Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2016 - AnwZ (Brfg) 46/13

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:180716UANWZ.BRFG.46.13.0
bei uns veröffentlicht am18.07.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des 4. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 13. Mai 2013 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als der Hilfsantrag des Klägers abgewiesen worden ist.

Es wird festgestellt, dass es sich bei dem von der D.                    Gesellschaft für Aus- und Fortbildung sowie Serviceleistungen mbH am 22. Juni 2012 veranstalteten Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik" um eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht handelt.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 7.500 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Seit dem 28. Juli 2011 darf er die Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht" führen. Am 22. Juni 2012 besuchte der Kläger ein sechsstündiges Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik". Unter dem 27. Juni 2012 reichte er die dieses Seminar betreffende Teilnahmebestätigung bei der Beklagten ein und bat um Bestätigung, dass er seiner Fortbildungsverpflichtung für das Jahr 2012 nachgekommen sei. Die Beklagte antwortete, es handele sich um ein allgemeines Seminar ohne besonderen Bezug zum Fachgebiet "Verkehrsrecht". Im folgenden Schriftverkehr stellte die Beklagte sich auf den Standpunkt, ihre Auskunft sei nicht rechtsbehelfsfähig. Ob der Kläger seine Fortbildungsverpflichtung erfüllt habe, werde abschließend erst im Verfahren über den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung wegen Verletzung der Fortbildungspflicht entschieden. Nachdem der Kläger anwaltlichen Beistand in Anspruch genommen und eine Klage, gegebenenfalls auch einen Antrag auf Eilrechtsschutz angekündigt hatte, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 ab, sich zu verpflichten, bis zum Abschluss des zu erwartenden Rechtsstreits von der Einleitung eines Verfahrens auf Rücknahme der Erlaubnis zur Führung des Fachanwaltstitels abzusehen; nach ständiger Übung der Kammer könne die versäumte Fortbildung jedoch ohne Angabe von Gründen bis zum 31. März 2013 nachgeholt werden. Unabhängig hiervon könnten die im Jahr 2013 absolvierten Fortbildungen vorläufig - bis zu einer gerichtlichen Entscheidung - auf die fehlenden sechs Fortbildungsstunden für das Jahr 2012 angerechnet werden. In einem weiteren Schreiben vom 24. Januar 2013 heißt es, die Fortbildungspflicht sei während des laufenden Rechtsstreits nicht suspendiert. Wenn der Kläger bis zum 30. November 2013 keine anerkennungsfähigen Fortbildungsnachweise einreichen werde, werde über einen Widerruf der Befugnis entschieden werden.

2

Der Kläger will erreichen, dass das Seminar, welches hinreichende Bezüge zum Fachgebiet "Verkehrsrecht" aufgewiesen habe, als Fortbildungsnachweis für das Jahr 2012 anerkannt wird. Er hat gemeint, Anspruch auf Anerkennung in Form eines Verwaltungsaktes zu haben, wobei sich die erforderliche Ermächtigungsgrundlage aus § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 FAO ergebe. Hilfsweise möge die Anerkennungsfähigkeit festgestellt werden. Das Feststellungsinteresse folge daraus, dass er sein künftiges Verhalten an der begehrten Feststellung ausrichten wolle. Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verpflichten, die von der D.                Gesellschaft für Aus- und Fortbildung sowie Serviceleistungen mbH ausgestellte Bestätigung über die Teilnahme des Klägers an dem Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik" am 22. Juni 2012 als Fortbildungsnachweis im Sinne des § 15 Abs. 3 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht anzuerkennen;

2. hilfsweise festzustellen, dass es sich bei dem von der D.               Gesellschaft für Aus- und Fortbildung sowie Serviceleistungen mbH am 22. Juni 2012 veranstalteten Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik" um eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht handelt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

3

Sie hat die Klage insgesamt für unzulässig gehalten, weil dem Kläger derzeit kein Widerruf der Erlaubnis zum Führen des Fachanwaltstitels drohe.

4

Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, außerhalb eines Widerrufsverfahrens durch selbständigen Verwaltungsakt über die Anerkennungsfähigkeit von Fortbildungsveranstaltungen und über die Erfüllung der Fortbildungspflicht zu entscheiden. Die Klage könne nicht in eine Anfechtungsklage umgedeutet werden, weil die von der Beklagten erteilte Auskunft kein Verwaltungsakt sei; sie stelle weder eine Belehrung noch eine Rüge dar. Der Hilfsantrag sei als Feststellungsantrag zulässig, aber nicht begründet. Ob ein allgemeiner Bezug zum Fachgebiet ausreiche oder ob sich die Fortbildung speziell auf ein Thema oder Gebiet des § 14d FAO beziehen müsse, könne offenbleiben. Ein Bezug zum Fachgebiet Verkehrsrecht, insbesondere zum Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht und zu den Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung im Verkehrsrecht könne durchaus hergestellt werden. Das Seminar habe jedoch nur Grundkenntnisse allgemeiner Art vermittelt.

5

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen und beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 13. Mai 2013, Az. BayAGH I – 28/12,

1. die Beklagte zu verpflichten, die von der D.               Gesellschaft für Aus- und Fortbildung sowie Serviceleistungen mbH ausgestellte Bestätigung über die Teilnahme des Klägers an dem Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik" am 22. Juni 2012 als Fortbildungsnachweis im Sinne des § 15 Abs. 3 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht anzuerkennen;

2. hilfsweise festzustellen, dass es sich bei dem von der D.               Gesellschaft für Aus- und Fortbildung sowie Serviceleistungen mbH am 22. Juni 2012 veranstalteten Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik" um eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht handelt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

6

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

7

Die Berufung führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung der Beklagten nach dem Hilfsantrag des Klägers.

8

1. Der Hauptantrag bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes des Inhalts, dass die Bescheinigung des Anbieters des Seminars "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik" am 22. Juni 2012 als Fortbildungsnachweis im Sinne des § 15 FAO für das Fachgebiet Verkehrsrecht anerkannt wird. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Gründe der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 112e Satz 2 BRAO, § 130b Satz 2 VwGO). Hinsichtlich des Berufungsvorbringens des Klägers ist ergänzend folgendes auszuführen:

9

a) Weder die Vorschrift des § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO noch diejenige des § 15 Satz 1 und 3 FAO in der hier anwendbaren Fassung vom 1. Juli 2009 ermächtigen die zuständige Rechtsanwaltskammer, im Wege des Verwaltungsaktes abschließend über die Eignung einer Fortbildungsveranstaltung zur Erfüllung der Fortbildungspflicht zu entscheiden. In beiden genannten Vorschriften ist von einer selbständigen Entscheidung über die Anerkennung nicht die Rede. Die Vorschrift des § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO ermächtigt die Kammer, nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung zu widerrufen, wenn die in der Fachanwaltsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterblieben ist. § 15 FAO regelt die Anforderungen an die Fortbildung, die einem Fachanwalt obliegt. Das einzuhaltende Verfahren ergibt sich aus den §§ 17 ff., 25 FAO. Nach § 25 Abs. 2 und 3 FAO ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Vorstandes von den sie rechtfertigenden Tatsachen zulässig. Vor der Entscheidung ist der Rechtsanwalt zu hören. Der Widerrufsbescheid ist mit Gründen zu versehen und dem Rechtsanwalt zuzustellen. Danach wird die Kammer erstmals nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres mit der Frage des Widerrufs befasst und hat innerhalb dieses Folgejahres eine Entscheidung zu treffen. Damit wäre auch dem Interesse des Rechtsanwalts an Rechtsklarheit Genüge getan.

10

b) Nach gefestigter Senatsrechtsprechung hat die Kammer bei der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens über die Widerrufsentscheidung allerdings gegebenenfalls auch nach Ablauf des maßgeblichen Kalenderjahres eingetretene Umstände zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 26. November 2012 - AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175 Rn. 8 f.; vom 8. April 2013 - AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 10; Beschluss vom 5. Mai 2014 - AnwZ (Brfg) 76/13, AnwBl. 2014, 755 Rn. 10). Da die Jahresfrist, innerhalb derer der Widerruf zu erfolgen hat, erst mit Kenntnis aller maßgebenden Umstände beginnt (§ 25 Abs. 2 FAO; vgl. BGH, Beschluss vom 2. April 2001 - AnwZ (B) 37/00, NJW 2001, 1945 f.), kann sich ein längerer Zeitraum der Unsicherheit ergeben. Das liegt jedoch an der Ausgestaltung der Widerrufsentscheidung als Ermessensentscheidung. Der Tatbestand der Erfüllung oder der Nichterfüllung steht nach wie vor mit Ablauf des Kalenderjahres fest (BGH, Urteil vom 8. April 2013 - AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 10; Beschluss vom 5. Mai 2014 - AnwZ (Brfg) 76/13, AnwBl. 2014, 755 Rn. 9). Der Satzungsgeber hat die zitierte, immerhin aus dem Jahr 2001 stammende Rechtsprechung nicht zum Anlass genommen, ein gesondertes, auf die Erfüllung oder Nichterfüllung der Fortbildungsobliegenheit bezogenes und dem Widerrufsverfahren vorgeschaltetes Feststellungsverfahren einzuführen. Erst recht hat er kein Verfahren vorgesehen, welches eine verbindliche Entscheidung über die Erfüllung oder Nichterfüllung der Fortbildungsobliegenheit bereits innerhalb des laufenden Kalenderjahres und damit so rechtzeitig ermöglicht, dass etwa nicht anerkannte Fortbildungen noch rechtzeitig nachgeholt werden können. Da die erstmalige Verletzung der Fortbildungspflicht nicht zwingend zu einem Widerruf führt und eine überobligationsmäßige Fortbildung im folgenden Jahr bei Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens ein Absehen vom Widerruf der Erlaubnis zur Folge haben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 - AnwZ (Brfg) 76/13, AnwBl. 2014, 755 Rn. 10), ist eine derartige Regelung auch nicht zwingend zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen des Fachanwalts am Fortbestand der Erlaubnis erforderlich.

11

c) Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Ermächtigungsgrundlage nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger den Erlass eines für ihn günstigen Verwaltungsaktes begehrt. Wenn die Kammer auf Antrag oder von Amts wegen über die Eignung einer Fortbildungsveranstaltung zu befinden hätte, könnte die Entscheidung positiv oder abschlägig ausfallen. Die Schreiben der Beklagten, in welchen diese eine Anerkennung der Fortbildungsanträge ablehnte, stellen nach Form und Inhalt keine Verwaltungsakte (§ 35 VwVfG) dar. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung BVerwGE 140, 256 Rn. 25. In dieser Entscheidung ging es um eine Vorschrift, die den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes ausdrücklich vorsah. Das Bundesverwaltungsgericht hat also nicht angenommen, dass der feststellende Verwaltungsakt keiner rechtlichen Grundlage bedurfte, sondern umgekehrt ausgeführt, das angestrebte Ziel - die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis - könne im Wege eines (in der Verordnung vorgesehenen) feststellenden Verwaltungsaktes oder aber im Wege der Feststellungsklage der gerichtlichen Feststellung erreicht werden. Im Fall, welcher der Entscheidung BVerwGE 117, 133, 134 zugrunde lag, war die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes immerhin dem Gesetz im Wege der Auslegung zu entnehmen.

12

2. Der hilfsweise geltend gemachte Feststellungsantrag hat demgegenüber Erfolg.

13

a) Der Antrag ist zulässig. Feststellungsanträge sind im Verfahren der Anwaltsgerichtsbarkeit seit der Änderung des Verfahrensrechts zum 1. September 2009 und dem damit verbundenen Wegfall der Vorschriften der §§ 39 ff., 223 BRAO a.F. nicht mehr grundsätzlich unzulässig (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2016 - AnwZ (Brfg) 62/15, juris Rn. 7). Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 43 Abs. 1 VwGO).

14

aa) Das erforderliche konkrete Rechtsverhältnis zwischen den Parteien folgt aus der bereits zitierten Vorschrift des § 15 FAO in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. Juli 2009, nach welcher der Kläger sich im Jahr 2012 fortzubilden und die Fortbildung unaufgefordert der Beklagten nachzuweisen hatte.

15

bb) Auch ein Feststellungsinteresse kann nicht verneint werden. Die Frage, ob das vom Kläger im Jahre 2012 besuchte Seminar als Fortbildungsveranstaltung im Sinne von § 15 FAO für einen Fachanwalt für Verkehrsrecht anzusehen ist, ist zwar in erster Linie eine Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die Frage des Widerrufs der Befugnis, den Titel eines Fachanwalts für Verkehrsrecht zu führen. Hätte die Beklagte - wie es möglicherweise der Absicht der Satzungsversammlung entsprach, nach deren Vorstellung wohl bereits die einmalige Nichterfüllung der Fortbildungs- und Nachweispflicht einen Widerruf der Fachanwaltserlaubnis nach sich ziehen sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 2. April 2001 - AnwZ (B) 37/00, NJW 2001, 1945 mwN) - unverzüglich nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres eine gebundene Entscheidung über den Widerruf zu treffen, ließe sich ein schutzwürdiges Interesse an einer dem Streit über den Widerruf vorgelagerten verbindlichen Feststellung schwerlich bejahen.

16

Es handelt sich jedoch nicht um eine gebundene Entscheidung, sondern um eine Ermessensentscheidung. Bei der Ausübung des Ermessens kann auch eine nachträgliche überobligationsmäßige Fortbildung im folgenden Kalenderjahr zu berücksichtigen sein (BGH, Urteil vom 26. November 2012 - AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175 Rn. 8 f.; vom 8. April 2013 - AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 10; Beschluss vom 5. Mai 2014 - AnwZ (Brfg) 76/13, AnwBl. 2014, 755 Rn. 10). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat die Beklagte eigener Darstellung nach die in den Folgejahren vorgelegten Nachweise jeweils auf die älteste ihrer Ansicht nach noch offene Fortbildungsobliegenheit angerechnet. Solange der Kläger seiner Fortbildungsobliegenheit nachkommt, hat sie bei dieser Vorgehensweise keinen Anlass, ein Widerrufsverfahren im Hinblick auf das Jahr 2012 einzuleiten. Der Kläger könnte sich damit zufrieden geben und sich bis zum Ende seines Berufslebens nach Maßgabe des § 15 FAO fortbilden. Er liefe dann jedoch Gefahr, dass eine künftige Nichterfüllung der jährlichen Fortbildungsobliegenheit - sei sie auf Meinungsverschiedenheiten über die Eignung eines Seminars, sei sie auf unverschuldete Unmöglichkeit der Teilnahme an einem zweifelsfrei geeigneten Seminar zurückzuführen - als Wiederholungsfall eingestuft würde, was Auswirkungen auf die Ausübung des Ermessens im Widerrufsverfahren hätte. Gegebenenfalls würde die Eignung des Seminars vom 22. Juni 2012 viele Jahre später beurteilt werden müssen. Aufgrund dieser besonderen Vorgehensweise der Beklagten kennt der Kläger - der sich ja grundsätzlich rechtstreu verhalten will - auf Dauer den Umfang seiner Fortbildungsobliegenheit nicht. Darauf, dass die Fortbildung für das Jahr 2012 schon lange nicht mehr nachgeholt werden kann, kommt es nicht an. Der Streit über die Eignung des Seminars ist nicht nur im Hinblick auf künftige Ermessensentscheidungen von Bedeutung, was der Senat - allerdings unter der Geltung des alten Verfahrensrechts - nicht für ausreichend erachtet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2006 - AnwZ (B) 38/05, NJW 2006, 2926 f.). Diese andauernde Unsicherheit lässt sich für den Kläger nur durch die begehrte Feststellung beseitigen.

17

b) Der Antrag ist auch begründet. Das Seminar vom 22. Juni 2012 genügte den Anforderungen, die an eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung auf dem Fachgebiet "Verkehrsrecht" zu stellen sind.

18

aa) Die hier maßgebliche Vorschrift des § 15 Satz 1 FAO in der Fassung vom 1. Juli 2009 sah vor, dass der Fachanwalt an einer anwaltlichen Fortbildungsveranstaltung auf seinem Fachgebiet teilzunehmen hatte. Die Beifügung "auf diesem Gebiet" kann sprachlich auch allein auf die Fortbildungsform des wissenschaftlichen Publizierens bezogen werden. Zwingend ist dies jedoch nicht. In der ersten Fassung des § 15 FAO vom 1. September 1999 hieß es, der eine Fachanwaltsbezeichnung führende Rechtsanwalt müsse "auf diesem Fachgebiet" jährlich an einer Fortbildungsveranstaltung teilnehmen. Durch die Einfügung des wissenschaftlichen Publizierens als weitere Fortbildungsart durch § 15 FAO in der Fassung vom 1. Januar 2003, die zu der geschilderten sprachlichen Unklarheit geführt hat, sollten jedoch die Anforderungen an die "Fortbildungsveranstaltung" nicht verändert werden; jedenfalls gibt es hierfür keine Anhaltspunkte (vgl. Möller, NJW 2014, 2758, 2760). Die seit dem 1. Januar 2015 geltende Fassung des § 15 sieht dementsprechend vor, dass der Fachanwalt an "fachspezifischen der Aus- oder Fortbildung dienenden Veranstaltungen" hörend oder dozierend teilzunehmen habe. Dass die Fortbildungsveranstaltung i.S.v. § 15 FAO einen Bezug zum Fachgebiet des jeweiligen Fachanwalts aufweisen muss, wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen. Welche Bereiche zum Fachgebiet "Verkehrsrecht" gehörten, ist der Vorschrift des § 14d FAO zu entnehmen.

19

Weitere Anforderungen an eine den Anforderungen des § 15 FAO genügende Fortbildungsveranstaltung ergeben sich aus dem Zusammenspiel des § 15 FAO mit anderen Vorschriften der Fachanwaltsordnung und der Bundesrechtsanwaltsordnung. Auszugehen ist von § 43c Abs. 1 BRAO. Nach dieser Vorschrift wird die Befugnis, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen, nur einem solchen Rechtsanwalt verliehen, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erworben hat. Die satzungsrechtlichen Vorschriften, welche die Voraussetzungen der Verleihung der Fachanwaltsbezeichnungen betreffen (§§ 2 ff. FAO), nehmen diese Formulierung auf. Der Anwärter muss danach besondere theoretische Kenntnisse auf dem jeweiligen Gebiet nachweisen (§ 4 FAO) und besondere praktische Erfahrungen auf ihm gesammelt haben (§ 6 FAO).

20

An die Pflichtfortbildung können keine geringeren Anforderungen gestellt werden. Sie muss besondere Kenntnisse vermitteln. Es kann nicht darum gehen, den (erneuten) Erwerb von Grundlagenkenntnissen nachzuweisen, die bei jedem Anwalt vorausgesetzt werden können. Die Fortbildung nach § 15 FAO dient vielmehr dem Aufbau, der Vertiefung und der Aktualisierung der bereits vorhandenen besonderen Kenntnisse des Fachanwalts (vgl. Vossebürger in Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl., § 15 FAO Rn. 4a; Quaas in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 15 FAO Rn. 14). Nur diese Auslegung wird auch dem Ziel des § 15 FAO gerecht. Die Vorschrift soll erreichen, dass der Fachanwalt nicht nur bei Erwerb des Fachanwaltstitels über besondere theoretische Kenntnisse und praktischen Erfahrungen auf seinem Fachgebiet verfügt, sondern auch später und dauerhaft. Sie dient damit der Qualitätssicherung (vgl. BGH, Beschluss vom 2. April 2001 - AnwZ (B) 37/00, NJW 2001, 1945, 1946). Dadurch wird das rechtsuchende Publikum geschützt, welches auf den Fachanwaltstitel vertraut, ohne zu wissen, wann dieser verliehen worden ist. Zugleich soll ein einheitlicher Qualitätsstandard aller Fachanwälte gesichert werden (Quaas in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 15 FAO Rn. 8).

21

bb) Das Seminar, welches der Kläger am 22. Juni 2012 besucht hat, entsprach diesen Anforderungen.

22

(1) Das Seminar kann den Bereichen "Verkehrszivilrecht" (§ 14d Nr. 1 FAO), "Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht" (§ 14d Nr. 3 FAO) und "Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung" (§ 14d Nr. 5 FAO) des Fachgebiets "Verkehrsrecht" zugeordnet werden. Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik können allerdings durchaus auch in anderen Fachgebieten von Bedeutung sein. Die Beklagte verweist zutreffend darauf, dass jeder forensisch tätige Rechtsanwalt vom Besuch eines derartigen Seminars profitieren könnte. Dieser Umstand allein schließt die Eignung des Seminars zur Pflichtfortbildung eines Fachanwalts jedoch nicht aus. Fachanwaltsfortbildungen dürfen mehr als ein Fachgebiet betreffen, wenn sie Fachwissen behandeln, welches auf mehr als einem Gebiet von Bedeutung ist (vgl. etwa Offermann-Burckart, Fachanwalt werden und bleiben, 3. Aufl. Rn. 1348; Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 5. Aufl., § 15 FAO Rn. 60). Die besondere Bedeutung der Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik für das Fachgebiet "Verkehrsrecht" erschließt sich ohne weiteres daraus, dass sich die Ereignisse, welchen den Fällen dieses Fachgebiets zugrunde liegen, durchweg in der Öffentlichkeit, nämlich im Straßenverkehr abspielen und überdurchschnittlich häufig von zunächst unbeteiligten Personen, die dann als Zeugen in Betracht kommen, wahrgenommen werden. In diesem Punkt unterscheidet sich das Verkehrsrecht von anderen Fachgebieten, etwa denjenigen, in denen es um Vertragsrecht geht; hier steht häufig eher die Auslegung der Verträge im Zentrum des Rechtsstreits. Einer der Schwerpunkte des fraglichen Seminars lag folgerichtig auf dem Gebiet des Verkehrsrechts. Der Referent hat in seiner als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 14. August 2013 überreichten Stellungnahme erklärt, vor allem Fälle und Beispiele aus den Bereichen Straf-, Verkehrs-, Familien-, Versicherungs- und Baurecht behandelt zu haben. Insofern handelt es sich auch nicht um ein bloßes Querschnittsseminar ohne spezifischen Bezug zum Verkehrsrecht.

23

(2) Entgegen der Ansicht des Anwaltsgerichtshofs vermittelte das Seminar auch nicht nur Grundkenntnisse, die bei jedem forensisch tätigen Rechtsanwalt vorausgesetzt werden können. Die ausweislich der überreichten Unterlagen und der ergänzenden Stellungnahme des Referenten im Seminar vermittelten Grundlagen der Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik sind von den im Studium und Referendariat vermittelten juristischen Grundkenntnissen zu unterscheiden, welche eine Fachanwaltsbezeichnung nicht zu rechtfertigen vermögen. Die schriftlichen Unterlagen, welche der Anwaltsgerichtshof für unzulänglich hielt, enthielten den Angaben des Referenten zufolge zudem nur das Grundlagenwissen, welches im Seminar vorausgesetzt und auf welchem aufgebaut wurde. Dass ein Skript von 29 Seiten nicht ausreicht, um ein sechsstündiges Seminar zu bestreiten, liegt auf der Hand. Ein Rechtsanwalt, der die Grundlagen der Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik beherrscht, wird überdies den auf diesem Gebiet nicht besonders geschulten Rechtsanwälten regelmäßig überlegen sein. Dies rechtfertigt jedenfalls dann die (weitere) Führung einer Fachanwaltsbezeichnung, wenn es - wie hier - um einen Fachbereich geht, in denen die Sachverhaltsermittlung durch Zeugenbeweis typischerweise von besonderer Bedeutung ist. Dass die hier in Frage stehende Fortbildung nicht alle Bereiche des Fachgebiets "Verkehrsrecht" ausschöpft, steht ihrer Anerkennung nicht entgegen.

24

3. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 155 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert wurde nach § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 GKG festgesetzt.

Limperg                          Lohmann                              Remmert

                   Braeuer                                Merk

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 130b


Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung d

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 112c Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung


(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unb

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 194 Streitwert


(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt. (2) In Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ist ein Streitwert von 50 0

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 112e Berufung


Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 43c Fachanwaltschaft


(1) Dem Rechtsanwalt, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erworben hat, kann die Befugnis verliehen werden, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen. Fachanwaltsbezeichnungen gibt es für das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht,

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

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(1) Dem Rechtsanwalt, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erworben hat, kann die Befugnis verliehen werden, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen. Fachanwaltsbezeichnungen gibt es für das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht, das Arbeitsrecht und das Sozialrecht sowie für die Rechtsgebiete, die durch Satzung in einer Berufsordnung nach § 59a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a bestimmt sind. Die Befugnis darf für höchstens drei Rechtsgebiete erteilt werden.

(2) Über den Antrag des Rechtsanwalts auf Erteilung der Erlaubnis entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, nachdem ein Ausschuß der Kammer die von dem Rechtsanwalt vorzulegenden Nachweise über den Erwerb der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen geprüft hat.

(3) Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer bildet für jedes Fachgebiet einen Ausschuß und bestellt dessen Mitglieder. Einem Ausschuß gehören mindestens drei Rechtsanwälte an; diese können Mitglieder mehrerer Ausschüsse sein. Die §§ 75 und 76 Absatz 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden. Mehrere Rechtsanwaltskammern können gemeinsame Ausschüsse bilden.

(4) Die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung kann mit Wirkung für die Zukunft von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer zurückgenommen werden, wenn Tatsachen nachträglich bekanntwerden, bei deren Kenntnis die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Sie kann widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterlassen wird.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Dem Rechtsanwalt, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erworben hat, kann die Befugnis verliehen werden, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen. Fachanwaltsbezeichnungen gibt es für das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht, das Arbeitsrecht und das Sozialrecht sowie für die Rechtsgebiete, die durch Satzung in einer Berufsordnung nach § 59a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a bestimmt sind. Die Befugnis darf für höchstens drei Rechtsgebiete erteilt werden.

(2) Über den Antrag des Rechtsanwalts auf Erteilung der Erlaubnis entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, nachdem ein Ausschuß der Kammer die von dem Rechtsanwalt vorzulegenden Nachweise über den Erwerb der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen geprüft hat.

(3) Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer bildet für jedes Fachgebiet einen Ausschuß und bestellt dessen Mitglieder. Einem Ausschuß gehören mindestens drei Rechtsanwälte an; diese können Mitglieder mehrerer Ausschüsse sein. Die §§ 75 und 76 Absatz 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden. Mehrere Rechtsanwaltskammern können gemeinsame Ausschüsse bilden.

(4) Die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung kann mit Wirkung für die Zukunft von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer zurückgenommen werden, wenn Tatsachen nachträglich bekanntwerden, bei deren Kenntnis die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Sie kann widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterlassen wird.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21. Oktober 2013 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 14. Februar 2013 die dem Kläger am 12. November 2007 erteilte Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung "Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht" wegen Verletzung der Fortbildungspflicht nach § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO, §§ 15, 25 FAO widerrufen. Die dagegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.

II.

2

Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) liegen nicht vor.

3

1. Nach Auffassung des Klägers hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, da sich die Fragen stellten, "ob es dem betroffenen Rechtsanwalt grundsätzlich gestattet ist, zur Abwendung des Widerrufs die fehlenden Fortbildungen für die letzten drei zurückliegenden Jahre nachzuholen", "ob der Widerruf der Fachanwaltsbezeichnung rechtswidrig ist, wenn nicht abgewartet wurde, ob der Betroffene gemäß seiner Ankündigung binnen kurzer Frist die bisher versäumten Fortbildungsstunden nachholen würde" und "ob die Rechtmäßigkeit eines Widerrufs wegen der Unterlassung einer vorgeschriebenen Fortbildung voraussetzt, dass der betroffene Rechtsanwalt vor dem Widerruf erfolglos mit einer Rüge zur Absolvierung der Fortbildung aufgefordert worden ist". Da alle drei Fragen zu bejahen seien, bestünden auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dem folgt der Senat nicht.

4

Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 4 und vom 28. März 2013 - AnwZ (Brfg) 70/12, juris Rn. 4, jeweils m.w.N.).

5

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2012, aaO Rn. 25; vom 2. November 2012 - AnwZ (Brfg) 50/12, BRAK-Mitt. 2013, 38 Rn. 9 und vom 28. März 2013, aaO Rn. 9). Hierbei erfordert die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit regelmäßig, dass - jedenfalls wenn es um die Anwendung bereits seit längerem in Kraft befindlicher Regelungen geht - über die Darstellung der persönlichen Meinung des Klägers hinaus Ausführungen dazu erfolgen, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die angebliche Grundsatzfrage umstritten ist, mithin dass die Ansicht des Klägers in Rechtsprechung oder Literatur überhaupt vertreten wird und insoweit aktuell ein Meinungsstreit besteht (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2012, aaO Rn. 25, 27; vom 24. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 14/12, juris Rn. 6 und vom 28. März 2013, aaO Rn. 5, 9).

6

Bereits an letzterem fehlt es in der Antragsbegründung, die lediglich die persönliche Auffassung des Klägers enthält, ohne dass dieser auf Rechtsprechung und Literatur überhaupt eingeht. Abgesehen davon versucht der Kläger nur in untauglicher Weise, seinem individuellen Fall, der bereits auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung entschieden werden kann, Grundsatzbedeutung beizumessen. Insoweit bestehen auch in der Sache keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, soweit dieser unter Berücksichtigung der konkreten Umstände den streitgegenständlichen Widerruf als nicht ermessensfehlerhaft beurteilt hat.

7

Nach § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO kann die Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Ausbildung unterlassen wird. § 15 FAO bestimmt hierzu, dass der Fachanwalt kalenderjährlich auf seinem Fachgebiet wissenschaftlich publizieren oder an anwaltlichen Fortbildungsveranstaltungen hörend oder dozierend teilnehmen muss, wobei die Gesamtdauer der Fortbildung 10 Stunden nicht unterschreiten darf und die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung der Rechtsanwaltskammer unaufgefordert nachzuweisen ist.

8

Mit der Verleihung und Führung der Fachanwaltsbezeichnung nimmt der Rechtsanwalt gegenüber dem rechtsuchenden Publikum eine im Vergleich zu anderen Anwälten besondere Qualifikation auf diesem Gebiet in Anspruch. Es entspricht der verständigen Erwartung der Rechtsuchenden und damit vernünftigen Gründen des Gemeinwohls, dass er seine spezifischen Kenntnisse jeweils auf dem neuesten Stand hält. Lediglich durch ständige fortlaufende Fortbildungen kann auch gewährleistet werden, dass Änderungen der Gesetzeslage und Rechtsprechung sowie neuere Literatur Einzug in die Beratung der Fachanwälte finden. Die Fortbildungspflicht dient insoweit der Sicherung eines einheitlichen Qualitätsstandards (vgl. nur Senat, Beschluss vom 2. April 2001 - AnwZ (B) 37/00, NJW 2001, 1945, 1946). Vor diesem Hintergrund bestehen gegen das Regelungsgefüge aus § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO, § 15 FAO auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe bereits Senat, Beschluss vom 6. November 2000 - AnwZ (B) 78/99, NJW 2001, 1571, 1572; BVerfG, MDR 2002, 299 mit Vorinstanz AGH Bayern, NJW 2002, 2041).

9

Die Fortbildungspflicht ist in jedem Kalenderjahr aufs Neue zu erfüllen. Ob ein Fachanwalt Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von mindestens zehn Zeitstunden besucht hat, steht erst nach Ablauf des jeweiligen Jahres fest, ändert sich dann aber auch nicht mehr. Ist ein Jahr verstrichen, kann er sich in diesem Jahr nicht mehr fortbilden. Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO kommt es also weder auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Verwaltungsverfahrens noch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren, sondern auf den Ablauf des jeweiligen Jahres an. Mit dessen Ablauf steht die Verletzung der Fortbildungspflicht, die Tatbestandsvoraussetzung für die Befugnis der Rechtsanwaltskammer zum Widerruf ist, unumkehrbar fest (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2013 - AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 10). Eine die Verletzung der Fortbildungspflicht rückwirkend heilende "Nachholung" der Fortbildung im Folgejahr kommt deshalb nicht in Betracht.

10

Eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht führt allerdings nicht zwingend zum Widerruf. Zwar ist die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer möglicherweise davon ausgegangen, dass bereits in diesem Fall ein Widerruf zu erfolgen hat; denn ein Antrag, den Widerruf erst vorzusehen, wenn die Fortbildungspflicht in zwei aufeinander folgenden Jahren nicht erfüllt wird, wurde einstimmig abgelehnt (vgl. die Nachweise bei Scharmer in Hartung, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 5. Aufl., § 25 FAO Rn. 1). Gegenteiliges folgt aber aus dem Wortlaut des § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO ("kann") und daraus, dass ein Verständnis der Regelung in § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO, § 15 FAO als "Muss-Regelung" mit Art. 12 Abs. 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unvereinbar wäre. Vielmehr entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer nach pflichtgemäßem Ermessen über den Widerruf (vgl. Senat, Beschluss vom 2. April 2001, aaO S. 1945; siehe auch Beschluss vom 6. November 2000, aaO S. 1572 und Urteile vom 26. November 2012 - AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175 Rn. 12 und vom 8. April 2013, aaO Rn. 10). Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls - so z.B. eine aufgrund Erkrankung unverschuldete Versäumung der Fortbildung (vgl. Senat, Beschluss vom 2. April 2001, aaO) - zu berücksichtigen. Insoweit liegt es durchaus auch im Rahmen der pflichtgemäßen Entscheidung der Kammer, wenn sie - wie hier anfangs die Beklagte - bei der erstmaligen Verletzung der Fortbildungspflicht vom Widerruf zunächst absieht und dem Anwalt - hier allerdings erfolglos - die Möglichkeit gibt, durch verstärkte Fortbildung im laufenden Jahr eine Sanktionierung der einmaligen Pflichtverletzung im zurückliegenden Jahr zu vermeiden (vgl. auch Senatsurteile vom 26. November 2012, aaO Rn. 9 und vom 8. April 2013, aaO). Zwar kann dadurch die Fortbildungspflicht nicht mehr rückwirkend erfüllt werden. Angesichts des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der im Vorjahr unterbliebenen und der im nachfolgenden Jahr zusätzlichen Fortbildung kann ein Absehen vom Widerruf trotz des Hintergrundes der Zielrichtung der Fortbildung (s.o.) aber letztlich nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden.

11

In diesen Zusammenhang gehört auch die in der Literatur diskutierte Frage nach dem Verhältnis von § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO zum Rügerecht des Kammervorstands nach § 74 BRAO. Vielfach (vgl. etwa Kleine-Cosack, BRAO, 6. Aufl., § 25 FAO Rn. 3; Jährig, Fachanwaltschaften - Entstehung, Entwicklung und aktuelle Fragen, S. 140 f.; Offermann-Burckart, Fachanwalt werden und bleiben, 3. Aufl., S. 308 Rn. 1385; dieselbe auch in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 15 FAO Rn. 43) wird die Auffassung vertreten, § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO sei lex spezialis, sodass eine Verletzung der Fortbildungspflicht nicht mit einer Rüge geahndet werden könne. Teilweise wird dies demgegenüber für möglich erachtet (vgl. Vossebürger in Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 15 FAO Rn. 7), teilweise - hierauf aufbauend und weitergehend - die Meinung vertreten, im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei die Kammer gehalten, bei einer einmaligen Verletzung der Fortbildungspflicht zunächst zur Rüge statt zum Widerruf zu greifen (vgl. Scharmer, aaO § 15 Rn. 72, § 25 FAO Rn. 11 ff.). Diese Diskussion ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Das wäre sie lediglich dann, wenn der Senat - für den Fall, dass er bei Verletzung der Fortbildungspflicht eine Rüge für grundsätzlich möglich hielte - im konkreten Fall den Widerruf ohne vorangegangene Rüge als unverhältnismäßig beurteilen würde. Hiervon kann aber keine Rede sein. Denn der Kläger hat nicht einmal, sondern in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren (2010-2012) - entgegen seiner in 2011 der Beklagten gegebenen Zusage und trotz Androhung des Widerrufs in 2012 - seine Fortbildungspflicht nicht erfüllt. Da mit Ablauf des jeweiligen Jahres die Verletzung der Fortbildungspflicht feststand, konnte sich hieran bis zum Zeitpunkt des Widerrufs am 14. Februar 2013 nichts ändern. Durch den Besuch einer Fortbildungsveranstaltung Anfang Februar 2013 hat der Kläger seine Fortbildungspflicht nicht mehr (teilweise) für die Vergangenheit, sondern nur für 2013 erfüllt.

12

Die Beklagte war vor diesem Hintergrund auch nicht verpflichtet, vor dem Widerruf den vom Kläger angekündigten weiteren Besuch von Fortbildungsveranstaltungen abzuwarten. Abgesehen davon, dass hierdurch die bereits vorliegenden Pflichtverletzungen nicht hätten beseitigt werden können und auch das Ziel des § 15 FAO, durch laufende jährliche Weiterbildung eine durchgängige Qualitätssicherung zu gewährleisten, nicht mehr zu erreichen war, hat die Beklagte dem Kläger bereits zuvor ausreichend - aber ohne Erfolg - Gelegenheit gegeben, einen Widerruf abzuwenden.

13

2. Der Kläger ist ferner der Auffassung, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, "ob die Frist des § 25 Abs. 2 FAO bereits mit fruchtlosem Fristablauf der ersten Erinnerung zur Vorlage des Fortbildungsnachweises zu laufen beginnt". Diese Frage müsse bejaht werden, weshalb der Widerruf verfristet sei.

14

Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist jedoch in der Senatsrechtsprechung - und zwar im gegenteiligen Sinne - bereits geklärt. Nach § 25 Abs. 2 FAO sind die Rücknahme und der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Vorstands der Rechtsanwaltskammer von den sie rechtfertigenden Tatsachen zulässig. Die Vorschrift des § 25 Abs. 2 FAO ist den in § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG (auch i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 VwVfG) enthaltenen Regelungen zur Rücknahme und zum Widerruf von Verwaltungsakten entlehnt. Hier wie dort handelt es sich bei der Jahresfrist um eine Entscheidungsfrist. Sie beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde sämtliche - auch für die Ermessensausübung - relevanten Tatsachen bekannt sind, mithin Entscheidungsreife eingetreten ist. Auch eine notwendige Anhörung zum Widerruf muss grundsätzlich bereits erfolgt sein (vgl. nur Senat, Urteile vom 26. November 2012, aaO Rn. 8 m.w.N. und vom 8. April 2013, aaO Rn. 11). Räumt die Kammer einem Fachanwalt bei einmaliger Versäumung der Fortbildung die Möglichkeit ein, im Folgejahr zur Vermeidung eines Widerrufs sich verstärkt fortzubilden, kann auch dies den Fristbeginn hinausschieben (vgl. Senat, aaO Rn. 9 bzw. aaO Rn. 11). Insoweit läuft die Frist des § 25 Abs. 2 FAO nicht bereits mit fruchtlosem Fristablauf der ersten Erinnerung zur Vorlage des Fortbildungsnachweises. Eine Verfristung ist im vorliegenden Fall auch nicht eingetreten.

III.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG. In Verfahren, welche das Führen von Fachanwaltsbezeichnungen betreffen, setzt der Senat den Streitwert regelmäßig auf 12.500 € fest (vgl. nur Urteile vom 26. November 2012, aaO Rn. 13 und vom 8. April 2013, aaO Rn. 17). Umstände, die im vorliegenden Fall ein Abweichen von dieser Praxis erfordern könnten, sind nicht ersichtlich.

Kayser                        Roggenbuck                         Seiters

               Braeuer                               Schäfer

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 4.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beklagte forderte den Kläger nach Erhalt einer Mitteilung der A.      Versicherung AG mit Schreiben vom 23. Januar 2015 auf, durch Vorlage einer Bescheinigung seines Versicherers nachzuweisen, dass Versicherungsschutz gemäß § 51 BRAO bestehe. Mit Schreiben vom 9. Februar 2015 bestätigte die A.      Versicherung AG, dass das Beitragskonto des Klägers ausgeglichen sei, jedoch für den Zeitraum vom 13. Oktober 2014 bis 29. Januar 2015 eine Versicherungslücke bestehe. Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger auf, bis zum 23. Februar 2015 den Nachweis zu erbringen, dass die vorgenannte Versicherungslücke geschlossen sei. Mit Schreiben vom 2. April 2015 bestätigte die A. Versicherung AG, dass die Versicherungslücke nicht mehr bestehe.

2

Die Generalstaatsanwaltschaft D.       leitete auf den Antrag der Beklagten vom 12. August 2015 ein anwaltsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Verletzung der Berufspflichten aus §§ 43, 51 BRAO ein.

3

Der Kläger hat gegen die Beklagte Klage erhoben, zuletzt mit dem Antrag festzustellen, dass für den Zeitraum vom 13. Oktober 2014 bis 29. Januar 2015 keine Lücke im Versicherungsschutz seiner anwaltlichen Berufshaftpflichtversicherung bestanden habe und kein Verstoß gegen § 51 BRAO vorliege. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage als unzulässig verworfen, da es an einem Feststellungsinteresse des Klägers fehle. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

4

Der Antrag ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

5

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

6

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, NJW 2009, 3642; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 3; vgl. ferner BVerwG, NVwZ-RR 2004, 542, 543; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 112e BRAO Rn. 77).

7

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Der Anwaltsgerichtshof hat zu Recht ein Feststellungsinteresse des Klägers verneint. Feststellungsanträge sind im Verfahren der Anwaltsgerichtsbarkeit nach Änderung des Verfahrensrechts zum 1. September 2009 und mit Wegfall der §§ 39 ff., 223 BRAO nicht mehr grundsätzlich unzulässig (vgl. zur früheren Rechtslage Senat, Beschluss vom 6. November 2000 - AnwZ (B) 3/00, NJW 2001, 1572, 1573 mwN). Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erfordert jedoch nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 43 Abs. 1 VwGO, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung hat. Ein solches Interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein (vgl. nur BVerwG, NJW 1996, 2046, 2048; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 43 Rn. 23).

8

Der Anwaltsgerichtshof hat ein Feststellungsinteresse des Klägers im Hinblick auf die Einleitung des Verfahrens durch die Generalstaatsanwaltschaft, in dem sich der Kläger einlassen und seine Rechte wahren könne, verneint. Demgegenüber vertritt der Kläger die Auffassung, das anwaltsrechtliche Ermittlungsverfahren sei nicht geeignet, eine erschöpfende Regelung zwischen den Parteien des vorliegenden Verfahrens zu der streitigen Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Versicherungslücke im Zeitraum vom 13. Oktober 2014 bis 29. Januar 2015 herbeizuführen. Es gebe auch keinen rechtskräftigen Bescheid, in dem diese Frage und damit die Frage des Verstoßes gegen § 51 BRAO bereits entschieden worden sei.

9

Damit hat der Kläger ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO nicht dargetan.

10

a) Die vorgenannte Versicherungslücke und der mit ihr einhergehende Verstoß gegen § 51 BRAO ist zwischen den Parteien ausschließlich im Rahmen der Wahrnehmung der dem Vorstand der Beklagten nach § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO obliegenden Aufgaben der Berufsaufsicht und der Handhabung des Rügerechts von Bedeutung. Dementsprechend könnte ein Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung allenfalls im Rahmen des von der Beklagten eingeleiteten Aufsichtsverfahrens bestehen. Zwar darf der Vorstand der Beklagten nach § 74 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BRAO keine Rüge mehr erteilen, wenn das anwaltsgerichtliche Verfahren eingeleitet ist. Das Rügerecht erlischt durch diese Einleitung und lebt auch nicht mehr auf, wenn das anwaltsgerichtliche Verfahren eingestellt oder der Beschuldigte freigesprochen wird (Lauda in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 74 BRAO Rn. 20). Indes ist vorliegend noch nicht gemäß § 121 BRAO ein anwaltsgerichtliches Verfahren eingeleitet worden. Es ist vielmehr denkbar, dass die Generalstaatsanwaltschaft beim Anwaltsgericht keine Anschuldigungsschrift einreicht, sondern das Verfahren an den Vorstand der Beklagten zur Entscheidung zurückgibt (vgl. Lauda aaO Rn. 19). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass das Aufsichtsverfahren von der Beklagten fortgeführt wird.

11

b) Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung wird hierdurch jedoch nicht begründet. Denn er kann seine von dem Aufsichtsverfahren betroffenen Rechte in vollem Umfang innerhalb dieses Verfahrens wahren. Einer gesonderten Feststellung mit dem von ihm begehrten Inhalt bedarf es hierzu nicht. Zwar kann ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO im Hinblick auf zu erwartende Sanktionen gegeben sein (vgl. Deckenbrock in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 112c Rn. 12; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 43 Rn. 23 mwN; Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 43 [Stand: Oktober 2008] Rn. 34). Dies ist etwa anzunehmen, wenn es dem Betroffenen im Einzelfall nicht zuzumuten ist, sich auf sein Risiko berufsrechtlich relevant in einer bestimmten Weise zu verhalten und die Klärung der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens in einem ihm wegen dieses Verhaltens drohenden nachfolgenden Disziplinar- oder Strafverfahren abzuwarten (vgl. hierzu BVerwG, NJW 1976, 1224, 1226; BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1969 - I C 86.64, juris Rn. 19; BVerwGE 89, 327, 331: "Damokles-Rechtsprechung").

12

Eine derartige Situation liegt jedoch nicht vor. Gegenstand des zwischen den Parteien bestehenden Streits ist die Frage, ob im Zeitraum vom 13. Oktober 2014 bis 29. Januar 2015 eine Versicherungslücke bestanden und der Kläger deshalb gegen § 51 BRAO verstoßen hat. Betroffen ist damit ausschließlich ein in der Vergangenheit liegender, abgeschlossener Sachverhalt. Der Kläger unterliegt nicht dem Risiko und der Unsicherheit, unter dem "Damokles-Schwert" der berufsrechtlichen Sanktionierung ein Verhalten zu beginnen oder fortzusetzen, das möglicherweise von der Beklagten als berufsrechtswidrig bewertet und gerügt werden wird. Er kann, da der berufsrechtlich relevante Sachverhalt bereits abgeschlossen ist, sein Verhalten auch nicht mehr an dem Ergebnis eines Feststellungsrechtsstreits ausrichten und damit eine - ihm gegebenenfalls nicht zumutbare - Verhaltensunsicherheit beseitigen. Vielmehr kann er seine Rechte in vollem Umfang in dem von der Beklagten eingeleiteten Aufsichtsverfahren beziehungsweise in einem gegen eine etwaige aufsichtsrechtliche Maßnahme der Beklagten geführten Anfechtungsprozess wahren. Ein Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung ist vor diesem Hintergrund nicht gegeben.

13

2. Aus den vorgenannten Gründen hat die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung noch weist sie besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 2, 3 VwGO). Der Sachverhalt ist übersichtlich; die Rechtslage ist eindeutig und nicht klärungsbedürftig.

III.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert wird in Übereinstimmung mit der Festsetzung durch den Anwaltsgerichtshof und den Angaben des Klägers gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG auf 4.750 € festgesetzt.

Kayser                           Bünger                           Remmert

                  Quaas                            Schäfer

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.

(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.

(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21. Oktober 2013 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 14. Februar 2013 die dem Kläger am 12. November 2007 erteilte Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung "Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht" wegen Verletzung der Fortbildungspflicht nach § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO, §§ 15, 25 FAO widerrufen. Die dagegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.

II.

2

Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) liegen nicht vor.

3

1. Nach Auffassung des Klägers hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, da sich die Fragen stellten, "ob es dem betroffenen Rechtsanwalt grundsätzlich gestattet ist, zur Abwendung des Widerrufs die fehlenden Fortbildungen für die letzten drei zurückliegenden Jahre nachzuholen", "ob der Widerruf der Fachanwaltsbezeichnung rechtswidrig ist, wenn nicht abgewartet wurde, ob der Betroffene gemäß seiner Ankündigung binnen kurzer Frist die bisher versäumten Fortbildungsstunden nachholen würde" und "ob die Rechtmäßigkeit eines Widerrufs wegen der Unterlassung einer vorgeschriebenen Fortbildung voraussetzt, dass der betroffene Rechtsanwalt vor dem Widerruf erfolglos mit einer Rüge zur Absolvierung der Fortbildung aufgefordert worden ist". Da alle drei Fragen zu bejahen seien, bestünden auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dem folgt der Senat nicht.

4

Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 4 und vom 28. März 2013 - AnwZ (Brfg) 70/12, juris Rn. 4, jeweils m.w.N.).

5

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2012, aaO Rn. 25; vom 2. November 2012 - AnwZ (Brfg) 50/12, BRAK-Mitt. 2013, 38 Rn. 9 und vom 28. März 2013, aaO Rn. 9). Hierbei erfordert die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit regelmäßig, dass - jedenfalls wenn es um die Anwendung bereits seit längerem in Kraft befindlicher Regelungen geht - über die Darstellung der persönlichen Meinung des Klägers hinaus Ausführungen dazu erfolgen, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die angebliche Grundsatzfrage umstritten ist, mithin dass die Ansicht des Klägers in Rechtsprechung oder Literatur überhaupt vertreten wird und insoweit aktuell ein Meinungsstreit besteht (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2012, aaO Rn. 25, 27; vom 24. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 14/12, juris Rn. 6 und vom 28. März 2013, aaO Rn. 5, 9).

6

Bereits an letzterem fehlt es in der Antragsbegründung, die lediglich die persönliche Auffassung des Klägers enthält, ohne dass dieser auf Rechtsprechung und Literatur überhaupt eingeht. Abgesehen davon versucht der Kläger nur in untauglicher Weise, seinem individuellen Fall, der bereits auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung entschieden werden kann, Grundsatzbedeutung beizumessen. Insoweit bestehen auch in der Sache keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, soweit dieser unter Berücksichtigung der konkreten Umstände den streitgegenständlichen Widerruf als nicht ermessensfehlerhaft beurteilt hat.

7

Nach § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO kann die Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Ausbildung unterlassen wird. § 15 FAO bestimmt hierzu, dass der Fachanwalt kalenderjährlich auf seinem Fachgebiet wissenschaftlich publizieren oder an anwaltlichen Fortbildungsveranstaltungen hörend oder dozierend teilnehmen muss, wobei die Gesamtdauer der Fortbildung 10 Stunden nicht unterschreiten darf und die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung der Rechtsanwaltskammer unaufgefordert nachzuweisen ist.

8

Mit der Verleihung und Führung der Fachanwaltsbezeichnung nimmt der Rechtsanwalt gegenüber dem rechtsuchenden Publikum eine im Vergleich zu anderen Anwälten besondere Qualifikation auf diesem Gebiet in Anspruch. Es entspricht der verständigen Erwartung der Rechtsuchenden und damit vernünftigen Gründen des Gemeinwohls, dass er seine spezifischen Kenntnisse jeweils auf dem neuesten Stand hält. Lediglich durch ständige fortlaufende Fortbildungen kann auch gewährleistet werden, dass Änderungen der Gesetzeslage und Rechtsprechung sowie neuere Literatur Einzug in die Beratung der Fachanwälte finden. Die Fortbildungspflicht dient insoweit der Sicherung eines einheitlichen Qualitätsstandards (vgl. nur Senat, Beschluss vom 2. April 2001 - AnwZ (B) 37/00, NJW 2001, 1945, 1946). Vor diesem Hintergrund bestehen gegen das Regelungsgefüge aus § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO, § 15 FAO auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe bereits Senat, Beschluss vom 6. November 2000 - AnwZ (B) 78/99, NJW 2001, 1571, 1572; BVerfG, MDR 2002, 299 mit Vorinstanz AGH Bayern, NJW 2002, 2041).

9

Die Fortbildungspflicht ist in jedem Kalenderjahr aufs Neue zu erfüllen. Ob ein Fachanwalt Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von mindestens zehn Zeitstunden besucht hat, steht erst nach Ablauf des jeweiligen Jahres fest, ändert sich dann aber auch nicht mehr. Ist ein Jahr verstrichen, kann er sich in diesem Jahr nicht mehr fortbilden. Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO kommt es also weder auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Verwaltungsverfahrens noch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Verfahren, sondern auf den Ablauf des jeweiligen Jahres an. Mit dessen Ablauf steht die Verletzung der Fortbildungspflicht, die Tatbestandsvoraussetzung für die Befugnis der Rechtsanwaltskammer zum Widerruf ist, unumkehrbar fest (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2013 - AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 10). Eine die Verletzung der Fortbildungspflicht rückwirkend heilende "Nachholung" der Fortbildung im Folgejahr kommt deshalb nicht in Betracht.

10

Eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht führt allerdings nicht zwingend zum Widerruf. Zwar ist die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer möglicherweise davon ausgegangen, dass bereits in diesem Fall ein Widerruf zu erfolgen hat; denn ein Antrag, den Widerruf erst vorzusehen, wenn die Fortbildungspflicht in zwei aufeinander folgenden Jahren nicht erfüllt wird, wurde einstimmig abgelehnt (vgl. die Nachweise bei Scharmer in Hartung, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 5. Aufl., § 25 FAO Rn. 1). Gegenteiliges folgt aber aus dem Wortlaut des § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO ("kann") und daraus, dass ein Verständnis der Regelung in § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO, § 15 FAO als "Muss-Regelung" mit Art. 12 Abs. 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unvereinbar wäre. Vielmehr entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer nach pflichtgemäßem Ermessen über den Widerruf (vgl. Senat, Beschluss vom 2. April 2001, aaO S. 1945; siehe auch Beschluss vom 6. November 2000, aaO S. 1572 und Urteile vom 26. November 2012 - AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175 Rn. 12 und vom 8. April 2013, aaO Rn. 10). Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls - so z.B. eine aufgrund Erkrankung unverschuldete Versäumung der Fortbildung (vgl. Senat, Beschluss vom 2. April 2001, aaO) - zu berücksichtigen. Insoweit liegt es durchaus auch im Rahmen der pflichtgemäßen Entscheidung der Kammer, wenn sie - wie hier anfangs die Beklagte - bei der erstmaligen Verletzung der Fortbildungspflicht vom Widerruf zunächst absieht und dem Anwalt - hier allerdings erfolglos - die Möglichkeit gibt, durch verstärkte Fortbildung im laufenden Jahr eine Sanktionierung der einmaligen Pflichtverletzung im zurückliegenden Jahr zu vermeiden (vgl. auch Senatsurteile vom 26. November 2012, aaO Rn. 9 und vom 8. April 2013, aaO). Zwar kann dadurch die Fortbildungspflicht nicht mehr rückwirkend erfüllt werden. Angesichts des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der im Vorjahr unterbliebenen und der im nachfolgenden Jahr zusätzlichen Fortbildung kann ein Absehen vom Widerruf trotz des Hintergrundes der Zielrichtung der Fortbildung (s.o.) aber letztlich nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden.

11

In diesen Zusammenhang gehört auch die in der Literatur diskutierte Frage nach dem Verhältnis von § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO zum Rügerecht des Kammervorstands nach § 74 BRAO. Vielfach (vgl. etwa Kleine-Cosack, BRAO, 6. Aufl., § 25 FAO Rn. 3; Jährig, Fachanwaltschaften - Entstehung, Entwicklung und aktuelle Fragen, S. 140 f.; Offermann-Burckart, Fachanwalt werden und bleiben, 3. Aufl., S. 308 Rn. 1385; dieselbe auch in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 15 FAO Rn. 43) wird die Auffassung vertreten, § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO sei lex spezialis, sodass eine Verletzung der Fortbildungspflicht nicht mit einer Rüge geahndet werden könne. Teilweise wird dies demgegenüber für möglich erachtet (vgl. Vossebürger in Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 15 FAO Rn. 7), teilweise - hierauf aufbauend und weitergehend - die Meinung vertreten, im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei die Kammer gehalten, bei einer einmaligen Verletzung der Fortbildungspflicht zunächst zur Rüge statt zum Widerruf zu greifen (vgl. Scharmer, aaO § 15 Rn. 72, § 25 FAO Rn. 11 ff.). Diese Diskussion ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Das wäre sie lediglich dann, wenn der Senat - für den Fall, dass er bei Verletzung der Fortbildungspflicht eine Rüge für grundsätzlich möglich hielte - im konkreten Fall den Widerruf ohne vorangegangene Rüge als unverhältnismäßig beurteilen würde. Hiervon kann aber keine Rede sein. Denn der Kläger hat nicht einmal, sondern in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren (2010-2012) - entgegen seiner in 2011 der Beklagten gegebenen Zusage und trotz Androhung des Widerrufs in 2012 - seine Fortbildungspflicht nicht erfüllt. Da mit Ablauf des jeweiligen Jahres die Verletzung der Fortbildungspflicht feststand, konnte sich hieran bis zum Zeitpunkt des Widerrufs am 14. Februar 2013 nichts ändern. Durch den Besuch einer Fortbildungsveranstaltung Anfang Februar 2013 hat der Kläger seine Fortbildungspflicht nicht mehr (teilweise) für die Vergangenheit, sondern nur für 2013 erfüllt.

12

Die Beklagte war vor diesem Hintergrund auch nicht verpflichtet, vor dem Widerruf den vom Kläger angekündigten weiteren Besuch von Fortbildungsveranstaltungen abzuwarten. Abgesehen davon, dass hierdurch die bereits vorliegenden Pflichtverletzungen nicht hätten beseitigt werden können und auch das Ziel des § 15 FAO, durch laufende jährliche Weiterbildung eine durchgängige Qualitätssicherung zu gewährleisten, nicht mehr zu erreichen war, hat die Beklagte dem Kläger bereits zuvor ausreichend - aber ohne Erfolg - Gelegenheit gegeben, einen Widerruf abzuwenden.

13

2. Der Kläger ist ferner der Auffassung, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, "ob die Frist des § 25 Abs. 2 FAO bereits mit fruchtlosem Fristablauf der ersten Erinnerung zur Vorlage des Fortbildungsnachweises zu laufen beginnt". Diese Frage müsse bejaht werden, weshalb der Widerruf verfristet sei.

14

Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist jedoch in der Senatsrechtsprechung - und zwar im gegenteiligen Sinne - bereits geklärt. Nach § 25 Abs. 2 FAO sind die Rücknahme und der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Vorstands der Rechtsanwaltskammer von den sie rechtfertigenden Tatsachen zulässig. Die Vorschrift des § 25 Abs. 2 FAO ist den in § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG (auch i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 VwVfG) enthaltenen Regelungen zur Rücknahme und zum Widerruf von Verwaltungsakten entlehnt. Hier wie dort handelt es sich bei der Jahresfrist um eine Entscheidungsfrist. Sie beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde sämtliche - auch für die Ermessensausübung - relevanten Tatsachen bekannt sind, mithin Entscheidungsreife eingetreten ist. Auch eine notwendige Anhörung zum Widerruf muss grundsätzlich bereits erfolgt sein (vgl. nur Senat, Urteile vom 26. November 2012, aaO Rn. 8 m.w.N. und vom 8. April 2013, aaO Rn. 11). Räumt die Kammer einem Fachanwalt bei einmaliger Versäumung der Fortbildung die Möglichkeit ein, im Folgejahr zur Vermeidung eines Widerrufs sich verstärkt fortzubilden, kann auch dies den Fristbeginn hinausschieben (vgl. Senat, aaO Rn. 9 bzw. aaO Rn. 11). Insoweit läuft die Frist des § 25 Abs. 2 FAO nicht bereits mit fruchtlosem Fristablauf der ersten Erinnerung zur Vorlage des Fortbildungsnachweises. Eine Verfristung ist im vorliegenden Fall auch nicht eingetreten.

III.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG. In Verfahren, welche das Führen von Fachanwaltsbezeichnungen betreffen, setzt der Senat den Streitwert regelmäßig auf 12.500 € fest (vgl. nur Urteile vom 26. November 2012, aaO Rn. 13 und vom 8. April 2013, aaO Rn. 17). Umstände, die im vorliegenden Fall ein Abweichen von dieser Praxis erfordern könnten, sind nicht ersichtlich.

Kayser                        Roggenbuck                         Seiters

               Braeuer                               Schäfer

(1) Dem Rechtsanwalt, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erworben hat, kann die Befugnis verliehen werden, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen. Fachanwaltsbezeichnungen gibt es für das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht, das Arbeitsrecht und das Sozialrecht sowie für die Rechtsgebiete, die durch Satzung in einer Berufsordnung nach § 59a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a bestimmt sind. Die Befugnis darf für höchstens drei Rechtsgebiete erteilt werden.

(2) Über den Antrag des Rechtsanwalts auf Erteilung der Erlaubnis entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, nachdem ein Ausschuß der Kammer die von dem Rechtsanwalt vorzulegenden Nachweise über den Erwerb der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen geprüft hat.

(3) Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer bildet für jedes Fachgebiet einen Ausschuß und bestellt dessen Mitglieder. Einem Ausschuß gehören mindestens drei Rechtsanwälte an; diese können Mitglieder mehrerer Ausschüsse sein. Die §§ 75 und 76 Absatz 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden. Mehrere Rechtsanwaltskammern können gemeinsame Ausschüsse bilden.

(4) Die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung kann mit Wirkung für die Zukunft von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer zurückgenommen werden, wenn Tatsachen nachträglich bekanntwerden, bei deren Kenntnis die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Sie kann widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterlassen wird.

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.

(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.

(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt.

(2) In Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ist ein Streitwert von 50 000 Euro anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(3) Die Festsetzung ist unanfechtbar; § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.