Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01

bei uns veröffentlicht am20.11.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 470/01
vom
20. November 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2001 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Kempten (Allgäu) vom 2. August 2001 wird als unbegründet verworfen
, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Der Angeklagte hatte vor der Hauptverhandlung im Hinblick auf den
Inhalt des (vorbereitenden schriftlichen) Gutachtens zur Schuldfähigkeit des
Angeklagten einen Befangenheitsantrag (§ 74 StPO) gegen den Sachverständigen
gestellt, der einen bestimmten Test nicht verwendet und sich zu wesentlichen
Fragen nicht (klar) geäußert habe. Dieser Antrag wurde ebenfalls noch
vor der Hauptverhandlung zurückgewiesen. In der Hauptverhandlung, in der
der Sachverständige gehört wurde, wurde der Ablehnungsantrag nicht wiederholt.
Die Revision macht geltend, der Befangenheitsantrag sei zu Unrecht zurückgewiesen
worden. Wäre ein anderer Sachverständiger gehört worden, wäre
die Schuldfähigkeit des Angeklagten möglicherweise anders zu beurteilen
gewesen.

a) Mit der gegen die Ablehnung des Befangenheitsantrags gerichteten
Verfahrensrüge kann die Revision schon im Ansatz keinen Erfolg haben. Die
Anhörung eines Sachverständigen ist ein Beweismittel. Mit einem Befangenheitsantrag
wird geltend gemacht, der in Rede stehende Sachverständige dürfe
nicht als Beweismittel verwendet werden. Dies ist zwar kein Beweisantrag,
wohl aber ein Antrag zur Beweisaufnahme, bei dessen Behandlung Grundsätze
des Beweisrechts zur Anwendung kommen (Eisenberg, Beweisrecht der StPO,
3. Aufl. Rdn. 1557; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß,
5. Aufl. S. 105 m.w.N.). Daraus folgt, daß eine Verfahrensrüge nicht darauf gestützt
werden kann, daß der in der Hauptverhandlung nicht wiederholte Antrag
vor der Hauptverhandlung (nicht beschieden oder) zurückgewiesen wurde
(OLG Hamm, VRS 39, 217; Eisenberg aaO Rdn. 1564; Kleinknecht/MeyerGoßner
, StPO 45. Aufl. § 74 Rdn. 21; Lemke in HK 3. Aufl. § 74 Rdn. 18).

b) Im übrigen ist mit dem Antrag inhaltlich mangelnde Sachkunde des
Sachverständigen geltend gemacht. Hierauf kann sich ein gegen einen Sachverständigen
gerichteter Befangenheitsantrag ohnehin nicht stützen (Senge in
KK 4. Aufl. § 74 Rdn. 5 m.w.N.).

c) Die Ablehnung des Antrags könnte allenfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht
(§ 244 Abs. 2 StPO) darstellen (vgl. zu einem vor der Hauptverhandlung
gestellten und dort nicht wiederholten Beweisantrag BGH, Beschluß
vom 17. Januar 2001 - 1 StR 557/00; BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 1;
Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 219 Rdn. 39 m.w.N.). Das genannte
Vorbringen zur Möglichkeit einer anderen Beurteilung der Schuldfähigkeit
des Angeklagten bei Anhörung eines anderen Sachverständigen entspricht
jedoch nicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine ordnungsgemäß
erhobene Aufklärungsrüge.
2. Die Strafkammer hat in der Hauptverhandlung die Niederschrift der
kommissarischen Vernehmung des Zeugen B. in D. verlesen und
ihre Ergebnisse im Urteil verwertet. Hiergegen wendet sich die Revision mit
dem Vorbringen, im Zusammenhang mit der Vernehmung inD. seien die
Anwesenheitsrechte der Verteidigung (§ 168c Abs. 2 und 5 StPO) verletzt worden.
Ohne daû der Senat diesem Vorbringen im übrigen näher nachzugehen
brauchte, kann die Revision schon deshalb damit nicht gehört werden, weil für
ein etwaiges Verwertungsverbot jedenfalls ein sofortiger Widerspruch in der
Hauptverhandlung erforderlich gewesen wäre (BGH NJW 1996, 2239, 2241;
Wache in KK 4. Aufl. § 168c Rdn. 22 m.w.N.). Hierzu teilt die Revision jedoch
entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nichts mit.
VRiBGH Dr. Schäfer ist nach Wahl Boetticher
Beschluûfassung erkrankt und
daher an der Unterschriftsleistung
verhindert.
Dr. Wahl
Kolz Hebenstreit

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 74 Ablehnung des Sachverständigen


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Das Ab

Strafprozeßordnung - StPO | § 168c Anwesenheitsrecht bei richterlichen Vernehmungen


(1) Bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten ist der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet. Diesen ist nach der Vernehmung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären oder Fragen an den Beschuldigten zu stellen. U

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2001 - 1 StR 557/00

bei uns veröffentlicht am 17.01.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 557/00 vom 17. Januar 2001 in der Strafsache gegen wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2001 beschlossen : Auf die Revision der Angeklagten wird da

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01

bei uns veröffentlicht am 20.11.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 470/01 vom 20. November 2001 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2001 beschlossen :
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01.

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2002 - 1 StR 538/01

bei uns veröffentlicht am 21.02.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 538/01 vom 21. Februar 2002 in der Strafsache gegen wegen Mordes Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung am 19. Februar 2002 in der Sitzung vom 21. Februar 2002, an

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 1 StR 458/10

bei uns veröffentlicht am 14.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 458/10 vom 14. April 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. Adhäsionskläger: wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. April 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 St

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2001 - 1 StR 470/01

bei uns veröffentlicht am 20.11.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 470/01 vom 20. November 2001 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2001 beschlossen :

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2016 - 2 StR 383/15

bei uns veröffentlicht am 21.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 383/15 vom 21. Juli 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1.: Hehlerei zu 2.: Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a. zu 3.: Wohnungseinbruchsdiebstahls ECLI:DE:BGH:2016:210716U2STR383.15.0

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Die ernannten Sachverständigen sind den zur Ablehnung Berechtigten namhaft zu machen, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 557/00
vom
17. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2001 beschlossen
:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
München II vom 17. August 2000 mit Ausnahme der Feststellungen
zur rechtswidrigen Tat aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Obwohl gegen sie dort Hausverbot bestand, weigerte sich die stark angetrunkene Angeklagte am 16. Juli 1998 der Aufforderung einer Angestellten zum Verlassen eines Supermarkts nachzukommen. Als die Angestellte die Angeklagte deshalb in das Büro verbringen wollte, wurde sie von ihr durch Schläge und Tritte nicht unerheblich verletzt. Außerdem beschimpfte die Angeklagte sie und eine hinzu gekommene Kundin mit Ausdrücken wie "Nazischlampe" und "Kinderficker". Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet (§ 63 StGB). Die Revision der Angeklagten hat überwiegend Erfolg.
1. Vergeblich macht die Revision allerdings geltend, die Angeklagte sei, ebenso wie bei einem früheren Hauptverhandlungstermin, der nach ärztlichem Hinweis schon vor Beginn wegen Verhandlungsunfähigkeit der Angeklagten abgesetzt worden war, bei der Hauptverhandlung verhandlungsunfähig gewesen. Die Angeklagte war in der Hauptverhandlung ausweislich der Urteilsgründe "in einem körperlich äußerst desolaten Zustand". Sie war fünf Tage zuvor von ihrem Mann körperlich mißhandelt worden und hatte sich seitdem "in Kneipen und beschützenden Einrichtungen" aufgehalten. Unmittelbar vor der Hauptverhandlung, zu der sie erst verspätet erschien, hatte die in hohem Maße alkoholgewohnte Angeklagte drei Halbe Bier getrunken. Gleichwohl hat sie sich, wie der Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, an der Hauptverhandlung, bei der ein ärztlicher Sachverständiger anwesend war, intensiv beteiligt und dabei eine Reihe von schlüssigen Erklärungen zur Person und zur Sache abgegeben. Unter diesen Umständen hat der Senat, ebenso wie die Strafkammer, an der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten (vgl. BGHSt 41, 16, 18 m.w.N.) keine Zweifel (vgl. BGH NStZ 1984, 181 m.w.N.). 2. Nach sachverständiger Beratung ist die Strafkammer zu dem Ergebnis gekommen, daß die Schuldunfähigkeit der alkoholkranken (wegen Vollrauschs sechs Mal vorbestraften) Angeklagten auf einer endogenen schizo-affektiven Psychose mit (nicht näher ausgeführten) Verfolgungsideen aus dem zyklotymen Kreis in Form eines phasenartig verlaufenden hypomanischen Zustands beruhe. In manischen Phasen würden gehäuft deliktische Zuspitzungen und Alkoholexzesse mit Aggressionstendenzen auftreten. Mit weiteren gleichartigen Taten sei zu rechnen. Die Beurteilung der Angeklagten durch den Sachverständigen beruht auf einer von ihm vorgenommenen ambulanten Untersuchung
der Angeklagten am 5. Oktober 1998 im Bezirkskrankenhaus T. , ihrer dortigen (ebenfalls nicht näher ausgeführten) Krankengeschichte sowie der Kenntnis der Verfahrensakte und der Hauptverhandlung. 3. Die Angeklagte hatte wenige Tage vor der Hauptverhandlung mit einem von ihr selbst verfaßten, an die Strafkammer gerichteten Schreiben vom 10. August 2000 die Vernehmung der Fachärzte für Psychiatrie Dr. K. und Dr. G. als sachverständige Zeugen beantragt und zugleich Atteste dieser Ä rzte vorgelegt. Wie die Revision zutreffend vorträgt, heißt es in dem Attest von Dr. K. vom 30. Mai 2000 ausdrücklich: "Zeichen einer schizo-affektiven Psychose konnte ich bei der mir seit 1992 bekannten Patientin nicht feststellen". Ausweislich des Attestes von Dr. G. v om 8. Mai 2000 liegen bei der Angeklagten "Rezidivierende manische Episoden" sowie Alkoholabhängigkeit und eine "nivellierte Persönlichkeit" vor. 4. Die Revision rügt mit Recht, daß die Strafkammer diesen Anträgen nicht nachgegangen ist. Das Übergehen eines außerhalb der Hauptverhandlung gestellten, dort aber nicht wiederholten und daher nicht nach Maßgabe von § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zu verbescheidenden Beweisantrags (vgl. § 219 StPO) kann je nach den Umständen des Einzelfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) darstellen (BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 1; vgl. auch Herdegen in KK 4. Aufl. § 244 Rdn. 49). So verhält es sich hier. Die (offenbar einmalige) Untersuchung der Angeklagten durch den gerichtlichen Sachverständigen lag zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung fast zwei Jahre zurück. Nach der verfahrensgegenständlichen Tat liegende Vorfälle , die - etwa im Hinblick auf aufgetretene Wahnideen - das Vorliegen einer
schizo-affektiven Psychose bestätigen könnten, sind nicht festgestellt. Allerdings ergeben die Urteilsgründe, daß die Angeklagte schon 1995 wegen insgesamt drei, mit der vorliegenden vergleichbaren Tat, die sie 1993, 1994 und 1995 in jeweils betrunkenem Zustand begangen hatte, gemäß § 63 StGB untergebracht wurde, wobei die Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zu den Gründen dieses Urteils ist jedoch nichts mitgeteilt. Ebensowenig ist ersichtlich , wann, wie lange, aus welchen Gründen und mit welchem Ergebnis die Angeklagte in einem Bezirkskrankenhaus (oder anderswo) psychiatrisch behandelt worden ist. Unter diesen Umständen kann der Senat nicht ausschließen , daß die Strafkammer nach Anhörung der genannten Ä rzte zu einem anderen Ergebnis, etwa einer Unterbringung gemäß § 64 StGB, gekommen wäre, insbesondere, nachdem vor allem Dr. K. nach offenbar jahrelanger Behandlung der Angeklagten dem vom gerichtlichen Sachverständigen gefundenen Ergebnis ausdrücklich widersprochen hat (vgl. auch BGH NStZ-RR 1996, 258). Dies führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO).
5. Von alledem unberührt bleiben die Feststellungen zum Tatgeschehen vom 16. Juli 1998. Da sie, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, rechtsfehlerfrei getroffen sind, können sie bestehen bleiben (§ 349 Abs. 2 StPO). Schäfer Wahl Schluckebier Hebenstreit Schaal

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten ist der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet. Diesen ist nach der Vernehmung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären oder Fragen an den Beschuldigten zu stellen. Ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen oder Erklärungen können zurückgewiesen werden.

(2) Bei der richterlichen Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen ist der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten und dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet. Diesen ist nach der Vernehmung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären oder Fragen an die vernommene Person zu stellen. Ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen oder Erklärungen können zurückgewiesen werden. § 241a gilt entsprechend.

(3) Der Richter kann einen Beschuldigten von der Anwesenheit bei der Verhandlung ausschließen, wenn dessen Anwesenheit den Untersuchungszweck gefährden würde. Dies gilt namentlich dann, wenn zu befürchten ist, daß ein Zeuge in Gegenwart des Beschuldigten nicht die Wahrheit sagen werde.

(4) Hat ein nicht in Freiheit befindlicher Beschuldigter einen Verteidiger, so steht ihm ein Anspruch auf Anwesenheit nur bei solchen Terminen zu, die an der Gerichtsstelle des Ortes abgehalten werden, wo er in Haft ist.

(5) Von den Terminen sind die zur Anwesenheit Berechtigten vorher zu benachrichtigen. In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt die Benachrichtigung, soweit sie den Untersuchungserfolg gefährden würde. Auf die Verlegung eines Termins wegen Verhinderung haben die zur Anwesenheit Berechtigten keinen Anspruch.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.