Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2019 - 2 StR 301/18

bei uns veröffentlicht am13.02.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Ein Täter nutzt ein Überraschungsmoment im Sinne des § 177 Abs. 2 Nr. 3
StGB aus, wenn er die äußeren Umstände erkennt, aus denen sich ergibt, dass
sich das Opfer keines sexuellen Angriffs auf seinen Körper versieht. Ferner
muss er dieses Überraschungsmoment als Bedingung für das Erreichen seiner
sexuellen Handlung dergestalt erfassen, dass er zumindest für möglich hält,
dass das Opfer in die sexuelle Handlung nicht einwilligt und dessen
Überraschung den Sexualkontakt ermöglicht oder zumindest erleichtert.
BGH, Urteil vom 13. Februar 2019 – 2 StR 301/18 – LG Wiesbaden
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 301/18
vom
13. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:130219U2STR301.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Februar 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke,
die Richter am Bundesgerichtshof Zeng, Meyberg, Dr. Grube, Schmidt,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger des Angeklagten,
Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenklägerin F. ,
Rechtsanwältin in der Verhandlung als Vertreterin der Nebenklägerin W. ,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 30. Januar 2018 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte hinsichtlich des Falls II. 4 der Urteilsgründe der sexuellen Nötigung schuldig ist; die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Übergriffs entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen und sexuellen Übergriffs unter Einbeziehung einer vorbehaltenen Geldstrafe aus einer Vorverurteilung und unter Anrechnung von Zahlungen auf die dortige Bewährungsauflage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sowie wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Übergriff zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen geringen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Am frühen Morgen des 28. Oktober 2016 fuhren die Zeuginnen L. und B. im Taxi des Angeklagten. Als die Zeugin L. den Angeklagten bat, sie in der Nähe ihrer Wohnung abzusetzen, fuhr dieser, der sich spätestens nun entschlossen hatte, die Situation auszunutzen und die beiden jungen Frauen an einem abgelegenen Ort sexuell anzugehen, eigenmächtig weiter und hielt etwa 500 Meter hinter dem angegebenen Zielort an unbelebter Stelle. Die Zeuginnen waren irritiert und verunsichert. Sie bezahlten den vereinbarten Fahrpreis. Als beide auf der Beifahrerseite ausstiegen, lief der Angeklagte um das Fahrzeug herum zu ihnen. Er gab der Zeugin B. unvermittelt einen Zungenkuss, wobei er ihren Kopf mit seinen Händen so umfasste, dass es der Zeugin nicht gelang, ihren Kopf wegzudrehen. Unmittelbar darauf wandte sich der Angeklagte, der zwischen den beiden Frauen stand, der Zeugin L. zu, hob sie an derTaille hoch, so dass sie mit den Füßen den Boden nicht mehr berührte, drückte sie gegen das Taxi und gab auch ihr gegen ihren Willen einen Zungenkuss; ihren Kopf hielt er dabei fest. Der Zeugin B. , die unmittelbar daneben stand, gelang es, die Zeugin L. am Arm zu greifen, sie wegzuziehen und gemeinsam mit ihr zu flüchten (Fall II. 1 der Urteilsgründe).
4
Das Landgericht hat zwei – tatmehrheitliche – Fälle der sexuellen Nötigung angenommen und – bei Wertung als minder schwere Fälle – § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 StGB aF als milderes Gesetz zur Anwendung gebracht.
5
2. Die Zeugin W. bestieg am 1. Januar 2017 das Taxi des Angeklagten , damit dieser sie nach Hause fahre. Als sie ihn kurz vor Erreichen des Zielortes bat, sie abzusetzen, bremste der Angeklagte, der sich spätestens jetzt entschloss, die Zeugin sexuell zu bedrängen, abrupt ab, fuhr halb auf den Bürgersteig , beugte sich über die auf dem Beifahrersitz angeschnallte Zeugin, so dass er „praktisch auf ihr lag“, und gab ihr einen Zungenkuss. Die Zeugin, die damit nicht gerechnet hatte, drehte sich nach rechts weg und sagte, der Angeklagte solle das lassen. Mit ihrer linken Hand stieß sie ihn weg. Dies nutzte der Angeklagte, der zwischenzeitlich von ihr unbemerkt seine Hose geöffnet hatte, um ihre Hand zu packen und an sein nacktes, erigiertes Glied zu führen. Der Zeugin gelang es nach einer kurzen Berührung des Gliedes, ihre Hand wegzuziehen. Bei einem erneuten Versuch, sie zu küssen, biss sie ihm in die Lippe. Der Angeklagte fasste der Zeugin mit einer Hand in den bekleideten Schritt und mit der anderen Hand an die bekleidete Brust, wobei es zu einem Gerangel kam.
6
Die Zeugin W. rechnete sodann mit dem Schlimmsten. Gleichwohl wollte sie den Fahrpreis von 14 € entrichten, drückte dem Angeklagten 20 € in die Hand und forderte ihr Wechselgeld. Als er daraufhin erwiderte, sie bekom- me ihr Wechselgeld, wenn sie ihm einen „blase“, öffnete sie entsetzt die unver- riegelte Tür und rannte zu ihrer Wohnung (Fall II. 2 der Urteilsgründe).
7
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesem Fall wegen sexuellen Übergriffs schuldig gesprochen. In den Urteilsgründen hat es ausgeführt, der Angeklagte habe sich „wegensexuellen Übergriffs gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB in Tateinheit mit sexuellem Übergriff nach § 177 Abs. 1 StGB strafbar gemacht“.
8
3. Die 17-jährige Zeugin F. wollte sich am 26. März 2017 gegen vier Uhr nachts auf den Heimweg nach N. machen und dazu mit einem Taxi fahren. Da sie nur 14 € Bargeld bei sich hatte und wusste, dass die Fahrt teurer sein würde, fragte sie den Angeklagten nach einem Pauschalpreis. Die- ser forderte sie auf, weitere Fahrgäste zu suchen, mit denen sie sich den Fahrpreis teilen könne. Die Zeugin fand zwei Mitfahrerinnen, die jedoch in die entgegengesetzte Richtung fahren wollten. Der Angeklagte erklärte sich gleichwohl bereit, zunächst die beiden anderen Fahrgäste zu befördern und sodann die Zeugin nach N. zu fahren. An ihrem Zielort stiegen die beiden Mitfahrerinnen aus und zahlten den über den Taxameter ermittelten Fahrpreis.
9
Der Angeklagte fuhr Richtung N. . Ungeachtet des vereinbarten Festpreises lief der Taxameter, weil er die Absicht hatte, auf die nunmehr allein in seinem Taxi befindliche jugendliche Zeugin Druck auszuüben, da der eigentliche Fahrpreis deutlich über dem lag, was sie mit den ihr noch zur Verfügung stehenden Barmitteln würde begleichen können. Nachdem die Zeugin auf Nachfrage wahrheitsgemäß mitgeteilt hatte, dass sie 17 Jahre alt sei, erklärte der Angeklagte, um weiter psychischen Druck auszuüben, dass er die Polizei verständigen könne, weil sie als Minderjährige um diese Uhrzeit allein unterwegs sei. Dies löste bei der Zeugin ein Druckgefühl aus, weil sie sich vorstellte, der Angeklagte könne tatsächlich die Polizei verständigen, und weil ihre Eltern sie vor nächtlichen Kontrollen durch die Polizei gewarnt hatten.
10
Der Angeklagte lenkte das Gespräch auf sexuelle Themen, was der Zeugin seltsam vorkam. Sie lotste ihn in eine Seitenstraße in der Nähe ihrer eigentlichen Wohnanschrift, damit er nicht erfuhr, wo sie wohnte. Nach der Ankunft händigte sie ihm den vereinbarten Fahrpreis aus. Der Angeklagte erklärte, dass dies − angesichts der höheren Taxameteranzeige − nicht genug sei. Als die Zeugin seiner Aufforderung, das Geld von zu Hause zu holen, nicht nachkam , packte er sie unvermittelt am Arm, zog sie zu sich herüber und gab ihr einen Zungenkuss, woraufhin sie sich mit dem ganzen Körper zur Seite wegdrehte. Der Angeklagte, der inzwischen von der Zeugin unbemerkt seine Hose geöffnet hatte, ergriff daraufhin mit strammen, aber nicht schmerzhaftem Griff ihre Hand, führte sie bestimmend zu seinem nackten Glied und legte sie darauf; es hätte eines gewissen Kraftaufwandes bedurft, um sich aus dem Griff zu befreien. Als es der Zeugin gelang, ihre Hand wegzuziehen, sagte er zu ihr „nur ein Kuss“,was sie, wie vom Angeklagten gemeint, angesichts des entblößten Glieds und der vorangegangenen Berührung dahingehend verstand, dass er sie zum Oralverkehr aufforderte. Weil sie nach wie vor innerlich unter demDruck stand, dass der Angeklagte die Polizei rufen und sie anderweitig nicht aus der Situation entkommen könne, nahm sie den nackten, erigierten Penis des Angeklagten in den Mund und führte – wenn auch nur wenige Sekunden – den Oralverkehr bei ihm aus, ohne dass er zum Samenerguss kam. Seiner Aufforderung , diesen fortzusetzen, kam sie nicht nach und verließ das Taxi (Fall II. 4 der Urteilsgründe).
11
Die Strafkammer hat den Angeklagten in diesem Fall wegen sexueller Nötigung nach § 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit sexuellem Übergriff gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 3, 5 StGB verurteilt, wobei sie von der Annahme einer Regelwirkung nach § 177 Abs. 6 Nr. 1 StGB abgesehen hat.

II.

12
1. Die auf eine Verletzung des § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO gestützte Verfahrensrüge des Angeklagten hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
13
2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils führt zum Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung im Fall II. 4 der Urteils- gründe. Im Übrigen lässt der Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erkennen. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
14
a) Die Verurteilung wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen zum Nachteil der Zeuginnen L. und B. (Fall II. 1 der Urteilsgründe) hat Bestand.
15
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen und deren Verletzung einer additiven Betrachtungsweise, wie sie etwa der natürlichen Handlungseinheit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift daher der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des Täters nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff willkürlich und gekünstelt erschiene (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 10. Februar 2016 – 2 StR 391/15, NStZ 2016, 594, 595; BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 59/18, juris Rn. 6; Beschluss vom 22. Oktober 2015 – 4 StR 262/15, NStZ 2016, 207, 208; Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14, juris Rn. 48; Beschluss vom 24. Oktober 2000 – 5 StR 323/00, NStZ-RR 2001, 82).
16
Hieran gemessen ist die Wertung des Landgerichts als tatmehrheitliche Begehung nicht zu beanstanden. Der enge zeitliche und situative Zusammenhang bedingt (noch) keine willkürlich oder gekünstelt erscheinende Aufspaltung.
Nach den Feststellungen der Strafkammer geschahen die sexuellen Übergriffe gegen beide Frauen zwar in kurzer Folge, aber zeitlich nacheinander. Der Übergriff auf die Geschädigte B. war abgeschlossen, als der Angeklagte den gewaltsamen Übergriff auf die Zeugin L. begann. Der Einsatz der Nötigungsmittel erfolgte nacheinander und voneinander unabhängig, so dass es auch zu keiner Fortwirkung des Nötigungsmittels kam (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2000 – 4 StR 513/99, juris Rn. 13).
17
b) Auch im Fall II. 2 der Urteilsgründe tragen die rechtsfehlerfreien Feststellungen den Schuldspruch wegen sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 1 StGB.
18
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte sexuelle Handlungen an der Geschädigten vorgenommen und dabei ein Überraschungsmoment ausgenutzt hat, indem er nach seinem Entschluss, die Zeugin W. sexuell zu bedrängen, aus zügiger Fahrt abrupt abbremste, halb auf den Bürgersteig fuhr, sich über die auf dem Beifahrersitz angeschnallte Zeugin beugte und ihr, für sie unerwartet, einen Zungenkuss gab.
19
(1) § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist durch das 50. Strafrechtsänderungsgesetz (Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016, BGBl. I S. 2460) eingeführt worden. Zu der Frage, welche Anforderungen an die subjektive Tatseite dieser Tatbestandsvariante zu stellen sind, hat sich der Bundesgerichtshof bisher nicht geäußert.
20
(a) Im Schrifttum werden zu dieser Frage unterschiedliche Auffassungen vertreten. Während Teile der Literatur in allen sechs Grundtatbeständen des § 177 Abs. 1 und Abs. 2 StGB einen bedingten Vorsatz für ausreichend erachten (vgl. BeckOK StGB/Ziegler, 40. Ed., § 177 Rn. 60; SSW-StGB/Wolters, 4. Aufl., § 177 Rn. 48; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 177 Rn. 17, 40), lässt eine engere Auffassung für die Ausnutzungstatbestände des § 177 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 StGB zwar zunächst ebenfalls bedingten Vorsatz genügen, formuliert jedoch für das Tatbestandsmerkmal des „Ausnutzens“ weitergehende Anforderungen an die subjektive Tatseite (vgl.: „bewusstes Einkalkulieren der Situation“ bei Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 177 Rn. 30, 31, 44; „dolus directus“ bei SK-StGB/Wolters/Noltenius, 9. Aufl., § 177 Rn. 24, 36; NK-StGB/Frommel, 5. Aufl., § 177 Rn. 113, 116; ebenso für § 177 Abs. 2 Nr. 1 und 3: MüKo-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 nF Rn. 68, 86).
21
(b) Die Gesetzesmaterialien legen den in § 177 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 StGB beschriebenen Tathandlungen – durch den übereinstimmenden Wortlaut („aus- nutzt“) und die für alle Tatbestandsvarianten erfolgten Verweise auf die bei § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB-E erläuterte Definition erkennbar – einen einheitlichen Begriff des „Ausnutzens“ zugrunde, den der Gesetzgeber dahingehend defi- niert, dass der Täter eine solche Lage ausnutzt, wenn er sie erkennt und sich für die sexuelle Handlung zunutze macht (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 6. Juli 2016, BTDrucks. 18/9097, S. 23). Der Gesetzgeber knüpft damit, wie die von ihm zitierten Literaturstellen (vgl. BT-Drucks. 18/9097, aaO, mit Verweis auf Schönke /Schröder/Eisele, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 10; SK-StGB/Wolters, 135. Lfg. [Stand August 2012], § 179 Rn. 3) belegen, an die bisherige Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Ausnutzens in § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF und § 179 Abs. 1 und 2 StGB aF (jeweils „unter Ausnutzung“ der schutzlosen Lage bzw. der Widerstandsunfähigkeit) an. Zudem enthalten die Materialien in den Erläuterungen zum neu gefassten § 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB den Hinweis, dass diese Qualifikation dem Ausnutzen der schutzlosen Lage in § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF entspreche (BT-Drucks. 18/9097, aaO, S. 27). Mit der Erweiterung des Tatbestandes verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, Strafbarkeitslücken zu schließen (BT-Drucks. 18/9097, aaO, S. 2, 21), weil sexuelle Übergriffe, die so überraschend vorgenommen werden, dass das Opfer einen entgegenstehenden Abwehrwillen nicht bilden oder kundtun konnte, nach § 177 StGB aF nicht als sexuelle Nötigung strafbar waren (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juni 1982 – 2 StR 669/81, BGHSt 31, 76, 77; BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 – 4 StR 92/10, juris Rn. 6; Renzikowski, NJW 2016, 3553, 3555).
22
(c) Nach dem allgemeinen Gebrauch des Wortes „ausnutzen“ (z. B. „eine Situation, einen Vorteil für sich nutzen; für seine eigenen egoistischen Zwecke benutzen, ausbeuten“, vgl. Duden, Bd. 10, 4. Aufl., S. 157) wohnt diesem Begriff ein finales Element inne. Mit Blick auf die vom Gesetzgeber vorgestellten Situationen sind es gerade die objektiven Umstände der Überraschung, die den Täter in den Stand versetzen, das spezifische Handeln oder Dulden des Opfers zu verursachen (vgl. SSW-StGB/Wolters, aaO, § 177 Rn. 37; ebenso Schroeder in Festschrift Rengier, 2018, S. 335, 338). Nach dem Wortlaut muss daher der Täter die diese Situation bestimmenden Umstände erkannt und in seinen Vorsatz aufgenommen haben.
23
(d) Dies bestätigt sich bei systematischer Betrachtung, die insbesondere die § 177 Abs. 1 Nr. 3, § 179 StGB aF in den Blick nimmt.
24
Der subjektive Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF erforderte, dass der Täter die tatsächlichen Voraussetzungen der Schutzlosigkeit auch als Bedingung für das Erreichen seiner sexuellen Handlungen erkennen musste, so dass der subjektive Tatbestand zumindest bedingten Vorsatz dahin voraussetzte , dass das Opfer in die sexuellen Handlungen nicht einwilligte und dass es gerade wegen seiner Schutzlosigkeit auf einen grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtete, das Opfer also die Handlungen nur wegen seiner Schutzlosigkeit vornahm oder geschehen ließ (BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 2009 – 3 StR 479/09,juris Rn. 7; vom 10. Mai 2011 – 3 StR 78/11, juris Rn. 8; vom 17. November 2011 – 3 StR 359/11, juris Rn. 6; ebenso Senat, Urteil vom 25. Januar 2006 – 2 StR 345/05, BGHSt 50, 359, 368; Urteil vom 7. März 2012 – 2 StR 640/11, juris Rn. 25; BGH, Beschluss vom 27. Februar 2013 – 4 StR 544/12, juris Rn. 11).
25
Für die subjektive Tatseite bei § 179 StGB aF war erforderlich, dass der Täter spätestens bei der Tat Anzeichen für eine Widerstandsunfähigkeit bemerkte , mit der Unfähigkeit des Opfers, sich ihm zu widersetzen, zumindest im Sinne eines dolus eventualis rechnete und zumindest billigend in Kauf nahm, dass die Widerstandsunfähigkeit auf einer – ggf. auch nurvorübergehenden – Beeinträchtigung im Sinne der §§ 20, 21 StGB beruhte (Senat, Urteile vom 15. August 1990 – 2 StR 197/90, juris Rn. 10; vom 28. März 2018 – 2 StR 311/17, juris Rn. 13; die Frage nach der genauen Vorsatzform offen lassend BGH, Beschluss vom 8. Februar 2007 – 3 StR 11/07, juris).
26
(e) Auch der Blick auf den Sinn und Zweck des § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB gibt keinen Anlass, die bisherigen Anforderungen der Rechtsprechung an die subjektive Tatseite des Ausnutzens in § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF und § 179 StGB aF einzuschränken oder auszudehnen. Ziel der Neufassung ist es, Strafbarkeitslücken zu schließen und nunmehr sexuelle Übergriffe unter Strafe zu stellen, bei denen die sexuelle Handlung des Täters das Opfer derart unvorbereitet trifft, dass es einen entgegenstehenden Willen in der Überrumpelungssituation nicht mehr bilden oder nicht mehr durchsetzen kann; dem Gesetzgeber standen in der Tatbestandsvariante des § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB unter anderem Fallkonstellationen vor Augen, in denen ein Täter − mit hinreichender Erheblichkeit im Sinne des § 184h Nr. 1 StGB − plötzlich an das Geschlechtsteil des unvorbereiteten oder überrumpelten Opfers fasste (vgl. BT-Drucks. 18/9097, aaO, S. 2, 21, 25).
27
(2) Nach alldem gilt unter Beachtung des Willens des Gesetzgebers, des Wortlautes, der systematischen Betrachtung und des Zwecks der neugefassten Norm unter Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung zu den § 177 Abs. 1 Nr. 3, § 179 StGB aF daher Folgendes:
28
Der Täter handelt in der Tatbestandsvariante des § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB jedenfalls dann vorsätzlich, wenn er weiß, dass er eine sexuelle Handlung unter Einbeziehung des Opfers vornimmt, und er sich gerade das Überraschungsmoment zunutze macht. Letzteres setzt zunächst voraus, dass er die tatsächlichen Voraussetzungen der Überraschung des Opfers wahrnimmt, mithin die äußeren Umstände erkennt, aus denen sich ergibt, dass sich das Opfer keines sexuellen Angriffs auf seinen Körper versieht oder eines solchen zwar noch im letzten Moment gewahr wird, aber wegen der Schnelligkeit der Abläufe zur Bildung oder Kundgabe eines ablehnenden Willens außer Stande ist. Ferner muss der Täter das Überraschungsmoment als Bedingung für das Erreichen seiner sexuellen Handlung dergestalt erfassen, dass er zumindest für möglich hält, dass das Opfer in die sexuelle Handlung nicht einwilligt und dessen Überraschung den Sexualkontakt ermöglicht oder zumindest erleichtert.
29
Dementsprechend fehlt es am Vorsatz, wenn der Täter annimmt, die überraschende Handlung werde der anderen Person willkommen sein (MüKo-StGB/Renzikowski, aaO, § 177 nF Rn. 86; Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 177 Rn. 44; Fischer, aaO, § 177 Rn. 41). Kennen sich Täter und Opfer jedoch nicht oder nur flüchtig, wird eine sexuelle Handlung regelmä- ßig unter „Ausnutzung“ vorgenommen, da derHandelnde durchweg mit dem Unwillkommensein seines Tuns rechnen muss (SSW-StGB/Wolters, aaO, § 177 Rn. 47; MüKo-StGB/Renzikowski, aaO, § 177 Rn. 86).
30
Gemessen hieran belegen die rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts, dass der Angeklagte nach der festgestellten Tatsituation – abruptes Bremsen bei zügiger Fahrt, das Hinüberbeugen auf die im Beifahrersitz angeschnallte Zeugin – jedenfalls mit einem Blick erfasste, dass die ihm fremde Zeugin aufgrund des Überraschungsmoments unfähig war, einen entgegenstehenden Willen zu bilden und zu äußern, und dass dies seine Tatbegehung erst ermöglichte bzw. jedenfalls begünstigte. Angesichts dieser Tatsituation liegen die Überraschung der Zeugin und das Ausnutzungsbewusstsein des Angeklagten auf der Hand. Sie bedurften keiner tiefergehenden Erörterung durch das Landgericht.
31
bb) Soweit die Urteilsgründe – entgegen dem zutreffenden Schuldspruch wegen sexuellen Übergriffs – im Fall II. 2 der Urteilsgründe ausführen, der sexuelle Übergriff nach § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB stünde in Tateinheit zum sexuellen Übergriff nach § 177 Abs. 1 StGB, hält dies rechtlicher Überprüfung jedenfalls in der hier gegebenen Fallgestaltung nicht stand.
32
(1) Nach der Konzeption der Neufassung erfasst § 177 Abs. 1 StGB sexuelle Handlungen, mit denen sich der Täter über einen erkennbaren, entgegenstehenden Willen des Opfers hinwegsetzt, wohingegen § 177 Abs. 2 StGB Konstellationen erfassen soll, in denen ein entgegenstehender Wille des Opfers nicht erkennbar ist, weil eine entsprechende Äußerung dem Opfer aus den dort genannten Gründen entweder nicht möglich oder nicht zuzumuten ist (BT-Drucks. 18/9097, aaO, S. 22 f.).
33
Bezogen auf ein- und denselben Zeitpunkt schließen § 177 Abs. 1 StGB und § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB deshalb einander aus, da § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB gerade voraussetzt, dass aufgrund der Überraschung kein entgegenstehender Wille, den § 177 Abs. 1 StGB objektiv erkennbar tatbestandsmäßig erfordert, gebildet und rechtzeitig kundgetan werden kann (ebenso MüKo-StGB/ Renzikowski, aaO, § 177 Rn. 178; Schönke/Schröder/Eisele, aaO, § 177 Rn. 134).
34
Wenn der Täter – wie hier − zunächst sexuelle Handlungen unter Ausnutzung des Überraschungsmoments vornimmt, das Opfer daraufhin einen entgegenstehenden Willen bekundet und er sodann gleichwohl sein Handeln gegen den dann bereits kommunizierten Willen des Opfers fortsetzt, verwirklicht er – bei isolierter Betrachtung der Einzelakte – zunächst § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB, während seine weiteren Handlungen – voneinander getrennt durch die Kundgabe des entgegenstehenden Opferwillens – den Tatbestand des § 177 Abs. 1 StGB erfüllen. Das Vorliegen mehrerer Einzelakte besagt indes noch nicht, ob der Täter dieselbe Tatbestandsverwirklichung noch fortführt (eine Gesetzesverletzung

)

oder ob er erneut einen Tatbestand (mehrere Gesetzesverletzungen) erfüllt (vgl. MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg, aaO, § 52 Rn. 34).
35
(2) Das Landgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die auf einem einheitlichen Tatentschluss des Angeklagten beruhenden Handlungen wegen des engen räumlichen, zeitlichen und situativen Zusammenhangs bei natürlicher Betrachtungsweise zu einer Handlungseinheit zusammenzufassen sind. Rechtsfehlerhaft ist indes seine weitergehende Annahme, die festgestellten Gesetzesverletzungen stünden im Verhältnis der Tateinheit.
36
Verletzt der Täter im Rahmen einer natürlichen Handlungseinheit denselben Tatbestand mehrfach oder verschiedene Varianten desselben Tatbestandes , wird regelmäßig nur eine Gesetzesverletzung (und nicht Tateinheit) angenommen (vgl. MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg, aaO, § 52 Rn. 34 und 108; SSW-StGB/Eschelbach, aaO, § 52 Rn. 59; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vorb. §§ 52 ff. Rn. 88). Dies gilt beispielsweise bei einer Körperverletzung durch mehrere Schläge, einer Beleidigung durch mehrere Schimpfworte (MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg, aaO, § 52 Rn. 105 mwN), bei der Vornahme von mehreren sexuellen Handlungen an oder vor einem Kind bei derselben Gelegenheit (BGH, Urteil vom 18. Mai 1951 – 1 StR 156/51, BGHSt 1, 168, 170 f.), einer gefährlichen Körperverletzung mittels einer Waffe bei einem hinterlistigen Überfall und einem schweren räuberischen Diebstahl, bei dem mehrere Qualifikationsalternativen realisiert werden (BGH, Beschluss vom 24. März 1994 – 4 StR 656/93, juris Rn. 10 ff.,16), sowie auch bei der kumulativen Verwirkli- chung mehrerer Strafschärfungsgründe des § 177 Abs. 8 StGB, die als unterschiedliche Begehungsformen eines einzigen sexuellen Übergriffs zu werten sind (BGH, Beschluss vom 14. November 2018 – 3 StR 464/18, juris Rn. 2).
37
Nichts anderes gilt, wenn der Täter – wie hier − von vornherein vorhatte, die sexuelle Handlung an dem überraschten Opfer auch dann fortzusetzen, wenn dieses seinen entgegenstehenden Willen ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht hat (vgl. MüKo-StGB/Renzikowski, aaO, § 177 nF Rn. 181; Fischer, aaO, § 177 Rn. 197). Der Angeklagte verletzte bei derselben Geschädigten im Rahmen eines einheitlichen Lebensvorgangs dasselbe höchstpersönliche Rechtsgut mehrfach, indem er einen Tatbestand wiederholt verwirklichte, der gleichartiges Unrecht in unterschiedlichen Tatmodalitäten – „überraschend“ in § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB und „gegen den erklärten Willen“ in § 177 Abs. 1 StGB – beschreibt, wobei die Unrechtssteigerung in einer allein quantitativ gesteigerten Gesetzesverletzung besteht und dieses einheitliche Tatunrecht auf einem einheitlichen Willen beruhte. Die jeweiligen Einzelakte erscheinen damit als Teilstücke eines einheitlichen Ganzen, des auf demselben Entschluss beruhenden einheitlichen Deliktserfolges (vgl. LK/Rissing-van Saan, aaO, Vorb. §§ 52 ff. Rn. 35).
38
Der Umstand, dass die betroffenen Tatbestände in verschiedenen Absätzen geregelt sind und ihre gleichzeitige Verwirklichung in ein- und demselben Zeitpunkt ausgeschlossen ist, steht der Annahme nur einer Gesetzesverletzung nicht entgegen. Dagegen sprechen der identische Schutzzweck und der Umstand, dass es sich lediglich um verschiedene Begehungsformen handelt, die der Gesetzgeber als gleichartiges Unrecht begriffen hat, wie sich an der übernommenen Strafandrohung („ebenso wird bestraft“) ablesen lässt. Es kommt nicht darauf an, ob Tatmodalitäten nebeneinander, voneinander abgehoben oder unter verschiedenen Nummern aufgezählt sind, denn hierbei handelt es sich um formale Fragen der Gesetzestechnik ohne sachlich-rechtliche Auswirkung, die der Gesetzgeber auch anders hätte regeln können (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1994 – 4 StR 656/93, juris Rn. 17; MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg, aaO, § 52 Rn. 108).
39
Die insoweit fehlerhafte rechtliche Würdigung lässt indes den Schuldspruch unberührt, da die Strafkammer den Angeklagten – insoweit zutreffend – im Fall II. 2 der Urteilsgründe „nur“ wegen (eines) sexuellen Übergriffs verurteilt hat.
40
c) Hingegen erweist sich die Verurteilung im Fall II. 4 der Urteilsgründe wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Übergriff als durchgrei- fend rechtsfehlerhaft. Dies bedingt die Abänderung des Schuldspruchs; die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Übergriffs entfällt.
41
aa) Die rechtsfehlerfreien Feststellungen belegen zunächst einen sexuellen Übergriff unter Ausnutzung eines Überraschungsmoments nach § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB, indem der Angeklagte die ihm fremde Zeugin, mit der er sich unmittelbar zuvor über den Fahrpreis ausgetauscht hatte, überraschte und mit einem Zungenkuss bedrängte. Ferner beging er eine sexuelle Nötigung nach § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB, als er die Hand der Zeugin mit strammen Griff packte und sie auf sein entblößtes Glied auflegte, so dass es eines gewissen Kraftaufwandes bedurft hätte, um sich aus dem Griff zu befreien. Damit ist ein gewaltsames Handeln im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB hinreichend belegt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2018 – 5 StR 451/18, juris; Senat, Urteil vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 153/02, juris Rn. 12). Die Strafkammer ist ebenfalls rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der durch die Drohung mit der Polizei abgenötigte Oralverkehr den Tatbestand des § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB erfüllt.
42
bb) Hingegen hat sie das Konkurrenzverhältnis der verschiedenen Delikte verkannt. Zwar geht sie im Ansatz zutreffend von natürlicher Handlungseinheit aus. Jedoch hält die Verurteilung wegen tateinheitlicher Begehung einer sexuellen Nötigung und eines sexuellen Übergriffs rechtlicher Prüfung nicht stand. Die verwirklichte sexuelle Nötigung nach § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB verdrängt als Qualifikation die Grundtatbestände der § 177 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (vgl. BT-Drucks. 18/9097, S. 26 f.) und damit die beiden sexuellen Übergriffe nach § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB und § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB, die der Angeklagte im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang kurz zuvor und danach begangen hat, im Wege der Gesetzeskonkurrenz (vgl. BeckOK StGB/Ziegler, aaO, § 177 Rn. 70).
43
cc) Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst ab. § 265 StPO steht nichtentgegen, denn der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
44
3. Die Strafzumessung weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
45
a) Die rechtsfehlerhafte Ausführung der Urteilsgründe, der Angeklagte habe sich im Fall II. 2 der Urteilsgründe wegen sexuellen Übergriffs in Tateinheit mit sexuellem Übergriff nach § 177 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, lässt die Einzelstrafe unberührt. Die Strafkammer hat bei deren Bemessung lediglich das „mehraktige übergriffige Verhalten“ strafschärfend gewertet und damit die quan- titative Steigerung des Unrechtsgehalts, die über eine einfache Gesetzesverletzung hinausgeht, zutreffend abgebildet.
46
b) Gleiches gilt für die unzutreffende Annahme von Tateinheit im Fall II. 4 der Urteilsgründe. Zwar hat die Strafkammer − ausgehend vom Strafrahmen des § 177 Abs. 5 StGB − „die tateinheitliche Verwirklichung mehrerer Varianten des § 177 StGB“ zulasten des Angeklagten berücksichtigt. Da jedoch die mehr- fache Verwirklichung des Tatbestandes auch ohne Annahme von Tateinheit im Rahmen einer natürlichen Handlungseinheit strafschärfend berücksichtigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1996 – 1 StR 707/95, NStZ 1996, 383, 384), schließt der Senat aus, dass das Landgericht angesichts der Nähe zum Regelbeispiel des § 177 Abs. 6 Nr. 1 StGB ohne diesen Rechtsfehler die moderate Einzelstrafe von einem Jahr und zehn Monaten unterschritten hätte.
47
c) Auch das Schweigen der Urteilgründe zum Umfang des Gesamtstrafübels , das infolge der Zäsurwirkung des Urteils des Amtsgerichts Mainz vom 13. März 2017 aus der obligatorischen Bildung von einer Gesamt- und einer zusätzlichen Freiheitsstrafe resultierte und zu erörtern gewesen wäre (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2018 – 1 StR 582/17, juris Rn. 5 mwN; vom 9. August 2011 – 4 StR 367/11, juris Rn. 8), gefährdet den Bestand des Urteils nicht.
48
Der Senat kann ausschließen, dass die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe und der Freiheitsstrafe auf diesem Mangel beruht. Bei der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten hat das Landgericht die Einzelstrafen von acht und neun Monaten für die beiden Fälle zu II. 1 der Urteilsgründe , mit der Einsatzstrafe von einem Jahr und fünf Monaten im Fall II. 2 der Urteilsgründe unter Einbeziehung einer vorbehaltenen Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 € maßvoll zusammengezogen und die im Rahmen der Bewährungsauflage in der einbezogenen Verurteilung erbrachte Zahlung von 100 € hinreichend berücksichtigt. Im Fall II. 4 der Urteilsgründe kann der Senat angesichts der bereits ausgeführten Nähe der Tathandlung zum besonders schweren Fall des § 177 Abs. 6 Nr. 1 StGB und wegen des jugendlichen Opfers ebenfalls ausschließen, dass das Landgericht im Hinblick auf das Gesamtstrafübel eine Einzelstrafe von unter einem Jahr und zehn Monaten verhängt und damit ein Gesamtstrafübel von unter vier Jahren und einem Monat ausgesprochen hätte.
49
4. Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten nach § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Franke Zeng Meyberg Grube Schmidt

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2019 - 2 StR 301/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2019 - 2 StR 301/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2019 - 2 StR 301/18 zitiert 13 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafgesetzbuch - StGB | § 184h Begriffsbestimmungen


Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. sexuelle Handlungen nur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind,2. sexuelle Handlungen vor einer anderen Person nur solche, die vor einer anderen Person vorgenommen

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2019 - 2 StR 301/18 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2019 - 2 StR 301/18 zitiert 16 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2018 - 5 StR 451/18

bei uns veröffentlicht am 12.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 451/18 vom 12. Dezember 2018 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:121218B5STR451.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anh

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2011 - 4 StR 367/11

bei uns veröffentlicht am 09.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 367/11 vom 9. August 2011 in der Strafsache gegen wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführe

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Dez. 2009 - 3 StR 479/09

bei uns veröffentlicht am 01.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 479/09 vom 1. Dezember 2009 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 1. Dezember 2009 gemäß § 34

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Okt. 2002 - 2 StR 153/02

bei uns veröffentlicht am 02.10.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 153/02 vom 2. Oktober 2002 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Oktober 2002, an der teilgenommen haben: Richter am

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Feb. 2018 - 1 StR 582/17

bei uns veröffentlicht am 07.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 582/17 vom 7. Februar 2018 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2018:070218B1STR582.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2011 - 3 StR 78/11

bei uns veröffentlicht am 10.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 78/11 vom 10. Mai 2011 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts -

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2011 - 3 StR 359/11

bei uns veröffentlicht am 17.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 359/11 vom 17. November 2011 in der Strafsache gegen wegen sexueller Nötigung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. November 2011 gemä

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Nov. 2018 - 3 StR 464/18

bei uns veröffentlicht am 14.11.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 464/18 vom 14. November 2018 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer sexueller Nötigung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:141118B3STR464.18.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbund

Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2012 - 2 StR 640/11

bei uns veröffentlicht am 07.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 640/11 vom 7. März 2012 in der Strafsache gegen wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. März 2012, an der teilgenommen ha

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2000 - 4 StR 513/99

bei uns veröffentlicht am 09.03.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 513/99 vom 9. März 2000 in der Strafsache gegen wegen erpresserischen Menschenraubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. März 20

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2010 - 4 StR 92/10

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 92/10 vom 12. Mai 2010 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren sexuellen Missbrauchs einer Widerstandsunfähigen oder besonders schwerer Vergewaltigung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nac

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2000 - 5 StR 323/00

bei uns veröffentlicht am 24.10.2000

5 StR 323/00 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 24. Oktober 2000 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2000 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das U

Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2018 - 2 StR 311/17

bei uns veröffentlicht am 28.03.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 311/17 vom 28. März 2018 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. ECLI:DE:BGH:2018:280318U2STR311.17.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Feb. 2016 - 2 StR 391/15

bei uns veröffentlicht am 10.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 391/15 vom 10. Februar 2016 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:100216B2STR391.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwa

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2015 - 4 StR 262/15

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 262/15 vom 22. Oktober 2015 in der Strafsache gegen wegen Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2015:221015B4STR262.15.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwe

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2015 - 1 StR 488/14

bei uns veröffentlicht am 10.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 488/14 vom 10. Februar 2015 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- StGB § 164 Abs. 1 Falsche Verdächtigung durch den Beschuldigten

Referenzen

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 391/15
vom
10. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:100216B2STR391.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 17. Juni 2015 mit Ausnahme der Entscheidung über den Adhäsionsantrag mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Nötigung, versuchter Nötigung , Bedrohung und Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es aufgrund des Anerkenntnisses des Angeklagten eine Adhäsionsentscheidung zugunsten des Nebenklägers getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte unter Mithilfe von drei weiteren Tätern dem zu diesem Zweck einbestellten Nebenkläger in der Wohnung der Zeugin B. eine Abreibung verpassen. Ca. 15 Minuten vor dem Eintreffen des Nebenklägers erschien überraschend der weitere Geschädigte P. , der aufgrund eines Spontanentschlusses des Angeklagten u.a. unter Verwendung einer Stabtaschenlampe bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen und getreten wurde.
3
Gleiches widerfuhr dem später eintreffenden Nebenkläger, der, als er aus der Bewusstlosigkeit erwachte, den Geschädigten P. wahrnahm, der blutverschmiert auf dem Sofa saß und röchelte. Nunmehr verlangte der Angeklagte von dem Nebenkläger aufzustehen und sich gerade hinzustellen, woraufhin er diesem einen Kopfstoß versetzte. Beide Geschädigten mussten dann ihre Jacken ausziehen und entleeren. Sowohl der Angeklagte als auch seine Mittäter nahmen diverse Gegenstände an sich. Abschließend forderte der Angeklagte den Geschädigten P. auf, A. noch in derselben Nacht zu verlassen, wenn ihm sein Leben lieb sei.

II.

4
Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
1. Die Urteilsgründe müssen so abgefasst werden, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen der abgeurteilten Taten zuzuordnen sind und diese ausfüllen können (vgl. Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 281 ff.). Hier ist den Gründen einschließlich der rechtlichen Würdigung im Gesamtzusammenhang gerade noch hinreichend zu entnehmen, welche Handlungen als Straftaten der Angeklagten abgeurteilt sind.
6
2. Fehlerhaft sind hingegen die Konkurrenzerwägungen der Strafkammer , die insoweit ausgeführt hat, das gesamte Tathandeln des Angeklagten erscheine von einem einheitlichen Willen getragen und aufgrund seines räumlich -zeitlichen Zusammenhangs derart eng miteinander verbunden, dass das gesamte Tätigwerden des Angeklagten bei natürlicher Betrachtungsweise als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheine, weshalb eine natürliche Handlungseinheit anzunehmen sei.
7
So beruhen die vorausgeplanten Misshandlungen des Nebenklägers und das Zusammenschlagen des unerwartet und zufällig 15 Minuten zuvor erschienenen Geschädigten P. schon nicht auf einem einheitlichen Tatentschluss. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen und deren Verletzung einer additiven Betrachtungsweise, wie sie etwa der natürlichen Handlungseinheit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift daher der Täter einzelne Menschen – wie hier – nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - 4 StR 262/15; Urteil vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 195/05, NStZ 2006, 284, 286 mwN). Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des Täters nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff, willkürlich und gekünstelt erschiene (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 aaO, vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2000 - 5 StR 323/00, NStZ-RR 2001, 82).
8
Hier liegt ein außergewöhnlich enger zeitlicher und situativer Zusammenhang , wie ihn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise zur Begründung einer natürlichen Handlungseinheit in Fällen der vorliegenden Art heranzieht, nicht vor.
9
3. Darüber hinaus hat die Strafkammer verkannt, dass die ausgeurteilte Bedrohung hinter der durch die gleiche Handlung verwirklichten versuchten Nötigung zurücktritt (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 241 Rn. 7).
10
4. Der Senat kann auch nicht ausschließen, dass der Angeklagte im vorliegenden Fall durch die rechtsfehlerhafte Annahme von Tateinheit jeweils beschwert ist. So hat das Landgericht bei seiner Strafzumessungsentscheidung einen minder schweren Fall des § 224 StGB u.a. mit der Begründung abgelehnt , durch die Tat seien gleichzeitig zwei Geschädigte verletzt worden. Zudem seien durch die Tat weitere Straftatbestände verwirklicht worden, so u.a. eine versuchte Nötigung und eine Bedrohung.
11
5. Der Adhäsionsausspruch bleibt bestehen, weil der Angeklagte die geltend gemachte Schadens- und Schmerzensgeldansprüche anerkannt hat (§ 406 Abs. 2 StPO) und die Wirksamkeit des Anerkenntnisses von ihm nicht in Frage gestellt worden ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Oktober 2013 - 4 StR 364/13 und vom 2. Februar 2006 - 4 StR 570/05, NJW 2006, 1890, 1891).
12
6. Für die neue Verhandlung und Entscheidung verweist der Senat, was eine eventuell zu treffende Bewährungsentscheidung anbelangt, auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Im Übrigen wird die Strafkammer ge- gebenenfalls zu prüfen haben, ob eine für den am 11. April 2015 von dem Angeklagten verübten Ladendiebstahl eventuell bereits verhängte Strafe gesamtstrafenfähig wäre. Fischer Appl Ott Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 262/15
vom
22. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:221015B4STR262.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. Oktober 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 2. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Totschlags in Tateinheit mit versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Chemnitz zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung sowie wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Es hat ferner Maßnahmen nach §§ 69, 69a StGB ange- ordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er allgemein die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt, dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen hat, ihm vor Ablauf von einem Jahr und sechs Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen, hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht ergeben.

II.


3
Die Verurteilung wegen Totschlags in Tateinheit mit versuchtem Totschlag sowie mit gefährlicher Körperverletzung begegnet jedoch in zweifacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Insoweit hat das Landgericht folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
5
1. Vor dem Hintergrund erheblicher Beziehungsprobleme entschloss sich die Ehefrau des Angeklagten, das spätere Tatopfer K. W. , im Mai 2014, ihren Mann zu verlassen und mit der gemeinsamen Tochter zu ihren Eltern zu ziehen. Daraufhin bedrohte der Angeklagte, der sich mit der Trennung nicht abfinden wollte, seine Ehefrau in Telefongesprächen und per SMS mehrfach mit dem Tode, was ein polizeiliches Annäherungs- und Kontaktverbot zur Folge hatte. Zwei Tage später erschien der Angeklagte, der in seiner Wohnung einen an seine Ehefrau und seine Tochter gerichteten Abschiedsbrief mit einer Suizidankündigung hinterlassen hatte, gegen 19.00 Uhr mit einer scharfen Langwaffe vom Kaliber .22 Long Rifle 284 auf dem Anwesen seiner Schwiegereltern, wohin sich seine Ehefrau mit der gemeinsamen Tochter in der Zwischenzeit geflüchtet hatte.
6
Mit den Worten: „Jetzt hab‘ ich euch alle und wo ist K. , wo ist K. “ durchsuchte der Angeklagte, der das Haus seiner Schwiegereltern mit der Waffe in der Hand durch die Terrassentür betreten hatte, verschiedene Räume nach seiner Ehefrau. Den Versuch seiner Schwiegermutter M. W. , mit dem Festnetztelefon einen Notruf abzusetzen, verhinderte der Angeklagte durch Herausreißen des Telefonkabels, begleitet von dem Ausruf: „Ich knall dich nieder, wo ist K. , wo ist K. ?“ Der Angeklagte fand schließlich im Haus seine Ehefrau; diese flüchtete, verfolgt vom Angeklagten, hilfeschreiend auf eine angrenzende Wiese. Als der Angeklagte sie erreichte und das Gewehr auf sie richtete, ging sie vor ihm zu Boden. Er trat ihr in den Rücken und in die Seite und schrie sie mit den Worten an: „Ich knall dich ab“. M. W. trat dazwischen , ergriff kurzzeitig das Gewehr des Angeklagten, konnte es diesem jedoch nicht entwinden. Aus Angst, vom Angeklagten erschossen zu werden, der während des Gerangels um das Gewehr gerufen hatte: „Hau ab, ich knall‘ dich nieder“, lief M. W. zum Hauseingang zurück, von wo aus sie dem Angeklagten zurief, er solle ihre Tochter nicht erschießen. Hierauf reagierte der Angeklagte, indem er mit dem Gewehr aus der Hüfte schießend zweimal in Richtung seiner Schwiegermutter feuerte, die dadurch einen Einschuss im linken Oberschenkel erlitt. Nach dem Treffer begab sie sich unverzüglich ins Haus, um die blutende Schusswunde zu versorgen. Nunmehr richtete der Angeklagte das Gewehr erneut auf die im Gras vor ihm kauernde K. W. und trat mehrfach auf diese ein. Aufforderungen der inzwischen eingetroffenen und hinter ihrem Einsatzfahrzeug in Deckung gegangenen Polizeibeamten, das Gewehr fallen zu lassen, leistete der Angeklagte keine Folge. Nachdem seine Ehefrau in der Hoffnung auf Hilfe durch die Polizeibeamten aufgesprungen und in deren Richtung gelaufen war, erhob sich der Angeklagte und schoss seiner flüchtenden Ehefrau aus einer Entfernung von fünf bis maximal zehn Metern in den Rücken, woraufhin diese zu Boden ging. Der Angeklagte lud sein Gewehr sofort wieder, begab sich hinter einem Betonmast in Deckung und gab aus einer Entfernung von etwa 80 Metern mindestens einen gezielten Schuss auf das Polizeifahrzeug ab. Das Projektil traf die Beifahrertür des Fahrzeugs und blieb dort stecken. Der Angeklagte zog sich zum Haus seiner Schwiegereltern zurück; ein von da abgegebener weiterer Schuss aus seiner Waffe in Richtung des Polizeifahrzeugs blieb ohne Wirkung. Daraufhin setzte sich der Angeklagte in seinen auf einem Nachbargrundstück abgestellten Pkw und entfernte sich. Während seiner Flucht kündigte er Arbeitskollegen gegenüber telefonisch an, er werde sich nunmehr erschießen.
7
K. W. verstarb noch am Tatort an den Folgen der Schussverletzung. Die Schusswunde ihrer Mutter musste operativ versorgt werden.
8
2. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte sei vom Versuch des Totschlags (in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) zum Nachteil der Geschädigten M. W. nicht strafbefreiend zurückgetreten. Ein strafbefreiender Rücktritt komme schon deswegen nicht in Betracht, weil der Versuch des Totschlags fehlgeschlagen sei. Nachdem die Geschädigte unmittelbar nach dem Schuss des Angeklagten in das Haus gegangen und sich somit aus dem Schussfeld des Angeklagten entfernt habe, habe der Angeklagte den Taterfolg mit den eingesetzten und zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreichen können, ohne eine ganz neue Handlungskette in Gang setzen zu müssen. Das Mordmerkmal des Ermöglichens einer Straftat (§ 211 StGB) sei zu verneinen , da das bewusstseinsdominante Motiv des Angeklagten nicht die Tötung seiner Schwiegermutter beinhaltet habe, sondern lediglich ihre Ausschaltung als Störfaktor seines eigentlichen Tatplans, seine Ehefrau und dann sich selbst zu töten. Hinsichtlich der Schüsse des Angeklagten auf seine Ehefrau, seine Schwiegermutter und die Polizeibeamten ist die Strafkammer von Tateinheit (§ 52 StGB) ausgegangen, weil das Handeln des Angeklagten insgesamt von seinem Tatplan getragen gewesen sei, seine Ehefrau und danach sich selbst zu töten. Nachdem der Angeklagte unter Ausschaltung seiner Schwiegermutter seine Ehefrau getötet habe, habe er sich nicht ergeben, sondern die Flucht angetreten. Sein Fluchtverhalten sei bis zur Festnahme von suizidalen Gedanken gestaltet gewesen.

II.


9
1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe schon deshalb nicht strafbefreiend vom Versuch zurücktreten können, weil dieser fehlgeschlagen sei, wird von den Feststellungen und der Beweiswürdigung nicht getragen.
10
a) Ein fehlgeschlagener Versuch liegt vor, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält, wobei es auf die Tätersicht nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung ankommt. Erkennt der Täter zu diesem Zeitpunkt oder hat er eine entsprechende subjektive Vorstellung dahin, dass es zur Herbeiführung des Erfolges eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 4 StR 326/04, NStZ 2005, 263, 264; Urteil vom 8. Februar 2007 – 3 StR 470/06, NStZ 2007, 399). Ob – anderenfalls – der strafbefreiende Rücktritt allein schon durch das Unterlassen weiterer Tathandlungen (unbeendeter Versuch) oder durch Verhinderung der Tatvollendung (beendeter Versuch) erreicht werden kann, bestimmt sich ebenfalls allein nach der subjektiven Sicht des Täters nach Abschluss seiner letzten Ausführungshandlung, also danach, ob er nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges für möglich hält oder sich – namentlich nach besonders gefährlichen Gewalthandlungen, die zu schweren Verletzungen geführt haben – keine Vorstellung über die Folgen seines Handelns macht (BGH, Urteil vom 8. Februar 2007 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 22. Oktober 2015 – 4 StR 133/15; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 24 Rn. 15, 15a mwN).
11
b) Die Strafkammer hat festgestellt, dass sich das Tatopfer M. W. in das Haus begeben und somit aus dem Schussfeld des Angeklagten entfernt hatte. Sie hat daher angenommen, dass dieser den Taterfolg mit den eingesetzten und zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreichen konnte, ohne eine ganz neue Handlungskette in Gang setzen zu müssen. Die Urteilsgründe lassen indes nicht erkennen, dass das Landgericht insoweit auf die – allein maßgebliche – Sicht des Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung abgestellt hat. Vielmehr trifft das Landgericht zur Vorstellung des Angeklagten nach Abschluss der Ausführungshandlung, also nach Schussabgabe , keinerlei Feststellungen. Ob der Angeklagte mitbekam, dass die durch seinen Schuss Verletzte handlungsfähig geblieben war, bleibt ebenso offen wie die Frage, ob und gegebenenfalls welche Schlüsse der Angeklagte hieraus hinsichtlich des möglichen Todes seines Opfers gezogen und ob er den Tötungsvorsatz endgültig aufgegeben hatte.
12
2. Auch die Annahme von Tateinheit zwischen dem vollendeten Tötungsdelikt zum Nachteil der Ehefrau des Angeklagten sowie dem versuchten Tötungsverbrechen zum Nachteil seiner Schwiegermutter begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen und deren Verletzung einer additiven Betrachtungsweise, wie sie etwa der natürlichen Handlungseinheit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift daher der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen , so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen (vgl. nur BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 – 1 StR 195/05, NStZ 2006, 284 mwN). Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des Täters nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff willkürlich und gekünstelt erschiene (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 aaO; vgl. auch Beschluss vom 24. Oktober 2000 – 5 StR 323/00, NStZ-RR 2001, 82). So liegt der Fall hier jedoch nicht.
14
b) Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil lag zwischen dem Schuss auf M. W. und dem auf ihre Tochter eine Zeitspanne von acht Minuten. Während das erste Opfer des Angeklagten, die Geschädigte M. W. , nach dem ersten Schuss aus dem Sichtfeld des Angeklagten verschwunden war, kauerte die Ehefrau des Angeklagten weiterhin vor ihm im Gras, während er sie durch Tritte misshandelte. Der Angeklagte bemerkte ferner , dass die alarmierten Polizeibeamten hinter ihrem Dienstfahrzeug in Stellung gingen. Er wurde von ihnen mehrfach aufgefordert, seine Waffe wegzulegen. Das Aufspringen und Weglaufen seiner Ehefrau in Richtung der Polizeibeamten geschah für den Angeklagten plötzlich und unerwartet unmittelbar vor der Schussabgabe. Danach liegt ein außergewöhnlich enger zeitlicher und situativer Zusammenhang, wie ihn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise zur Begründung einer natürlichen Handlungseinheit in Fällen der vorliegenden Art heranzieht, eher fern.
15
c) Der Senat kann auch nicht ausschließen, dass der Angeklagte im vorliegenden Fall durch die rechtsfehlerhafte Annahme von Tateinheit ausnahmsweise beschwert ist.
16
Die Strafkammer hat für ihre Bewertung der Tat zum Nachteil derK. W. als besonders schwerer Fall des Totschlags im Sinne des § 212 Abs. 2 StGB maßgeblich auf den besonders engen Zusammenhang zwischen beiden Handlungen abgestellt, der dem Gesamtgeschehen ein besonderes Gepräge verleihe und das Verschulden des Angeklagten als außergewöhnlich groß erscheinen lasse. Das Zurückbleiben der Tat hinter den Mordmerkmalen des § 211 StGB werde durch ein Mehr an Verwerflichkeit ausgeglichen, weil der Angeklagte „sich durch nichts und niemanden“ vonseinem Vorhaben habe ab- bringen lassen und die Tötung von M. W. – und die eines Polizei- beamten – in Kauf genommen habe, um diese als Hindernis bei der Verwirk- lichung seines Tötungsvorhabens hinsichtlich seiner Ehefrau „aus dem Weg zu räumen“.

III.


17
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
18
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Annahme eines besonders schweren Falles des Totschlags im Sinne des § 212 Abs. 2 StGB, was das Landgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat, voraus, dass das in der Tat zum Ausdruck kommende Verschulden des Täters außergewöhnlich groß ist. Es muss ebenso schwer wiegen wie das eines Mörders. Hierfür genügt nicht schon die bloße Nähe der die Tat kennzeichnenden Umstände zu einem gesetzlichen Mordmerkmal. Es müssen vielmehr schulderhöhende Momente hinzutreten, die besonders gewichtig sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Mai 1982 – 1 StR 77/82, NJW 1982, 2264, 2265; Urteil vom 3. Dezember 1980 – 3 StR 403/80, NStZ 1981, 258, 259).
19
Für den Fall, dass nach dem Ergebnis der neuen Verhandlung ein strafbefreiender Rücktritt vom versuchten Tötungsdelikt zum Nachteil der M. W. zu bejahen sein sollte, wird in diesem Zusammenhang aber zu bedenken sein, dass der auf die versuchte Tat gerichtete Vorsatz sowie ausschließlich darauf bezogene Tatbestandsverwirklichungen nicht strafschärfend berücksichtigt werden dürfen. Diese Einschränkung gilt indes nicht für Umstände, die sich auf das Tatgeschehen insgesamt beziehen und den Unrechts- und Schuldgehalt auch des vollendeten Delikts charakterisieren (BGH, Urteil vom 14. Februar 1996 – 3 StR 445/95, BGHSt 42, 43, 45 f. mwN).
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Bender
48
a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nimmt eine natürliche Handlungseinheit, die mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Einheit im Rechtsinne verbinden kann, an, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (BGH, Urteile vom 30. November 1995 - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368; vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16 [in NStZ-RR 2010, 140 f. nur LS], vom 8. Februar 2012 - 1 StR 427/11, NStZ-RR 2012, 241, 242 f.; Fischer aaO Vor § 52 Rn. 3 mwN). Richten sich die Handlungen des Täters bzw. Tatbeteiligten - wie hier - gegen höchstpersönliche Rechtsgüter der Opfer, ist die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sie liegt aber regelmäßig nicht nahe (BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16). In solchen Konstellationen können unterschiedliche Handlungen regelmäßig weder durch ihre Aufeinanderfolge noch durch einen einheitlichen Plan oder Vorsatz zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Aufspaltung des Tatgeschehens in Einzelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges willkürlich oder gekünstelt erschiene (BGH aaO mwN).
5 StR 323/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. Oktober 2000
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2000

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 24. Januar 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe (statt Gesamtfreiheitsstrafe ) von acht Jahren verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren (Einzelstrafen: sechs Jahre) verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat lediglich in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Das Vorgehen des Angeklagten ist entgegen der Auffassung des Landgerichts als eine einzige Tat im Rechtssinne, nicht als zwei in Tatmehrheit stehende Taten zu bewerten. Nach der Rechtsprechung kann eine natürliche Handlungseinheit ausnahmsweise auch dann vorliegen, wenn es um die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechtsgüter verschiedener Personen geht. Die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit ist in derartigen Fällen dann gerechtfertigt, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene (BGHR StGB vor § 1/natürliche Handlungseinheit – Entschluß, einheitlicher 1 und 9). Ein solcher Ausnahmefall kann namentlich bei mehreren Schüssen auf zwei Personen innerhalb weniger Sekunden ohne jegliche zeitliche Zäsur vorliegen (BGHR vor § 1/natürliche Handlungseinheit – Entschluß, einheitlicher 2 und 5).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Nach den Feststellungen feuerte der Angeklagte im Abstand von wenigen Sekunden „ohne Vorwarnung aus einer Nahdistanz von ungefähr einem Meter in Combatschützenstellung , beide Hände an der Waffe, leicht zusammengekauert je einmal in Richtung Bauch-Brustbereich auf die Zeugen K und T , die bei seinem erneuten Eintreffen von ihren Plätzen aufgestanden waren. Danach lief er aus dem Lokal ...“ (UA S. 11). Daß er nach dem ersten Schuß einen Stellungswechsel vornahm oder aufgrund eines neu gefaßten Entschlusses handelte, ist nicht festgestellt und nach der Sachlage auch nicht feststellbar. Insbesondere belegen die vom Generalbundesanwalt herangezogenen Urteilsausführungen zur rechtlichen Würdigung (UA S. 59) nicht, daß der Angeklagte entgegen den eindeutigen Feststellungen zum Sachverhalt nach dem ersten Schuß die Combatschützenstellung wechselte und eine andere Schußhaltung einnahm.
Die Vorschrift des § 265 StPO steht der Ä nderung des Schuldspruchs nicht entgegen; der Angeklagte hätte sich gegen den Vorwurf, die Delikte tateinheitlich begangen zu haben, nicht anders als geschehen verteidigen können. Die Ä nderung des Schuldspruchs zieht den Wegfall der Einzelstrafen nach sich. Die von der Strafkammer festgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe kann aber als Einzelstrafe bestehen bleiben. Das Unrecht der Tat und die Schuld des Angeklagten werden nämlich durch die geänderte rechtliche Bewertung der Konkurrenzverhältnisse nicht berührt (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Februar 2000 – 2 StR 615/99 – m.w.N.).
Harms Basdorf Tepperwien Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 513/99
vom
9. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. März 2000 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 12. Februar 1999, soweit er und der Mitangeklagte A. verurteilt worden sind, 1. bezüglich des Angeklagten D.
a) zur Klarstellung hinsichtlich der Verurteilung im Fall II 2 d der Urteilsgründe dahin neu gefaßt, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 -) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt ist;
b) im Schuldspruch in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung, schuldig ist;
c) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Freiheitsstrafen und über die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten mit den Feststellungen aufgehoben. 2. bezüglich des Mitangeklagten A.
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in dem weiteren Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, sowie der Körperverletzung in zwei Fällen schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 b und d verhängten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten D. "der Vergewaltigung in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in den anderen Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, davon wiederum in einem Fall tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung begangen" schuldig gesprochen und ihn "unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 - ) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten" verurteilt. Den Mitangeklagten A. , der keine Revision eingelegt hat, hat es "der Vergewaltigung in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub, in den anderen zwei Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, außerdem der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen", schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verhängt. Von dem Vorwurf des Menschenhandels sind die Angeklagten freigesprochen worden.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte D. die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Revision hat mit der Sachbeschwerde teilweise Erfolg und ist insoweit gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten A. zu erstrecken; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:


a) Auch die Ablehnungsrüge (§§ 24, 338 Nr. 3 StPO) greift im Ergebnis nicht durch. Allerdings beanstandet der Angeklagte entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zu Recht, daß sein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden und einen der beisitzenden Richter als unzulässig (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 StPO) verworfen wurde, denn er hat die Ablehnung, nachdem ihm die Umstände, auf die er sie gestützt hat, bekanntgeworden waren, unverzüglich geltend gemacht (§ 25 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Beschwerdeführer hat nämlich das Ablehnungsgesuch nicht allein damit begründet, daß die abgelehnten Richter mit den ihm in der Anklage zur Last gelegten Taten zum Nachteil der Prostituierten Aurelia Av. und Oksana P. bereits in dem Verfahren befaßt waren, in dem sein Bruder Arben unter anderem wegen Vergewaltigung dieser Frauen verurteilt wurde. Vielmehr hat er darüberhinaus geltend gemacht , daß die Kammer in jenem Verfahren Feststellungen auch zu den gegen den Beschwerdeführer und den Mitangeklagten A. erhobenen Vorwürfen getroffen und hierzu in den Urteilsgründen unter anderem ausgeführt hatte, sie sei ”fest davon überzeugt,” daß die als Zeuginnen vernommenen Tatopfer ”generell glaubwürdig” und ihre Angaben glaubhaft seien. Von dem Inhalt der Urteilsgründe hatte der Angeklagte, wie in dem Gesuch glaubhaft gemacht worden ist, aber erst unmittelbar vor der Verhandlung am 3. Dezember 1998 Kenntnis erlangt, zu deren Beginn das Ablehnungsgesuch angebracht wurde.
Das Ablehnungsgesuch war jedoch nicht begründet. Die Vorbefassung mit demselben Sachverhalt liefert grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 24 Rdn. 13 m. w. N.), und zwar auch dann nicht, wenn die Schilderung des Tatgeschehens in dem früheren Urteil – wie hier – auch noch nicht
angeklagte Beteiligte einschließt. Die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter aufgrund ihrer Ä ußerungen in dem früheren Urteil wäre nur dann begründet, wenn diese Ä ußerungen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten hätten (vgl. BGH aaO m. N.). Das ist jedoch hier nicht der Fall.
Die Einbeziehung auch der hier abgeurteilten Taten in die Schilderung der in dem früheren Verfahren abgeurteilten Tat zum Nachteil derselben Tatopfer war aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im einzelnen dargelegten Gründen sachlich geboten. Allerdings können die zahlreichen Hinweise in dem früheren Urteil auf die Überzeugung des Gerichts (”fest davon überzeugt”, ”der festen Überzeugung” und ”keinerlei Zweifel”), die zur Darlegung einer den Anforderungen des § 261 StPO genügenden Überzeugungsbildung (vgl. BGH NStZ 1988, 236 und Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 261 Rdn. 2 m.N.) nicht erforderlich waren (vgl. BGH, Beschluß vom 28. Juli 1998 – 4 StR 293/98), für sich genommen Anlaß zu Mißdeutungen geben. Sie waren hier aber vor allem auch im Hinblick auf den Umfang der an den vorangegangenen Sitzungstagen bereits durchgeführten Beweisaufnahme nicht geeignet, zu dem Zeitpunkt der Anbringung des Ablehnungsgesuches am zehnten Sitzungstage aus der Sicht eines verständigen Angeklagten die Annahme zu begründen , daß die abgelehnten Richter in dem früheren Verfahren bereits eine endgültige Überzeugung von der Schuld des Beschwerdeführers gewonnen hatten (vgl. BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 11), zumal bereits in der Terminsverfügung vom 2. Oktober 1998 (Bd. III Bl. 551 d.A.) die Ladung von 18 Zeugen angeordnet worden war und die Hauptverhandlung, die am 27. Oktober 1998 begonnen hatte und für die zunächst 24 Sitzungstage vorgesehen waren, erst am 12. Februar 1999 abgeschlossen wurde.


b) Die Verwertung der Ergebnisse der Wahlgegenüberstellungen, die das Landgericht in der Hauptverhandlung durchgeführt hat und außerhalb der Hauptverhandlung hat durchführen lassen, ist weder verfahrens- noch sachlichrechtlich zu beanstanden. Der Senat weist jedoch darauf hin, daß Wahlgegenüberstellungen in der Hauptverhandlung entbehrlich sind, wenn bereits im Ermittlungsverfahren Wahllichtbildvorlagen oder Wahlgegenüberstellungen durchgeführt worden sind (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 58 Rdn. 13). Zudem dürfte eine sukzessive (sequentielle) Gegenüberstellung, bei welcher der Zeuge jeweils nur eine Person sieht, ihm aber nacheinander mehrere Personen gezeigt werden (vgl. Mertn/Schwarz/Walser Kriminalistik 1998, 421), einer Wahlgegenüberstellung (vgl. RiStBV 18 Satz 1) vorzuziehen sein.
2. Die Sachbeschwerde führt zur Ä nderung des den Angeklagten D. betreffenden Schuldspruchs in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe und zur Aufhebung der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen sowie der aus diesen Strafen gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe, weil das Landgericht insoweit das Konkurrenzverhältnis rechtsfehlerhaft beurteilt und Tatmehrheit angenommen hat.

a) Nach den Feststellungen veranlaßten die Angeklagten den Betreiber eines Bordells, ihnen die Prostituierten Oksana P. und Aurelia Av. zu übergeben. Der Angeklagte A. brachte die Frauen in die Wohnung der Angeklagten und sperrte sie dort gemeinsam mit dem Angeklagten D. in der Zeit vom 24. August 1997, 8.00 Uhr, bis zum 28. August 1997 ein. Der Angeklagte D. zwang Oksana P. in vier Fällen mit ihm (II 3 a, e, f und j der Urteilsgründe) und in einem weiteren, nach § 154 Abs. 2 StPO von der Verfol-
gung ausgenommenen Fall mit einem Italiener den Geschlechtsverkehr auszuführen. Beide Frauen wurden in Gegenwart der Angeklagten von dem Bruder des Angeklagten D. v ergewaltigt. Nachdem der Angeklagte A. Aurelia Av. zum Geschlechtsverkehr mit ihm (Fälle II 3 b und d der Urteilsgründe) und in einem weiteren, ebenfalls von der Verfolgung ausgenommenen Fall mit einem Albaner gezwungen hatte, zwang sie am 25. August 1997 der Angeklagte D. zum Oral- und Vaginalverkehr (II 3 h der Urteilsgründe). Der Angeklagte D. war sich bewußt, ”daß die beiden Frauen in der Wohnung eingesperrt waren und sich damit in einer hilflosen Lage befanden, in der sie beiden Angeklagten schutzlos ausgeliefert waren”. Dies nutzte er in allen Fällen aus, um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Im ersten der Fälle versetzte der Angeklagte Oksana P. zudem mehrere mit großer Wucht ausgeführte Faustschläge gegen den Kopf, um ihren Widerstandswillen zu brechen. Danach ging er davon aus, daß er ”nicht erneut zuschlagen mußte, weil der Widerstandswille der Frau infolge seiner früheren Gewalttätigkeiten gebrochen war.” In dem letzten der Fälle ging er ”zutreffender Weise davon aus, daß P. der Av. von den Schlägen erzählt bzw. daß Av. die Schläge und Schreie selbst gehört hatte.”
Dieser der Verurteilung des Angeklagten D. wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und in einem Fall mit Körperverletzung zugrundeliegende Geschehensablauf vermag die Annahme rechtlich selbständiger Taten nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist der Geschehensablauf als eine Tat im Sinne des sachlichen Rechts aufzufassen, weil die von dem Angeklagten erzwungenen Sexualakte eine einheitliche Handlung bilden:
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein das mehrfache Ausnutzen derselben schutzlosen Lage z ur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs zur Annahme nur einer Tat führen kann (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Juli 1999 – 1 StR 216/99). Hier liegt den Vergewaltigungen, auf die das Landgericht zutreffend § 177 Abs. 1, 2 Satz 2 Nr.1 StGB i.d.F. des 33. StrÄ ndG angewendet hat, jedenfalls soweit es die als Tatmittel angewendete Gewalt betrifft, ein einheitliches Tun des Angeklagten D. zugrunde. Neben der Freiheitsberaubung, in der hier eine Gewaltanwendung im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB liegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10), die der Angeklagte in allen Fällen als Nötigungsmittel einsetzte, wirkte auch die im ersten Fall vom Angeklagten ausgeübte massive körperliche Gewalt während des gesamten Tatgeschehens fort, was der Angeklagte in den nachfolgenden Fällen ebenfalls ausnutzte. Der Annahme einer fortwirkenden Gewaltanwendung steht hier entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht entgegen, daß sich das Tatgeschehen über mehrere Tage erstreckte und daß es durch Straftaten anderer zum Nachteil der Tatopfer ”unterbrochen” wurde. Diese Taten bilden schon deshalb keine Zäsur, die zur Annahme rechtlich selbständiger Taten führt, weil sie durch die schutzlose Lage der Frauen ermöglicht wurden und der Angeklagte D. Oksana P. zudem in einem der nicht abgeurteilten Fälle zu dem Geschlechtsverkehr mit einem Italiener unter Ausnutzung dieser Lage gezwungen hat. Im übrigen ist, da zur zeitlichen Einordnung der Vorfälle keine sicheren Feststellungen getroffen werden konnten, zugunsten des Angeklagten D. davon auszugehen, daß das Tatgeschehen, soweit es die erzwungenen sexuellen Handlungen betrifft, in der Nacht vom 25. zum 26. August 1997 beendet war, so daß ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist.
Der Angeklagte D. hat danach in allen Fällen, soweit es die angewendete Gewalt betrifft, dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Handlung im Rechtssinne vorliegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10, jew. m. N.). Soweit es gegenüber Oksana P. zu mehreren sexuellen Handlungen kam, liegt daher nur eine Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (vgl. BGH NStZ 1999, 83) und mit Körperverletzung vor. Hierzu stehen die durch dieselbe Handlung zum Nachteil von Aurelia Av. begangenen Delikte (Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) in Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. September 1997 – 4 StR 377/97 und vom 16. November 1999 – 4 StR 504/99). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte hiergegen nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

b) Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten zur Folge.

c) Soweit der Angeklagte im Fall II 2 d wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem erpresserischem Menschenraub wegen der Zäsurwirkung der einbezogenen Vorverurteilung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt worden ist, faßt der Senat den diese Tat betreffenden Schuld- und Strafausspruch zur Klarstellung der Zuordnung dieser Strafe neu. 3. Die Revision ist, soweit der Mitangeklagte A. in den Fällen II 3 b und d wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt worden ist, wegen der insoweit gegebenen Identität der
Tat (vgl. Kuckein in KK/StPO 4. Aufl. § 357 StPO Rdn. 8) gemäß § 357 StPO auf diesen zu erstrecken.
Der Angeklagte A. hat den Geschlechtsverkehr mit Aurelia Av. , und zwar - wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist – an demselben Tage, jeweils unter Ausnutzung der in der Freiheitsberaubung liegenden Gewaltanwendung erzwungen und insoweit dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Zu der Vergewaltigung steht die Freiheitsberaubung zum Nachteil beider geschädigter Frauen in Tateinheit. Der Senat hat den Schuldspruch in den genannten Fällen entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der beiden diese Fälle betreffenden Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

6
b) Auch wenn die Strafkammer mit insoweit rechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese vom Angeklagten mit zumindest bedingtem Körperverletzungsvorsatz ausgeführte Handlung nicht von dem Einverständnis der Nebenklägerin mit sexuellen Handlungen mit dem Angeklagten gedeckt war, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Annahme , dass der Angeklagte die Nebenklägerin, sofern sie nicht widerstandsunfähig im Sinne des § 179 Abs. 1 StGB gewesen ist, jedenfalls im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB mit Gewalt zur Duldung der sexuellen Handlung genötigt hat. Nach den bisherigen Feststellungen ist vielmehr nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte die Nebenklägerin bei der Vornahme einverständlicher sexueller Handlungen mit der die schweren Verletzungen herbeiführenden Handlung überrascht hat, so dass die Nebenklägerin einen Abwehrwillen nicht hat bilden können. Eine solche sexuelle Handlung erfüllt den Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB auch dann nicht, wenn der Täter dabei zugleich Gewalt anwendet (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1982 - 2 StR 669/81, BGHSt 31, 76 zu § 178 StGB a.F.). Nach dieser vom Landgericht nicht ausgeschlossenen Sachverhaltsvariante kommt aber in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes nur eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung, möglicherweise - was das Landgericht nicht erkennbar geprüft hat – wegen einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

7
Weiterhin muss der Täter das Ausgeliefertsein des Opfers dazu ausnutzen , dieses zur Duldung oder Vornahme sexueller Handlungen zu nötigen. Dies bedeutet, dass er die tatsächlichen Voraussetzungen der Schutzlosigkeit auch als Bedingung für das Erreichen seiner sexuellen Handlungen erkennen muss, so dass der subjektive Tatbestand zumindest bedingten Vorsatz dahin voraussetzt , dass das Opfer in die sexuellen Handlungen nicht einwilligt und dass es gerade wegen seiner Schutzlosigkeit auf einen grundsätzlich möglichen Wider- stand verzichtet, das Opfer also die Handlungen nur wegen seiner Schutzlosigkeit vornimmt oder geschehen lässt (vgl. Fischer aaO Rdn. 53).
8
Der Tatbestand setzt im Übrigen voraus, dass sich das Opfer in einer Lage befindet, in der es möglichen nötigenden Gewalteinwirkungen des Täters schutzlos ausgeliefert ist. Hierfür kommt es auf eine Gesamtwürdigung aller tatbestandsspezifischer Umstände an, die in den äußeren Gegebenheiten, in der Person des Opfers oder des Täters vorliegen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2006 - 2 StR 345/05, BGHSt 50, 359, 362 f.). Neben den äußeren Umständen, wie etwa die Einsamkeit des Tatortes und das Fehlen von Fluchtmöglichkeiten, kann auch die individuelle Fähigkeit des Opfers, in der konkreten Situation mögliche Einwirkungen abzuwehren, wie zum Beispiel eine stark herabgesetzte Widerstandsfähigkeit aufgrund geistiger oder körperlicher Behinderung, von Bedeutung sein (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 177 Rn. 27 f.). Diese spezifische Schutzlosigkeit gegenüber nötigenden Gewalteinwirkungen des Täters muss ferner eine Zwangswirkung auf das Opfer dahin entfalten, dass es aus Angst vor Körperverletzungs- oder gar Tötungshandlungen einen - ihm grundsätzlich möglichen - Widerstand unterlässt und entgegen seinem eigenen Willen sexuelle Handlungen vornimmt oder duldet (BGH aaO 365 f.; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 3 StR 401/10, NStZ-RR 2011, 116). Der Täter muss das Ausgeliefertsein des Opfers dazu ausnutzen, dieses zur Duldung oder Vornahme sexueller Handlungen zu nötigen. Dies bedeutet, dass er die tatsächlichen Voraussetzungen der Schutzlosigkeit auch als Bedingung für das Erreichen seiner sexuellen Handlungen erkennen muss, so dass der subjektive Tatbestand zumindest bedingten Vorsatz dahin voraussetzt, dass das Opfer in die sexuellen Handlungen nicht einwilligt und dass es gerade wegen seiner Schutzlosigkeit auf einen grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet, das Opfer also die Handlungen nur wegen seiner Schutzlosigkeit vornimmt oder geschehen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2009 - 3 StR 479/09, NStZ 2010, 273; Fischer aaO Rn. 53).
6
Weiterhin muss der Täter das Ausgeliefertsein des Opfers dazu ausnutzen , dieses zur Duldung oder Vornahme sexueller Handlungen zu nötigen. Dies bedeutet, dass er die tatsächlichen Voraussetzungen der Schutzlosigkeit auch als Bedingung für das Erreichen seiner sexuellen Handlungen erkennen muss, so dass der subjektive Tatbestand zumindest bedingten Vorsatz dahin voraussetzt , dass das Opfer in die sexuellen Handlungen nicht einwilligt und dass es gerade wegen seiner Schutzlosigkeit auf einen grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet, das Opfer also die Handlungen nur wegen seiner Schutzlosigkeit vornimmt oder geschehen lässt (Ausnutzungsbewusstsein - vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2009 - 3 StR 479/09, NStZ 2010, 273 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 640/11
vom
7. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. März 2012,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof ,
Staatsanwältin
als Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Kassel vom 11. Mai 2011 werden verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft sowie die dem Angeklagten hierdurch und durch die Revision der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenklägerin je zur Hälfte.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der sexuellen Nötigung in zwei Fällen freigesprochen. Gegen diesen Freispruch wenden sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft, deren Rechtsmittel vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, und der Nebenklägerin R. jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
2
Die Revisionen bleiben ohne Erfolg.

I.

3
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, im Oktober und Dezember 1999 die Nebenklägerin sexuell genötigt zu haben.
4
1. Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
5
a) Der Angeklagte betrieb im Jahr 1999 gemeinsam mit seiner Ehefrau einen Reiterhof, auf dem die Nebenklägerin, die mit der Ehefrau des Angeklagten befreundet war, ihr Pferd untergestellt hatte. Die verheiratete Nebenklägerin litt aufgrund traumatischer Erlebnisse in ihrer Jugend unter Ängsten vor körperlichen Kontakten mit anderen Menschen. Wenn jemand sie anfasste, war sie zunächst zu einer Äußerung eines entgegenstehenden Willens nicht in der Lage. Sie verfiel in eine innere Starre, die es ihr für eine gewisse Zeit unmöglich machte, ihren Widerwillen gegen die körperliche Berührung verbal zu artikulieren oder durch Gegenwehr auszudrücken. Für einen Außenstehenden war dabei nicht zu erkennen, worauf die Passivität der Nebenklägerin beruhte.
6
Am 29. August 1999 kam es zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin zu einer ersten körperlichen Annährung, die nicht Gegenstand der An- klage ist: Der Angeklagte und die Nebenklägerin brachten auf dem Reiterhof gemeinsam Pferde zurück in den Stall. Bei dieser Gelegenheit hielt der Angeklagte die Nebenklägerin fest, fasste ihr unter den Pullover und küsste sie. Die Nebenklägerin war aufgrund ihrer Ängste vor körperlichen Kontakten zunächst nicht in der Lage, auf das ihr unerwünschte Verhalten des Angeklagten zu reagieren. Nachdem sie sich gefangen hatte, teilte sie ihm mit, dass er sie in Ruhe lassen solle. Daraufhin ließ der Angeklagte von ihr ab.
7
b) (Zu Fall 1 der Anklage:) An einem Tag im Oktober 1999 erklärte sich der Angeklagte auf Bitten seiner Ehefrau bereit, die Nebenklägerin abends mit seinem Pkw zu deren Wohnung zu fahren. Unterwegs wich er von der vorgesehenen Fahrstrecke ab. Als die Nebenklägerin dies bemerkte, verfiel sie in eine innere Starre, die es ihr schon unmöglich machte, auch nur auf die Abweichung von der Fahrstrecke zu reagieren. Ihre Ängste vor dem, was der Angeklagte beabsichtigen könnte, setzten sie außerstande, sich ihm gegenüber zu artikulieren. Der Angeklagte bemerkte davon nichts und hielt das Fahrzeug so vor Büschen an, dass es von der Straße aus nicht mehr zu sehen war. Sodann begann er, der Nebenklägerin, die äußerlich weiterhin keine Reaktion auf das Verhalten des Angeklagten zeigte, unter den Pullover zu fassen. Er küsste sie und streichelte sie an der Brust. Nach einiger Zeit gelang es der Nebenklägerin, ihre innere Starre zu überwinden und dem Angeklagten verbal und durch körperliches Wegstemmen zu verdeutlichen, dass sie sein Verhalten nicht wünsche. Dieser ließ daraufhin von der Nebenklägerin ab und fuhr sie nach Hause. Obwohl ihr das Handeln des Angeklagten unangenehm war, hielt die Nebenklägerin weiterhin Kontakt zu ihm und seiner Ehefrau, deren Freundschaft ihr wichtig war.
8
c) Ein weiterer nicht angeklagter sexueller Übergriff des Angeklagten auf die Nebenklägerin ereignete sich am 30. November 1999. Dabei trat der Ange- klagte auf dem Reiterhof von hinten an die Nebenklägerin heran und fasste ihr unter dem Pullover oberhalb des Büstenhalters an die Brust. Dann drehte er die Nebenklägerin zu sich herum, küsste sie und forderte sie auf, seinen Kuss zu erwidern, was sie nicht tat. Die Nebenklägerin war wiederum in eine innere Erstarrung verfallen, die sie außerstande setzte, dem Angeklagten Widerstand entgegen zu bringen. Der Angeklagte ließ die Nebenklägerin los, nachdem sie sich aus ihrer Erstarrung befreit und ihm gesagt hatte, dass im Stall ihre Tochter auf sie warten würde. Am Folgetag, dem 1. Dezember 1999, kam es wegen dieses Vorfalls zu einem gemeinsamen Gespräch zwischen beiden Ehepaaren, in dessen Verlauf der Angeklagte erklärte, dass ihm alles sehr leid tue und er durch sein Verhalten die Freundschaft der beiden Frauen nicht zerstören wolle. Er versprach, sich zukünftig der Nebenklägerin nicht mehr zu nähern. Dass dem Angeklagten bei diesem Gespräch die psychische Befindlichkeit der Nebenklägerin erläutert worden wäre, hat das Landgericht nicht feststellen können.
9
d) (Zu Fall 2 der Anklage:) Mitte Dezember 1999 kam es erneut zu einer gemeinsamen Autofahrt des Angeklagten mit der Nebenklägerin. Unter dem Vorwand einer Bauplatzbesichtigung fuhr der Angeklagte zu einer einsam gelegenen Stelle in einem Feld, wo er sein Fahrzeug abstellte. Die an einer Bauplatzbesichtigung nicht interessierte Nebenklägerin war wieder in eine innere Starre gefallen, die ihr jegliches Handeln unmöglich machte. Der Angeklagte fasste die Nebenklägerin im Bereich ihres Oberkörpers an. Gleichzeitig forderte er sie auf, ihre Hand auf sein Geschlechtsteil oberhalb der Kleidung zu legen und führte ihre Hand dort hin, während er mit seiner anderen Hand an ihr Geschlechtsteil oberhalb der Kleidung fasste. Nach Überwindung ihrer inneren Erstarrung schaffte es die Nebenklägerin, eine Abwehrhaltung zum Ausdruck zu bringen und mit ihrem Aussteigen zu drohen. Daraufhin ließ der Angeklagte von ihr ab und fuhr sie nach Hause.
10
2. Das Landgericht hat zwar die in der Anklage beschriebenen sexuellen Handlungen, die der Angeklagte bestritten hat, festgestellt. Es hat sich jedoch nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte den psychischen Zustand der Nebenklägerin gekannt und jeweils gewusst oder für möglich gehalten habe, auf welcher psychischen Disposition das anfänglich passive Verhalten der Nebenklägerin bei seinen körperlichen Annäherungen beruhte. Der Anklagte habe seine Annäherungsversuche jeweils sofort beendet, wenn die Nebenklägerin ihm Ablehnung signalisiert oder Widerstand geleistet habe (UA S. 13 f., 18).

II.

11
Der Freispruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
12
1. Die Ausführungen des Landgerichts werden den gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Darstellungsanforderungen gerecht.
13
a) Soweit die Staatsanwaltschaft rügt, das angefochtene Urteil enthalte nur unzureichende Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, liegt darin kein Rechtsfehler. Zwar ist der Tatrichter auch bei freisprechenden Urteilen verpflichtet, Feststellungen zu Werdegang, Vorleben und Persönlichkeit des Angeklagten zu treffen und im Urteil mitzuteilen, wenn diese für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht erforderlich sind (BGHSt 52, 314, 315; BGH, NStZ 2010, 529, 530). Hier bestand jedoch keine Notwendigkeit, etwa die wirtschaftlichen Verhältnisse oder den beruflichen Werdegang des Angeklagten in den Blick zu nehmen, da der Tatvorwurf ein Verhalten in dessen privatem Lebensbereich betrifft. Soweit für einen Tatnachweis der Gestaltung sonstiger außerehelicher sexueller Annäherungen an Frauen Bedeutung zukommen konnte, hat sich die Strafkammer mit diesem Aspekt seiner Persönlichkeit unter Bezugnahme auf die Angaben mehrerer hierzu gehörter Zeuginnen auseinandergesetzt (UA S. 16).
14
b) Entgegen dem Revisionsvorbringen weisen die Urteilsgründe auch im Hinblick auf den psychischen Zustand der Nebenklägerin und auf die Auswirkungen ihrer Kontaktängste keinen Darstellungsmangel auf. Hierzu hat die Kammer festgestellt, dass die Nebenklägerin aufgrund traumatischer Ereignisse in ihrer Jugend an einer neurotischen Depression, einer Persönlichkeitsstörung und einer sozialen Phobie litt. Diese Erkrankung hatte zur Folge, dass die Nebenklägerin bei ihr unerwünschten körperlichen Annäherungen zunächst nichts sagte, sich nicht bewegte und auch nicht auf andere Weise zum Ausdruck brachte, dass sie die Berührung ablehnte (UA S. 6 f., 14). Dass eine noch eingehendere Beschreibung ihres Zustands in Situationen, in denen die Nebenklägerin in eine innere Starre verfiel, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überhaupt möglich gewesen wäre, ist fernliegend. Die Urteilsgründe geben neben der Erörterung der gutachterlichen Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen und neben den zusammengefassten Angaben der langjährigen Therapeutin der Nebenklägerin jedenfalls deren eigene Darstellung zu ihrem inneren Abschalten in noch hinreichendem Umfang wieder.
15
c) Die weitere Beanstandung, der Inhalt eines zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau sowie der Nebenklägerin und ihrem Ehemann geführten "Vierergesprächs" sei nicht ausführlich dargestellt worden, greift ebenfalls nicht durch. Nach den Feststellungen fand am 1. Dezember 1999 zwar ein Gespräch zwischen beiden Ehepaaren statt, nachdem es am Vortag zu dem weiteren - nicht von der Anklage erfassten - körperlichen Übergriff des Angeklagten ge- genüber der Nebenklägerin gekommen war. In dieser Unterredung erklärte der Angeklagte, "dass ihm alles sehr leid tue", und er versprach, sich künftig der Nebenklägerin nicht mehr zu nähern (UA S. 10). Dass dem Angeklagten bei diesem Gespräch näher erläutert worden wäre, was es mit der psychischen Befindlichkeit und den Ängsten der Nebenklägerin vor Berührungen auf sich hatte, hat das Landgericht jedoch ebenso wenig festzustellen vermocht wie eine sonstige Kenntnisnahme des Angeklagten von einer seelischen Störung der Nebenklägerin. Diese und ihr Ehemann unterrichteten - ihren eigenen vom Landgericht zusammenfassend wiedergegebenen Angaben in der Hauptverhandlung zufolge - den Angeklagten hierüber nicht (UA S. 11, 14 f.). Daher war die Strafkammer zu einer umfänglicheren inhaltlichen Wiedergabe der Unterredung nicht gehalten.
16
2. Auch die Beweiswürdigung als solche ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
17
a) Gemäß § 261 StPO entscheidet über das Ergebnis der Beweisaufnahme das Gericht. Spricht es einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, etwa hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, wenn sie lückenhaft, widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. Senat, NStZ 2010, 102, 103 mwN).
18
b) Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Landgericht hat alle relevanten Umstände berücksichtigt und jedenfalls mögliche Schlussfolgerungen gezogen.
19
aa) Dies gilt insbesondere, soweit es vorsätzliches Handeln des Angeklagten hinsichtlich des Tatbestandes des sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person gemäß § 179 Abs. 1 StGB nicht festzustellen vermochte. Aufgrund der psychischen Disposition der Nebenklägerin und ihres Zustandes einer inneren Erstarrung bei der Anbahnung ihr unerwünschter körperlicher Kontakte ist die Schlussfolgerung des Landgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es für Außenstehende und somit auch für den Angeklagten nicht zu erkennen war, worauf die Passivität der Nebenklägerin beruhte. Bei Prüfung des Vorsatzes des Angeklagten in Bezug auf eine Widerstandsunfähigkeit der Nebenklägerin konnte das Landgericht auch den Umstand berücksichtigen , dass die Nebenklägerin während der sexuellen Annäherungen des Angeklagten aus ihrem Zustand der Starre jeweils wieder zu sich kam und sodann die Übergriffe verbal und körperlich abwehrte. Der Angeklagte hätte daher erkannt haben müssen, dass die Nebenklägerin nur bei der Anbahnung und in den ersten Momenten seiner sexuellen Annäherung ihre von ihm im weiteren Verlauf erfahrene grundsätzliche Abwehrbereitschaft nicht umsetzen konnte. Hierfür bieten die Urteilsgründe keine Anhaltspunkte.
20
bb) Entgegen dem Revisionsvorbringen enthält das angefochtene Urteil keine Lücke in der Beweiswürdigung, soweit es sich mit den Angaben der Zeuginnen H. , He. , G. , Ro. , B. und F. befasst. Nach den knapp zusammengefassten Aussagen dieser Zeuginnen hat der Angeklagte außereheliche sexuelle Annäherungsversuche nicht gewaltsam durchgeführt und von solchen Abstand genommen, soweit sie nicht erwidert wurden, bzw., wenn ihm deren Unerwünschtheit signalisiert wurde. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern sich dem Tatrichter bei einer detaillierten Würdigung der Aussagen dieser Zeuginnen relevante, dem Angeklagten nachteilige Schlüsse hätten aufdrängen müssen.
21
Soweit die Staatsanwaltschaft bemängelt, das Landgericht habe die Aussage der Zeugin Re. nicht in ihre Beweiswürdigung eingestellt, zeigt sie mit ihrer allein auf die Sachbeschwerde gestützten Revision keinen Rechtsfehler auf. Denn für die sachlich-rechtliche Nachprüfung steht dem Revisionsgericht allein die Urteilsurkunde zur Verfügung (BGHSt 35, 238, 241; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 337 Rn. 22). Aus den Urteilsgründen, die diese Zeugin nicht erwähnen, ergibt sich eine Lückenhaftigkeit der Beweiswürdigung indes nicht.
22
cc) Im Übrigen wird zu den weiteren Beanstandungen der Revisionen auf die auch insoweit zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts verwiesen.
23
3. Schließlich ist auch die rechtliche Würdigung der Strafkammer nicht zu beanstanden.
24
Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht in beiden Anklagefällen zutreffend bereits den objektiven Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB verneint, da die Nebenklägerin jeweils nicht erst unter dem Eindruck eines schutzlosen Ausgeliefertseins auf einen ihr grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet hat, sondern schon aufgrund ihrer psychischen Disposition vor Beginn der sexuellen Handlungen des Angeklagten vorübergehend widerstandsunfähig war. Damit fehlte es an dem für den objektiven Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlichen funktionalen und finalen Zusammenhang zwischen objektivem Nötigungselement, Opferverhalten und Täterhandlung (zu dieser Voraussetzung vgl. BGHSt 50, 359, 368; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 4 StR 404/11 Rn. 15 mwN).
25
Eine Versuchsstrafbarkeit war entgegen der Auffassung beider Beschwerdeführerinnen nicht in Betracht zu ziehen. Der subjektive Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt zumindest bedingten Vorsatz dahingehend voraus , dass das Tatopfer in die sexuelle Handlung nicht einwilligt und es gerade im Hinblick auf seine Schutzlosigkeit auf möglichen Widerstand verzichtet (vgl. BGHSt 50, 359, 368). Gegen ein solches Ausnutzungsbewusstsein spricht entscheidend , dass der Angeklagte mit der Vornahme sexueller Handlungen sofort aufhörte, sobald die Nebenklägerin ihre Ablehnung zum Ausdruck gebracht hatte.

III.

26
Da sowohl die Revision der Staatsanwaltschaft als auch die der Nebenklägerin erfolglos geblieben sind, hat die Nebenklägerin außer der Revisionsgebühr auch die Hälfte der gerichtlichen Auslagen zu tragen. Die durch die Rechtsmittel verursachten notwendigen Auslagen des Angeklagten hat allein die Staatskasse zu tragen (§ 473 Abs. 1 und 2 StPO; vgl. Senat, Urteil vom 9. März 2011 - 2 StR 467/10; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 285/10).

Appl Berger Krehl Eschelbach Ott

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

13
bb) Dessen eingedenk hat die Strafkammer das Ausnutzungsbewusstsein des Angeklagten nicht tragfähig belegt. Es hätte der näheren Erörterung bedurft, ob die Zeugin, bevor sie in den Schockzustand geriet, in den Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten eingewilligt hatte. Eine solche Einwilligung der Zeugin lag nahe, da sie freiwillig unbekleidet auf dem Bett des Angeklagten lag, der ebenfalls unbekleidet vor ihr kniete. Die Strafkammer hätte in diesem Zusammenhang auch den nachträglichen Chatverkehr vom 20. Dezember 2009 (UA S. 21) zwischen der Zeugin und dem Angeklagten näher in den Blick nehmen müssen. Dieser könnte ein Indiz für den Willen der Zeugin zu einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr beinhalten. Die Feststellungen erweisen sich darüber hinaus als lückenhaft, weil es für ein bewusstes Ausnutzen der Widerstandsunfähigkeit näherer Feststellungen zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten hinsichtlich einer möglichen Einwilligung der Zeugin bedurft hätte.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
sexuelle Handlungennur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind,
2.
sexuelle Handlungen vor einer anderen Personnur solche, die vor einer anderen Person vorgenommen werden, die den Vorgang wahrnimmt.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

2
1. Der Generalbundesanwalt hat zum Schuldspruch zutreffend ausgeführt : "Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen zweier tateinheitlicher Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs nach §§ 177 Abs. 8 Nr. 1, Nr. 2a, 52 StGB verurteilt hat (UA S. 2, 36), bedarf der Schuldspruch der Änderung dahin, dass insofern nur eine einheitliche Tat im Rechtssinne vorliegt. Vergleichbar mit den Tatbestandsvarianten des § 224 StGB sind die verschiedenen Strafschärfungsgründe des § 177 Abs. 8 StGB als unterschiedliche Begehungsformen eines einzigen sexuellen Übergriffs zu werten (MüKoStGB/Renzikowski, StGB, 3. Aufl., § 177 nF Rn. 180; Lackner/Kühl-Heger, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 28).

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 451/18
vom
12. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:121218B5STR451.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 22. Februar 2018 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Senat bemerkt ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts: Entgegen der Auffassung des Landgerichts war bereits das mit nicht ganz unerheblicher Krafteinwirkung verbundene Festhalten der beiden Opfer als Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB zu qualifizieren. Bei der Tat 2 kommt hinzu , dass der Angeklagte die Nebenklägerin auf ein Bett drückte und sich auf sie legte, so dass diese sich dem ihr körperlich überlegenen Angeklagten nicht entziehen konnte (vgl. BGH, Urteile vom 10. Februar 2011 – 4 StR 566/10, NStZ 2011, 456, 457; vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 153/02, NStZ-RR 2003, 42, 43). Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass § 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB eine qualifizierte Drohung, nämlich eine mit Gefahr für Leib oder Leben, voraussetzt. Denn das Erfordernis einer qualifizierten Drohung ist der Ausgleich dafür, dass tatsächliche Gewalt regelmäßig eingriffsintensiver ist als das bloße Inaussichtstellen eines Übels (LK-Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 177 Rn. 33).
Es gibt keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber den Gewaltbegriff mit der Neufassung des § 177 StGB einschränken wollte (vgl. BT-Drucks. 18/9097 S. 27). Die Rechtsprechung zu § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF ist mithin heranzuziehen (vgl. insofern auch MüKo-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 Rn. 106; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 177 Rn. 64; BeckOK/Ziegler, StGB, Stand 1. November 2018, § 177 Rn. 32 f.).
Der Angeklagte ist durch den Rechtsfehler allerdings nicht beschwert.
Mutzbauer Sander Schneider König Köhler

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 153/02
vom
2. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Oktober
2002, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Athing,
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 22. November 2001 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2 bis 7 verurteilt wurde,
b) im Fall II.1 im Strafausspruch sowie
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern und sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sechs Fällen, davon in fünf Fällen tateinheitlich mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Außerdem erging eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich im wesentlichen dagegen, daß der Angeklagte nicht auch in den Fällen II.2 bis 7 der Urteilsgründe wegen tateinheitlich begangener Vergewaltigung verurteilt wurde. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel, das im Fall 1 wirksam auf den Strafausspruch beschränkt ist, hat Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Der Angeklagte übte in den Jahren 1998 und 1999 an seiner damals 12 bzw. 13-jährigen Nichte, der Nebenklägerin U. , mehrfach Analverkehr aus. Die Geschädigte, die mit ihren beiden Schwestern bei ihrem Vater aufwuchs, hatte bis dahin ein gutes, vertrauliches Verhältnis zu dem Angeklagten und seiner Familie gehabt. 1. Im Zeitraum vom 23. März bis 6. April 1998 übernahmen der Angeklagte und seine Ehefrau während eines Krankenhausaufenthalts des Vaters der Geschädigten auf dessen Bitte die Betreuung der Nebenklägerin und ihrer älteren Schwester. Zu diesem Zweck wohnten sie in der Wohnung der Familie U. . Als der Angeklagte sich eines Morgens mit seiner Nichte allein in der Wohnung befand, legte er sich zu ihr auf die Couch, begann sie zu küssen und hielt sie fest, als sie ihren Widerwillen bekundete und aufzustehen versuchte. Er schloß die Wohnungstür von innen ab. Das Mädchen wehrte sich ohne Erfolg , trat und schlug nach dem Angeklagten, der sie mit seinem Gewicht auf die Couch drückte und sie teilweise entkleidete. Da U. zu schreien begann , drückte er ihr ein Kissen auf das Gesicht. Er drehte sie auf die Seite und drang mit seinem erigierten Glied in den After des Kindes ein, was diesem heftige Schmerzen bereitete. Nachdem er nach zwei bis drei Minuten von ihr abgelassen hatte, gebot der Angeklagte seiner Nichte, mit niemandem über die Sache zu sprechen und sich normal zu verhalten, anderenfalls werde sie nur
sich selbst schaden und die Familie zerstören; auch werde ihr niemand Glauben schenken. Er drohte ihr, sie umzubringen, falls sie mit jemandem über die Tat sprechen sollte. Enttäuscht und verängstigt, vertraute sich die Geschädigte lediglich ihrer älteren Schwester an, die ihr jedoch nicht glaubte. 2. Vom 20. April bis 18. Mai 1998 wurden U. und ihre Schwester wiederum von dem Angeklagten und seiner Frau in der väterlichen Wohnung betreut, während sich der Vater in Kur befand. Als der Angeklagte an einem Tag morgens mit seiner Nichte allein in der Wohnung war, näherte er sich ihr wiederum in sexueller Absicht. Sie erklärte ihm, daß sie sein Verhalten ablehne , und wollte die Wohnung verlassen, mußte aber feststellen, daß er die Tür abgeschlossen und den Schlüssel abgezogen hatte. Der Angeklagte entkleidete sich, hielt das Mädchen fest, zog dessen Hose herunter und führte erneut den Analverkehr durch. Aus Furcht vor dem Angeklagten und aus Angst, man glaube ihr nicht, offenbarte sich U. nicht gegenüber Dritten. 3. Während desselben Kuraufenthalts des Vaters kam es zu einem weiteren Analverkehr des Angeklagten mit der Geschädigten, die sich im Hinblick auf die früheren Taten jedoch kaum noch zur Wehr setzte. 4. Im Sommer 1998, vermutlich im Juni, übte der Angeklagte in seiner eigenen Wohnung Analverkehr mit seiner Nichte aus, nachdem er zuvor seine eigenen Töchter hinausgewiesen hatte. Als die Tochter des Angeklagten die Geschädigte am Abend fragte, was ihr Vater immer mit ihr mache, schwieg U. . 5.-7. Im Sommer 1999 übernahmen der Angeklagte und seine Ehefrau erneut die Betreuung ihrer Nichten, als sich deren Vater vom 17. bis 25. August in der Türkei aufhielt. In diesem Zeitraum kam es in drei weiteren Fällen zur
Ausübung des Analverkehrs durch den Angeklagten mit U. . Diese setzte dem Angeklagten, dem sie körperlich weit unterlegen war, keine Gegenwehr mehr entgegen. Denn sie befand sich mit dem Angeklagten allein in der Wohnung des Mehrfamilienhauses.

II.

Das Landgericht hat die Übergriffe des Angeklagten als sexuellen Mißbrauch eines Kindes (im Fall 1 nach § 176 Abs. 3 StGB a.F.) bzw. schweren sexuellen Mißbrauch eines Kindes (in den übrigen Fällen) gewertet und - außer im Fall 4 - tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauch einer Schutzbefohlenen angenommen. Mit Ausnahme der ersten Tat, bei der es die Anwendung von Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB a.F. bejaht hat, hat sich das Landgericht an einer Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich begangener Vergewaltigung gehindert gesehen, da bei den folgenden Taten weder Gewalt noch eine konkludente Drohung anzunehmen sei und auch die Ausnutzung einer schutzlosen Lage ausscheide. Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. 1. Als rechtsfehlerhaft erweist sich bereits die Argumentation des Landgerichts zur fehlenden Gewaltanwendung seitens des Angeklagten. Schon das Einsperren in einen umschlossenen Raum reicht als Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB aus, wenn es dazu dient, das Opfer am Verlassen des Raumes zu hindern und so die sexuellen Handlungen zu ermöglichen (BGH GA 1965, 57; 1981, 168; Urt. vom 21. Januar 1987 - 2 StR 656/86); an der notwendigen finalen Verknüpfung der Gewalt mit der sexuellen Handlung kann es dagegen fehlen, falls das Abschließen der Tür nur erfolgt, um ungestört zu sein und eine Entdeckung zu verhindern (BGH bei Miebach
NStZ 1996, 123; Beschl. vom 24. August 1999 - 4 StR 339/99 - insoweit in NStZ 1999, 629 nicht abgedruckt). Darüber hinaus ist im Einzelfall das - mit nicht ganz unerheblicher Krafteinwirkung verbundene - Festhalten des Opfers ebenso wie die Überwindung von geringfügiger Gegenwehr als Gewalt zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschl. vom 21. Januar 1987 - 2 StR 656/86; Urt. vom 6. September 1995 - 2 StR 363/95; Urt. vom 26. August 1997 - 1 StR 431/97; Beschl. vom 20. April 1999 - 4 StR 102/99); ausreichend sein kann je nach den Umständen des Falles auch das Packen an der Hand, das auf das Bett Stoßen oder das sich auf das Opfer Legen bzw. der Einsatz überlegener Körperkraft (BGH, Urt. vom 23. März 1997 - 1 StR 772/96 - insofern in NStZ 1997, 494 nicht abgedruckt; Beschl. vom 13. Juni 2002 - 5 StR 203/02). Danach liegt die Annahme von Gewalt im Fall 2 bereits deshalb nahe, weil der Angeklagte die Wohnungstür verschlossen und den Schlüssel entfernt hatte. Die Gesamtumstände sprechen dafür, daß er seine Nichte, die zuvor im Fall 1 zu fliehen versucht hatte, am Entweichen hindern wollte; eine Entdeckung durch andere Familienmitglieder war zu diesem Zeitpunkt nicht zu befürchten. In den weiteren Fällen hat das Landgericht, das die Möglichkeit einer Gewaltanwendung durch Einsperren offenbar übersehen hat, nicht festgestellt, ob die Wohnungstür während der Tatausführung ebenfalls verschlossen war. Auch hinsichtlich der Stärke der körperlichen Einwirkung und des Ausmaßes der Gegenwehr sind die Urteilsfeststellungen in den Fällen 2 bis 7 nicht erschöpfend; soweit die Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausführt, das Opfer habe dem Angeklagten "keine durch Gewalt zu überwindende Gegenwehr" entgegengesetzt, handelt es sich bereits um eine Wertung, für die es an einer ausreichenden Feststellungsgrundlage fehlt. Mangels einer
genaueren Schilderung des Verhaltens sowohl des Angeklagten als auch der Geschädigten ist es dem Senat nicht möglich, zu überprüfen, ob die Strafkammer im Ergebnis zu Recht die Anwendung von Gewalt abgelehnt hat. 2. Des weiteren wäre in den Fällen 2 bis 4 das Vorliegen einer Drohung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB näher zu prüfen gewesen. Frühere Gewalteinwirkungen können als (konkludente) Drohung gegenüber dem Opfer zu beurteilen sein, den körperlich wirkenden Zwang erneut anzuwenden, falls das weitere Vorgehen des Täters auf Widerstand stoßen sollte; so kann vorangegangene Gewalt in diesem Sinne fortwirken, wenn das Opfer angesichts der früheren Gewaltanwendung und der gegebenen Kräfteverhältnisse aus Furcht vor weiteren Gewalttätigkeiten von einer Gegenwehr absieht, sofern der Täter zumindest erkennt und billigt, daß das Opfer sein Verhalten als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben empfindet (vgl. BGH StV 1984, 330, 331; NStZ 1986, 409; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 2, 5, 8). Allerdings geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Gleichsetzung von Gewalt und Ausnutzung der Angst vor Gewalt im Sinne einer konkludenten Drohung in der Regel ausscheidet, wenn zwischen der Gewaltanwendung und dem späteren Geschlechtsverkehr Wochen oder sogar Monate liegen (vgl. BGH NStZ 1986, 409; BGHR StGB § 177 Serienstraftaten 5; NStZ-RR 1998, 105). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist hier in den Fällen 2 bis 4 die Annahme einer konkludenten Drohung nicht wegen des jeweiligen Zeitablaufs zur vorangegangenen Tat ausgeschlossen. Der Angeklagte hatte bei der kurz zuvor begangenen ersten Tat unter Einsatz körperlicher Kraft jede Ge-
genwehr des Mädchens unterbunden, seinen Fluchtversuch vereitelt und ihm in Anschluß an die Tat massiv gedroht. Die Geschädigte war, wie das Landgericht feststellt, in erheblichem Maße verängstigt und einer Drucksituation ausgesetzt. Angesichts der Gesamtumstände ist durchaus denkbar, daß das Mädchen das weitere Vorgehen des Angeklagten - wie von ihm gewollt - im Hinblick auf ihre bisherigen Erlebnisse als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben empfand, zumal bei der Gewichtung der Vorgänge die Sicht des Opfers, insbesondere wenn es sich noch im Kindesalter befindet, nicht außer acht bleiben kann (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8). Als konkludente Drohung kommt hier zum einen die Androhung in Betracht , wiederum mit dem Kind, das bei der ersten Tat starke Schmerzen verspürt hatte, gegen dessen Willen den Analverkehr auszuüben, was als Ankündigung einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu werten ist (vgl. BGH NStE Nr. 9 zu § 178 StGB, Nr. 24 zu § 177 StGB). Zum anderen ist auch eine Fortwirkung der vom Angeklagten ausgesprochenen Drohung, er werde das Mädchen umbringen, wenn es über die (erste) Tat spreche, denkbar. Denn ebenso wie Gewalt, die der Täter ursprünglich aus anderen Gründen angewendet hatte, eine konkludente Drohung darstellen kann, kann auch eine zunächst zu anderen Zwecken ausgesprochene Drohung als solche im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB fortwirken (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8). Die Umstände der vom Landgericht festgestellten Taten drängten demnach zur Erörterung dieser Gesichtspunkte. 3. Schließlich begegnet auch die Ablehnung einer Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß die Strafkammer hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der "Lage, in der das Opfer der
Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist", von einem zu engen Begriffsverständnis ausgeht. Eine schutzlose Lage liegt vor, wenn die Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten des Opfers in einem solchen Maße verringert sind, daß es dem ungehemmten Einfluß des Täters preisgegeben ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn das Opfer sich dem überlegenen Täter allein gegenüber sieht und auf fremde Helfer nicht rechnen kann, wobei es allerdings eines gänzlichen Beseitigens jeglicher Verteidigungsmöglichkeiten nicht bedarf (BGHSt 44, 228, 231; 45, 253, 256). Unerheblich ist, auf welche Umstände die schutzlose Lage des Opfers zurückzuführen ist; sowohl äußere Gegebenheiten als auch in der Person des Opfers liegende Umstände können die verminderten Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten bewirken. Die schutzlose Lage muß nicht vom Täter selbst herbeigeführt sein (BGHSt 45, 253, 256 f.; BGH NJW 2002, 381, 382). Die alleinige Erwägung des Landgerichts, das Tatgeschehen habe sich jeweils in Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus ereignet, trägt die Ablehnung einer schutzlosen Lage im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung nicht. Das Landgericht hat nicht einmal festgestellt, daß sich schutzbereite Dritte in Rufnähe befunden hätten und die Geschädigte eine realistische Chance auf Hilfe von außen gehabt hätte. Gerade in Mehrfamilienhäusern mit anonymerem Charakter wird häufig auch durch lautes Rufen oder Schreien keine besondere Hilfsbereitschaft anderer zu erlangen sein; so wurden auch im Fall 1 die Hilferufe des Opfers von niemandem vernommen. Eine schutzlose Lage setzt nicht notwendig ein Verbringen des Opfers an einen entlegenen Ort voraus; sie kann vielmehr, wenn, wie hier, weitere Umstände hinzutreten, auch in der Abgeschiedenheit der familiären Wohnung gegeben sein (ebenso Laufhüt-
te/Roggenbuck in LK StGB 11. Aufl. Nachtrag zu § 177, Rdn. 2; vgl. auch BGH, Beschl. vom 18. November 1997 - 4 StR 546/97 - und Beschl. vom 24. November 1999 - 3 StR 466/99 zur Rechtslage vor dem 33. Strafrechtsänderungsgesetz ). Maßgeblich müssen insofern die Gesamtumstände der konkreten Tatsituation sein. Im vorliegenden Fall legt das Zusammenspiel mehrerer Faktoren - Alter und soziale Stellung des Opfers, seine Verängstigung infolge des gesamten Verhaltens des Angeklagten - die Annahme einer schutzlosen Lage jedenfalls dann nahe, wenn die Wohnungstür verschlossen und der Nebenklägerin damit jegliche Fluchtmöglichkeit abgeschnitten war.
b) § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über das Ausnutzen der schutzlosen Lage zu sexuellen Handlungen hinaus keine gesonderte Nötigungshandlung voraus; alleinige Tathandlung ist das Aufzwingen sexueller Handlungen unter Ausnutzung einer bestimmten Befindlichkeit des Opfers. Ausreichend ist, daß der Täter sich die sein Tatvorhaben ermöglichende oder erleichternde schutzlose Lage des Opfers bewußt zunutze macht, um dessen entgegenstehenden Willen zu überwinden (vgl. BGHSt 45, 253, 257 ff.; BGH NJW 2002, 381, 382; ebenso Laufhütte /Roggenbuck a.a.O. Rdn. 3; a.A. Tröndle/Fischer 50. Aufl. § 177 Rdn. 15 ff.; Fischer ZStW 2000, 75, 83 ff. und NStZ 2000, 142; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 177 Rdn. 11). Entgegen der Auffassung des Landgerichts bedurfte es daher nicht etwa einer zusätzlichen Ausübung von Zwang durch den Angeklagten oder eines ausdrücklichen Hinweises im Sinne einer Drohung.
c) Soweit die Kammer in subjektiver Hinsicht meint, nicht feststellen zu können, daß der Angeklagte sich einer besonders schutzlosen Lage der Nebenklägerin bewußt gewesen sei, ist diese Einschätzung ersichtlich von dem
zu engen Begriffsverständnis hinsichtlich des objektiven Tatbestands beeinflußt. Die bisherigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen legen vielmehr den Schluß nahe, daß der Angeklagte die Umstände erkannt hatte, die zu einer Verringerung der Verteidigungsmöglichkeiten bei seiner Nichte führten, und daß er sich bewußt war, daß sein Opfer die sexuellen Handlungen nur aufgrund dieser von ihm geschaffenen Lage über sich ergehen ließ. Insoweit sind aber entsprechende Feststellungen durch den Tatrichter erforderlich. 4. Infolge der rechtsfehlerhaften Verneinung einer tateinheitlich begangenen Vergewaltigung in den Fällen 2-7 kann der Schuldspruch insoweit keinen Bestand haben. Darüber hinaus bedurfte es neben der Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe der Aufhebung des Einzelstrafausspruchs im Fall 1. Denn die drei Alternativen des § 177 Abs. 1 StGB stehen gleichrangig nebeneinander (vgl. BTDrucks. 13/7324 S. 6; BGHSt 44, 228, 230; 45, 253, 259; BGH NStZ 1999, 505; StV 2000, 198, 199), so daß die Erfüllung mehrerer Varianten den Schuldgehalt der Tat erhöht und straferschwerend gewertet werden kann, auch wenn dies im Urteilstenor nicht zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Urt. vom 3. November 1998 - 1 StR 521/98 insoweit in BGHSt 44, 228 nicht abgedruckt). Bode Detter Athing Rothfuß Elf

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

5
Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung rechtsfehlerhaft das Gesamtstrafübel für die Angeklagte nicht in den Blick genommen, das – infolgeder Zäsurwirkung des Urteils des Amtsgerichts Kulmbach vom 6. August 2015 – aus der obligatorischen Bildung von zwei Gesamtstrafen resultierte. Sofern die Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Strafe zur Bildung mehrerer Gesamtstrafen führt, muss das Gericht grundsätzlich einen sich daraus möglicherweise für die Angeklagte ergebenden Nachteil infolge eines zu hohen Gesamtstrafübels ausgleichen. Hierzu muss es für das Revisionsgericht nachvollziehbar darlegen, dass es sich dieser Sachlage bewusst gewesen ist, und erkennen lassen, dass es das Gesamtmaß der Strafen für schuldangemessen gehalten hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. November 1995 – 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310 [313]; vom 24. Juli 2007 – 4 StR 237/07, StV 2007, 632; vom 17. April 2008 – 4 StR 118/08, NStZ-RR 2008, 234 und vom 5. September 2017 – 1 StR 350/17). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil, das bei einer Methamphetamingesamtmenge im zweistelligen Grammbereich gegen die Angeklagte einen Freiheitsentzug von insgesamt fünf Jahren und vier Monaten anordnet und keinerlei Ausführungen zum Gesamtstrafübel enthält , nicht.
8
Auch hat das Landgericht bei der Bestimmung der zweiten Gesamtstrafe nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen, dass aufgrund der Zäsurwirkung des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts München vom 15. Februar 2010 nicht im Ganzen auf eine einheitliche Gesamtstrafe erkannt werden konnte. Wird wegen einer Zäsurwirkung die Verhängung zweier oder mehrerer getrennter Strafen erforderlich, darf dies nicht dazu führen, dass die Strafen in ihrer Gesamtheit nicht mehr in einem schuldangemessenen Verhältnis zu den Straftaten stehen. Führt die Bildung mehrerer Gesamtstrafen zu einem zu hohen Gesamtstrafenübel, ist der darin liegende Nachteil auszugleichen. Das Gericht muss erkennen lassen, dass es sich dieser Sachlage bewusst war und darlegen, warum das Gesamtmaß der Strafen schuldangemessen ist (BGH, Beschluss vom 9. November 1995 – 4 StR 650/95, BGHSt 41, 310, 312f.; SSWStGB /Eschelbach § 55 Rn. 21).

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.