Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Apr. 2011 - X B 112/10

bei uns veröffentlicht am14.04.2011

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet.

2

Es liegt ein vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

3

1. Das FG verletzt seine aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO folgende Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen, wenn es ohne weitere Ermittlungen dem unbelegten Vorbringen eines --hierfür darlegungspflichtigen-- Beteiligten folgt, das im finanzgerichtlichen Verfahren streitig geblieben ist. In einem solchen Fall muss das FG den aufgeworfenen Zweifeln von Amts wegen nachgehen, ohne dass es eines förmlichen Beweisantritts des nicht darlegungsbelasteten Beteiligten bedarf (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Dezember 2005 VI R 82/04, BFH/NV 2006, 1076, unter II.2.b).

4

a) Vorliegend war zwischen den Beteiligten im Klageverfahren streitig, ob die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung vorgelegen haben. Von den entsprechenden Steuerbescheiden hatte der --ohne ordnungsgemäße Abmeldung bei der Meldebehörde seines letzten inländischen Wohnsitzes in die Schweiz verzogene-- Kläger tatsächlich erst nach Ablauf der Einspruchsfrist aufgrund der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen Kenntnis erlangt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat den daraufhin eingelegten Einspruch wegen Verfristung als unzulässig verworfen.

5

Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Kläger auf zahlreiche Ermittlungsmöglichkeiten hingewiesen, die sich seiner Ansicht nach für das FA bis zur Anordnung der öffentlichen Zustellung aus den vorliegenden Steuerakten sowie den beigezogenen Strafakten hätten ergeben können. U.a. verwies er darauf, dass er alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer ebenfalls beim FA steuerlich geführten GmbH sei. Er behauptete hierzu unter Beweisantritt, für diese Gesellschaft sei von Beginn an ein Büroservice eingerichtet gewesen, der nach dem Umzug des Klägers in die Schweiz u.a. wöchentlich die Post an dessen neue Anschrift weitergeleitet habe. Eine an die Adresse der GmbH gerichtete Anfrage des FA nach der neuen Privatanschrift des Klägers wäre entweder direkt durch den Büroservice beantwortet oder aber an den Kläger weitergeleitet worden.

6

Hierauf erwiderte das FA, für seine Körperschaftsteuerstelle sei auch die GmbH nicht erreichbar gewesen. Wiederholte Zustellversuche an die Anschrift der GmbH "sowie an andere mögliche Adressen" seien fehlgeschlagen. Auch eine Zustellung an eine im Telefonbuch eingetragene Person, die denselben Namen wie der Kläger trage, sei fehlgeschlagen. Daher wäre auch ein Versuch der Einkommensteuerstelle des FA, über die GmbH die Anschrift des Klägers zu ermitteln, sinnlos gewesen.

7

Der Kläger rügte daraufhin, der Vortrag des FA sei unsubstantiiert. Es habe weder mitgeteilt, aus welchem Grund eine Zustellung an die Anschrift der GmbH fehlgeschlagen sei, noch welche "anderen möglichen Adressen" verwendet worden seien. Auch sei offen geblieben, zu welchen Zeitpunkten die behaupteten Zustellungsversuche stattgefunden hätten und welche Ermittlungen das FA nach den angeblichen Fehlschlägen unternommen habe. Ergänzend legte der Kläger e-mail-Korrespondenz zwischen ihm und dem beauftragten Büroservice-Unternehmen --unter Benennung der Inhaberin des Büroservice-Unternehmens als Zeugin-- vor. Daraus ergibt sich u.a., dass der Kläger im hier maßgebenden Zeitraum --in den Monaten vor der Anordnung der öffentlichen Zustellung-- über eingegangene Postsendungen informiert worden ist, dass ein Beamter der örtlichen Polizeiinspektion die Räume der GmbH aufgesucht hat, um im Wege der Amtshilfe ein in der Schweiz begangenes Verkehrsvergehen des Klägers aufzuklären, und dass eine förmliche Zustellung des örtlichen Landgerichts unter der Anschrift der GmbH vorgenommen worden ist, über die der Kläger ebenfalls noch am selben Tage unterrichtet worden ist.

8

Das FG wies die Klage ohne weitere Ermittlungen ab. Es führte zu dem Vorbringen des Klägers, das FA hätte seine Anschrift durch eine Anfrage bei der GmbH ermitteln können, aus, nach den Angaben des FA seien Zustellungsversuche an die GmbH wiederholt fehlgeschlagen. Das Gericht habe keine Veranlassung, die Richtigkeit dieser Angaben des FA in Zweifel zu ziehen.

9

b) Mit diesem Vorgehen hat das FG seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt. Jedenfalls nachdem der Kläger das Vorbringen des FA zu den bei der GmbH durchgeführten Zustellungsversuchen seiner Körperschaftsteuerstelle --zu Recht-- als unsubstantiiert gerügt und seinerseits unter Beweisantritt substantiiert zur Erreichbarkeit der GmbH vorgetragen hat, hätte das FG seiner Entscheidung nicht ohne eigene Ermittlungen das Vorbringen des FA zugrunde legen dürfen.

10

Im Hinblick darauf, dass die öffentliche Zustellung in Fällen eines unbekannten Aufenthaltsorts des Empfängers (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes) erst als "letztes Mittel" zulässig ist, wenn alle Möglichkeiten erschöpft sind, das Schriftstück dem Empfänger in anderer Weise zu übermitteln (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 X R 54/06, BFHE 228, 111, BStBl II 2010, 732, unter II.2.a aa, m.w.N.), sind auch über die routinemäßigen Anfragen bei der Meldebehörde hinaus weitere Nachforschungen bei anderen Einrichtungen oder Personen anzustellen, wenn die konkrete Sachverhaltsgestaltung dies nahelegt (BFH-Urteil vom 15. Januar 1991 VII R 86/89, BFH/NV 1992, 81).

11

So verhielt es sich im Streitfall auch hinsichtlich der Möglichkeit, durch eine Anfrage bei der GmbH die Anschrift des Klägers --des alleinigen Gesellschafters und einzigen Geschäftsführers dieser Gesellschaft-- zu ermitteln. Nachdem der Kläger dies im finanzgerichtlichen Verfahren dargelegt hatte, traf das FA die Darlegungslast für das Gegenvorbringen, wonach eine Anfrage bei der GmbH nicht zum Erfolg geführt hätte. Dies gilt um so mehr, als die Angaben über die erfolglosen Versuche, der GmbH Schriftstücke zuzustellen, aus der Sphäre des FA stammten.

12

2. Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

13

Dabei macht der Senat von der Möglichkeit einer Zurückverweisung des vom FG dem Einzelrichter übertragenen Rechtsstreits an den Vollsenat Gebrauch (vgl. zu § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO BFH-Urteile vom 15. April 1996 VI R 98/95, BFHE 180, 509, BStBl II 1996, 478, unter 3., und vom 30. November 2010 VIII R 19/07, BFH/NV 2011, 449, unter II.4.). Denn angesichts der im zweiten Rechtsgang möglicherweise erforderlich werdenden umfangreichen Beweisaufnahme und Gesamtwürdigung ist derzeit nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO vorliegen könnten.

14

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat --ohne Bindungswirkung-- darauf hin, dass es naheliegend erscheint, wenn das FG auch dem weiteren --ganz überwiegend durch Verweis auf bestimmte Aktenteile sowie Benennung von Zeugen unter Beweis gestellten-- Vorbringen des Klägers zu bestimmten Ermittlungsmöglichkeiten des FA nachgeht. So behauptet der Kläger, das FA habe aus den Ermittlungsakten und den Veranlagungen der Vorjahre gewusst, dass der Kläger mit seiner damaligen Verlobten bis Anfang 2006 gemeinsame Wohnanschriften gehabt habe; die Verlobte habe auch die neue Adresse des Klägers gekannt und hätte sie auf Anfrage dem FA mitgeteilt. Auch der --gleichermaßen im örtlichen Zuständigkeitsbereich des FA befindliche-- Wohnsitz der Eltern des Klägers sei dem FA aus den Strafakten sowie durch die Mitteilung eines Lebensversicherungsunternehmens bekannt gewesen; die Eltern hätten auf Anfrage dem FA ebenfalls Auskunft erteilt. Eine Befragung von Angehörigen ist auch nach Auffassung der Finanzverwaltung erforderlich, bevor eine öffentliche Zustellung vorgenommen werden darf (Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 122 Nr. 3.1.5.1 in der Fassung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. März 2011, BStBl I 2011, 241). Zudem verweist der Kläger darauf, dass es dem FA bereits kurz nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen die öffentlich zugestellten Bescheide gelungen sei, gegen den Kläger bei zumindest einem inländischen Kreditinstitut Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen, und es daher nahe gelegen hätte dieses Kreditinstitut auch nach der aktuellen Anschrift des Klägers zu fragen.

15

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die bisherigen Feststellungen des FG nicht dessen Würdigung tragen, die Pflicht des FA zur Vornahme von Wohnsitzermittlungen sei aufgrund einer auf Verheimlichung seines Wohnsitzes gerichteten Handlungsweise des Klägers reduziert gewesen. Das FG hat sich hierfür auf das BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 44/03 (BFH/NV 2005, 998) berufen. Jener Sachverhalt war jedoch dadurch gekennzeichnet, dass gegen den dortigen Steuerpflichtigen ein Haftbefehl bestand, dessen Vollstreckung er sich durch Flucht entzogen hatte; ferner hatte er auch gegenüber dem FG seine Anschrift nicht mitgeteilt. Damit ist der Streitfall nicht vergleichbar: Hier hat der Kläger dem FA sofort nach Kenntniserlangung von den Vollstreckungsmaßnahmen seine aktuelle Anschrift mitgeteilt. Auch hat das FG nicht festgestellt, dass gegen den Kläger ein Haftbefehl vorlag.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Apr. 2011 - X B 112/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Apr. 2011 - X B 112/10

Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Apr. 2011 - X B 112/10 zitiert 9 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 6


(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeu

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 10 Öffentliche Zustellung


(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn 1. der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,2. bei juristischen Personen, die zur

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Apr. 2011 - X B 112/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Apr. 2011 - X B 112/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 30. Nov. 2010 - VIII R 19/07

bei uns veröffentlicht am 30.11.2010

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 1996 Gesellschafterin der X GmbH (im Folgenden: GmbH) und bei der GmbH angestellt. Allein

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn

1.
der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,
2.
bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist oder
3.
sie im Fall des § 9 nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.
Die Anordnung über die öffentliche Zustellung trifft ein zeichnungsberechtigter Bediensteter.

(2) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Bundesanzeiger. Die Benachrichtigung muss

1.
die Behörde, für die zugestellt wird,
2.
den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten,
3.
das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie
4.
die Stelle, wo das Dokument eingesehen werden kann,
erkennen lassen. Die Benachrichtigung muss den Hinweis enthalten, dass das Dokument öffentlich zugestellt wird und Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten, dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthält, dessen Versäumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann. In den Akten ist zu vermerken, wann und wie die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde. Das Dokument gilt als zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 1996 Gesellschafterin der X GmbH (im Folgenden: GmbH) und bei der GmbH angestellt. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH und Lebensgefährte der Klägerin war Y. Dessen Ehefrau Z war seit Mai 1996 ebenfalls bei der GmbH als Bürovorsteherin angestellt.

2

Die Klägerin bezog im Streitjahr von der GmbH Lohn in Höhe von 116.211 DM; im Vorjahr hatte sie 55.000 DM erhalten. Y bezog im Streitjahr von der GmbH laufende Geschäftsführervergütungen von 488.656 DM. Ihm standen außerdem Tantiemen von 200.216 DM zu. Die GmbH zahlte die Tantiemen im Streitjahr nicht an Y aus, sondern bildete in gleicher Höhe eine Rückstellung. Die gesamten Bezüge des Y aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH hatten im Vorjahr 353.377 DM betragen. Z bezog von der GmbH im Streitjahr Lohnzahlungen von 76.536 DM.

3

Eine bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung beanstandete u.a. die Höhe der Gehälter und rechnete die unangemessenen Beträge dem Einkommen der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu:

4

                         

Klägerin

Y

Z

Gehalt

116.211

688.872

76.536

angemessen

55.000

400.000

41.250

vGA

61.211

288.872

35.286

5

Private Notar- und Rechtsberatungskosten der Klägerin in Höhe von 4.245 DM wurden ebenfalls als vGA behandelt.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) übernahm die Prüfungsfeststellungen, erhöhte die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen um 389.614 DM und änderte den Einkommensteuerbescheid für 1996 entsprechend.

7

Die GmbH und das für ihre Besteuerung zuständige Finanzamt einigten sich auf eine Herabsetzung der vGA bezüglich der von Y bezogenen Vergütung um 40.000 DM für 1996 und 45.000 DM für 1997. Das für die Besteuerung der GmbH zuständige Finanzamt teilte dem FA mit, die vGA sei bei der GmbH zusammenfassend in 1996 korrigiert worden. Danach ergebe sich für 1996 eine vGA von 304.614 DM. Das FA folgte auch dieser Mitteilung, setzte die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen entsprechend niedriger fest und änderte den Einkommensteuerbescheid für 1996 erneut. Nachdem die GmbH 2003 eine entsprechende Steuerbescheinigung erteilt hatte, änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 1996 erneut unter Anrechnung der auf die vGA entfallenden Körperschaftsteuer und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

8

Mit der Klage machte die Klägerin u.a. geltend, die Tantieme sei Y erst 1997 zugeflossen und könne ihr deshalb nicht 1996 zugerechnet werden. Das FA räumte dies grundsätzlich ein. Indes sei die Angemessenheit des Gehalts unter Einbeziehung aller Zahlungen für 1996 zu beurteilen. Dementsprechend sei sowohl ein Teil des laufenden Gehalts als auch ein Teil der Tantieme als unangemessen anzusehen. In Höhe von 203.872 DM resultiere die vGA (insgesamt 304.614 DM) aus unangemessen hohen Gehaltszahlungen an Y. Entsprechend seien auch 29,6 % (203.872 DM: 688.872 DM) der Tantieme unangemessen. Die vGA sei deshalb nur um den im Streitjahr nicht zugeflossenen unangemessenen Teilbetrag der Tantieme von 59.264 DM zu vermindern. Die anrechenbare Körperschaftsteuer verringere sich im selben Umfang. Das FA erließ einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid.

9

Das Finanzgericht (FG) hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 17. August 2005 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

10

Das FG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin müsse sich so behandeln lassen, als ob sie die als überhöht beanstandeten Gehaltsanteile des Y und der Z entnommen und den Empfängern zugewendet habe, da es sich um ihr nahe stehende Personen handele. Die Berechnungen des FA seien nicht zu beanstanden. Das FA habe ohne Rechtsverstoß den Betrag der vGA lediglich um den unangemessenen Teil der Tantieme, der erst im Jahr 1997 zugeflossen sei, also um 59.264 DM gemindert.

11

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§ 8, 11 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Sie meint, im Umfang der als unangemessen behandelten Gehaltszahlungen an Y und Z liege schon keine vGA vor, da ihre Leistungsfähigkeit hierdurch nicht erhöht worden sei. Hilfsweise wendet sie sich gegen die Höhe der vGA. Die anteilige Aufteilung der vGA auf einzelne Gehaltsbestandteile sei nicht gerechtfertigt.

12

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 9. August 2005 mit der Maßgabe zu ändern, dass eine vGA hinsichtlich der als unangemessen behandelten Gehälter von Y und Z unberücksichtigt bleibt und die Einnahmen aus Kapitalvermögen entsprechend niedriger angesetzt werden,

hilfsweise,

die vGA um den Betrag niedriger anzusetzen, der sich ergibt, wenn die vGA hinsichtlich des Gehalts von Y in der Weise berechnet wird, dass die im Streitjahr von der GmbH an Y ausgezahlten Beträge dem für Y angemessenen Gehalt von 440.000 DM gegenübergestellt werden.

13

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

14

Die vGA sei der Klägerin in vollem Umfang zurechenbar. Als  Gesellschafterin der GmbH habe sie die überhöhten Bezüge des Geschäftsführers Y und der Büroleiterin Z veranlasst. Die Verträge habe sie zwar nicht selbst geschlossen. Sie habe sie aber aufgrund ihrer privaten Beziehungen zu den genannten Personen bestehen lassen und damit über entsprechende Einnahmen verfügt. Die Revision sei auch im Hilfsantrag unbegründet. Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass unangemessene Gehaltsanteile in allen Bestandteilen des Gehalts von Y gleichermaßen enthalten seien. Bei der laufenden Vergütung sei deshalb 1996 ein unangemessener Anteil von 29,6 % quasi tröpfchenweise zugeflossen. Der Auffassung der Klägerin, die von einem Hineinwachsen der einzelnen Gehaltszahlungen in die vGA ausgehe, könne nicht gefolgt werden. Diese Auffassung sei sach- und lebensfremd.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des Beschlusses zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter. Die Sache ist an den Vollsenat des FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

16

1. Das Urteil ist schon deshalb aufzuheben, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass Y im Streitjahr (noch) Gesellschafter der GmbH war. Zwar ist das FG ausweislich des Tatbestands davon ausgegangen, dass die Klägerin im Streitjahr alleinige Gesellschafterin der GmbH gewesen sei. Diese Annahme steht jedoch in Widerspruch zum feststehenden Akteninhalt. Eigene Feststellungen zu den Beteiligungsverhältnissen hat das FG offenbar nicht getroffen.

17

a) Der insoweit eindeutige Akteninhalt spricht dafür, dass die Klägerin im Streitjahr nur zu 45 %, nämlich mit einem Geschäftsanteil von 22.500 DM am Stammkapital der GmbH von 50.000 DM beteiligt war. Zwar hat das FG Brandenburg bereits in einem Beschluss vom 12. Mai 2004 (1 V 522/04 wegen einstweiliger Anordnung auf Vollstreckungsaufschub) die Klägerin als alleinige Gesellschafterin (und --insoweit offensichtlich unzutreffend-- als alleinige Geschäftsführerin) der GmbH bezeichnet. Dem haben sich offenbar das FA in der Einspruchsentscheidung --und ihm folgend das FG im angefochtenen Urteil-- angeschlossen, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hat. Auch diese Annahmen beruhen jedoch ersichtlich nicht auf eigenen tatsächlichen Feststellungen der entscheidenden Stellen.

18

Gegen die Richtigkeit der Annahme spricht, dass die bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung die Beteiligung der Klägerin an der GmbH mit 45 % im Streitjahr und mit 90 % ab 1997 festgestellt und dem FA so mitgeteilt hat. Dafür spricht weiter, dass die Klägerin an der von der GmbH am 3. Dezember 1996 beschlossenen und durchgeführten Vorabgewinnausschüttung über 400.000 DM lediglich in Höhe von 180.000 DM (entsprechend 45 %) beteiligt war.

19

b) Wer im Streitjahr außer der Klägerin Gesellschafter der GmbH war, ergibt sich nicht sicher aus den Akten. Unstreitig war Y Gründungsgesellschafter der GmbH. Das FG Berlin hat im Verfahren 8 B 8088/00 (betreffend Aussetzung der Vollziehung bei der GmbH) im Tatbestand des Beschlusses vom 18. März 2002 ausgeführt, Y habe im Juni 1995 von seinem Geschäftsanteil in Höhe von 50.000 DM einen Teilanteil in Höhe von 22.500 DM an die Klägerin und einen Teilanteil von 5.000 DM an A abgetreten. Ab 1997 und nach weiteren Abtretungen seien die Klägerin zu 90 % und B zu 10 % an der GmbH beteiligt gewesen. Wer in der Zwischenzeit an der GmbH beteiligt war und ob die Feststellungen des FG den Sachverhalt vollständig wiedergeben, ist nicht ersichtlich.

20

c) Nach allem kann nicht ausgeschlossen werden, dass Y im Streitjahr noch an der GmbH beteiligt war. Ohne eindeutige tatsächliche Feststellungen in diesem Punkt kann die im Streitfall aufgeworfene Frage der zutreffenden persönlichen Zurechnung von vGA nicht beurteilt werden, weil die streitigen vGA offenbar vorrangig Y zuzurechnen wären, wenn er im Streitjahr noch Gesellschafter der GmbH war.

21

2. Das Urteil kann auch deshalb keinen Bestand haben, weil es für die Zurechnung einer vGA bei der Klägerin insofern an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehlt, als es um die überhöhten Gehaltszahlungen der GmbH an Z, die Ehefrau des Y, geht.

22

a) Zu Recht hat das FG allerdings angenommen, dass eine vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann vorliegen kann, wenn ein Vermögensvorteil nicht dem Gesellschafter, sondern einer ihm nahe stehenden Person zugewendet wird. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein. Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahe stehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103; vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266). Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Nur in diesem Fall spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die nahe stehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum Gesellschafter nicht erhalten hätte (BFH-Urteile vom 6. Dezember 2005 VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722; vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Zuwendung zu Lasten der GmbH so zu beurteilen, als hätte der Gesellschafter den Vorteil erhalten und diesen an die nahe stehende Person weitergegeben (BFH-Urteile in BFHE 207, 103; in BFH/NV 2005, 1266, jeweils m.w.N.).

23

b) Nach der Rechtsprechung des BFH sind die Umstände des Einzelfalls vom FG als Tatsacheninstanz indiziell dahingehend zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine gesellschaftliche Veranlassung zulassen (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 VIII R 13/05, BFHE 220, 187, BStBl II 2008, 568, m.w.N.). Die Tatsachenwürdigung durch das FG unterliegt nur eingeschränkter Überprüfung durch das Revisionsgericht.

24

c) Hinsichtlich der überhöhten Gehaltszahlungen an Z hat das FG nicht etwa bestimmte Tatsachen in grundsätzlich nicht revisibler Weise gewürdigt, sondern es fehlt an tatsächlichen Feststellungen, welche die Schlussfolgerung des FG hinreichend abstützen. Das FG hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob zwischen der Klägerin und Z eine persönliche Nähebeziehung bestand. Die vom FG allein festgestellte Lebenspartnerschaft zwischen der Klägerin und Y, dem Ehemann der Z, spricht nach der Lebenserfahrung für sich betrachtet eher gegen als für eine persönliche Nähebeziehung zwischen der Klägerin und Z. Damit entfällt zugleich der Grund für die Annahme einer Zuwendung im Verhältnis zwischen der Klägerin und Z, die nach der Rechtsprechung des BFH Voraussetzung für eine vGA im Dreiecksverhältnis ist. Der Beweis des ersten Anscheins (für eine Zuwendung) greift nicht ein. Ob die Klägerin, wie das FA offenbar meint, das überhöhte Gehalt gar nicht Z, sondern in Wahrheit ihrem Lebenspartner Y (zur Weiterleitung an Z) zuwenden wollte, könnte allenfalls aufgrund weiterer tatsächlicher Feststellungen angenommen werden, die bislang nicht getroffen worden sind.

25

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Aufgrund der lückenhaften tatsächlichen Feststellungen des FG kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden. Er verweist die Sache deshalb an das FG zurück.

26

4. Angesichts der Offenheit des Streitfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verneint der Senat derzeit die Voraussetzungen für eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 FGO). Er macht deshalb von der Möglichkeit Gebrauch, den Einzelrichterbeschluss aufzuheben und den Rechtsstreit an den Vollsenat des FG zurückzuverweisen (vgl. BFH-Urteil vom 15. April 1996 VI R 98/95, BFHE 180, 509, BStBl II 1996, 478).

27

5. Hinsichtlich der weiteren Sachbehandlung weist der Senat außerhalb der Bindungswirkung auf Folgendes hin:

28

a) Das FG wird zunächst aufklären müssen, wer im Streitjahr an der GmbH beteiligt war. Sollte sich dabei bestätigen, dass die Klägerin nicht alleinige Gesellschafterin der GmbH war, kommt es darauf an, ob mehreren Gesellschaftern eine vGA zugerechnet werden könnte und ggf. welchem Gesellschafter welche vGA zuzurechnen ist (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2005, 1266; in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, m.w.N.). Sollte Y im Streitjahr noch an der GmbH beteiligt gewesen sein, wären ihm bei unveränderter Sachlage die streitigen vGA vorrangig zurechenbar. Für den Fall, dass Y im Streitjahr nicht mehr an der GmbH beteiligt war, wird die Klägerin auch Gelegenheit haben, zu den Gründen ihrer Beteiligung an der GmbH vorzutragen. Die bekannten Umstände des Falls könnten dafür sprechen, dass die Klägerin die Geschäftsanteile an der GmbH aufgrund einer verdeckten Treuhandabrede nur vorübergehend und treuhänderisch für Y übernehmen sollte (zur Zurechnung der vGA bei verdeckter Treuhand vgl. BFH-Urteil in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, unter II.1.a der Entscheidungsgründe, m.w.N.).

29

aa) Wenn sich herausstellt, dass Y nicht Gesellschafter der GmbH war, dass die Klägerin die Anteile an der GmbH auch nicht treuhänderisch für Y halten sollte und dass (z.B. mangels Näheverhältnisses) auch kein anderer Gesellschafter für die Zurechnung einer vGA in Betracht kommt, verbleibt es im Ausgangspunkt bei der nicht zu beanstandenden Würdigung durch das FG, wonach der Klägerin insofern eine mittelbare vGA grundsätzlich zurechenbar ist.

30

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, deren Richtigkeit die Klägerin nicht angegriffen hat, waren Y und die Klägerin im Streitjahr Lebenspartner. Dass die Zahlungen der GmbH an Y teilweise überhöht waren und nicht im Interesse der Gesellschaft lagen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Als Gesellschafterin hatte die Klägerin zumindest auch Einfluss auf den Anstellungsvertrag, den Y mit der GmbH geschlossen hatte. Indem die Klägerin diesen Vertrag unbeanstandet ließ, nachdem sie Gesellschafterin der GmbH geworden war, verfügte sie im Streitjahr über die überhöhten Bezüge des Y zugunsten einer nahe stehenden Person. Insofern wäre die Annahme einer Zuwendung zwischen der Klägerin und Y und die Zurechnung einer vGA bei der Klägerin nicht zu beanstanden.

31

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin in diesem Zusammenhang gegen die ständige Senatsrechtsprechung. Die Formulierung, wonach die vGA unabhängig davon zu prüfen ist, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, unter II.1.b der Entscheidungsgründe, m.w.N.), ist so zu verstehen, dass eine persönliche Nähebeziehung ausreicht, um aufgrund des ersten Anscheins von einer Zuwendung ausgehen zu können. Nicht erforderlich ist, dass der Gesellschafter mit der Zuwendung eine eigene Rechtspflicht erfüllt. Dieses Kriterium, welches der Senat in ständiger Rechtsprechung in der Weise eingeschränkt hat, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zum Gesellschafter auszuschließen sein müssen, hat nichts damit zu tun, dass beim Gesellschafter außerdem eine Einnahme i.S. von § 8 EStG vorliegen muss. Die allgemeinen Voraussetzungen des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) müssen dabei ebenso erfüllt sein wie die von Verfassungs wegen für jede Besteuerung vorausgesetzte Steigerung der individuellen Leistungsfähigkeit. Die Annahme eines abgekürzten Zahlungswegs setzt in diesem Sinne eine Einnahme beim Zuwendenden voraus, die der Besteuerung unterliegt. Unter diesen Voraussetzungen stellt sich die Zuwendung als eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar.

32

b) Hinsichtlich der (unstreitig) überhöhten Gehaltszahlungen der GmbH an Z muss geklärt werden, ob zwischen der Klägerin und Z eine persönliche Nähebeziehung bestand. Fehlt eine persönliche Nähebeziehung zwischen der Klägerin und Z, ließe sich eine vGA allenfalls mit der Erwägung rechtfertigen, dass die Klägerin ihrem Lebensgefährten Y auch den überhöhten Gehaltsanteil der Z zuwenden wollte, der danach seinerseits wiederum mit Rücksicht auf persönliche Nähebeziehungen zu Z darüber verfügen können sollte. Dazu müsste das FG entsprechende tatsächliche Feststellungen treffen. Ansonsten kommt die Zurechnung einer vGA bei der Klägerin insoweit nicht in Betracht.

33

c) Hinsichtlich der überhöhten Gehaltszahlungen der GmbH an Y kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage an, wie die vGA zu berechnen ist.

34

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend, wenn auch unausgesprochen, ist das FG davon ausgegangen, dass es für den Zufluss (§ 8, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei einer mittelbaren vGA auf den Zufluss bei der nahe stehenden Person ankommt. Der mittelbaren vGA an eine nahe stehende Person liegt --wie dargestellt-- die Vorstellung eines abgekürzten Zahlungswegs zugrunde. Für die Annahme einer zeitlich vor der (gedachten) Weiterleitung an den Zuwendungsempfänger liegenden (ebenfalls gedachten) Einnahme beim Gesellschafter fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage. Da Y die Tantiemezahlung im Streitjahr unstreitig nicht erhalten hat, wäre der Klägerin insoweit keine vGA (Einnahme) zurechenbar. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.

35

bb) Nach der Vorstellung, die dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid zugrunde liegt und der sich das FG angeschlossen hat, soll die angemessene Gesamtausstattung proportional den einzelnen Gehaltsbestandteilen (hier Festgehalt und Tantieme) fest zugeordnet werden. Dieser Ansatz hat keine Auswirkungen, solange alle Gehaltsbestandteile im maßgeblichen Zeitraum in voller Höhe ausgezahlt werden und zufließen. Andernfalls erhöht der bei einem Gehaltsbestandteil für die Auszahlung nicht in Anspruch genommene angemessene Teilbetrag die vGA bei einem anderen Gehaltsbestandteil. Es wird dann eine vGA angenommen, obwohl die zugeflossenen Gehaltsbestandteile die Grenze der angemessenen Gesamtausstattung weder erreichen noch überschreiten.

36

cc) Angesichts der tatsächlichen Offenheit des Streitfalls sieht sich der Senat derzeit nicht veranlasst, die Rechtsfrage vorab zu entscheiden. Er weist aber vorsorglich darauf hin, dass eine Mehrfachbesteuerung einzelner (unangemessener) Gehaltsbestandteile bei periodenübergreifender Betrachtung nicht gerechtfertigt wäre.

37

dd) Sollte das FG nach erneuter Prüfung der Rechtslage bei seiner Rechtsansicht bleiben, wird es schließlich auch noch die Berechnungen des FA überprüfen müssen. Das FG hat zwar die Berechnung des FA zur Minderung der vGA (wegen der im Streitjahr nicht zugeflossenen Tantieme) ausdrücklich gebilligt. Es hat dabei aber übersehen, dass die Zahlen, von denen das FA ausgegangen ist, nicht schlüssig sind. Das FA hat die gesamte auf das Streitjahr entfallende vGA mit 304.614 DM beziffert. Das FA hat dabei nicht berücksichtigt, dass dieser Betrag um 45.000 DM zu niedrig ist, weil er insoweit eine Korrektur für 1997 enthält. Im Klageverfahren der GmbH sind entsprechende Korrekturbeträge einvernehmlich festgelegt und zusammengefasst bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für 1996 korrigiert worden. Diese Handhabung hat das FA im vorliegenden Verfahren übernommen, obwohl keine Bindungswirkung der Verständigung für das vorliegende Verfahren besteht. In diesem Zusammenhang wird insbesondere zu berücksichtigen sein, dass sich die Annahme einer um 45.000 DM zu niedrigen vGA im Rahmen der vom FA vorgenommenen Verhältnisrechnung zu Lasten der Klägerin auswirkt.

38

6. Über die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge fehlerhafter Besetzung des Gerichts (§ 119 Nr. 1 FGO) infolge zu kurzer und das rechtliche Gehör abschneidender Anhörung (§ 119 Nr. 3 FGO) vor Erlass des Einzelrichterbeschlusses durch das FG ist nicht mehr zu entscheiden, nachdem die Revision aus materiell-rechtlichen Gründen zum Erfolg geführt hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 16, m.w.N.).

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.