Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01

published on 20/11/2001 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 470/01
vom
20. November 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2001 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Kempten (Allgäu) vom 2. August 2001 wird als unbegründet verworfen
, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Der Angeklagte hatte vor der Hauptverhandlung im Hinblick auf den
Inhalt des (vorbereitenden schriftlichen) Gutachtens zur Schuldfähigkeit des
Angeklagten einen Befangenheitsantrag (§ 74 StPO) gegen den Sachverständigen
gestellt, der einen bestimmten Test nicht verwendet und sich zu wesentlichen
Fragen nicht (klar) geäußert habe. Dieser Antrag wurde ebenfalls noch
vor der Hauptverhandlung zurückgewiesen. In der Hauptverhandlung, in der
der Sachverständige gehört wurde, wurde der Ablehnungsantrag nicht wiederholt.
Die Revision macht geltend, der Befangenheitsantrag sei zu Unrecht zurückgewiesen
worden. Wäre ein anderer Sachverständiger gehört worden, wäre
die Schuldfähigkeit des Angeklagten möglicherweise anders zu beurteilen
gewesen.

a) Mit der gegen die Ablehnung des Befangenheitsantrags gerichteten
Verfahrensrüge kann die Revision schon im Ansatz keinen Erfolg haben. Die
Anhörung eines Sachverständigen ist ein Beweismittel. Mit einem Befangenheitsantrag
wird geltend gemacht, der in Rede stehende Sachverständige dürfe
nicht als Beweismittel verwendet werden. Dies ist zwar kein Beweisantrag,
wohl aber ein Antrag zur Beweisaufnahme, bei dessen Behandlung Grundsätze
des Beweisrechts zur Anwendung kommen (Eisenberg, Beweisrecht der StPO,
3. Aufl. Rdn. 1557; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß,
5. Aufl. S. 105 m.w.N.). Daraus folgt, daß eine Verfahrensrüge nicht darauf gestützt
werden kann, daß der in der Hauptverhandlung nicht wiederholte Antrag
vor der Hauptverhandlung (nicht beschieden oder) zurückgewiesen wurde
(OLG Hamm, VRS 39, 217; Eisenberg aaO Rdn. 1564; Kleinknecht/MeyerGoßner
, StPO 45. Aufl. § 74 Rdn. 21; Lemke in HK 3. Aufl. § 74 Rdn. 18).

b) Im übrigen ist mit dem Antrag inhaltlich mangelnde Sachkunde des
Sachverständigen geltend gemacht. Hierauf kann sich ein gegen einen Sachverständigen
gerichteter Befangenheitsantrag ohnehin nicht stützen (Senge in
KK 4. Aufl. § 74 Rdn. 5 m.w.N.).

c) Die Ablehnung des Antrags könnte allenfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht
(§ 244 Abs. 2 StPO) darstellen (vgl. zu einem vor der Hauptverhandlung
gestellten und dort nicht wiederholten Beweisantrag BGH, Beschluß
vom 17. Januar 2001 - 1 StR 557/00; BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 1;
Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 219 Rdn. 39 m.w.N.). Das genannte
Vorbringen zur Möglichkeit einer anderen Beurteilung der Schuldfähigkeit
des Angeklagten bei Anhörung eines anderen Sachverständigen entspricht
jedoch nicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine ordnungsgemäß
erhobene Aufklärungsrüge.
2. Die Strafkammer hat in der Hauptverhandlung die Niederschrift der
kommissarischen Vernehmung des Zeugen B. in D. verlesen und
ihre Ergebnisse im Urteil verwertet. Hiergegen wendet sich die Revision mit
dem Vorbringen, im Zusammenhang mit der Vernehmung inD. seien die
Anwesenheitsrechte der Verteidigung (§ 168c Abs. 2 und 5 StPO) verletzt worden.
Ohne daû der Senat diesem Vorbringen im übrigen näher nachzugehen
brauchte, kann die Revision schon deshalb damit nicht gehört werden, weil für
ein etwaiges Verwertungsverbot jedenfalls ein sofortiger Widerspruch in der
Hauptverhandlung erforderlich gewesen wäre (BGH NJW 1996, 2239, 2241;
Wache in KK 4. Aufl. § 168c Rdn. 22 m.w.N.). Hierzu teilt die Revision jedoch
entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nichts mit.
VRiBGH Dr. Schäfer ist nach Wahl Boetticher
Beschluûfassung erkrankt und
daher an der Unterschriftsleistung
verhindert.
Dr. Wahl
Kolz Hebenstreit
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Die ernannten Sachverständigen sind den zur Ablehnung Berechtigten namhaft zu machen, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten ist der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet. Diesen ist nach der Vernehmung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären oder Fragen an den Beschuldigten zu stellen. Ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen oder Erklärungen können zurückgewiesen werden.

(2) Bei der richterlichen Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen ist der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten und dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet. Diesen ist nach der Vernehmung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären oder Fragen an die vernommene Person zu stellen. Ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen oder Erklärungen können zurückgewiesen werden. § 241a gilt entsprechend.

(3) Der Richter kann einen Beschuldigten von der Anwesenheit bei der Verhandlung ausschließen, wenn dessen Anwesenheit den Untersuchungszweck gefährden würde. Dies gilt namentlich dann, wenn zu befürchten ist, daß ein Zeuge in Gegenwart des Beschuldigten nicht die Wahrheit sagen werde.

(4) Hat ein nicht in Freiheit befindlicher Beschuldigter einen Verteidiger, so steht ihm ein Anspruch auf Anwesenheit nur bei solchen Terminen zu, die an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten werden, wo er in Haft ist.

(5) Von den Terminen sind die zur Anwesenheit Berechtigten vorher zu benachrichtigen. In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt die Benachrichtigung, soweit sie den Untersuchungserfolg gefährden würde. Auf die Verlegung eines Termins wegen Verhinderung haben die zur Anwesenheit Berechtigten keinen Anspruch.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.