Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2012 - V B 10/11

bei uns veröffentlicht am14.03.2012

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war Angestellter des Ministeriums X des Landes Y (M). Nach Erreichen der Altersgrenze endete das Angestelltenverhältnis zum 31. Juli 2001.

2

Am 17. Juli 2001 schloss der Kläger mit dem M einen als Werkvertrag bezeichneten Vertrag. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) erhielt der Kläger für im Einzelnen in einer Leistungsbeschreibung festgelegte Leistungen, die der Abnahme bedurften, eine fest vereinbarte Vergütung. Das FG beurteilte die Tätigkeit des Klägers als selbständig und unterwarf die von ihm ausgeführten Leistungen der Umsatzsteuer.

3

Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG, mit der er sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend macht.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

5

1. Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ob ein nur mit hoheitlichen Tätigkeiten befasster Mitarbeiter einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft oder eines Ministeriums, der nach strikter Einzelanweisung hoheitliche Aufgaben wie die Bearbeitung von Fördermittelvorgängen wahrnimmt und Fördermittelbescheide erstellt und ausfertigt, sowie im Auftrag als "Landeswettbewerbsleiter" abzeichnet, selbständig i.S. des § 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) sein kann.

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Die Frage hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine (erneute) Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), weil die Grundsätze, nach denen zu beurteilen ist, ob Leistungen gegen Entgelt im Rahmen einer selbständigen unternehmerischen Tätigkeit ausgeführt werden, durch die Rechtsprechung des BFH geklärt sind.

7

a) Bei der Beurteilung der Selbständigkeit sind die einzelnen Merkmale, die für und gegen die Selbständigkeit i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999 sprechen, unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen. Für persönliche Selbständigkeit sprechen in der Organisation und bei der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern. Gegen die Selbständigkeit der Tätigkeit sprechen Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsgebunden sind. Besondere Bedeutung kommt dem Handeln auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung und dem Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) zu. Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit; ist der Steuerpflichtige von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt, spricht dies gegen Selbständigkeit (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteile vom 25. Juni 2009 V R 37/08, BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873; vom 14. April 2010 XI R 14/09, BFHE 230, 245, BStBl II 2011, 433).

8

b) Leistungen gegen Entgelt i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbringt der Unternehmer, wenn zwischen ihm und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19. November 2009 V R 29/08, BFH/NV 2010, 701; vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486). Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein hoheitlicher Rechtsträger als Auftraggeber auftritt und der Auftragnehmer in dessen Auftrag für einen Hoheitsbereich tätig wird, weil für Leistungen an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts insoweit keine Besonderheiten gelten (BFH-Urteile vom 2. September 2010 V R 23/09, BFH/NV 2011, 458; vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534).

9

c) Der Kläger hat nicht dargelegt, weshalb eine erneute Befassung des BFH mit diesen bereits geklärten Fragen für die Allgemeinheit von Bedeutung sein kann.

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2. Es ist auch keine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).

11

a) Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe bei dem von ihm als wahr unterstellten Vortrag nicht zur Annahme der Selbständigkeit kommen dürfen, rügt er eine unzutreffende Beweiswürdigung und unrichtige Rechtsanwendung durch das FG. Eine Zulassung der Revision wegen fehlerhafter Rechtsanwendung oder fehlerhafter Beweiswürdigung durch das FG kommt aber nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des FG im Sinne einer objektiv willkürlichen und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbaren Entscheidung in Betracht (BFH-Beschlüsse vom 9. November 2011 II B 105/10, BFH/NV 2012, 254; vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455). Eine Beweiswürdigung ist nur dann willkürlich, wenn sie so schwerwiegende Fehler aufweist, dass sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist und offensichtlich jedem Zweck einer Beweiswürdigung zuwiderläuft, so dass ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung besteht (BFH-Beschluss vom 27. Dezember 2007 IV B 124/06, BFH/NV 2008, 781). In der Beschwerdebegründung muss bei Geltendmachung dieses Zulassungsgrundes substantiiert dargelegt werden, weshalb die Vorentscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist (BFH-Beschluss vom 3. November 2005 V B 9/04, BFH/NV 2006, 248).

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Derartig schwerwiegende Rechtsfehler sind nicht substantiiert dargetan und liegen im Übrigen auch nicht vor. Das FG ist von den o.g. Grundsätzen der Rechtsprechung zur Abgrenzung selbständiger von unselbständigen Tätigkeiten ausgegangen und hat festgestellt, dass der Kläger kein Unternehmerrisiko getragen hat, dass er keinen Zahlungsanspruch im Krankheitsfall hatte, dass vielmehr dem Auftraggeber in diesem Fall ein Sonderkündigungsrecht zustand, dass keine Versicherung gegen Arbeitsunfälle und keine Sozialversicherung bestand und dass keine Lohnsteuer einbehalten wurde. Das FG hat zudem die Aussagen der Zeugen A, B, C und D gewürdigt und hat aus dem Gesamtbild die Selbständigkeit des Klägers geschlossen. Das lässt jedenfalls keine schwerwiegenden Rechtsfehler erkennen.

13

b) Der Kläger hat auch keine Divergenz zum Urteil des FG Hamburg vom 8. April 2004 II 367/02 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1646) und zu den von ihm zitierten Entscheidungen des BFH i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Zur Darlegung einer Divergenz sind aus der Vorentscheidung einerseits und dem Urteil, von dem das FG abgewichen sein soll, andererseits, abstrakte Rechtssätze herauszuarbeiten und einander in der Weise gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 20. Juli 2011 IV B 19/10, BFH/NV 2011, 2077; vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234). Derartige Rechtssätze hat der Kläger aber nicht herausgearbeitet und einander gegenüber gestellt. Vielmehr argumentiert er mit dem Inhalt der vorgeblichen Divergenzentscheidungen und begründet damit seine Auffassung, dass das FG die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung unzutreffend auf den Streitfall angewandt habe. Damit macht er im Grunde die unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall geltend, die jedoch --wie bereits dargelegt-- nur dann zur Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führen kann, wenn ein Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen und greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung gerügt wird, der geeignet wäre, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2011, 2077; vom 4. November 2004 I B 43/04, BFH/NV 2005, 707; vom 5. Juli 2005 VI B 150/04, BFH/NV 2005, 2025).

14

3. Soweit der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Gestalt des Unterlassens einer Amtsermittlung rügt (zu den Darlegungsanforderungen vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43; vom 6. September 2006 VIII B 187/05, BFH/NV 2007, 74), ist dieser Verstoß nicht gegeben. Ausweislich des Sitzungsprotokolls (zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2010 zwar den zu den Gerichtsakten gereichten Beweisantrag gestellt. Das FG hat aber noch in der mündlichen Verhandlung die vom Kläger unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt. Weiter gehende Beweisanträge hat der Kläger nicht gestellt und auch nicht auf anderweitige Aufklärungsmaßnahmen hingewirkt, obwohl spätestens aufgrund des Beschlusses in der mündlichen Verhandlung erkennbar war, dass das FG eine weiter gehende Beweiserhebung oder weitere Aufklärungsmaßnahmen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht durchzuführen beabsichtigte. Gleichwohl hat der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG durch einen Steuerberater fachkundig vertretene Kläger rügelos zur Sache verhandelt und damit sein Rügerecht durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 2010 V B 10/10, BFH/NV 2011, 276; vom 27. August 2008 IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022). Auch fehlt der Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. September 2009 IX B 81/09, BFH/NV 2010, 50; in BFH/NV 2008, 2022; vom 15. März 2007 IX B 234/06, BFH/NV 2007, 1179).

15

Die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht greift auch deshalb nicht durch, weil es auf den Dienstausweis nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG nicht ankam (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92, unter 3.b; in BFH/NV 2005, 43, m.w.N.). Das FG ist aufgrund der festgestellten Kriterien und der Aussage der Zeugen von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen und davon, dass der Dienstausweis keine gestaltende Wirkung in Bezug auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit haben könne und ihm deswegen keine entscheidende Bedeutung mehr zukommen könne. Damit war eine weitere Sachaufklärung in Bezug auf den Dienstausweis für das FG nicht veranlasst und damit entbehrlich (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juni 2011 IX B 11/11, BFH/NV 2011, 1891). Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife der Klage herbeizuführen, hat das Gericht nur das aufzuklären, was aus seiner Sicht entscheidungserheblich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 23. September 2009 IV B 133/08, BFH/NV 2010, 52). Das ist auch nicht zu beanstanden, weil das FG seine Auffassung zum einen auf die zwischen dem Kläger und dem M geschlossenen Verträge gestützt hat, wonach die Vergütung des Klägers der Abnahme seiner Leistungen bedurfte, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sondern ein Sonderkündigungsrecht des M vorgesehen war, keine Versicherung bei Arbeitsunfällen bestand, keine Sozialversicherungspflicht bestehen sollte, keine Lohnsteuer einbehalten und kein persönliches oder wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zum M begründet werden sollte. Das FG hat seine Entscheidung darüber hinaus auf die Zeugenaussagen zu den Umständen der tatsächlichen Durchführung des Auftragsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem M gestützt. Es hat sich somit ausführlich inhaltlich mit den für oder gegen die Selbständigkeit sprechenden Kriterien auseinandergesetzt und konnte ohne Rechtsverstoß zu der Würdigung gelangen, dass es auf den Dienstausweis nicht entscheidungserheblich ankomme.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 165 Beweiskraft des Protokolls


Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 94


Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

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Gründe 1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. 2 1. Die Revisio

Bundesfinanzhof Urteil, 02. Sept. 2010 - V R 23/09

bei uns veröffentlicht am 02.09.2010

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob Zahlungen des Zweckverbands für Tierkörperbeseitigung in …. (Zweckverband) in den Streitjahren 1998 und 1999 an die Klägerin und Revisio

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Zahlungen des Zweckverbands für Tierkörperbeseitigung in …. (Zweckverband) in den Streitjahren 1998 und 1999 an die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für "ungedeckten Betriebsaufwand" der Umsatzsteuer unterliegen.

2

Die Klägerin, die B-GmbH & Co. KG, war in den Streitjahren Organträgerin in einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft. Organgesellschaft war die B-GmbH. Diese betrieb eine Tierkörperbeseitigungsanlage.

3

Mit Bescheid der Regierung X vom 29. April 1998 wurde nach Zustimmung des Zweckverbands vom 20. November 1997 der Klägerin und der Organgesellschaft auf deren Antrag gemeinsam die Beseitigungspflicht für Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse nach § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen vom 2. September 1975 (Tierkörperbeseitigungsgesetz) --TierKBG-- (BGBl I 1975, 2313) in der für die Streitjahre geltenden Fassung rückwirkend zum 1. Januar 1998 im gesetzlichen Einzugsbereich des Zweckverbands in vollem Umfang übertragen und damit der Zweckverband für die Dauer der Übertragung gemäß § 4 Abs. 4 TierKBG von seiner öffentlich-rechtlichen Beseitigungspflicht befreit. Die Genehmigung verweist insoweit auf einen zwischen der Klägerin und dem Zweckverband bestehenden und bis zum 31. Dezember 2002 dauernden Vertrag und weiter auf deren Vereinbarung, auf die Möglichkeit einer vertragsmäßigen Kündigung bis 2005 zu verzichten.

4

Der öffentlich-rechtliche "Vertrag gemäß § 4 Abs. 2 des Tierkörperbeseitigungsgesetzes" vom 8. Mai 1998 (Unternehmervertrag) zwischen der Klägerin, der Organgesellschaft und dem Zweckverband konkretisiert unter Hinweis darauf, dass der Klägerin die Aufgabe der Beseitigungspflicht durch die Regierung nach § 4 Abs. 2 TierKBG übertragen wird, im Einzelnen die Rechte und Pflichten der Vertragsbeteiligten im Zusammenhang mit der Übernahme der Beseitigungspflicht, insbesondere in § 2 ff. deren Umfang und die Art der Ausführung.

5

Da es dem Beseitigungspflichtigen, der für die Beseitigung von Tierkörpern und Ähnlichem von den Besitzern der Falltiere ein privatrechtliches Entgelt verlangen kann, im Falle der Beseitigung von Tierkörpern im Sinne des Viehseuchengesetzes, für die eine Abholpflicht besteht, gesetzlich versagt ist, von den Besitzern ein angemessenes Entgelt zu erheben, ersetzt die Tierseuchenkasse dem Beseitigungspflichtigen nach Art. 4 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum TierKBG Bayern auf Antrag zwei Drittel des nicht gedeckten Aufwands. Nach § 8 Abs. 2 des Vertrages vom 8. Mai 1998 erstattet der Zweckverband der Klägerin den Teil ihres ungedeckten Betriebsaufwands, in den Streitjahren ein Drittel, welcher von der Tierseuchenkasse anerkannt, jedoch weder von dieser noch einem Dritten erstattet wird.

6

Aufgrund § 8 Abs. 2 des Vertrages erhielt die Klägerin vom Zweckverband im Streitjahr 1998 einen Betrag von … DM und im Streitjahr 1999 einen Betrag von … DM. Die Klägerin behandelte die Zahlungen --wie auch die Erstattungen der Tierseuchenkasse-- als nicht steuerbare Zuschüsse.

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dieser Sachbehandlung zunächst. Im Anschluss an ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 26. Februar 2003 zur steuerlichen Behandlung des vom Zweckverband und der Tierseuchenkasse gezahlten Verlustausgleichs erließ das FA unter dem 4. Januar 2005 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, in denen es nunmehr die Zahlungen des Zweckverbands --"das letzte Drittel"-- als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt behandelte.

8

Der Einspruch der Klägerin war erfolglos. Das FA beurteilte die Zahlungen des Zweckverbands als Entgelt von dritter Seite gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) für die Beseitigungsleistungen der Klägerin gegenüber den andienungspflichtigen Besitzern der Falltiere.

9

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Seine Entscheidung ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 1972 ff. veröffentlicht.

10

Das FG bejahte einen Leistungsaustausch zwischen Klägerin und Zweckverband. Im Wesentlichen führte es aus, die Klägerin habe im Vertrag gegenüber dem Zweckverband die bisher dem Zweckverband obliegenden Beseitigungspflichten nach dem TierKBG übernommen. In unmittelbarem Zusammenhang damit stehe die Verpflichtung des Zweckverbands in § 8 Abs. 2 des Vertrages und die darauf beruhenden streitigen Zahlungen in Höhe eines Drittels des "ungedeckten Betriebsaufwandes". Dem stehe nicht entgegen, dass der Klägerin zuvor durch Bescheid vom 29. April 1998 die allgemeine Beseitigungspflicht für Tierkörper, Tierkörperteile übertragen worden sei. Dieser Bescheid könne nicht isoliert betrachtet werden, sondern sei "wesentliche Geschäftsgrundlage" des öffentlich-rechtlichen Vertrages und mit diesem verknüpft gewesen. Denn die beteiligten Firmen seien schon im Rahmen der dem Vertragsschluss vorausgehenden Ausschreibung verpflichtet gewesen, einen Antrag auf Übertragung der Beseitigungspflicht nach § 4 Abs. 2 TierKBG zu stellen.

11

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, der "Verlustausgleich" sei ein nicht steuerbarer Zuschuss. Im Übrigen habe ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch allenfalls zwischen ihr und den Besitzern der Falltiere, nicht aber zwischen ihr und dem Zweckverband vorgelegen.

12

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2006 aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 4. Januar 2005 sowie den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 4. Januar 2005 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer 1998 auf … € und die Umsatzsteuer 1999 auf … € herabgesetzt wird.

13

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

14

Nach den Feststellungen des FG habe die Klägerin vom Zweckverband im Wege des Leistungsaustausches die Beseitigungspflicht übernommen. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser Leistung und dem Verlustausgleich im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 2008 V R 38/06 (BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749) liege vor. Dies folge aus dem Unternehmervertrag.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin hat in den Streitjahren gegenüber dem Zweckverband in Erfüllung der vertraglich übernommenen Tierkörperbeseitigungspflicht sonstige Leistungen gemäß § 3 Abs. 9 Satz 1 und Satz 2 UStG erbracht und hierfür die streitigen Zahlungen des Zweckverbands als Entgelt erhalten.

16

1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

17

a) Nach ständiger Rechtsprechung erbringt ein Unternehmer Leistungen gegen Entgelt i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wenn zwischen ihm und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19. November 2009 V R 29/08, BFH/NV 2010, 701; vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.2.a, m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- und des BFH).

18

b) Für Leistungen an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gelten keine Besonderheiten.

19

Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann es zwar an dem für die Steuerbarkeit einer Leistung erforderlichen Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers allgemein --aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen-- dient und deshalb nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung an den Zahlenden steht (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2010, 701, und vom 27. November 2008 V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.1.c). Erbringt jedoch ein Unternehmer in Erfüllung eines gegenseitigen Vertrages mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Leistungen gegen Entgelt, ist grundsätzlich von einem steuerbaren Leistungsaustausch auszugehen (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 20/05, BFHE 219, 403, BStBl II 2009, 483, Leitsatz 1; vom 5. Dezember 2007 V R 63/05, BFH/NV 2008, 996; in BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749, unter II.3.a ee, und vom 18. Juni 2009 V R 4/08, BFHE 226, 382, BStBl II 2010, 310, unter II.2.a aa). Ohne Bedeutung ist, ob es sich bei der übernommenen Tätigkeit um eine grundsätzlich der betreffenden Körperschaften des öffentlichen Rechts obliegende Pflichtaufgabe handelt (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2010, 701; in BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749). Unerheblich ist auch, ob die Leistung dem Nutzen der Allgemeinheit dient, denn die Motive für die Begründung des Leistungsaustausches stellen den für den Leistungsaustausch erforderlichen Zusammenhang nicht in Frage (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 226, 382, BStBl II 2010, 310; in BFH/NV 2010, 701).

20

c) Ob die Voraussetzungen einer entgeltlichen Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, ist unabhängig von der Bezeichnung durch die Parteien allein nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 V R 34/03, BFHE 211, 59, BStBl II 2007, 66).

21

2. Das FG ist von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine tatsächliche und rechtliche Würdigung, die streitigen Zahlungen seien Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG) für die Beseitigung von Tierkörpern von Vieh im Sinne des Viehseuchengesetzes, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

a) Grundlage für die Leistungen der Klägerin durch Abholung und Beseitigung von Tierkörpern sowie für die streitigen Zahlungen des Zweckverbands ist die Vereinbarung der Klägerin mit dem Zweckverband im Unternehmervertrag vom 8. Mai 1998. In diesem Vertrag hat sich die Klägerin gegenüber dem Zweckverband verpflichtet, die Abholung und Beseitigung der Tierkörper nach näherer Maßgabe dieses Vertrages im eigenen Namen durchzuführen, und der Zweckverband hat sich in § 8 Abs. 2 bezüglich der Beseitigung von Tierkörpern von Vieh im Sinne des Viehseuchengesetzes zur Erstattung des von der Tierseuchenkasse nicht erstatteten Teiles des "ungedeckten Betriebsaufwandes" verpflichtet.

23

Das FG geht weiter davon aus, dass die Übertragung der Berechtigung, gegenüber Dritten als Beseitigungsverpflichteter aufzutreten, im Bescheid vom 29. April 1998 nicht isoliert zu betrachten ist, sondern dass die Beleihung und der Vertrag vom 8. Mai 1998 miteinander verknüpft sind. Es stützt dies auf die vorausgehende Ausschreibung, die Bezugnahme auf und die Verknüpfung mit den Vereinbarungen zwischen dem Zweckverband und der Klägerin im Beleihungsbescheid der Regierung einerseits und auf die Bezugnahme im Vertrag vom 8. Mai 1998 auf die Beleihung nach § 4 Abs. 2 TierKBG andererseits. Das FG geht weiter davon aus, dass die streitigen Zahlungen aufgrund § 8 Abs. 2 des Vertrages vom 8. Mai 1998 konkrete Leistungen --die Beseitigung von Tierkörpern von Vieh im Sinne des Viehseuchengesetzes-- betreffen, weil nach § 8 Abs. 2 des Vertrages der Zweckverband der Klägerin bzw. ihrer Organtochter den nicht bereits von der Tierseuchenkasse ersetzten Teil des "ungedeckten Betriebsaufwandes" für diese Tätigkeit "zuzüglich der Mehrwertsteuer" erstattet. Diese Vertragsauslegung des FG verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze; sie ist möglich und damit für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20, m.w.N.).

24

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Beurteilung der Frage, ob ein Leistungsaustausch im Sinne des UStG vorliegt, ohne Bedeutung, dass das mit dem Zweckverband vereinbarte Entgelt der Höhe nach von der Berechnung des "ungedeckten Betriebsaufwandes" durch die Tierseuchenkasse abhängt. Auch der Einwand der Klägerin, die Regelung im Unternehmervertrag habe letztlich nur deklaratorischen Charakter, weil eine Übertragung der Tierkörperbeseitigung im öffentlichen Interesse die Erstattung des nicht gedeckten Betriebsaufwandes erfordere, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

25

aa) Selbst der Umstand, dass eine Vergütung gesetzlich festgelegt ist, steht der Beurteilung als Entgelt nicht entgegen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 26. März 1987 Rs. 235/85, Kommission gegen Niederlande, Slg. 1987, 1471 Rdnr. 14 zu Art. 11 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG --Richtlinie 77/388/EWG--).

26

bb) Im Übrigen beruht die streitige Zahlung des letzten Drittels des "ungedeckten Betriebsaufwandes" auf einer freiwillig vom Zweckverband eingegangenen Verpflichtung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 25. April 1996  3 C 8/95, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Rechtsprechungs-Report 1998, 302, m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts) steht dem Beliehenen auf der Grundlage von § 16 TierKBG in Verbindung mit den landesrechtlichen Regelungen keine volle Kostendeckung, sondern lediglich ein gesetzlicher Anspruch auf "angemessenen" Verlustausgleich zu (vgl. auch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs --BayVGH-- vom 31. März 1999  25 B 95.3633, nicht veröffentlicht). Diesen gesetzlichen Anspruch konkretisiert Art. 4 Abs. 2 Satz 2 AGTierNebG dadurch, dass die Tierseuchenkasse einen Ausgleich von zwei Dritteln des ungedeckten Betriebsaufwands übernimmt.

27

cc) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Zahlungen deckten nicht den von ihr ermittelten Aufwand ab. Anders als z.B. die einkommensabhängigen Zahlungen der Leistungsempfänger in dem vom EuGH im Urteil vom 29. Oktober 2009 C-246/08, Kommission/Finnland (BFH/NV 2009, 2115) entschiedenen Sachverhalt, weisen die Zahlungen des Zweckverbands, weil sie sich auf den von der Tierseuchenkasse ermittelten und von deren Zahlungen nicht abgedeckten Betriebsaufwand beziehen, ebenso wie diese einen konkreten Bezug zu den tatsächlich von der Klägerin erbrachten Leistungen auf. Beide hängen einzig und allein von der Natur der erbrachten Tätigkeit und --wie die gesetzliche Verpflichtung zu einem "angemessenen Verlustausgleich" (vgl. Urteil des BayVGH 25 B 95.3633) belegt-- von deren konkretem Umfang ab. Das genügt.

28

c) Unerheblich ist entgegen der Auffassung der Klägerin, dass nicht gesondert über jede einzelne Tierkörperbeseitigung, sondern über die in einem bestimmten Zeitraum erbrachten Leistungen abgerechnet wird.

29

d) Das FG geht deshalb zu Recht davon aus, dass die Klägerin --auch-- mit der Beseitigung der Tierkörper von Tieren im Sinne des Viehseuchengesetzes im Interesse des Zweckverbands entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG erbracht hat.

30

3. Der Besteuerung steht nicht entgegen, dass die Klägerin diese Leistungen als beliehener Unternehmer erbracht hat.

31

Nach § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes handelt eine juristische Person des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer, soweit sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Gewalt ausübt. Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 14. Dezember 2000 C-446/98, Fazenda Pública, Slg. 2000, I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnr. 16, m.w.N.) legt der erkennende Senat den Begriff der öffentlichen Gewalt unter Beachtung des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform aus (zuletzt BFH-Urteil vom 15. April 2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, m.w.N.). Danach ist die Nichteinbeziehung wirtschaftlicher Tätigkeiten (entgeltlicher Leistungen) bei den Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt kumulativ von zwei Voraussetzungen abhängig, nämlich der Ausübung von Tätigkeiten durch eine öffentliche Einrichtung und der Vornahme dieser Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt (z.B. EuGH-Urteil vom 12. September 2000 C-359/97, Kommission/Großbritannien, Slg. 2000, I-6355, BFH/NV Beilage 2001, 25 Rdnr. 49, m.w.N.).

32

a) Eine Tätigkeit im Rahmen öffentlicher Gewalt setzt insbesondere voraus, dass die juristische Person (Einrichtung) des öffentlichen Rechts im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung und nicht unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer tätig ist (z.B. EuGH-Urteil Fazenda Pública in Slg. 2000, I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnr. 17, m.w.N.). Maßgeblich sind hierfür die im nationalen Recht vorgesehenen Ausübungsmodalitäten. Dabei kann das Gebrauchmachen hoheitlicher Befugnisse für eine einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung unterliegenden Tätigkeit sprechen (EuGH-Urteil Fazenda Pública in Slg. 2000, I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnrn. 21 f.).

33

Unerheblich sind demgegenüber Gegenstand oder Zielsetzung der Tätigkeit (EuGH-Urteil Fazenda Pública in Slg. 2000, I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnr. 19, m.w.N.). Es ist daher ohne Belang, ob die juristische Person des öffentlichen Rechts durch ihre Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnimmt, die ihr aus Gründen des Gemeinwohls und unabhängig von jedem unternehmerischen oder geschäftlichen Ziel durch Gesetz zugewiesen sind (EuGH-Urteil Kommission/Finnland in BFH/NV 2009, 2115 Rdnr. 40; BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574).

34

b) Dass eine entgeltliche Tätigkeit einer privaten Person --wie hier der Klägerin-- auch dann der Umsatzsteuer unterliegt, wenn sie in der Vornahme von an sich der öffentlichen Gewalt vorbehaltenen Handlungen besteht, haben der EuGH und der BFH bereits wiederholt entschieden (vgl. EuGH-Urteile Kommission gegen Niederlande in Slg. 1987, 1471 Rdnrn. 18 ff., für Notare und Gerichtsvollzieher; vom 25. Juli 1991 Rs. C-202/90, Ayuntamiento de Sevilla, Slg. 1991, I-4247, Rdnrn. 17 ff., zu Steuereinnehmern; vom 12. September 2000 C-359/97, Slg. 2000, I-6355, BFH/NV Beilage 2001, 25, betreffend Straßenbenutzung gegen Maut; vgl. BFH-Urteile vom 29. Juni 2000 V R 28/99, BFHE 191, 468, BStBl II 2000, 597, unter II.1.a bb; vom 25. März 1993 V R 84/89, BFH/NV 1994, 59, unter II.2.b zur Übernahme der Luftaufsicht auf einem Flugplatz; vom 18. Januar 1995 XI R 71/93, BFHE 177, 154, BStBl II 1995, 559, unter II.1.c zum Betrieb einer Rettungswache, und vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, unter III.5. zu Rundfunkermittlern; offen gelassen BFH-Urteil vom 23. Juli 2009 V R 93/07, BFHE 226, 435). Eine öffentliche Beleihung oder "Bestallung" (EuGH-Urteil C-359/97 in Slg. 2000, 6355, BFH/NV Beilage 2001, 25 Rdnr. 55) allein, aufgrund der ein privater Unternehmer bei der Vornahme von Amtshandlungen öffentliche Gewalt ausübt, erlaubt nicht die Nichteinbeziehung der wirtschaftlichen Tätigkeit in die Steuerpflicht, wenn der Unternehmer die Tätigkeiten mangels Eingliederung in die öffentliche Verwaltung nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts, sondern in Form einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt (EuGH-Urteile C-359/97 in Slg. 2000, I-6355, BFH/NV Beilage 2001, 25 Rdnr. 55, und Kommission gegen Niederlande in Slg. 1987, 1471 Rdnr. 22; vgl. auch Bundesgerichtshof, Urteil vom 1. Oktober 2009 VII ZR 183/08, Umsatzsteuer-Rundschau 2010, 737), wie z.B. im Rahmen eines freien Berufes oder --wie im Streitfall die Klägerin-- im Rahmen einer (selbständigen) gewerblichen Tätigkeit.

35

c) Das FG hat daher zu Recht entschieden, dass --entgegen einer z.T. vertretenen Auffassung (z.B. Lange/Spills, Umsatzsteuer-Rundschau 2006, 7)-- die Zahlungen für die Tierkörperbeseitigung unabhängig davon, ob der Unternehmer lediglich aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages (vgl. dazu bereits BFH-Urteile vom 4. Juni 1992 V R 31/88, BFH/NV 1993, 276; vom 4. Juni 1992 V R 22/90, BFH/NV 1993, 200) oder als beliehener Unternehmer tätig war, der Umsatzsteuer unterliegen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist ungeachtet der erheblichen Zweifel an der Zulässigkeit jedenfalls unbegründet.

2

Die Revision war nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

3

a) Wird die Zulassung der Revision begehrt, weil das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen sein soll, so muss die behauptete Divergenz in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Art und Weise dargelegt werden. Zur Darlegung einer Divergenz sind aus der Vorentscheidung einerseits und dem Urteil, von dem das Finanzgericht (FG) abgewichen sein soll, andererseits, abstrakte Rechtssätze herauszuarbeiten und einander in der Weise gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschluss vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234).

4

Mit der Beschwerde macht die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend, die Vorentscheidung weiche von dem BFH-Urteil vom 24. Juni 1960 VI 270/58 (Der Betrieb --DB-- 1960, 1412) ab, weil das FG bezüglich der Frage des Mitwirkungs- und Ermittlungsverschuldens zu dem Schluss gekommen sei, es liege ein Verschuldensüberhang auf der Klägerseite vor.

5

In der Beschwerdeschrift gibt die Klägerin die Urteilsbegründung der Vorinstanz teilweise wieder, indem sie ausführt, das FG sei davon ausgegangen, der Verzicht auf einen ausdrücklichen Hinweis auf die Übergabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in der Steuererklärung stelle einen so eklatanten Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht dar, dass dieser eine mögliche Verletzung von Ermittlungspflichten durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) überwiege. In diesem Zusammenhang habe sich das FG im Wesentlichen auf die BFH-Urteile vom 10. April 1997 IV R 47/96 (BFH/NV 1997, 757) und vom 4. März 1999 II R 79/97 (BFH/NV 1999, 1301) gestützt, aus denen sich ergebe, dass die mangelnde Mitwirkung des Steuerpflichtigen "in der Regel" zu einer Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) führe. Die Formulierung "in der Regel" lasse auf mögliche Ausnahmen schließen. Eine dieser Ausnahmen habe der BFH in seiner Entscheidung in DB 1960, 1412, vorgegeben. Hier habe der BFH das Überwiegen der Verletzung der Ermittlungspflichten durch das FA unter den Vorbehalt gestellt, dass der Steuerpflichtige seine Steuererklärung --wie im Streitfall-- vollständig und richtig ausgefüllt habe. Sodann führe der BFH aus, ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht, der den Verstoß des FA gegen die Ermittlungspflicht überwiege, liege selbst dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Umstände der Betriebsübergabe nicht mitgeteilt habe. Denn in diesem Fall habe das FA die Möglichkeit gehabt, sich hierüber durch eine Rückfrage Kenntnis zu verschaffen. Etwas anderes gelte nur, wenn der Steuerpflichtige das FA bewusst über die Umstände der Betriebsübergabe im Unklaren gelassen habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil der Rechtsvorgänger der Klägerin davon ausgegangen sei, dass sich das der durch das FA angesetzten Entnahme zugrunde liegende Grundstück im Zeitpunkt der Betriebsübergabe bereits im Privatvermögen befunden habe.

6

Mit diesem Vorbringen ist eine Divergenz bereits nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Art und Weise dargelegt. Die Klägerin hat aus der Vorentscheidung keinen Rechtssatz herausgearbeitet und einem in der zitierten BFH-Entscheidung enthaltenen Rechtssatz gegenübergestellt. Vielmehr argumentiert sie mit dem Inhalt der vorgeblichen Divergenzentscheidung und begründet damit ihre Auffassung, dass das FG die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung unzutreffend auf den Streitfall angewandt habe. Damit macht sie im Grunde die unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall geltend, die jedoch nur dann zur Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führen kann, wenn ein Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen und greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung gerügt wird, der geeignet wäre, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. November 2004 I B 43/04, BFH/NV 2005, 707, und vom 5. Juli 2005 VI B 150/04, BFH/NV 2005, 2025). Diese Voraussetzungen hat die Klägerin in der Beschwerdeschrift nicht dargelegt.

7

b) Im Übrigen könnte die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg haben. Die Entscheidung des BFH in DB 1960, 1412, enthält den Rechtssatz, dass Tatsachen, die das FA zwar nicht gekannt habe, bei gehöriger Erfüllung seiner Aufklärungspflicht aber gekannt hätte, nicht als neu i.S. des § 222 --jetzt § 173-- AO gelten. Dieser Rechtssatz ist nach den Ausführungen in der Entscheidung jedenfalls dann anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige zunächst seiner Mitwirkungspflicht in der Weise nachgekommen ist, dass er insbesondere seine Steuererklärung vollständig und richtig ausgefüllt hat. Weder hat der BFH in dem Urteil hingegen den Rechtssatz aufgestellt, die Verletzung der Ermittlungspflicht durch das FA überwiege das Verschulden des Steuerpflichtigen aufgrund mangelnder Mitwirkung in jedem Fall, wenn das FA bei Anhaltspunkten für eine Betriebsübergabe keine weiteren Ermittlungen anstelle, noch hat er eine generelle Ausnahme hiervon für den Fall einer bewusst unvollständigen Erklärung durch den Steuerpflichtigen statuiert. Vielmehr enthalten die weiteren Ausführungen in der Entscheidung eine Abwägung zwischen dem Grad der Verletzung der Erklärungspflicht durch den Steuerpflichtigen und der Ermittlungspflicht durch das FA. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall kommt der BFH dabei zu dem Schluss, dass eine Rückfrage nach den Bedingungen der Betriebsübergabe nahe gelegen hätte und lässt aus diesem Grund das Verschulden des FA überwiegen.

8

Da das FG der Vorentscheidung die in der vorgeblichen Divergenzentscheidung enthaltenen Rechtssätze unter Hinweis auf die jüngere BFH-Rechtsprechung zugrunde gelegt hat (vgl. unter II.1.d der Urteilsgründe), liegt eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht vor.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2, Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen, da die geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Dezember 2008 XI R 23/08 (BFHE 224, 162, BStBl II 2010, 208) nicht vorliegt. Der BFH hat in diesem Urteil unter II.2. ausgeführt, dass nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung die langfristige Vermietung eines Turnhallengebäudes samt Betriebsvorrichtungen an einen einzigen Vertragspartner jedenfalls keine einheitliche steuerpflichtige Leistung ist. Sie sei mit den Umsätzen des Betreibers einer Sportanlage, der eine Vielzahl von unterschiedlichen Leistungen erbringt, nicht vergleichbar, da bei der Vermietung eines Turnhallengebäudes samt Betriebsvorrichtungen die "passive" Zurverfügungstellung des Gebäudes samt Betriebsvorrichtung und damit die steuerfreie Grundstücksvermietung der Leistung das maßgebliche Gepräge gibt.

3

Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das BFH-Urteil in BFHE 224, 162, BStBl II 2010, 208 darauf gestützt, dass der im vorliegenden Fall streitige Betrieb eines Golfplatzes nicht nur die passive Zurverfügungstellung eines Geländes, sondern eine Vielzahl weiterer Tätigkeiten umfasse. Somit liegt die geltend gemachte Abweichung nicht vor, da der vom FG beurteilte Sachverhalt sich in so bedeutsamer und wesentlicher Weise von dem Sachverhalt der angeblichen Divergenzentscheidung unterscheidet, dass durch einen vom BFH in der angeblichen Divergenzentscheidung aufgestellten Rechtssatz der Sachverhalt des FG nicht als mitentschieden gelten kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juni 2008 XI B 201/07, nicht veröffentlicht).

4

2. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Gestalt des Unterlassens einer Amtsermittlung rügt, ist dieser Verstoß nicht gegeben. Ausweislich des Sitzungsprotokolls (zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung weder einen Beweisantrag gestellt noch auf ihn oder anderweitige Aufklärungsmaßnahmen hingewirkt, obwohl spätestens aufgrund der Ladung erkennbar war, dass das FG eine mögliche Beweiserhebung oder weitere Aufklärungsmaßnahmen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht durchzuführen beabsichtigte. Gleichwohl hat die --in der mündlichen Verhandlung vor dem FG durch einen Steuerberater fachkundig vertretene-- Klägerin rügelos zur Sache verhandelt und damit ihr Rügerecht durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. August 2008 IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022, m.w.N.).

5

3. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es bleibt dahingestellt, ob ihre Begründung den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind jedenfalls nicht gegeben.

2

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Auf die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es im Streitfall nicht an; auch hat das Finanzgericht (FG) die vom Kläger behaupteten Rechtssätze zu einer "bipolaren Persönlichkeitsstörung" bzw. zu einer "psychophysischen Erkrankung" nicht aufgestellt. Vielmehr hat das FG in der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2010 aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens einschließlich Beweisaufnahme die volle Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) gewonnen, dass der Kläger in der (ersten) mündlichen Verhandlung am 15. April 2010 verhandlungs- und prozessfähig gewesen war und so für die Streitjahre (1996, 1997) wirksame Erklärungen zur tatsächlichen Verständigung und zur Erledigung der Rechtsstreite hat abgeben können. Im Übrigen entscheidet nicht der Sachverständige oder Arzt (bzw. deren Gutachten) über die Rechtsfrage der Prozessfähigkeit abschließend, sondern das Gericht nach seiner freien Überzeugung in Würdigung des gesamten Prozessstoffes (im Wege des Freibeweises; vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. September 2005 IX B 87/05, BFH/NV 2006, 94) und unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 1988  5 B 123/86, Buchholz 310 § 62 VwGO Nr. 20). Dabei sind in solchen Fällen gerade die besonderen Umstände des Einzelfalls --hier in der Person des Klägers (und seinem Verhalten)-- zu berücksichtigen, die generell nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO sind.

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2. Die geltend gemachten Verfahrensfehler sind nicht gegeben.

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a) Die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das FG als (verzichtbaren) Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Gestalt der Nichteinholung eines (aktuellen?) Sachverständigen-Gutachtens greift nicht durch. Der in der (zweiten) mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2010 anwaltlich vertretene Kläger hat eine solche Einholung zwar nicht beantragt, aber zumindest angeregt. Indes kam es darauf nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92, unter 3.b; vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.) nicht an. Denn angesichts der vorgelegten Unterlagen, der Einvernahme des den Kläger behandelnden Arztes als (sachverständigen) Zeugen und dem tatsächlichen Verhalten des Klägers in der (ersten) mündlichen Verhandlung am 15. April 2010 war eine weitere Sachaufklärung durch Einholung eines --im Gegensatz zu den vorliegenden (zeitnahen) Unterlagen und Aussagen weniger aktuellen-- Sachverständigen-Gutachtens für das FG nicht veranlasst und damit entbehrlich.

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b) Auch der weitere geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der fehlenden Feststellung zur Prozessfähigkeit (§ 58 Abs. 1 FGO) des Klägers in der (ersten) mündlichen Verhandlung am 15. April 2010 ist nicht gegeben.

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Nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 FGO sind alle nach bürgerlichem Recht geschäftsfähigen Personen prozessfähig. Die Prozessfähigkeit eines Beteiligten ist als Sachentscheidungsvoraussetzung und zugleich Prozesshandlungsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (§ 58 Abs. 2 Satz 2 FGO i.V.m. § 56 Abs. 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--; vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. Juli 1999 III B 22/99, BFH/NV 1999, 1628; in BFH/NV 2006, 94, m.w.N.).

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Diese Prüfung war im Streitfall angesichts des Vorlaufs zur mündlichen Verhandlung am 15. April 2010 entbehrlich; einer ausdrücklichen Feststellung im Sitzungsprotokoll (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 160 ZPO) bedurfte es daher nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die beim Kläger "seit längerem bestehende bipolare Persönlichkeitsstörung" als gerichtsbekannte Tatsache anzusehen ist. Denn die bis zur (ersten) mündlichen Verhandlung am 15. April 2010 eingereichten ärztlichen Atteste haben jedenfalls zur Verhandlungs- und Prozessfähigkeit des Klägers (für den 15. April 2010) keine Aussage getroffen; darauf wurde der Kläger mit FG-Schreiben vom 29. März 2010, also rechtzeitig vor der ersten mündlichen Verhandlung, hingewiesen. An diesem Status hatte sich auch bis zum Beginn dieser mündlichen Verhandlung und in dessen Verlauf nichts geändert.

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Die entsprechende (Über-)Prüfung hat das FG, nachdem der Kläger die Unwirksamkeit seiner Erledigungserklärung geltend gemacht hatte, in der (zweiten) mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2010 durchgeführt. Es ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens zu der Überzeugung und damit der positiven Feststellung gelangt, dass der Kläger in der (ersten) mündlichen Verhandlung am 15. April 2010 verhandlungs- und prozessfähig gewesen war und so für die Streitjahre (1996, 1997) wirksame Erklärungen zur tatsächlichen Verständigung und zur Erledigung der Rechtsstreite hat abgeben können (s. unter 1.). Diese Feststellung wäre auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.