Bundesfinanzhof Urteil, 08. Sept. 2011 - V R 38/10

bei uns veröffentlicht am08.09.2011

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die gegenüber dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Insolvenzverwalter für den Zeitraum vom 1. Januar bis 17. Dezember des Streitjahres 2006 festgesetzte Umsatzsteuer eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) ist.

2

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners C. Das Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2000 eröffnet.

3

C nahm am 4. Januar 2006 in den zur Insolvenzmasse gehörenden Büroräumen auf dem Grundstück B-Straße in V eine neue gewerbliche Tätigkeit auf. Gegenstand des Einzelunternehmens war die Tätigkeit als Bauträger.

4

Der Kläger hatte C in einem Telefonat etwa zehn Tage nach Aufnahme der Tätigkeit untersagt, in den zur Insolvenzmasse gehörenden Räumen tätig zu werden. C hatte dem Kläger zugesagt, sein Gewerbe in anderen Räumen auszuführen. Durch Zusendung einer Gewerbeummeldung täuschte er dem Kläger vor, unter einer anderen Anschrift tätig zu sein. Tatsächlich übte C seine Tätigkeit jedenfalls bis zum 17. Dezember 2006 unverändert in den zur Insolvenzmasse gehörenden Räumen in der B-Straße aus.

5

Obwohl C auf dem Grundstück auch wohnte und sich in der Vergangenheit nicht kooperativ verhalten hatte, besichtigte der Kläger die Räume in der B-Straße nicht, um sich zu vergewissern, ob C diese tatsächlich geräumt hatte. Am 18. Dezember 2006 gab der Kläger das Grundstück (B-Straße) vorbehaltlos aus dem Insolvenzbeschlag frei.

6

Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA-) gegenüber dem Kläger Umsatzsteuer für das Streitjahr fest. Das FA ging davon aus, dass die Umsatzsteuer für den Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich 17. Dezember des Streitjahres (2006) eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 InsO sei, da C seine Tätigkeit in den zur Insolvenzmasse gehörenden Räumen ausgeübt habe. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 357 mitgeteilten Gründen ab.

8

Das FG begründete sein Urteil im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Umsatzsteuer für den streitigen Zeitraum um eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handele, weil die Umsatzsteuer zwar nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters, aber "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative InsO) entstanden sei. Zwar sei die Tätigkeit des C als Bauträger im Wesentlichen durch den Einsatz der persönlichen Arbeitskraft geprägt gewesen; er habe aber auch die Büroräume im Grundstück B-Straße genutzt, die bis zur Freigabe am 18. Dezember 2006 zur Insolvenzmasse und nicht zu dem gemäß § 36 InsO i.V.m. § 811 Nr. 5 der Zivilprozessordnung insolvenzfreien Vermögen gehörten.

9

Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, die Aufnahme der Tätigkeit sei ohne seine Kenntnis und gegen seinen ausdrücklichen Willen erfolgt. Er habe sich mit dessen Zusage zufriedengegeben, die Tätigkeit in anderen Räumen weiter auszuüben, obwohl ihm die mangelhafte Kooperationsbereitschaft des C bekannt gewesen sei. Dieses pflichtwidrige Unterlassen des Klägers und seine Garantenstellung für die Gegenstände der Insolvenzmasse rechtfertigten es, die Umsatzsteuer auf die Leistungen des C als Masseverbindlichkeit zu behandeln.

10

Mit der Revision macht der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 55 Abs. 1 InsO) geltend.

11

Zwar treffe es zu, dass die Räume im Grundstück B-Straße bis zur Freigabe zur Insolvenzmasse gehört hätten. Sie seien aber von C eigenmächtig und missbräuchlich zur Leistungserbringung verwendet worden, was nicht zur Begründung einer Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO führen könne. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Mai 2010 X R 11/09 (BFH/NV 2010, 2114). Die Auffassung des FG führe zu dem widersinnigen Ergebnis, dass eigenmächtiges Handeln des Insolvenzschuldners unter Veruntreuung von Massegegenständen die Verteilungsmasse zu Lasten aller Gläubiger schmälern und zusätzlich die Insolvenzmasse mit Umsatzsteuer belasten würde. Eine Verschuldenshaftung der Insolvenzmasse aufgrund eines Unterlassens des Insolvenzverwalters sei sachlich und rechtlich im Streitfall unzutreffend. Er, der Kläger, sei seinen Pflichten zur Überwachung und Erhaltung der Insolvenzmasse nachgekommen und habe alles ihm Mögliche unternommen, um die Nutzung des Grundstücks B-Straße durch den Schuldner zu unterbinden.

12

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Vorentscheidung, den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 4. Mai 2007 und die Einspruchsentscheidung vom 22. August 2007 aufzuheben und die Heranziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Einspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

13

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

14

Zur Begründung führt das FA aus, der X. Senat des BFH habe im Urteil in BFH/NV 2010, 2114 nur die Einkommensteuer im Fall der eigenmächtigen Nutzung von Massegegenständen behandelt und die Auffassung vertreten, die Entscheidungsgrundsätze seien nicht auf die Umsatzsteuer übertragbar. Im Streitfall seien die Grundsätze des BFH-Urteils vom 7. April 2005 V R 5/04 (BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848) anzuwenden, nach denen bereits die Nutzung von Gegenständen der Insolvenzmasse die Umsatzsteuer zur Masseverbindlichkeit werden lasse.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision ist begründet, sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagestattgabe (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG ist die Umsatzsteuer aus dem Neuerwerb keine Masseverbindlichkeit, die i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO "in anderer Weise begründet worden ist", wenn der Insolvenzschuldner bei der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit zwar einen Massegegenstand benutzt, die ausgeführten Umsätze aber im Wesentlichen auf der persönlichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners beruhen.

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1. Durch einen an den Insolvenzverwalter gerichteten Steuerbescheid dürfen nur Steuerforderungen festgesetzt werden, die Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 InsO sind (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2010 V R 22/10, BFHE 232, 301, BFH/NV 2011, 952). Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden. Die durch die entgeltliche selbständige Tätigkeit des C entstandene Umsatzsteuer ist keine Masseverbindlichkeit, weil sie weder durch eine Handlung des Klägers noch "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse begründet worden ist.

17

a) Bei einer unternehmerischen Tätigkeit des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Umsatzsteuer auf die erbrachten Leistungen nicht schon deshalb eine Masseverbindlichkeit, weil die Entgelte aus dieser Tätigkeit in die Insolvenzmasse fallen.

18

Nach § 35 InsO in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung (nunmehr: § 35 Abs. 1 InsO) erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu entschieden, dass die Einnahmen, die ein selbständig tätiger Schuldner nach der Insolvenzeröffnung erzielt, in vollem Umfang ohne einen Abzug für beruflich bedingte Ausgaben zur Insolvenzmasse gehören (BGH-Beschluss vom 20. März 2003 IX ZB 388/02, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 2167). Aus diesem Beschluss lässt sich ableiten, dass die berufsbedingten Ausgaben des unternehmerisch tätigen Schuldners keine Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind (BFH-Urteil vom 17. März 2010 XI R 2/08, BFHE 229, 394, BFH/NV 2010, 1568, unter II.2.a). Entscheidend ist, ob die Steuerschulden aus einer insolvenzfreien Tätigkeit des Schuldners herrühren (BFH-Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848, unter II.3.).

19

b) Die im Streitfall festgesetzte Umsatzsteuer ist auch keine Verbindlichkeit, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung oder Verwertung der Insolvenzmasse i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet worden ist. Die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse sind in den §§ 148 ff. InsO geregelt.

20

aa) Die bloße Duldung der Tätigkeit des Insolvenzschuldners erfüllte nach der im Streitjahr (2006) geltenden Rechtslage nicht das Tatbestandsmerkmal des Verwaltens der Insolvenzmasse i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz InsO, weil die Arbeitskraft des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehört (z.B. BGH-Beschluss vom 18. Dezember 2008 IX ZB 249/07, ZInsO 2009, 299) und der Insolvenzverwalter keine Möglichkeit hat, die Tätigkeit des Insolvenzschuldners zu unterbinden oder zu beeinflussen (BFH-Urteile vom 24. Februar 2011 VI R 21/10, BFHE 232, 318, BStBl II 2011, 520, unter II.a; in BFH/NV 2010, 2114, unter II.3.c; vom 21. Juli 2009 VII R 49/08, BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13, unter II.1.b bb). Ob und ggf. inwieweit sich diese Beurteilung nach Einführung des § 35 Abs. 2 InsO durch das Insolvenzvereinfachungsgesetz vom 13. April 2007 (BGBl I 2007, 509) zum 1. Juli 2007 geändert haben könnte, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Diese Regelung, die den Insolvenzverwalter im Fall der Fortführung oder Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Schuldner zur Erklärung verpflichtet, ob Vermögen aus der Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus der Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können, war im Streitjahr (2006) noch nicht in Kraft getreten.

21

bb) Es liegt auch keine Verwertung der Insolvenzmasse deswegen vor, weil der Kläger die Nutzung der zur Masse gehörenden Räume im Haus B-Straße zwar verboten, die Einhaltung des Verbots aber nicht überwacht hat. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger unter den im Streitfall vorliegenden Umständen verpflichtet war, die Nutzung der Räume wirksam zu unterbinden, denn jedenfalls dann, wenn die vom Schuldner im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit erbrachten sonstigen Leistungen im Wesentlichen auf dem Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft beruhen und nicht auf der Nutzung von Massegegenständen, handelt es sich bei seinen Umsätzen nicht um eine "Verwertung" von Massegegenständen i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die auf diese Umsätze entfallende Umsatzsteuer ist unter diesen Voraussetzungen keine Masseverbindlichkeit (BFH-Urteil in BFHE 229, 394, BFH/NV 2010, 1568, unter II.2.d aa). Dem steht das Senatsurteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 nicht entgegen. Die Entscheidung betraf den Fall der Verwendung pfändungsfreien Vermögens. Ihr lässt sich nicht der Umkehrschluss entnehmen, in allen anderen Fällen handele es sich um Masseverbindlichkeiten (ebenso BFH-Urteil in BFHE 229, 394, BFH/NV 2010, 1568).

22

cc) Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Das Urteil war daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, denn nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) beruhten die streitigen Umsätze des C im Wesentlichen auf seinem Arbeitseinsatz und die Benutzung der zur Insolvenzmasse gehörenden Büroräume war von untergeordneter Bedeutung. Danach ist im Streitfall die Umsatzsteuer auf die von C im Rahmen seiner Bauträgertätigkeit erbrachten Leistungen keine Masseverbindlichkeit.

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2. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung des C im Revisionsverfahren gemäß §§ 123 Abs. 2, 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor. Ist streitig, ob eine Steuerverbindlichkeit eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist, sind die Interessen von Insolvenzverwalter und -schuldner nicht --wie gemäß § 60 Abs. 3 FGO erforderlich-- "nach den Steuergesetzen", sondern durch die Auslegung des Insolvenzrechts berührt. Das schließt eine notwendige Beiladung des Insolvenzschuldners aus (BFH-Beschluss vom 12. Mai 2009 VIII B 27/09, BFH/NV 2009, 1449).

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Insolvenzordnung - InsO | § 55 Sonstige Masseverbindlichkeiten


(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten: 1. die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzv

Insolvenzordnung - InsO | § 35 Begriff der Insolvenzmasse


(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). (2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsi

Insolvenzordnung - InsO | § 36 Unpfändbare Gegenstände


(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnun

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 60


(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 811 Unpfändbare Sachen und Tiere


(1) Nicht der Pfändung unterliegen1.Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, benötigta)für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung;b)für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine dam

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 123


(1) Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 60 Abs. 3 Satz 1. (2) Ein im Revisionsverfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 Beigeladener kann Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Mon

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(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Nicht der Pfändung unterliegen

1.
Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, benötigt
a)
für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung;
b)
für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung;
c)
aus gesundheitlichen Gründen;
d)
zur Ausübung von Religion oder Weltanschauung oder als Gegenstand religiöser oder weltanschaulicher Verehrung, wenn ihr Wert 500 Euro nicht übersteigt;
2.
Gartenhäuser, Wohnlauben und ähnliche Einrichtungen, die der Schuldner oder dessen Familie als ständige Unterkunft nutzt und die der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen unterliegen;
3.
Bargeld
a)
für den Schuldner, der eine natürliche Person ist, in Höhe von einem Fünftel,
b)
für jede weitere Person, mit der der Schuldner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, in Höhe von einem Zehntel
des täglichen Freibetrages nach § 850c Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit Absatz 4 Nummer 1 für jeden Kalendertag ab dem Zeitpunkt der Pfändung bis zu dem Ende des Monats, in dem die Pfändung bewirkt wird; der Gerichtsvollzieher kann im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen einen abweichenden Betrag festsetzen;
4.
Unterlagen, zu deren Aufbewahrung eine gesetzliche Verpflichtung besteht oder die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, zu Buchführungs- oder Dokumentationszwecken benötigt;
5.
private Aufzeichnungen, durch deren Verwertung in Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird;
6.
öffentliche Urkunden, die der Schuldner, dessen Familie oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für Beweisführungszwecke benötigt;
7.
Trauringe, Orden und Ehrenzeichen;
8.
Tiere, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt,
a)
nicht zu Erwerbszwecken hält oder
b)
für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit benötigt,
sowie das für diese Tiere erforderliche Futter und die erforderliche Streu.

(2) Eine in Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie Nummer 2 bezeichnete Sache oder ein in Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b bezeichnetes Tier kann abweichend von Absatz 1 gepfändet werden, wenn der Verkäufer wegen einer durch Eigentumsvorbehalt gesicherten Geldforderung aus dem Verkauf der Sache oder des Tieres vollstreckt. Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes ist durch eine Urkunde nachzuweisen.

(3) Auf Antrag des Gläubigers lässt das Vollstreckungsgericht die Pfändung eines in Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe a bezeichneten Tieres zu, wenn dieses einen hohen Wert hat und die Unpfändbarkeit für den Gläubiger eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der Belange des Tierschutzes und der berechtigten Interessen des Schuldners nicht zu rechtfertigen ist.

(4) Sachen, die der Schuldner für eine Lebens- und Haushaltsführung benötigt, die nicht als bescheiden angesehen werden kann, sollen nicht gepfändet werden, wenn offensichtlich ist, dass durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt würde, der in keinem Verhältnis zum Anschaffungswert steht.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B-GmbH (GmbH).

2

Die GmbH schloss am 2. Januar 2004, vertreten durch den Kläger als vorläufigem Insolvenzverwalter, mit einer KG, für die der Kläger bereits zum Insolvenzverwalter bestellt worden war, einen Vertrag, nach dem die GmbH der KG ihren Fuhrpark gegen monatliche Zahlung von 20.906,18 € zzgl. 3.344,99 € Umsatzsteuer (24.251,17 € brutto) zur Nutzung überlassen sollte und tatsächlich überließ; der Vertrag lief bis 29. Februar 2004. Die Wirksamkeit der Vereinbarung war von der Genehmigung eines durch das Insolvenzgericht einzusetzenden Sonderverwalters abhängig.

3

Über das Vermögen der GmbH, die ihre Umsätze zunächst nach vereinbarten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des im Streitjahr 2005 geltenden Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) versteuerte, wurde am 4. März 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 6. April 2004 gestattete das zuständige Finanzamt (FA S) den vom Kläger beantragten Wechsel zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 20 UStG.

4

Am 19. Mai 2005 genehmigte der Sonderverwalter der GmbH den Vertrag vom 2. Januar 2004. Daraufhin wurde die vereinbarte Miete für die vor Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen --Nutzungsüberlassung des Fuhrparks für Januar und Februar 2004-- in Höhe von 48.502,34 € brutto gezahlt und am 14. Juli 2005 vom Kläger vereinnahmt.

5

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA S davon aus, dass es sich bei den nach Insolvenzeröffnung vereinnahmten Entgelten aus den zuvor erbrachten Leistungen um Masseverbindlichkeiten handele, und setzte durch den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Juli 2005 vom 6. Dezember 2005 hierfür Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger fest. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

6

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erließ das FA S am 24. Mai 2007 im Schätzungsweg den Umsatzsteuerjahresbescheid 2005, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens wurde.

7

Das FG gab der Klage statt, mit der sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des vereinnahmten Entgelts als Masseforderung wendet. Das Insolvenzverfahren sei im März 2004 und damit nach Ablauf der Voranmeldungszeiträume, in denen die Leistungen erbracht wurden, eröffnet worden. Der Tatbestand des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UStG sei damit bereits vor Verfahrenseröffnung vollständig erfüllt gewesen, so dass die Umsatzsteuerverbindlichkeiten als Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden seien. Hieran ändere der nach Verfahrenseröffnung beantragte und gewährte Wechsel der Besteuerungsart nichts. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung müsse eine Besteuerung der nach dem Übergang zur Istbesteuerung vereinnahmten Entgelte entfallen, wenn ---wie hier-- die Umsätze bereits vor dem Übergang zur Istbesteuerung der Sollbesteuerung unterlegen hätten. Der Unternehmer habe deshalb in den Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume, in denen solche Außenstände eingehen, die bereits versteuerten Beträge von den vereinnahmten Entgelten abzusetzen. Dies gelte unabhängig von den Gründen, aus denen eine Anmeldung und Versteuerung zunächst tatsächlich unterblieben sei. Da die Umsatzsteuer unter der Geltung der Sollbesteuerung entstanden sei, könne nach dem Wechsel zur Istbesteuerung keine Rückabwicklung erfolgen. Durch den Wechsel der Besteuerungsart werde der bereits vollständig verwirklichte und abgeschlossene Umsatzsteuertatbestand rückwirkend wieder "unbegründet".

8

Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 1845 veröffentlicht.

9

Mit seiner Revision macht das FA S Verletzung materiellen Rechts geltend. Die Umsätze aus der Vermietung des Fuhrparks seien nicht zur Sollbesteuerung angemeldet worden, so dass keine Sollbesteuerung erfolgt sei. Nach dem FG-Urteil unterbleibe die Besteuerung dieser Umsätze völlig. Zumindest müsse der Wechsel zur Istbesteuerung auch für die Umsätze gelten, die nicht erklärt worden seien.

10

Nach Einlegung der Revision wurde das FA S mit dem FA E, dem Beklagten und Revisionskläger (FA) zusammengelegt.

11

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Es sei unerheblich, dass die Umsätze aus der Fuhrparkvermietung nicht erklärt worden seien, da dies der Sollbesteuerung nicht entgegenstehe. Das FA könne die ihm nunmehr bekannten Forderungen zur Tabelle anmelden.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision des FA ist begründet.

15

Der während des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Organisationsakt der Verwaltung führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2008 V R 73/07, BFHE 223, 546, BStBl II 2009, 612).

16

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung des FG und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die Umsätze aus der Vermietung des Fuhrparks begründen entgegen dem Urteil des FG eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO); unerheblich ist insoweit, ob die Umsätze der Ist- oder der Sollbesteuerung unterlagen.

17

1. Insolvenzgläubiger können gemäß § 87 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Insolvenzforderungen i.S. von § 38 InsO und damit ihre zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner "begründeten" Vermögensansprüche nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Dementsprechend sind nach § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) Insolvenzforderungen während eines Insolvenzverfahrens nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern nur erforderlichenfalls durch Verwaltungsakt festzustellen. Diese Einschränkung gilt nicht für Masseverbindlichkeiten i.S. von § 55 InsO, die durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen sind. Es handelt sich dabei gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO um die Verbindlichkeiten, die "durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören".

18

Ob es sich bei einem Steueranspruch um eine Insolvenzforderung oder um eine Masseverbindlichkeit handelt, bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist. Unerheblich ist demgegenüber der Zeitpunkt der Steuerentstehung. Welche Anforderungen im Einzelnen an die vollständige Tatbestandsverwirklichung zu stellen sind, richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften des Steuerrechts, nicht aber nach Insolvenzrecht. Kommt es zur vollständigen Tatbestandsverwirklichung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine Insolvenzforderung, erfolgt die vollständige Tatbestandsverwirklichung erst nach Verfahrenseröffnung, liegt unter den Voraussetzungen des § 55 InsO eine Masseverbindlichkeit vor (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, unter II.1., m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung)

19

2. Das FG hat keine hinreichenden Feststellungen getroffen, anhand derer der Senat entscheiden kann, ob die Steuer für die Umsätze aus der Vermietung des Fuhrparks nach vereinbarten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG (Sollbesteuerung) oder nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG (Istbesteuerung) entstanden ist.

20

Das FA hatte dem Kläger durch Bescheid vom 6. April 2004 gestattet, die Umsätze der GmbH der Istbesteuerung zu unterwerfen. Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine derartige Gestattung ohne Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot auch noch während des Kalenderjahrs mit Rückwirkung auf den Jahresbeginn erteilt werden (BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 XI R 1/08, BFHE 223, 528, BStBl II 2009, 1026, unter II.3.b bb (2)).

21

Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob der Kläger das ihm eingeräumte Recht auf Istbesteuerung ausgeübt hat. Da es sich bei der Gestattung der Istbesteuerung um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt und die Sollbesteuerung der gesetzliche Regelfall ist, steht es dem Unternehmer frei, von der Gestattung zur Istbesteuerung keinen Gebrauch zu machen und zur Sollbesteuerung "zurückzukehren", ohne dass es hierfür eines Antrags des Steuerpflichtigen oder einer Erlaubnis des FA bedarf (BFH-Urteil in BFHE 223, 528, BStBl II 2009, 1026, unter II.2.). Eine Rückkehr zur Sollbesteuerung ist dabei bis zur Unanfechtbarkeit (formellen Bestandkraft) der Jahressteuerfestsetzung möglich (BFH-Urteil in BFHE 223, 528, BStBl II 2009, 1026, unter II.3.c). Hierzu hat das FG keine Feststellungen getroffen, obwohl der Kläger im Verfahren vor dem FG vorgetragen hat, dass es für den Zeitraum bis zur Insolvenzeröffnung bei der Sollbesteuerung geblieben und deshalb die Steuerforderung als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden sei.

22

3. Der Senat kann gleichwohl in der Sache entscheiden. Erbringt der Unternehmer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen eine Leistung, für die erst der Insolvenzverwalter das Entgelt vereinnahmt, begründet die Entgeltvereinnahmung eine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wobei unerheblich ist, ob der Umsatz der Ist- oder der Sollbesteuerung unterliegt. Für den Fall der Istbesteuerung ergibt sich dies aus dem Senatsurteil in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, auf das der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt. Im Fall der Sollbesteuerung beruht die Masseverbindlichkeit auf § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG.

23

a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese Vorschrift gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.

24

Uneinbringlichkeit setzt nach ständiger BFH-Rechtsprechung voraus, dass der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (z.B. BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 V R 13/04, BFHE 214, 471, BStBl II 2007, 22, Leitsatz 1). Zumindest im Sonderfall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann sich die fehlende Durchsetzbarkeit für den Leistenden aus Umständen ergeben, die in seiner Person oder in der Person des Leistungsempfängers begründet sind. Wird über das Vermögen eines Unternehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, tritt daher hinsichtlich der noch nicht entrichteten Leistungsentgelte Uneinbringlichkeit ein. Unerheblich ist, ob es sich um ein Entgelt für eine vom Unternehmer bezogene oder erbrachte Leistung handelt.

25

b) Hat der Unternehmer, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, eine Leistung vor Verfahrenseröffnung bezogen und das hierfür geschuldete Entgelt bis zu diesem Zeitpunkt nicht entrichtet, wird die der Umsatzsteuer unterliegende Entgeltforderung gegen ihn als Leistungsempfänger spätestens mit Verfahrenseröffnung unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe uneinbringlich; bei einer nachträglichen Zahlung auf das uneinbringlich gewordene Entgelt ist der Umsatzsteuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erneut zu berichtigen (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009 V R 14/08, BFHE 227, 513, BFH/NV 2010, 773, Leitsätze 1 und 2).

26

Maßgeblich ist hierfür, dass Entgeltforderungen gegen den Unternehmer mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen von Rechts wegen gegen ihn persönlich als Insolvenzschuldner nicht durchsetzbar sind, sondern nur zur Tabelle nach §§ 174 ff. InsO angemeldet werden können. Ohne Bedeutung ist dabei, ob den Vermögensansprüchen gegen den Leistungsempfänger, den Insolvenzschuldner, bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch ein wirtschaftlicher Wert zukommt, so dass Uneinbringlichkeit selbst dann in vollem Umfang eintritt, wenn mit einer quotalen Befriedigung der Insolvenzforderungen zu rechnen ist (BFH-Urteil vom 13. November 1986 V R 59/79, BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226, unter II.2.c).

27

c) Erbringt der Unternehmer, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, eine Leistung vor Verfahrenseröffnung, ohne das hierfür geschuldete Entgelt bis zu diesem Zeitpunkt zu vereinnahmen, tritt gleichfalls mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Uneinbringlichkeit ein.

28

aa) Zwar gilt auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Grundsatz der Unternehmereinheit, das Unternehmen besteht jedoch nach Verfahrenseröffnung aus mehreren Unternehmensteilen (vgl. BFH-Urteil vom 1. September 2010 VII R 35/08, BFHE 230, 490; Der Betrieb --DB-- 2010, 2596, unter II.2.), zwischen denen einzelne umsatzsteuerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen nicht miteinander verrechnet werden können. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des leistenden Unternehmers kommt es zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere Unternehmensteile, bei denen es sich z.B. um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen handeln kann. So sind z.B. weitere Vorsteuerbeträge, die sich für die Insolvenzmasse ergeben, nicht nach § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG von der Steuer, die sich aus Leistungen für den insolvenzfreien Unternehmensteil ergeben, abzusetzen und können daher trotz einer Steuerschuld für den insolvenzfreien Unternehmensteil zu einem Vorsteuerüberschuss und damit zu einer Umsatzsteuervergütung für die dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters unterliegende Insolvenzmasse führen. Zur Wahrung des Grundsatzes der Unternehmenseinheit reicht es aus, dass die Summe der für alle Unternehmensteile insgesamt festgesetzten oder angemeldeten Umsatzsteuer der Umsatzsteuer für das gesamte Unternehmen entspricht (BFH-Urteil vom 28. Juni 2000 V R 87/99, BFHE 192, 132, BStBl II 2000, 639, unter II.1. und 5.).

29

Neben der Insolvenzmasse und dem vom Insolvenzverwalter freigegebenen Vermögen besteht auch ein vorinsolvenzrechtlicher Unternehmensteil. Die diesen Unternehmensteil betreffenden Umsatzsteueransprüche können nur zur Tabelle (§§ 174 ff. InsO) angemeldet, nicht aber wie z.B. Masseverbindlichkeiten durch Steuerbescheid gegen den Insolvenzverwalter festgesetzt werden. Dementsprechend kann auch hier z.B. ein Vorsteueranspruch des massezugehörigen Unternehmensteils nicht gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG mit einem Steueranspruch gegen den vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil verrechnet werden (vgl. §§ 95, 96 InsO).

30

bb) Ist im Insolvenzfall trotz Fortbestehens eines Gesamtunternehmens von mehreren eigenständigen Unternehmensteilen auszugehen, werden die bei Verfahrenseröffnung noch nicht vereinnahmten Entgelte aus vor Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil aus Rechtsgründen uneinbringlich, da der Entgeltanspruch ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr durch diesen Unternehmensteil vereinnahmt werden kann. Denn mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nach § 80 Abs. 1 InsO die Empfangszuständigkeit für alle Leistungen, welche auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen erbracht werden, auf den Insolvenzverwalter über (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2009 IX ZR 118/08, BGHZ 182, 85, unter II.1., m.w.N.). Der Unternehmer ist somit aus rechtlichen Gründen nicht mehr in der Lage, rechtswirksam Entgeltforderungen in seinem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil selbst zu vereinnahmen, da diese in die Insolvenzmasse zu leisten sind. Damit korrespondiert auch, dass dieser Unternehmensteil rechtlich nicht mehr befugt ist, "öffentliche Gelder" entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" zu vereinnahmen (EuGH-Urteile vom 20. Oktober 1993 C-10/92, Balocchi, Slg. 1993, I-5105 Rdnr. 25, und vom 21. Februar 2008 C-271/06, Netto Supermarkt, Slg. 2008, I-771 Rdnr. 21).

31

cc) Wird demnach die Entgeltforderung für vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistungen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens uneinbringlich, begründet die spätere Entgeltvereinnahmung durch den Insolvenzverwalter eine erneute Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG. Diese Berichtigung ist nach § 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 7 UStG erst im Zeitpunkt der Vereinnahmung vorzunehmen. Die erste Steuerberichtigung aufgrund der Uneinbringlichkeit im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil und die zweite Steuerberichtigung aufgrund der Vereinnahmung führen somit zu einer zutreffenden Besteuerung des Gesamtunternehmens.

32

Die aufgrund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebende Steueranspruch ist erst mit der Vereinnahmung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, unter II.1. zur Istbesteuerung). Für dieses Ergebnis spricht auch das Erfordernis, die Besteuerungsgleichheit zwischen Ist- und Sollbesteuerung zu wahren; dies ist bei der Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 4/09, BFH/NV 2010, 161, unter II.4.b dd (1), Deutsches Steuerrecht 2010, 2349). Mit diesem Erfordernis wäre es nicht zu vereinbaren, bei einer Entgeltvereinnahmung durch den Insolvenzverwalter für vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistungen zwischen Ist- und Sollbesteuerung zu differenzieren.

33

dd) Nicht zu entscheiden hat der Senat im Streitfall, ob entsprechend der Steuerberichtigung aufgrund der Uneinbringlichkeit beim leistenden Unternehmer, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, auch der Leistungsempfänger mit Verfahrenseröffnung den Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen hat. Selbst wenn eine derartige Berichtigungspflicht bestünde, würde der Leistungsempfänger hierdurch nicht beschwert, da er im Hinblick auf die von ihm noch zu leistenden Zahlungen ohnehin prüfen muss, ob über das Vermögen seiner Gläubiger das Insolvenzverfahren eröffnet wird, um sicherzustellen, dass er Zahlungen nur an den Insolvenzverwalter leistet, da eine Zahlung an den Insolvenzschuldner selbst keine schuldbefreiende Wirkung hat (s. oben II.3.c bb).

34

Im Übrigen ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger nicht erforderlich, wenn er das von ihm geschuldete Entgelt noch in dem für ihn maßgeblichen Voranmeldungszeitraum zahlt, in dem auch das Insolvenzverfahren über das Vermögen seines Gläubigers eröffnet wird. Denn ein Entgelt kann nicht in ein und demselben Voranmeldungszeitraum uneinbringlich und vereinnahmt (entrichtet) werden, da sich zwei Berichtigungen nach § 17 UStG, die im selben Voranmeldungszeitraum erfolgen, gegenseitig aufheben.

35

4. Der Beurteilung der Steuerschuld aufgrund einer nach Verfahrenseröffnung erfolgten Entgeltvereinnahmung für eine vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistung als Masseverbindlichkeit steht nicht die Rechtsprechung des VII. Senats des BFH zur Aufrechnung im Insolvenzverfahren entgegen, wie der erkennende Senat für den Fall der Istbesteuerung bereits mit Urteil in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, unter II.4. entschieden hat, und worauf der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.

36

Gleiches gilt für die mit Verfahrenseröffnung im Rahmen der Sollbesteuerung eintretende Uneinbringlichkeit der Entgeltforderung des Unternehmers, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Erbringt ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer eine Leistung vor Verfahrenseröffnung, für die auch der Insolvenzverwalter das Entgelt nicht vereinnahmen kann, geht der VII. Senat des BFH davon aus, dass das FA gegen einen der Insolvenzmasse zustehenden Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit der zuvor im Rahmen der Sollbesteuerung entstandenen Steuerforderung aufrechnen kann, ohne dass dem insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbote entgegenstehen (BFH-Urteil vom 17. April 2004 VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589, unter II.3.). Gleiches gilt, wenn der Berichtigungsanspruch aufgrund der Uneinbringlichkeit --wie im Streitfall-- bereits mit Verfahrenseröffnung entsteht. Auch in diesem Fall kommt es zu der vom VII. Senat des BFH für erforderlich gehaltenen Aufrechnung, die darauf gestützt wird, dass es "schwerlich gerechtfertigt sein [würde], anzunehmen, die Finanzbehörde müsse eine (Umsatz-) Steuererstattung an die Insolvenzmasse leisten, könne aber ihre korrespondierende, unbefriedigte Steuerforderung lediglich als Insolvenzforderung geltend machen und müsse hinnehmen, mit ihr möglicherweise ganz oder teilweise auszufallen" (BFH-Urteil in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589, unter II.3.).

37

Eine Abweichung zur Rechtsprechung des VII. Senats des BFH besteht auch nicht insoweit, als dieser für Zwecke der Aufrechnung keine "fiktive Veranlagung auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung" vornimmt (BFH-Urteil vom 16. Januar 2007 VII R 7/06, BFHE 216, 390, BStBl II 2007, 745), da der VII. Senat hinsichtlich des Bestehens mehrerer Unternehmensteile im Insolvenzfall im Sinne des Senatsurteils in BFHE 192, 132, BStBl II 2000, 639 zwischen "Veranlagung" und "Aufrechenbarkeit" differenziert (BFH-Urteil in BFHE 230, 490, DB 2010, 2596, unter II.2., und vom 9. April 2002 VII R 108/00, BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562, unter II.3.).

38

5. Danach war das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

39

a) Die GmbH hat im Streitfall Vermietungsleistungen bereits vor Verfahrenseröffnung erbracht. Dass der dieser Vermietung zugrunde liegende Vertrag erst nach Verfahrenseröffnung durch einen Sonderverwalter genehmigt wurde, steht dem nicht entgegen. Denn die Leistung wurde tatsächlich durch eine Nutzungsüberlassung vor Verfahrenseröffnung ausgeführt, wobei es nach §§ 40, 41 AO unerheblich ist, ob die Leistungserbringung ohne Genehmigung durch den Sonderverwalter gegen ein gesetzliches Verbot verstieß oder die Unwirksamkeit des der Leistung zugrunde liegenden Vertrags begründete.

40

b) Lag somit eine vor Verfahrenseröffnung ausgeführte Leistung vor, für die erst der Insolvenzverwalter das Entgelt vereinnahmte, war das FA sowohl im Fall der Ist- als auch im Fall der Sollbesteuerung berechtigt, die Umsatzsteuer für die Umsätze aus der Vermietung des Fuhrparks als Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO durch Steuerbescheid festzusetzen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 388/02
vom
20. März 2003
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Auf Antrag eines Insolvenzgläubigers kann die Restschuldbefreiung nur versagt
werden, wenn der Antrag im Schlußtermin gestellt worden ist, es sei denn, daß ein
besonderes Verfahren angeordnet worden ist, nach dessen Vorschriften von der
Abhaltung eines Schlußtermins abgesehen werden darf.
InsO § 312 Abs.2
Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens nach § 312 Abs. 2 InsO ist den Beteiligten
bekannt zu geben.
Einkünfte, die ein selbständig tätiger Schuldner nach der Insolvenzeröffnung erzielt,
gehören in vollem Umfange ohne einen Abzug für beruflich bedingte Ausgaben zur
Insolvenzmasse. Er kann jedoch gemäß § 850i ZPO beantragen, daß ihm von seinen
durch Vergütungsansprüche gegen Dritte erzielten Einkünften ein pfandfreier
Anteil belassen wird.
Auch in Insolvenzverfahren, die vor dem 1. Dezember 2001 eröffnet worden sind, ist
der Umfang des Insolvenzbeschlags nach Maßgabe der §§ 850, 850a, 850e, 850f
Abs. 1, §§ 850g bis 850i ZPO zu bestimmen.

a) Auch bei selbständig tätigen Schuldnern hat der Treuhänder grundsätzlich das
gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung
zu nehmen, insbesondere hat er bereits entstandene sowie künftige Vergütungsansprüche
des Schuldners gegen Dritte bei Fälligkeit einzuziehen.

b) Der Treuhänder kann, vorbehaltlich einer Stillegungsentscheidung gemäß § 157
InsO, dem Schuldner die für die Fortführung seiner selbständigen Tätigkeit erforderlichen
Mittel aus der Insolvenzmasse zur Verfügung stellen.

a) In der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung einer gerichtlichen Anordnung liegt nur
dann die Verletzung einer Auskunfts- oder Mitwirkungspflicht nach der Insolvenzordnung
im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, wenn die Anordnung selbst den
Vorschriften der Insolvenzordnung entspricht.

b) Verpflichtungen, die der Schuldner in einer mit dem Treuhänder über die Fortführung
seiner selbständigen Tätigkeit getroffenen Vereinbarung übernommen hat,
begründen keine Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten "nach diesem Gesetz" gemäß
BGH, Beschluß vom 20. März 2003 - IX ZB 388/02 - LG Trier
AG Trier
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Kirchhof, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann
am 20. März 2003

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin werden der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 16. Juli 2002 sowie der Beschluß des Amtsgerichts Trier vom 7. Januar 2002 aufgehoben.
Der im Prüfungstermin vom 19. Juli 2003 gestellte Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 auf Versagung der Restschuldbefreiung wird zurückgewiesen.
Die durch den Antrag verursachten Kosten einschließlich der Kosten der Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeinstanz werden den Beteiligten zu 2 und 3 auferlegt.
Gerichtskosten für das Versagungsverfahren einschließlich des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Gründe:


I.


Die Schuldnerin hat am 22. Dezember 2000 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und unter Beifügung einer Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erteilung der Restschuldbefreiung beantragt. Im Eröffnungsantrag hat sie angegeben, sie sei zur Zeit unter ihrer Wohnanschrift als Diplom-Psychologin selbständig tätig. Angestellte habe sie keine. Aufträge gingen sporadisch ein; derzeit lägen keine vor. Das Verfahren über den vorgelegten Schuldenbereinigungsplan blieb erfolglos. Nach Zahlung des Kostenvorschusses wurde am 29. März 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt W. zum Treuhänder bestellt.
Der Schuldnerin wurde die Verfügung über ihr gegenwärtiges und das während des Verfahrens erlangte Vermögen verboten. Dem Treuhänder wurde aufgegeben, die Insolvenzmasse in Besitz zu nehmen, unverzüglich ein Anderkonto für die Insolvenzmasse einzurichten, den pfändbaren Teil des Einkommens der Schuldnerin zu ermitteln und dieses Geld auf das einzurichtende Insolvenzkonto einzuzahlen. Termin zur Prüfung der angemeldeten Forderungen wurde auf den 19. Juli 2001 bestimmt. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit, bis zum Prüfungstermin zum Antrag der Schuldnerin auf Erteilung der Restschuldbefreiung "Stellung zu nehmen (§§ 289, 290 II InsO)".
In seinen Berichten vom 23. Mai und 17. Juli 2001 teilte der Treuhänder mit, er habe ein Treuhandkonto eingerichtet und mit der Schuldnerin vereinbart , daß sie auf dieses monatlich "als Vorauszahlung auf pfändbares Einkom-
men" 250 DM zahle. Die Schuldnerin werde zur Ermittlung des pfändbaren Einkommens quartalsweise entsprechende Einkommen- und Ausgabenübersichten ab Insolvenzeröffnung vorlegen. Mit Schreiben vom 7. Juli 2001 beantragten die Beteiligten zu 2 und 3, die Eltern des geschiedenen Ehemannes der Schuldnerin und ihre Hauptgläubiger, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung führten sie an, aufgrund vorausgegangener falscher Angaben von Einkünften und Vermögensgegenständen "im vor- und nachehelichen Unterhaltsverfahren" und wegen zweifelhafter Angaben im Insolvenzverfahren sei der Schuldnerin "mutwillige und fahrlässige Schuldenanhäufung" zu unterstellen.
Im Prüfungstermin überreichte die Schuldnerin eine Liste über ihre Einnahmen und Ausgaben in den letzten drei Monaten und versicherte, daß sie keine weiteren Einkünfte habe. Ihr wurde aufgegeben, bis zum 24. August 2001 "eine aussagefähige Abrechnung über ihre monatlichen Einkünfte" dem Treuhänder vorzulegen. Der Beteiligte zu 2 beantragte unter Bezugnahme auf seinen und den Antrag der Beteiligten zu 3 vom 7. Juli 2001 nochmals Versagung der Restschuldbefreiung. Sodann beschloß das Insolvenzgericht, daß die angemeldeten Forderungen schriftlich im Anschluß an den Termin geprüft werden sollten und die Sache bis zur Entscheidung über den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung vertagt werde. Der Schuldnerin gab es Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24. August 2001.
Am 2. August 2001 wurde der Schuldnerin rechtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt "in der Verbraucherinsolvenzsache wegen Berechnung des pfändbaren Einkommens" und "wegen Versagung der Restschuldbefreiung" gewährt. Der von der Schuldnerin beauftragte Rechtsanwalt
stellte mit Schriftsatz vom 7. September 2001 den Antrag, das Verlangen auf Versagung der Restschuldbefreiung zurückzuweisen, und machte unter Bezugnahme auf eine beigefügte "Betriebswirtschaftliche Auswertung der Firma M. E. " der Steuerberaterin der Schuldnerin geltend, der derzeit freiwillig gezahlte Betrag von 250 DM sei in Anbetracht der Pfändungsfreigrenzen und des Einkommens der Schuldnerin nicht zu beanstanden. Mit Schreiben vom 16. November 2001 reichte der Treuhänder eine Aufstellung der Schuldnerin über ihre Einnahmen und Ausgaben im dritten Quartal 2001 ein. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 10. Dezember 2001 beanstandeten die Beteiligten zu 2 und 3, daß die Schuldnerin gar nicht daran denke , den Auflagen des Gerichts nachzukommen, und baten, den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung "jetzt schon" wegen fehlender Mitarbeit der Schuldnerin zurückzuweisen.
Mit Beschluß vom 7. Januar 2002 versagte das Insolvenzgericht der Schuldnerin die beantragte Restschuldbefreiung wegen grob fahrlässiger Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Zur Begründung führte es aus, eine nachvollziehbare Darlegung von Einkommen und Ausgaben der Schuldnerin sei trotz Erinnerung nicht vorgelegt worden. Die von der Schuldnerin vorgelegten Übersichten ließen Art und Umfang der beruflich veranlaßten Einnahmen und Kosten nicht erkennen, so daß eine Überprüfung auch im Hinblick auf etwaig pfändbare Beträge nicht erfolgen könne. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Der erforderliche Antrag eines Gläubigers auf Versagung der Restschuldbefreiung liege in dem von dem Beteiligten zu 2 im Termin vom 19. Juli 2001 gestellten Antrag. Das Insolvenzgericht habe zu Recht angenommen, daß die Schuldnerin grob fahrlässig ihre nach der Insolvenzordnung bestehenden Mitwirkungs-
pflichten verletzt habe. Mit ihrer Rechtsbeschwerde macht die Schuldnerin geltend, die Entscheidung des Beschwerdegerichts werfe Fragen von grund- sätzlicher Bedeutung zu dem Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf und verletze Verfahrensgrundrechte der Schuldnerin.

II.


Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 7 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die im vorliegenden Verfahren zu klärende Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Schuldner die Restschuldbefreiung wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung von Auskunftsoder Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung während des Insolvenzverfahrens versagt werden darf (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO), stellt sich in einer Vielzahl von Fällen und ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.

III.


Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO.
1. Da das Insolvenzverfahren vor dem 1. Dezember 2001 eröffnet worden ist, sind gemäß Art. 103a EGInsO die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts durfte die Rest- schuldbefreiung nicht auf den im Prüfungstermin von dem Beteiligten zu 2 für sich und die Beteiligte zu 3 gestellten Antrag versagt werden. Der Antrag ist nicht, wie es § 290 Abs. 1 InsO vorsieht, im Schlußtermin gestellt worden. Eine Fallgestaltung, bei der von dem Erfordernis der Antragstellung in einem Schlußtermin abgesehen werden darf, ist nicht gegeben.

a) Zu dem Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung sind die Insolvenzgläubiger und der Insolvenzverwalter oder der Treuhänder im Schlußtermin zu hören, § 289 Abs. 1 Satz 1 InsO. Gemäß § 290 Abs. 1 InsO ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn einer der in dieser Vorschrift genannten Versagungsgründe vorliegt und die Versagung von einem Insolvenzgläubiger im Schlußtermin beantragt worden ist. Die Entscheidung über den Antrag auf Restschuldbefreiung soll nach der Gesetzesbegründung deshalb erst nach Anhörung der Insolvenzgläubiger und des Insolvenzverwalters oder des Treuhänders im Schlußtermin erfolgen, damit für die gesamte Verfahrensdauer festgestellt werden kann, ob der Schuldner seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten genügt hat (BT-Drucks. 12/2443, S. 189 zu § 237 RegE). Die Frage, ob gleichwohl über den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung bereits vor dem Schlußtermin entschieden werden kann, wenn dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen ist (so OLG Köln ZInsO 2000, 334, 335; Ahrens , in: Kohte/Ahrens/Grote, Verfahrenskostenstundung, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenzverfahren 2. Aufl. § 289 Rn. 6a; Uhlenbruck /Vallender, InsO 12. Aufl. § 289 Rn. 17 m.w.Nachw.), stellt sich hier nicht, weil nicht eine Zurückweisung des Antrags des Schuldners auf Restschuldbefreiung aus formellen Gründen erfolgt, sondern aufgrund des Versagungsantrages der Beteiligten zu 2 und 3 eine Sachentscheidung ergangen ist. Ein sol-
cher Versagungsantrag eines Insolvenzgläubigers kann nach dem eindeutigen Wortlaut des § 290 Abs. 1 InsO aber erst im Schlußtermin gestellt werden. Begehrt ein Gläubiger vorher die Versagung der Restschuldbefreiung, so handelt es sich lediglich um die Ankündigung eines Antrages nach § 290 Abs. 1 InsO, die noch nicht zur Versagung der Restschuldbefreiung führen kann (allg. Ansicht , vgl. LG Nürnberg-Fürth ZVI 2002, 287; Frankfurter Kommentar/Ahrens, InsO 3. Aufl. § 290 Rn. 58; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht 6. Aufl. Rn. 2107; HK-InsO/Landfermann, 2. Aufl. § 290 Rn. 16; Kübler /Prütting/Wenzel, InsO § 290 Rn. 6; MünchKomm-InsO/Stephan, § 290 Rn. 17, 18; Pape WM 2003, 361, 363; Uhlenbruck/Vallender aaO § 289 Rn. 18).
Anders als z.B. bei der Zurückweisung des Schuldnerantrags auf Restschuldbefreiung wegen eines nicht mehr behebbaren Zulässigkeitsmangels besteht bei einem auf § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO gestützten Versagungsantrag auch kein Bedürfnis für eine Sachentscheidung vor dem Schlußtermin. Ob der Schuldner während des Insolvenzverfahrens ihm nach der Insolvenzordnung obliegende Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten in einem Maße verletzt hat, das die Versagung der Restschuldbefreiung rechtfertigt, wird sich in aller Regel erst zum Zeitpunkt des Schlußtermins abschließend beurteilen lassen. Zwar enthält § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO neben dem Erfordernis einer objektiven Pflichtverletzung und den subjektiven Verschuldensanforderungen (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für die Versagung. Insbesondere hat die in der Begründung des Regierungsentwurfs auch bei diesem Versagungsgrund angesprochene Voraussetzung, daß die Pflichtverletzung des Schuldners die Befriedigungsaussichten der Gläubiger vermindert hat (BT-Drucks. 12/2443, S. 190/191), im Gesetzeswortlaut keinen Aus-
druck gefunden (für eine erweiternde Auslegung aber Ahrens, in: Kohte/Ahrens/Grote aaO § 290 Rn. 7; dagegen MünchKomm-InsO/Stephan, § 290 Rn. 74; Uhlenbruck/Vallender aaO § 290 Rn. 70). Jedoch gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, daß nicht jedwede noch so geringfügige Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten die Versagung der Restschuldbefreiung zur Folge haben kann (allg. Ansicht, vgl. LG Hamburg ZVI 2002, 33; AG Hamburg NZI 2001, 46, 47; Ahrens, in: Kohte/Ahrens/Grote aaO § 290 Rn. 47; Kübler/Prütting/Wenzel aaO § 290 Rn. 20; MünchKommInsO /Stephan, § 290 Rn. 74; Nerlich/Römermann, InsO § 290 Rn. 97; Smid/Haarmeyer, InsO 2. Aufl. § 290 Rn. 19; Uhlenbruck/Vallender aaO § 290 Rn. 72). Bei der Prüfung, ob eine so erhebliche Pflichtverletzung vorliegt, daß die Restschuldbefreiung zu versagen ist, würde daher beispielsweise zu berücksichtigen sein, ob der Schuldner falsche oder unvollständige Angaben im Verlaufe des Verfahrens berichtigt oder ergänzt oder eine zunächst versäumte Mitwirkung nachgeholt hat, bevor eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger eingetreten ist.

b) Von dem Erfordernis, daß der Versagungsantrag im Schlußtermin zu stellen ist und eine Entscheidung darüber erst danach ergehen darf (§ 289 Abs. 1, § 290 Abs. 1 InsO), kann nur in den Fällen abgesehen werden, in denen es die Insolvenzordnung dem Insolvenzgericht gestattet, auf die Abhaltung eines Schlußtermins ganz zu verzichten. Eine solche Fallgestaltung ist hier nicht gegeben.
aa) Im Verbraucherinsolvenzverfahren kann das Insolvenzgericht gemäß § 312 Abs. 2 InsO anordnen, daß das Verfahren oder einzelne seiner Teile schriftlich durchgeführt werden, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuld-
ners überschaubar und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering sind. Nach dieser Vorschrift kann grundsätzlich auch im schriftlichen Verfahren über den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung entschieden werden (AG Hamburg NZI 2000, 336; Pape aaO; Uhlenbruck/ Vallender aaO § 290 Rn. 7). Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen des § 312 Abs. 2 InsO jedoch nicht vor.
Zwar handelt es sich hier um ein Verbraucherinsolvenzverfahren gemäß §§ 304 ff InsO a.F. Denn die Tätigkeit der Schuldnerin als Diplom-Psychologin erfordert nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, § 304 Abs. 2 InsO a.F. Ob bei einer Anzahl von 38 Gläubigern mit Forderungen in Höhe von insgesamt 426.522,30 DM zum Zeitpunkt der Antragstellung die Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein schriftliches Verfahren gemäß § 312 Abs. 2 InsO gegeben sein können, ist allerdings äußerst zweifelhaft. Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, weil es jedenfalls an der erforderlichen ausdrücklichen Anordnung des schriftlichen Verfahrens fehlt.
Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens gemäß § 312 Abs. 2 InsO hat wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen grundsätzlich durch (nicht beschwerdefähigen ) Beschluß zu erfolgen (vgl. Braun/Buck, InsO § 312 Rn. 10; Fuchs, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 1718 Rn. 121; HKInsO /Landfermann aaO § 312 Rn. 7; Smid/Haarmeyer aaO § 312 Rn. 10; Uhlenbruck /Vallender aaO § 312 Rn. 72). Diese Entscheidung ist den Beteiligten bekannt zu geben.
bb) Im Eröffnungsbeschluß ist zwar der Hinweis erteilt worden, die Schuldnerin habe die Restschuldbefreiung beantragt und die Beteiligten er-
hielten Gelegenheit, "bis zum Prüfungstermin hierzu Stellung zu nehmen (§§ 289, 290 II InsO)". Selbst wenn dieser Hinweis der Vorbereitung dienen sollte, gegebenenfalls das Verfahren mit nur einem Termin durchzuführen, kann darin noch nicht die ausdrückliche Anordnung gesehen werden, nach dem Prüfungstermin das weitere Verfahren im ganzen oder einzelne Teile davon schriftlich durchzuführen, insbesondere auch über einen etwaigen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung ohne Abhaltung eines Schlußtermins im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
cc) Im Prüfungstermin selbst ist lediglich beschlossen worden, daß die Prüfung der angemeldeten Forderungen im Anschluß an den Prüfungstermin schriftlich erfolgen solle. Eine Entscheidung dahingehend, daß auch der Schlußtermin schriftlich durchgeführt werden solle, ist nicht getroffen worden. Ein dem Schlußtermin entsprechender Verfahrensabschnitt war auch nach Auffassung des Insolvenzgerichts ersichtlich noch nicht erreicht. Vielmehr wurde zunächst noch angeordnet, der Treuhänder solle den Marktwert des Autos der Schuldnerin weiter ermitteln. Ferner wurde der Schuldnerin aufgegeben, dem Treuhänder bis zum 24. August 2001 eine aussagefähige Abrechnung über ihre monatlichen Einkünfte vorzulegen. Der den Prüfungstermin beendende Beschluß, die Sache bis zur Entscheidung über den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu vertagen und der Schuldnerin (auch insoweit) Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24. August 2001 zu geben, enthielt gleichfalls keine hinreichend deutliche Anordnung des schriftlichen Verfahrens gemäß § 312 Abs. 2 InsO. Denn der prozessuale Begriff der "Vertagung" bedeutet , daß ein bereits begonnener Termin beendet und die mündliche Verhandlung in einem neuen Termin fortgesetzt werden soll (vgl. Zöller/Stöber, ZPO 23. Aufl. § 227 Rn. 3). Wie die Rechtsbeschwerde in einem anderen Zu-
sammenhang mit ihrer Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu Recht ausführt, konnte die Schuldnerin den Hinweisen des Gerichts im Prüfungstermin nur entnehmen, daß dieses ihre Auskünfte für ergänzungsbedürftig halte, nicht aber, daß das Insolvenzgericht wegen Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO bereits für gegeben erachte und über den Versagungsantrag der Beteiligten zu 2 und 3 nach Ablauf der gesetzten Frist zur Stellungnahme im schriftlichen Verfahren entschieden werden solle.

c) Da die Restschuldbefreiung nur auf den zulässigen Antrag eines Insolvenzgläubigers versagt werden darf (§ 290 Abs. 1 InsO) und das Insolvenzgericht ohne einen solchen Antrag selbst bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nicht von Amts wegen zur Versagung berechtigt ist ( allg. Ansicht, vgl. Ahrens , in: Kohte/Ahrens/Grote aaO § 289 Rn. 7; Goetsch, in: Breutigam/Blersch/ Goetsch, InsO § 290 Rn. 3; Uhlenbruck/Vallender aaO § 290 Rn. 3), kann die Versagung der Restschuldbefreiung schon wegen des Fehlens eines zulässigen , nämlich eines im Schlußtermin gestellten Gläubigerantrags keinen Bestand haben.

IV.


Der angefochtene Beschluß sowie der Beschluß des Insolvenzgerichts sind folglich aufzuheben, § 577 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 ZPO. Der im Prüfungstermin vom 19. Juli 2001 gestellte Antrag der Beteiligten zu 2 und 3, die mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 10. Dezember 2001 gebeten haben, der Schuldnerin "jetzt schon" die Restschuldbefreiung zu versa-
gen, ist als unzulässig zurückzuweisen. Diese Entscheidung steht der Wiederholung eines Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung im Schlußtermin nicht entgegen.

V.


Sollte der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung wiederholt werden, wird für das weitere Verfahren darauf hingewiesen, daß nach dem bisherigen Sachstand der Schuldnerin entgegen der Auffassung der Vorinstanzen eine grob fahrlässige Verletzung ihrer Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung nicht vorgeworfen werden kann. Die Ansicht des Beschwerdegerichts, die Schuldnerin habe gegen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO verstoßen , beruht auf rechtsfehlerhaften Erwägungen.
1. Das Beschwerdegericht hat angeführt, der Rechtspfleger habe in dem Prüfungstermin zu Recht beanstandet, daß die von der Schuldnerin vorgelegte Aufstellung nicht eindeutig betrieblichen und privaten Bereich trenne. Durch die Auflage, eine aussagefähige Abrechnung über die Einkünfte vorzulegen, habe sichergestellt werden sollen, das pfändbare Einkommen der Schuldnerin richtig ermitteln zu können. Die von der Schuldnerin nach der Auflage des Rechtspflegers eingereichte weitere Aufstellung betreffend den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2001 entspreche in der Form genau der beanstandeten Aufstellung. Auch bei dieser Liste lasse sich nicht aus sich heraus nachvollziehen , in welchem Umfange beruflich bedingte und in welchem Umfange für die private Lebensgestaltung notwendige Kosten vorlägen. Erst recht lasse sich
nicht nachprüfen, ob die angeführten Ausgaben tatsächlich erfolgt seien, und zwar aus beruflichen Gründen, da eben nicht angegeben sei, an wen Zahlungen erfolgten und aus welchem konkreten Anlaß. Da die erteilte Auflage zur Mitwirkung der Schuldnerin durch Vorlage einer aussagefähigen Aufstellung rechtmäßig gewesen sei (§ 97 Abs. 1 Satz 1 InsO), habe die Schuldnerin dadurch , daß sie dennoch wieder eine inhaltlich der ersten beanstandeten Aufstellung genau entsprechende vorgelegt habe, in schwerwiegender Weise gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen.
2. Der Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO setzt eine Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten "nach diesem Gesetz", also nach der Insolvenzordnung voraus. Das Beschwerdegericht hat richtig gesehen, daß die Nichterfüllung einer gerichtlichen Anordnung nur dann zur Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO führen kann, wenn die erteilte Auflage rechtmäßig gewesen ist, d.h. selbst den Vorschriften der Insolvenzordnung entsprach (ebenso Ahrens, in: Kohte /Ahrens/Grote aaO § 290 Rn. 46; MünchKomm-InsO/Stephan, § 290 Rn. 73; Uhlenbruck/Vallender aaO § 290 Rn. 69). Der Auffassung des Beschwerdegerichts , dies sei hier der Fall, kann jedoch aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.

a) Gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Schuldner verpflichtet, dem Insolvenzgericht über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Durch die von der Schuldnerin verlangte Auskunft wollen die Vorinstanzen sicherstellen, daß das pfändbare Einkommen der Schuldnerin richtig ermittelt werden kann. Die verlangten Angaben sollen also ersichtlich der Ermittlung der Insolvenzmasse dienen. Diese umfaßt das gesamte Vermögen, das
dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt, § 35 InsO, mit Ausnahme der unpfändbaren Gegenstände , § 36 InsO. Für andere das Verfahren betreffende Verhältnisse kann die Ermittlung des pfändbaren Einkommens nach Scheitern des Schuldenbereinigungsplanes zum jetzigen Zeitpunkt nicht von Bedeutung sein.

b) Zur Ermittlung der Insolvenzmasse nach §§ 35, 36 InsO a.F. bedarf es aber nicht der verlangten Auskunft, welche Ausgaben der Schuldnerin berufsbedingt und welche privat veranlaßt sind. Die Schuldnerin ist nach ihren Angaben als Diplom-Psychologin selbständig tätig und erzielt Einkünfte aus der Erstellung von Gutachten, der Erteilung von Unterricht und aus Betreuungen. Zur Insolvenzmasse gehören diese Einkünfte in ihrem vollen Umfange und nicht etwa nur, wie die Vorinstanzen ersichtlich angenommen haben, der sich aus der Verminderung der Einnahmen um die betrieblich veranlaßten Ausgaben ergebende Gewinn. Die Honoraransprüche der Schuldnerin gegen Dritte, denen sie als Diplom-Psychologin Gutachten erstellt, Unterricht erteilt oder die sie betreut, sind nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste im Sinne des § 850i ZPO, und wie Gebührenansprüche freiberuflich tätiger Personen in vollem Umfange pfändbar; sie fallen daher ohne Abzüge in die Insolvenzmasse (zur Pfändbarkeit der Gebührenforderungen von Steuerberatern BGHZ 141, 173).
Einen unpfändbaren Anteil in Höhe (notwendiger) beruflich bedingter Ausgaben gibt es bei solchen Einkünften nicht. Der Schuldner kann allenfalls beantragen, daß ihm von den pfändbaren Vergütungen als Unterhaltsbedarf so viel belassen bleibt, wie ihm verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestände, § 850i Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO;
bei der Bemessung des notwendigen Unterhalts sind Werbungskosten analog § 850a Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Stöber aaO § 850i Rn. 2). Die entsprechende Anwendung des § 850i ZPO ist durch § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO n.F. nunmehr ausdrücklich angeordnet; diese Vorschrift stellt lediglich die bereits zuvor geltende Rechtslage klar (vgl. Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf des InsOÄndG vom 26. Oktober 2001, BT-Drucks. 14/5680, S. 6, 17). Ihr Regelungsgehalt ist daher auch auf vor dem 1. Dezember 2001 eröffnete Insolvenzverfahren anwendbar. Wird ein solcher Antrag gestellt - wie er hier möglicherweise in dem mit ihrem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung der Restschuldbefreiung verbundenen Gesuch der Schuldnerin gesehen werden kann, hinsichtlich ihrer persönlichen Ausgaben einen "Mehrbedarf für Erwerbstätige, Selbständige" anzunehmen -, so obliegt es nach allgemeinen Grundsätzen dem Schuldner, die Voraussetzungen für die Gewährung des geltend gemachten pfändungsfreien Anteils darzulegen (zur Darlegungslast des Vollstreckungsschuldners vgl. Musielak/Becker, ZPO 3. Aufl. § 811 Rn. 33; Zöller/Stöber aaO § 811 Rn. 41). Kommt er seiner Darlegungslast insoweit nicht nach, hat dies lediglich zur Folge, daß eine Verringerung der zur Insolvenzmasse gehörenden Einkünfte gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO in Verbindung mit § 850i ZPO unterbleibt. Hält das Gericht Ausgaben für nicht ausreichend dargelegt oder nachgewiesen , hat es sie nicht anzuerkennen. Dagegen darf dem Schuldner die Restschuldbefreiung nicht allein deswegen gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO versagt werden, weil er die Voraussetzungen, nach denen ein Gegenstand gemäß § 36 InsO als unpfändbar nicht zur Insolvenzmasse gehört, nicht hinreichend dargelegt hat; dies verstieße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Daß die Schuldnerin hinsichtlich ihrer zur Insolvenzmasse gehörenden Einkünfte Auskunftspflichten verletzt hätte, ist bislang nicht festgestellt. Die Vorinstanzen haben vielmehr allein darauf abgestellt, es lasse sich nicht nachprüfen , ob die angeführten Ausgaben tatsächlich erfolgt und aus beruflichen Gründen veranlaßt seien.

c) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil die Schuldnerin auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Vergütungsansprüche gegen Dritte selbst eingezogen hat, obwohl ihr die Verfügung über ihr gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen verboten worden und die Verfügungsbefugnis auf den Treuhänder übergegangen ist. Denn der Treuhänder hat seinerseits nicht, wie das Insolvenzgericht gemäß § 148 Abs. 1 in Verbindung mit § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO angeordnet hat, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen in Besitz und Verwaltung genommen, insbesondere weder den pfändbaren Teil des Einkommens der Schuldnerin ermittelt noch die Einzahlung aller von Dritten eingezogenen Forderungsbeträge auf das Insolvenzkonto veranlaßt. Vielmehr hat er mit der Schuldnerin vereinbart, daß sie lediglich 250 DM als Vorauszahlung auf pfändbares Einkommen auf das Anderkonto zahlen solle. Diese Vereinbarung ist dem Insolvenzgericht mitgeteilt worden, ohne daß dieses auf einer Einziehung der Forderungen der Schuldnerin gegen Dritte durch den Treuhänder auf das Insolvenzkonto bestanden hätte. Im Prüfungstermin vom 19. Juli 2001 ist der Schuldnerin ausweislich des Sitzungsprotokolls im Anschluß an ihre Erklärung, daß sie weiterhin bereit sei, monatlich 250 DM auf das Treuhandkonto zu überweisen, nur aufgegeben worden, eine aussagefähige Abrechnung über ihre monatlichen Einkünfte dem Treuhänder vorzulegen.

d) Die Schuldnerin führt zwar keine Praxis im eigentlichen Sinne, sondern übt ihre Tätigkeit als Diplom-Psychologin nach ihren Angaben nur durch gelegentliche Aufträge aus. Auch die Fortführung einer solchen nur gelegentlichen Tätigkeit kann aber im Interesse der Insolvenzgläubiger liegen. Dem Treuhänder, der grundsätzlich die Aufgaben eines Insolvenzverwalters wahrnimmt (§ 313 Abs. 1 Satz 1 InsO), muß es daher möglich sein, mit dem Schuldner zu vereinbaren, daß er ihm, wenn dieser wie bisher gelegentlich Aufträge übernimmt, die für die Fortführung dieser Tätigkeit erforderlichen Mittel aus der bereits vorhandenen Insolvenzmasse oder aus den zukünftigen, gleichfalls zur Masse gehörigen Einkünften zur Verfügung stellt (zur Praxisfortführung bei Freiberuflern vgl. Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 35 Rn. 47 ff., insbesondere Rn. 49 m.w.Nachw.).
Legt man die zwischen dem Treuhänder und der Schuldnerin hier getroffene Vereinbarung, eine monatliche Vorauszahlung auf pfändbares Einkommen zu leisten, dahin aus, daß der Schuldnerin zunächst die Fortführung ihrer selbständigen Tätigkeit auf eigene Rechnung zu diesen Bedingungen gestattet sein solle, dann ist die Abrede, soweit es die Vorauszahlungen angeht, von der Schuldnerin eingehalten worden. Diese Vereinbarung steht zwar auch für die Schuldnerin ersichtlich ("Vorauszahlung") unter dem Vorbehalt, daß eine endgültige Ermittlung des "pfändbaren Einkommens", d.h. des an die Insolvenzmasse abzuführenden Anteils, aufgrund der quartalsweise jeweils aufzustellenden Abrechnungen über die Einnahmen und Ausgaben noch erfolgen solle. Selbst wenn aber die Schuldnerin aufgrund dieser Vereinbarung verpflichtet sein sollte, ihre beruflich bedingten Aufwendungen zu belegen, könnte ein etwaiger Verstoß gegen diese Pflicht nicht zur Versagung der Restschuldbefreiung führen. Denn bei derartigen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten, die
ihren Entstehungsgrund lediglich in einer Vereinbarung mit dem Treuhänder über die Fortführung einer selbständigen Tätigkeit - sei es in einer laufenden Praxis oder durch Übernahme gelegentlicher Aufträge - haben, handelt es sich nicht um Pflichten "nach diesem Gesetz" im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO (ebenso Runkel, Festschrift für Wilhelm Uhlenbruck, 2000, S. 315, 331).

VI.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Niederschlagung der Gerichtskosten folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Kreft Richter am Bundesgerichtshof Raebel Kirchhof ist wegen urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft
Kayser Bergmann

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 249/07
vom
18. Dezember 2008
in dem Restschuldbefreiungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Obliegenheiten des Schuldners gemäß § 295 InsO gelten ab Aufhebung
des Insolvenzverfahrens und Ankündigung der Restschuldbefreiung.
BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - IX ZB 249/07 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 18. Dezember 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 26. November 2007 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Am 3. Dezember 2003 wurde das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Am 3. Januar 2005 starb der Vater der Schuldnerin. Mit Schreiben vom 13. Januar 2005 zeigte die weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Gläubigerin) dem Insolvenzgericht den Tod des Vaters der Schuldnerin an. Im Schlussbericht des Treuhänders heißt es dazu, die Mutter der Schuldnerin sei alleinige Erbin; die Schuldnerin habe keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht und sei dazu auch nicht verpflichtet. Die festgesetzte Teilungsmasse betrug 951,58 €, die Treuhändervergütung 939,60 €. Mit Beschluss vom 8. November 2006 kündigte das Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung an und bestellte den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig.
2
Mit Schreiben vom 24. Mai 2007 hat die Gläubigerin einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt, weil die Schuldnerin auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihren Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht habe. Zum Nachlass des Vaters der Schuldnerin gehöre mindestens ein hälftiger Miteigentumsanteil an einem bebauten Grundstück. Die Verwertung des Pflichtteilsanspruchs hätte daher ausgereicht, um die festgestellten Insolvenzforderungen von insgesamt 166.044,13 € zu einem wesentlichen Teil zu befriedigen. Die Schuldnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Mit Beschluss vom 17. September 2007 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - den Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 296 Abs. 3, §§ 6, 7 InsO, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
4
Das 1. Beschwerdegericht hat ausgeführt: Dass die Schuldnerin den Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht habe, stelle keine Verletzung ihrer Obliegenheiten gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO dar. Diese Vorschrift setze tatsächlich erworbenes Vermögen voraus. Wenn bereits das Ausschlagen einer Erbschaft nicht tatbestandsmäßig sei, wie § 83 Abs. 1 InsO für das Insolvenz- verfahren ausdrücklich regele, müsse Gleiches für das Unterlassen der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs gelten. Ob der die Restschuldbefreiung ankündigende rechtskräftige Beschluss des Amtsgerichts vom 8. November 2006 einer Berücksichtigung des Versagungsgrundes entgegenstehe und ob die Jahresfrist des § 296 Abs. 1 Satz 2 InsO gewahrt sei, brauche nicht entschieden zu werden.
5
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
6
a) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Gläubigers, wenn der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt (§ 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InsO). Nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO obliegt es dem Schuldner, während der Laufzeit der Abtretungserklärung Vermögen, dass er von Todes wegen erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben.
7
b) Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO schon deshalb nicht erfüllt, weil die Schuldnerin den fraglichen Pflichtteilsanspruch nicht in der Wohlverhaltensphase, sondern bereits während des eröffneten Insolvenzverfahrens erworben hat und die Obliegenheiten des § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO in diesem Verfahrensabschnitt noch nicht gelten.
8
aa) Die Obliegenheiten des § 295 InsO treffen den Schuldner erst von der Aufhebung (oder der Einstellung, vgl. § 289 Abs. 3 InsO) des Insolvenzverfahrens an (z.B. AG Köln NZI 2004, 331, 332; LG Göttingen NZI 2004, 596; 2004, 678, 679; AG Göttingen ZInsO 2005, 1001, 1002; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 287 Rn. 44 f; MünchKomm-InsO/Ehricke, 2. Aufl. § 295 Rn. 2; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 295 Rn. 15; FK/Ahrens, 4. Aufl. § 295 Rn. 7a; Hess, Insolvenzrecht § 295 Rn. 3; a.A. LG Hannover ZInsO 2002, 449, 450 mit zust. Anm. Wilhelm; AG Göttingen NZI 2003, 217 mit abl. Anmerkung Ahrens NZI 2003, 219 f; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 295 Rn. 1c).
9
(1) Die Obliegenheiten des § 295 InsO gelten "während der Laufzeit der Abtretungserklärung". Die Erklärung des Schuldners über die Abtretung seiner pfändbaren Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder die an deren Stelle tretenden laufenden Bezüge hat den Zeitraum von sechs Jahren von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an zu umfassen (§ 287 Abs. 2 Satz 1 InsO). Die von § 295 InsO (tatsächlich oder scheinbar, vgl. Ahrens aaO) in Bezug genommene Vorschrift des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO ist jedoch nach dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung (durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001, BGBl. I S. 2710) geändert worden. In ihrer ursprünglichen Fassung sah sie vor, dass die Laufzeit der Abtretungserklärung mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und der Ankündigung der Restschuldbefreiung begann. Zweifel daran, dass dies auch für die Obliegenheiten des § 295 InsO galt, gab es nicht. Der Änderung des § 287 InsO lag die Vorstellung zugrunde, dass ein durchschnittlicher Schuldner nicht in der Lage ist, sein Leben über einen derart langen Zeitraum an den Pfändungsfreigrenzen auszurichten. Ihm sollte dadurch geholfen werden, dass die Wohlverhaltensperiode von sieben auf sechs Jahre abgekürzt wurde und die Laufzeit der Abtretung nicht erst mit der Aufhebung, sondern bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begann (BT-Drucks. 14/6468, S. 18). Mit den Versagungstatbeständen des § 290 InsO einerseits, der §§ 295, 296 InsO andererseits hatte dies nichts zu tun. Anhaltspunkte dafür, dass die Obliegenheiten des § 295 InsO nunmehr von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an gelten sollten, las- sen sich der amtlichen Begründung nicht entnehmen. Die Änderung betraf die Laufzeit der Abtretungserklärung, nicht die sonstigen Voraussetzungen der Erteilung oder Versagung der Restschuldbefreiung.
10
(2) Eine Geltung der Obliegenheiten des § 295 InsO bereits von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an stünde überdies nicht im Einklang mit der vom Gesetz im Übrigen strikt durchgehaltenen Trennung zwischen dem eröffneten Insolvenzverfahren einerseits, der Wohlverhaltensphase nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens andererseits. Nach § 291 Abs. 1 InsO enthält der Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung, der aufgrund der Anhörung im Schlusstermin gefasst wird (§ 289 InsO), den Hinweis darauf, dass der Schuldner den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachzukommen hat. Der Hinweis kann sich nur auf die Zukunft beziehen. Für die Vergangenheit wäre er sinnlos (Ahrens NZI 2003, 219, 220). Das Verhalten des Schuldners in der Vergangenheit wird, wie sich hinreichend deutlich aus § 291 Abs. 1 InsO ergibt, nur nach Maßgabe des § 290 InsO überprüft (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2004 - IX ZB 90/03, NZI 2004, 635, 636).
11
(3) Die Obliegenheiten des § 295 Abs. 1 InsO unterscheiden sich zudem inhaltlich von den Pflichten, welche den Schuldner im eröffneten Verfahren treffen. Nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO hat der Schuldner eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich um eine solche zu bemühen. Im Insolvenzverfahren gilt dies nicht. Die Arbeitskraft des Schuldners gehört nicht zur Insolvenzmasse. Der Schuldner kann zu einer Erwerbstätigkeit nicht gezwungen werden (BGHZ 167, 363, 370 Rn. 16; a.A. Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, aaO). Die in § 4c Nr. 4 InsO geregelte Obliegenheit des Schuldners, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich um eine solche zu bemühen, betrifft das Stundungsverfahren, nicht das Insolvenzverfahren oder das Verfah- ren zur Erlangung der Restschuldbefreiung (Ahrens aaO). § 295 Abs. 1 Nr. 2 verpflichtet den Schuldner, die Hälfte eines von Todes wegen erworbenen Vermögens an den Treuhänder herauszugeben. Im eröffneten Verfahren gehört der Erwerb von Todes wegen dagegen in vollem Umfang zur Insolvenzmasse. Der Versagungstatbestand "rechtskräftige Verurteilung wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c StGB" gilt in sämtlichen Verfahrensabschnitten. Er ist jedoch in § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO für den Zeitraum bis zum Schlusstermin (§ 289 Abs. 1 InsO) geregelt, in § 297 Abs. 1 InsO ausdrücklich für den Zeitraum zwischen Schlusstermin und Aufhebung des Insolvenzverfahrens sowie für die Laufzeit der Abtretungserklärung. Hier wird der auf die Berechnung der Laufzeit der Abtretungserklärung beschränkte Geltungswille der Neufassung des § 287 Abs. 2 InsO besonders deutlich.
12
(4) Schließlich ist eine Ausdehnung der Obliegenheiten des § 295 InsO auf den Zeitraum vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und der Ankündigung der Restschuldbefreiung auch nicht erforderlich. Die Abtretungserklärung kann erst mit dem Ankündigungsbeschluss rechtliche Bedeutung erlangen (Vallender NZI 2001, 561, 566 f). Erst jetzt bestimmt das Gericht den Abtretungsempfänger , den Treuhänder nämlich, auf den die pfändbaren Bezüge des Schuldners übergehen. Bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens fallen die pfändbaren Bezüge des Schuldners nach §§ 35, 36 InsO in die Insolvenzmasse und werden gemäß § 80 InsO vom Verwalter (oder gemäß § 313 InsO vom Treuhänder) verwaltet. Der Schuldner hat in dieser Zeit nicht die Rechtsmacht, sie abzutreten. Anlass, mit der Normierung von Obliegenheiten auf das Verhalten des Schuldners einzuwirken und ihn insbesondere zur Herausgabe des pfändbaren Anteils seiner Bezüge und der Hälfte eines etwaigen Erwerbs von Todes wegen an den Treuhänder anzuhalten, besteht bis dahin ebenfalls nicht.
13
bb) Die Schuldnerin hat den Pflichtteilsanspruch mit dem Tod ihres Vaters am 3. Januar 2005, damit vor Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung vom 8. November 2006 erlangt.
14
(1) Der Anspruch auf den Pflichtteil (§ 2303 BGB) entsteht mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1, § 1922 Abs. 1 BGB). Von diesem Zeitpunkt an gehört er zum Vermögen des Pflichtteilsberechtigten (BGHZ 123, 183, 187; BGH, Urt. v. 6. Mai 1997 - IX ZR 147/96, ZIP 1997, 1302). Nach § 852 Abs. 1 ZPO ist er allerdings der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Diese Vorschrift steht einer Pfändung jedoch nicht entgegen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Pflichtteilsanspruch bereits vor der vertraglichen Anerkennung oder Rechtshängigkeit als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch gepfändet werden (BGHZ 123, 183, 185 ff; BGH, Urt. v. 6. Mai 1997 - IX ZR 147/96, aaO). Alles pfändbare Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt , wird vom Insolvenzverfahren erfasst und gehört zur Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1, § 36 Abs. 1 InsO). § 852 Abs. 1 ZPO steht folglich einem bedingten Insolvenzbeschlag nicht entgegen (OLG Brandenburg FamRZ 1999, 1436; LG Tübingen ZVI 2008, 450, 451; Jaeger/Windel, InsO § 83 Rn. 15; Braun/ Kroth, InsO 3. Aufl. § 83 Rn. 6; Staudinger/Haas, BGB [Bearb. Juni 2006] § 2317 Rn. 58; Bamberger/Roth/Mayer, BGB 2. Aufl. § 2317 Rn. 10; Erman/ Schlüter, BGB 12. Aufl. § 2317 Rn. 4; Klumpp ZEV 1998, 123, 126; Bartels KTS 2003, 41, 44 ff; Lehmann, Erbrechtlicher Erwerb im Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren S. 132 f; a.A. Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 83 Rn. 11; MünchKomm-InsO/Peters, 2. Aufl. § 36 Rn. 53; FK-InsO/App, 4. Aufl. § 83 Rn. 11; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 83 Rn. 12; HmbKommInsO /Kuleisa, 2. Aufl. § 83 Rn. 8; Nerlich/Römermann/Wittkowski, InsO § 83 Rn. 11). Dass nicht der Verwalter, sondern nur der pflichtteilsberechtigte Schuldner über die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs zu entscheiden hat, ändert nichts an der Zugehörigkeit des Anspruchs zur Masse.
15
(2) Gehört der Pflichtteilsanspruch zur Insolvenzmasse, kann er nicht zugleich Neuerwerb in der Wohlverhaltensphase darstellen, den der Schuldner zur Hälfte des Wertes herauszugeben hat (§ 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Ob § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO dann eingreift, wenn der Schuldner einen während des Insolvenzverfahrens erworbenen Pflichtteilsanspruch nach dessen Aufhebung geltend macht, ob in einem solchen Fall eine Nachtragsverteilung nach § 203 InsO zu erfolgen hat oder ob es sich nunmehr um dem Schuldner insgesamt zustehendes Vermögen handelt, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden; denn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO sind bis zum Abschluss der Tatsacheninstanzen nicht eingetreten.
16
Ob c) eine Versagung der Restschuldbefreiung im vorliegenden Fall auch deshalb ausscheidet, weil die Schuldnerin - die sich rechtlich beraten lässt und deren Rechtsauffassung von den Vorinstanzen geteilt worden ist - kein Verschulden trifft (§ 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO), bedarf keiner Ent- scheidung. Gleiches gilt für die Frage der Einhaltung der Jahresfrist des § 296 Abs. 1 Satz 2 InsO.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 17.09.2007 - 10 IK 151/03 -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 26.11.2007 - 4 T 614/07 -

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 60 Abs. 3 Satz 1.

(2) Ein im Revisionsverfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 Beigeladener kann Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beiladungsbeschlusses rügen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Vor der Beiladung ist der Steuerpflichtige zu hören, wenn er am Verfahren beteiligt ist.

(2) Wird eine Abgabe für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet, so kann dieser nicht deshalb beigeladen werden, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.

(3) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 nicht klagebefugt sind.

(4) Der Beiladungsbeschluss ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden.

(5) Die als Mitberechtigte Beigeladenen können aufgefordert werden, einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(6) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines als Kläger oder Beklagter Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.