Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2009 - 1 StR 520/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
I.
- 1
- Nach den Urteilsfeststellungen stritten der Angeklagte und sein im selben Haus lebender Bruder oft, vor allem um Geld. Nach einem Streit um 85,-- Euro schoss der Bruder dem Angeklagten am Vormittag des 7. Dezember 2007 auf dem Speicher zweimal mit einer Schreckschusswaffe ins Gesicht. Der Angeklagte kam ins Krankenhaus, wo er äußerlich ruhig und unaufgeregt wirkte. Obwohl er stationär aufgenommen werden sollte, fuhr er am Abend ohne Abmeldung nach Hause. Dort stellte er fest, dass der Bruder entgegen seiner Erwartung nicht verhaftet war. Schon vorher vorhandene Hass- und Wutgefühle kamen hoch, mit dem Gedanken „er oder ich“ nahm er ein Bajonett, ging durch das Haus über eine Treppe zu der in einem anderen Stockwerk gelegenen Wohnung des Bruders und betrat das Zimmer, in dem der Bruder war. Der war völlig überrascht , da er den Angeklagten im Krankenhaus vermutete. In Tötungsabsicht stach der Angeklagte auf den Bruder ein, der sich wegen seiner Überraschung nicht Erfolg versprechend wehren konnte, vor allem, aber nicht ausschließlich ins Gesicht und in den Hals. Der Bruder verstarb alsbald an einem Stich ins rechte Auge, der ins Kleinhirn ging, und einem Stich in den Halsansatz, der die Lunge durchstieß. Ein weiterer Stich in den Wangenknochen, der die Wirbelsäulenarterie durchtrennte, war potentiell lebensbedrohlich. Nach der Tat rief der Angeklagte die Polizei. Bei seiner Festnahme erklärte er den Beamten, es sei gut, dass der Bruder tot sei, er gehe dafür gerne ins Gefängnis. Einen hinzukommenden Mieter forderte er auf, die Miete weiter zu bezahlen, auch wenn der Bruder jetzt tot sei.
- 2
- Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der zum äußeren Geschehensablauf voll geständige Angeklagte wegen heimtückisch begangenen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit hat die Strafkammer nach sachverständiger Beratung verneint.
II.
- 3
- Die Revision erhebt eine Verfahrensrüge und die näher ausgeführte Sachrüge. Ihr gesamtes Vorbringen zielt darauf, das Landgericht habe den seelischen Zustand des Angeklagten bei der Tat nicht rechtsfehlerfrei festgestellt und gewürdigt. Diese Mängel hätten vor allem zur fehlerhaften Annahme einer uneingeschränkten Schuldfähigkeit geführt; es sei aber auch nicht auszuschließen, dass sie sich auf die hiervon unabhängige Frage der Bejahung der subjektiven Voraussetzungen hinsichtlich des Mordmerkmals der Heimtücke ausgewirkt haben.
- 4
- Die Revision bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 5
- 1. Zur Verfahrensrüge:
- 6
- a) Ihr liegt Folgendes zu Grunde:
- 7
- Der Verteidiger des Angeklagten benannte sich zu folgenden Themen selbst als Zeugen: „1). Bei der Haftbefehlseröffnung, ca. 18 Std. nach der Tat, war der Angeklagte nicht in der Lage, wahrzunehmen, dass ich ihn als Verteidiger und nicht als Haftrichter aufsuchte. 2). Am … folgenden Besuchstag … war der Angeklagte nach wie vor in … hochgradiger Erregung; er war nicht in der Lage, Angaben zum Tathergang zu machen … über das hinausgehend, was er … bei der Polizei geäußert hatte. 3). … einige Wochen später war für mich der Grad der Erregung bei einem … weiteren Treffen erkennbar als er - wieder im Besitz seiner Erinnerung den Tathergang schilderte, wie er von seinem Bruder angegriffen wurde. In diesem Moment sprang er auf, aufgeregt als er die Situation auf dem Speicher nachspielte“.
- 8
- Nachdem der Verteidiger diesen Antrag gestellt hatte, erklärte der Angeklagte , dass er den Verteidiger insoweit von der Schweigepflicht befreie.
- 9
- b) Die Strafkammer hält den Beweisantrag unter Berufung auf BGH, Beschl. vom 12. September 2007 - 5 StR 257/07 (NStZ 2008, 115 = StV 2008, 284 mit im Kern kritischer Anmerkung Beulke/Ruhmannseder aaO, 285) für unzulässig. Mitteilungen des Angeklagten an seinen Verteidiger und Umstände, die zur Entscheidung über Art und Inhalt der Verteidigungsstrategie geführt haben, gehörten zum Kernbereich der Verteidigung und seien gerichtlicher Kognition entzogen.
- 10
- Ergänzend ist ausgeführt, soweit eine Verwechslung des Verteidigers mit dem Haftrichter behauptet sei, fehle es an dem für einen Beweisantrag erforderlichen Tatsachenvortrag. Es werde nicht klar, „aufgrund welcher Tatsachen dies so gewesen sei, sondern
gibt allenfalls die Einschätzung des Pflichtverteidigers wieder“. Entsprechendes gelte für den im zweiten Teil des Antrags unter Beweis gestellten „Zustand hochgradiger Erregung“.
- 11
- Unabhängig von alledem sei die beantragte Beweiserhebung aber auch dann, wenn ein in jeder Hinsicht zulässiger Beweisantrag vorläge, kein Gebot der Aufklärungspflicht. Die Beweiserhebung sei erkennbar darauf gerichtet, Befundtatsachen für einen Affekt i.S.d. § 20 StGB zu erbringen. Der Sachverständige habe jedoch auf entsprechende Anfrage erklärt und - im Beschluss dargelegt - näher erläutert, dass auch dann, wenn das Antragsvorbringen in vollem Umfang zu Grunde zu legen sei, „sich keine Anhaltspunkte finden lassen, die dafür gesprochen hätten, einen Affekt festzustellen“.
- 12
- c) Der Senat neigt nicht zu der Auffassung, dass der Antrag unzulässig sei (aa); er hält den Beweisantrag auch für hinreichend konkretisiert (bb). Die Rüge bleibt dennoch erfolglos, weil die Strafkammer im Ergebnis zu Recht (auch) von der Bedeutungslosigkeit des Antrags ausgegangen ist (cc).
- 13
- (aa) Der Verteidiger hat gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO für ihm in dieser Eigenschaft anvertraute oder bekannt gewordene Tatsachen ein Zeugnisverweigerungsrecht. Es entfällt, wenn er von seiner Schweigepflicht entbunden wurde, § 53 Abs. 2 Satz 1 StPO. Dies zeigt ohne weiteres, dass ein Verteidiger grundsätzlich Zeuge sein kann, und zwar auch in dem Verfahren, in dem er den Angeklagten verteidigt (vgl. die Nachw. bei Beulke/Ruhmannseder aaO Fußn. 23, 26). Der Senat neigt nicht zu der Auffassung, dass hiervon, wie die Strafkammer im Anschluss an einen nicht tragenden Hinweis („obiter dictum“) in der genannten Entscheidung des 5. Strafsenats meint, eine Ausnahme gilt, wenn sich die Aussage des Verteidigers auf den „Kernbereich“ der Verteidigung beziehen soll. Was im Einzelnen zu diesem Kernbereich zählt - also z.B. hier die (si- cher der Schweigepflicht unterfallende) Erkenntnis des Verteidigers, dass der Angeklagte ihn zunächst nicht vom Haftrichter unterscheiden konnte - kann dabei offen bleiben. Das gesamte Verhältnis zwischen Verteidiger und Mandant ist durch § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO, flankiert durch § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, davor geschützt, dass der Verteidiger gegen den Willen des Mandanten über in diesem Zusammenhang von ihm gewonnene Erkenntnisse als Zeuge aussagen muss („besonders geschützter Freiraum“, Beulke/Ruhmannseder aaO, 286). Daraus folgt aber nicht, dass der Angeklagte, der sich von einer solchen Aussage Wesentliches für seine Verteidigung verspricht, nicht wirksam auf diesen Schutz verzichten darf, indem er den Verteidiger von seiner Schweigepflicht befreit. Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass es sogar im Falle einer Beweisgewinnung unter Verletzung von Schutzrechten des Angeklagten - abgehörtes Selbstgespräch in einem Krankenzimmer - „schwerlich vorstellbar“ erscheine, „dem Angeklagten ‚zum Schutze seiner Menschenwürde’ zu verbieten, diese Information zum Inbegriff der Hauptverhandlung zu machen“ (BGHSt 50, 206, 215; vgl. hierzu auch Roxin/Schäfer/Widmaier StV 2006, 655, 656; vgl. auch Nack StraFo 1998, 366 ff.). Zur Möglichkeit eines Angeklagten, sich zu seiner Entlastung der - aus anderen Gründen freilich ungeeigneten - Kontrolle durch einen „Lügendetektor“ zu unterwerfen, hat der Senat ausgeführt, dass ihm dies bei differenzierender , auf sein Einverständnis abstellender Sichtweise nicht mit dem Hinweis auf gebotenen Schutz seiner Persönlichkeitsrechte versagt werden kann (BGHSt 44, 308, 317 m.w.N.). An diesen Maßstäben gemessen kann die vom Angeklagten mit dem Ziel seiner Entlastung gewünschte Zeugenvernehmung seines Verteidigers, deren Grundlage - Befreiung von der Schweigepflicht - im Gesetz vorgesehen ist (§ 53 Abs. 2 Satz 1 StPO) und die er nach seinem Belieben herbeiführen kann, schwerlich wegen gebotenen Schutzes der Verteidigungsinteressen unzulässig sein. Unabhängig davon erscheint auch fraglich, ob hier eigene Erläuterungen des Angeklagten zum Zusammenwirken seines psy- chischen Zustands und seiner Äußerungen gegenüber dem Verteidiger und eine Verteidigererklärung ein ausreichender Ersatz wären (zu Bedenken gegen diese in BGH StV 2008, 284, 285 erwogene Möglichkeit vgl. auch Beulke /Ruhmannseder aaO, 287).
- 14
- (bb) Der Beweisantrag ist auch genügend konkretisiert. Die Behauptung, der Angeklagte habe bei der Haftbefehlseröffnung den Verteidiger mit dem Haftrichter verwechselt, ist eine Tatsachenbehauptung. Bei sinngerechter Auslegung enthält sie die Behauptung entsprechender Äußerungen des Angeklagten. Wie der Verteidiger auf anderem Wege zu der Annahme einer solchen Verwechslung gelangt sein könnte, ist nicht leicht vorstellbar. Unabhängig davon ist der Antrag auch im Blick auf eine schlagwortartige Verkürzung des Beweisthemas ausreichend ; unter diesem Blickwinkel hat der Bundesgerichtshof etwa die Behauptung einer „Anstiftung“ des Angeklagten durch einen Dritten (BGHSt 1, 137, 138), die Behauptung, Zeugen hätten bei der Polizei „nicht die Wahrheit gesagt“ (BGHSt 39, 141, 143 f.), oder die Behauptung, ein Zeuge leide unter einer „krankheitsbedingten Alkoholabhängigkeit mit Persönlichkeitsdeformation“ (NStZ 2008, 52, 53) als für Beweisanträge hinreichende Tatsachenbehauptungen anerkannt. Hieran gemessen ist auch die behauptete Verwechslung als genügende Tatsachenbehauptung für einen Beweisantrag anzusehen, ebenso die im zweiten Teil des Beweisantrags behauptete hochgradige Erregung des Angeklagten.
- 15
- (cc) Die Rüge bleibt gleichwohl erfolglos, weil die Strafkammer den Antrag auch der Sache nach im letzten Teil ihres Beschlusses mit tragfähigen Erwägungen als bedeutungslos zurückgewiesen hat. Der Grundsatz, dass die Ablehnung eines Beweisantrags nicht auf mehrere, insbesondere sich gegenseitig ausschließende Gründe gestützt werden kann (BGH NStZ 2004, 51
; Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 120), ist hier nicht einschlägig. Die Möglichkeit, einen Antrag schon aus formalen Gründen - hier: generelle Unzulässigkeit der Beweiserhebung sowie unzulänglicher Tatsachenvortrag - zurückzuweisen, steht nicht in innerem Widerspruch zu der Erwägung , der Antrag bliebe (hier: wegen Bedeutungslosigkeit) selbst dann erfolglos, wenn die genannten formalen Mängel nicht vorlägen, die Beweiserhebung also generell zulässig und das Vorbringen genügend tatsachenfundiert wäre. Die Informationsfunktion des Ablehnungsbeschlusses gemäß § 244 Abs. 6 StPO (vgl. Fischer aaO Rdn. 119) wird - anders als bei unterschiedlichen sachlichen Ablehnungsgründen - durch solche „gestuften“ Ablehnungsgründe nicht eingeschränkt, sondern erweitert.
- 16
- Im Übrigen hat die Strafkammer allerdings im Ansatz mit der Erwägung, auch bei einem zulässigen Beweisantrag sei es kein Gebot der Aufklärungspflicht , diesem nachzugehen, verschiedene Gesichtspunkte vermengt: Allerdings kann auch ein unzulässiger Beweisantrag nach Maßgabe der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) zur Notwendigkeit weiterer Beweiserhebungen führen (vgl. BGH NStZ 2008, 52); liegt jedoch ein in jeder Hinsicht zulässiger Beweisantrag vor, richtet sich seine Verbescheidung nicht nach der Aufklärungspflicht, sondern er kann nur nach Maßgabe von § 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 oder Abs. 5 StPO abgelehnt werden. Der aufgezeigte Mangel im Prüfansatz gefährdet unter den hier gegebenen Umständen den Bestand des Urteils allerdings nicht. Die Strafkammer geht zu Recht davon aus, dass der Beweisantrag Anknüpfungspunkte für die Schuldfähigkeitsbeurteilung erbringen sollte. Wenn, so die Strafkammer nach sachverständiger Beratung, auch im Falle des Gelingens des Beweises solche Anhaltspunkte nicht zu erwarten sind, führt dies unterschiedslos zugleich dazu, dass sich die Strafkammer zur Erhebung dieser Beweise nicht gedrängt sehen muss und dass die Beweiserhebung für die Entscheidung ohne Bedeutung ist. Ein aus anderen Gründen rechtsfehlerhafter Prüfungsmaßstab ist nicht zu erkennen. Die Strafkammer folgt dem Sachverständigen dahin, dass die ge- nannten Beweisbehauptungen, ihre Erweislichkeit unterstellt, keinen Anhaltspunkt für einen „relevanten“ Affekt erkennen lassen. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich daraus keine rechtsfehlerhafte „Beweislastverteilung“. Tatsachen, die keinen Anhaltspunkt für eine bestimmte Schlussfolgerung ergeben , können auch nicht nach Maßgabe des Zweifelssatzes die wesentliche Grundlage für die Annahme sein, diese Schlussfolgerung sei nicht auszuschließen.
- 17
- 2. In der Sache hält die Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit auch unter Berücksichtigung des gesamten hiergegen gerichteten Revisionsvorbringens - im Zusammenhang mit den Angriffen gegen die Annahme von Bedeutungslosigkeit des Beweisantrags ebenso wie zur Begründung der Sachrüge - insgesamt der rechtlichen Überprüfung Stand. Zusammenfassend und ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat insoweit: Die Strafkammer hat nach sachverständiger Beratung in ihre Erwägungen zur Schuldfähigkeit alle wesentlichen Gesichtspunkte einbezogen. Sie hat dabei die generell sich konflikthaft zuspitzende Täter-Opfer-Beziehung ebenso erwogen wie die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten und die „grundsätzlich … affektbegünstigende Ausgangssituation“ (Schüsse am Morgen) sowie die Feststellungen zum Vor- und Nachtatverhalten. Wenn sie im Ergebnis dem zeitlichen Abstand zwischen Schüssen und Tat von fast neun Stunden - in denen sich der Angeklagte unauffällig verhielt -, der Tatvorbereitung - der Angeklagte nahm erst das Bajonett und ging dann durch das Haus in ein anderes Stockwerk zur Wohnung des Bruders - und dem Nachtatverhalten - er billigte seine Tat und ermahnte einen Mieter zu weiterer Vertragstreue - maßgebliches Gewicht beimisst und einen die volle Schuldfähigkeit in Frage stellenden Affekt verneint, so überschreitet sie damit nicht die dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung gezogenen Grenzen. Bei dem Revisionsvorbringen handelt es sich letztlich um den im Revisionsverfahren unbehelflichen Versuch, eine rechtsfehlerfreie tatrichterliche Be- weiswürdigung durch eine eigene zu ersetzen. Soweit die Revision erwägt, es deute auf nur eingeschränkte Schuldfähigkeit hin, dass der Angeklagte selbst die Polizei rief, kann dies schon im Ansatz die Möglichkeit einer lückenhaften Prüfung durch die Strafkammer nicht verdeutlichen. Die alsbaldige Übernahme von Verantwortung für eine Tat ist offenbar keine Grundlage für die Annahme, der Täter habe bei der Tat nicht voll verantwortlich gehandelt, wie dies etwa bei einer spontan und abrupt begangenen Tat ohne Schutz vor Entdeckung der Fall sein kann (sog. „fehlende Sicherheitstendenz“, vgl. hierzu BGH NStZ 2005, 149 f. m.w.N.). Der Senat teilt auch nicht die Auffassung, gegen die von der Strafkammer als Beleg uneingeschränkter Schuldfähigkeit bewertete Erhaltung der „Introspektionsfähigkeit“ des Angeklagten nach der Tat spreche, dass er keine genauen Angaben zu den Verletzungen und der en Todesursächlichkeit machen konnte. Ob der entsprechende Hinweis der Strafkammer überhaupt ergeben soll, dass die Polizei alsbald nach der Tat Details zur Todesursache vom Angeklagten wissen wollte, liegt eher fern. Welche Verletzungen genau durch ins Körperinnere gerichtete Stiche dort eingetreten sind - ob und wie stark also etwa Kleinhirn, Lunge oder Wirbelsäulenarterie getroffen waren - und welche der Stiche letztlich tödlich waren, kann nämlich offensichtlich niemand allein durch äußerliches Betrachten der Leiche erkennen. Nach alledem ist die Strafkammer ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass am Tattage selbst tragfähige Indizien für einen schuldmindernden oder sonst bedeutsamen Affekt nicht erkennbar nach außen getreten sind. Auf dieser Grundlage ist es nicht zu beanstanden, dass sie es abgelehnt hat, aus den im Beweisantrag genannten Erkenntnissen, die wesentlich später angefallen sein sollen, auch bei deren Erweislichkeit gegenteilige Schlüsse zu ziehen.
- 18
- 3. Die Strafkammer begründet ihre Annahme, der Angeklagte habe die für die Bewertung der Tat als heimtückisch wesentlichen Elemente in sein Bewusstsein aufgenommen („Ausnutzungsbewusstsein“) damit, dass eine Ausnahmesi- tuation, wie sie bei Tatbegehung im Rahmen eines affektiven Durchbruchs gegeben sein kann, nicht vorlag. Dies ist nicht zu beanstanden. Bei erhaltener Einsichtsfähigkeit - anderes ist hier nicht ersichtlich - ist die Fähigkeit des Täters, die Tatsituation in ihrem Bedeutungsgehalt für das Opfer realistisch wahrzunehmen und einzuschätzen, regelmäßig nicht beeinträchtigt (BGH, Urt. vom 27. Februar 2008 - 2 StR 603/07; aus forensisch-psychiatrischer Sicht ebenso Dannhorn NStZ 2007, 297, 299). Selbst die Annahme einer affektbedingt erheblich verminderten Schuldfähigkeit könnte für sich genommen die Verneinung des Ausnutzungsbewusstseins nicht tragen (BGH aaO; NStZ 2003, 535; vgl. auch BGH NStZ-RR 2000, 166). Unter welchen - jedenfalls besonderen - konkreten Umständen des Einzelfalles die Möglichkeit affektbedingt fehlenden Ausnutzungsbewusstseins bei voll erhaltener Schuldfähigkeit (vgl. BGHSt 6, 329, 332) in Betracht kommen kann, kann hier offen bleiben. Die Strafkammer hat jedenfalls, nicht zuletzt gestützt auf ihre Feststellungen zum Vor- und Nachtatverhalten, keine Anhaltspunkte für derartige Besonderheiten feststellen können, ohne dass ihr dabei Rechtsfehler unterlaufen wären. Daher brauchte sie die von ihr im Grundsatz gesehene genannte Ausnahmemöglichkeit auch nicht breiter als geschehen zu erörtern.
- 19
- Auch sonst enthält das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt
- 1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst; - 5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung
- 1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches), - 2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder - 3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
- 1.
Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, - 2.
Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung, - 3.
Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, - 3a.
Organ oder Mitglied eines Organs einer Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechtsanwälten oder europäischen niedergelassenen Rechtsanwälten oder einer Berufsausübungsgesellschaft von Patentanwälten oder niedergelassenen europäischen Patentanwälten im Zusammenhang mit der Beratung und Vertretung der Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Berufsausübungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung oder Hilfeleistung in Steuersachen oder ihrer rechtsanwaltlichen oder patentanwaltlichen Tätigkeit, - 4.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist, - 5.
Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, - 6.
staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder - 7.
Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
- 1.
Amtsträger oder Europäischer Amtsträger, - 2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, - 3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt, - 4.
Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates, - 5.
öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder - 6.
Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
(2a) (weggefallen)
(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Datenschutzbeauftragter bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, - 2.
als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder - 3.
nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.
(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.
(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt
- 1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst; - 5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung
- 1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches), - 2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder - 3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.