Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Dezember 2014 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf eine Verfahrensrüge und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Näherer Erörterung bedarf nur die Rüge eines Verstoßes „gegen die Vorschriften zur Transparenz und Dokumentation von Verständigungsgesprächen (§§ 243 Abs. 4 Satz 2, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO)". Die Revision beanstandet, der Vorsitzende habe den Inhalt eines am letzten Verhandlungstag mit dem Ziel einer Verständigung geführten Vorgesprächs außerhalb der Hauptverhandlung nicht in einem den Anforderungen des § 243 Abs. 4 StPO genügenden Umfang mitgeteilt.

3

1. Im Wesentlichen liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

4

Am 13. Verhandlungstag (11. Dezember 2014) bat der Instanzverteidiger des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung die beiden Berufsrichter der Strafkammer und den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft um ein Gespräch im Hinblick auf eine mögliche Verständigung. Zu diesem Zeitpunkt stand nach im Wesentlichen durchgeführter Beweisaufnahme nur noch die Erstattung eines Gutachtens zur Übersetzung der Tonaufzeichnungen von überwachten Telefon- und Fahrzeuginnenraumgesprächen an, zu deren Inhalt schon Ermittlungsbeamte als Zeugen gehört worden waren. Der Angeklagte hatte sich bisher in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen und lediglich in einem nach dem neunten Verhandlungstag an die Strafkammer geschriebenen Brief vom 9. November 2014 den Tatvorwurf bestritten, als Mitglied einer Bande an der Einfuhr von jedenfalls 28,7 kg Kokain aus Südamerika zum gewinnbringenden Weiterverkauf mitgewirkt zu haben. In dem Brief hatte er sich als Opfer eines Missbrauchs durch ein gesondert verurteiltes Mitglied der Rauschgifthändlerbande dargestellt. Daraufhin hatte auf Anregung des Instanzverteidigers des Angeklagten im Anschluss an den zehnten Verhandlungstag eine Besprechung mit den Berufsrichtern und dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft stattgefunden, in der man sich ohne Verständigungsbezug über Einschätzungen der Beweislage und Aspekte der Beweiswürdigung ausgetauscht hatte. In einem hierüber von ihm angelegten Vermerk hielt der Vorsitzende fest, dass „keiner der am Gespräch Beteiligten sich hinsichtlich der Verurteilungswahrscheinlichkeit und einer Straferwartung fest(legte)“. Ebenso wie eine Übersetzung des Briefes des Angeklagten war am folgenden Fortsetzungstermin auch dieser Besprechungsvermerk verlesen worden, dessen Inhalt als zutreffende Gesprächswiedergabe vom Vertreter der Staatsanwaltschaft und vom Instanzverteidiger bestätigt wurde.

5

Auf die vom Instanzverteidiger am 13. Verhandlungstag geäußerte Bitte um ein Verständigungsvorgespräch wurde die Hauptverhandlung unterbrochen. Während in der anschließenden zwanzigminütigen Besprechung der Vertreter der Staatsanwaltschaft, der den Angeklagten nach vorläufiger Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht für den Kopf der Bande hielt, bei einem Geständnis eine Freiheitsstrafe im Bereich von sechs Jahren für schuldangemessen erachtete, meinte der Instanzverteidiger, dass die Strafe auch noch darunter liegen könne. Der Vorsitzende trat dieser Auffassung zunächst unter Hinweis auf eine möglicherweise gewichtiger zu bewertende Rolle des Angeklagten in dem Tatgeschehen entgegen und erklärte, dass auch eine deutlich höhere Freiheitsstrafe in Betracht käme. Soweit der Revisionsverteidiger zu den geäußerten Straferwartungen weitergehend vorgetragen hat, der Vorsitzende habe „sinngemäß" zum Ausdruck gebracht, dass der Angeklagte ohne umfassendes Geständnis eine Freiheitsstrafe im zweistelligen Bereich zu erwarten habe, hat dies keine Bestätigung gefunden. Der Vorsitzende Richter und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft haben in ihren dienstlichen Äußerungen übereinstimmend dem diesbezüglichen Revisionsvortrag widersprochen; dieser stützte sich auf eine ohnehin eher vage Erklärung des Instanzverteidigers, der an „Ablauf und Inhalt" des Vorgesprächs „im Einzelnen keine sichere Erinnerung mehr" hatte.

6

Im weiteren Verlauf der Besprechung erzielten die Gesprächsteilnehmer Einvernehmen über eine mögliche Verständigung. Hierüber fertigte der Vorsitzende einen Gesprächsvermerk folgenden Inhalts:

7

„Für den Fall eines reuevollen Geständnisses des Inhalts, dass der Angeklagte den Geldtransport organisieren sollte und dafür auch Kurierinnen hat anwerben können, so dass er sich insoweit als Mitglied einer Bande des unerlaubten Handeltreibens und der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht hat, stellt die Kammer die Verhängung einer Freiheitsstrafe im Bereich von fünf bis sieben Jahren Freiheitsstrafe in Aussicht. Insoweit haben sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Berufsrichter verständigt - es bedarf aber noch der Beratung mit den Schöffen und der Zustimmung des Angeklagten".

8

Nach Beendigung des Gesprächs unterrichtete der Instanzverteidiger den Angeklagten über das Ergebnis des Gesprächs. Er teilte ihm mit, dass er den vereinbarten Strafrahmen für ein gutes Ergebnis halte, und besprach mit ihm den Inhalt einer Einlassung, die den Bedingungen der Verständigung entsprechen würde. In der sodann fortgesetzten Hauptverhandlung verlas der Vorsitzende zur Unterrichtung über den Inhalt des Verständigungsvorgesprächs seinen Gesprächsvermerk, der als Anlage zu Protokoll genommen wurde. Nach der anschließenden Beratung der Strafkammer gab der Vorsitzende bekannt, dass das Gericht eine Verständigung entsprechend dem im Vermerk niedergelegten Inhalt vorschlage. Der zuvor gemäß § 257c Abs. 5 StPO belehrte Angeklagte und der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärten ihre Zustimmung. Daraufhin wurde dem im Verfahren tätigen Dolmetscher mitgeteilt, dass seine Dienste als (Sprach-)Sachverständiger nicht mehr benötigt würden, und der Angeklagte ließ sich geständig zur Sache ein; dabei ergänzte und präzisierte er auf Nachfragen der Strafkammer seine Angaben (UA S. 17). Das Verfahren endete noch am selben Hauptverhandlungstag mit Urteil.

9

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil seine Feststellung auf das Geständnis des Angeklagten gestützt, das in Einklang mit den Zeugenaussagen von vier gesondert verurteilten jeweils geständigen Tatbeteiligten stand und durch vielfältige Ergebnisse der polizeilichen Überwachung von Teilen des Tatgeschehens und dessen Vorbereitung ergänzt und bestätigt wurde (UA S. 7 f., 9, 18). Soweit darüber hinaus zwei weitere Mittäter in ihren früheren geständigen Einlassungen im Rahmen der gegen sie geführten Strafverfahren den Angeklagten überschießend belastet hatten, hat das Landgericht diesen Angaben keinen Beweiswert zugemessen, der die Glaubhaftigkeit des Geständnisses des Angeklagten in Frage gestellt hätte (UA S. 17, 19).

10

2. Die Erklärung des Vorsitzenden über das Verständigungsvorgespräch vom 11. Dezember 2014 hat die Informationspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO verletzt.

11

Nach dieser Vorschrift muss der Vorsitzende zu Erörterungen mit den Verfahrensbeteiligten (§ 212 i.V.m. § 202a StPO), die nach Beginn, aber außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, in der Hauptverhandlung deren wesentlichen Inhalt mitteilen. Hierzu zählt zumindest, welchen Standpunkt die Gesprächsteilnehmer vertreten und wie sie sich zu den Ansichten der übrigen verhalten haben (vgl. BVerfGE 133, 168, 217 Rn. 85; BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 313; Beschlüsse vom 14. Juli 2014 - 5 StR 217/14, NStZ-RR 2014, 315, 316, vom 11. Februar 2015 - 1 StR 335/14, NStZ 2015, 416, und vom 25. Februar 2015 - 4 StR 470/14, NStZ 2015, 353, 354).

12

Dieser Anforderung an eine der Informationspflicht des § 243 Abs. 4 StPO genügenden Mitteilung entsprach die Erklärung des Vorsitzenden nicht, da sie lediglich das Ergebnis der Besprechung mit dem von den Gesprächsteilnehmern abgestimmten Verständigungsvorschlag wiedergab. Zum Inhalt der diesem Vorschlag vorausgegangenen Erörterung und insbesondere zu den von den Beteiligten vertretenen Standpunkten enthielt der verlesene Gesprächsvermerk keine Angaben.

13

3. Zwar führt ein Verstoß gegen die Transparenz- und Dokumentationspflichten grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit einer gleichwohl getroffenen Verständigung und hat zur Folge, dass ein Beruhen des Urteils auf diesem Gesetzesverstoß regelmäßig schon deshalb nicht auszuschließen ist, weil die Verständigung, auf der das Urteil beruht, ihrerseits mit einem Gesetzesverstoß behaftet ist (BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97). Nach Auffassung des Senats liegt jedoch unter den hier gegebenen Umständen ein Ausnahmefall vor, in dem ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsverstoß (§ 337 Abs. 1 StPO) sicher auszuschließen ist. Dass ein Ausschluss des Beruhens bei Verletzung der Mitteilungs- und Dokumentationspflichten in Ausnahmefällen unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesetzesverstoßes möglich ist, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE aaO; BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 878/14, NJW 2015, 1235, 1237; siehe auch BGH, Urteil vom 14. April 2015 - 5 StR 20/15; Beschluss vom 15. Januar 2015 - 1 StR 315/14, NJW 2015, 645, 646).

14

a) Bei der danach gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung fällt hier ins Gewicht, dass die Initiative für das Verständigungsvorgespräch von Seiten der Verteidigung in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgte. Damit war sowohl für die Öffentlichkeit als auch für sämtliche Verfahrensbeteiligten nicht nur das Thema des durchzuführenden Gesprächs, sondern auch der Umstand offenkundig, dass die Frage nach einer Verständigung von der Verteidigung aufgeworfen worden war. Der Weg zu der Verständigung hin war hierdurch offengelegt. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang beanstandet, dass maßgebliche - möglicherweise von einer Informationspflicht umfasste - Gründe für die Verständigung im Dunkeln geblieben seien, trägt sie selbst nicht vor, dass etwa der Instanzverteidiger in dem Vorgespräch überhaupt Ausführungen dazu gemacht hätte, was ihn zu der Anregung einer Verständigung bewogen habe. Zudem kann auch nach dem weiteren Verfahrensablauf, bei dem die Bestimmungen des § 257c StPO für ein regelhaftes Zustandekommen einer Verständigung vom Gericht eingehalten worden sind, mit Gewissheit ausgeschlossen werden, dass das Gespräch auf eine gesetzwidrige Absprache gerichtet war.

15

Gemessen an der Bandbreite möglicher Verstöße gegen die Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 StPO (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 878/14, aaO; Beschluss vom 15. Januar 2015 - 1 StR 315/14, aaO) ist die Gesetzesverletzung unter dem Aspekt des Transparenzgebotes und des Gebotes des fairen Verfahrens überdies nicht als gewichtig anzusehen: Eine Unterrichtung über die Besprechung wurde nicht gänzlich unterlassen, sondern fand als solche mit Bekanntgabe ihres Ergebnisses statt. Mit dem damit verbundenen Hinweis auf eine gemeinsame Verständigung über den unterbreiteten vorläufigen, unter dem Vorbehalt abschließender Kammerberatung stehenden Vorschlag war klar, dass nicht nur die Berufsrichter, sondern auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft die von der Verteidigung aufgeworfene Frage nach einer Verständigung zustimmend beantwortet hatten. Die nicht mitgeteilten, allerdings nicht weit voneinander entfernten Sanktionsvorstellungen des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft und des Instanzverteidigers lagen von vornherein innerhalb des alsbald gemeinsam mit den Berufsrichtern abgestimmten Strafrahmens. Soweit beide Gesprächsteilnehmer ihre Straferwartungen mit Zumessungsgesichtspunkten näher begründet haben sollten - was die Revision nicht vorträgt -, wäre eine Mitteilung über Einzelheiten ihrer Argumentation von der Informationspflicht des § 243 Abs. 4 StPO ohnehin nicht umfasst gewesen (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2015 - 1 StR 335/14, aaO). Nach dem mit der dienstlichen Äußerung des Vertreters der Staatsanwaltschaft übereinstimmenden Revisionsvortrag nahm der Vorsitzende erst im Anschluss an die Äußerung des Instanzverteidigers zu dessen Sanktionsvorstellung ablehnend Stellung. Von dieser Stellungnahme mag die schließlich vorgeschlagene Obergrenze der Strafe beeinflusst worden sein. Völlig fernliegend ist allerdings angesichts der Initiative des Instanzverteidigers für eine Verständigung, der unmittelbar vor ihrem Abschluss stehenden Beweisaufnahme und des nach dem zehnten Hauptverhandlungstag bereits unter den Besprechungsteilnehmern erfolgten Austauschs über Einschätzungen der Beweislage und Aspekte der Beweiswürdigung, dass der Vorsitzende mit seiner Stellungnahme auf das Zustandekommen einer Verständigung gedrängt haben und ein entsprechender Druck durch die Unvollständigkeit seiner späteren Mitteilung nicht offengelegt worden sein könnte.

16

b) Aufgrund dieser Besonderheiten kann der Senat darüber hinaus sicher ausschließen, dass das infolge der unvollständigen gerichtlichen Mitteilung sowie Dokumentation beim Angeklagten hervorgerufene Informationsdefizit dessen Selbstbelastungsfreiheit in irgendwie fassbarer Weise beeinträchtigt haben könnte und das Landgericht ohne den Rechtsfehler zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Dass sich die fehlende Information über die unterschiedlichen Straferwartungen der Gesprächsteilnehmer, die sich innerhalb des nachfolgend von ihnen abgestimmten Strafrahmens hielten, auf die Fähigkeit des Angeklagten zu autonomer Willensbildung ausgewirkt haben könnte, ist nicht erkennbar.

17

4. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, liegt bereits nach seinem Vortrag ein Rechtsfehler nicht vor. Denn das Protokoll gibt die - tatsächlich unvollständige - Mitteilung und damit den Gang der Hauptverhandlung gerade zutreffend wieder (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2015 - 5 StR 20/15; Beschlüsse vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418, und vom 15. Januar 2015 - 1 StR 315/14, aaO).

Schneider     

Dölp     

     Berger

Bellay     

Schneider

(RiBGH Dr. Feilcke ist
wegen urlaubsbedingter
Abwesenheit an der
Unterschrift gehindert)

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(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

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Tenor Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiese

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 195/12
vom
10. Juli 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
------------------------------
1. Die Grundsätze zur Unzulässigkeit einer bloßen Protokollrüge gelten nicht, wenn
ein Verfahrensfehler behauptet wird, der in seinem Kern darin besteht, dass das
Hauptverhandlungsprotokoll den Inhalt außerhalb der Verhandlung geführter Verständigungsgespräche
nicht wiedergibt. Insoweit hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung
getroffen.
2. Eine entgegen § 273 Abs. 1a StPO fehlende oder inhaltlich unzureichende Dokumentation
von außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgesprächen
im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO führt in der Regel dazu, dass das Beruhen
des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 195/12 – LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
3. Juli 2013 in der Sitzung am 10. Juli 2013, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger,
der Angeklagte T. in der Verhandlung in Person,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 6. September 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen, Gründungschwindels in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides statt, und wegen Gläubigerbegünstigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachbeschwerde und Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, so dass es auf die weiteren Rügen nicht mehr ankommt.

I.

2
Dem Urteil ist eine Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 3 StPO vorangegangen. Im Protokoll der Hauptverhandlung ist ausgeführt: "Der Vorsitzende gab bekannt, dass in der Verhandlungspause eine tatsächliche Verständigung nach § 257c StPO erörtert worden ist. Das Gericht hat für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze von drei Jahren und eine Strafuntergrenze von zwei Jahren und zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. … Die Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmten zu. Die Hauptverhandlung wurde von 12.40 Uhr bis 12.46 Uhr unterbrochen. Der Angeklagte und der Verteidiger erklärten Zustimmung. …"
3
Der Beschwerdeführer macht dazu geltend, die "formellen Anforderungen an eine Verständigung" seien nicht eingehalten worden, "da insbesondere die erforderlichen Protokollierungsanforderungen nicht beachtet" worden seien. Er trägt vor, anhand des Protokolls müssten zumindest die Fragen beantwortet werden können, von wem die Initiative zur Verständigung ausgegangen sei, ob alle Verfahrensbeteiligten an dem Gespräch beteiligt gewesen und von welchem Sachverhalt sie ausgegangen seien, ferner welche Vorstellungen sie vom Ergebnis der Verständigung gehabt hätten. Das Protokoll besage nichts darüber.

II.

4
Diese Verfahrensrüge ist zulässig und begründet.
5
1. Das Vorbringen unterliegt der Auslegung. Soweit der Beschwerdeführer Ausführungen im Protokoll zur Mitteilung des Inhalts von Gesprächen mit dem Ziel einer Verständigung vermisst, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt worden waren, geht es der Sache nach um die Nichtbeachtung der §§ 243 Abs. 4 Satz 2, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO.
6
Nach dem Rechtsgedanken des § 300 StPO, der auf die Auslegung von Verfahrensrügen entsprechend angewendet wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 25. Januar 2005 – 2 BvR 656/99 u.a., BVerfGE 112, 185, 211), schadet es nicht, dass der Beschwerdeführer nur auf § 257c StPO verweist, denn die Regelungen der §§ 243 Abs. 4 Satz 2, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO betreffen das Verfahren auf dem Weg zu einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 3 StPO. Insoweit ist die Angriffsrichtung des Rügevorbringens eindeutig erkennbar.
7
Das Vorbringen des Beschwerdeführers genügt den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Zwar ist eine Verfahrensrüge im Allgemeinen unzulässig, wenn sich dem Revisionsvorbringen nicht die bestimmte Behauptung entnehmen lässt, dass ein Verfahrensfehler vorliegt, sondern nur, dass er sich aus dem Protokoll ergebe (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 – 4 StR 181/11, StV 2012, 73). Dies kann aber ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn ein Verfahrensfehler behauptet wird, der in seinem Kern gerade darin besteht, dass das Protokoll den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel einer Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Denn dazu hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung getroffen.
8
Die Herstellung von Transparenz und die Dokumentation aller mit dem Ziel der Verständigung geführten Erörterungen entsprechen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren (VerstStVfÄndG, BGBl. 2009 I, S. 2353; Regierungsentwurf in BT-Drucks. 16/12310). Sie sind Elemente eines einheitlichen Konzepts (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 f., Tz. 96 f.). Die Einheitlichkeit dieses Regelungskonzepts hat auch Auswirkungen auf die Darlegungspflichten eines Revisionsführers gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Sein Vorbringen genügt, wenn Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden und eine Mitteilung des Vorsitzenden über deren wesentlichen Inhalt entweder tatsächlich nicht erfolgt ist oder jedenfalls nicht im Protokoll dokumentiert wurde, bereits dann den Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Verfahrensrüge, wenn er nur auf das Fehlen einer Dokumentation hinweist. Denn ein Protokoll, das alleine die Tatsache einer außerhalb der Hauptverhandlung geführten Erörterung oder nur deren Ergebnis mitteilt, ist fehlerhaft, und schon dieser Verfahrensfehler kann erhebliche Auswirkungen auf das Prozessverhalten des Angeklagten entfalten (s. unten II.2.b). Mitteilungs - und Dokumentationsmängel im Hinblick auf die Anforderungen an das Verständigungsverfahren aus den §§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a StPO sind dann aber auch im Sinne der Darlegungsanforderungen nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gleich zu behandeln.
9
2. Es liegt ein Verfahrensfehler vor, auf dem das Urteil beruht.
10
a) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen im Sinne der §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, und gegebenenfalls deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu auch Senat , Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 StR 47/13). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310 S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, ob solche Erörterungen stattgefunden ha- ben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1065, Tz. 85; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung der Möglichkeit einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen. Das Fehlen der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97); er wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen.
11
Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob der Dokumentationspflicht nur dann ausreichend Genüge getan worden wäre, wenn der Protokollvermerk verlesen und genehmigt wurde (vgl. § 273 Abs. 3 Satz 3 StPO), wie es sinnvoll sein kann, weil ein erhebliches Interesse des Angeklagten (vgl. unten II.2.b) an der Feststellung des Wortlauts der Mitteilung besteht.
12
b) Ein Mangel des Verfahrens an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden, führt – ebenso wie die mangelhafte Dokumentation einer Verständigung – regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfG aaO NJW 2013, 1058, 1067, Tz. 97).
13
Das Gesetz will die Transparenz der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung geführt werden, durch die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts in der Verhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber für den Angeklagten herbeiführen. Der Angeklagte als ei- genverantwortliches Prozesssubjekt soll zuverlässig und in nachprüfbarer Form über den Ablauf und Inhalt derjenigen Verständigungsgespräche informiert werden, die außerhalb der Hauptverhandlung – in der Praxis meist in seiner Abwesenheit – geführt wurden. Durch die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO und durch deren Protokollierung gemäß § 273 Abs. 1a StPO wird nicht nur das Ergebnis der Absprache, sondern auch der dahin führende Entscheidungsprozess festgeschrieben und der revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht. Die Mitteilung und deren Dokumentation sowie die Nachprüfbarkeit in einem einheitlichen System der Kontrolle sind jeweils Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Angeklagten darüber, ob er dem Vorschlag des Gerichts gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO zustimmt. Für die Entscheidung des Angeklagten, die meist mit der Frage nach einem Geständnis in der Hauptverhandlung verbunden wird, ist es von besonderer Bedeutung, ob er über die Einzelheiten der in seiner Abwesenheit geführten Gespräche nur zusammenfassend und in nicht dokumentierter Weise von seinem Verteidiger nach dessen Wahrnehmung und Verständnis informiert wird oder ob ihn das Gericht unter Dokumentation seiner Mitteilungen im Protokoll der Hauptverhandlung unterrichtet. Schon durch das Fehlen der Dokumentation kann das Prozessverhalten des Angeklagten beeinflusst werden.
14
Es mag nicht ausgeschlossen sein, dass der Angeklagte im Einzelfall auch bei fehlerhaftem Hauptverhandlungsprotokoll durch eine ebenso zuverlässige Dokumentation in anderer Weise so unterrichtet wird, dass das Beru- hen des Urteils auf dem Protokollierungsfehler ausgeschlossen werden kann. Anhaltspunkte dafür liegen hier aber nicht vor.
Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR20/15
vom
14. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen ausbeuterischer Zuhälterei u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. April
2015, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay,
Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt L.
als Verteidiger,
Rechtsanwältin G.
als Vertreterin der Nebenklägerin K. ,
Rechtsanwältin C.
als Vertreterin der Nebenklägerinnen A. , Be. , D.
und Ko. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. Februar 2014 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die hierdurch den Nebenklägerinnen entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen ausbeuterischer Zuhälterei in fünf tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts ließen der Angeklagte und seine mitangeklagte Ehefrau sowie seine gleichfalls mitangeklagte Tochter über mehrere Jahre hinweg die Nebenklägerinnen – fünf bulgarische Prostituierte – für sich arbeiten. Sie nahmen ihnen sämtliche Prostitutionseinnahmen ab und verbrauchten diese für ihren Lebensbedarf. Die Nebenklägerinnen erhielten entgegen vorab erteilten Zusicherungen, die Einnahmen hälftig aufzuteilen, über den gesamten Zeitraum ihrer Tätigkeit hinweg neben Kost und Logis nur kleinere Beträge.
3
Nach einem gemeinsamen Diskothekenbesuch schlug der Angeklagte die Nebenklägerin Ko. in angetrunkenem Zustand mit den Handflächen sowie Fäusten und dann mit einer vereisten Wasserflasche ins Gesicht, weil sie mit einem Albaner getanzt hatte. Er fügte ihr hierdurch eine blutende Platzwunde unter der linken Augenbraue zu. Es blieb eine Narbe zurück.

II.


4
Das Urteil des Landgerichts hält rechtlicher Prüfung stand.
5
1. Die Revision beanstandet eine Verletzung der „§§ 257c, 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO“, weil der Vorsitzende das Stattfinden und den Inhalt eines am 14. Februar 2014 mit dem Ziel der Verständigung geführten Gesprächs nicht in der Hauptverhandlung mitgeteilt und dokumentiert hat. Damit vermag sie letztlich nicht durchzudringen.
6
a) Im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
7
Nach einem außerhalb der Verhandlung zwischen einem beisitzenden Richter und einem Verteidiger zustande gekommenen Kontakt zur Frage einer Verständigung erkundete das Gericht am 33. Hauptverhandlungstag (14. Februar 2014) in öffentlicher Hauptverhandlung, ob bei der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft Interesse an Verständigungsgesprächen bestehe. Dies wurde bejaht. Daraufhin wurde im Gerichtssaal ein Gespräch geführt, an dem mit Ausnahme der Angeklagten alle Verfahrensbeteiligten teilnahmen. Die Ver- teidiger stellten den Aspekt weiterer Inhaftierung ihrer Mandanten in den Vordergrund. Der Verteidiger der nicht revidierenden Tochter des Angeklagten sprach die Möglichkeit der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich seiner Mandantin an. Die Staatsanwältin bewertete die Rechtslage zur Strafbarkeit wegen Menschenhandels nach dem Stand der Beweisaufnahme. Ferner wurden namentlich von den Vertretern der Nebenklägerinnen Schadensersatzzahlungen thematisiert. Strafvorstellungen wurden weder vom Gericht noch von anderer Seite verlautbart. Nach Beendigung des Gesprächs wurde der Angeklagte durch seinen Verteidiger ohne Mitteilung von Details darüber informiert, dass das Gespräch ohne Ergebnis geendet habe.
8
Am 34. Verhandlungstag (18. Februar 2014) unterbreitete das Gericht für den Fall einer geständigen Einlassung der Angeklagten einen umfangreichen Verständigungsvorschlag. Dem Beschwerdeführer wurde eine Verurteilung zu Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten bis zu vier Jahren und sechs Monaten in Aussicht gestellt. Gegenstand des Vorschlags war weiterhin ein Schuldanerkenntnis der drei Angeklagten, in dem sie sich gesamtschuldne- risch zur Zahlung von je 7.500 € an die fünf Nebenklägerinnen verpflichten soll- ten. Bei Zustimmung der Staatsanwaltschaft sollten in Bezug auf eine Reihe von Anklagevorwürfen Verfahrensbeschränkungen nach §§ 154, 154a StPO erfolgen. Die Belehrung gemäß § 257c Abs. 4 StPO wurde erteilt. Darüber hinaus brachte der Vorsitzende zum Ausdruck, er gehe davon aus, dass der Vorschlag nur bei Beteiligung aller drei Angeklagten Bestand haben könne. Stattfinden , Ablauf und Inhalt des Gesprächs vom 14. Februar 2014 gab das Gericht an diesem Tag wie auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung nicht bekannt. Dementsprechend wurde diesbezüglich auch keine Mitteilung protokolliert.
9
Noch am 18. Februar 2014 machte der Verteidiger des Angeklagten schriftsätzlich geltend, dass die Bedingung der Zustimmung aller Angeklagten unzulässig sei. Am 35. Verhandlungstag (19. Februar 2014) stellte der Vorsitzende in öffentlicher Hauptverhandlung klar, dass die Zustimmung aller Angeklagten keine Bedingung des Gerichts sei. Er gehe aber davon aus, dass die Staatsanwaltschaft diese Bedingung stelle. Dies wurde von der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft bestätigt. Die Frage des Gerichts, ob dem Verständigungsvorschlag zugestimmt werde, verneinte der Angeklagte. Die Sitzung wurde unterbrochen.
10
Der Verteidiger befragte den Vorsitzenden, ob eine „Ausschöpfung des Strafrahmens nach unten“ denkbar sei. Der Vorsitzende verwies auf den in der Hauptverhandlung unterbreiteten gerichtlichen Vorschlag, dem der Angeklagte zustimmen könne oder eben nicht. Nach Unterrichtung durch den Verteidiger, dass es keine (weitere) Äußerung des Gerichts gebe, erklärte der Angeklagte dem Verteidiger, nunmehr zustimmen zu wollen. Der Verteidiger erkundigte sich beim Vorsitzenden, welchen Geständnisinhalt das Gericht erwarte, worauf der Vorsitzende in Anwesenheit der Berufsrichter bekundete, das Gericht sei bei dem Verständigungsvorschlag davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Nebenklägerinnen die Hälfte der Prostitutionseinnahmen zugesichert, ihnen jedoch dann nur kleinere Beträge und an eine Nebenklägerin einmal 1.500 € bezahlt sowie dass er die Nebenklägerin Ko. geschlagen habe. Ein Geständnis dieses Inhalts sei mithin die Basis des Verständigungsvorschlags. Dies teilte der Verteidiger dem Angeklagten mit.
11
Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung stimmten alle Angeklagten dem Verständigungsvorschlag zu. Der Angeklagte ließ sich zur Sache ein und räumte die vorgenannten Umstände ein. Sämtliche Angeklagten erklärten ein Schuldanerkenntnis im Sinne des Vorschlags.
12
b) Bei dem geschilderten Verfahrensablauf ist eine Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO gegeben. Nach dieser Bestimmung hat der Vorsitzende das Stattfinden und den wesentlichen Inhalt von während des Verlaufs der Hauptverhandlung geführten Erörterungen (§§ 212 i.V.m. 202a StPO) mitzuteilen, sofern deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist. Dies war bei dem Gespräch vom 14. Februar 2014 der Fall.
13
Das Gespräch erfolgte in Unterbrechung der Hauptverhandlung auf die ausdrückliche Frage des Gerichts nach etwaigem Verständigungsinteresse hin. In dessen Verlauf wurden in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Angeklagten unter anderem mit dem Gesichtspunkt der Haft, der Strafaussetzung zur Bewährung in Bezug auf die Tochter des Angeklagten und von Schadensersatzzahlungen aller Angeklagten Themen aufgeworfen, die einer Verständigung zugänglich sind (vgl. KK-StPO/Moldenhauer/Wenske, 7. Aufl., § 257c Rn. 15 mwN). Dies überschreitet – anders als der erste Kontakt zwischen dem beisitzenden Richter und einem Verteidiger – sowohl nach den äußeren Umständen als auch dem Inhalt der Unterredung den Bereich einer „unverbindlichen Fühlungsaufnahme“ (hierzu Schmitt, StraFo 2012, 386, 391; Sander, Karlsruher Strafrechtsdialog 2013, S. 53, 55). Dass die Besprechung zum Inhalt einer Verständigung wenig konkret war, namentlich von keinem Beteiligten Strafvorstellungen zur Diskussion gestellt wurden, vermag daran nichts zu ändern.
14
c) Der Senat kann unter den hier gegebenen Umständen jedoch ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsverstoß (§ 337 Abs. 1 StPO) sicher ausschließen. Dass ein Ausschluss des Beruhens bei Verletzung der Mitteilungs- und Dokumentationspflichten, die einem Unterlaufen des Schutzkonzepts entgegenwirken sollen, in Ausnahmefällen möglich ist, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 f. Rn. 98; BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14 Rn. 28 f.; siehe auch BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14 [zum Abdruck in BGHSt bestimmt], NJW 2015, 645 Rn. 14, 17 ff.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor.
15
aa) Allerdings ist dem Landgericht mit dem völligen Unterlassen der gebotenen Mitteilung unter dem Blickwinkel des Transparenzgebots in Verbindung mit dem Gebot des fairen Verfahrens (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14 Rn. 19 ff. mwN) eine gewichtige Rechtsverletzung unterlaufen. Das Schutzkonzept der strafprozessualen Verständigungsregelungen erfordert es, dass Erörterungen mit dem Ziel der Verständigung stets in öffentlicher Hauptverhandlung zur Sprache kommen, um einem informellen und unkontrollierbaren Verhalten unter Umgehung strafprozessualer Grundsätze möglichst keinen Raum zu lassen (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 f. Rn. 98; BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14 Rn. 28).
16
Indessen sind hier bei der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, aaO Rn. 19) Umstände vorhanden, die die Rechtsverletzung letztlich in einem milderen Licht erscheinen lassen. Insbesondere erfolgte die Initiative für das Gespräch von Seiten des Gerichts in öffentlicher Hauptverhandlung. Damit war sowohl für die Öffentlichkeit als auch für sämtliche Verfahrensbeteiligten offenkundig, dass Verständigungsgespräche durchgeführt werden würden. Ferner kann nach dem Revisionsvortrag zum Verlauf des Gesprächs, der in dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft seine Bestätigung gefunden hat, mit Gewissheit ausgeschlossen werden, dass das Gespräch auf eine gesetzwidrige Absprache gerichtet war. Es handelte sich auch nicht etwa um einen Verständigungsversuch, der aufgrund widerstreitender Interessen fehlgeschlagen war. Vielmehr wurden einige Positionen lediglich eher abstrakt thematisiert. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass sich die Strafkammer durch das Gespräch einen Eindruck verschaffen wollte, um in der Verhandlungspause einen umfassenden Verständigungsvorschlag entwickeln zu können. Dieser wurde am darauffolgenden 34. Verhandlungstag in öffentlicher Verhandlung bekanntgegeben, ohne dass Verlauf und Inhalt des Vorgesprächs in irgendeiner Weise für das öffentliche Verständnis der Absprache Bedeutung erlangen konnten. Demgemäß hat sich die Verständigung trotz der Mitteilungs- und Dokumentationsverletzung in ihrer entscheidenden Gestalt letztlich doch „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbart“ (vgl. BVerfGE 133, 168, 215 Rn. 82). Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob nicht sogar – was durchaus nicht fernliegt, wozu aber die Revision nicht vorträgt – der Gerichtssaal während des Gesprächs vom 14. Februar 2014 der Öffentlichkeit zugänglich gewesen ist.
17
bb) Aufgrund dieser Besonderheiten kann der Senat darüber hinaus sicher ausschließen, dass infolge der unterlassenen gerichtlichen Mitteilung sowie Dokumentation die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten in relevanter Weise beeinträchtigt worden ist und das Gericht bei ordnungsgemäßer Bekanntgabe sowie deren Protokollierung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Der Angeklagte war durch die am 33. Verhandlungstag in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgte gerichtliche Anfrage und die von den anderen Verfahrensbeteiligten bekundete Verständigungsbereitschaft darüber informiert, dass es sogleich zu durch das Gericht initiierten Verständigungsgesprächen kommen werde. Er wurde nach dem Gespräch durch seinen Verteidiger (zutref- fend) darüber unterrichtet, dass es (noch) kein Ergebnis gegeben habe. Der inhaltlich nicht etwa auf bestimmten im Gespräch vom 14. Februar 2014 vertretenen Positionen fußende Verständigungsvorschlag wurde am 18. Februar 2014 in der Hauptverhandlung bekanntgegeben und mit ihm erörtert, woraufhin am 19. Februar 2014 nach ordnungsgemäßer Belehrung die Verständigung zustande kam. Unter diesen Vorzeichen bestand nicht im Ansatz die Gefahr eines dem Angeklagten abträglichen Interessengleichlaufs von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung (vgl. BVerfGE 133, 168, 232 Rn. 114). Genauso wenig kann angenommen werden, dass das beim Angeklagten bestehende Informationsdefizit über Inhalt und Verlauf des Gesprächs vom 14. Februar 2014 dessen Fähigkeit zu autonomer Willensbildung vor allem in Richtung der Begebung seiner Selbstbelastungsfreiheit (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, aaO Rn. 21 f. mwN) in irgendwie fassbarer Weise beeinträchtigt haben könnte. Das gilt im Besonderen für die durch die Revision hervorgehobene „Position der Staatsanwaltschaft“, die sich lediglich in einer vorläufigen rechtlichen Bewertung zum (dann ausgeschiedenen) Anklagevorwurf des Menschenhandels erschöpfte.
18
d) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, liegt bereits nach seinem Vortrag ein Rechtsfehler nicht vor. Denn das zu einer – tatsächlich nicht erfolgten – Mitteilung schweigende Protokoll gibt den Gang der Hauptverhandlung gerade zutreffend wieder (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, aaO Rn. 12 mwN).
19
e) Der Senat muss nicht die – naheliegend zu verneinende – Frage entscheiden , ob die ersichtlich auf dem Ergebnis der zuvor über 30 Verhandlungstage andauernden Hauptverhandlung und dabei vor allem der Vernehmung von zwei Nebenklägerinnen fußende Auskunft des Vorsitzenden über den Gegen- stand des vom Angeklagten erwarteten Geständnisses als „Erörterung“ im Sin- ne von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO gelten und damit Mitteilungs- und Dokumentationspflichten auszulösen geeignet sein könnte. Denn eine solche Rechtsverletzung macht die Revision nicht geltend. Die Angriffsrichtung bestimmt aber den Prüfungsumfang des Revisionsgerichts (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2013 – 5 StR 318/13, NStZ 2013, 671; Beschluss vom 20. Oktober 2014 – 5 StR 176/14 [zum Abdruck in BGHSt bestimmt], NJW 2015, 265, 266 Rn. 14; jeweils mwN). Entsprechendes gilt für die Frage, ob die Verständigung sämtlichen Anforderungen des § 257c StPO genügt hat.
20
2. Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung der „§§ 257c, 136a, 261 StPO“. Er beanstandet insoweit, dass die Staatsanwaltschaft ihre Zustim- mung zur Verständigung gesetzwidrig von einer Zustimmung aller Angeklagten abhängig gemacht habe. Hierdurch sei für den Beschwerdeführer eine psychische Drucksituation entstanden, weil er um die Belange seiner mitangeklagten Ehefrau und seiner gleichfalls mitangeklagten Tochter besorgt gewesen sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vortrag den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO in jeder Hinsicht genügt. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
21
a) Weder dem gesetzlichen Schutzkonzept zur Verständigung noch übergeordneten Grundsätzen lässt sich ein an Gericht oder Staatsanwaltschaft gerichtetes Verbot entnehmen, in einem gegen mehrere Angeklagte gerichteten Strafverfahren nur an einer „Gesamtverständigung“ mitzuwirken. Ein subjekti- ves Recht eines Angeklagten auf Verständigung existiert nicht (vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 257c Rn. 6; OLG Celle NStZ 2012, 285, 286). Gerade in Umfangsverfahren wie dem vorliegenden kann eine Verständigung mit nur einzelnen Angeklagten unter dem Aspekt der Verfah- rensökonomie im Wesentlichen wertlos sein, im Gegenteil sogar gewisse Gefahren für den Bestand des Urteils in sich bergen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2013 − 1 StR 386/13, NStZ 2014, 168 mwN; vgl. KK-StPO/Moldenhauer/Wenske, aaO, § 257c Rn. 11; Schneider, NStZ 2014, 252, 261). Dies gilt zumal dann, wenn die Tatbeiträge der Angeklagten – wie hier – in besonderer Weise miteinander verwoben sind. Die drei Angeklagten verübten die ausbeuterische Zuhälterei in arbeitsteiliger Organisation. Ihnen flossen die Prostitutionseinnahmen der Nebenklägerinnen auch gemeinsam zu. Dementsprechend war Gegenstand der Verständigung ein von allen Angeklagten abgegebenes Schuldanerkenntnis zu gesamtschuldnerischer Schadenser- satzzahlung an die Nebenklägerinnen. Für die Ablehnung einer „Partikularlösung“ können danach im Einzelfall sachgemäße Gründe von Gewicht sprechen.
22
b) An der Gesetzmäßigkeit der durch die Staatsanwaltschaft konkret abgegebenen Erklärung vermag auch eine in der Revisionsbegründung freilich eher abstrakt benannte „psychische Drucksituation“ des Angeklagten aufgrund seiner familiären Bindungen zu den in den Verständigungsversuch eingebundenen Mitangeklagten nichts zu ändern. Allein hierdurch wird nicht eine Beeinträchtigung der Freiheit der Willensentschließung und -betätigung des Angeklagten ausgelöst, die der in § 136a StPO bezeichneten entsprechen oder nahekommen und eine eingegangene Verständigung deswegen vielleicht unwirksam machen könnte. Auch sind Anhaltspunkte für einen irgendwie gearteten „Missbrauch“ von Seiten der Staatsanwaltschaft oder gar des Gerichts nicht vorhanden. Dass die Staatsanwaltschaft die Lage des Angeklagten auch nur durch entsprechende Hinweise instrumentalisiert hätte, um ihn zu einer Zustimmung zu drängen, trägt die Revision nicht vor. Dem Umstand, dass die ty- pischerweise gegebene „Anreiz- und Verlockungssituation“ des Angeklagten (vgl. BVerfGE 133, 168, 208 Rn. 68) in Konstellationen wie der vorliegenden unter Umständen verstärkt wird, kann das Tatgericht vor allem im Rahmen der Aufklärung und dann gegebenenfalls der Beweiswürdigung Rechnung tragen.
23
3. Auch der Rüge der Verletzung „der §§ 240, 265 StPO, Art.6 Abs. 1, 3d MRK“ bleibt der Erfolg versagt.
24
a) Ihr liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
25
Nach einer sich über mehrere Tage erstreckenden Vernehmung der Zeugin und Nebenklägerin D. regte der Verteidiger des Angeklagten an, wegen massiver Widersprüche zwischen ihrer Aussage vor Gericht und in früheren polizeilichen Vernehmungen von einer weiteren Befragung abzusehen, weil ihre Aussage zur Überprüfung der Anklagevorwürfe nicht geeignet sei. Nach einer Besprechung zwischen den Verfahrensbeteiligten gab der Vorsitzende in der Hauptverhandlung den Hinweis (§§ 257b, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO), dass die weitere Befragung der Zeugin aus Sachaufklärungsgründen nicht geboten sei. Die Aussageschwächen wie fehlende Konstanz und Genauigkeit seien so eklatant, dass das Anerbieten der Verteidiger zur verkürzten Zeugenbefragung zu sachlich gebotener Verfahrensbeschleunigung führen werde. Die Zeugin wurde vor einer eingehenden Befragung durch die Verteidigung entlassen und im weiteren Verlauf nicht mehr vernommen. Der Verteidiger widersprach bei der Entlassung der Verwertung der Aussage der Zeugin. Er begründete dies mit (behaupteten) rechtsstaatswidrigen Vernehmungen bulgarischer Staatsorgane.
26
In der Beweiswürdigung zog die Strafkammer die Angaben der Zeugin D. zum Anklagevorwurf der durch den Angeklagten verübten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin Ko. insofern heran, als sie die Glaubhaftigkeit des hierzu abgegebenen Geständnisses des Ange- klagten indiziell bestätigten; die Zeugin habe dieses Geschehen trotz des ansonsten geringen Beweiswerts ihrer Aussage detailliert, schlüssig und anschaulich beschrieben, wobei sich ihre Bekundungen mit denen des Angeklagten deckten (UA S. 13). Hinsichtlich des Vorwurfs der durch die Angeklagten über mehrere Jahre hinweg verübten ausbeuterischen Zuhälterei verwertete das Landgericht die Aussage nicht.
27
b) Die Rüge entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn die Revision hat die Niederschriften über die polizeilichen Vernehmungen der Zeugin nicht vorgelegt, auf die sie sich zur Begründung ihrer Anregung der Nichtweitervernehmung tragend gestützt hat. Der Senat kann deshalb nicht prüfen, ob die Bekundungen der Zeugin auch zu diesem gegenüber dem Vorwurf langjähriger Ausbeutung mehrerer Prostituierter leicht fassbaren Teilaspekt im Vergleich zu ihrer Aussage vor Gericht Inkonstanzen gravierender Art aufwiesen. Allenfalls unter dieser Voraussetzung könnte an einen durch die Verfahrensweise der Strafkammer geschaffenen Vertrauenstatbestand gedacht werden, dass sie die hierzu erfolgte und sich mit der geständigen Einlassung des Angeklagten im Detail deckende Aussage nicht als Indiz für deren Glaubhaftigkeit in Ansatz bringen würde.
28
4. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachbeschwerde deckt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
29
a) Die Beweiswürdigung ist tragfähig vorgenommen. Das Landgericht hat die geständige Einlassung des Angeklagten und die sich damit deckenden geständigen Aussagen der Mitangeklagten hinreichend mit den Ergebnissen der mehr als 30 Tagen dauernden Verhandlung abgeglichen und auf ihren Wahrheitsgehalt untersucht. Ausweislich der Sitzungsniederschrift über die Hauptverhandlung vom 19. Februar 2014, die dem Senat aufgrund der unter Ziffer 1 erörterten Verfahrensrüge zugänglich gewesen ist, hat sich der Angeklagte da- bei nicht auf ein „Formalgeständnis“ etwa in Form einer von ihm bestätigten Erklärung seines Verteidigers beschränkt. Vielmehr hat er mindestens 40 Minuten bis maximal eine knappe Stunde lang zur Sache ausgesagt und dabei Fragen beantwortet. Dies hat auch in den Urteilsgründen seinen Niederschlag gefunden (UA S. 11 ff.).
30
Besonderen Stellenwert im Rahmen der Beweiswürdigung nahmen die Aussagen der Nebenklägerinnen A. und K. ein. Entgegen der Auf- fassung der Revision hat sich die Strafkammer dabei nicht nur „floskelhaft“ mit einem denkbaren Falschbelastungsmotiv wegen in Aussicht stehenden Schadensersatzes befasst (UA S. 11 f.). Auch die Aussage der Zeugin D. ist mit der gebotenen Zurückhaltung gewürdigt (UA S. 12 f.). Dass sich das Landgericht nicht ausdrücklich mit der Frage befasst hat, ob der Angeklagte (wie dann auch die mitangeklagte Ehefrau und die mitangeklagte Tochter) möglich- erweise in dem Bestreben ein „Falschgeständnis“ abgelegt hat, die Verkürzung der Haft seiner Ehefrau und seiner Tochter zu erreichen, begründet schon angesichts der hier gegebenen klaren Beweislage keinen durchgreifenden Darstellungsmangel (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12 Rn. 7).
31
b) Die Entscheidung nach § 111i StPO ist noch hinreichend begründet. Soweit das Landgericht bei der Berechnung des (auch) durch den Angeklagten aus der Straftat der ausbeuterischen Zuhälterei Erlangten (UA S. 19) möglicherweise Zeiten einbezogen hat, die vor Inkrafttreten des § 111i StPO am 1. Januar 2007 liegen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. April 2013 – 1StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254, 255 mwN), würde das Urteil hierauf nicht beruhen. Denn auch die nach diesem Zeitpunkt gemäß der durch die Straf- kammer vorgenommenen, ansonsten rechtsfehlerfreien „Hochrechnung“ erlang- ten Beträge übersteigen die durch sie letztlich angenommene Summe von 37.500 € bei weitem. Angesichts der dem Angeklagten überaus günstigen Schätzung schließt der Senat ferner aus, dass die Festsetzung des Verfallsbetrags noch niedriger ausgefallen wäre, wenn das Landgericht die Härtefallvorschrift des § 73c Abs. 1 StGB explizit erörtert hätte.
Sander König Berger
Bellay Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 1 5 / 1 4
vom
15. Januar 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
Zum Beruhen bei Verstößen gegen die Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4
Satz 1 StPO.
BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 - 1 StR 315/14 - LG Magdeburg
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 24. Januar 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Halle - Wirtschaftsstrafkammer - zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung und versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Der Beanstandung des Angeklagten liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Auf Anregung der Verteidigung des Angeklagten fand im Zwischenverfahren am 15. Dezember 2011 ein Rechtsgespräch mit dem Ziel einer Verständigung statt. An diesem Gespräch nahmen die Berufsrichter der Strafkammer, der Verteidiger des Angeklagten, die Verteidiger der drei nicht revidierenden Mitangeklagten und zwei Vertreter der Staatsanwaltschaft teil. Die Kammer signalisierte Bereitschaft, den Prozessstoff im Falle einer Verständigung auf eine der drei angeklagten Taten zu beschränken. Die Vertreter der Staatsanwalt- schaft äußerten sich zu ihrer Straferwartung dergestalt, dass bei Geständnisbereitschaft der Angeklagten Strafhöhen im bewährungsfähigen Bereich denkbar seien. Nachdem auch die Verteidiger der Angeklagten zu ihren Erwartungen über das Verfahrensergebnis Stellung bezogen hatten, endete das Rechtsgespräch ohne Ergebnis.
4
Am ersten Hauptverhandlungstag, dem 8. Januar 2013, nahm der Vorsitzende folgende Mitteilung ins Protokoll auf:
5
„Es wurde festgestellt, dass im Vorfeld der Hauptverhandlung Erörterun- gen mit den Prozessbeteiligten gemäß § 243 Abs. 4 n.F. stattgefunden haben. Am 15. Dezember 2011 fand ein Gespräch mit den Prozessbeteiligten statt mit dem Ziel einer Möglichkeit der Verständigung. Im Ergebnis wurde keine Einigung erzielt.“
6
Der Angeklagte ließ sich am ersten Verhandlungstag in Gestalt einer Erklärung seines Verteidigers umfassend zur Sache ein.
7
Auf Anregung der Verteidigung des Angeklagten fand am siebten Hauptverhandlungstag während laufender Hauptverhandlung erneut ein Rechtsgespräch mit dem Ziel der Verständigung über den Verfahrensausgang statt, welches ebenfalls nicht zu einer Einigung führte. Ein weiterer ergebnisloser Verständigungsversuch trug sich außerhalb der Hauptverhandlung am 14. Hauptverhandlungstag zu. In das Protokoll über die Hauptverhandlung fand dieser Eingang wie folgt:
8
„In der Verhandlungspause haben die Berufsrichter, die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, die Vertreter des Finanzamtes und die Verteidi- ger die Sach- und Rechtslage erörtert. Auch in diesem Gespräch ist es zu keiner Einigung gekommen.“
9
Der Angeklagte war durch seine Verteidiger über den Inhalt der geführten Gespräche jeweils informiert worden.
10
Die Revision rügt, das Landgericht habe seinen sich aus § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO ergebenden Mitteilungspflichten nicht genügt; auf der unzureichenden Transparenz der ohne den Angeklagten geführten Gespräche beruhe das Urteil, obschon dieser von seinem Verteidiger darüber unterrichtet worden sei, denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieser sein Prozessverhalten bei gesetzmäßiger Unterrichtung durch den Vorsitzenden anders ausgerichtet hätte.
11
2. Die Verfahrensrüge ist begründet. Das Landgericht hat seine Informationspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO bereits in Bezug auf die im Zwischenverfahren erfolgten Verständigungsgespräche verletzt. Unter den hier konkret gegebenen Umständen kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsverstoß beruht.
12
a) Allerdings liegt, soweit die Revision mit Blick auf die erfolgten Verständigungsgespräche eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO rügt, ein Rechtsfehler bereits nach ihrem Vortrag nicht vor. Nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO muss das Protokoll u.a. die Beachtung der in § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO vorgeschriebenen Mitteilungen wiedergeben. Wird entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO eine Erörterung , die vor der Eröffnung des Hauptverfahrens stattgefunden hat (§ 202a StPO), nach Beginn der Hauptverhandlung nicht bekannt gemacht und damit die Informationspflicht nicht beachtet, so ergibt sich aus dem Schweigen des Protokolls kein zusätzlicher Rechtsfehler; im Gegenteil gibt dieses den Gang der Hauptverhandlung gerade zutreffend wieder (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.; Beschluss vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418). So liegt es hier. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO kann deshalb nicht verletzt sein.
13
b) Verletzt ist aber § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO. Danach teilt der Vorsitzende mit, ob Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt.
14
aa) Das Transparenzgebot soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen stets in öffentlicher Hauptverhandlung zur Sprache kommen, so dass für informelles und unkontrollierbares Verhalten unter Umgehung der strafprozessualen Grundsätze kein Raum verbleibt (vgl. BVerfGE 133, 168 ff.; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 602; Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73; vom 8. Oktober 2013 - 4 StR 272/13, StV 2014, 67; vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219; vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418 und vom 22. Juli 2014 - 1 StR 210/14). Die Pflicht zur Mitteilung der mit dem Ziel einer Verständigung über den Verfahrensausgang geführten Gespräche erstreckt sich deshalb auch auf die Darlegung, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde, welche Standpunkte gegebenenfalls vertreten wurden und auf welche Resonanz dies bei den anderen am Gespräch Beteiligten jeweils gestoßen ist (vgl. BVerfGE 133, 168, 215 f.; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 602; Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73; vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219 und vom 9. April 2014 - 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416, 417). Dementsprechend hat der Vorsitzende Verlauf und Inhalt der Gespräche in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen. Nur so wird eine effektive Kontrolle in der Revisionsinstanz ermöglicht.
15
bb) Nach Maßgabe dessen erweist sich die Mitteilung des Vorsitzenden über das im Zwischenverfahren geführte Verständigungsgespräch als rechtsfehlerhaft. Denn die formelhafte Wendung, ein abgehaltenes Verständigungsgespräch sei ergebnislos verlaufen, reicht nicht aus. Die wesentlichen Informationen , die Ablauf und Inhalt des Gesprächs offengelegt hätten, wie etwa das Angebot einer Verfahrensbeschränkung durch die Strafkammer oder die Vorstellung der Staatsanwaltschaft über das Strafmaß und ihre Erwartungen an das Prozessverhalten des Angeklagten, hat der Vorsitzende in der Hauptverhandlung nicht mitgeteilt. Die Erwartungen der Verfahrensbeteiligten an den Prozessverlauf und sich hieraus möglicherweise ergebende Folgen sind nach seiner Mitteilung unklar geblieben; das aus § 243 Abs. 4 StPO folgende Transparenzgebot ist dadurch verletzt.
16
cc) Der Senat kann unter den gegebenen Umständen nicht ausschließen , dass das Urteil auf diesem Rechtsverstoß beruht.
17
(1) Von einem Beruhen des Urteils auf der Verletzung der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist auszugehen, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass das Gericht bei gesetzmäßigem Vorgehen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Sicherungen der Verständigung sind nicht den absoluten Revisionsgründen zugeordnet worden, so dass eine Beruhensprüfung (§ 337 Abs. 1 StPO) in jedem Einzelfall vorzunehmen ist (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97). Das gesetzliche Schutzkonzept der §§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a, 257c StPO darf hierbei jedoch nicht unterlaufen werden, so dass das Beruhen des Urteils auf einem Verstoß nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, wenn eine Beeinträchtigung dieses Schutzkonzepts nicht droht (BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97; BVerfG, Beschluss vom 26. August 2014 - 2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592, 594). In besonders gelagerten Einzelfällen ist dies denkbar, wenn etwa feststeht, dass es tatsächlich keine Verständigungsgespräche gegeben hat oder der Prozessverlauf trotz stattgefundener Gespräche nicht beeinflusst worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, NStZ 2014, 221, 222 f.).
18
(2) Das Schutzkonzept der gesetzlichen Regelungen über die Verständi- gung erstreckt sich auch auf die Gewährleistung einer „vollumfänglichen“ Kon- trolle verständigungsbasierter Urteile im Sinne umfassender Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung durch Mitteilung und Dokumentation im Verhandlungsprotokoll (BVerfGE 133, 168, 222 Rn. 96). Ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht wird deshalb grundsätzlich dann nie ausgeschlossen werden können, wenn zu besorgen ist, das Urteil könne auf gesetzwidrige „informelle Absprachen“ oder diesbezügliche Gesprächsbemühungen zurückgehen (BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97). Ebenso liegt es, wenn eine „informelle Absprache“ - wie hier - zwar ergebnislos geblieben und eine Einigung nicht zustande gekommen ist, hierauf gerichtete Gesprächsbemühungen aber außerhalb der öffentlichen Hauptverhandlung stattgefunden haben. Da der Schutzmechanismus des Verständigungsgesetzes auch durch erfolglose Verständigungsbemühungen verletzt werden kann, verlangt § 243 Abs. 4 StPO für alle Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung eine Mitteilung deren wesentlichen Inhalts, die gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO zu protokollieren ist. Hinsichtlich der in der Hauptverhandlung selbst zustande kommenden Verständigung ist demgegenüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO nur der wesentliche Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis wiederzugeben. Weitergehender Informationsbedarf besteht hier für die Öffentlichkeit nicht, denn sie hat dem Zustandekommen der Verständigung - anders als den Gesprächen außerhalb der Hauptverhandlung - beigewohnt. Dieses zwar primär auf die Herstellung von Öffentlichkeit ausgerichtete Verfahren ist mittelbar zugleich Teil des dem Angeklagten zugedachten Individualrechtsschutzes , denn es gewährleistet ihm ein bestimmtes Maß an Rechtsstaatlichkeit. Diese Erwägung liegt auch der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zugrunde, nach der das Beruhen eines Urteils auf Verstößen gegen die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 StPO nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97).
19
Dennoch führt auch die Beachtung dieser Schutzgüter nicht bei jedem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht zu dem Ergebnis, dass ein Beruhen des Urteils hierauf nicht ausgeschlossen werden kann. Aus dem Unterbleiben der nach § 243 Abs. 4 StPO erforderlichen Mitteilung darf nicht per se auf die Bemühung um Herbeiführung einer „informellen Absprache“ geschlossen werden. Bei der - stets an den Umständen des Einzelfalles ausgerichteten - Beruhensprüfung ist vielmehr im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang das Gericht Essentialia aus den Vorgesprächen unerwähnt gelassen hat. Verstöße gegen die Mitteilungspflicht sind in einer sehr weit gestreuten Bandbreite denkbar. Sie können von kleinen Ungenauigkeiten und Auslassungen bis hin zur gänzlichen Unterlassung der Mitteilung oder bewussten Falschmitteilung reichen. Dies liegt daran, dass die Mitteilungspflicht sehr früh eingreift und inhaltlich - wie oben dargelegt - von erheblichem Umfang ist. Der Verfahrensverstoß bedarf deshalb einer an seiner Auswirkung zu bemessenden Gewichtung. Sind also insbesondere neben dem Umstand, dass überhaupt Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben, auch die vorbenannten Aspekte in ihren wesentlichen Umrissen deutlich geworden, wird ein Beruhen des Urteils im Sinne von § 337 StPO auch dann auszuschließen sein, wenn die Mitteilung einzelne notwendige Informationen vermissen lässt.
20
(3) Diese Grundsätze gelten auch für die Konstellation, in der der Verteidiger den Angeklagten über den Inhalt eines zuvor geführten Verständigungsgesprächs informiert hat.
21
In besonders gelagerten Einzelfällen (vgl. Landau NStZ 2014, 425, 430) kann ein Ausschluss des Beruhens im Sinne von § 337 Abs. 1 StPO möglich sein, wenn der Instanzverteidiger den Angeklagten über Ablauf und Inhalt der außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräche zuverlässig unterrichtet und so ein Informationsdefizit seines Mandanten ausgeglichen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418; Beschluss vom 15. Juli 2014 - 5 StR 169/14, NStZ-RR 2014, 315; Beschluss vom 16. Juli 2014 - 5 StR 227/14). Aus den dargelegten Erwägungen kann die Frage, ob die Fähigkeit des Angeklagten zu autonomer Willensbildung über sein weiteres Prozessverhalten auf einer tragfähigeren Grundlage beruht, wenn er nicht nur von seinem Verteidiger zusammenfassend und in nicht dokumentierter Weise nach dessen Wahrnehmung und Verständnis informiert wird, sondern durch das Gericht durch Mitteilung in der Hauptverhandlung (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 314 und vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 603), nicht allgemeingültig beantwortet werden. Auch insoweit ist eine Betrachtung des Einzelfalles im Lichte des Schutzzwecks des § 243 Abs. 4 StPO erforderlich.
22
Generell kann das Gespräch des Angeklagten mit seinem Verteidiger die Mitteilung durch das Gericht in der Hauptverhandlung - auch im Rahmen der Beruhensprüfung - nicht ersetzen. Dem steht bereits das Schutzgut der Gewährleistung öffentlicher Kontrolle des Verständigungsprozesses entgegen, welches dem Risiko des Angeklagten angemessen Rechnung tragen will, dass sich ein möglicher Interessengleichlauf von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu seinem Nachteil auswirkt (BVerfGE 133, 168, 232 Rn. 114). Richterliche und nicht richterliche Mitteilungen sind strafprozessual auch dem Grunde nach nicht von identischer Qualität. Vielmehr liegt der Strafprozessordnung an verschiedenen Stellen die Wertung zugrunde, wonach Authentizität, Vollständigkeit und Verständlichkeit einer Mitteilung oder Belehrung (nur) durch richterliches Handeln verbürgt sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13, Rn. 13 ff., StV 2014, 513).
23
Die Information des Angeklagten durch seinen Verteidiger bei fehlender oder unzureichender gerichtlicher Mitteilung über den Inhalt eines gescheiterten Verständigungsgesprächs gemäß § 243 Abs. 1 StPO lässt deshalb einen Ausschluss des Beruhens nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen zu. Je einfacher sich die dem Verständigungsversuch zugrunde liegende Sach- und Rechtslage darstellt, desto weniger stark wird die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten gefährdet und umso eher wird auszuschließen sein, dass die Verständigung rechtswidrig war und das Gericht bei regelhafter Vornahme und Protokollierung der Mitteilung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Informationen etwa über leicht erfassbare tatsächliche Umstände wird der Verteidiger dem Angeklagten einfacher vermitteln können, als vielschichtige Rechts- und Verfahrensfragen. Bei komplexen Rechts- oder Verfahrensfragen wird sich dagegen regelmäßig nicht ausschließen lassen, dass die Information des Angeklagten durch das Gericht auf sein Prozessverhalten Einfluss genommen hätte.

24
(4) Nach Maßgabe dessen liegt jedenfalls unter den vorliegenden Umständen hier kein Ausnahmefall vor, in dem das Beruhen des Urteils auf dem Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ausgeschlossen werden kann.
25
Aufgrund der Beschränkung der Mitteilung auf die äußerst dürftige Information , es hätten Gespräche mit dem Ziel einer Verständigung ergebnislos stattgefunden, liegt ein Ausschluss des Beruhens schon aus Transparenzgründen fern. Die Mitteilung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung gibt nicht einmal ansatzweise wieder, was Gegenstand der Gespräche gewesen ist. Selbst wenn der Angeklagte von seinem Verteidiger darüber hinreichend informiert wurde, ist das gesetzliche Schutzkonzept dennoch berührt, denn jedenfalls die Gewährleistung effektiver Kontrolle des mit der Verständigung verbundenen Geschehens durch die Öffentlichkeit konnte hierdurch nicht ersetzt werden. Schon dies steht der Gleichschaltung der Verteidigerinformation mit einer Mitteilung durch das Gericht in laufender Hauptverhandlung entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13, Rn. 13 ff., StV 2014,

513).


26
Im Übrigen bekräftigen auch die weiteren Umstände des Falles dieses Ergebnis:
27
Am ersten Tag der Hauptverhandlung, an dem u.a. die Einlassung des Angeklagten zur Sache erfolgte, lag das gescheiterte Verständigungsgespräch bereits länger als ein Jahr zurück. Schon aufgrund des erheblichen zeitlichen Abstands zum Beginn der Verhandlung lässt sich nicht ausschließen, dass dem Angeklagten Inhalt und Bedeutung der Gespräche nicht (mehr) hinreichend bekannt waren. Unklarheit über deren Bedeutung hätte demgegenüber nicht ein- treten können, wenn der Vorsitzende den Angeklagten zu Beginn der Verhandlung auf der Grundlage der von ihm vorgenommenen Dokumentation die von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte Mitteilung an den Angeklagten gerichtet hätte.
28
Hinzu kommt, dass es sich bei den dem Angeklagten zur Last gelegten Vorwürfen nicht etwa um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach überschaubaren Sachverhalt gehandelt hat. Im vorliegenden Fall war Verfahrensgrundlage eine 45-seitige Anklageschrift, mit welcher die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorwarf, sich während eines Zeitraums von rund drei Jahren der Steuerhinterziehung in zwei Fällen und der versuchten Steuerhinterziehung schuldig gemacht zu haben; das Beweismittelverzeichnis der Anklage erstreckt sich über sieben Seiten. Neben dem Angeklagten waren drei weitere Personen angeklagt. Schon die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage gebot eine verständliche und vollständige Mitteilung der Bedeutung der Verständigungsgespräche durch das Gericht.
29
Unter wertender Betrachtung von Art und Ausmaß des Verstoßes lässt sich unter den konkreten Umständen des Falles schon nicht zweifelsfrei ausschließen , dass das Verständigungsgespräch während des Zwischenverfahrens möglicherweise im Sinne des § 257c StPO rechtswidrige Inhalte hatte. Auch der Ausschluss einer auf fehlerhaftem oder verkürztem Verständnis des Verteidigers beruhenden unzureichenden Information des Angeklagten - verstärkt durch den zwischenzeitlich eingetretenen zeitlichen Abstand - war hier alleine durch eine vollständige Mitteilung durch das Gericht in der Hauptverhandlung möglich.
30
Der Senat kann nach alldem nicht ausschließen, dass sich der Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO auf den Verfahrensausgang ausgewirkt hat.
31
3. Ob das Urteil auch auf dem (weiteren) Verstoß gegen die Informationspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO im Hinblick auf das während des Hauptverfahrens geführte Verständigungsgespräch beruht, kann für die Entscheidung über das Rechtsmittel dahinstehen.
32
4. Der Senat hat gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StPO von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Halle zurückzuverweisen.
Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 1 5 / 1 4
vom
15. Januar 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
Zum Beruhen bei Verstößen gegen die Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4
Satz 1 StPO.
BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 - 1 StR 315/14 - LG Magdeburg
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 24. Januar 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Halle - Wirtschaftsstrafkammer - zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung und versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Der Beanstandung des Angeklagten liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Auf Anregung der Verteidigung des Angeklagten fand im Zwischenverfahren am 15. Dezember 2011 ein Rechtsgespräch mit dem Ziel einer Verständigung statt. An diesem Gespräch nahmen die Berufsrichter der Strafkammer, der Verteidiger des Angeklagten, die Verteidiger der drei nicht revidierenden Mitangeklagten und zwei Vertreter der Staatsanwaltschaft teil. Die Kammer signalisierte Bereitschaft, den Prozessstoff im Falle einer Verständigung auf eine der drei angeklagten Taten zu beschränken. Die Vertreter der Staatsanwalt- schaft äußerten sich zu ihrer Straferwartung dergestalt, dass bei Geständnisbereitschaft der Angeklagten Strafhöhen im bewährungsfähigen Bereich denkbar seien. Nachdem auch die Verteidiger der Angeklagten zu ihren Erwartungen über das Verfahrensergebnis Stellung bezogen hatten, endete das Rechtsgespräch ohne Ergebnis.
4
Am ersten Hauptverhandlungstag, dem 8. Januar 2013, nahm der Vorsitzende folgende Mitteilung ins Protokoll auf:
5
„Es wurde festgestellt, dass im Vorfeld der Hauptverhandlung Erörterun- gen mit den Prozessbeteiligten gemäß § 243 Abs. 4 n.F. stattgefunden haben. Am 15. Dezember 2011 fand ein Gespräch mit den Prozessbeteiligten statt mit dem Ziel einer Möglichkeit der Verständigung. Im Ergebnis wurde keine Einigung erzielt.“
6
Der Angeklagte ließ sich am ersten Verhandlungstag in Gestalt einer Erklärung seines Verteidigers umfassend zur Sache ein.
7
Auf Anregung der Verteidigung des Angeklagten fand am siebten Hauptverhandlungstag während laufender Hauptverhandlung erneut ein Rechtsgespräch mit dem Ziel der Verständigung über den Verfahrensausgang statt, welches ebenfalls nicht zu einer Einigung führte. Ein weiterer ergebnisloser Verständigungsversuch trug sich außerhalb der Hauptverhandlung am 14. Hauptverhandlungstag zu. In das Protokoll über die Hauptverhandlung fand dieser Eingang wie folgt:
8
„In der Verhandlungspause haben die Berufsrichter, die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, die Vertreter des Finanzamtes und die Verteidi- ger die Sach- und Rechtslage erörtert. Auch in diesem Gespräch ist es zu keiner Einigung gekommen.“
9
Der Angeklagte war durch seine Verteidiger über den Inhalt der geführten Gespräche jeweils informiert worden.
10
Die Revision rügt, das Landgericht habe seinen sich aus § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO ergebenden Mitteilungspflichten nicht genügt; auf der unzureichenden Transparenz der ohne den Angeklagten geführten Gespräche beruhe das Urteil, obschon dieser von seinem Verteidiger darüber unterrichtet worden sei, denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieser sein Prozessverhalten bei gesetzmäßiger Unterrichtung durch den Vorsitzenden anders ausgerichtet hätte.
11
2. Die Verfahrensrüge ist begründet. Das Landgericht hat seine Informationspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO bereits in Bezug auf die im Zwischenverfahren erfolgten Verständigungsgespräche verletzt. Unter den hier konkret gegebenen Umständen kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsverstoß beruht.
12
a) Allerdings liegt, soweit die Revision mit Blick auf die erfolgten Verständigungsgespräche eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO rügt, ein Rechtsfehler bereits nach ihrem Vortrag nicht vor. Nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO muss das Protokoll u.a. die Beachtung der in § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO vorgeschriebenen Mitteilungen wiedergeben. Wird entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO eine Erörterung , die vor der Eröffnung des Hauptverfahrens stattgefunden hat (§ 202a StPO), nach Beginn der Hauptverhandlung nicht bekannt gemacht und damit die Informationspflicht nicht beachtet, so ergibt sich aus dem Schweigen des Protokolls kein zusätzlicher Rechtsfehler; im Gegenteil gibt dieses den Gang der Hauptverhandlung gerade zutreffend wieder (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 312 f.; Beschluss vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418). So liegt es hier. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO kann deshalb nicht verletzt sein.
13
b) Verletzt ist aber § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO. Danach teilt der Vorsitzende mit, ob Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt.
14
aa) Das Transparenzgebot soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen stets in öffentlicher Hauptverhandlung zur Sprache kommen, so dass für informelles und unkontrollierbares Verhalten unter Umgehung der strafprozessualen Grundsätze kein Raum verbleibt (vgl. BVerfGE 133, 168 ff.; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 602; Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73; vom 8. Oktober 2013 - 4 StR 272/13, StV 2014, 67; vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219; vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418 und vom 22. Juli 2014 - 1 StR 210/14). Die Pflicht zur Mitteilung der mit dem Ziel einer Verständigung über den Verfahrensausgang geführten Gespräche erstreckt sich deshalb auch auf die Darlegung, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde, welche Standpunkte gegebenenfalls vertreten wurden und auf welche Resonanz dies bei den anderen am Gespräch Beteiligten jeweils gestoßen ist (vgl. BVerfGE 133, 168, 215 f.; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 602; Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72, 73; vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219 und vom 9. April 2014 - 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416, 417). Dementsprechend hat der Vorsitzende Verlauf und Inhalt der Gespräche in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen. Nur so wird eine effektive Kontrolle in der Revisionsinstanz ermöglicht.
15
bb) Nach Maßgabe dessen erweist sich die Mitteilung des Vorsitzenden über das im Zwischenverfahren geführte Verständigungsgespräch als rechtsfehlerhaft. Denn die formelhafte Wendung, ein abgehaltenes Verständigungsgespräch sei ergebnislos verlaufen, reicht nicht aus. Die wesentlichen Informationen , die Ablauf und Inhalt des Gesprächs offengelegt hätten, wie etwa das Angebot einer Verfahrensbeschränkung durch die Strafkammer oder die Vorstellung der Staatsanwaltschaft über das Strafmaß und ihre Erwartungen an das Prozessverhalten des Angeklagten, hat der Vorsitzende in der Hauptverhandlung nicht mitgeteilt. Die Erwartungen der Verfahrensbeteiligten an den Prozessverlauf und sich hieraus möglicherweise ergebende Folgen sind nach seiner Mitteilung unklar geblieben; das aus § 243 Abs. 4 StPO folgende Transparenzgebot ist dadurch verletzt.
16
cc) Der Senat kann unter den gegebenen Umständen nicht ausschließen , dass das Urteil auf diesem Rechtsverstoß beruht.
17
(1) Von einem Beruhen des Urteils auf der Verletzung der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist auszugehen, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass das Gericht bei gesetzmäßigem Vorgehen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Sicherungen der Verständigung sind nicht den absoluten Revisionsgründen zugeordnet worden, so dass eine Beruhensprüfung (§ 337 Abs. 1 StPO) in jedem Einzelfall vorzunehmen ist (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97). Das gesetzliche Schutzkonzept der §§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a, 257c StPO darf hierbei jedoch nicht unterlaufen werden, so dass das Beruhen des Urteils auf einem Verstoß nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, wenn eine Beeinträchtigung dieses Schutzkonzepts nicht droht (BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97; BVerfG, Beschluss vom 26. August 2014 - 2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592, 594). In besonders gelagerten Einzelfällen ist dies denkbar, wenn etwa feststeht, dass es tatsächlich keine Verständigungsgespräche gegeben hat oder der Prozessverlauf trotz stattgefundener Gespräche nicht beeinflusst worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, NStZ 2014, 221, 222 f.).
18
(2) Das Schutzkonzept der gesetzlichen Regelungen über die Verständi- gung erstreckt sich auch auf die Gewährleistung einer „vollumfänglichen“ Kon- trolle verständigungsbasierter Urteile im Sinne umfassender Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung durch Mitteilung und Dokumentation im Verhandlungsprotokoll (BVerfGE 133, 168, 222 Rn. 96). Ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht wird deshalb grundsätzlich dann nie ausgeschlossen werden können, wenn zu besorgen ist, das Urteil könne auf gesetzwidrige „informelle Absprachen“ oder diesbezügliche Gesprächsbemühungen zurückgehen (BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97). Ebenso liegt es, wenn eine „informelle Absprache“ - wie hier - zwar ergebnislos geblieben und eine Einigung nicht zustande gekommen ist, hierauf gerichtete Gesprächsbemühungen aber außerhalb der öffentlichen Hauptverhandlung stattgefunden haben. Da der Schutzmechanismus des Verständigungsgesetzes auch durch erfolglose Verständigungsbemühungen verletzt werden kann, verlangt § 243 Abs. 4 StPO für alle Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung eine Mitteilung deren wesentlichen Inhalts, die gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO zu protokollieren ist. Hinsichtlich der in der Hauptverhandlung selbst zustande kommenden Verständigung ist demgegenüber gemäß § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO nur der wesentliche Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis wiederzugeben. Weitergehender Informationsbedarf besteht hier für die Öffentlichkeit nicht, denn sie hat dem Zustandekommen der Verständigung - anders als den Gesprächen außerhalb der Hauptverhandlung - beigewohnt. Dieses zwar primär auf die Herstellung von Öffentlichkeit ausgerichtete Verfahren ist mittelbar zugleich Teil des dem Angeklagten zugedachten Individualrechtsschutzes , denn es gewährleistet ihm ein bestimmtes Maß an Rechtsstaatlichkeit. Diese Erwägung liegt auch der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zugrunde, nach der das Beruhen eines Urteils auf Verstößen gegen die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 StPO nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 97).
19
Dennoch führt auch die Beachtung dieser Schutzgüter nicht bei jedem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht zu dem Ergebnis, dass ein Beruhen des Urteils hierauf nicht ausgeschlossen werden kann. Aus dem Unterbleiben der nach § 243 Abs. 4 StPO erforderlichen Mitteilung darf nicht per se auf die Bemühung um Herbeiführung einer „informellen Absprache“ geschlossen werden. Bei der - stets an den Umständen des Einzelfalles ausgerichteten - Beruhensprüfung ist vielmehr im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang das Gericht Essentialia aus den Vorgesprächen unerwähnt gelassen hat. Verstöße gegen die Mitteilungspflicht sind in einer sehr weit gestreuten Bandbreite denkbar. Sie können von kleinen Ungenauigkeiten und Auslassungen bis hin zur gänzlichen Unterlassung der Mitteilung oder bewussten Falschmitteilung reichen. Dies liegt daran, dass die Mitteilungspflicht sehr früh eingreift und inhaltlich - wie oben dargelegt - von erheblichem Umfang ist. Der Verfahrensverstoß bedarf deshalb einer an seiner Auswirkung zu bemessenden Gewichtung. Sind also insbesondere neben dem Umstand, dass überhaupt Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben, auch die vorbenannten Aspekte in ihren wesentlichen Umrissen deutlich geworden, wird ein Beruhen des Urteils im Sinne von § 337 StPO auch dann auszuschließen sein, wenn die Mitteilung einzelne notwendige Informationen vermissen lässt.
20
(3) Diese Grundsätze gelten auch für die Konstellation, in der der Verteidiger den Angeklagten über den Inhalt eines zuvor geführten Verständigungsgesprächs informiert hat.
21
In besonders gelagerten Einzelfällen (vgl. Landau NStZ 2014, 425, 430) kann ein Ausschluss des Beruhens im Sinne von § 337 Abs. 1 StPO möglich sein, wenn der Instanzverteidiger den Angeklagten über Ablauf und Inhalt der außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräche zuverlässig unterrichtet und so ein Informationsdefizit seines Mandanten ausgeglichen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418; Beschluss vom 15. Juli 2014 - 5 StR 169/14, NStZ-RR 2014, 315; Beschluss vom 16. Juli 2014 - 5 StR 227/14). Aus den dargelegten Erwägungen kann die Frage, ob die Fähigkeit des Angeklagten zu autonomer Willensbildung über sein weiteres Prozessverhalten auf einer tragfähigeren Grundlage beruht, wenn er nicht nur von seinem Verteidiger zusammenfassend und in nicht dokumentierter Weise nach dessen Wahrnehmung und Verständnis informiert wird, sondern durch das Gericht durch Mitteilung in der Hauptverhandlung (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310, 314 und vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, NStZ 2014, 601, 603), nicht allgemeingültig beantwortet werden. Auch insoweit ist eine Betrachtung des Einzelfalles im Lichte des Schutzzwecks des § 243 Abs. 4 StPO erforderlich.
22
Generell kann das Gespräch des Angeklagten mit seinem Verteidiger die Mitteilung durch das Gericht in der Hauptverhandlung - auch im Rahmen der Beruhensprüfung - nicht ersetzen. Dem steht bereits das Schutzgut der Gewährleistung öffentlicher Kontrolle des Verständigungsprozesses entgegen, welches dem Risiko des Angeklagten angemessen Rechnung tragen will, dass sich ein möglicher Interessengleichlauf von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu seinem Nachteil auswirkt (BVerfGE 133, 168, 232 Rn. 114). Richterliche und nicht richterliche Mitteilungen sind strafprozessual auch dem Grunde nach nicht von identischer Qualität. Vielmehr liegt der Strafprozessordnung an verschiedenen Stellen die Wertung zugrunde, wonach Authentizität, Vollständigkeit und Verständlichkeit einer Mitteilung oder Belehrung (nur) durch richterliches Handeln verbürgt sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13, Rn. 13 ff., StV 2014, 513).
23
Die Information des Angeklagten durch seinen Verteidiger bei fehlender oder unzureichender gerichtlicher Mitteilung über den Inhalt eines gescheiterten Verständigungsgesprächs gemäß § 243 Abs. 1 StPO lässt deshalb einen Ausschluss des Beruhens nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen zu. Je einfacher sich die dem Verständigungsversuch zugrunde liegende Sach- und Rechtslage darstellt, desto weniger stark wird die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten gefährdet und umso eher wird auszuschließen sein, dass die Verständigung rechtswidrig war und das Gericht bei regelhafter Vornahme und Protokollierung der Mitteilung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Informationen etwa über leicht erfassbare tatsächliche Umstände wird der Verteidiger dem Angeklagten einfacher vermitteln können, als vielschichtige Rechts- und Verfahrensfragen. Bei komplexen Rechts- oder Verfahrensfragen wird sich dagegen regelmäßig nicht ausschließen lassen, dass die Information des Angeklagten durch das Gericht auf sein Prozessverhalten Einfluss genommen hätte.

24
(4) Nach Maßgabe dessen liegt jedenfalls unter den vorliegenden Umständen hier kein Ausnahmefall vor, in dem das Beruhen des Urteils auf dem Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ausgeschlossen werden kann.
25
Aufgrund der Beschränkung der Mitteilung auf die äußerst dürftige Information , es hätten Gespräche mit dem Ziel einer Verständigung ergebnislos stattgefunden, liegt ein Ausschluss des Beruhens schon aus Transparenzgründen fern. Die Mitteilung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung gibt nicht einmal ansatzweise wieder, was Gegenstand der Gespräche gewesen ist. Selbst wenn der Angeklagte von seinem Verteidiger darüber hinreichend informiert wurde, ist das gesetzliche Schutzkonzept dennoch berührt, denn jedenfalls die Gewährleistung effektiver Kontrolle des mit der Verständigung verbundenen Geschehens durch die Öffentlichkeit konnte hierdurch nicht ersetzt werden. Schon dies steht der Gleichschaltung der Verteidigerinformation mit einer Mitteilung durch das Gericht in laufender Hauptverhandlung entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13, Rn. 13 ff., StV 2014,

513).


26
Im Übrigen bekräftigen auch die weiteren Umstände des Falles dieses Ergebnis:
27
Am ersten Tag der Hauptverhandlung, an dem u.a. die Einlassung des Angeklagten zur Sache erfolgte, lag das gescheiterte Verständigungsgespräch bereits länger als ein Jahr zurück. Schon aufgrund des erheblichen zeitlichen Abstands zum Beginn der Verhandlung lässt sich nicht ausschließen, dass dem Angeklagten Inhalt und Bedeutung der Gespräche nicht (mehr) hinreichend bekannt waren. Unklarheit über deren Bedeutung hätte demgegenüber nicht ein- treten können, wenn der Vorsitzende den Angeklagten zu Beginn der Verhandlung auf der Grundlage der von ihm vorgenommenen Dokumentation die von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte Mitteilung an den Angeklagten gerichtet hätte.
28
Hinzu kommt, dass es sich bei den dem Angeklagten zur Last gelegten Vorwürfen nicht etwa um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach überschaubaren Sachverhalt gehandelt hat. Im vorliegenden Fall war Verfahrensgrundlage eine 45-seitige Anklageschrift, mit welcher die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorwarf, sich während eines Zeitraums von rund drei Jahren der Steuerhinterziehung in zwei Fällen und der versuchten Steuerhinterziehung schuldig gemacht zu haben; das Beweismittelverzeichnis der Anklage erstreckt sich über sieben Seiten. Neben dem Angeklagten waren drei weitere Personen angeklagt. Schon die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage gebot eine verständliche und vollständige Mitteilung der Bedeutung der Verständigungsgespräche durch das Gericht.
29
Unter wertender Betrachtung von Art und Ausmaß des Verstoßes lässt sich unter den konkreten Umständen des Falles schon nicht zweifelsfrei ausschließen , dass das Verständigungsgespräch während des Zwischenverfahrens möglicherweise im Sinne des § 257c StPO rechtswidrige Inhalte hatte. Auch der Ausschluss einer auf fehlerhaftem oder verkürztem Verständnis des Verteidigers beruhenden unzureichenden Information des Angeklagten - verstärkt durch den zwischenzeitlich eingetretenen zeitlichen Abstand - war hier alleine durch eine vollständige Mitteilung durch das Gericht in der Hauptverhandlung möglich.
30
Der Senat kann nach alldem nicht ausschließen, dass sich der Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO auf den Verfahrensausgang ausgewirkt hat.
31
3. Ob das Urteil auch auf dem (weiteren) Verstoß gegen die Informationspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO im Hinblick auf das während des Hauptverfahrens geführte Verständigungsgespräch beruht, kann für die Entscheidung über das Rechtsmittel dahinstehen.
32
4. Der Senat hat gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StPO von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Halle zurückzuverweisen.
Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 3 5 / 1 4
vom
11. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2015 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten A. gegen das Urteil
des Landgerichts Regensburg vom 27. November 2013 wird als
unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf
Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Revision beanstandet u.a., die Vorsitzende habe ihrer
Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht genügt,
als sie am 13. Hauptverhandlungstag über eine im Anschluss an
den davor liegenden Verhandlungstag stattgefundene Erörterung
mit dem Ziel einer Verständigung berichtet habe. So hätten die
Argumente der Verteidigung und die Frage, von wem die Initiative
zu dem Gespräch ausgegangen sei, sowie die vom Gericht geäußerten
Vorstellungen dokumentiert werden müssen. Die Rüge hat
keinen Erfolg.

a) Soweit sie sich dagegen richtet, dass die Mitteilung nicht
die Information darüber umfasst habe, dass die Initiative zu dem
Gespräch mit dem Ziel einer Verständigung von der Verteidigung
ausgegangen sei, ist die Rüge jedenfalls unbegründet. Eine da-
hingehende Mitteilungspflicht besteht nicht (vgl. Senat, Beschluss
vom 2. Dezember 2014 – 1 StR 422/14).

b) Soweit die Revision beanstandet, die Argumente der
Verteidigung seien nicht mitgeteilt worden, ist – ungeachtet der
Zulässigkeit der Rüge – ebenfalls kein durchgreifender Rechtsfehler
aufgezeigt. Aus der Mitteilung ergibt sich, dass Gegenstand
der Erörterungen war, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen
eine bewährungsfähige Strafe in Betracht kommt, auch
die ablehnende Position der Staatsanwaltschaft ist detailliert enthalten.
Dem kann sowohl durch den Angeklagten als auch durch
die Öffentlichkeit ohne weiteres entnommen werden, dass die
Verteidigung für eine bewährungsfähige Strafe eingetreten ist.
Weitergehende Mitteilungspflichten, etwa im Hinblick auf die von
der Verteidigung in dem Gespräch im Einzelnen angeführten
Strafzumessungsaspekte, bestehen nicht.
Mitzuteilen sind die von den Gesprächsteilnehmern vertretenen
Standpunkte (BVerfGE 133, 168, 217 Rn. 86 mwN). Eine
bis in Einzelheiten der Argumentation für den jeweiligen „Standpunkt“
reichende Mitteilungspflicht ist damit nicht verbunden. Die
Anforderungen an den Inhalt der Mitteilungspflicht aus § 243 Abs.
4 Satz 1 und Satz 2 StPO ergeben sich aus den mit der Mitteilung
verfolgten Zwecken, nämlich vor allem die Eröffnung einer Kontrollmöglichkeit
von Verfahrensabsprachen durch die Öffentlichkeit
sowie die Sicherstellung einer umfassenden Information des
Angeklagten, um diesem eine autonome Entscheidung über die
Beteiligung an der Verständigung zu ermöglichen (vgl. zusam-
menfassend nochmals BVerfG, NStZ 2015, 170). Keiner der beiden
Zwecke erfordert Mitteilungen über die Argumentation von
Gesprächsbeteiligten in Details.
Jedenfalls aber kann angesichts der Besonderheiten des
Verfahrensablaufs ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf
der unterbliebenen ausdrücklichen Mitteilung sowohl über die Äu-
ßerung des Verteidigers, aus seiner Sicht könne „bei einer geständigen
Einlassung … auch zu diesem relativ späten Zeitpunkt
eine bewährungsfähige Strafe durchaus in Betracht kommen“, als
auch über die hierfür angeführten Argumente beruht. Denn die
Vorsitzende hat offen gelegt, dass ein Gespräch stattgefunden
hat, in dem die Möglichkeit einer bewährungsfähigen Strafe erörtert
und eine Einigung nicht erzielt worden ist. Die Details des von
der Verteidigung vertretenen Standpunkts und ihre Rolle bei dem
Verständigungsgespräch lassen sich der Revisionsbegründung
entnehmen. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass der Inhalt des
Gesprächs nicht auf eine inhaltlich unzulässige Absprache gerichtet
war, die auch von der Verteidigung nicht behauptet wird und
nach dem Verfahrensgang (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom
24. September 2013 – 2 StR 267/13, BGHSt 59, 21, 24 ff.) ohnehin
fernliegt. Vor diesem Hintergrund wäre das Unterlassen einer
solchen Mitteilung nach Art und Schwere als untergeordnet im
Hinblick auf den Zweck der Transparenz- und Dokumentationspflichten
– der Verhinderung gesetzeswidriger Absprachen – anzusehen
(vgl. hierzu BVerfG, NStZ 2015, 170, 172.). Dass das
Verteidigungsverhalten des Angeklagten beeinflusst worden sein
könnte, ist angesichts dieser Besonderheiten ebenfalls auszuschließen.

c) Die auf die Unterlassung der Mitteilung der vom Gericht
geäußerten Vorstellungen gerichtete Beanstandung belegt keinen
Rechtsfehler. Der Vortrag der Revision, das Gericht habe bei dem
Gespräch „im Wesentlichen die Position der Staatsanwaltschaft“
geteilt, ist nicht bewiesen. Da die Sitzungsstaatsanwältin dem
schon im Rahmen der Gegenerklärung entgegen getreten war,
hat der Senat im Wege des Freibeweisverfahrens die anderen an
dem Gespräch teilnehmenden Personen hierzu befragt. Die beteiligten
Richter haben substantiiert und sich schlüssig in die Verfahrenslage
einfügend dargelegt, zum Standpunkt der Staatsanwaltschaft
keine Äußerung abgegeben zu haben. Dies deckt sich mit
den Angaben der Sitzungsstaatsanwältin; auch die Schöffen haben
keine Erinnerung an eine Stellungnahme zu Strafvorstellungen
durch das Gericht. Damit ist der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt
, weitere Erkenntnismöglichkeiten standen nicht zur Verfügung.
Danach und im Hinblick auf den unkonkret bleibenden Vortrag
der Revision zur behaupteten Äußerung des Gerichts, hat der
Senat keinen Zweifel, dass das Gericht sich nicht zu Strafvorstellungen
geäußert hat.
2. Die Rüge, die Mitteilung sei nicht gemäß § 273 Abs. 3
StPO vorgelesen und genehmigt worden, hat ebenfalls keinen Erfolg.
Dies gilt schon deswegen, weil das Urteil hierauf nicht beruhen
kann (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Februar 1993 – 3 StR
443/92; Löwe/Rosenberg-Stuckenberg, StPO 26. Aufl., § 273
Rn. 67).
Graf Cirener Radtke
RinBGH Dr. Fischer ist wegen
Urlaubsabwesenheit an der
Unterschriftsleistung gehindert.
Mosbacher Graf

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR20/15
vom
14. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen ausbeuterischer Zuhälterei u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. April
2015, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay,
Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt L.
als Verteidiger,
Rechtsanwältin G.
als Vertreterin der Nebenklägerin K. ,
Rechtsanwältin C.
als Vertreterin der Nebenklägerinnen A. , Be. , D.
und Ko. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. Februar 2014 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die hierdurch den Nebenklägerinnen entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen ausbeuterischer Zuhälterei in fünf tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts ließen der Angeklagte und seine mitangeklagte Ehefrau sowie seine gleichfalls mitangeklagte Tochter über mehrere Jahre hinweg die Nebenklägerinnen – fünf bulgarische Prostituierte – für sich arbeiten. Sie nahmen ihnen sämtliche Prostitutionseinnahmen ab und verbrauchten diese für ihren Lebensbedarf. Die Nebenklägerinnen erhielten entgegen vorab erteilten Zusicherungen, die Einnahmen hälftig aufzuteilen, über den gesamten Zeitraum ihrer Tätigkeit hinweg neben Kost und Logis nur kleinere Beträge.
3
Nach einem gemeinsamen Diskothekenbesuch schlug der Angeklagte die Nebenklägerin Ko. in angetrunkenem Zustand mit den Handflächen sowie Fäusten und dann mit einer vereisten Wasserflasche ins Gesicht, weil sie mit einem Albaner getanzt hatte. Er fügte ihr hierdurch eine blutende Platzwunde unter der linken Augenbraue zu. Es blieb eine Narbe zurück.

II.


4
Das Urteil des Landgerichts hält rechtlicher Prüfung stand.
5
1. Die Revision beanstandet eine Verletzung der „§§ 257c, 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO“, weil der Vorsitzende das Stattfinden und den Inhalt eines am 14. Februar 2014 mit dem Ziel der Verständigung geführten Gesprächs nicht in der Hauptverhandlung mitgeteilt und dokumentiert hat. Damit vermag sie letztlich nicht durchzudringen.
6
a) Im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
7
Nach einem außerhalb der Verhandlung zwischen einem beisitzenden Richter und einem Verteidiger zustande gekommenen Kontakt zur Frage einer Verständigung erkundete das Gericht am 33. Hauptverhandlungstag (14. Februar 2014) in öffentlicher Hauptverhandlung, ob bei der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft Interesse an Verständigungsgesprächen bestehe. Dies wurde bejaht. Daraufhin wurde im Gerichtssaal ein Gespräch geführt, an dem mit Ausnahme der Angeklagten alle Verfahrensbeteiligten teilnahmen. Die Ver- teidiger stellten den Aspekt weiterer Inhaftierung ihrer Mandanten in den Vordergrund. Der Verteidiger der nicht revidierenden Tochter des Angeklagten sprach die Möglichkeit der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich seiner Mandantin an. Die Staatsanwältin bewertete die Rechtslage zur Strafbarkeit wegen Menschenhandels nach dem Stand der Beweisaufnahme. Ferner wurden namentlich von den Vertretern der Nebenklägerinnen Schadensersatzzahlungen thematisiert. Strafvorstellungen wurden weder vom Gericht noch von anderer Seite verlautbart. Nach Beendigung des Gesprächs wurde der Angeklagte durch seinen Verteidiger ohne Mitteilung von Details darüber informiert, dass das Gespräch ohne Ergebnis geendet habe.
8
Am 34. Verhandlungstag (18. Februar 2014) unterbreitete das Gericht für den Fall einer geständigen Einlassung der Angeklagten einen umfangreichen Verständigungsvorschlag. Dem Beschwerdeführer wurde eine Verurteilung zu Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten bis zu vier Jahren und sechs Monaten in Aussicht gestellt. Gegenstand des Vorschlags war weiterhin ein Schuldanerkenntnis der drei Angeklagten, in dem sie sich gesamtschuldne- risch zur Zahlung von je 7.500 € an die fünf Nebenklägerinnen verpflichten soll- ten. Bei Zustimmung der Staatsanwaltschaft sollten in Bezug auf eine Reihe von Anklagevorwürfen Verfahrensbeschränkungen nach §§ 154, 154a StPO erfolgen. Die Belehrung gemäß § 257c Abs. 4 StPO wurde erteilt. Darüber hinaus brachte der Vorsitzende zum Ausdruck, er gehe davon aus, dass der Vorschlag nur bei Beteiligung aller drei Angeklagten Bestand haben könne. Stattfinden , Ablauf und Inhalt des Gesprächs vom 14. Februar 2014 gab das Gericht an diesem Tag wie auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung nicht bekannt. Dementsprechend wurde diesbezüglich auch keine Mitteilung protokolliert.
9
Noch am 18. Februar 2014 machte der Verteidiger des Angeklagten schriftsätzlich geltend, dass die Bedingung der Zustimmung aller Angeklagten unzulässig sei. Am 35. Verhandlungstag (19. Februar 2014) stellte der Vorsitzende in öffentlicher Hauptverhandlung klar, dass die Zustimmung aller Angeklagten keine Bedingung des Gerichts sei. Er gehe aber davon aus, dass die Staatsanwaltschaft diese Bedingung stelle. Dies wurde von der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft bestätigt. Die Frage des Gerichts, ob dem Verständigungsvorschlag zugestimmt werde, verneinte der Angeklagte. Die Sitzung wurde unterbrochen.
10
Der Verteidiger befragte den Vorsitzenden, ob eine „Ausschöpfung des Strafrahmens nach unten“ denkbar sei. Der Vorsitzende verwies auf den in der Hauptverhandlung unterbreiteten gerichtlichen Vorschlag, dem der Angeklagte zustimmen könne oder eben nicht. Nach Unterrichtung durch den Verteidiger, dass es keine (weitere) Äußerung des Gerichts gebe, erklärte der Angeklagte dem Verteidiger, nunmehr zustimmen zu wollen. Der Verteidiger erkundigte sich beim Vorsitzenden, welchen Geständnisinhalt das Gericht erwarte, worauf der Vorsitzende in Anwesenheit der Berufsrichter bekundete, das Gericht sei bei dem Verständigungsvorschlag davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Nebenklägerinnen die Hälfte der Prostitutionseinnahmen zugesichert, ihnen jedoch dann nur kleinere Beträge und an eine Nebenklägerin einmal 1.500 € bezahlt sowie dass er die Nebenklägerin Ko. geschlagen habe. Ein Geständnis dieses Inhalts sei mithin die Basis des Verständigungsvorschlags. Dies teilte der Verteidiger dem Angeklagten mit.
11
Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung stimmten alle Angeklagten dem Verständigungsvorschlag zu. Der Angeklagte ließ sich zur Sache ein und räumte die vorgenannten Umstände ein. Sämtliche Angeklagten erklärten ein Schuldanerkenntnis im Sinne des Vorschlags.
12
b) Bei dem geschilderten Verfahrensablauf ist eine Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO gegeben. Nach dieser Bestimmung hat der Vorsitzende das Stattfinden und den wesentlichen Inhalt von während des Verlaufs der Hauptverhandlung geführten Erörterungen (§§ 212 i.V.m. 202a StPO) mitzuteilen, sofern deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist. Dies war bei dem Gespräch vom 14. Februar 2014 der Fall.
13
Das Gespräch erfolgte in Unterbrechung der Hauptverhandlung auf die ausdrückliche Frage des Gerichts nach etwaigem Verständigungsinteresse hin. In dessen Verlauf wurden in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Angeklagten unter anderem mit dem Gesichtspunkt der Haft, der Strafaussetzung zur Bewährung in Bezug auf die Tochter des Angeklagten und von Schadensersatzzahlungen aller Angeklagten Themen aufgeworfen, die einer Verständigung zugänglich sind (vgl. KK-StPO/Moldenhauer/Wenske, 7. Aufl., § 257c Rn. 15 mwN). Dies überschreitet – anders als der erste Kontakt zwischen dem beisitzenden Richter und einem Verteidiger – sowohl nach den äußeren Umständen als auch dem Inhalt der Unterredung den Bereich einer „unverbindlichen Fühlungsaufnahme“ (hierzu Schmitt, StraFo 2012, 386, 391; Sander, Karlsruher Strafrechtsdialog 2013, S. 53, 55). Dass die Besprechung zum Inhalt einer Verständigung wenig konkret war, namentlich von keinem Beteiligten Strafvorstellungen zur Diskussion gestellt wurden, vermag daran nichts zu ändern.
14
c) Der Senat kann unter den hier gegebenen Umständen jedoch ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsverstoß (§ 337 Abs. 1 StPO) sicher ausschließen. Dass ein Ausschluss des Beruhens bei Verletzung der Mitteilungs- und Dokumentationspflichten, die einem Unterlaufen des Schutzkonzepts entgegenwirken sollen, in Ausnahmefällen möglich ist, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 f. Rn. 98; BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14 Rn. 28 f.; siehe auch BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14 [zum Abdruck in BGHSt bestimmt], NJW 2015, 645 Rn. 14, 17 ff.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor.
15
aa) Allerdings ist dem Landgericht mit dem völligen Unterlassen der gebotenen Mitteilung unter dem Blickwinkel des Transparenzgebots in Verbindung mit dem Gebot des fairen Verfahrens (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14 Rn. 19 ff. mwN) eine gewichtige Rechtsverletzung unterlaufen. Das Schutzkonzept der strafprozessualen Verständigungsregelungen erfordert es, dass Erörterungen mit dem Ziel der Verständigung stets in öffentlicher Hauptverhandlung zur Sprache kommen, um einem informellen und unkontrollierbaren Verhalten unter Umgehung strafprozessualer Grundsätze möglichst keinen Raum zu lassen (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 f. Rn. 98; BVerfG [Kammer], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14 Rn. 28).
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Indessen sind hier bei der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, aaO Rn. 19) Umstände vorhanden, die die Rechtsverletzung letztlich in einem milderen Licht erscheinen lassen. Insbesondere erfolgte die Initiative für das Gespräch von Seiten des Gerichts in öffentlicher Hauptverhandlung. Damit war sowohl für die Öffentlichkeit als auch für sämtliche Verfahrensbeteiligten offenkundig, dass Verständigungsgespräche durchgeführt werden würden. Ferner kann nach dem Revisionsvortrag zum Verlauf des Gesprächs, der in dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft seine Bestätigung gefunden hat, mit Gewissheit ausgeschlossen werden, dass das Gespräch auf eine gesetzwidrige Absprache gerichtet war. Es handelte sich auch nicht etwa um einen Verständigungsversuch, der aufgrund widerstreitender Interessen fehlgeschlagen war. Vielmehr wurden einige Positionen lediglich eher abstrakt thematisiert. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass sich die Strafkammer durch das Gespräch einen Eindruck verschaffen wollte, um in der Verhandlungspause einen umfassenden Verständigungsvorschlag entwickeln zu können. Dieser wurde am darauffolgenden 34. Verhandlungstag in öffentlicher Verhandlung bekanntgegeben, ohne dass Verlauf und Inhalt des Vorgesprächs in irgendeiner Weise für das öffentliche Verständnis der Absprache Bedeutung erlangen konnten. Demgemäß hat sich die Verständigung trotz der Mitteilungs- und Dokumentationsverletzung in ihrer entscheidenden Gestalt letztlich doch „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbart“ (vgl. BVerfGE 133, 168, 215 Rn. 82). Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob nicht sogar – was durchaus nicht fernliegt, wozu aber die Revision nicht vorträgt – der Gerichtssaal während des Gesprächs vom 14. Februar 2014 der Öffentlichkeit zugänglich gewesen ist.
17
bb) Aufgrund dieser Besonderheiten kann der Senat darüber hinaus sicher ausschließen, dass infolge der unterlassenen gerichtlichen Mitteilung sowie Dokumentation die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten in relevanter Weise beeinträchtigt worden ist und das Gericht bei ordnungsgemäßer Bekanntgabe sowie deren Protokollierung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Der Angeklagte war durch die am 33. Verhandlungstag in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgte gerichtliche Anfrage und die von den anderen Verfahrensbeteiligten bekundete Verständigungsbereitschaft darüber informiert, dass es sogleich zu durch das Gericht initiierten Verständigungsgesprächen kommen werde. Er wurde nach dem Gespräch durch seinen Verteidiger (zutref- fend) darüber unterrichtet, dass es (noch) kein Ergebnis gegeben habe. Der inhaltlich nicht etwa auf bestimmten im Gespräch vom 14. Februar 2014 vertretenen Positionen fußende Verständigungsvorschlag wurde am 18. Februar 2014 in der Hauptverhandlung bekanntgegeben und mit ihm erörtert, woraufhin am 19. Februar 2014 nach ordnungsgemäßer Belehrung die Verständigung zustande kam. Unter diesen Vorzeichen bestand nicht im Ansatz die Gefahr eines dem Angeklagten abträglichen Interessengleichlaufs von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung (vgl. BVerfGE 133, 168, 232 Rn. 114). Genauso wenig kann angenommen werden, dass das beim Angeklagten bestehende Informationsdefizit über Inhalt und Verlauf des Gesprächs vom 14. Februar 2014 dessen Fähigkeit zu autonomer Willensbildung vor allem in Richtung der Begebung seiner Selbstbelastungsfreiheit (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, aaO Rn. 21 f. mwN) in irgendwie fassbarer Weise beeinträchtigt haben könnte. Das gilt im Besonderen für die durch die Revision hervorgehobene „Position der Staatsanwaltschaft“, die sich lediglich in einer vorläufigen rechtlichen Bewertung zum (dann ausgeschiedenen) Anklagevorwurf des Menschenhandels erschöpfte.
18
d) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Protokollierungspflicht aus § 273 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, liegt bereits nach seinem Vortrag ein Rechtsfehler nicht vor. Denn das zu einer – tatsächlich nicht erfolgten – Mitteilung schweigende Protokoll gibt den Gang der Hauptverhandlung gerade zutreffend wieder (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, aaO Rn. 12 mwN).
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e) Der Senat muss nicht die – naheliegend zu verneinende – Frage entscheiden , ob die ersichtlich auf dem Ergebnis der zuvor über 30 Verhandlungstage andauernden Hauptverhandlung und dabei vor allem der Vernehmung von zwei Nebenklägerinnen fußende Auskunft des Vorsitzenden über den Gegen- stand des vom Angeklagten erwarteten Geständnisses als „Erörterung“ im Sin- ne von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO gelten und damit Mitteilungs- und Dokumentationspflichten auszulösen geeignet sein könnte. Denn eine solche Rechtsverletzung macht die Revision nicht geltend. Die Angriffsrichtung bestimmt aber den Prüfungsumfang des Revisionsgerichts (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2013 – 5 StR 318/13, NStZ 2013, 671; Beschluss vom 20. Oktober 2014 – 5 StR 176/14 [zum Abdruck in BGHSt bestimmt], NJW 2015, 265, 266 Rn. 14; jeweils mwN). Entsprechendes gilt für die Frage, ob die Verständigung sämtlichen Anforderungen des § 257c StPO genügt hat.
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2. Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung der „§§ 257c, 136a, 261 StPO“. Er beanstandet insoweit, dass die Staatsanwaltschaft ihre Zustim- mung zur Verständigung gesetzwidrig von einer Zustimmung aller Angeklagten abhängig gemacht habe. Hierdurch sei für den Beschwerdeführer eine psychische Drucksituation entstanden, weil er um die Belange seiner mitangeklagten Ehefrau und seiner gleichfalls mitangeklagten Tochter besorgt gewesen sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vortrag den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO in jeder Hinsicht genügt. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
21
a) Weder dem gesetzlichen Schutzkonzept zur Verständigung noch übergeordneten Grundsätzen lässt sich ein an Gericht oder Staatsanwaltschaft gerichtetes Verbot entnehmen, in einem gegen mehrere Angeklagte gerichteten Strafverfahren nur an einer „Gesamtverständigung“ mitzuwirken. Ein subjekti- ves Recht eines Angeklagten auf Verständigung existiert nicht (vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 257c Rn. 6; OLG Celle NStZ 2012, 285, 286). Gerade in Umfangsverfahren wie dem vorliegenden kann eine Verständigung mit nur einzelnen Angeklagten unter dem Aspekt der Verfah- rensökonomie im Wesentlichen wertlos sein, im Gegenteil sogar gewisse Gefahren für den Bestand des Urteils in sich bergen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2013 − 1 StR 386/13, NStZ 2014, 168 mwN; vgl. KK-StPO/Moldenhauer/Wenske, aaO, § 257c Rn. 11; Schneider, NStZ 2014, 252, 261). Dies gilt zumal dann, wenn die Tatbeiträge der Angeklagten – wie hier – in besonderer Weise miteinander verwoben sind. Die drei Angeklagten verübten die ausbeuterische Zuhälterei in arbeitsteiliger Organisation. Ihnen flossen die Prostitutionseinnahmen der Nebenklägerinnen auch gemeinsam zu. Dementsprechend war Gegenstand der Verständigung ein von allen Angeklagten abgegebenes Schuldanerkenntnis zu gesamtschuldnerischer Schadenser- satzzahlung an die Nebenklägerinnen. Für die Ablehnung einer „Partikularlösung“ können danach im Einzelfall sachgemäße Gründe von Gewicht sprechen.
22
b) An der Gesetzmäßigkeit der durch die Staatsanwaltschaft konkret abgegebenen Erklärung vermag auch eine in der Revisionsbegründung freilich eher abstrakt benannte „psychische Drucksituation“ des Angeklagten aufgrund seiner familiären Bindungen zu den in den Verständigungsversuch eingebundenen Mitangeklagten nichts zu ändern. Allein hierdurch wird nicht eine Beeinträchtigung der Freiheit der Willensentschließung und -betätigung des Angeklagten ausgelöst, die der in § 136a StPO bezeichneten entsprechen oder nahekommen und eine eingegangene Verständigung deswegen vielleicht unwirksam machen könnte. Auch sind Anhaltspunkte für einen irgendwie gearteten „Missbrauch“ von Seiten der Staatsanwaltschaft oder gar des Gerichts nicht vorhanden. Dass die Staatsanwaltschaft die Lage des Angeklagten auch nur durch entsprechende Hinweise instrumentalisiert hätte, um ihn zu einer Zustimmung zu drängen, trägt die Revision nicht vor. Dem Umstand, dass die ty- pischerweise gegebene „Anreiz- und Verlockungssituation“ des Angeklagten (vgl. BVerfGE 133, 168, 208 Rn. 68) in Konstellationen wie der vorliegenden unter Umständen verstärkt wird, kann das Tatgericht vor allem im Rahmen der Aufklärung und dann gegebenenfalls der Beweiswürdigung Rechnung tragen.
23
3. Auch der Rüge der Verletzung „der §§ 240, 265 StPO, Art.6 Abs. 1, 3d MRK“ bleibt der Erfolg versagt.
24
a) Ihr liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
25
Nach einer sich über mehrere Tage erstreckenden Vernehmung der Zeugin und Nebenklägerin D. regte der Verteidiger des Angeklagten an, wegen massiver Widersprüche zwischen ihrer Aussage vor Gericht und in früheren polizeilichen Vernehmungen von einer weiteren Befragung abzusehen, weil ihre Aussage zur Überprüfung der Anklagevorwürfe nicht geeignet sei. Nach einer Besprechung zwischen den Verfahrensbeteiligten gab der Vorsitzende in der Hauptverhandlung den Hinweis (§§ 257b, 273 Abs. 1a Satz 2 StPO), dass die weitere Befragung der Zeugin aus Sachaufklärungsgründen nicht geboten sei. Die Aussageschwächen wie fehlende Konstanz und Genauigkeit seien so eklatant, dass das Anerbieten der Verteidiger zur verkürzten Zeugenbefragung zu sachlich gebotener Verfahrensbeschleunigung führen werde. Die Zeugin wurde vor einer eingehenden Befragung durch die Verteidigung entlassen und im weiteren Verlauf nicht mehr vernommen. Der Verteidiger widersprach bei der Entlassung der Verwertung der Aussage der Zeugin. Er begründete dies mit (behaupteten) rechtsstaatswidrigen Vernehmungen bulgarischer Staatsorgane.
26
In der Beweiswürdigung zog die Strafkammer die Angaben der Zeugin D. zum Anklagevorwurf der durch den Angeklagten verübten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin Ko. insofern heran, als sie die Glaubhaftigkeit des hierzu abgegebenen Geständnisses des Ange- klagten indiziell bestätigten; die Zeugin habe dieses Geschehen trotz des ansonsten geringen Beweiswerts ihrer Aussage detailliert, schlüssig und anschaulich beschrieben, wobei sich ihre Bekundungen mit denen des Angeklagten deckten (UA S. 13). Hinsichtlich des Vorwurfs der durch die Angeklagten über mehrere Jahre hinweg verübten ausbeuterischen Zuhälterei verwertete das Landgericht die Aussage nicht.
27
b) Die Rüge entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn die Revision hat die Niederschriften über die polizeilichen Vernehmungen der Zeugin nicht vorgelegt, auf die sie sich zur Begründung ihrer Anregung der Nichtweitervernehmung tragend gestützt hat. Der Senat kann deshalb nicht prüfen, ob die Bekundungen der Zeugin auch zu diesem gegenüber dem Vorwurf langjähriger Ausbeutung mehrerer Prostituierter leicht fassbaren Teilaspekt im Vergleich zu ihrer Aussage vor Gericht Inkonstanzen gravierender Art aufwiesen. Allenfalls unter dieser Voraussetzung könnte an einen durch die Verfahrensweise der Strafkammer geschaffenen Vertrauenstatbestand gedacht werden, dass sie die hierzu erfolgte und sich mit der geständigen Einlassung des Angeklagten im Detail deckende Aussage nicht als Indiz für deren Glaubhaftigkeit in Ansatz bringen würde.
28
4. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachbeschwerde deckt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
29
a) Die Beweiswürdigung ist tragfähig vorgenommen. Das Landgericht hat die geständige Einlassung des Angeklagten und die sich damit deckenden geständigen Aussagen der Mitangeklagten hinreichend mit den Ergebnissen der mehr als 30 Tagen dauernden Verhandlung abgeglichen und auf ihren Wahrheitsgehalt untersucht. Ausweislich der Sitzungsniederschrift über die Hauptverhandlung vom 19. Februar 2014, die dem Senat aufgrund der unter Ziffer 1 erörterten Verfahrensrüge zugänglich gewesen ist, hat sich der Angeklagte da- bei nicht auf ein „Formalgeständnis“ etwa in Form einer von ihm bestätigten Erklärung seines Verteidigers beschränkt. Vielmehr hat er mindestens 40 Minuten bis maximal eine knappe Stunde lang zur Sache ausgesagt und dabei Fragen beantwortet. Dies hat auch in den Urteilsgründen seinen Niederschlag gefunden (UA S. 11 ff.).
30
Besonderen Stellenwert im Rahmen der Beweiswürdigung nahmen die Aussagen der Nebenklägerinnen A. und K. ein. Entgegen der Auf- fassung der Revision hat sich die Strafkammer dabei nicht nur „floskelhaft“ mit einem denkbaren Falschbelastungsmotiv wegen in Aussicht stehenden Schadensersatzes befasst (UA S. 11 f.). Auch die Aussage der Zeugin D. ist mit der gebotenen Zurückhaltung gewürdigt (UA S. 12 f.). Dass sich das Landgericht nicht ausdrücklich mit der Frage befasst hat, ob der Angeklagte (wie dann auch die mitangeklagte Ehefrau und die mitangeklagte Tochter) möglich- erweise in dem Bestreben ein „Falschgeständnis“ abgelegt hat, die Verkürzung der Haft seiner Ehefrau und seiner Tochter zu erreichen, begründet schon angesichts der hier gegebenen klaren Beweislage keinen durchgreifenden Darstellungsmangel (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12 Rn. 7).
31
b) Die Entscheidung nach § 111i StPO ist noch hinreichend begründet. Soweit das Landgericht bei der Berechnung des (auch) durch den Angeklagten aus der Straftat der ausbeuterischen Zuhälterei Erlangten (UA S. 19) möglicherweise Zeiten einbezogen hat, die vor Inkrafttreten des § 111i StPO am 1. Januar 2007 liegen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. April 2013 – 1StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254, 255 mwN), würde das Urteil hierauf nicht beruhen. Denn auch die nach diesem Zeitpunkt gemäß der durch die Straf- kammer vorgenommenen, ansonsten rechtsfehlerfreien „Hochrechnung“ erlang- ten Beträge übersteigen die durch sie letztlich angenommene Summe von 37.500 € bei weitem. Angesichts der dem Angeklagten überaus günstigen Schätzung schließt der Senat ferner aus, dass die Festsetzung des Verfallsbetrags noch niedriger ausgefallen wäre, wenn das Landgericht die Härtefallvorschrift des § 73c Abs. 1 StGB explizit erörtert hätte.
Sander König Berger
Bellay Feilcke