engen Verständnis eines Hanges im Sinne des § 64 StGB ausgegangen ist. Sie enthalten zudem keine umfassende und widerspruchsfreie Gesamtabwägung aller Einzelfallumstände bei der Entscheidung über die Maßregel.
16
aa) Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich er- scheint (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 1 StR 415/15; Urteile vom 10. November 2004 – 2 StR 329/04, NStZ 2005, 210 und vom 15. Mai 2014 – 3 StR 386/13). Insoweit kann dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden erheblich beeinträchtigt ist, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198 und vom 14. Dezember 2005 – 1 StR 420/05, NStZRR 2006, 103). Wenngleich solche Beeinträchtigungen in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hanges aus (BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198; vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15; vom 12. Januar 2017 – 1 StR 604/16, NStZ-RR 2017, 198 und vom 26. Januar 2017 – 1 StR 646/16, NStZ-RR 2017, 239).
17
bb) Diesen Maßstäben genügen die Ausführungen des Landgerichts nicht. In Anbetracht des hinsichtlich des Angeklagten festgestellten Konsumverhaltens von Kokain, das zumindest für einen Zeitraum von drei Monaten auch objektiv belegt ist, hätte es im Rahmen der die Maßregel betreffenden Ausführungen einer näheren Auseinandersetzung mit diesen Umständen bedurft. Das Fehlen einer physischen Abhängigkeit steht der Annahme eines Hanges jedenfalls nicht entgegen.
18
d) Vorliegend ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung einer Unterbringung gemäß § 64 StGB gegeben sind.
19
e) Die im Hinblick auf die Nichtanordnung der Maßregel getroffenen Feststellungen waren mit aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO), weil sie infolge des rechtsfehlerhaften Verständnisses zum Hangbegriff ihrerseits nicht tragfähig sind.
20
f) Das Verschlechterungsverbot steht einer Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2017 – 1 StR 646/16, NStZ-RR 2017, 239 und vom 25. November 2015 – 1 StR 379/15, NStZ-RR 2016, 113; Urteil vom 10. April1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5 [9]).

III.


21
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
22
1. Die seit dem 9. Februar 2017 erfolgende Vollstreckung der verbliebenen Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom 18. Februar 2016 im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe dürfte zwischenzeitlich erledigt sein. Dies führt indes nicht zu einem nachträglichen Entfallen der Zäsurwirkung des vorgenannten Strafbefehls, weil in der neuen Hauptverhandlung die Gesamtstrafenbildung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der früheren tatrichterlichen Verhandlung (hier: 1. März 2017) vorzunehmen ist. Dem Angeklagten darf insoweit weder ein erlangter Rechtsvorteil genommen, noch darf er ungerechtfertigt bevorzugt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 5 StR 459/09, NStZ-RR 2010, 106 und Beschluss vom 5. Juli 2011 – 3 StR 188/11, NStZ-RR 2011, 306, jeweils mwN). Infolgedessen sind von dem neuen Tatgericht zwischenzeitlich erledigte Strafen einzubeziehen.
23
2. Darüber hinaus wird das neue Tatgericht infolge der Zäsurwirkung des Strafbefehls des Amtsgerichts Nürnberg vom 18. Februar 2016 und der obliga- torischen Bildung von zwei Gesamtstrafen nochmals das daraus resultierende Gesamtstrafübel für den Angeklagten besonders in den Blick zu nehmen haben. Denn sofern die Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Strafe zur Bildung mehrerer Gesamtstrafen führt, muss das Gericht einen sich daraus möglicherweise für den Angeklagten ergebenden Nachteil infolge eines zu hohen Gesamtstrafübels ausgleichen. Hierzu muss es für das Revisionsgericht nachvollziehbar darlegen, dass es sich dieser Sachlage bewusst gewesen ist und erkennen lassen, dass es das Gesamtmaß der Strafen für schuldangemessen gehalten hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. November 1995 – 4 StR 650/95, BGHSt, 41, 310 [313]; vom 24. Juli 2007 – 4 StR 237/07, StV 2007, 632 und vom 17. April 2008 – 4 StR 118/08, NStZ-RR 2008, 234). Das angefochtene Urteil, das gegen den Angeklagten einen Freiheitsentzug von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten anordnet, genügt diesen Anforderungen – auch in Anbetracht der ausdrücklichen Erwähnung des Gesamtstrafübels (UA S.43) – im Ergebnis nicht.
24
3. Im Hinblick auf den möglichen Maßregelausspruch wird das neue Tatgericht einen weiteren Sachverständigen gemäß § 246a Abs. 1 StPO hinzuzuziehen haben.
Raum Graf Radtke Bär Hohoff

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Eine ausländische Vorverurteilung, die an innerstaatlichen
Maßstäben gemessen gesamtstrafenfähig wäre, ist im
Rahmen der allgemeinen Strafzumessung mit Blick auf das
Gesamtstrafübel zu berücksichtigen.
BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 432/09
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2010

beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten P. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung einer Verfahrensrüge wird zurückgewiesen.
2. Seine Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. November 2008 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) verworfen, dass der Angeklagte neben einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt ist.
3. Die Revisionen der Angeklagten Y. K. und H. K. gegen das genannte Urteil werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
4. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. K. wegen Computerbetruges in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen Hehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten Y. K. wegen Computerbetruges in acht Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen Heh- lerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen hat es für beide Angeklagte zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten P. hat die Strafkammer wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen sowie wegen Betruges unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem bislang nicht vollstreckten amtsgerichtlichen Urteil vom 21. Juni 2006 und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt sowie eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten wegen Urkundenfälschung in acht Fällen sowie wegen versuchten Betruges und Betruges in vier Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, verhängt. Die auf formelle wie sachlichrechtliche Rügen gestützten Revisionen der Angeklagten Y. K. und H. K. bleiben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg; dagegen hat die Revision des Angeklagten P. im Strafausspruch in geringem Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Hinsichtlich des Angeklagten P. sind der Schuldspruch, sämtliche Einzelstrafen sowie der erste Gesamtstrafausspruch (IV. 1.3 der Urteilsgründe) frei von Rechtsfehlern.
3
Auch die Rüge einer Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK wegen eines Versehens bei der Zustellung des Urteils dringt nicht durch. Aufgrund der Sachrüge vermag der Senat den geltend gemachten Rechtsfehler hier nicht zu überprüfen. Die in diesem Fall erforderliche Rüge einer rechtsstaatswidrigen und kompensationspflichtigen Verfahrensverzögerung hat der Angeklagte nicht form- und fristgerecht angebracht (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 32).
4
Der nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachho- lung der Begründung dieser Rüge ist schon deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer die Verfahrensrüge erneut nicht formgerecht ausgeführt und damit die versäumte Handlung nicht fristgerecht nachgeholt hat (§ 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 StPO). Dem unvollständigen Rügevortrag vermag der Senat nicht zu entnehmen, welche Verzögerung konkret wegen des geltend gemachten Zustellungsmangels eingetreten und gegebenenfalls zu kompensieren ist. Um die dafür erforderliche Berechnung anhand der (gestaffelten) Höchstfristen des § 275 Abs. 1 StPO vornehmen zu können, wäre zumindest die Anzahl der Hauptverhandlungstage mitzuteilen gewesen.
5
2. Die Begründung der zweiten im Urteil gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe (VI. 1.6 der Urteilsgründe) begegnet durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat zwar zu Recht aus den vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg durch rechtskräftiges Urteil vom 21. Juni 2006 verhängten Einzelgeldstrafen und der Einzelfreiheitsstrafen für die Fälle II.1, II.2 und II.11 der Urteilsgründe eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Sie hat auch den mit der Zäsurwirkung der amtsgerichtlichen Verurteilung verbundenen Nachteil mehrerer zu bildender Gesamtfreiheitsstrafen noch hinreichend berücksichtigt. Die Erwägungen der Strafkammer sind indes lückenhaft , soweit eine ausländische Vorverurteilung im Rahmen dieser Gesamtstrafenbildung soweit ersichtlich unberücksichtigt geblieben ist:
6
Zu dieser Vorverurteilung hat das Landgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer „anlässlich eines Diebstahls im Frühjahr 2007 in Dänemark verhaftet und zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt“ worden ist. Die Freiheitsstrafe verbüßte er „bis Juni 2007“ (UA S. 10).
7
a) Zwar war keine nachträgliche Gesamtstrafe im Sinne des § 55 StGB aus diesem dänischen Erkenntnis und den übrigen durch die Strafkammer festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen zu bilden. Im Ausland verhängte Strafen sind der nachträglichen Gesamtstrafenbildung über § 55 StGB nicht zugänglich, weil eine Gesamtstrafe mit einer von einem ausländischen Ge- richt verhängten Strafe schon wegen des damit verbundenen Eingriffs in deren Vollstreckbarkeit ausgeschlossen ist (vgl. BGHSt 43, 79; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 16; BGH NStZ 2008, 709, 710).
8
b) Mit Rücksicht auf die insoweit tragende Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 16) musste sich das Tatgericht auch nicht veranlasst sehen, den in der Rechtsprechung zum Recht der Gesamtstrafenbildung entwickelten Rechtsgedanken des sogenannten Härteausgleichs auf diesen Fall zu übertragen. Ein Härteausgleich dieser Art scheidet demzufolge aus, wenn eine Aburteilung im Ausland begangener Straftaten in Deutschland mangels entsprechender rechtlicher und tatsächlicher Voraussetzungen grundsätzlich nicht oder allenfalls theoretisch unter dem Aspekt der stellvertretenden Strafrechtspflege möglich ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB). Der Nachteilsausgleich für eine unterbliebene Gesamtstrafenbildung sei in diesen Fällen nicht geboten, weil die Möglichkeit der Verhängung einer milderen Strafe in einem einzigen Verfahren in Deutschland tatsächlich nie bestanden habe. So lag es im Falle des polnischen Angeklagten P. auch hier.
9
c) An seinen im Anfrageverfahren des 2. Strafsenats (Beschluss vom 29. Oktober 2008 – 2 StR 386/08) geäußerten Bedenken gegen die Ausgangsüberlegung (vgl. BGH StraFo 2009, 302) hält der erkennende Senat allerdings ausdrücklich fest. Er vermag insbesondere der vom 2. Strafsenat vorgenommenen Auslegung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Juli 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren (2008/675/JI ABl. L 220 vom 15. August 2008, S. 32) nicht zu folgen, soweit daraus keine Rechtsfolgen für die Behandlung grundsätzlich gesamtstrafenfähiger Verurteilungen im In- und Ausland nach deutschem Strafrecht herzuleiten seien (BGHR aaO). Freilich bezweckt der Rahmenbeschluss nicht, dass in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilungen vollstreckt werden (vgl. Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 6 Satz 1 des Rahmenbe- schlusses). In einem anderen Staat ergangene Verurteilungen müssen nach dem Willen des Rates indes „in dem Maße berücksichtigt werden, wie im Inland nach innerstaatlichem Recht ergangene Verurteilungen“ und sollten „gleichwertige Wirkungen“ entfalten wie eine im Inland ergangene Entscheidung (Erwägungsgründe 5 Satz 2 und 7 des Rahmenbeschlusses). Schon dem entnimmt der Senat ein Gebot zur Berücksichtigung früherer Verurteilungen in anderen Mitgliedstaaten im deutschen Strafzumessungsrecht. Dementsprechend heißt es in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutsches Bundestages vom 1. Juli 2009, „eine Beschränkung dieses Ausgleichs auf ausländische Verurteilungen, denen Taten zugrunde liegen, auf die auch deutsches Strafrecht hätte Anwendung finden können, wäre hingegen bei Verurteilungen aus anderen EU-Staaten mit den Vorgaben des Rahmenbeschlusses, der keine solche Beschränkung vorsieht, nicht zu vereinbaren“ (BT-Drucks. 16/13673, S. 5).
10
Ein Anfrageverfahren wegen einer Divergenz zur Rechtsauffassung des 2. Strafsenats ist gleichwohl nicht veranlasst (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG). Der 2. Strafsenat zieht seine abweichende Auslegung des Rahmenbeschlusses lediglich ergänzend für die Versagung einer entsprechenden Anwendung des Härteausgleichs wegen unterbliebener Gesamtstrafenbildung mit Verurteilungen im In- und Ausland heran. Wird der Begriff des Härteausgleichs zutreffend eng auf im Einzelfall entgangene Rechtsvorteile grundsätzlich anwendbarer innerstaatlicher Gesamtstrafenbildung bezogen (vgl. näher d a.E.), ist er auf einen Fall der hier vorliegenden Art in der Tat nicht anzuwenden.
11
Auch ein Vorlageverfahren nach Art. 234 EUV ist nicht angezeigt. Dem im Rahmenbeschluss enthaltenen, auf das Recht der Mitgliedstaaten jeweils unmittelbar wirkenden Gebot (vgl. nur EuGH, Urteil vom 10. Juni 2005 Rs-C 105/03 – Pupino, NJW 2005, 2839) gegenseitiger Rücksichtnahme auf strafgerichtliche Verurteilungen anderer Mitgliedstaaten kann durch die nationalen Gerichte im deutschen Strafrecht ohne weiteres Geltung verschafft werden. Eine entsprechende Anwendung des sogenannten Härteausgleichs ist dazu nicht zwingend erforderlich. Zureichend ist die Berücksichtigung einer gemessen an innerstaatlichen Maßstäben gesamtstrafenfähigen ausländischen Vorverurteilung im Rahmen der allgemeinen tatrichterlichen Strafzumessung nach § 46 StGB (ähnlich BGH NStZ-RR 2009, 200). Diese freilich ist gemeinschaftsrechtlich eindeutig geboten.
12
d) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass mit Rücksicht auf die Wirkungen der Strafe, die für das künftige Leben des Angeklagten zu erwarten sind, das Gesamtstrafübel bei Festsetzung der neuen Strafe nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB im Blick behalten werden muss (vgl. BGHSt 41, 310, 314; Theune in LK StGB 12. Aufl. § 46 Rdn. 10 ff. m.N.). Der Tatrichter hat danach grundsätzlich das gesamte Gewicht der verhängten Strafe und ihrer Folgen in seine Entscheidung einzustellen (vgl. nur BGH aaO; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. 2008 Rdn. 415 ff. m.N.). In diesem Sinne ist ein wegen der neuerlichen Verurteilung drohender Widerruf einer vormals gewährten Strafaussetzung zur Bewährung und damit ein insgesamt längerer Freiheitsentzug zu berücksichtigen (vgl. BGHSt aaO). Gleiches gilt für eine drohende Ist-Ausweisung, sofern diese im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte für den Angeklagten darstellt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer 5; BGH StV 2008, 298), und für berufs- oder dienstrechtliche Folgen einer Verurteilung (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 8 und 18; Schäfer /Sander/van Gemmeren aaO Rdn. 430).
13
Dieses im allgemeinen strafzumessungsrechtlichen Sinne verstandene Gesamtstrafübel ist auch nicht etwa deckungsgleich mit dem vom 2. Strafsenat für Fälle der vorliegenden Art ausgeschlossenen sogenannten Härteausgleich. Während der Härteausgleich den spezifischen und systemimmanenten Zufälligkeiten der Gesamtstrafenbildung geschuldeten Nachteilen Rechnung tragen soll (vgl. Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 55 Rdn. 34 m.N.; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe 1987 Rdn. 250 ff., 257), hat der Gesichtspunkt des Gesamtstrafübels die Auswirkungen der Strafe auf den Angeklagten im Blick. Mit Rücksicht auf die durch die ausländische Vorverurteilung bewirkte Zusatzbelastung kann es letztlich auch keinen Unterschied machen, ob die an sich gesamtstrafenfähige Vorverurteilung aus einem Mitgliedstaat oder einem Drittstaat herrührt. Das gebietet schon der Grundsatz der Strafgerechtigkeit.
14
e) Um jedenfalls dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme Rechnung zu tragen, ist eine Erörterung des mit der ausländischen Vorverurteilung möglicherweise verbundenen Gesamtstrafübels in den schriftlichen Urteilsgründen regelmäßig notwendig. Aus Gründen der Strafgerechtigkeit muss dies auch für feststehende entsprechende Bestrafungen in Drittländern gelten. Die Strafzumessung muss dabei erkennen lassen , inwieweit diesem Umstand strafmildernde Wirkung beigemessen worden ist. Angesichts grundsätzlicher Geltung der gesetzlichen Grenzen der Strafrahmen (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 200) wird in ganz anders als hier gelagerten Fällen eine Anwendung der Vollstreckungslösung zu erwägen sein (vgl. BGHSt 52, 124 sowie Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2009 – 5 StR 433/09 Tz. 10 m.N., zur Aufnahme in BGHSt bestimmt, für den Fall nicht mehr möglicher Gesamtstrafenbildung von Geldstrafe mit lebenslanger Freiheitsstrafe). In Ermangelung eines echten Härteausgleichs (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26. Januar 2010 – 5 StR 478/09) hält der Senat zunächst indes die generelle Anwendung der Vollstreckungslösung auf Fälle dieser Art nicht für zwingend.
15
3. Das Landgericht hat es hier unterlassen, das mit der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe und der dänischen Vorverurteilung verbundene Gesamtstrafübel in seinen Urteilsgründen darzulegen. Angesichts der Höhe der Einzelstrafen und des engen zeitlichen Zusammenhangs war eine ausdrückliche Erörterung hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich (vgl. BGH NStZ 2000, 137, 138). Ein Beruhen auf diesem Rechtsfehler vermag der Senat nicht auszuschließen; es liegt vielmehr in Ermangelung jeglicher damit zusam- menhängender Strafmilderung auf der Hand. Vor dem Hintergrund der ansonsten ausführlichen Strafzumessungserwägungen der Strafkammer und zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerung bei der angesichts der Kürze der im Ausland verhängten Strafe begrenzten strafmildernden Wirkung sieht der Senat von einer Teilaufhebung und Zurückverweisung ab; er vermindert von sich aus die betroffene zweite Gesamtfreiheitsstrafe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO um zwei Monate (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 43, 44).
16
Trotz des geringen Teilerfolgs der Revision des angeklagten P. hält es der Senat nicht für unbillig, auch diesen Angeklagten mit den vollen Rechtsmittelkosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 235/12
vom
22. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. August
2012, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach und
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 7. März 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, im Strafausspruch und soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. II. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. Die Kosten dieses Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revision des Angeklagten und die zu seinen Ungunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; das auf den Strafausspruch beschränkte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumierte der Angeklagte seit dem 14. Lebensjahr Haschisch und Amphetamin, später nahm er auch Ecstasy und LSD. Seit dem Jahre 2006 konsumierte er überdies Kokain. Er wurde im Jahre 2007 wegen Drogendelikten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Im offenen Vollzug eines Teils dieser Gesamtfreiheitsstrafe sowie nach der bedingten Entlassung war er zunächst drogenfrei. Vor dem Hintergrund einer psychischen Erkrankung seiner Freundin und durch den Kontakt mit Bekannten aus der Drogenszene nahm er ab Sommer 2011 den Drogenkonsum wieder auf. Da er nicht über legale Einkünfte verfügte , nutzte er den Drogenhandel als laufende Einnahmequelle. Die Ermittlungsbehörde erfuhr davon im Rahmen einer Telekommunikationsüberwachung. Am 6. Oktober 2011 durchsuchte sie die aus zwei Zimmern bestehende Wohnung des Angeklagten. Dieser wollte die Wohnung aufgeben und führte Schönheitsreparaturen durch. Deshalb hatte er das Schlafzimmer geräumt, so dass nur ein zu Wohn- und Schlafzwecken genutzter Raum mit angrenzender Küchenzeile verblieb. Dort hatte der Angeklagte in einem Wäschekorb einen Rucksack deponiert, in dem er einen Teleskopschlagstock aufbewahrte. Er wusste, dass dieser ihm griffbereit zur Verfügung stand. Außerdem besaß er in dem Raum insgesamt 316,96 Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Anteil von 49,53 Gramm Amphetaminbase sowie 289,82 Gramm Ecstasy-Tabletten mit einem Anteil von 94,77 Gramm MDMA-Base. Ferner verfügte er über 10,5 Kilogramm Streckmittel, Feinwaagen und Verpackungsmaterial sowie 1.989,86 Euro Bargeld aus Drogenverkäufen. Die Betäubungsmittel waren überwiegend zum Weiterverkauf vorgesehen, nur zu einem geringeren Teil zum Eigenkonsum.

II.

3
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie den Schuldspruch betrifft. Sie führt aber zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen im Strafausspruch und soweit das Landgericht die Anordnung einer Maßregel im Sinne von § 64 StGB nicht geprüft hat.
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1. Der Schuldspruch gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG weist insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Er ist nur dahin zu ändern, dass tateinheitlich mit dem Handeltreiben auch Erwerb von Betäubungsmitteln im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG vorliegt.
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a) Nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wird bestraft, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt und dabei eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind. Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts erfüllt.
6
aa) Die aufgefundene Drogenmenge betrug hinsichtlich des Amphetamins das Fünffache, bei den Ecstasy-Tabletten das Dreifache der nicht geringen Menge. Der überwiegende Teil davon war zum Weiterverkauf bestimmt, ein geringer Teil zum Eigenkonsum. Auch wenn diese Anteile nicht beziffert wurden, ist davon auszugehen, dass die dem Handeltreiben dienende Menge die Untergrenze zur nicht geringen Menge sicher überschreitet.
7
bb) Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist dadurch qualifiziert, dass der Angeklagte einen Gegenstand mit sich führte, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt war. Bei dem Teleskopschlagstock handelt es sich um eine Waffe im technischen Sinn (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 a WaffG). Er ist zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt, ohne dass es dazu weiterer Feststellungen bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - 1 StR 25/03, NStZ 2004, 111, 112; Rahlf in: MünchKomm, StGB, 2007, § 30a BtMG Rn. 148).
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Ein Mitführen des gefährlichen Gegenstands wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn der Täter ihn bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich seiner jederzeit bedienen kann. Es genügt, wenn er sich in Griffweite befindet (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99). Dies war hier der Fall, weil sich der Teleskopschlagstock im selben Raum befand, in dem auch die Drogen gelagert waren. Dort war er für den Angeklagten rasch und unschwer zu ergreifen, wenn er mit den Drogen, etwa beim Portionieren und Verpacken, hantierte.
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cc) Setzt sich die Tat aus mehreren Einzelakten zusammen, so reicht es zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist. Zwar fehlen Feststellungen des Landgerichts dazu, ob der Angeklagte den Teleskopschlagstock bei der Übergabe der Betäubungsmit- tel von Lieferanten oder an Abnehmer dabei hatte. Dem Angeklagten stand die Waffe aber griffbereit zur Verfügung, als er in der Wohnung das Amphetamin vorrätig hielt, streckte und portionierte. Auch dabei handelt es sich um Teilakte des Handeltreibens. Dadurch hat der Angeklagte den Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nach dem Wortlaut des Gesetzes erfüllt (vgl. Senat, Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 f. und Urteil vom 21. September 2011 - 2 StR 286/11, StV 2012, 411).
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Für eine einschränkende Auslegung des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG im Hinblick darauf, dass kein unmittelbarer Zusammenhang des Beisichführens der Waffe mit einem eigentlichen Umsatzgeschäft festgestellt ist, besteht kein Anlass. Ein Drogenhändler kann nicht nur von Kunden, mit denen er planmäßig in Kontakt tritt, sondern auch unerwartet von Drogenabhängigen, Polizeibeamten oder sonstigen Personen aufgesucht werden, gegen die er sich zum Schutz seiner Person, von Drogenvorräten und Gelderlös oder aber zur Verschleierung seines Handeltreibens mit der Waffe verteidigt. Die Vorschrift regelt ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Ein sicherer Ausschluss der Gefahr, vor der § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG andere Personen schützen will, ist hier nicht möglich.
11
dd) Für die subjektive Tatseite genügt das Bewusstsein der Verfügbarkeit der Waffe. Der Wille des Täters, sie einzusetzen, ist nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14). Das Bewusstsein der Gebrauchsbereitschaft hat der Angeklagte eingeräumt.
12
b) Da der Angeklagte die sichergestellten Drogen teilweise zum Eigenkonsum verwenden wollte, liegt insoweit tateinheitlich der Tatbestand des Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG vor. Nicht feststellbar ist freilich, dass sich auch dieser auf eine nicht geringe Menge bezog.
Der für den Eigenkonsum vorgesehene Anteil war nach den Urteilsfeststellungen deutlich geringer als der für das Handeltreiben bestimmte Anteil.
13
Der Senat ändert daher den Schuldspruch dahin, dass neben dem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich Erwerb von Betäubungsmitteln vorliegt. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
14
2. Das Landgericht hätte prüfen müssen, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen ist. Insoweit liegt ein Erörterungsmangel vor, der zur Urteilsaufhebung zwingt.
15
Nach § 64 Satz 1 StGB kann das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn der Täter den Hang hat, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, wenn er wegen einer auf seinen Hang zurückzuführenden rechtswidrigen Tat verurteilt wird und wenn die Gefahr besteht, dass er auch in Zukunft infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Der Hang zum Konsum von Rauschmitteln im Übermaß besteht darin, dass der Täter entweder eine chronische, auf Sucht beruhende Abhängigkeit aufweist - was hier fern liegt - oder aufgrund einer eingewurzelten, auf eine psychische Disposition zurückgehenden oder durch Übung erworbenen Neigung zum Rauschmittelkonsum (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 5 StR 545/11) von dem Drang hierzu so beherrscht wird, dass er ihm immer wieder nachgibt (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Dezember 2011 - 2 StR 543/11). Wer dagegen nur gelegentlich Drogen konsumiert, wird vom Anwendungsbereich des § 64 StGB nicht erfasst. Die Grenze liegt dort, wo die Neigung zum Rauschmittelkonsum handlungsleitend wird (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 64 Rn. 8; LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 62). Dies liegt nach den getroffenen Feststellungen nahe, insbesondere weil der Angeklagte zuletzt so viel Drogen konsumierte, wie er sich leisten konnte, und weil er den Drogenerwerb zum Eigenkonsum sowie seinen Lebensunterhalt alleine durch Drogenhandel finanzierte, aber keiner Arbeit nachging. Die Beschaffungsdelikte des Angeklagten deuten an, dass sie symptomatisch für den Hang zum Drogenkonsum sind. Sollte der neue Tatrichter einen Hang des Angeklagten im Sinne des § 64 StGB bejahen, so wäre weiter zu prüfen, ob deshalb die Gefahr besteht , dass er künftig weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
16
3. Da nicht auszuschließen ist, dass die zuerkannte Strafe niedriger ausgefallen wäre, wenn zugleich die Unterbringung angeordnet worden wäre, kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 10).

III.

17
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, ist der Sache nach wirksam auf den Strafausspruch beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 1989 - 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3). Sie ist unbegründet.
18
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer unbeschadet der einschlägigen Vorstrafe, der Rückfälligkeit des Angeklagten in der Bewährungszeit und seines auf laufenden Drogenhandel ausgerichteten Verhaltens von einem minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ausgegangen ist (§ 30a Abs. 3 BtMG). Die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände gegeneinander abzuwägen. Erst nach dem Gesamteindruck kann entschieden werden, ob der außerordentliche Strafrahmen anzuwenden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2011 - 4 StR 581/11, StV 2012, 289 f.). Dies hat das Landgericht nicht verkannt. Es hat alle bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte berücksichtigt und keinen Gesichtspunkt herangezogen, der ohne Belang wäre.
19
Die Berücksichtigung des Geständnisses des Angeklagten als Milderungsgrund ist rechtlich unbedenklich, weil es jedenfalls für den Nachweis des subjektiven Tatbestands von nicht unerheblicher Bedeutung war. Der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wäre nicht erfüllt, wenn zwar eine Waffe in der Wohnung, in der Betäubungsmittel für den Verkauf vorrätig gehalten , portioniert und verpackt werden, vorhanden ist, diese aber nicht in Griffweite bereit gehalten wird (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 203/10). Der Angeklagte hatte hier objektiv einen noch ausreichenden Zugriff auf den Teleskopschlagstock. In einem solchen Fall, in dem die Verfügbarkeit des Gegenstands auch nicht das eigentliche Umsatzgeschäft des Drogenhandels betrifft, ist allerdings der subjektive Tatbestand genau zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2002 - 1 StR 138/02, StV 2003, 80, 81). Je ferner die Gefahr des Einsatzes liegt, desto höher sind die Anforderungen an die Prüfung des subjektiven Tatbestands (vgl. Senat, Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14), der hier durch das Geständnis des Angeklagten bewiesen wurde. Das Landgericht durfte dabei dem Geständnis des Angeklagten strafmildernde Bedeutung beimessen. Es hat nicht übersehen, dass die äußeren Umstände bei der Wohnungsdurchsuchung offen zutage lagen.
20
Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Berücksichtigung des Handlungsantriebs, dass der Angeklagte vor dem Hintergrund der psychischen Erkrankung seiner Lebensgefährtin wieder selbst Drogen konsumiert und zur Finanzierung dieses Drogenkonsums sowie des Lebensunterhalts mit Betäubungsmitteln Handel getrieben hat.
21
Es stellt ferner keinen Rechtsfehler dar, dass das Tatgericht den drohenden Widerruf der Strafrestaussetzung zur Bewährung wegen der früheren Verurteilung des Angeklagten berücksichtigt hat. Mit Rücksicht auf die Wirkungen der Strafe, die für das künftige Leben des Angeklagten zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB), hatte es auch das Gesamtstrafübel im Blick zu behalten (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 1995 - 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310, 314; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 432/09, StV 2010, 238, 239).
22
Bei der Strafzumessung kommt schließlich den tatbestandsbezogenen Umständen bestimmende Bedeutung zu. Insoweit hat sich das Landgericht für den Ausnahmestrafrahmen auch entschieden, weil der Schlagstock im Vergleich mit einer Schusswaffe geringeres Gefahrenpotenzial aufweist, ferner weil die Drogenmenge innerhalb der erfahrungsgemäß vorkommenden Bandbreite der nicht geringen Mengen im unteren Bereich lag und keine "harten Drogen" betraf. Art und Menge der Drogen können auch in Fällen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als bestimmende Aspekte berücksichtigt werden (vgl. Senat, Beschluss vom 14. November 2003 - 2 StR 404/03, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Strafzumessung 1).
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