Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2016 - 1 StR 499/16

bei uns veröffentlicht am08.12.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 499/16
vom
8. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:081216B1STR499.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – am 8. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 20. Mai 2016 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten U. wegen unerlaubter bewaffne- ter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge „mit“ Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Mitangeklagte R. wurde wegen dieser Tat zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Die Revision des Angeklagten U. rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie im Sinne § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Am 26. November 2015 verbrachten der Angeklagte U. als Beifahrer und der Mitangeklagte R. als Fahrer in einem Pkw auf der B 299 über den ehemaligen Grenzübergang W. 250,95 Gramm Methamphetamin mit einer Wirkstoffmenge von 185,60 Gramm Metamphetaminbase aus der Tschechischen Republik in das Bundesgebiet. Der Angeklagte U. hatte das Rauschgift zuvor auf dem Vietnamesenmarkt in E. von einer unbekannten Person erworben, in Anwesenheit des Mitangeklagten R. noch in E. vor der Rückfahrt nach Deutschland mit Panzerklebeband in fünf Rauschgiftplomben verpackt und in der Seitenverkleidung des Kofferraums verbaut. Beide Angeklagten beabsichtigten, das Rauschgift im Raum N. einem gewissen „S. “ zu übergeben, der dieses Rauschgift gewinnbringend wei- terverkaufen wollte.
4
Auf der rechten Seite der Rücksitzbank im Tatfahrzeug, verdeckt von der Jacke des Angeklagten U. , befand sich griffbereit – was beide Angeklagten wussten bzw. billigend in Kauf nahmen – ein zu Beginn der Fahrt in Deutschland vom Angeklagten U. erworbenes sogenanntes Rettungsmesser, um es bei gegebenenfalls auftretenden Schwierigkeiten beim Transport oder der Übergabe des Rauschgifts oder auch bei eventuellen Polizeikontrollen einzusetzen. Bei diesem Rettungsmesser handelte es sich, was beide Angeklagten wussten, um ein Klappmesser mit einer massiven, ca. 6 cm langen, spitz zulaufenden scharfen und arretierbaren Metallklinge sowie einer zusätzlichen Vorrichtung zum Durchtrennen etwa von Autosicherheitsgurten.
5
2. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht den Strafrahmen des § 30a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BtMG zu Grunde gelegt und das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG verneint. Dabei hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten U. u.a. berücksichtigt, „dass es sich bei Methamphetamin gerichtsbekannterweise um eine extrem gefährliche und gesundheitsschädigende Droge mit hohem Suchtpotential handelt“ (UA S. 14) und diesen Umstand im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne erneut strafschärfend berücksichtigt.

II.

6
Während der Schuldspruch aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts frei von Rechtsfehlern (§ 349 Abs. 2 StPO) ist, hält die Strafzumessung des Landgerichts revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.
7
Auch eingedenk des beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabes (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. März 2015 – 5 StR 6/15, StraFo 2015, 257; vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568 und vom 7. November 2007 – 1 StR 164/07, wistra 2008, 58; Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN) ist die Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, weil die straferschwerende Bewertung des Landgerichts, dass es sich bei Methamphetamin „gerichtsbekannterweise um eine extrem gefährliche und gesundheitsschädigende Droge mit hohem Sucht- potential handelt“ nicht näher belegt wurde (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ 2016, 614 mit Anmerkung Patzak/Wittlich/Dahlenburg).
8
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben bestehen. Raum Graf Jäger Cirener Bär

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR6/15
vom
24. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
24. März 2015, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt L.
als Verteidiger,
Rechtsanwalt W.
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. September 2014 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

– Von Rechts wegen –

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihrer auf den Strafausspruch beschränkten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie macht insbesondere geltend, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft einen minder schweren Fall nach § 213 Alt. 2 StGB angenommen. Die Revision bleibt ohne Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
a) Der zur Tatzeit 24-jährige Angeklagte und das spätere Tatopfer K. waren seit gemeinsamer Grundschulzeit miteinander befreundet. Beide trafen sich am Abend des 18. März 2014 mit dem gemeinsamen Bekannten T. , um dessen Geburtstag mit ihm und seinem Freund, dem Zeugen Y. , zu feiern. Zu ihnen stießen auch eine Bekannte des K. und deren Freundin. Die Gruppe, die zuvor andernorts Getränke zu sich genommen hatte, begab sich gegen Mitternacht in die Wohnung K. s, um dort gemeinsam weiter zu feiern. Nachdem sich die jungen Frauen von Anzüglichkeiten K. s und T. s, die beide angetrunken waren, belästigt gefühlt hatten und T. die Party zu langweilig geworden war, forderte K. alle zum Gehen auf; er hatte sich geärgert, dass der Angeklagte sich mit seiner Bekannten in die Küche zurückgezogen hatte. K. , T. und Y. stiegen in ein Auto und fuhren grußlos davon. Der Angeklagte und die beiden jungen Frauen waren empört und enttäuscht darüber, auf der Straße stehen gelassen worden zu sein. Sie riefen K. an, um ihn zur Rede zu stellen. In der unter wechselseitigem Gebrauch vulgärer Ausdrücke und Beleidigungen zunehmend erregter geführten Unterhaltung warf K. dem Angeklagten vor, den Abend kaputt gemacht und ihm und T. die Frauen ausgespannt zu haben. Der Angeklagte forderte K. schließlich auf, ihm in Zukunft grußlos zu begegnen; auch er werde ihn nicht mehr grüßen, wenn man sich zufällig über den Weg laufe. Anschließend ging der Angeklagte, der noch im elterlichen Haushalt lebte, nach Hause.
4
Gegen 3:00 Uhr waren K. , T. und Y. zu der Straße gefahren , in der außer dem Angeklagten auch T. wohnte. Nachdem K.
mehrfach vergeblich versucht hatte, bei dem Angeklagten anzurufen, der das Gespräch jedoch nicht annahm, kam es zu einem Telefonat zwischen beiden, bei dem K. ankündigte, dass sie bald bei dem Angeklagten vor der Tür wären. Er forderte den Angeklagten auf, herunter zu kommen, damit man die Sache klären könne. Der Angeklagte schlug daraufhin vor, später auf seiner Arbeitsstelle miteinander zu reden. K. erwiderte sinngemäß, dass der Angeklagte feige sei, wenn er nicht herunter käme (UA S. 6, 16), und äußerte: „Wir ficken dich“. Außerdem bezeichnete er den Angeklagten und dessen Familie als ehrlos und warf ihm vor, nicht einmal auf seine Schwester aufpassen zu können. Als der mit maximal 1,27 ‰ alkoholisierte Angeklagte mitbekam, dass K. und seine beiden Begleiter vor der Haustür angelangt waren, entschied er sich, hinunter zu gehen und zog sich wieder an. Um sie einzuschüchtern und von Angriffen abzuhalten, nahm er spontan ein Küchenmesser mit. Als der Angeklagte mit dem Messer in der Hand aus dem Haus trat, hatten sich K. , T. und Y. halbkreisförmig in geringer Entfernung von einem halben Meter bis zu zwei Metern um die Haustür herum formiert (UA S. 6, 17). Als K. sich zu ihm hindrehte, stach der Angeklagte ihm mit bedingtem Tötungsvorsatz wuchtig in die Brust und traf ihn ins Herz. Mit dem Ausruf „Ihr sollt rich- tig mit mir reden“ ging er wieder zurück ins Haus. K. verblutete an der Stichverletzung noch am Tatort.
5
b) Die Schwurgerichtskammer hat einen minder schweren Fall nach § 213 Alt. 2 StGB angenommen. Im Rahmen der Gesamtwürdigung hat sie strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte bislang unbestraft, „insofern“ auch durch die lang andauernde Untersuchungshaft belastet sei. Er habe die Tat mit ernsthaftem Bedauern eingeräumt und sich in seinem letzten Wort gegenüber der Familie des Opfers entschuldigt. Auch hätten seine alkoholbedingte Enthemmung und die Umstände für ihn gesprochen, dass der Tat – wenn- gleich nicht den in § 213 Alt. 1 StGB bezeichneten Schweregrad erreichende – Beleidigungen und Provokationen seitens des Opfers vorausgegangen seien, er zunächst versucht habe, der Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen und die Situation, als er sich allein drei streitlustigen Männern gegenüber gesehen habe, für ihn bedrohlich und einer Notwehrsituation nahe erschienen sei.
6
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft deckt letztlich keinen durchgreifenden Rechtsfehler bei der Strafrahmenwahl und der Strafzumessung auf.
7
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf Grund der Hauptverhandlung die wesentlichen be- und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgerichts eingeräumten Spielraums liegt. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349). Das gilt auch insoweit, als die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Juli 2006 – 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339, 340; vom 12. Januar 2011 – 5 StR 403/10, NStZ-RR 2011, 141, und vom 31. Juli 2014 – 4 StR 216/14 mwN).
8
b) Daran gemessen ist die Entscheidung des Landgerichts revisionsrechtlich noch hinzunehmen. Die Beschwerdeführerin, die sich gegen die Wertung des Landgerichts wendet, es lägen erhebliche Strafmilderungsgründe, aber kein gewichtiger Straferschwerungsgrund vor, zeigt einen Rechtsfehler nicht auf. Dass das Landgericht eine durch den Generalbundesanwalt ange- sprochene „Heimtückenähe“ aus dem Blick verloren haben könnte, schließt der Senat angesichts der unmittelbar zuvor erfolgten Erörterung dieses Mordmerkmals und der Bezugnahme auf das Tatbild aus. Auch hat das Landgericht entgegen den Ausführungen der Revision den als strafmildernd herangezogenen Gesichtspunkt längerer Untersuchungshaft, die zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung bereits sechs Monate angedauert hatte, ausdrücklich in Bezug gesetzt zur bisherigen Unbestraftheit des Angeklagten. Damit hat es eine besondere Haftempfindlichkeit des zuvor noch nie inhaftierten Angeklagten zum Ausdruck gebracht und nicht lediglich den Vollzug von Untersuchungshaft an sich strafmildernd berücksichtigt (BGH, Urteile vom 21. Dezember 1993 – 5 StR 683/93, NStZ 1994, 198; vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645, und vom 19. Januar 2012 – 3 StR 413/11, NStZ-RR 2012, 168, 169).
9
Auch die Einschätzung des Landgerichts, der Angeklagte habe zunächst versucht, der nächtlichen Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen, findet entgegen dem Vorbringen der Staatsanwaltschaft in den Feststellungen ihre Bestätigung. Danach hatte der Angeklagte zunächst vorgeschlagen, die Klä- rung „der Sache“ auf den nächsten Tag zu verschieben und an einem anderen Ort durchzuführen (UA S. 6).
10
Die von der Revision angegriffene Bewertung des Landgerichts, dass der Angeklagte sich bei Tatbegehung einer Situation gegenüber sah, die „für ihn bedrohlich und einer Notwehrsituation nahe schien“, stellt keinen Rechtsfehler dar, der sich auf die Strafrahmenwahl oder konkrete Strafzumessung ausgewirkt haben könnte. Denn das Landgericht hat die relevanten Umstände zutreffend zugrunde gelegt (das Tatopfer hatte gegenüber dem zuvor provozierten Angeklagten seine Aufforderung, auf die Straße herunter zu kommen, mit der Ankündigung, „wir ficken dich“, begleitet; der Angeklagte stand alleine drei streitlustigen jungen Männern gegenüber, die sich in kurzem Abstand halbkreisförmig und damit für den Angeklagten bedrohlich um den Hauseingang herum postiert hatten).
Sander Schneider König
Berger Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 149/05
vom
29. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Juni
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23. November 2004 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen sowie wegen unerlaubten Besitzes einer Schußwaffe und von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 13.000 € angeordnet. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte - vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkt; sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Der Angeklagte erwarb in der Zeit von 1996 bis 2001 in 16 Fällen von einem Lieferanten aus Köln jeweils zwischen 5 und 100 kg - insgesamt 507,8 kg - Haschisch zum Weiterverkauf sowie - zu einem geringen Teil - zum
Eigenkonsum. Im November 2003 war er ohne waffenrechtliche Erlaubnisse im Besitz einer Pistole und von Munition. Das Landgericht hat als Einzelstrafen für das Handeltreiben mit 100 kg Haschisch eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren (Einsatzstrafe), für die weiteren 15 Fälle des Handeltreibens jeweils eine Freiheitsstrafe zwischen zwei Jahren und drei Jahren und zehn Monaten und für den Verstoß gegen das Waffengesetz eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen festgesetzt. 2. Die Gesamtstrafenbildung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von Tat und Täterpersönlichkeit gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 5). An die Begründung der Strafhöhe sind allerdings um so größere Anforderungen zu stellen, je mehr sich die Strafe der unteren oder oberen Grenze des Zulässigen nähert. So ist auch die Gesamtstrafenbildung dann eingehend zu begründen, wenn die Einsatzstrafe nur geringfügig überschritten wird (BGHSt 24, 268, 271). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil jedoch gerecht. Das Landgericht hat die Erhöhung der Einsatzstrafe von fünf Jahren um lediglich ein Jahr rechtsfehlerfrei begründet.
Die Kammer hat dabei dem Angeklagten in erster Linie ein Geständnis "von ganz außergewöhnlichem Wert" zugute gehalten, mit dem er die im Kern nahezu ausschließlich tragende Verurteilungsgrundlage gelegt habe und das als eine bewußte Wahrnehmung der Verantwortung für eigenes Fehlverhalten zu betrachten sei. Weiterhin hat sie u.a. als strafmildernd gewertet, daß der 47jährige Angeklagte nicht vorbestraft und - außerhalb seiner betäubungsmittelrechtlichen Verfehlungen - sozial gut eingegliedert ist. Zu Lasten des Angeklagten hat sie insbesondere den "objektiv sehr gravierenden Unrechtsgehalt" der Taten gewertet, die allerdings zum Teil lange zurückliegen würden. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Staatsanwaltschaft, daß die Kammer hierbei die hohen Gesamtmengen der gehandelten Betäubungsmittel nicht gebührend berücksichtigt habe. Der hohe Unrechtsgehalt der Taten konnte sich hier offensichtlich nur aus der Menge des gehandelten Haschischs ergeben, so wie die Kammer dies in den der Festsetzung der Einzelstrafen vorangestellten Strafzumessungserwägungen - die sich nicht auf die Beurteilung der Einzeltaten beschränken, sondern das gesamte Tatgeschehen berücksichtigen - auch konkret dargelegt hat. Die Revision geht, wie den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zu entnehmen ist, im übrigen selbst - zu Recht - davon aus, daß die Kammer den im Rahmen der Festsetzung der Einzelstrafen angestellten allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch für die Bemessung der Gesamtstrafe Bedeutung beigemessen hat. Der Revision ist zwar zuzugeben, daß die Verbüßung von Untersuchungshaft grundsätzlich nicht zu einer Strafmilderung führen muß (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 20). Es stellt jedoch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Landgericht dem Angeklagten zugute hält, daß die lange Verfahrensdauer durch die - erstmalige - Inhaftierung noch erschwert wurde.
Richtig geht die Revision schließlich auch davon aus, daß auch die mit der Anordnung des Wertersatzverfalls verbundene Vermögenseinbuße in der Regel keinen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. BGH NStZ 2001, 312). Das schließt indessen nicht aus, daß das Landgericht die Höhe der Strafe und die Anordnung des Verfalls im Hinblick auf die heutigen Vermögensverhältnisse des Angeklagten "in gewissem Umfang" aufeinander abstimmen konnte (vgl. BGH NStZ 1995, 491, 492). Angesichts der umfassenden Würdigung durch die Kammer und der von ihr hervorgehobenen Besonderheiten des vorliegenden Falles kann nicht die Rede davon sein, die Gesamtstrafe erweise sich hier nicht mehr als gerechter Schuldausgleich. Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 72/16
vom
15. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. + 2.: unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
zu 3.: Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:150616B1STR72.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 8. Oktober 2015
a) im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Einziehung des Betäubungsmittels – auch hinsichtlich des ehemaligen Mitangeklagten M. – und
b) hinsichtlich des Angeklagten H. im Ausspruch über den Vorwegvollzug der Maßregel aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte T. und den Angeklagten H. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge „mit“ unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von jeweils sieben Jahren und drei Monaten, den Angeklagten N. wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge „mit“ Beihilfe zum unerlaubten Handel- treiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und den Angeklagten M. wegen „Beihilfezur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es die Unterbringung des Angeklagten H. in einer Entziehungsanstalt, den Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe vor der Maßregel sowie die Einziehung des „sichergestellten Rauschgifts“ und mehrerer Mobiltelefone angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts. Darüber hinaus beanstanden die Revisionen der Angeklagten T. und N. das Verfahren. Sie haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
Am 3. September 2014 verbrachten die Angeklagten 418,34 g Methamphetamin mit einer Wirkstoffmenge von 254,2 g in dem vom Angeklagten H. geführten Pkw auf der Bundesautobahn A 6 über den ehemaligen Grenzübergang Waidhaus-Autobahn aus der Tschechischen Republik in das Bundesgebiet. Die Angeklagte T. befand sich auf dem Beifahrersitz, der Angeklagte N. und der ehemals Mitangeklagte M. saßen auf der Rückbank des Fahrzeugs. Die im Pkw befindlichen Betäubungsmittel waren in drei Druckverschlusstüten aufgeteilt, von denen eine mit einem Inhalt von 25,87 g in einer Packung Damenbinden im Koffer der Angeklagten T. aufbewahrt wurde und die beiden anderen mit 195,58 g und 196,89 g sich je in einem Schuh befanden, die in einer Einkaufstüte verstaut waren. Die Angeklagte T. hatte die Betäubungsmittel zuvor beschafft und in ihrem Koffer und den Schuhen versteckt und diese sodann in das Tatfahrzeug gelegt. Das im Eigentum der Schwester der Angeklagten T. stehende Tatfahrzeug hatte der Angeklagte N. in Kenntnis des beabsichtigten Methamphetamintransports zum Abfahrtsort nach Prag gebracht. Die Betäubungsmittel sollten – was sämtlichen Angeklagten bekannt war – über Deutschland nach Schweden transportiert und dort gewinnbringend weiterverkauft werden, wobei die Übergabe der Betäubungsmittel in Schweden durch den Mitangeklagten M. erfolgen sollte.
4
Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht hinsichtlich der Angeklagten H. und T. den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zu Grunde gelegt und das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 30 Abs. 2 BtMG verneint. Hinsichtlich des Angeklagten N. hat das Landgericht den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert, ohne jedoch die Voraussetzungen eines minder schweren Falles ausdrücklich zu erörtern. Dabei hat das Landgericht zu Lasten der Angeklagten u.a. berücksichtigt, „dass es sich bei Metamphetamin gerichtsbe- kannterweise um eine extrem gefährliche und gesundheitsschädigende Droge mit hohem Suchtpotential handelt“ bzw. auf „die gerichtsbekannt hohe Gefährlichkeit von Metamphetamin“ abgestellt und diese Umstände im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne erneut strafschärfend berücksichtigt.

II.

5
Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht vollumfänglich stand.
6
1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Rechtsmittel bedarf lediglich die Revision des Angeklagten H. der Erörterung.
7
Der Angeklagte hat seine Revision durch Schreiben vom 13. Dezember 2015 – am 16. Dezember 2015 bei der gemeinsamen Einlaufstelle des Landgerichts , der Staatsanwaltschaft und des Amtsgerichts Weiden i.d. OPf. eingegangen – zurückgenommen. Seine Verteidigerin, Frau Rechtsanwältin To. , hat mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 – am selben Tag bei der gemeinsamen Einlaufstelle eingegangen – die Rücknahme der Revision durch den Angeklagten für gegenstandslos erklärt. Nach Einholung dienstlicher Erklärungen durch den Senat im Freibeweisverfahren zur zeitlichen Abfolge des Eingangs der oben genannten Schreiben konnte letztlich nicht zweifelsfrei geklärt werden, welches der beiden Schreiben früher beim zuständigen Gericht eingegangen ist, sodass die Revision als zulässig anzusehen ist (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 2. September 1960 – 4 StR 311/60, NJW 1960, 2202; vom 3. Mai 1991 – 3 StR 70/91 und vom 19. Mai 1994 – 1 StR 132/94, NStZ 1994,

447).

8
2. Den von den Angeklagten T. und N. erhobenen Verfahrensrügen bleibt der Erfolg aus den zutreffenden Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts versagt.
9
3. Die Revisionen der Angeklagten haben auf die erhobenen Sachrügen jedoch den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, weil die Strafzumessung des Landgerichts und die Anordnung der Einziehung revisionsgerichtlicher Prüfung nicht standhalten.
10
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Er allein ist aufgrund des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, in der Lage, die für die Strafzumessung bestimmenden entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 17. September 1980 – 2StR 355/80, BGHSt 29, 319 mwN; vom 4. Februar 2004 – 5 StR 511/03, wistra 2004, 262 [263]; vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568; vom 7. Juni 2006 – 2 StR 42/06, wistra 2006, 343 [344]; vom 7. November 2007 – 1 StR 164/07, wistra 2008, 58 f. und vom 19. Januar 2012 – 3 StR 413/11, NStZ-RR 2012, 168; Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 349). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO vorliegen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist dagegen ausgeschlossen (BGH, Urteile vom 29. Juni 2005 – 1StR 149/05, NStZ 2006, 568 und vom 7. November 2007 – 1 StR 164/07, wistra 2008, 59; Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 349).
11
Vorliegend sind die Zumessungserwägungen des Landgerichts in sich fehlerhaft, weil es im Rahmen der konkreten Strafzumessung einzelnen Strafzumessungsgründen erkennbar ein zu hohes Gewicht beigemessen hat.
12
Grundsätzlich kommt im Rahmen der Strafzumessung der Art des Rauschgifts und seiner Gefährlichkeit eine eigenständige Bedeutung zu (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 4 StR 202/00, StV 2000, 613; Patzak in Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 208), wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diesbezüglich ein für die Strafzu- messung maßgebliches Stufenverhältnis von sog. „harten“ Drogen, wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack (BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 – 4 StR 393/97, NStZ-RR 1998, 148; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 4 StR 202/00, StV 2000, 613) über Amphetamin, das auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 1990 – 2StR 275/90, StV 1990, 494; vom 10. Februar 1993 – 2 StR 20/92, NStZ 1993, 287; vom 30. Oktober 1996 – 2 StR 508/96, StV 1997, 75 und vom 26. März 2014 – 2 StR 202/13, StV 2015, 353), bis hin zu sog. „weichen“ Drogen , wie Cannabis (dazu BGH, Urteile vom 2. Dezember 1986 – 1 StR 599/86, StV 1987, 203 und vom 28. Januar 2009 – 5 StR 465/08), besteht (vgl. insgesamt Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 114, 126, 209 ff. mwN).
13
Die straferschwerende Bewertung des Landgerichts, dass es sich bei Methamphetamin „gerichtsbekannterweise um eine extrem gefährliche und gesundheitsschädigende Droge mit hohem Suchtpotential handelt“, sowie inhalt- lich ähnliche Formulierungen begegnen im vorliegenden Fall durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Senat besorgt deshalb, dass das Landgericht Methamphetamin als mindestens so gefährlich wie Heroin eingeschätzt und damit das in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte vorgenannte Stufenverhältnis außer Acht gelassen hat. Zutreffend ist zwar, dass es sich bei dem Rauschgift Methamphetamin um ein durchaus gefährliches Betäubungsmittel mit hohem Suchtpotential handelt (so BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 1StR 7/15, NStZ-RR 2015, 283). Dies bedeutet allerdings nicht ohne weite- res, dass es hinsichtlich seiner Gefährlichkeit mit „harten“ Drogen, wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack, gleichzusetzen ist (dazu auch BGH, Urteil vom 17. November 2011 – 3 StR 315/10, NJW 2012, 400 [401 aE]), zumal eine solche Annahme durch das Landgericht auch nicht näher belegt wurde.
14
b) Des Weiteren ist die unterbliebene Prüfung, ob hinsichtlich des Angeklagten N. die Voraussetzungen eines minder schweren Falles gemäß § 30 Abs. 2 BtMG vorliegen, hier rechtsfehlerhaft.
15
Hier lag unter den gegebenen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles gerade für den Angeklagten N. infolge der fehlenden Vorstrafen, der sozialen Einordnung in der Tschechischen Republik, der finanziellen Unterstützung der Familie in Vietnam, der Sicherstellung des Betäubungsmittels , insbesondere aber infolge des Vorliegens des vertypten Milderungsgrundes der Beihilfe und vor allem seines untergeordneten Tatbeitrages sowie des vom Landgericht nicht festgestellten Eigeninteresses – auch in Anbetracht der Art und Menge des Betäubungsmittels – nicht fern und hätte infolgedessen der ausdrücklichen Erörterung durch das Landgericht bedurft.
16
4. Auch die Einziehungsanordnung des Landgerichts erweist sich im Hinblick auf das Betäubungsmittel als nicht frei von Rechtsfehlern. Die einzuziehenden Gegenstände sind im Urteilstenor konkret zu bezeichnen, um Klarheit über den Umfang der Einziehung für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde zu schaffen und um eine ordnungsgemäße Vollstreckung zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 6. Oktober 1955 – 3 StR 279/55, BGHSt 8, 205 [211 f.] und vom 15. März 1994 – 1 StR 179/93, NJW 1994, 1421). Die Anord- nung der Einziehung des „sichergestellten Rauschgifts“ ist zu unbestimmt und genügt den vorliegenden Anforderungen nicht. Vielmehr hätte es der Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Betäubungsmittels im Urteilstenor bedurft (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2007 – 1 StR 251/07, NStZ 2007, 713).
17
5. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils aufgrund der fehlerhaften Zumessungserwägungen und Einziehungsanordnung auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken, der seine Revision im Verlauf des Verfahrens vor dem Senat zurückgenommen hat (zur Revisionserstreckung bei Revisionsrücknahme vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1958 – 1 StR 589/57, NJW 1958, 560; vom 14. Mai 1996 – 1 StR 51/96, NJW 1996, 2663 [2665] und vom 28. Oktober 2004 – 3 StR 301/03, BGHSt 49, 275 [276, 299]).
18
6. Die Anordnung des Vorwegvollzugs der Maßregel hinsichtlich des Angeklagten H. gemäß § 67 Abs. 2 Satz 4 StGB war infolge der Aufhebung des Urteils im Strafausspruch ebenfalls aufzuheben. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB bleibt davon unberührt.
19
7. Im Übrigen waren die weitergehenden Revisionen der Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben bestehen.

III.

20
Im Hinblick auf die Bemessung einer gegen den MitangeklagtenM. zu verhängenden Jugendstrafe weist der Senat auf § 18 Abs. 2 JGG hin. Danach ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen , inwieweit dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folge der Strafe für die weitere Entwicklung des Jugendlichen /Heranwachsenden abgewogen worden ist (dazu BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 – 2 StR 413/13, NStZ 2014, 407; Beschlüsse vom 28. Februar 2012 – 3StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186 mwN; vom 17. Juli 2012 – 3 StR 238/12 und vom 8. Januar 2015 – 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154). Hieran fehlt es, wenn die Begründung wesentlich oder gar ausschließlich mit solchen Zumessungserwägungen vorgenommen wird, die auch bei Erwachsenen in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 1994 – 4 StR 367/94). Eine abschließende lediglich formelhafte Erwähnung der erzieherischen Erforderlichkeit der verhängten Jugendstrafe genügt den Erfordernissen des § 18 Abs. 2 JGG nicht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2012 – 3 StR 238/12 und vom 8. Januar 2015 – 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154). Raum Graf Jäger RiinBGH Dr. Fischer ist in Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Bär