Bundesfinanzhof Urteil, 05. Sept. 2013 - XI R 52/10

bei uns veröffentlicht am05.09.2013

Tatbestand

1

I. Die im streitigen Zeitraum von Juli 2005 bis Dezember 2008 in den Niederlanden nichtselbständig beschäftigte Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter ihrer 1994 geborenen Tochter … (Kind), für die sie fortlaufend Kindergeld bezog. Sie wohnte zusammen mit ihrem Kind und dessen bis September 2007 im Inland beschäftigten Vater, ihrem damaligen Ehemann, in A (Deutschland). Seit September 2007 lebte die Klägerin getrennt, ist seit Mai 2009 geschieden und seit Januar 2009 nicht mehr in den Niederlanden beschäftigt.

2

Für das Kind erhielt die Klägerin ab dem ersten Quartal 2008 zudem niederländische Familienleistungen in Höhe von vierteljährlich 271,70 €.

3

Am 19. Juni 2009 hob die frühere Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab Juli 2005 bis Dezember 2008 auf und forderte das überzahlte Kindergeld in Höhe von 4.774 € zurück.

4

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin wurde von der Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009 mit der Begründung zurückgewiesen, sie, die Klägerin, unterliege den Kindergeldregelungen des Beschäftigungslandes.

5

Die anschließende Klage, mit der die Klägerin Kindergeld für die Zeit von Juli 2005 bis Dezember 2007 in voller Höhe und für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 unter Anrechnung der niederländischen Familienleistungen begehrte, hatte ebenso keinen Erfolg.

6

Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass im Streitfall die Anwendung des deutschen Kindergeldrechts durch Art. 13 Abs. 2 Buchst. a, Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71) verdrängt werde.

7

Auch habe die Klägerin als Grenzgängerin nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 (VO Nr. 574/72) keinen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der niedrigeren niederländischen Familienleistung und dem höheren deutschen Kindergeld.

8

Da der Klägerin ab dem Zeitpunkt ihrer Beschäftigung in den Niederlanden kein inländisches Kindergeld mehr zugestanden habe, komme es nicht darauf an, ob sie, die Klägerin, niederländische Familienleistungen tatsächlich beantragt habe und ob ihr damaliger Ehemann selbst kindergeldberechtigt gewesen sei.

9

Die Klägerin stützt ihre vom FG zugelassene Revision auf die Verletzung materiellen Rechts.

10

Sie bringt vor, es treffe zwar zu, dass im streitigen Zeitraum von Juli 2005 bis Dezember 2008 auch niederländisches Kindergeldrecht anwendbar sei, weil sie, die Klägerin, zu dieser Zeit als Grenzgängerin in den Niederlanden gearbeitet habe.

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Der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Zeit bis Dezember 2007 stehe jedoch § 65 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entgegen, der nur so zu verstehen sei, dass inländisches Kindergeld für ein Kind, für das ausländisches Kindergeld gezahlt werde oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen gewesen wäre, nur dann ausgeschlossen sei, wenn auf die andere Leistung ein Rechtsanspruch bestehe, der in zumutbarer Weise realisiert werden könne. Sie, die Klägerin, könne dagegen das ausländische Kindergeld für den Zeitraum bis Ende 2007 nicht mehr erhalten, weil sie aus Unkenntnis und mangels eines Hinweises der Familienkasse sowie im Vertrauen auf die Bestandskraft der Kindergeldfestsetzung in den Niederlanden zunächst keinen Antrag gestellt habe.

12

Der Sachverhalt des Streitfalls sei mit dem der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 14. Oktober 2010 C-16/09 --Schwemmer-- (Slg. 2010, I-9717, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht --ZESAR-- 2011, 86) vergleichbar. Inländisches Kindergeld sei dort bezogen worden, obwohl --wie hier in den Niederlanden-- kein Antrag auf die äquivalente schweizerische Leistung gestellt worden sei. Entscheidend sei, dass es vorliegend zu keiner Anspruchskumulierung kommen könne, soweit sie, die Klägerin, in den Niederlanden keinen Antrag auf Familienleistungen gestellt habe.

13

Die Familienkasse änderte im Verlauf des Revisionsverfahrens den angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid mit Bescheid vom 30. Januar 2013, setzte --wie von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 beantragt-- Kindergeld für die Zeit von Oktober 2007 bis Dezember 2008 unter Anrechnung der in den Niederlanden zustehenden Familienleistungen fest und erklärte (insoweit) den Rechtsstreit für erledigt.

14

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009, den angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 19. Juni 2009 wegen Kindergeld für Juli 2005 bis September 2007 aufzuheben sowie den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 30. Januar 2013 dahingehend zu ändern, dass für Oktober bis Dezember 2007 Kindergeld in voller Höhe und für Januar bis Dezember 2008 unter Anrechnung niederländischer Familienleistungen gewährt wird.

15

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

16

Sie tritt der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen und bringt ergänzend vor, nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 seien vorliegend die Niederlande der für die Familienleistungen zuständige Mitgliedstaat. Ein Anspruch auf Festsetzung und Zahlung von inländischem Kindergeld in grenzüberschreitenden Sachverhalten bestehe nur, wenn --anders als im Streitfall-- das Recht des Beschäftigungsstaats weder Kindergeld noch vergleichbare Zahlungen vorsehe und die Voraussetzungen der §§ 32, 62 ff. EStG erfüllt seien.

17

Hätte die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht folgend sie, die Familienkasse, über ihre Arbeitsaufnahme in den Niederlanden in Kenntnis gesetzt, hätte sie von ihr die notwendigen Informationen über eine Antragstellung im Beschäftigungsstaat erhalten.

Entscheidungsgründe

18

II. Im Streitfall hat zum 1. Mai 2013 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; Beklagte und Revisionsbeklagte ist nunmehr die Familienkasse B (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109; vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511, BFH/NV 2013, 1698, Rz 11; vom 28. Mai 2013 XI R 38/11, juris, Rz 14). Das Rubrum des Verfahrens ist deshalb zu ändern.

19

III. Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich des Kindergelds für den Zeitraum Januar bis Dezember 2008 unzulässig. Sie hat, soweit sie Kindergeld für den Zeitraum Juli 2005 bis Dezember 2007 betrifft, hingegen Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

20

1. Die Revision der Klägerin ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zu verwerfen, soweit sie Kindergeld für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 betrifft.

21

a) Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Revision entfällt nachträglich mit der Folge, dass das Rechtsmittel unzulässig wird, soweit sich die Hauptsache während des Rechtsmittelverfahrens materiell erledigt und der Rechtsmittelführer gleichwohl seinen ursprünglichen Sachantrag aufrechterhält (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 5. August 2009 X B 198/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R1023, unter II.2.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 115 Rz 21a, jeweils m.w.N.).

22

b) So liegt es im Streitfall.

23

aa) Die Klägerin hat im Revisionsverfahren zwar ausdrücklich beantragt, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 19. Juni 2009 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009 aufzuheben, was auf die Bewilligung des vollen Kindergelds auch für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 gerichtet ist, während sie im Klageverfahren insoweit --was die Familienkasse mit Änderungsbescheid vom 30. Januar 2013 inzwischen auch gewährte-- Kindergeld nur unter Anrechnung der niederländischen Familienleistungen begehrt hatte.

24

Der erkennende Senat ist jedoch an die Fassung der Anträge nicht gebunden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO), sondern an das Klagebegehren. Dieses ist nur auf die Gewährung von Differenzkindergeld gerichtet. Denn aus der Revisionsbegründung ergibt sich eindeutig, dass die Klägerin mit ihrer Revision für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 keine über die Gewährung des Differenzkindergelds hinausgehende Änderung des angefochtenen Urteils erstrebt. Zudem würde es anderenfalls insoweit an der notwendigen formellen Beschwer fehlen, weil die Klägerin ihren Klageantrag erst im Revisionsverfahren hinsichtlich eines Teils erweitert hätte, über den noch keine erstinstanzliche Entscheidung vorliegt, die vom Revisionsgericht überprüft werden könnte (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 21. Juli 1993 X R 32/91, BFH/NV 1994, 305; BFH-Beschluss vom 13. Mai 2013 I R 39/11, BFHE 241, 1, BFH/NV 2013, 1284).

25

bb) Den so verstandenen Sachantrag hat die Klägerin im Revisionsverfahren aufrechterhalten, obwohl die Familienkasse mit Bescheid vom 30. Januar 2013 ihm entsprochen und sich der Rechtsstreit insoweit materiell erledigt hatte. Die Klägerin hätte den das Kindergeld für die Zeit von Januar bis Dezember 2008 betreffenden Rechtsstreit --wie die Familienkasse-- für erledigt erklären müssen. Das ist nicht geschehen.

26

2. Im Übrigen ist die Revision der Klägerin --den Streitzeitraum Juli 2005 bis Dezember 2007 betreffend-- zulässig und in der Sache auch begründet.

27

a) Das angefochtene Urteil ist hinsichtlich des Kindergelds für die Zeit von Oktober bis Dezember 2007 bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.

28

Das FG hat über den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse vom 19. Juni 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids ist während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 30. Januar 2013 getreten, der nach § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist. Damit liegt der Vorentscheidung --soweit das Kindergeld für die Zeit von Oktober bis Dezember 2007 betroffen ist-- ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das Urteil des FG insoweit keinen Bestand haben kann (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10; vom 26. Januar 2011 IX R 7/09, BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540; vom 10. Oktober 2012 VIII R 44/10, BFH/NV 2013, 359; vom 22. Januar 2013 IX R 25/11, BFH/NV 2013, 1387, jeweils m.w.N.).

29

b) Entgegen der Ansicht des FG entfällt die sich aus den §§ 62 ff. EStG ergebende Anspruchsberechtigung nicht dadurch, dass eine Person gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 nicht den deutschen Rechtsvorschriften, sondern nur den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union unterliegt. Obgleich Deutschland in diesem Fall im Hinblick auf die Gewährung der Familienleistungen an sich der unzuständige Staat ist, wird der sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergebende Kindergeldanspruch nicht ausgeschlossen. Denn die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 entfalten keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats, sodass sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen Rechts richtet (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2013, 1698; vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE 242, 222, www.bundesfinanzhof.de).

30

Die gegenteilige Auffassung, die der vorinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegt und die auch der BFH in ständiger Rechtsprechung früher vertreten hat (vgl. z.B. Urteile vom 13. August 2002 VIII R 61/00, BFHE 200, 205, BStBl II 2002, 869, und VIII R 97/01, BFHE 200, 211, BStBl II 2002, 869; vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369), wurde im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 12. Juni 2012 C-611/10 und C-612/10 --Hudzinski und Wawrzyniak--, ZESAR 2012, 475) inzwischen aufgegeben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2013, 1698; vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE 242, 222, www.bundesfinanzhof.de). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung aus den dort genannten Gründen an.

31

Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung konnte daher keinen Bestand haben und war demnach aufzuheben.

32

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung darüber zu, ob die Klägerin für den Zeitraum von Juli 2005 bis Dezember 2007, in dem sie mangels Antragstellung keine niederländischen Familienleistungen bezogen hat, das volle deutsche Kindergeld beanspruchen kann.

33

a) Die im betreffenden Zeitraum in Deutschland wohnhafte Klägerin erfüllte (unstreitig) nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld für ihr gleichfalls in Deutschland lebendes Kind.

34

b) Der erkennende Senat vermag aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des FG nicht abschließend zu beurteilen, ob im Streitfall die Bestimmungen der VO Nr. 1408/71 anwendbar sind.

35

aa) Als Familienleistung i.S. des Art. 1 Buchst. u Ziff. i der VO Nr. 1408/71 unterfällt das Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. h dieser Verordnung auch ihrem sachlichen Anwendungsbereich (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 19. April 2012 III R 87/09, BFHE 237, 150, BFH/NV 2012, 1371, Rz 17; zur Familienleistung i.S. des Art. 1 Buchst. u Ziff. i der VO Nr. 1408/71 vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. Juli 2012 III R 97/08, BFHE 238, 120, BStBl II 2013, 24, Rz 18 ff., m.w.N.).

36

bb) Vom persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 wird erfasst, wer --was erforderlich, aber auch ausreichend ist-- nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 in irgendeinem der von ihrem sachlichen Geltungsbereich erfassten Zweige der sozialen Sicherheit in irgendeinem Mitgliedstaat der Europäischen Union versichert ist (vgl. dazu BFH-Urteile vom 4. August 2011 III R 55/08, BFHE 234, 316, BStBl II 2013, 619; in BFHE 237, 150, BFH/NV 2012, 1371; vom 5. Juli 2012 III R 76/10, BFHE 238, 87, BFH/NV 2012, 1710; vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE 242, 222, www.bundesfinanzhof.de).

37

Das FG hat dazu lediglich festgestellt, dass die Klägerin im betreffenden Zeitraum in den Niederlanden erwerbstätig war. Dies genügt nicht für die Prüfung, ob der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnet ist, weil es hierfür maßgeblich auf den genauen Versichertenstatus ankommt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE, 242, 222,  www.bundesfinanzhof.de).

38

c) Sollte sich im zweiten Rechtsgang herausstellen, dass die Klägerin vom persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 erfasst wird und sie außerdem wegen einer abhängigen Beschäftigung in den Niederlanden gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung --wonach eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staats unterliegt, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt-- den niederländischen Rechtsvorschriften unterliegt, wird das FG folgendes zu beachten haben:

39

aa) Die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats (Deutschland) wäre im Hinblick auf die Gewährung der Familienleistungen nicht ausgeschlossen (vgl. dazu vorstehend unter III.2.b).

40

bb) Die Konkurrenz zwischen dem niederländischen und dem deutschen Anspruch würde dann nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 aufgelöst.

41

(1) Diese sog. Antikumulierungsbestimmung lautet wie folgt:
"Der Anspruch auf Familienleistungen oder -beihilfen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschuldet werden, nach denen [--wie nach §§ 62 ff. EStG--] der Erwerb des Anspruchs auf diese Leistungen oder Beihilfen nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhängig ist, ruht, wenn während desselben Zeitraums für dasselbe Familienmitglied Leistungen allein aufgrund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats oder nach Artikel 73, 74, 77 oder 78 der Verordnung geschuldet werden, bis zur Höhe dieser geschuldeten Leistungen."

42

(2) Mit dem von Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 angeordneten anteiligen Ruhen des deutschen Kindergeldanspruchs wäre die Anspruchskumulation beseitigt. Diese Bestimmung erlaubt es hingegen nicht, einen weitergehenden deutschen Kindergeldanspruch auszuschließen, sodass der Klägerin dem Grunde nach auch für den Zeitraum Juli 2005 bis Dezember 2007 jedenfalls deutsches Differenzkindergeld zustünde (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE 242, 222, www.bundesfinanzhof.de, m.w.N.).

43

cc) Das FG wird im zweiten Rechtsgang ferner zu beachten haben, dass --worauf die Klägerin zu Recht hinweist-- der EuGH zu Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 entschieden hat, dass der im Wohnmitgliedstaat der Kinder bestehende Anspruch nicht teilweise ausgesetzt werden darf, wenn zwar ein Anspruch auf Familienleistungen im Beschäftigungsmitgliedstaat besteht, die Familienleistungen dort faktisch aber nicht bezogen werden, weil kein entsprechender Antrag gestellt wurde (vgl. EuGH-Urteil --Schwemmer-- in Slg. 2010, I-9717, ZESAR 2011, 86, Rz 55; ebenso BFH-Urteil vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE 242, 222, www.bundesfinanzhof.de). Dabei wäre es nicht entscheidungserheblich, dass in dem vom EuGH entschiedenen Fall der andere Elternteil im Beschäftigungsmitgliedstaat den Antrag nicht gestellt hatte, im Streitfall hingegen die Klägerin aber selbst die Antragstellung versäumt hat. Das FG muss deshalb feststellen, ob die Klägerin vor dem Jahr 2008 in den Niederlanden Familienleistungen bezogen hat oder nicht (z.B. durch Vorlage eines Ablehnungsbescheids des niederländischen Trägers).

44

d) Sollte der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nach den im zweiten Rechtsgang noch zu treffenden Feststellungen nicht eröffnet sein, wäre die Anspruchskumulation nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufzulösen. Schon das bloße Bestehen eines Anspruchs auf niederländische Familienleistungen würde dann zum Ausschluss des deutschen Kindergelds führen (vgl. ebenso BFH-Urteil vom 18. Juli 2013 III R 51/09, BFHE 242, 222, www.bundesfinanzhof.de). Die Folgen einer unterbliebenen Antragstellung hätte in diesem Fall die Klägerin zu tragen.

45

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

46

Die Kostenentscheidung wird dem FG für das gesamte Verfahren, auch soweit die Revision keinen Erfolg hatte, gemäß § 143 Abs. 2 FGO übertragen (vgl. dazu BFH-Urteile vom 2. April 1998 III R 67/97, BFHE 186, 79, BStBl II 1998, 613; vom 6. November 2008 IV R 6/06, BFH/NV 2009, 763).

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1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
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2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein polnischer Staatsangehöriger, ist der Vater der 1995 und 2000 geborenen Kinder A und S. Er lebt mit seiner Familie in Polen.

2

Vom 30. Mai bis 6. Juli und vom 16. August bis 12. Oktober 2007 war der Kläger bei einem deutschen Unternehmen im Inland nichtselbständig beschäftigt. In seinem Heimatland Polen war er als Selbständiger sozialversicherungspflichtig. In der von ihm eingereichten Einkommensteuererklärung 2007 beantragte er, als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt zu werden. Ausweislich der beigefügten Bescheinigung "EU/EWR" hatte er im Jahr 2007 in Polen keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt.

3

Er beantragte im März 2008 die Bewilligung von Kindergeld und gab hierbei unter anderem an, dass seine Ehefrau für den Zeitraum September 2006 bis August 2007 polnische Familienleistungen bezogen habe. Außerdem legte er eine Lohnsteuerbescheinigung vor. Danach hatte er während seines Aufenthalts in Deutschland insgesamt 4.236,69 € brutto verdient.

4

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab zur Begründung an, dass ein Kindergeldanspruch aufgrund der Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), nur nach polnischem, nicht aber nach deutschem Recht bestehe. Der Kläger unterliege wegen seiner selbständigen Tätigkeit in Polen und seiner nur vorübergehenden unselbständigen Tätigkeit in Deutschland gemäß Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 den polnischen Rechtsvorschriften über Familienleistungen. Die Regelungen der VO Nr. 1408/71 seien abschließend, so dass das deutsche Kindergeldrecht auch nicht subsidiär anwendbar sei. Den §§ 62 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei nicht zu entnehmen, dass deutsches Kindergeldrecht auch dann anzuwenden sei, wenn nach dem Wortlaut der VO Nr. 1408/71 die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats Anwendung fänden. Ein Anwendungsbefehl zugunsten des nationalen Rechts wäre aber zu erwarten, weil die VO Nr. 1408/71 als überstaatliches Recht den nationalen Rechtsvorschriften vorgehe und deren Anwendungsbereich begrenze.

5

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 nicht einschlägig sei. Nach dem Grundsatz des Art. 13 Abs. 2 der VO Nr. 1408/71 sei wegen der in Deutschland ausgeübten nichtselbständigen Beschäftigung daher deutsches Recht anzuwenden. Das FG habe damit bereits das Gemeinschaftsrecht fehlerhaft angewandt. Darüber hinaus habe es dem Gemeinschaftsrecht zu Unrecht eine rechtsnormverkürzende Wirkung beigemessen. Selbst bei Anwendbarkeit des polnischen Rechts seien die deutschen Rechtsvorschriften nicht gesperrt. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 20. Mai 2008 C-352/06, Bosmann (Slg. 2008, I-3827) werde in der Literatur zutreffend so bewertet, dass europäisches koordinierendes Sozialrecht niemals rechtsverkürzend oder gar rechtsvernichtend, sondern stets nur rechtserweiternd wirke.

6

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Familienkasse unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Mai 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2008 zu verpflichten, Kindergeld für die Kinder A und S für die Monate Mai bis einschließlich Oktober 2007 festzusetzen.

7

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Der Kläger habe in keinem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit gestanden, sondern der polnischen Sozialversicherung unterlegen. Da bereits die Versicherung in einem Zweig der sozialen Sicherheit zur Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs der VO Nr. 1408/71 führe, müsse auch die Frage, in welchem Mitgliedstaat die Beschäftigung ausgeübt werde, am Versichertenstatus festgemacht werden. Das Versicherungsland habe daher als Beschäftigungsland i.S. der Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 zu gelten. Es bleibe daher bei der Zuweisung des hier zu beurteilenden Sachverhalts unter die polnischen Rechtsvorschriften.

9

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die deutschen Kindergeldvorschriften (§§ 62 ff. EStG) deshalb nicht anwendbar seien, weil der Streitfall gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 --ausschließlich-- den polnischen Rechtsvorschriften unterlegen habe.

11

1. Die Familienkasse Sachsen der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit Wesel (Familienkasse) eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

12

2. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat u.a. Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.

13

Die sich aus dieser Norm ergebende Anspruchsberechtigung entfällt nicht dadurch, dass eine Person gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 nicht den deutschen Rechtsvorschriften, sondern nur (vgl. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71) den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union unterliegt. An der gegenteiligen Auffassung, die der vorinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegt und die auch der BFH bisher in ständiger Rechtsprechung vertreten hat (z.B. BFH-Urteile vom 13. August 2002 VIII R 61/00, BFHE 200, 205, BStBl II 2002, 869, und VIII R 97/01, BFHE 200, 211, BStBl II 2002, 869; Senatsurteil vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369), kann der Senat mit Blick auf die EuGH-Urteile in den Rechtssachen Bosmann in Slg. 2008, I-3827 sowie vom 12. Juni 2012 C-611/10, C-612/10, Hudzinski und Wawrzyniak (Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeits-recht --ZESAR-- 2012, 475) nicht mehr festhalten. Das vom BFH durch Auslegung des Art. 13 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 gewonnene "unionsrechtliche Verbot" der Gewährung deutschen Kindergeldes zugunsten von Personen, die nur den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterliegen, beruht nach Auffassung des EuGH auf einem fehlerhaften Verständnis der verordnungsrechtlichen Vorschriften zur Bestimmung des anwendbaren Rechts.

14

Da somit eine europarechtlich begründete Sperrwirkung des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71 gerade nicht besteht, richtet sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen Rechts.

15

Es bedarf nach Auffassung des Senats auch keines zusätzlichen nationalen Anwendungsbefehls. Ungeachtet der schwierigen Frage, wie ein solcher Anwendungsbefehl zu formulieren wäre, basiert diese Forderung auf der Rechtsauffassung, dass Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71 eine Sperrwirkung (Verbot) für die Anwendung der Rechtsvorschriften des nicht zuständigen Mitgliedstaats begründet. Sollen die an sich nicht anwendbaren Vorschriften des unzuständigen Mitgliedstaats dennoch angewendet werden, so bedarf es einer ausdrücklichen Willensäußerung des Gesetzgebers dieses Staates. Dieser in der Rechtsprechung der FG vertretenen Auffassung (vgl. z.B. Urteile des FG Düsseldorf vom 17. Februar 2009  10 K 501/08 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 761; vom 24. September 2010  16 K 3718/08 Kg, juris) wurde spätestens durch das EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475 die Grundlage entzogen. Denn die angenommene europarechtliche Sperrwirkung besteht gerade nicht. Richtet sich die Kindergeldberechtigung einer Person demnach allein nach den nationalen Vorschriften des an sich unzuständigen Mitgliedstaats, dann ist für das geltende deutsche Recht festzustellen, dass diesem keine Einschränkung zu entnehmen ist, dass Kindergeld im Falle grenzüberschreitender Sachverhalte nur unter dem Vorbehalt der Zuständigkeit Deutschlands i.S. der Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 zu gewähren ist. Selbst wenn ein solcher --still-schweigender-- Vorbehalt dem Willen des Gesetzgebers entsprochen haben sollte, so fehlt es jedenfalls an der tatbestandlichen Ausformulierung dieser Absicht. Aus der Gesetzgebungsgeschichte geht hervor, dass der Gesetzgeber die mit dem Jahressteuergesetz 1996 vollzogene Neukonzeption des Kindergeldrechts durchaus mit der VO Nr. 1408/71 abgestimmt hat. So hat er den sozialrechtlichen Kindergeldanspruch insbesondere für solche Wanderarbeitnehmer vorgesehen, die nach der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit unterliegen (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 163) und (nur) deshalb in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeskindergeldgesetzes --BKGG--) stehen (können). Das Abstellen auf ein bestehendes Versicherungspflichtverhältnis in der deutschen Sozialversicherung, das wiederum von der Anwendbarkeit des deutschen Sozialrechts gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 abhängt, stellt gewissermaßen den deutschen Anwendungsbefehl für den sozialrechtlichen Kindergeldanspruch dar. Ein vergleichbarer Vorbehalt bzw. --positiv gewendet-- Anwendungsbefehl hinsichtlich der Anwendbarkeit der deutschen Bestimmungen gemäß der VO Nr. 1408/71 fehlt dagegen im Anwendungsbereich des steuerrechtlichen Kindergeldes. Dieses hat der Gesetzgeber ohne weitere einschränkende Voraussetzungen (nur) vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, also der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und --für bestimmte grenzüberschreitende Sachverhalte-- von der fiktiven unbeschränkten Einkommensteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 EStG62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) abhängig gemacht. Eine Differenzierung der sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG ergebenden Anspruchsberechtigung nach der Anwendbarkeit der deutschen Bestimmungen findet sich dort nicht. Nur wenn die Regelung in Buchst. b des § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG in dieser Form nicht existierte, würde der Kindergeldanspruch einer Person, die auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG behandelt wird, von der Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 abhängen. Denn in einem solchen Fall würde die steuerliche Freistellung des Kinderexistenzminimums allein durch den auch im Falle des § 1 Abs. 3 EStG bestehenden Anspruch auf einen Kinderfreibetrag (vgl. Schmidt/Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 32 Rz 2) bewirkt werden. Kindergeld als Sozialleistung könnte von der als unbeschränkt steuerpflichtig behandelten Person aber nur dann beansprucht werden, wenn sie nach Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit unterliegen würde. Denn nur bei Anwendbarkeit des deutschen Sozialrechts kann überhaupt ein Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKGG begründet werden. Dies zeigt, dass nach geltender Rechtslage der nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begründete Anspruch eines Saisonarbeitnehmers, der gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit nicht unterliegt, nicht ausgeschlossen werden kann. Die Versagung des Kindergeldes kann nicht mit dem Hinweis auf den fehlenden positiven Anwendungsbefehl des Gesetzgebers begründet werden, sondern kann allenfalls durch Änderung bzw. Streichung des Buchst. b in § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG erreicht werden. Somit obliegt die Entscheidung, den Kindergeldanspruch solcher als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelter Personen, die gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 den deutschen Bestimmungen über soziale Sicherheit nicht unterliegen, durch Änderung oder Aufhebung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu versagen, allein dem Gesetzgeber.

16

3. Gemessen an diesen Maßstäben kann die Entscheidung der Vor-instanz keinen Bestand haben.

17

a) Nach den nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des FG war der Kläger in Polen selbständig tätig und nur vorübergehend in Deutschland als Arbeitnehmer beschäftigt. Das FG hat danach gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 zutreffend das polnische Recht als anwendbar bestimmt (zum anwendbaren Recht bei einem Saisonarbeitnehmer vgl. BFH-Beschluss vom 21. Oktober 2010 III R 35/10, BFHE 231, 194; EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475).

18

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz entfalten die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 aber keine Sperrwirkung hinsichtlich der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften. Die grundsätzliche Anspruchsberechtigung des Klägers folgt damit aus § 62 Abs. 1 EStG. Eines zusätzlichen Anwendungsbefehls bedarf es nicht.

19

4. Die Sache ist nicht spruchreif.

20

Das FG hat --von seinem Standpunkt aus folgerichtig-- keine Tatsachen zur Anspruchsberechtigung des Klägers nach deutschem Recht festgestellt. Diese Feststellungen, insbesondere zum Vorliegen der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG), wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Für die weitere Prüfung weist der Senat auf Folgendes hin:

21

a) Ausgangspunkt der Prüfung ist die Frage, ob der Kläger im Streitzeitraum die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 62 ff. EStG erfüllt hat.

22

aa) Für Kinder i.S. des § 63 EStG hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Hierzu hat der erkennende Senat entschieden, dass eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG voraussetzt, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom zuständigen Finanzamt (FA) nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897). Die Tatsache allein, dass beispielsweise bei einem ausländischen Saisonarbeitnehmer im Einkommensteuerbescheid von einer unbeschränkten Steuerpflicht ausgegangen wurde, besagt nicht notwendigerweise, dass es sich um eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG gehandelt hat. Vielmehr kann einem solchen Bescheid z.B. auch eine --für die Familienkasse und das FG nicht bindende-- unzutreffende Bejahung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EStG zugrunde liegen. Soweit sich daher eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG nicht unmittelbar aus dem Wortlaut oder Inhalt des Steuerbescheids selbst ergibt, ist zu prüfen, ob der Anspruchsteller sein Antragswahlrecht gegenüber dem FA entsprechend ausgeübt hat (insbesondere durch entsprechende Erklärung im Antragsformular) und welchen Erklärungsgehalt der Anspruchsteller dem Bescheid nach den ihm im Laufe des Veranlagungsverfahrens bekannt gewordenen Umständen beimessen konnte (§ 124 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung). Gegebenen-falls kann insoweit auch eine Beiziehung der Veranlagungsakten notwendig werden. Wurde dem Anspruchsteller im Laufe des jeweiligen Veranlagungszeitraums eine Bescheinigung nach § 39c Abs. 4 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2011 geltenden Fassung erteilt, ist gleichwohl zu prüfen, ob in der in diesem Fall von Amts wegen durchzuführenden Veranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2011 geltenden Fassung) die Behandlung des Anspruchstellers als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt Steuerpflichtiger vom FA beibehalten wurde.

23

bb) Wurde dem Antrag des Anspruchstellers auf Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG entsprochen, lässt sich daraus nicht ableiten, dass deshalb in jedem Fall eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für das gesamte Kalenderjahr gegeben ist. Insoweit ist vielmehr zu beachten, dass nach dem BFH-Urteil vom 24. Oktober 2012 V R 43/11 (BFHE 239, 327), dem sich der Senat anschließt, eine solche Kindergeldberechtigung nur in den Monaten des betreffenden Kalenderjahres besteht, in denen der Anspruchsteller Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt hat.

24

cc) Die Gründe der angegriffenen Entscheidung enthalten keine hinreichenden Feststellungen dazu, ob der Kläger vom FA nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde. Das FG hat lediglich festgestellt, dass der Kläger einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Es wird daher noch zu prüfen sein, ob das FA den Kläger entsprechend seinem Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt hat und in welchem Teil des Streitzeitraums der Kläger nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 EStG inländische Einkünfte erzielt hat.

25

b) Soweit sich danach das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ergibt, ist weiter zu prüfen, wie eine Konkurrenz zu etwaigen von der Ehefrau des Klägers in Polen bezogenen Familienleistungen aufzulösen ist.

26

aa) Ist der persönliche Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnet (s. zu dieser Frage im Einzelnen Senatsurteil vom 4. August 2011 III R 55/08, BFHE 234, 316, unter II.2.c), muss geprüft werden, ob Deutschland nach den Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 der zuständige oder der unzuständige Mitgliedstaat ist (s. zu dieser Frage im Einzelnen Senatsurteile in BFHE 234, 316, unter II.3.; vom 15. März 2012 III R 52/08, BFHE 237, 412, unter II.3., und vom 5. Juli 2012 III R 76/10, BFHE 238, 87, unter II.3.).

27

bb) Ist Deutschland der zuständige Mitgliedstaat, kommen hinsichtlich konkurrierender Ansprüche der Kindsmutter in Polen grundsätzlich die Antikumulierungsvorschriften des Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 574/72) zur Anwendung. Zwar kann dessen Anwendbarkeit aufgrund der für Deutschland geltenden Einschränkungen des Anhangs I Teil I Buchst. D in der im Streitjahr geltenden Fassung der VO Nr. 1408/71 ausgeschlossen sein (s. hierzu Senatsurteil in BFHE 234, 316, unter II.3.b). Jedoch hat der Senat unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache vom 14. Oktober 2010 C-16/09, Schwemmer (ZESAR 2011, 235 Rdnr. 38) bereits darauf hingewiesen, dass auch in einem Fall, in dem der nach deutschem Recht Kindergeldberechtigte die Voraussetzungen des Anhangs I Teil I Buchst. D der VO Nr. 1408/71 nicht erfüllt, die europarechtlichen Antikumulierungsvorschriften wie des Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und des Art. 10 der VO Nr. 574/72 gleichwohl zur Anwendung kommen können (Senatsurteil in BFHE 238, 87, unter II.4.a). Dies kann sich vor allem daraus ergeben, dass die Kinder des Anspruchstellers als Familienangehörige des anderen Elternteils in den persönlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 fallen und parallele Ansprüche auf Familienleistungen für denselben Zeitraum bestehen.

28

cc) Ist Deutschland nach den Bestimmungen der Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 der nicht zuständige Mitgliedstaat, was die Vorinstanz im Streitfall rechtsfehlerfrei angenommen hat, und ist Deutschland auch nicht der Wohnmitgliedstaat des betreffenden Kindes (vgl. EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475 Rdnrn. 74 bis 76), dann ist die Konkurrenz zu Ansprüchen im anderen Mitgliedstaat Polen nach nationalem Recht zu lösen.

29

Die nationalen Vorschriften sehen in § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zwar vor, dass Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt wird, für das Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder einer der unter § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG genannten Leistungen vergleichbar sind, zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre. Die Auslegung dieser Vorschrift hat jedoch unter Beachtung der Anforderungen des Primärrechts der Union auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu erfolgen (EuGH-Urteil Hudzinski und Wawrzyniak in ZESAR 2012, 475). Danach darf in einem Fall, in dem in einem anderen Mitgliedstaat dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gewährt werden, der Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur in entsprechender Höhe gekürzt, jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden, wenn anderenfalls das Freizügigkeitsrecht des Wanderarbeitnehmers beeinträchtigt wäre.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

Für das Revisionsverfahren gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug und die Vorschriften über Urteile und andere Entscheidungen entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften über die Revision nichts anderes ergibt. § 79a über die Entscheidung durch den vorbereitenden Richter und § 94a über das Verfahren nach billigem Ermessen sind nicht anzuwenden. Erklärungen und Beweismittel, die das Finanzgericht nach § 79b zu Recht zurückgewiesen hat, bleiben auch im Revisionsverfahren ausgeschlossen.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.