Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2017 - 1 StR 515/17

bei uns veröffentlicht am07.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 515/17
vom
7. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:071117B1STR515.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 19. Juni 2017 aufgehoben. 2. Das Verfahren wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Regensburg zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 20. Mai 2016 wegen unerlaubter bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2016 (1 StR 499/16) dieses Urteil im Strafausspruch aufgehoben. Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Das Landgericht ist bei der konkreten Strafzumessung rechtsfehlerhaft von einem unzutreffenden Strafrahmen von zwei Jahren bis fünfzehn Jahren ausgegangen.
3
Das Landgericht nimmt mit zutreffenden Erwägungen (UA S. 12) nach umfassender Gesamtwürdigung einen minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30a Abs. 3 BtMG an. Im Ausgangspunkt richtig hat das Landgericht als Folge davon auch gesehen, dass die durch den schwereren Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 1 BtMG im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängten Tatbestand des § 30 Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung hinsichtlich der Mindeststrafe entfalten (BGH, Urteile vom 13. Februar 2003 – 3 StR 349/02, BGHR BtMG § 30a Abs. 3 Strafzumessung 1 und vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 303/13, NStZRR 2014, 82). Rechtsfehlerhaft wird jedoch vom Landgericht für die Bestimmung der Höchststrafe nicht die nach ständiger Rechtsprechung für den Schuldspruch maßgebliche Bestimmung des § 30a Abs. 3 BtMG herangezogen (BGH, Beschlüsse vom 25. Mai 2010 – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99und vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13, NStZ-RR 2014, 180; Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 303/13, NStZ-RR 2014, 82; Beschlüsse vom 14. August 2013 – 2 StR 143/13 und vom 12. Februar 2015 – 5 StR 536/14; Urteil vom 19. Januar 2017 – 4 StR 334/16, NStZ-RR 2017, 117; Beschluss vom 17. Januar 2017 – 4 StR 604/16; vgl. aber auch Beschluss vom 25. Juli 2013 – 3 StR 143/13, NStZ 2014, 164; Urteil vom 7. September 2017 – 3 StR 278/17).
4
Nachdem das Landgericht sich bei der konkreten Strafbemessung ausdrücklich am Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG von zwei bis fünfzehn Jahren orientiert hat (UA S. 23), kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des zutreffenden Strafrahmens eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte.
5
2. Auch die vom Landgericht getroffenen ergänzenden Feststellungen können bestehen bleiben, da sie vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind.
6
3. Der Senat hielt es für angebracht, das Verfahren an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). RiBGH Prof. Dr. Graf befindet sich im Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Raum Jäger Cirener Bär

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 499/16
vom
8. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:081216B1STR499.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – am 8. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 20. Mai 2016 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten U. wegen unerlaubter bewaffne- ter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge „mit“ Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Mitangeklagte R. wurde wegen dieser Tat zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Die Revision des Angeklagten U. rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie im Sinne § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Am 26. November 2015 verbrachten der Angeklagte U. als Beifahrer und der Mitangeklagte R. als Fahrer in einem Pkw auf der B 299 über den ehemaligen Grenzübergang W. 250,95 Gramm Methamphetamin mit einer Wirkstoffmenge von 185,60 Gramm Metamphetaminbase aus der Tschechischen Republik in das Bundesgebiet. Der Angeklagte U. hatte das Rauschgift zuvor auf dem Vietnamesenmarkt in E. von einer unbekannten Person erworben, in Anwesenheit des Mitangeklagten R. noch in E. vor der Rückfahrt nach Deutschland mit Panzerklebeband in fünf Rauschgiftplomben verpackt und in der Seitenverkleidung des Kofferraums verbaut. Beide Angeklagten beabsichtigten, das Rauschgift im Raum N. einem gewissen „S. “ zu übergeben, der dieses Rauschgift gewinnbringend wei- terverkaufen wollte.
4
Auf der rechten Seite der Rücksitzbank im Tatfahrzeug, verdeckt von der Jacke des Angeklagten U. , befand sich griffbereit – was beide Angeklagten wussten bzw. billigend in Kauf nahmen – ein zu Beginn der Fahrt in Deutschland vom Angeklagten U. erworbenes sogenanntes Rettungsmesser, um es bei gegebenenfalls auftretenden Schwierigkeiten beim Transport oder der Übergabe des Rauschgifts oder auch bei eventuellen Polizeikontrollen einzusetzen. Bei diesem Rettungsmesser handelte es sich, was beide Angeklagten wussten, um ein Klappmesser mit einer massiven, ca. 6 cm langen, spitz zulaufenden scharfen und arretierbaren Metallklinge sowie einer zusätzlichen Vorrichtung zum Durchtrennen etwa von Autosicherheitsgurten.
5
2. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht den Strafrahmen des § 30a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BtMG zu Grunde gelegt und das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG verneint. Dabei hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten U. u.a. berücksichtigt, „dass es sich bei Methamphetamin gerichtsbekannterweise um eine extrem gefährliche und gesundheitsschädigende Droge mit hohem Suchtpotential handelt“ (UA S. 14) und diesen Umstand im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne erneut strafschärfend berücksichtigt.

II.

6
Während der Schuldspruch aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts frei von Rechtsfehlern (§ 349 Abs. 2 StPO) ist, hält die Strafzumessung des Landgerichts revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.
7
Auch eingedenk des beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabes (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. März 2015 – 5 StR 6/15, StraFo 2015, 257; vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568 und vom 7. November 2007 – 1 StR 164/07, wistra 2008, 58; Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN) ist die Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, weil die straferschwerende Bewertung des Landgerichts, dass es sich bei Methamphetamin „gerichtsbekannterweise um eine extrem gefährliche und gesundheitsschädigende Droge mit hohem Sucht- potential handelt“ nicht näher belegt wurde (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ 2016, 614 mit Anmerkung Patzak/Wittlich/Dahlenburg).
8
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben bestehen. Raum Graf Jäger Cirener Bär

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 303/13
vom
19. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Dezember
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 1. Februar 2013 im Strafausspruch in den Fällen B. I. 1.a bis 1.e der Urteilsgründe – im Fall B. I. 1a auch zugunsten des Angeklagten – sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen , Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung, Diebstahls in vier Fällen und Hehlerei unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 23. Februar 2012 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine weitere Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil richtet sich die wirksam auf den Strafausspruch in den Fällen B. I. 1.a bis 1.e sowie den Gesamtstrafenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils schloss sich der Angeklagte spätestens im Sommer 2011 mit den gesondert verfolgten E. M. und A. zusammen, um mit Kokain in nicht geringen Mengen Handel zu treiben. Im Dezember 2011 schloss sich ihnen noch der gesondert verfolgte B. an. In den Fällen B. I. 1.a bis 1.e der Urteilsgründe bezog die Bande zu Handelszwecken jeweils mindestens 500 g, 150 g, 200 g, 910 g und 100 g Kokain mit 10 % Wirkstoffgehalt. Im Fall B. I. 1.d waren zunächst 910 g Kokain in den Besitz der Bande gelangt; 410 g davon hatte man mangels Absatzmöglichkeit an den Lieferanten zurückgegeben. Das Landgericht hat im Fall 1.a eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, in den Fällen 1.b bis 1.d eine Freiheitsstrafe von jeweils zwei Jahren und im Fall 1.e eine solche von einem Jahr und drei Monaten verhängt.

II.


3
Der Strafausspruch in den von der Staatsanwaltschaft angegriffenen Fällen hat keinen Bestand.
4
1. Schon die Erwägungen, mit denen die Strafkammer den Strafrahmen des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht hat, begegnen rechtlichen Bedenken. Die Formulierung , „der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des zusätzlich verschärften Verbrechenstatbestandes des § 30a BtMG international organisierte Drogensyndikate im Blick, die nicht nur mittels Kurieren Drogen in die Bundesrepublik einschleusen, sondern auch Absatzorganisationen aufbauen und Maßnahmen für das Waschen und den Rückfluss der Gelder aus Rauschgifthandel treffen“ lässt besorgen, dass die Strafkammer im Rahmen der Gesamtabwägung zu hohe Anforderungen an die Annahme eines „Normalfalles“ nach § 30a Abs. 1 BtMG gestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1996 – 5 StR 402/95, BGHR BtMG § 30a Bande 2; Urteil vom 18. Juni 2009 – 3 StR 171/09, NStZ-RR 2009, 320, 321). Zudem sind die Wertungen zur Bandenstruktur widersprüchlich. Bei der Erörterung des minder schweren Falles geht die Strafkammer davon aus, dass die Bande um den Angeklagten besonders schlecht organisiert war (UA S. 18). Bei der rechtlichen Würdigung spricht sie hingegen von einer „aus- geklügelten Organisationsstruktur“ (UA S. 16).
5
2. Rechtsfehlerhaft hat die Strafkammer außerdem bei der konkreten Strafzumessung eine zu geringe Strafrahmenuntergrenze zugrunde gelegt, indem sie den Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren Freiheitsstrafe des § 30a Abs. 3 BtMG angewendet hat. Dabei hat sie übersehen, dass die durch den schwereren Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 1 BtMG im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängten Tatbestände sowohl des § 29a Abs. 1 BtMG als auch des § 30 Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung hinsichtlich der Mindeststrafe entfalten (BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 – 3 StR 349/02, BGHR BtMG § 30a Abs. 3 Strafzumessung 1); für die Höchststrafe gilt demgegenüber nach der ständigen Rechtsprechung die für den Schuldspruch maßgebliche Bestimmung (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2010 – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; Beschluss vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13; vgl. aber auch Beschluss vom 25. Juli 2013 – 3 StR 143/13 Rn. 7 ff., juris).
6
Die Strafkammer hat nicht erwogen, ob auch minder schwere Fälle nach § 29a Abs. 2 und § 30 Abs. 2 BtMG vorliegen. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen in den Fällen des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auf diesem Fehler beruhen. Im Fall I. 1.e unterschreitet die Einzelstrafe den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG, in den Fällen I. 1.b bis 1.d ist auf die Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 BtMG erkannt worden. Im Fall I. 1.a ist lediglich auf eine die Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 BtMG geringfügig übersteigende Einzelstrafe erkannt worden. Überdies lässt das Urteil zum Fall I.1.a angesichts der Betäubungsmittelmenge, die nicht über der im Fall I. 1.d gehandelten lag, eine nachvollziehbare Begründung für die Bemessung dieser Strafe vermissen. Insoweit wirkt die Aufhebung auch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO).
7
3. Hinzu kommt ein weiterer Fehler zugunsten des Angeklagten bei der Bemessung aller Einzelstrafen. Das Landgericht hat im Rahmen der konkreten Strafzumessung die erlittene Untersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt. Untersuchungshaft ist indes, jedenfalls bei der Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund, es sei denn, mit ihrem Vollzug wären ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden (BGH, Urteile vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12 Rn. 25 und vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13 Rn. 18, jeweils mwN). Will der Tatrichter wegen besonderer Nachteile für den Angeklagten den Vollzug der Untersuchungshaft bei der Strafzumessung mildernd berücksichtigen, müssen diese Nachteile in den Urteilsgründen dargelegt werden (BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645). Daran fehlt es hier. Die Strafkammer hat dazu lediglich ausgeführt, dass sich der Angeklagte als besonders haftempfindlich erwiesen habe, ohne dies näher darzulegen.
8
4. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen B. I. 1.a bis 1.d der Urteilsgründe hat – auch soweit im Fall 1.a die Revision zugunsten des Angeklagten Erfolg hat – die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 59/10
vom
25. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Mai 2010 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 2. November 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Die Strafkammer hat folgendes festgestellt:
2
Der Angeklagte verkaufte aus einem Vorrat von etwas mehr als einem Kilogramm Haschisch, den er, wie er angibt, von einem inzwischen verstorbenen und aus „Pietätsgründen“ nicht benannten Lieferanten erhalten hatte, an B. zwischen Ende November und kurz vor Weihnachten 2008 zweimal je 100 Gramm Haschisch und einmal 200 Gramm Haschisch. Bei der dritten Lieferung erklärte er, er könne erst wieder im Januar liefern. Am 13. Februar 2009 wollte er dann vereinbarungsgemäß 300 Gramm Haschisch liefern, wurde aber vor der Übergabe festgenommen. Er hatte drei Haschischplatten mit einem Gewicht von zusammen 291,3 Gramm dabei, außerdem in seiner Hosentasche ein Springmesser. Bei diesem springt die Klinge seitlich aus dem Griff heraus, der aus dem Griff herausragende Klingenteil ist nicht länger als 8,5 cm. Es ist nicht zweiseitig geschliffen, aus „starkem“ Material und spitz zulaufend. Der Angeklagte erklärte hierzu, er habe das Messer nicht einsetzen wollen, sondern es wegen seiner Tätigkeit als Hausmeister in der Hosentasche gehabt. In seiner Wohnung wurden vier Haschischplatten mit einem Gesamtgewicht von 387,50 Gramm ge- funden. Diese hatten etwa den gleichen Wirkstoffgehalt wie das bei der Festnahme sichergestellte Rauschgift.
3
Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in drei Fällen sowie bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) zu vier Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, ein Geldbetrag wurde für verfallen erklärt. Für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wurden zweimal je ein Jahr und sechs Monate und einmal zwei Jahre Freiheitsstrafe verhängt; das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wurde als minder schwerer Fall (§ 30a Abs. 3 BtMG) bewertet, die Strafe von drei Jahren und drei Monaten jedoch dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen.
4
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, wobei eine Gesamtschau der Revisionsbegründungen vom 2. und 11. Dezember 2009 ergibt, dass auch der Schuldspruch angefochten sein soll.
5
Das Rechtsmittel hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
6
Möglicherweise sind sämtliche Taten im Blick auf eine Bewertungseinheit tateinheitlich verbunden (1.a), eine entsprechende Änderung des Schuldspruchs durch den Senat ist jedoch nicht möglich (1.b). Außerdem ist die für eine Verurteilung gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erforderliche Feststellung, dass das Messer zur Verletzung von Personen bestimmt war, bisher nicht rechtsfehlerfrei getroffen (2.). Auf der Grundlage der Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG ist die Strafkammer von einer unzutreffenden Höchststrafe ausgegangen (3.). Sollte von einer Bewertungseinheit auszugehen sein, hätte die Bewertung eines Teilaktes des Geschehens als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Einfluss auf den Schuldspruch insgesamt, die Bewertung als minder schwerer Fall Einfluss auf den insgesamt anzuwendenden Strafrahmen (4.).
7
1. Mehrere Rauschgiftgeschäfte sind dann im Sinne von Tateinheit in einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie in ein und demselben Güterumsatz in einem Handlungsteil, etwa bei Erwerb, Lieferung oder Bezahlung des Kaufpreises in einer Gesamtmenge oder in einem Geldbetrag zusammentreffen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09; Körner BtMG 6. Aufl. § 29 Rdn. 846 f. m.w.N.). Die Strafkammer hat diesen hier möglicherweise einschlägigen Gesichtspunkt nicht erörtert.
8
a) Die Menge von verkauftem und sichergestelltem Rauschgift entspricht der von dem Unbekannten gelieferten Menge. Zudem hatte sowohl das bei der Festnahme als auch das in der Wohnung sichergestellte Rauschgift etwa den gleichen Wirkstoffgehalt. Daher ergeben die Urteilsgründe die Auffassung der Strafkammer, der Angeklagte habe sämtliches Rauschgift, mit dem er Handel getrieben hat, in einer Lieferung bezogen.
9
b) Dennoch kann der Senat nicht, wie beantragt, den Schuldspruch (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO) auf Tateinheit umstellen. Dies setzte - abgesehen von der nach Maßgabe des Einzelfalles zu beurteilenden Frage nach der Vereinbarkeit mit § 265 StPO - klare, erschöpfende und eindeutige Feststellungen voraus; es ist dagegen nicht möglich, wenn eine neue Hauptverhandlung andere oder ergänzende Feststellungen erwarten lässt, oder wenn eine dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung der Feststellungen erforderlich ist (vgl. BVerfG NStZ 2001, 187, 188; BGH, Urt. vom 8. Dezember 2009 - 1 StR 277/09 ; BGH NStZ 2008, 213; NJW 1973, 1511, 1512; Hanack in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 354 Rdn. 18; Temming in HK-StPO 4. Aufl. § 354 Rdn. 12 jew. m.w.N.). Hier sagte der Angeklagte im Dezember 2008 zu B. , er könne erst im Januar 2009 wieder liefern. Dies spricht dagegen, dass er zum Zeitpunkt der Äußerung weiteres Rauschgift besaß.
10
Einige Feststellungen sprechen also für eine Bewertungseinheit, andere dagegen. Eine zusammenfassende Würdigung dieser Erkenntnisse (§ 261 StPO) ist nicht vorgenommen, da die Strafkammer die Möglichkeit einer Bewertungseinheit nicht erwogen hat. Auf dieser Grundlage kommt eine Schuldspruchänderung durch den Senat nicht in Betracht. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass im Hinblick auf den Zweifelssatz getroffene Feststellungen keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer Bewertungseinheit sein können (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschl. vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09; zusammenfassend Körner aaO § 29 Rdn. 855 m.w.N.).
11
2. Während alle sonstigen Voraussetzungen von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ohne den Angeklagten benachteiligende Rechtsfehler bejaht sind, geht die Strafkammer ohne weiteres davon aus, die Bestimmung des geschilderten Messers zur Verletzung von Personen folge aus seiner Beschaffenheit. Dies trifft so nicht zu.
12
a) Eine Bestrafung gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter bei der Tat eine Schusswaffe - hier nicht einschlägig - oder einen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist. Daran, dass das in Rede stehende Messer seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet ist, besteht kein Zweifel. Hinzukommen muss eine subjektive Zweckbestimmung durch denjenigen, der den Gewahrsam an dem Gegenstand hat, hier also den Angeklagten. Diese Zweckbestimmung, die von dem Bewusstsein, den Gegenstand gebrauchsbereit mit sich zu führen, zu unterscheiden ist, braucht nicht im Hinblick auf die konkret beabsichtigte Straftat getroffen worden zu sein, da § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG insoweit keine Verwendungsabsicht erfordert; es reicht aus, wenn die genannte Zweckbestimmung zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Tatbegehung erfolgt ist (st. Rspr.; vgl. zusammenfassend Franke/Wienroeder BtMG 3. Aufl. § 30a Rdn. 16 m.w.N.).
13
b) Vielfach ergibt sich diese Zweckbestimmung ohne weiteres aus den äußeren Umständen; hierzu können etwa die Beschaffenheit des Gegenstandes ebenso zählen, wie seine sonstigen Verwendungsmöglichkeiten oder Ort und Art seiner Aufbewahrung (vgl. zusammenfassend Weber BtMG 3. Aufl. § 30a Rdn. 116 m.w.N.). Fehlt ein nachvollziehbarer Grund dafür, dass der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand griffbereit mit sich führt, ohne dass er ihn je zur Verletzung von Menschen bestimmt hätte, bedarf die Annahme einer entsprechenden Zweckbestimmung durch ihn regelmäßig keiner besonderen Begründung (vgl. BGHSt 43, 266, 269; BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Gegenstand 5; Körner aaO § 30a Rdn. 57, 58; Weber aaO Rdn. 117, 124 jew. m.w.N.). Kommt dagegen bei einem gängigen Gebrauchsgegenstand (vgl. die Beispiele bei Weber aaO Rdn. 118) nach den Umständen des Falles die Möglichkeit in Betracht, dass ihn der Täter aus sonstigen Gründen mit sich führte, so ist die Annahme, er habe ihn zur Verletzung von Menschen bestimmt, konkret zu begründen; der Hinweis, dass dieser Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit zur Verletzung von Menschen geeignet sei, genügt dann nicht (st. Rspr.; vgl. d. N. bei Weber aaO Rdn. 118).
14
c) So verhält es sich hier. Der Angeklagte war zur Tatzeit als Hausmeister tätig. Er hat erklärt, er habe das Messer - keinen unter § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b WaffG fallenden verbotenen Gegenstand (vgl. Anlage 2 zum WaffG Abschnitt 1 Unterpunkt 1. 4. 1, Satz 2) - deswegen bei sich gehabt. Die Unrichtigkeit dieser Einlassung versteht sich weder von selbst, noch hat die Strafkammer hierzu Aus- führungen gemacht. Es fehlt daher an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme , der Angeklagte habe das Messer (auch) zur Verletzung von Menschen bestimmt.
15
3. Die Strafkammer nimmt mit eingehender Begründung einen minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge an, § 30a Abs. 3 BtMG.
16
a) Zutreffend führt sie unter Hinweis auf BGH NJW 2003, 1679, 1680 aus, der zugleich erfüllte § 29a Abs. 1 BtMG trete zwar hinter § 30a BtMG zurück, entfalte aber im Falle des § 30a Abs. 3 BtMG hinsichtlich der Mindeststrafe eine Sperrwirkung. Darüber hinaus ist die Strafkammer der Auffassung, hier sei insgesamt der Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG anzuwenden, sodass die Mindeststrafe ein Jahr, die Höchststrafe 15 Jahre betrage. Die Bejahung eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG dürfe (auch hinsichtlich der Höchststrafe) nicht dazu führen, dass dem bewaffneten Täter eine geringere Strafe drohe, als dem unbewaffneten Täter.
17
b) Diese Auffassung entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2003, 1679, 1680; vgl. auch BGHSt 30, 166, 167 f.). Danach gilt vielmehr in derartigen Fällen die Höchststrafe der für den Schuldspruch maßgeblichen Bestimmung, mag dies auch (wie, nach der Bejahung eines minder schweren Falles, hier) „als systemwidrig und unbefriedigend empfunden“ (BGH NJW 2003, 1679, 1680) werden, was „auf die wenig geglückte Harmonie der Strafrahmen des Betäubungsmittelstrafrechts zurückzuführen“ ist (BGH aaO). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Im Übrigen wurde inzwischen die Höchststrafe des § 30a Abs. 3 BtMG von fünf Jahren auf zehn Jahre erhöht (Art. 5 Nr. 7 AMGuaÄndG vom 17. Juli 2009, BGBl. I 1990, 2010). Dies ist in den Gesetzesmaterialien damit begründet, dass der vom Bundesgerichtshof (aaO) aufgezeigte Wertungswiderspruch beseitigt werden soll (BT-Drucks. 16/ 12256 S. 61; BR-Drucks. 171/09 S. 102 f.). Die verschärfte Neufassung von § 30a Abs. 3 BtMG ist allerdings hier nicht anwendbar, weil sie zur Tatzeit noch nicht galt, § 2 Abs. 1 und 3 StGB.
18
4. Sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer insgesamt von einer Bewertungseinheit ausgehen (vgl. oben 1.) und das Geschehen vom 13. Februar 2009 als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ansehen (vgl. oben 2), würde diese Bewertung eines Teilaktes eines im Rechtssinne einheitlichen Geschehens (vgl. Franke/Wienroeder aaO § 29 Rdn. 68) dazu führen, dass es sich bei der Tat insgesamt um bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge handeln würde (vgl. Körner aaO § 30a BtMG Rdn. 73 m.w.N.). Würde die Strafkammer insgesamt von einem minder schweren Fall ausgehen, wäre die Strafe dem aufgezeigten , zur Tatzeit geltenden Strafrahmen zu entnehmen (vgl. oben 3.), wobei die im aufgehobenen Urteil gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO) nicht überschritten werden dürfte. Hinsichtlich der Strafhöhe würde entsprechendes gelten, wenn ein minder schwerer Fall verneint würde, sodass die an sich in § 30a Abs.1 BtMG vorgesehene Mindeststrafe von fünf Jahren unterschritten werden müsste. Nack Wahl Graf Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 144/13
vom
14. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. August 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 1. August 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat; jedoch wird der Tenor des angefochtenen Urteils dahingehend klargestellt, dass bezüglich der sichergestellten Geldscheine im Wert von 3.920 Euro der Verfall und in Höhe eines Betrages von 26.080 Euro der Verfall von Wertersatz angeordnet wird. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Auch der Strafausspruch hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Kontrolle stand. Das Landgericht hat gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verhängt. Dabei hat es in den Fällen II. 3 bis 4, 7 bis 14, 16 bis 19, 21 und 24, in denen es den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, jeweils einen minder schweren Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG angenommen, seiner Strafzumessung jedoch den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Strafrahmen des verdrängten § 29a Abs. 1 BtMG entfalte bei Annahme minder schwerer Fälle im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG gegenüber dessen Strafrahmen eine Sperrwirkung, sofern nicht auch ein minder schwerer Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG vorliege. Dabei hat die Strafkammer übersehen, dass § 29a Abs. 1 BtMG nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit lediglich hinsichtlich der Mindeststrafe eine Sperrwirkung entfaltet; für die Höchststrafe gilt demgegenüber die für den Schuldspruch maßgebliche Bestimmung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003, 3 StR 349/02, NStZ 2003, 440, 441; Beschluss vom 25. Mai 2010, 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99). Das Landgericht hätte demnach einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und nicht einen solchen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe zugrunde legen müssen. Ob dieser Rechtsprechung , mit der Wertungswidersprüche in der Anwendung der Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes nur an der Strafrahmenuntergrenze beseitigt werden, stets zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Der Senat schließt jedenfalls aus, dass sich der Rechtsfehler in den vorgenannten Fällen auf die Höhe der verhängten Einzelstrafen, die sich sämtlich im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bewegen, ausgewirkt hat. Damit ist zugleich ein Beruhen des Gesamtstrafenausspruchs auf dem aufgezeigten Rechtsfehler ausgeschlossen.
Soweit das Landgericht den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 30.000 Euro angeordnet und den bei dem Angeklagten sichergestellten Geldbetrag von 3.920 Euro angerechnet hat, ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass es sich hierbei um ein Fassungsversehen handelt. Die bei dem Angeklagten sichergestellten Geldscheine im Wert von 3.920 Euro unterliegen dem Verfall (§ 73 StGB); in Höhe eines Betrages von 26.080 Euro war demgegenüber der Verfall von Wertersatz (§ 73a StGB) anzuordnen. Der Senat hat daher den Tenor entsprechend klargestellt. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 303/13
vom
19. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Dezember
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 1. Februar 2013 im Strafausspruch in den Fällen B. I. 1.a bis 1.e der Urteilsgründe – im Fall B. I. 1a auch zugunsten des Angeklagten – sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen , Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung, Diebstahls in vier Fällen und Hehlerei unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 23. Februar 2012 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine weitere Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil richtet sich die wirksam auf den Strafausspruch in den Fällen B. I. 1.a bis 1.e sowie den Gesamtstrafenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils schloss sich der Angeklagte spätestens im Sommer 2011 mit den gesondert verfolgten E. M. und A. zusammen, um mit Kokain in nicht geringen Mengen Handel zu treiben. Im Dezember 2011 schloss sich ihnen noch der gesondert verfolgte B. an. In den Fällen B. I. 1.a bis 1.e der Urteilsgründe bezog die Bande zu Handelszwecken jeweils mindestens 500 g, 150 g, 200 g, 910 g und 100 g Kokain mit 10 % Wirkstoffgehalt. Im Fall B. I. 1.d waren zunächst 910 g Kokain in den Besitz der Bande gelangt; 410 g davon hatte man mangels Absatzmöglichkeit an den Lieferanten zurückgegeben. Das Landgericht hat im Fall 1.a eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, in den Fällen 1.b bis 1.d eine Freiheitsstrafe von jeweils zwei Jahren und im Fall 1.e eine solche von einem Jahr und drei Monaten verhängt.

II.


3
Der Strafausspruch in den von der Staatsanwaltschaft angegriffenen Fällen hat keinen Bestand.
4
1. Schon die Erwägungen, mit denen die Strafkammer den Strafrahmen des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht hat, begegnen rechtlichen Bedenken. Die Formulierung , „der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des zusätzlich verschärften Verbrechenstatbestandes des § 30a BtMG international organisierte Drogensyndikate im Blick, die nicht nur mittels Kurieren Drogen in die Bundesrepublik einschleusen, sondern auch Absatzorganisationen aufbauen und Maßnahmen für das Waschen und den Rückfluss der Gelder aus Rauschgifthandel treffen“ lässt besorgen, dass die Strafkammer im Rahmen der Gesamtabwägung zu hohe Anforderungen an die Annahme eines „Normalfalles“ nach § 30a Abs. 1 BtMG gestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1996 – 5 StR 402/95, BGHR BtMG § 30a Bande 2; Urteil vom 18. Juni 2009 – 3 StR 171/09, NStZ-RR 2009, 320, 321). Zudem sind die Wertungen zur Bandenstruktur widersprüchlich. Bei der Erörterung des minder schweren Falles geht die Strafkammer davon aus, dass die Bande um den Angeklagten besonders schlecht organisiert war (UA S. 18). Bei der rechtlichen Würdigung spricht sie hingegen von einer „aus- geklügelten Organisationsstruktur“ (UA S. 16).
5
2. Rechtsfehlerhaft hat die Strafkammer außerdem bei der konkreten Strafzumessung eine zu geringe Strafrahmenuntergrenze zugrunde gelegt, indem sie den Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren Freiheitsstrafe des § 30a Abs. 3 BtMG angewendet hat. Dabei hat sie übersehen, dass die durch den schwereren Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 1 BtMG im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängten Tatbestände sowohl des § 29a Abs. 1 BtMG als auch des § 30 Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung hinsichtlich der Mindeststrafe entfalten (BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 – 3 StR 349/02, BGHR BtMG § 30a Abs. 3 Strafzumessung 1); für die Höchststrafe gilt demgegenüber nach der ständigen Rechtsprechung die für den Schuldspruch maßgebliche Bestimmung (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2010 – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; Beschluss vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13; vgl. aber auch Beschluss vom 25. Juli 2013 – 3 StR 143/13 Rn. 7 ff., juris).
6
Die Strafkammer hat nicht erwogen, ob auch minder schwere Fälle nach § 29a Abs. 2 und § 30 Abs. 2 BtMG vorliegen. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen in den Fällen des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auf diesem Fehler beruhen. Im Fall I. 1.e unterschreitet die Einzelstrafe den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG, in den Fällen I. 1.b bis 1.d ist auf die Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 BtMG erkannt worden. Im Fall I. 1.a ist lediglich auf eine die Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 BtMG geringfügig übersteigende Einzelstrafe erkannt worden. Überdies lässt das Urteil zum Fall I.1.a angesichts der Betäubungsmittelmenge, die nicht über der im Fall I. 1.d gehandelten lag, eine nachvollziehbare Begründung für die Bemessung dieser Strafe vermissen. Insoweit wirkt die Aufhebung auch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO).
7
3. Hinzu kommt ein weiterer Fehler zugunsten des Angeklagten bei der Bemessung aller Einzelstrafen. Das Landgericht hat im Rahmen der konkreten Strafzumessung die erlittene Untersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt. Untersuchungshaft ist indes, jedenfalls bei der Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund, es sei denn, mit ihrem Vollzug wären ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden (BGH, Urteile vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12 Rn. 25 und vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13 Rn. 18, jeweils mwN). Will der Tatrichter wegen besonderer Nachteile für den Angeklagten den Vollzug der Untersuchungshaft bei der Strafzumessung mildernd berücksichtigen, müssen diese Nachteile in den Urteilsgründen dargelegt werden (BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645). Daran fehlt es hier. Die Strafkammer hat dazu lediglich ausgeführt, dass sich der Angeklagte als besonders haftempfindlich erwiesen habe, ohne dies näher darzulegen.
8
4. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen B. I. 1.a bis 1.d der Urteilsgründe hat – auch soweit im Fall 1.a die Revision zugunsten des Angeklagten Erfolg hat – die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR536/14
vom
12. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Februar
2015, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Dr. Berger
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt F. ,
Rechtsanwältin K.
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 17. Juli 2014 im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt. Die von der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf den Strafausspruch beschränkte, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision hat Erfolg.
2
1. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
3
Die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 BtMG ist mangels erforderlicher Gesamtbetrachtung des Tatbildes einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit (BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 581/11, StV 2012, 289; Urteil vom 22. August 2012 – 2StR 235/12, NStZ-RR 2013, 150, 151 mwN) rechtsfehlerhaft. Die Begründung der Strafkammer, vom Regelstrafrahmen abzusehen, erschöpft sich darin, „dass der Schlagstock nicht zum Einsatz und es nicht zu Verletzungen gekommen ist“ (UA S. 12). Die erforderliche Gesamtwürdigung kann auch aus dem Zusammenhang nicht entnommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2015 – 5 StR 486/14). Zwar erörtert das Landgericht zur Frage des minder schweren Falles des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Reihe von mildernden Umständen. Es gelangt jedoch dort zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 29a Abs. 2 BtMG gleichwohl nicht gegeben sind. Ferner hat das Landgericht verkannt, dass das Fehlen des Strafschärfungsgrundes eines denkbaren Einsatzes des Schlagstocks nicht tragend für die Annahme des minder schweren Falles nach § 30a Abs. 2 BtMG herangezogen werden darf.
4
Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung der verhängten Einzelfreiheitsstrafe und des Gesamtstrafausspruchs. Da lediglich Wertungsfehler vorliegen, können die Feststellungen bestehen bleiben; weitergehende Feststellungen können getroffen werden, soweit sie nicht den bisherigen widersprechen.
5
2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass § 29a Abs. 1 BtMG lediglich hinsichtlich der Mindeststrafe eine Sperrwirkung entfaltet; für die Höchststrafe gilt demgegenüber die für den Schuldspruch maßgebliche Bestimmung (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13 mwN).
Sander Schneider Dölp
König Berger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 334/16
vom
19. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190117U4STR334.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Januar 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Quentin, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 29. Februar 2016 werden verworfen; jedoch wird auf die Revision des Angeklagten der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln sowie des Raubes schuldig ist. 2. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die Kosten seines Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung eines Gegenstandes, der nach seiner Art zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln“ so- wie wegen Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte rügt mit seinem unbeschränkten Rechtsmittel allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erhebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Einzelstrafe zu Fall II. 2 der Urteilsgründe sowie die Gesamtstrafe beschränkten Revision ebenfalls die Sachrüge. Sie beanstandet, das Landgericht habe im Fall II. 2 zu Unrecht einen minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angenommen.
3
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet und führt lediglich zu der aus dem Tenor ersichtlichen Neufassung des Schuldspruchs (zur Entbehrlichkeit des Zusatzes „in nicht geringer Menge“ beim bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln siehe BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14, NStZ-RR 2015, 144 [Ls]).
4
2. Der wirksam beschränkten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.
5
a) Das Landgericht hat zu Fall II. 2 der Urteilsgründe im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
6
Am 21. September 2015 erwarb der Angeklagte, der bereits zuvor mit Amphetamin gehandelt hatte, zumindest 328,5 g dieses Betäubungsmittels mit einer Wirkstoffkonzentration von 9,2 %. 70 g waren für seinen Eigenkonsum, der Rest zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Das Amphetamin lagerte der Angeklagte im Kühlschrank in der Küche seiner Wohnung. In seinem offen mit der Küche verbundenen Wohnzimmer bewahrte er ein 104 cm langes Samurai-Schwert mit einer spitz zulaufenden, jedoch stumpfen Klinge auf, das zur Verletzung von Personen geeignet und von ihm hierzu auch bestimmt war. Bei einer polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung am 22. September 2015 befand sich das Schwert in einer Schwertscheide auf einem vor dem Wohnzimmersofa stehenden Tisch. In der Wohnung wurden weiterhin eine Feinwaage, ein Vakuumierer, dazugehöriges Verpackungsmaterial und handschriftliche Aufzeichnungen über den Handel mit verschiedenen Betäubungsmitteln sichergestellt.
7
Das Landgericht hat diese Tat als minder schweren Fall eines bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 3 BtMG gewürdigt , unter Beachtung der Sperrwirkung der Mindeststrafe des zugleich verwirklichten § 29a Abs. 1 BtMG einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe angewandt und auf die Einsatzstrafe von vier Jahren und drei Monaten erkannt.
8
b) Die Annahme eines minder schweren Falls des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 3 BtMG im Fall II. 2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung stand.
9
aa) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldaus- gleich zu sein. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349). Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatgericht obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts, welches Gewicht es den einzelnen Milderungsgründen im Verhältnis zu den Erschwerungsgründen beimisst; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2001 – 2 StR 276/01, StV 2002, 20; vom 14. Dezember 2016 – 2 StR 338/16).
10
bb) Hieran gemessen hat die Annahme eines minder schweren Falls des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Bestand. Weder fehlt es an der gebotenen Gesamtwürdigung der für die Wertung der Tat und des Täters wesentlichen Umstände, noch bestehen gegen die einzelnen vom Landgericht zugunsten des Angeklagten in seine Gesamtwürdigung eingestellten Gesichtspunkte durchgreifende rechtliche Bedenken. Die Beschwerdeführerin dringt mit ihren Einzelangriffen gegen die Strafrahmenwahl daher nicht durch.
11
(1) Soweit das Landgericht neben dem umfassenden Geständnis des Angeklagten strafmildernd berücksichtigt hat, dass er bei der Durchsuchung seiner Wohnung durch die Polizei keinerlei Anstalten unternahm, sich der Waffe zu bedienen, ist hiergegen von Rechts wegen nichts zu erinnern. Zwar könnte auf das Fehlen des Strafschärfungsgrundes eines denkbaren Einsatzes der Waffe ein minder schwerer Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG nicht gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 StR 536/14). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Denn nach dem Zusammenhang der Ausführungen hat die Strafkammer nicht maßgeblich auf den fehlenden Gebrauch der Waffe abgestellt , sondern vorrangig dem Angeklagten zugutegehalten, dass er sogleich bei Eintreffen der Polizei signalisierte, er werde keinen Widerstand leisten, und sich insoweit kooperativ verhielt (UA 35).
12
(2) Es stellt hier ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass das Landgericht bei der Strafrahmenwahl auch die lange Dauer der Untersuchungshaft zugunsten des Angeklagten angeführt hat. Zwar ist erlittene Untersuchungshaft bei einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteile vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100, und vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, NStZ 2014, 31); eine strafmildernde Berücksichtigung kommt nur in Betracht, wenn mit ihrem Vollzug ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12; Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Diese Grundsätze hat das Landgericht indes nicht verkannt. Vielmehr hat es bei Fall II.1 der Urteilsgründe relativierend ausgeführt , dass erlittene Untersuchungshaft auf eine Haftstrafe angerechnet wird (UA 33). Insoweit hat es der – überdies lediglich ergänzend erwähnten – langen Dauer der Untersuchungshaft des Angeklagten erkennbar kein bestimmendes Gewicht beigemessen.
13
(3) Soweit die Strafkammer bei ihrer Strafrahmenwahl nicht (erneut) erwähnt hat, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Tat unter Führungsaufsicht stand, schließt der Senat aus, dass ihr dieser Umstand aus dem Blick geraten ist. Denn das Urteil teilt an anderer Stelle mit, dass der Angeklagte noch bis zum 18. Dezember 2016 unter Führungsaufsicht stand (UA 14). Zudem hat das Landgericht im Zusammenhang mit der Erörterung der Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG ausdrücklich zulasten des Angeklagten die erst kurz zuvor erfolgte „Vollverbüßung“ der Jugendstrafevon zwei Jahren und vier Monaten gewertet, die von Gesetzes wegen (§ 68f Abs. 1 Satz 1 StGB) die Anordnung der Führungsaufsicht nach sich zieht.
14
(4) Die von der Strafkammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigten tatbezogenen Umstände begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht hat in zulässiger Weise für den Angeklagten in Ansatz gebracht, dass das Schwert aufgrund seiner geringen Qualität – hierzu ist im Urteil festgestellt, dass dem Angeklagten durch den Verkäufer des Schwertes mitgeteilt worden war, die Waffe sei nicht geeignet, um damit auf feste Gegenstände zu schlagen –, seiner stumpfen Klinge und seiner Aufbewahrung in einer Schwertscheide nur ein eingeschränktes Gefährdungspotential besaß. Weiter hat das Landgericht in seine Abwägung miteinstellen dürfen, dass sich die Straftat auf ein Betäubungsmittel mit im Vergleich insbesondere zu Heroin und Kokain geringerem Suchtpotential bezog und die Drogenmenge innerhalb der erfahrungsgemäß vorkommenden Bandbreite der nicht geringen Menge im unteren Bereich lag (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12, NStZRR 2013, 150, 152; Beschluss vom 14. November 2003 – 2 StR 404/03, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Strafzumessung 1). Schließlich hat auch die Sicherstellung der Betäubungsmittel zu Recht zugunsten des Angeklagten Berücksichtigung gefunden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2012 – 5 StR 252/12, NStZ 2013, 50, und vom 25. Februar 2016 – 3 StR 513/15).
15
c) Gegen die konkrete Strafzumessung im Fall II. 2 der Urteilsgründe sowie den Gesamtstrafenausspruch ist gleichfalls von Rechts wegen nichts zu erinnern.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 604/16
vom
17. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. Januar 2017 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 17. August 2016 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2017:170117B4STR604.16.0

Ergänzend bemerkt der Senat:
Der Senat kann offen lassen, ob in Fällen eines minder schweren Falles des § 30a Abs. 3 BtMG, in denen nicht gleichzeitig die Voraussetzungen eines minder schweren Falles des § 30 Abs. 2 BtMG gegeben sind, auch die Höchststrafe dem § 30 Abs. 1 BtMG zu entnehmen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 3 StR 143/13, NStZ 2014, 164, 165 f. [nicht tragend]; anders BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - 5 StR 536/14, Rn. 5; siehe auch Beschluss vom 14. August 2013 - 2 StR 144/13, NStZ-RR 2014, 180). Denn im vorliegenden Fall kann ausgeschlossen werden , dass die konkrete Strafbemessung von der Bestimmung der Strafrahmenobergrenze beeinflusst worden ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke Quentin Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 143/13
vom
25. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 25. Juli
2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 4. Februar 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 1) und 2) der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung , wegen Beleidigung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem sich aus der Beschlussformel ergebenden Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. In den Fällen II. 1) und 2) der Urteilsgründe hält die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts fasste der Angeklagte den Entschluss, in seiner Wohnung Marihuana anzubauen, um seinen Eigenbedarf zu decken und sich durch den Vertrieb des Rauschmittels eine fortlaufende Einkommensquelle zu verschaffen. Je die Hälfte des geernteten Marihuanas war für den Verkauf bzw. den Eigenkonsum bestimmt. Die Umsetzung dieses Planes führte unter anderem im August 2011 zu einer Ernte von 428 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 16,3 % THC, insgesamt also ca. 69,9 g THC, das bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten sichergestellt werden konnte. Danach pflanzte der Angeklagte wiederum Marihuana an, das vor Erreichen der Erntereife am 13. September 2011 entdeckt wurde. Zu diesem Zeitpunkt besaßen die Pflanzen und Setzlinge ein Gesamtgewicht von rund 263 g mit einem Wirkstoffgehalt von 3,2 %, mithin 8,42 g THC. Der Angeklagte hatte auch in diesem Fall mit einer Ernte von mindestens 400 g Marihuana gerechnet. Während er noch die Ernte der erstgenannten Aufzucht trocknete und mit dem weiteren Anbau beschäftigt war, kaufte der Angeklagte sich eine Machete mit einer Klingenlänge von ca. 40 cm, die er "cool und schick" fand, und legte diese "offen" auf einem Fernsehschrank des Wohnzimmers ab, in dem er das geerntete Marihuana trocknete, verpackte und verkaufte.

4
Diese Feststellungen belegen zwar, dass der Angeklagte mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen Handel getrieben hat (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 407/12, NJW 2013, 1318 ff.). Sie tragen jedoch den Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht. Tatgegenstände im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sind neben den Schusswaffen nur solche, die zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind. Während an der Eignung der Machete, durch ihren Einsatz Personen zu verletzen, keine Zweifel bestehen, verhält sich das Urteil nicht zu der Frage einer diesbezüglichen Zweckbestimmung durch den Angeklagten (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1997 - 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266, 268 f.; Beschluss vom 25. Mai 2010 - 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98 f.). Auf Ausführungen hierzu konnte aber im vorliegenden Fall nicht verzichtet werden, da es sich bei der Machete nicht um eine Waffe im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 WaffG handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1997 - 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266, 269; Beschluss vom 11. Februar 2003 - 5 StR 402/02, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Gegenstand 4; Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl., § 1 WaffG Rn. 23), so dass sich diese subjektive Zweckbestimmung durch den Angeklagten nicht von selbst versteht (s. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 30a Rn. 117 mwN).
5
Die Aufhebung der Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge führt zum Wegfall der hierfür verhängten Einzelstrafen. Damit hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand.
6
2. Ergänzend bemerkt der Senat:
7
Die Strafkammer hat die Strafe für die beiden Betäubungsmitteldelikte, bei denen sie zwar die Voraussetzungen für einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG, nicht aber nach § 29a Abs. 2 BtMG als erfüllt angesehen hat, einem Strafrahmen von eins bis zehn Jahren entnommen. Dies entspricht zwar der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02, NJW 2003, 1679, 1680; Beschluss vom 1. April 2009 - 1 StR 79/09, NStZ-RR 2009, 214; Beschluss vom 25. Mai 2010 - 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99). Der Senat neigt allerdings dazu, unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung in den Fällen eines minder schweren Falles des § 30a Abs. 3 BtMG, in denen nicht gleichzeitig die Voraussetzungen eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG gegeben sind, auch die Höchststrafe dem § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen.
8
§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG begründet eine weitere Qualifikation zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der sich seinerseits gegenüber dem Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 BtMG als qualifiziertes Delikt darstellt. Liegen die Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 BtMG vor, so treten der Qualifikationstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und der Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 BtMG nach dem Grundsatz der Spezialität in Gesetzeskonkurrenz hinter diese Vorschrift zurück (BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02, NJW 2003, 1679, 1680). Für denjenigen, der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Waffe oder einen sonstigen zur Verletzung von Personen bestimmten und geeigneten Gegenstand mit sich führt, sieht § 30a Abs. 2 BtMG den erhöhten Strafrahmen von fünf bis fünfzehn Jahren vor. In minder schweren Fällen reicht der Strafrahmen nach § 30a Abs. 3 BtMG von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Da im Rahmen der hierfür geforderten Gesamtwürdigung auch der minderen Gefährlichkeit der Waffe oder des sonstigen Gegenstandes Rechnung getragen werden kann (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 1/02, BGHSt 48, 189, 197), folgt aus der Annahme eines minder schweren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG nicht ohne Weiteres, dass damit auch die Voraussetzungen für einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegen. Ist ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG nicht gegeben, so entfaltet nach einhelliger Auffassung - wie bei Tateinheit (§ 52 Abs. 2 Satz 2 StGB) - die Mindeststrafe des zurückgetretenen § 29a Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung für die Strafuntergrenze auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 30a Abs. 3 BtMG erfüllt sind (BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02, NJW 2003, 1679, 1680; Beschluss vom 1. April 2009 - 1 StR 79/09, NStZ-RR 2009, 214; Beschluss vom 25. Mai 2010 - 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1951 - 1 StR 101/51, BGHSt 1, 152, 155 f.; Beschluss vom 3. Juli 1981 - 3 StR 210/81, BGHSt 30, 166, 167).
9
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung kann für die sich aus § 29a Abs. 1 BtMG ergebende Strafobergrenze nichts anderes gelten (a.A. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2010 - 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; Beschluss vom 3. Juli 1981 - 3 StR 210/81, BGHSt 30, 166, 167; vgl. aber Urteil vom 14. Januar 1964 - 1 StR 246/63, BGHSt 19, 188, 189), da sonst die Erfüllung des weiteren Qualifikationstatbestandes des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Privilegierung des Täters hinsichtlich des anzuwendenden Strafrahmens führt. Der Täter, der mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel treibt und dabei eine Waffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich führt, erfüllt auch den Tatbestand des zurückgetretenen § 29a Abs. 1 BtMG. Deshalb ist die hierfür zu verhängende Strafe weiterhin dieser Vorschrift zu entnehmen, wenn der Strafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG nicht zur Anwendung kommt. Die Annahme eines minder schweren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG vermag zwar den Strafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG, nicht aber den des § 29a Abs. 1 BtMG zu mildern. Dies ist vielmehr der Regelung des minder schweren Falles in § 29a Abs. 2 BtMG vorbehalten. Liegen dessen Voraussetzungen nicht vor, so bleibt es beim Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG.
10
Dem steht nicht die Erwägung entgegen, dass der Täter durch eine Bindung an die Höchststrafe des nach Spezialitätsgrundsätzen verdrängten Gesetzes nicht mit einer Strafe belegt werden darf, die den Strafrahmen des nach dem Schuldspruch angewendeten Strafgesetzes übersteigt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1981 - 3 StR 210/81, BGHSt 30, 166, 167 f.). Denn auch die dem Schuldspruch zugrundeliegende Strafvorschrift des § 30a Abs. 2 BtMG sieht - wie § 29a Abs. 1 BtMG - eine Höchststrafe von fünfzehn Jahren vor.
11
Auch dem gesetzgeberischen Willen lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen (anders BGH, Beschluss vom 25. Mai 2010 - 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99). Zwar wollte der Gesetzgeber mit der Erhöhung der Strafobergrenze des § 30a Abs. 3 BtMG auf zehn Jahre durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. I, 2009, 1990) von der Rechtsprechung aufgezeigten Wertungswidersprüchen bei Anwendung der Strafrahmen der §§ 29a, 30 und 30a BtMG Rechnung tragen. Dabei hatte er aber insbesondere Ungereimtheiten bei den in bestimmten Konstellationen mittäterschaftlicher Begehung von Betäubungsmittelstraftaten anzuwendenden Strafrahmen im Blick. So sollte mit der Gesetzesänderung einer Besserstellung des - ohne Wissen der anderen - bewaffneten Täters, für den lediglich im Hinblick auf die mindere Gefährlichkeit der Waffe ein minder schwerer Fall angenommen wurde, gegenüber seinen Mittätern entgegengewirkt und die Verhängung im Verhältnis der Mittäter untereinander angemesse- ner Strafen ermöglicht werden (BT-Drucks. 16/12256, Seite 61). Dass der Gesetzgeber das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in den Fällen, in denen wegen der minderen Gefährlichkeit der Waffe ein minder schwerer Fall zwar nach § 30a Abs. 3 BtMG, nicht aber nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, eine Strafobergrenze von zehn Jahren festschreiben wollte, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen.
Becker RiBGH Pfister und RiBGH Hubert befinden sich im Urlaub und sind daher gehindert zu unterschreiben. Becker
RiBGH Mayer befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 278/17
vom
7. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2017:070917U3STR278.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. September 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Richterin am Amtsgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 16. Januar 2017 wird verworfen ; jedoch wird der Strafausspruch dahin ergänzt, dass die in Belgien erlittene Auslieferungshaft im Maßstab 1 : 1 auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die Annahme eines minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG. Sie führt lediglich zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Ergänzung des Strafausspruchs; im Übrigen ist das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel unbegründet.

I.

2
1. Nach den Feststellungen hielt der Angeklagte am 3. März 2016 in seiner Wohnung insgesamt 1.389,16 Gramm Amphetamin (Wirkstoffmenge: mindestens 319 Gramm Amphetaminbase) und 58,43 Gramm Cannabis (Wirkstoffmenge : mindestens acht Gramm Tetrahydrocannabinol) zum gewinnbringenden Verkauf vorrätig. Wie ihm bewusst war, lagen in unmittelbarer Griffnähe zu dem Aufbewahrungsort des Amphetamins gebrauchsbereit ein Baseballschläger und eine Machete; diese Gegenstände waren für die Verletzung fremder Menschen geeignet und vom Angeklagten hierzu bestimmt.
3
2. Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren entnommen. Es ist nach einer Gesamtwürdigung des Tatbildes einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit von einem minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) ausgegangen und hat eine Sperrwirkung - allein - der Untergrenze des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) ausgegangen und hat eine Sperrwirkung - allein - der Untergrenze des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG (Freiheitsstrafe von einem Jahr) angenommen, weil insoweit kein minder schwerer Fall (§ 29a Abs. 2 BtMG) vorliege.

II.

4
1. Die Nachprüfung der Strafzumessung, insbesondere der Bestimmung des Strafrahmens, hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil (§ 301 StPO) des Angeklagten ergeben.
5
a) Die Angriffe der Beschwerdeführerin auf die Strafrahmenwahl bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in der Zuleitungsschrift vom 19. Juni 2017 genannten Gründen erfolglos.
6
b) Im Hinblick auf die Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG kommt es hier im Ergebnis nicht darauf an, dass diese - anders als von der Strafkammer angenommen - nach der Auffassung des Senats auch für die Strafobergrenze zu gelten hat (vgl. Beschluss vom 25. Juli 2013 - 3 StR 143/13, NStZ 2014, 164, 165 m. Nachw. zu abweichenden Entscheidungen des BGH; ebenso anderer Ansicht - nachfolgend - BGH, Urteile vom 19. Dezember 2013 - 4 StR 303/13, NStZ-RR 2014, 82, 83; vom 12. Februar 2015 - 5 StR 536/14, juris Rn. 5; Beschluss vom 14. August 2013 - 2 StR 144/13, NStZ-RR 2014, 180). Da das Landgericht die Strafe eher am unteren Rand des Strafrahmens ausgerichtet hat, kann ausgeschlossen werden, dass es auf eine höhere Freiheitsstrafe erkannt hätte, wenn es von einer Strafobergrenze von 15 statt zehn Jahren Freiheitsstrafe ausgegangen wäre (vgl. § 337 Abs. 1 StPO).
7
2. Das Landgericht hat es indes entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB unterlassen , den Anrechnungsmaßstab für die vom Angeklagten in dieser Sache in Belgien erlittene Freiheitsentziehung festzulegen. Der Senat bestimmt den Anrechnungsmaßstab in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst, weil hier nur ein solcher von 1 : 1 in Betracht kommt. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Berg Hoch

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.