Bundesfinanzhof Urteil, 03. März 2011 - IV R 10/08

bei uns veröffentlicht am03.03.2011

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GbR, erwarb am 3. Februar 1992 von der Treuhandanstalt ein unbebautes Grundstück für etwa 2 Mio. DM.

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Mit Vertrag vom 20. Juni 1994 beauftragte die Klägerin einen Generalunternehmer mit der Errichtung eines Bürogebäudes auf dem Grundstück. Baubeginn war der 1. Juli 1994. Bereits im Februar 1994 waren Mietverträge über einen Großteil der Büroräume geschlossen.

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Das Bauvorhaben wurde mit einem Darlehen vom 2. September 1994 in Höhe von 23 Mio. DM finanziert. Die Darlehenssumme war bis zum 31. Mai 1995 zurückzuzahlen. Als Verwendungszweck ist in dem Darlehensvertrag die "Vorfinanzierung des beantragten Hypothekendarlehens in gleicher Höhe" angegeben. Zudem wurde vereinbart, dass die Darlehenssumme durch Auszahlung des beantragten Hypothekendarlehens zurückgeführt werden soll.

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Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 22. Oktober 1994 veräußerte die Klägerin den größten Teil des Grundstücks an einen Immobilienfonds für etwa 30 Mio. DM zuzüglich Umsatzsteuer. Ein erstes Kaufangebot hatte der Erwerber am 22. September 1994 abgegeben, nachdem der Makler der Klägerin zuvor eigenständig nach einem Käufer gesucht hatte, ohne hierzu von der Klägerin beauftragt gewesen zu sein. Das Gebäude befand sich zu diesem Zeitpunkt im Rohbau. In dem Kaufvertrag verpflichtete sich die Klägerin zur Fertigstellung des Gebäudes nach den bereits vorliegenden Plänen; der Erwerber griff in die Bauausführung nicht mehr ein. Außerdem garantierte die Klägerin eine vollständige Vermietung und übernahm Gewährleistungspflichten für die Bauausführung.

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Die Klägerin erklärte für das Streitjahr 1994 (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das damals zuständige Finanzamt folgte dem zunächst, sah aber im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Vorgänge um den Ankauf, die Bebauung und den Verkauf des Grundstücks als gewerbliche Tätigkeit an.

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Nach im Wesentlichen erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Die Klägerin habe die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten, weil sie von Beginn der Bebauung an eine bedingte Veräußerungsabsicht gehabt habe. Sie habe das im Rohbau vorhandene Gebäude für den Erwerber bauträgerähnlich fertig gebaut und dabei Gewährleistungspflichten und das Vermietungsrisiko übernommen. Die Errichtung sei kurzfristig vollständig fremdfinanziert worden. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse habe die Klägerin zudem aufgrund der zahlreichen Aktivitäten bei der Errichtung des Gebäudes nachhaltig gehandelt.

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Entgegen der Auffassung des FG sei für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels bei Unterschreiten der Drei-Objekt-Grenze eine unbedingte Veräußerungsabsicht bei Erwerb oder spätestens bei Bebauung des Grundstücks erforderlich. Diese habe im Streitfall zu diesen Zeitpunkten nicht vorgelegen.

8

Nach Ergehen der Vorentscheidung hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Feststellungsbescheid für 1994 mit Bescheid vom 15. März 2006 aus hier nicht streitigen Gründen geändert.

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Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung, den Feststellungsbescheid für 1994 vom 15. März 2006 sowie die geänderten Feststellungsbescheide für 1994 vom 15. Dezember 1999 und vom 27. Januar 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2003 aufzuheben.

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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Die Revision führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung. Da nach Ergehen der Vorentscheidung ein Änderungsbescheid ergangen ist, ist das Urteil des FG gegenstandslos geworden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juli 2010 IV R 29/07, BFHE 230, 215). Der Senat entscheidet über die Klage gegen den gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gewordenen Feststellungsbescheid für 1994 vom 15. März 2006. Einer Zurückverweisung nach § 127 FGO bedarf es nicht, weil sich durch den Änderungsbescheid der Streitstoff nicht verändert hat.

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2. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 15. März 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Er ist antragsgemäß aufzuheben. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Grenze der privaten Vermögensverwaltung bereits dann überschritten werde, wenn der Steuerpflichtige bei Erwerb oder Bebauung des Grundstücks eine bedingte Veräußerungsabsicht gehabt hat. Vielmehr ist zu diesen Zeitpunkten eine unbedingte Veräußerungsabsicht erforderlich. Die Feststellungen des FG lassen die abschließende Beurteilung zu, dass die Klägerin das Grundstück nicht mit unbedingter Veräußerungsabsicht erworben und bebaut hat.

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a) Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit anzusehen ist. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf.

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b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn (bei Vorliegen der in § 15 Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen) nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617; vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).

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Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat der BFH mit Urteil vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82 (BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244) die sogenannte Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Danach ist regelmäßig von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert werden.

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Der Drei-Objekt-Grenze kommt allerdings nur Indizwirkung zu. Ein gewerblicher Grundstückshandel kann auch dann zu bejahen sein, wenn --wie im Streitfall-- weniger als vier Objekte veräußert werden, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn innerhalb kurzer Zeit wieder zu verkaufen (BFH-Urteile vom 18. September 2002 X R 183/96, BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238; vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294; vom 27. November 2008 IV R 38/06, BFHE 223, 476, BStBl II 2009, 278; vom 17. Dezember 2008 IV R 85/06, BFHE 224, 84, BStBl II 2009, 795). Der unbedingte Veräußerungsentschluss muss im Fall der Bebauung eines danach verkauften Grundstücks spätestens in dem Zeitpunkt gefasst sein, in dem sich der Steuerpflichtige rechtlich bindet, etwa durch Abschluss der auf die Bebauung gerichteten Verträge (BFH-Urteile vom 28. April 2005 IV R 17/04, BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606; in BFHE 223, 476, BStBl II 2009, 278; vom 17. Dezember 2008 IV R 77/06, BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791; vom 19. Februar 2009 IV R 12/07, BFH/NV 2009, 926; vom 16. September 2009 X R 48/07, BFH/NV 2010, 212; vom 19. Oktober 2010 X R 41/08, BFH/NV 2011, 245).

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Demgegenüber hat das FG zu Unrecht die Auffassung vertreten, der Bereich der privaten Vermögensverwaltung könne --auch bei Nichtüberschreiten der Drei-Objekt-Grenze-- schon dann verlassen sein, wenn der Steuerpflichtige beim Erwerb oder der Bebauung des Grundstücks jedenfalls eine bedingte Veräußerungsabsicht gehabt hat. Die Bedeutung der bedingten Veräußerungsabsicht erschöpft sich darin, dem Einwand des Steuerpflichtigen entgegenzutreten, er habe trotz Verkaufs von mehr als drei Objekten in einem Zeitraum von fünf Jahren beim Erwerb oder der Bebauung die Absicht gehabt, diese im Wege der Vermögensverwaltung (Selbstnutzung oder Vermietung) zu nutzen (BFH-Urteile vom 15. April 2004 IV R 54/02, BFHE 206, 90, BStBl II 2004, 868; in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791; in BFH/NV 2009, 926; vom 19. Februar 2009 IV R 8, 9/07, BFH/NV 2009, 923).

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c) Das FG hätte daher im Streitfall prüfen müssen, ob die Klägerin das Grundstück mit unbedingter Veräußerungsabsicht erworben oder bebaut hat.

19

Auf das Bestehen einer unbedingten Veräußerungsabsicht bei Veräußerung von weniger als vier Objekten kann beispielsweise geschlossen werden, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft oder von vornherein auf Rechnung und nach den Wünschen des Erwerbers bebaut wird (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.5.). Der Veräußerer wird --sofern er das Grundstück für den Erwerber bebaut-- wie ein Bauunternehmer, Generalübernehmer oder Baubetreuer und damit gewerblich tätig, wenn der Entschluss zur Veräußerung spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses der auf die Bebauung gerichteten Verträge gefasst worden ist (BFH-Urteil in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791).

20

Daneben hat die Rechtsprechung weitere Kriterien entwickelt (vgl. zusammenfassend: BFH-Urteile in BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238, und in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791). Für eine unbedingte Veräußerungsabsicht sprechen danach insbesondere die nur kurzfristige Finanzierung des Vorhabens (vgl. BFH-Urteil in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791) sowie Veräußerungsbemühungen durch Zeitungsanzeigen oder Beauftragung eines Maklers (vgl. BFH-Urteile in BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294, und in BFH/NV 2009, 923).

21

Auf eine unbedingte Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs oder des Bauauftrags kann hingegen nicht allein aus einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den jeweiligen Aktivitäten geschlossen werden. Auch bei einer kurzen Zeitspanne zwischen Erwerb, Bebauung und Veräußerung kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Steuerpflichtige seinen Veräußerungsentschluss kurzfristig gefasst hat. Sie kann nur neben anderen Umständen als Indiz für die unbedingte Veräußerungsabsicht sprechen (BFH-Urteile in BFHE 223, 476, BStBl II 2009, 278, und in BFH/NV 2009, 923, jeweils zu Veräußerungen innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Bauvertrags; allgemein bereits: Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.4.). Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige sein Grundstück nach Abschluss des Bauvertrags mit einem von ihm lediglich teilweise fertig gestellten Gebäude veräußert (BFH-Urteil vom 18. August 2009 X R 41/06, BFH/NV 2010, 38).

22

Auch wird die Grenze der privaten Vermögensverwaltung nicht deshalb überschritten, weil sich der Steuerpflichtige gegenüber dem Erwerber zusätzlich zur Fertigstellung des Gebäudes verpflichtet. Das Bebauen des eigenen Grundstücks mit einem Gebäude einschließlich der damit zusammenhängenden Tätigkeiten (z.B. Planung und Finanzierung) ist so wenig wie der Erwerb von Grundbesitz kennzeichnend dafür, dass eine Nutzung des Grundstücks durch künftige Vermietung nicht beabsichtigt ist (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.4.). Mit der Fortsetzung der Bebauung führt der Steuerpflichtige nur das zu Ende, was er auch ohne die zwischenzeitliche Veräußerung getan hätte.

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Der Steuerpflichtige wird dagegen --wie sich auch aus den oben genannten Maßstäben ergibt-- wie ein Bauunternehmer, Generalübernehmer oder Baubetreuer gewerblich tätig, wenn er das Grundstück bereits vor dem rechtsverbindlichen Abschluss des Bauvertrags veräußert hat und sich gegenüber dem Erwerber zur Errichtung verpflichtet (vgl. BFH-Urteile in BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606; vom 1. Dezember 2005 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259). In diesem Fall kann nämlich --anders als bei Veräußerung nach Abschluss des Bauvertrags-- die Bebauung nach den Wünschen des Erwerbers noch ohne Weiteres geändert werden. Die Grenze der privaten Vermögensverwaltung wird bei der Übernahme der weiteren Bebauung gegenüber dem Erwerber allenfalls dann überschritten, wenn das Gebäude noch während der Bauausführung derart zugunsten des Erwerbers umgestaltet wird, dass die Fortsetzung der Bautätigkeit als ein neuer Baubeginn auf Rechnung und nach den Wünschen des Erwerbers erscheint.

24

d) Die tatrichterlichen Feststellungen des FG lassen anhand der vorstehenden Kriterien die abschließende Beurteilung zu, dass die Klägerin das Grundstück nicht mit unbedingter Veräußerungsabsicht erworben oder bebaut hat.

25

Die Klägerin hat den Generalunternehmervertrag zur Errichtung des Gebäudes am 20. Juni 1994 abgeschlossen. Erst gut drei Monate später, am 22. September 1994, ist ihr das Kaufangebot des Immobilienfonds unterbreitet worden. Selbst wenn sie sich sofort zum Verkauf entschlossen haben sollte, wäre die unbedingte Veräußerungsabsicht erst nach Abschluss des Generalunternehmervertrags gefasst worden.

26

Es spricht nichts dafür, dass sich die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt, d.h. vor Abschluss des Generalunternehmervertrags, um eine Veräußerung bemüht hat. Nach den unwidersprochenen Feststellungen des FG hat die Klägerin ihren Makler lediglich mit der Suche nach Mietern beauftragt. Dieser hat dagegen auf eigene Initiative einen Käufer gesucht und ist erst anschließend mit dem Interessenten an die Klägerin herangetreten (vgl. zu ähnlichen Sachverhalten auch BFH-Urteile in BFH/NV 2009, 923, und in BFH/NV 2010, 38).

27

Eine unbedingte Veräußerungsabsicht ergibt sich nicht aus der zunächst nur kurzfristigen (vollständigen) Finanzierung des Bauvorhabens. Die Indizwirkung greift ausnahmsweise nicht, wenn sich --wie im Streitfall-- aus dem Darlehensvertrag eindeutig ergibt, dass das kurzfristige Darlehen unmittelbar nach seiner Fälligkeit von einem bereits bei demselben Kreditinstitut beantragten langfristigen Darlehen gleicher Höhe abgelöst werden soll.

28

Die Klägerin hat das Gebäude nicht nach den Wünschen des Immobilienfonds fertig gestellt, sondern die eigene ursprüngliche Planung beibehalten, so dass die Vollendung des Gebäudes nicht als neuer Baubeginn nach den Wünschen des Erwerbers gewertet werden kann. Der Erwerber hat nicht mehr in die Bauausführung eingegriffen.

29

Die Übernahme der Gewährleistung und die Mietgarantie durch die Klägerin im Kaufvertrag lassen im Streitfall demgegenüber nicht auf eine bereits bei Erwerb oder Bebauung vorliegende unbedingte Veräußerungsabsicht schließen (vgl. zur Indizwirkung BFH-Urteil in BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238; dagegen Kempermann, Deutsches Steuerrecht 2009, 1725). Solche Modalitäten des Kaufvertrags mit dem Erwerber berühren grundsätzlich nur die Vorteilhaftigkeit des Rechtsgeschäfts für die Beteiligten. Als Indiz für eine unbedingte Veräußerungsabsicht können diese Vereinbarungen nur herangezogen werden, wenn der Steuerpflichtige diese zusätzlichen Pflichten hinnehmen musste, um das Grundstück überhaupt verkaufen zu können. Davon kann aber im Streitfall bei einem Gewinn der Klägerin von über 4 Mio. DM aus diesem Grundstücksgeschäft keine Rede sein.

30

Da die Klägerin schon die Grenze der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie auch nachhaltig tätig war.

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(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin eine OHG ist. Kommanditisten der Klägerin waren neben der D-GmbH eine Stiftung, vier Kommanditgesellschaften, eine weitere GmbH und natürliche Personen. Die Klägerin ist gewerblich tätig und hält Beteiligungen an zahlreichen Kapitalgesellschaften.

2

Mit Ausnahme der D-GmbH veräußerten sämtliche Kommanditisten der Klägerin ihre Kommanditanteile, die etwa 80 % des Kapitals der Klägerin entsprachen, an die A-GmbH:

3

Im Juli 2001 schlossen alle Kommanditisten der Klägerin mit Ausnahme der D-GmbH eine Gesellschaftervereinbarung zur Vorbereitung auf einen angestrebten Verkauf der Kommanditanteile. Sie beauftragten einen Lenkungsausschuss mit dem Abschluss eines Anteilsverkaufvertrages im Namen der Gesellschafter unter Vorbehalt eines nachträglichen Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung.

4

Am 5. August 2001 wurde zwischen dem Lenkungsausschuss im Namen der veräußernden Kommanditisten, der Klägerin, der A-GmbH und der C-S.A./N.V. ein Vertrag ("Sale Agreement") geschlossen. Dieser sieht die dingliche Abtretung der Kommanditanteile frühestens für den 1. Februar 2002 vor (Klausel 15.1 des Vertrages). Er steht unter der aufschiebenden Bedingung einer mehrheitlichen Zustimmung der Kommanditisten (Klausel 16.1 des Vertrages). Nach Klausel 23.1 findet auf den Vertrag deutsches Recht Anwendung.

5

Am 1. September 2001 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Klägerin statt. Diese stimmte dem Kaufvertrag vom 5. August 2001 und der beabsichtigten Abtretung der Kommanditanteile zu.

6

Die Abtretung der Gesellschaftsanteile erfolgte am 1. Februar 2002.

7

In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr (2002) erklärte die Klägerin u.a. Veräußerungsgewinne i.S. des § 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 --StBAÄG-- (BGBl I 2002, 2715; im Folgenden GewStG n.F.) in Höhe von … €. Erklärungsgemäß setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Gewerbesteuermessbetrag fest.

8

Die Klägerin machte mit ihrem Einspruch geltend, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei verfassungswidrig. Weiterhin sei der Bescheid auch insoweit rechtswidrig, als der Veräußerungsgewinn ohne Berücksichtigung des § 3 Nr. 40 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG) und des § 8b Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (KStG) der Gewerbesteuer unterworfen worden sei.

9

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

10

Die Klage war insoweit erfolgreich, als im Rahmen des § 7 GewStG n.F. die Vorschriften des § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG und des § 8b Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 KStG zu berücksichtigen seien. Im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab.

11

Das FG hielt in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1720 veröffentlichten Urteil die Einbeziehung des Veräußerungsgewinns nach § 7 Satz 2 GewStG n.F. nicht für verfassungswidrig.

12

Während des Revisionsverfahrens hat das FA den angegriffenen Bescheid mit Bescheiden vom 28. November 2007, vom 20. Mai 2008 und vom 28. April 2010 geändert; dabei hat das FA u.a. den teilweisen Klageerfolg der Klägerin berücksichtigt; die Änderungen betreffen nicht das Revisionsverfahren.

13

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sie ist weiterhin der Auffassung, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei verfassungswidrig.

14

Die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 28. April 2010 dahin zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2002 ohne Einbeziehung der von den Kommanditisten erzielten Veräußerungsgewinne festgesetzt wird.

15

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

II. A. Das angegriffene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da die während des Revisionsverfahrens ergangenen Bescheide an die Stelle des angegriffenen Bescheides getreten sind. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

17

Die Bescheide vom 28. November 2007, vom 20. Mai 2008 und vom 28. April 2010 sind nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben haben und die Klägerin auch keinen weitergehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO (BFH-Urteil in BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

18

B. Die Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 28. April 2010 ist unbegründet und daher abzuweisen. § 7 Satz 2 GewStG n.F. verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG); die Anwendung der Vorschrift auf den Streitfall begründet keine unzulässige Rückwirkung.

19

1. § 7 Satz 2 GewStG n.F. hat folgende Entstehungsgeschichte:

20

a) § 7 GewStG in der Fassung vom 19. Mai 1999 lautete:

21

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn gilt als Gewerbeertrag nach Satz 1."

22

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu § 7 Satz 1 GewStG gehören bei natürlichen Personen und Mitunternehmerschaften Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs nicht zum Gewerbeertrag. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer (BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 41/07, BFHE 228, 381, unter II.1. der Gründe, m.w.N.; vgl. auch Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien --GewStR-- 1998). Hingegen gehören bei Kapitalgesellschaften auch Gewinne aus der Veräußerung und der Aufgabe eines Betriebs oder eines Teilbetriebs zum Gewerbeertrag. Die Gewerbesteuerpflicht knüpft bei Kapitalgesellschaften allein an die Rechtsform an; nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt die Tätigkeit einer solchen Gesellschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (BFH-Urteil vom 5. September 2001 I R 27/01, BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155, unter II.2. der Gründe; vgl. auch Abschn. 40 Abs. 2 Satz 1 GewStR 1998 und R 7.1 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009).

23

b) Im "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 heißt es (Finanz-Rundschau --FR-- 2001, Beilage zu Heft 11, 1, 35, unter E.I.1.a):

24

"Die für Kapitalgesellschaften bestehende Möglichkeit, nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG Einzelwirtschaftsgüter steuerneutral in eine Personengesellschaft (Objektgesellschaft) einzubringen, um sie anschließend durch Verkauf der Beteiligung gewerbesteuerfrei zu veräußern, sollte künftig beseitigt werden (gewerbesteuerfreie Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft)."

25

c) Art. 4 Nr. 2 des Entwurfs der Bundesregierung über ein Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz --UntStFG--) vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01; inhaltsgleich: BTDrucks 14/6882 vom 10. September 2001) lautete:

26

"In § 7 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

'Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

soweit er nicht auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt.' "

27

Nach der Begründung dieses Gesetzentwurfs (BTDrucks 14/6882, S. 41) hatte die gesetzliche Neuregelung folgendes Ziel:

28

"Veräußerungsgewinne sollen bei Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften, Erbengemeinschaften) künftig der Gewerbesteuer unterliegen, soweit sie nicht auf natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen. Insbesondere bei einer Kapitalgesellschaft wird dies zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen für unverzichtbar gehalten. Kapitalgesellschaften hätten ohne die Regelung die Möglichkeit, Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, statt dessen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft zu übertragen und könnten anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft steuerfrei veräußern."

29

Im Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 7. November 2001 schlug dieser die Änderung vor, dass im letzten Halbsatz vor Mitunternehmer "unmittelbar beteiligter" eingefügt werde (BTDrucks 14/7343, S. 40). Der letzte Halbsatz des § 7 Satz 2 GewStG sollte demnach lauten: "...soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt." Die Begründung hierfür lautet (BTDrucks 14/7344, S. 12):

30

"Durch die Änderung werden nur die Veräußerungsgewinne bei Mitunternehmerschaften von der Gewerbesteuer steuerfrei gelassen, die auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen. Soweit eine natürliche Person mittelbar beteiligt ist, erfolgt eine Entlastung um die Gewerbesteuer durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG. Die Ergänzung ist notwendig, um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften ist es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt ist."

31

Der Deutsche Bundestag verabschiedete das UntStFG am 14. Dezember 2001 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, der Bundesrat stimmte am 20. Dezember 2001 zu. Am 24. Dezember 2001 wurde das UntStFG vom 20. Dezember 2001 im BGBl I 2001, 3858 veröffentlicht. Die Änderung des § 7 Satz 2 GewStG trat nach Art. 12 Abs. 1 UntStFG am Tag nach der Verkündung in Kraft, die neue Fassung des § 7 Satz 2 GewStG war aber nach § 36 Abs. 1 GewStG in der Fassung des UntStFG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

32

d) Durch Art. 11 des Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds "Deutsche Einheit" (Solidarpaktfortführungsgesetz --SFG--) vom 20. Dezember 2001 wurde § 7 GewStG erneut geändert. Art. 11 Nr. 2 SFG lautet:

33

"§ 7 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

34

'Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des KStG ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1.' "

35

Die Änderung steht im Zusammenhang mit der Einfügung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG (Art. 10 Nr. 2 SFG), welcher eine besondere Gewinnermittlungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ist und die Veranstaltung von Werbesendungen einheitlich besteuern soll (BTDrucks 14/7646, S. 32).

36

Durch Art. 11 Nr. 4 SFG wurde § 36 GewStG um einen Abs. 3 ergänzt, nach dem § 7 Satz 2 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden war.

37

Das SFG vom 20. Dezember 2001 wurde am 27. Dezember 2001 verkündet (BGBl I 2001, 3955). Die Änderung des GewStG trat nach Art. 12 Abs. 1 SFG am 1. Januar 2002 in Kraft.

38

e) In seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht zum Entwurf des StBAÄG vom 24. April 2002 (BTDrucks 14/8887, S. 26) schlug der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags eine Neufassung von § 7 GewStG vor. Diese sei zur Beseitigung eines redaktionellen Versehens, das aus der Verkündungsreihenfolge im BGBl resultiere, erforderlich. Im zuerst verkündeten UntStFG sei in § 7 GewStG ein neuer Satz 2 eingefügt worden, wodurch der bisherige Satz 2 zu Satz 3 geworden sei. Der neue Satz 2 sei dann sogleich durch das SFG geändert worden, obwohl der alte Satz 2, der zu Satz 3 geworden sei, gemeint gewesen sei.

39

Durch Art. 5 Nr. 1 StBAÄG wurde § 7 GewStG entsprechend der Beschlussempfehlung neu gefasst und erhielt folgenden Wortlaut, der in Satz 2 dem des § 7 Satz 2 GewStG i.d.F. des UnStFG entspricht:

40

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe

1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft,

2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist,

3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien,

soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1."

41

Die Neufassung des § 7 Satz 2 GewStG war nach dem durch Art. 5 Nr. 2 StBAÄG ebenfalls geänderten § 36 Abs. 1 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.

42

Das StBAÄG vom 23. Juli 2002 wurde am 26. Juli 2002 verkündet (BGBl I 2002, 2715). Die Änderung des GewStG trat nach Art. 17 Abs. 1 StBAÄG am Tag nach der Verkündung in Kraft.

43

2. Die Regelung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

44

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Die mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffene Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber allerdings unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtiger bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig umzusetzen. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG--, z.B. BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, zu C.I.2., mit zahlreichen Nachweisen). Das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Gebot gleicher Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, von dem nur aus besonderem Grund abgewichen werden darf, gilt auch für die Gewerbeertragsteuer (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1, zu C.II.2.).

45

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass Kapitalgesellschaften einerseits und natürliche Personen andererseits bei § 7 Satz 2 GewStG n.F. unterschiedlich behandelt werden. Denn diese Vergleichsgruppen unterscheiden sich grundlegend voneinander (BFH-Urteil in BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155, unter II.2. der Gründe, m.w.N.; siehe auch BVerfG-Beschlüsse vom 21. März 1977  1 BvR 1/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1977, 255, und 1 BvR 2/77, HFR 1977, 256). Dem Gesetzgeber ist es insoweit unbenommen, im Rahmen der Gewerbesteuer an die Rechtsform unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, zu C.III.).

46

c) Darüber hinaus verstößt § 7 Satz 2 GewStG n.F. auch nicht deswegen gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, weil --wie die Klägerin meint-- die Gesellschaft, deren Anteile veräußert würden, mit der Gewerbesteuer belastet werde, während der die Steuerpflicht auslösende Ertrag auf der Ebene des Gesellschafters erzielt werde.

47

Denn jedenfalls steht mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang, bei der Gewerbesteuer an die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter einer Personengesellschaft anzuknüpfen. Diese sind nämlich ungeachtet der Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG) auch bei der Gewerbesteuer die (Mit-)Unternehmer (BFH-Urteil vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, unter II.2.a bb (4) der Gründe).

48

d) Ferner ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. zwischen Personengesellschaften und natürlichen Personen unterscheidet.

49

aa) Die Gruppen sind in diesem Rahmen vergleichbar. Denn die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs gehören sowohl bei natürlichen Personen als auch bei Personengesellschaften nach § 7 Satz 1 GewStG nicht zum Gewerbeertrag (vgl. oben zu II.B.1.).

50

bb) § 7 Satz 2 GewStG n.F. unterscheidet in mehrfacher Hinsicht zwischen Personengesellschaften und natürlichen Personen:

51

(1) Die Vorschrift unterwirft --unter bestimmten Voraussetzungen-- nur die Gewinne aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft der Gewerbesteuer, entsprechende Gewinne eines Einzelunternehmers gehören hingegen auch weiterhin nicht zum Gewerbeertrag.

52

(2) Darüber hinaus gehört der Gewinn i.S. des § 7 Satz 2 GewStG n.F. nur insoweit nicht zum Gewerbeertrag einer Mitunternehmerschaft, als er auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Soweit der Gewinn auf eine beteiligte Personengesellschaft entfällt, ist er hingegen Teil des Gewerbeertrags.

53

cc) Diese unterschiedliche Behandlung ist durch einen besonderen Grund, nämlich das Ziel des Gesetzgebers, Steuerumgehungen zu verhindern, gerechtfertigt. Steuerumgehungen zu verhindern ist ein legitimes Ziel der Gesetzgebung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. Juli 1967  1 BvR 495/63, 1 BvR 325/66, BVerfGE 22, 156, zu B.1.b, zur Steuerrechtsprechung).

54

(1) Vermieden werden sollte, dass Kapitalgesellschaften Einzelwirtschaftsgüter, die bei ihrer Veräußerung mit Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen und anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft gewerbesteuerfrei veräußern können (BTDrucks 14/6882, S. 41). "Insbesondere" zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber § 7 Satz 2 GewStG n.F. geschaffen.

55

(2) Dem kann --anders als die Klägerin meint-- nicht entgegengehalten werden, § 7 Satz 2 GewStG n.F. sei vom Ziel der Missbrauchsbekämpfung nicht mehr gedeckt.

56

(a) Auch wenn die unterschiedliche Behandlung von Personengesellschaften gegenüber natürlichen Personen eines besonderen Grundes bedarf, so hat der Gesetzgeber bei der Entscheidung, welche Regelung er als Reaktion auf eine Steuerumgehung wählt, einen weiten Gestaltungsspielraum.

57

(b) Die Klägerin ist der Auffassung, die Vorschrift hätte sich z.B. durch Behaltensfristen auf die Fälle beschränken müssen, in denen tatsächlich Wirtschaftsgüter von Kapitalgesellschaften auf Mitunternehmerschaften übertragen worden seien. Der Klägerin ist zuzugeben, dass eine derartige Regelung (möglicherweise) zielgenauer gewesen wäre. Allerdings bergen Behaltensfristen ihrerseits die Gefahr der Umgehung. Bereits deswegen ist insoweit der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht überschritten.

58

(c) Ferner ist vom gesetzgeberischen Anliegen, Steuerumgehungen zu vermeiden, auch erfasst, dass der Gewinn nach § 7 Satz 2 GewStG n.F. insoweit zum Gewerbeertrag gehört, als er auf eine beteiligte Personengesellschaft entfällt. Denn ansonsten könnte eine Kapitalgesellschaft durch die Zwischenschaltung einer weiteren Personengesellschaft die gewerbesteuerrechtliche Erfassung von stillen Reserven auch weiterhin vermeiden.

59

e) Im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung der Missbrauchsvorschrift durfte der Gesetzgeber auch zwischen unmittelbar beteiligten natürlichen Personen und mittelbar beteiligten natürlichen Personen unterscheiden.

60

aa) Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags war der Auffassung, die nur mittelbar beteiligten natürlichen Personen würden durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG entlastet (BTDrucks 14/7344, S. 12). Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer durch eine pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer. Die im Streitjahr geltende Gesetzesfassung strebt an, den Steuerpflichtigen durch die Anrechnung, verbunden mit der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe, bei einem durchschnittlichen gemeindlichen Hebesatz von 400 % im Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer zu entlasten (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 97).

61

Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG richtet sich der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels. Das Entstehen von Anrechnungsüberhängen wegen der fehlenden Abstimmung des Anteils am Gewerbesteuermessbetrag mit dem Anteil an den steuerlichen Einkünften ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt selbst dann, wenn ein Anrechnungsüberhang endgültig nicht genutzt werden kann, wie etwa im Fall eines Überhangs zugunsten einer an der Mitunternehmerschaft beteiligten Kapitalgesellschaft. Im Übrigen können durch Anrechnungsüberhänge entstehende Mehr- oder Minderbeträge bei der Einkommensteuer gesellschaftsrechtlich durch Vereinbarungen zwischen den Mitunternehmern weitgehend ausgeglichen werden (BFH-Beschluss vom 7. April 2009 IV B 109/08, BFHE 224, 548, BStBl II 2010, 116).

62

Demnach ist im Ergebnis das Gewicht der unterschiedlichen Behandlung von unmittelbar und mittelbar beteiligten natürlichen Personen reduziert (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1, zu C.I.2.c).

63

bb) Jedenfalls vor diesem Hintergrund durfte sich der Gesetzgeber von dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung leiten lassen: Nach der Begründung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags war die Unterscheidung erforderlich, "um die Regelung in der Praxis anwenden zu können. Bei mehrstufigen Personengesellschaften" sei "es für das Betriebsfinanzamt regelmäßig nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellbar, ob und in welchem Umfang eine natürliche Person mittelbar an dem Veräußerungsgewinn der Personengesellschaft beteiligt" sei (BTDrucks 14/7344, S. 12). Überlegungen dieser Art sind nicht fernliegend (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.3.b cc der Gründe).

64

Dem steht auch nicht entgegen, dass die mittelbaren Beteiligungsverhältnisse --wie im Streitfall-- dann zu ermitteln sind, wenn die Personengesellschaft, deren Anteile veräußert werden, Anteile an Kapitalgesellschaften hält. In diesem Fall sind die Vorschriften des § 8b Abs. 6 KStG und des § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 2006 I R 95/05, BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279). Hierfür ist es im Rahmen der Gewerbesteuer notwendig, zu ermitteln, ob letztlich eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft mittelbar beteiligt ist (vgl. unter III. der Entscheidungsgründe des hier angefochtenen Urteils des FG Bremen in EFG 2007, 1720). § 8b Abs. 6 KStG beruht auf dem Rechtsgedanken, dass über eine Personengesellschaft bezogene Einkünfte nach denselben Regeln besteuert werden sollen wie vergleichbare Einkünfte, die eine Kapitalgesellschaft unmittelbar bezieht (BFH-Urteil vom 7. Februar 2007 I R 27/06, BFHE 216, 551, BStBl II 2008, 526, unter III.2.a ee der Gründe). Der "Durchgriff" durch die Personengesellschaft in diesen Fällen ist deshalb die folgerichtige Umsetzung des Halbeinkünfteverfahrens. Im Rahmen des § 7 Satz 2 GewStG n.F. ist ein solcher "Durchgriff" indessen nicht geboten. Zudem verbleibt für die beabsichtigte Verwaltungsvereinfachung dieser Vorschrift Raum, wenn die Personengesellschaft, deren Anteile veräußert werden, keine Anteile an Kapitalgesellschaften hält.

65

3. Die Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. auf den Streitfall begründet keine unzulässige Rückwirkung.

66

a) Vor dem Rechtsstaatsprinzip des GG bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG besonderer Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, zu B.III.1., und BVerfG-Beschluss vom 5. Februar 2002  2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.a, m.w.N.).

67

aa) Eine Rechtsnorm entfaltet nach der Rechtsprechung des BVerfG dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig geworden ist (BVerfG-Urteil vom 22. März 1983  2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343, zu B.II.2.b; BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.a). Rechtlich existent werden nach deutschem Staatsrecht Normen des geschriebenen Rechts mit ihrer ordnungsgemäßen Verkündung, d.h. regelmäßig im Zeitpunkt der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes. Der --davon zu unterscheidende-- Zeitpunkt des Beginns des zeitlichen Anwendungsbereichs wird häufig im Gesetz selbst als der "Tag des Inkrafttretens" bestimmt. Der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs kann einheitlich oder unterschiedlich für einzelne Bestimmungen festgelegt sein.

68

Grundsätzlich erlaubt das GG nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, echte Rückwirkung), ist regelmäßig unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c bb und C.II.1.b). Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Normen findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75, BVerfGE 45, 142, zu B.II.1.c; in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c aa).

69

bb) Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.b; in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b aa). Diese Tatbestände, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, berühren vorrangig die Grundrechte und unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Mai 1995  2 BvL 19/91, 2 BvR 1206/91, 2 BvR 1584/91, 2 BvR 2601/93, BVerfGE 92, 277, zu C.V.).

70

cc) Der BFH ist der Rechtsprechung des BVerfG zur Unterscheidung zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) und der tatbestandlichen Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) --auch nach erneuter Überprüfung-- gefolgt (BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e aa der Gründe; vom 2. August 2006 XI R 34/02, BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, und XI R 30/03, BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895; BFH-Urteil vom 1. März 2005 VIII R 92/03, BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, unter II.2.b cc der Gründe). Diese Auffassung teilt auch der erkennende Senat (Beschluss vom 19. April 2007 IV R 4/06, BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.d der Gründe).

71

dd) Bei der Abgrenzung der Rückbewirkung von Rechtsfolgen von der tatbestandlichen Rückanknüpfung führt --entgegen der Auffassung der Klägerin-- allein der Umstand, dass eine oder mehrere Dispositionen in der Vergangenheit liegen, nicht zur Annahme einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, wenn der Tatbestand, an den die Rechtsfolgen anknüpfen, noch nicht abgeschlossen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 92, 277, zu C.V.; in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.; BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.a dd der Gründe). Dementsprechend hat auch der XI. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 6. November 2002 XI R 42/01 (BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B.II.1.b und B.4. der Gründe) eine tatbestandliche Rückanknüpfung darin gesehen, dass eine Abfindung im Jahr vor der Neufassung des § 34 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 --StEntlG 1999/2000/2002-- (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) vereinbart worden ist (vgl. auch BFH-Beschlüsse in BFHE 214, 406, BStBl II 2006, 895, und in BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, jeweils unter B.IV.2. der Gründe). Ferner sind nach dem Vorlagebeschluss des IX. Senats des BFH in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.3. der Gründe die Vorgänge bis zur Veräußerung eines Grundstücks im Rahmen des § 23 EStG an den Maßstäben einer tatbestandlichen Rückanknüpfung zu messen. Soweit der erkennende Senat in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.e bb der Gründe ausgeführt hat, dass maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Differenzierung zwischen echter und unechter Rückwirkung bei Rechtsänderungen, die einen Dispositionsbezug aufweisen, der Zeitpunkt sei, in dem der Steuerpflichtige durch eine unter Inanspruchnahme des Grundrechts auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG getroffene Disposition sein Vertrauen auf die zu diesem Zeitpunkt bestehende Rechtslage betätigt habe, bezogen sich diese Ausführungen lediglich auf die Kritik an der sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung des BVerfG. Der Senat hat im Übrigen an der Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung festgehalten (BFH-Beschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.d der Gründe).

72

b) Mit diesen Grundsätzen vereinbar ist, dass die Neufassung des § 7 GewStG durch das StBAÄG, verkündet am 26. Juli 2002, für den gesamten Erhebungszeitraum 2002 gilt.

73

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Vorschrift --wie das FG meint-- bereits nach dem SFG vom 20. Dezember 2001 zum 1. Januar 2002 diese Fassung gehabt hat. Ferner ist im Streitfall ohne Bedeutung, ob nach der sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung zur Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung auf das Ende des Veranlagungszeitraums abzustellen ist (zur Kritik hieran: Senatsbeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.1.e der Gründe, m.w.N.). Denn auch bei Anlegung des strengeren Maßstabs für eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) ist die Anwendung des durch das StBAÄG neu gefassten § 7 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 2002 zulässig.

74

aa) Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Zulässigkeit der echten Rückwirkung ist vorrangig das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den von der Rechtsfolgenanordnung berührten Grundrechten. Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot darf insofern allein aus zwingenden Gründen des gemeinen Wohls oder wegen eines nicht (mehr) vorhandenen schutzwürdigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden. In der Rechtsprechung des BVerfG sind die einzelnen Rechtfertigungsgründe falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b; vom 3. Dezember 1997  2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, zu C.II.2.).

75

Danach ist der Gesetzgeber nicht allein deswegen, weil er ein bei der früheren Gesetzesfassung unterlaufenes Versehen berichtigen will, berechtigt, dies rückwirkend zu tun. Nur wenn sein Versehen zu erheblichen Unklarheiten oder zu objektiven Lücken in der ursprünglichen gesetzlichen Regelung geführt hat, ist eine Rückwirkung ausnahmsweise zulässig (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.). Denn der Staatsbürger kann auf das geltende Recht bei seinem Planen dann nicht vertrauen, wenn es unklar und "verworren" ist. In solchen Fällen muss es dem Gesetzgeber erlaubt sein, die Rechtslage rückwirkend zu klären (vgl. BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b). Gleiches gilt, wenn Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste (BVerfG-Entscheidung in BVerfGE 13, 261, zu B.IV.2.).

76

bb) Vorliegend führten die Änderungen durch das UntStFG und das SFG jedenfalls dazu, dass die Bürger mit einer Änderung hinsichtlich von Gewinnen aus der Veräußerung und Aufgabe von Mitunternehmerschaften und deren Anteilen rechnen mussten.

77

Nach dem Wortlaut des Art. 11 Nr. 2 SFG wurde der mit dem UntStFG eingefügte § 7 Satz 2 GewStG wieder ersetzt und es ergab für den Erhebungszeitraum 2002 folgende Fassung des § 7 GewStG:

78

"Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1. Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn gilt als Gewerbeertrag nach Satz 1."

79

Diese Fassung des Gesetzes ist offensichtlich fehlerhaft, weil Satz 3 überflüssig ist.

80

Hieraus ergibt sich zwar --worauf die Klägerin zu Recht hinweist-- noch nicht, dass die Klägerin mit der nunmehr in § 7 Satz 2 GewStG n.F. bestehenden Regelung rechnen musste. Denn zu Veräußerungsgewinnen trifft diese Fassung des § 7 GewStG keine Aussage.

81

Allerdings sind auch das UntStFG und das SFG zu berücksichtigen: Durch das UntStFG wurde § 7 Satz 2 GewStG so gefasst, dass nunmehr auch u.a. bestimmte Veräußerungsvorgänge von Personengesellschaften zum Gewerbeertrag gehören. Dieses Gesetz ist auch verkündet worden und die Änderung selbst ist in Kraft getreten (vgl. Art. 12 Abs. 1 UntStFG), auch wenn der neu gefasste § 7 Satz 2 GewStG erst ab dem Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden war (§ 36 Abs. 1 GewStG i.d.F. des UntStFG). Das SFG hat --nur drei Tage später-- diesen Satz 2 offensichtlich versehentlich wieder ersetzt. Die Änderung durch das SFG stand lediglich im Zusammenhang mit der Einführung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG (BTDrucks 14/7646, S. 32), einer Gewinnermittlungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten; diese Vorschrift sollte auch für den Gewerbeertrag maßgeblich sein.

82

Ob danach die Rechtslage "verworren" war, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls mussten die Bürger mit einer Änderung rechnen, weil der nur drei Tage zuvor mit dem UntStFG geschaffene § 7 Satz 2 GewStG erkennbar versehentlich nach dem Wortlaut des SFG ersetzt wurde und sich hieraus ein offensichtlich fehlerhafter Wortlaut ergab.

83

cc) Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Juni 1998 B 7 AL 2/98 R (BSGE 82, 198) steht dem nicht entgegen. Danach hatte der erkennende Senat des BSG gewisse Zweifel, ob eine vom Gesetzgeber selbst geschaffene unklare und ggf. verfassungswidrige Rechtslage zur Rückwirkung berechtige. In diesem Streitfall ging das BSG jedoch davon aus, dass bereits bei dem Beschluss des Deutschen Bundestags über das diese Rechtslage auslösende Gesetz offensichtlich gewesen sei, dass verfassungsrechtliche Bedenken bestanden hätten. Im vorliegenden Fall ist hiervon nicht auszugehen; das Ersetzen des neu gefassten § 7 Satz 2 GewStG durch das SFG war vielmehr lediglich ein --für alle von der vorgesehenen Regelung Betroffenen offenbares-- Versehen. Jedenfalls in diesem Fall ist die Befugnis des Gesetzgebers nicht eingeschränkt, seinen Fehler rückwirkend zu berichtigen, wenn die Bürger mit einer solchen Änderung rechnen mussten.

84

c) Verfassungsrechtlich zulässig ist, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. im Streitfall Anwendung findet, obwohl das "Sale Agreement" bereits am 1. September 2001 wirksam geworden ist.

85

aa) Hinsichtlich der schuldrechtlichen Vereinbarung enthält § 7 Satz 2 GewStG n.F. für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 eine tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung). Denn erst mit der Abtretung ist der Tatbestand abgeschlossen, an den die Rechtsfolgen anknüpfen. Allerdings ist die Veräußerung bereits mit der verbindlichen schuldrechtlichen Vereinbarung "ins Werk gesetzt" (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B.II.1.b und B.II.4. der Gründe). Dieser Annahme steht nicht das Vorliegen einer echten Rückwirkung entgegen, weil dies eine tatbestandliche Rückanknüpfung nicht ausschließt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b).

86

bb) Tatbestandliche Rückanknüpfungen (unechte Rückwirkungen) berühren vorrangig Grundrechte, die mit der Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandsmerkmals vor Verkündung der Norm "ins Werk gesetzt" worden sind. In die damit erforderliche grundrechtliche Bewertung fließen freilich die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit (hier beschränkt auf den Gesichtspunkt der Vergangenheitsanknüpfung) in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.I.1.c). Deshalb hält es der Senat mit der neueren Rechtsprechung des BVerfG für erforderlich, bei tatbestandlicher Rückanknüpfung (unechter Rückwirkung) in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e aa der Gründe; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.a, m.w.N.). Dieser vom BVerfG bisher nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen gewährte verstärkte Schutz von Dispositionen ist nach der Auffassung des Senats auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken. Zur Begründung verweist der Senat auf den Beschluss des IX. Senats des BFH in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.e bb der Gründe.

87

cc) Maßgeblicher, Vertrauensschutz auslösender Sachverhalt ist damit im Streitfall die schuldrechtliche Bindung durch die veräußernden Kommanditisten; zu diesem Zeitpunkt haben sie ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b aa). Im Streitfall ist dies nicht schon der Abschluss des "Sale Agreement" am 5. August 2001, sondern erst die Zustimmung der Gesellschafter durch den Beschluss vom 1. September 2001. Erst mit Erfüllung dieser Bedingung (vgl. Klausel 16.1 des "Sale Agreement") ist der Vertrag wirksam geworden.

88

dd) Das Vertrauen der veräußernden Gesellschafter ist nicht besonders schützenswert.

89

(1) Zwar erhöht die jahrzehntelange Rechtslage, wonach Aufgabe- und Veräußerungsgewinne von Personengesellschaften nicht bei dem Gewerbeertrag zu berücksichtigen waren, das Vertrauen der Gesellschafter in den Fortbestand dieser Regelung. Der BFH hatte sich schon in seinem Urteil vom 25. Mai 1962 I 78/61 S (BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438) dieser bereits damals seit Jahrzehnten bestehenden Rechtsprechung angeschlossen (vgl. Überblick bei Blümich/von Twickel, § 7 GewStG Rz 140). Die Verwaltung hat diese Auffassung übernommen (vgl. bereits Abschn. 40 Abs. 1 Nr. 1 GewStR 1955).

90

Ist eine gesetzliche Regelung seit Jahrzehnten maßgebend, so ist das Vertrauen darauf, dass diese Regelung jedenfalls nicht ohne Übergangsvorschrift fortfallen wird, besonders fest begründet (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c aa der Gründe; BVerfG-Beschlüsse vom 18. Februar 1998  1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86, BVerfGE 97, 271, zu C.II.3.b, und vom 12. Februar 1986  1 BvL 39/83, BVerfGE 72, 9, zu C.II.3.b).

91

Dieser Umstand verleiht dem Bestandsinteresse des Steuerpflichtigen jedoch noch nicht ein überwiegendes Gewicht. Dementsprechend hat der IX. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c aa und bb der Gründe zur Verlängerung der Spekulationsfrist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 die jahrzehntelange frühere Rechtslage nicht ausreichen lassen, sondern für eine angenommene unzulässige Rückwirkung "entscheidungserheblich" darauf abgestellt, ob die Spekulationsfrist bei der Verlängerung bereits abgelaufen war.

92

(2) Außerdem war das Vertrauen der veräußernden Kommanditisten durch den "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 (FR 2001, Beilage zu Heft 11, 1) und den Regierungsentwurf des UntStFG vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01) abgeschwächt.

93

(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG fällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel mit dem endgültigen Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags weg. Zugleich hebt das BVerfG stets hervor, dass das Bekanntwerden von Gesetzesinitiativen und die öffentliche Berichterstattung über die Vorbereitung einer Neuregelung durch die gesetzgebenden Körperschaften die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die bisherige Rechtslage noch nicht entfallen lassen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, zu C.II.3.b bb (5), m.w.N.). Das BVerfG führt hierzu auch aus, dass das Vertrauen mit dem Gesetzesbeschluss "zerstört" werde (Beschlüsse vom 15. Oktober 1996  1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, BVerfGE 95, 64, zu C.III.2.a; vom 29. Oktober 1999 1 BvR 1996/97, Zeitschrift für offene Vermögensfragen 2000, 23). Der XI. Senat des BFH vertritt hingegen in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 214, 386, BStBl II 2006, 887, unter B.III.4. der Gründe --im Rahmen einer echten Rückwirkung-- die Auffassung, das Vertrauen sei bis zur Verkündung eines Gesetzes schutzwürdig (offen gelassen im Senatsbeschluss in BFHE 217, 117, BStBl II 2008, 140, unter B.III.2.d der Gründe).

94

(b) Andererseits sind nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG Äußerungen der Bundesregierung und anderer an der Gesetzgebung beteiligter öffentlicher Stellen als geeignet angesehen worden, bei der nunmehr angestellten Einzelfallabwägung im Rahmen einer unechten Rückwirkung (vgl. hierzu oben zu II.B.3.c dd) das Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Regelung abzuschwächen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.2.b cc).

95

(c) Daher ist das Vertrauen der veräußernden Gesellschafter in den Fortbestand der Rechtslage durch den "Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts" des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 18. April 2001 (FR 2001, Beilage zu Heft 11, 1) und den Regierungsentwurf des UntStFG vom 17. August 2001 (BRDrucks 638/01) zwar nicht "zerstört". Es war jedoch vor der Disposition am 1. September 2001 abgeschwächt.

96

Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass der Bericht der Bundesregierung keine konkrete Regelung enthielt und der Gesetzentwurf vom 17. August 2001 vorsah, den in § 7 Satz 2 GewStG genannten Gewinn nicht dem Gewerbeertrag zuzurechnen, soweit er "auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfällt." Erst nach der Gesellschafterversammlung der Klägerin am 1. September 2001 empfahl der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags mit Bericht vom 7. November 2001 die nunmehr gültige Fassung des § 7 Satz 2 GewStG, wonach ein Gewinn im Sinne dieser Vorschrift nicht zum Gewerbeertrag gehört, soweit er "auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt."

97

Das Vertrauen der Klägerin war aber abgeschwächt, weil sich aus den Äußerungen der Bundesregierung allgemein ergibt, dass eine weitreichende Einbeziehung von Gewinnen aus Veräußerungen und Aufgaben von Betrieben, Teilbetrieben und Anteilen an einer Mitunternehmerschaft in den Gewerbeertrag beabsichtigt war.

98

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstärkt die Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf vom 3. September 2001 G 1421-19-St 132-K (FR 2001, 1124) nicht den Vertrauensschutz.

99

Zum einen ist diese Verfügung erst nach dem Wirksamwerden des "Sale-Agreement" (1. September 2001) erlassen worden. Zum anderen wird darin nicht eine gesetzliche Übergangsregelung in Aussicht gestellt. Diese Verfügung hob die Verfügung der OFD Düsseldorf vom 18. Januar 2001 G 1421-19-St 132-K (FR 2001, 215) auf, wonach die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils nach alter Rechtslage stets der Gewerbesteuer unterliege. In der Verfügung in FR 2001, 1124 ist weiter ausgeführt: "Mit den Gewerbesteuer-Referatsleitern des Bundes und der Länder ist abgestimmt, dass wegen der Regelungen in Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 1 GewStR i.V.m. R 139 Abs. 4 S. 1 EStR zumindest für die Vergangenheit im Wege einer Übergangsregelung Vertrauensschutz gewährt werden soll. Sich hieraus ergebende Zweifels- bzw. Folgefragen werde ich zu gegebener Zeit regeln. Insbesondere bleibt zunächst abzuwarten, welche gesetzliche Regelungen das im Entwurf vom Bundeskabinett bereits beschlossene Gesetz zur Fortführung der Unternehmenssteuerreform treffen wird." Damit hat die OFD Düsseldorf für den Fall der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils Vertrauensschutz auf Ebene der Verwaltung angekündigt. Eine (allgemeine) gesetzliche Übergangsregelung wurde damit aber nicht in Aussicht gestellt. Vielmehr sollte das Gesetzgebungsverfahren gerade abgewartet werden.

100

(4) Die Tatsache, dass die veräußernden Gesellschafter Dispositionen in erheblicher Höhe getätigt haben, verleiht ihrem Vertrauen kein besonderes Gewicht (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17).

101

(5) Ferner erhöht auch der Umstand, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. entgegen dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer nunmehr u.a. bestimmte Gewinne aus der Veräußerung und Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft im Gewerbeertrag erfasst, nicht das Vertrauen der Bürger.

102

Das Vertrauen in den Bestand von "Grundvorschriften", die zum systematischen Kern der geregelten Materie gehören, ist besonders schutzwürdig (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.4.c cc der Gründe).

103

Es trifft zwar zu, dass wegen des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer nur das Ergebnis der Ertragskraft des werbenden Betriebs einer Mitunternehmerschaft oder eines Einzelunternehmens --d.h. der "laufende Gewinn"-- unterliegt, nicht aber das Ergebnis aus der Aufdeckung der stillen Reserven anlässlich seiner Beendigung (vgl. oben zu II.B.1.). Das Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer kann rechtliche Wirkung aber nur insoweit entfalten, als dem nicht ausdrückliche gesetzliche Vorschriften entgegenstehen; es steht dem Gesetzgeber frei, neben dem objektiv-betriebsbezogenen auch das personelle Element zu berücksichtigen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.10.a der Gründe; BFH-Urteil vom 15. Juni 2004 VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754, unter II.2.b bb aaa der Gründe, mit zahlreichen Nachweisen).

104

Somit löst das Abweichen vom Objektsteuerprinzip keinen besonderen Vertrauensschutz aus.

105

ee) Das danach bestehende, durch das "Sale-Agreement" betätigte Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelung überwiegt nicht das mit der Einführung des § 7 Satz 2 GewStG n.F. verbundene Anliegen des Gesetzgebers.

106

Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III.2.a bb der Gründe; BVerfG-Beschluss vom 13. März 1979  2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386, zu B.II.2.b). Der Bürger kann deshalb nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen, die er bisher mit Rücksicht auf bestimmte Tatsachen oder Umstände gewährt hat, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält (BVerfG-Entscheidungen vom 7. Juli 1964  2 BvL 22/63, 2 BvL 23/63, BVerfGE 18, 135, zu B.II.2.; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, zu C.II.3.b cc). Dies gilt auch für die Aufhebung von "Freiräumen" und die Erhebung zusätzlicher Steuern (BVerfG-Beschlüsse vom 8. März 1983  2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b bb; vom 28. November 1984  1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, zu C.II.2.a aa). Demnach muss dem Gesetzgeber auch grundsätzlich möglich sein, auf bestehende vertragliche Vereinbarungen einzuwirken.

107

Der Gesetzgeber beabsichtigte mit § 7 Satz 2 GewStG n.F., Steuerumgehungen zu verhindern (vgl. hierzu oben zu II.B.2.d cc). Dieser Gesichtspunkt ist ein gewichtiger Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b).

108

Daher hat der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung, der Vorschrift des § 7 Satz 2 GewStG n.F. insofern unechte Rückwirkung zukommen zu lassen und damit das --wie dargestellt-- nicht besonders schützenswerte Vertrauen zu enttäuschen, seinen Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, zu C.III.2.b) nicht überschritten.

109

4. Die Verfahrensrüge der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klägerin rügt, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen. Das FG habe, wie von ihr, der Klägerin, beantragt, darüber Beweis erheben müssen, ob "die veräußernden Kommanditisten die Steuerbarkeit der Veräußerungsgewinne in Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG... vorhergesehen haben und damit die Gewerbesteuerfreiheit der Veräußerungsgewinne zum Gegenstand ihrer Disposition gemacht haben".

110

Das FG hat indessen auf eine Beweiserhebung verzichten können. Denn nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG kam es hierauf nicht an (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2008 IX B 155/08, BFH/NV 2009, 412).

111

Das FG hat auf S. 31 seines Urteils ausgeführt, dass es hinsichtlich des Vertrauens "nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Gesellschafter der Klägerin und ihre individuelle Situation" ankomme. Vielmehr sei zu prüfen, "ob die Rechtslage, auf die sich der Steuerpflichtige" berufe, "bei objektiver Betrachtung geeignet" gewesen sei, "ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe zu begründen". Auch aus dem von der Klägerin zitierten Absatz auf S. 35 des FG-Urteils ergibt sich nichts anderes. Dort heißt es: "Wenn die Klägerin demgegenüber geltend macht, die gewerbesteuerliche Behandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen entfalte wegen der 'Preiswirkung der Gewerbesteuer' dispositionsgestaltende Wirkung, lässt sich dem nichts zu der Frage entnehmen, zu welchen Dispositionen die frühere Rechtslage die Steuerpflichtigen veranlasst haben könnte." Denn das FG stellt in diesem Abschnitt nicht auf die Klägerin oder deren Gesellschafter, sondern allgemein auf "die Steuerpflichtigen" ab.

112

C. Die vorstehenden Urteilsgründe geben auch bezüglich der Ausführungen dazu, dass § 7 Satz 2 GewStG n.F. nicht den Grundsätzen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes widerspricht (s. oben zu B.3.), die wesentlichen Erwägungen wieder, die --im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010-- für die Entscheidung des Senats aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens maßgeblich waren (§ 96 FGO; vgl. auch Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, HFR 1993, 674). Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 93 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO) kommt weder mit Rücksicht auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30. Juli 2010 noch im Hinblick auf die zwischenzeitlich veröffentlichten BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 1727); 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (DStR 2010, 1733), und 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 (DStR 2010, 1736) in Betracht.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

Ist während des Revisionsverfahrens ein neuer oder geänderter Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens geworden (§§ 68, 123 Satz 2), so kann der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverweisen.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und werden im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

2

Der Kläger hatte bis zum 1. Januar 1994 ein Architekturbüro betrieben. Ab 1991 errichtete und vermietete er in den neuen Bundesländern auf eigene Rechnung 16 Verbrauchermärkte sowie mehrere Büro- und Wohnhäuser. Diese Immobilien befanden sich jedenfalls im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch im Eigentum des Klägers.

3

Mit notariellem Vertrag vom 10. Juni 1991 erwarb der Kläger ein Grundstück in P. Nach Einwerbung entsprechender Mietverträge sollte auch dieses Grundstück mit einem Verbrauchermarkt bebaut und anschließend vermietet werden. Vor Stellung des Bauantrags waren bis auf eine Ausnahme alle Ladengeschäfte vermietet. Da der Boden ausgetauscht werden musste, zog sich die Baureifmachung des Grundstücks bis 1992 hin. Die Baugenehmigung wurde am 5. November 1992 erteilt. Der Beginn der Bauarbeiten wurde gegenüber dem Hauptmieter am 14. Januar 1993 angezeigt.

4

Anfang 1993 trat die spätere Käuferin des Verbrauchermarktes über einen Grundstücksmakler an den Kläger mit der Bitte heran, den im Bau befindlichen, noch fertig zu stellenden Verbrauchermarkt zu verkaufen. Der Kläger ging auf dieses Angebot ein und veräußerte mit notariellem Kaufvertrag vom 30. März 1993 den Verbrauchermarkt. Da dieser Vertrag aus formellen Gründen unwirksam war, wurde ein weiterer notarieller Vertrag am 21. Mai 1993 geschlossen. In diesem Vertrag sicherte der Kläger die Fertigstellung zum 1. April 1994 sowie eine mangelfreie Ausführung zu. Der Kaufpreis betrug … DM. Vereinbart war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) die förmliche Abnahme der Bauleistungen. Zudem verpflichtete sich der Kläger, die vorläufige baubehördliche Schlussabnahme herbeizuführen und eine vorläufige Betriebserlaubnis zu beschaffen. Der Kläger übernahm vertraglich Gewährleistungspflichten über einen Zeitraum von fünf Jahren, für das Flachdach von zehn Jahren. 2,5 % des Kaufpreises konnte die Käuferin als Sicherheitsleistung einbehalten.

5

Vor Abschluss des Kaufvertrags hatte der Kläger nach den Feststellungen des FG am 15. März 1993 einen Generalunternehmer-Pauschalvertrag geschlossen, nach dem das Bauunternehmen verpflichtet war, den Verbrauchermarkt zu einem Festpreis von 5.634.310 DM zu errichten.

6

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1994 erklärte der Kläger hinsichtlich des An- und Verkaufs des Grund und Bodens für das Grundstück in P einen schätzungsweise ermittelten Spekulationsgewinn in Höhe von … DM sowie einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von … DM. Er wurde antragsgemäß veranlagt.

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) kam nach einer in den Jahren 1998 und 1999 durchgeführten Außenprüfung zu dem Ergebnis, der Kläger habe zumindest während der Bauzeit in bedingter Veräußerungsabsicht gehandelt. Der durch die Veräußerung des Grundstücks entstandene Gewinn führe deshalb zu gewerblichen Einkünften in Höhe von … DM. Das FA änderte den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1994 und setzte erstmalig mit Bescheid vom 9. Juli 1999 den Gewerbesteuermessbetrag auf … DM fest.

8

Vorverfahren und Klage blieben erfolglos.

9

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Wegen der Errichtung weiterer Verbrauchermärkte in besseren Lagen und der Verlegung der Umgehungsstraße habe der Kläger Anfang 1993 erkennen müssen, dass der Bau eines Verbrauchermarktes zu Vermietungszwecken eine wirtschaftliche Fehlinvestition wäre. Ein Steuerpflichtiger, der ausschließlich sein eigenes Vermögen verwalte, müsse ein solches Anlageobjekt veräußern können, ohne zum gewerblichen Grundstückshändler zu werden. Der Kläger habe nicht nachhaltig gehandelt. Zwar könne nach der Rechtsprechung auch die Errichtung eines einzigen Objekts nachhaltig sein. Diese Voraussetzung liege aber nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige über einen längeren Zeitraum Aktivitäten entwickle, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Gebäude notwendig seien, nicht zurückblieben. Derartige Aktivitäten habe das FG nicht festgestellt und auch nicht feststellen können. Die Bauplanung und die Vergabe an den Generalunternehmer seien im Zeitpunkt des Abschlusses des ersten gescheiterten Vertrags abgeschlossen gewesen. Der Kläger habe lediglich die Baudurchführung überwachen müssen. Diese Tätigkeit sei beim Bau jedes Hauses erforderlich. Die Wertschöpfung einer Immobilie setze sich aus drei Komponenten zusammen: vorhandenes Grundstück, vorhandene Baugenehmigung, vorhandene Mietverträge. Diese Voraussetzungen hätten lange vor dem Verkauf des Verbrauchermarktes vorgelegen. Die Mietverträge seien bereits abgeschlossen gewesen, der Kaufpreis des noch zu errichtenden Gebäudes sei nach einem Vielfachen des Netto-Jahresmietwerts festgelegt worden. Das Argument des FG der Wertschöpfung nach Vertragsschluss sei deshalb nicht stichhaltig.

10

Darüber hinaus machen die Kläger geltend, das angefochtene Urteil leide an Verfahrensfehlern. Das Gericht habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt.

11

Die Kläger beantragen,

das FG-Urteil aufzuheben und den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1994 um … DM höher festzustellen sowie den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1994 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Der Kläger habe nachhaltig gehandelt, weil er verpflichtet gewesen sei, einen mangelfreien betriebsbereiten Verbrauchermarkt zu erstellen. Die Übernahme der Gewährleistungspflichten lasse den Vergleich mit dem Bild eines Bauträgers geradezu zwingend erscheinen. Wegen des Insolvenzrisikos des Generalunternehmers sowie des Prozessrisikos könne dem nicht entgegengehalten werden, dass es sich im Ergebnis nur um eine Weitergabe der sich aus dem Generalunternehmervertrag ergebenden Gewährleistung handele. Zudem habe der Kläger das Bestehen einer unbedingten Veräußerungsabsicht bei Bebauung des Grundstücks dadurch verdeutlicht, dass er die Wirksamkeit des Generalunternehmervertrags vom 15. März 1993 in dessen § 11 vom Verkauf des Grundstücks abhängig gemacht habe. Er habe damit unmissverständlich gezeigt, dass ihm an der Errichtung des Objekts nicht gelegen gewesen wäre, wenn er es anschließend als Vermieter in seinem Vermögen hätte halten müssen. Das FG sei in seinem Urteil von einer Kontaktaufnahme der späteren Käuferin des Verbrauchermarktes zum Kläger nach Baubeginn ausgegangen und habe damit eine Tatsachenfeststellung getroffen, die der Regelung in § 11 des Generalunternehmervertrags widerspreche. Der Kläger habe über die Feststellungen des FG hinaus weitere Verpflichtungen gegenüber der Käuferin im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundbesitzes übernommen. Er habe im Kaufvertrag zugesichert, einen zahlungskräftigen Mieter für ein noch unvermietetes Ladengeschäft zu werben. Dies sei ihm nicht gelungen und daraus habe sich letztendlich eine zehnjährige Mietübernahmeverpflichtung ergeben. Im Zeitraum 1996 bis 2007 seien dem Kläger dadurch einschließlich der Kosten der Rechtsverfolgung Aufwendungen in Höhe von insgesamt … € entstanden. Diese habe er erstmals mit Schreiben vom 22. Dezember 2009 gegenüber dem FA steuerlich geltend gemacht. Darüber hinaus habe der Kläger den Bestand der bereits abgeschlossenen Mietverträge bei Objektübergabe, die Übernahme des Kaufgegenstandes durch die Mieter und die Mietzahlungen für die ersten drei Monate nach Übergabe garantiert.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

15

1. Nach § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Dezember 2005 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259).

16

2. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn (bei Vorliegen der in § 15 Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen) nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 24. Juni 2009 X R 36/06, BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

17

a) Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat der BFH mit Urteil vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82 (BFHE 148, 480, 483, BStBl II 1988, 244) die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Sie besagt, dass regelmäßig von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen ist, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert werden. Kein gewerblicher Grundstückshandel liegt dagegen im Regelfall vor, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des Großen Senats des BFH (vgl. Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) auch in den sog. Errichtungsfällen. Die Rechtsprechung des BFH unterscheidet nicht danach, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Objekte lediglich angeschafft oder ob er sie errichtet hat.

18

b) Der Drei-Objekt-Grenze kommt allerdings nur Indizwirkung zu. Steht aufgrund objektiver Umstände fest, dass der Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn innerhalb kurzer Zeit zu verkaufen, ist ein gewerblicher Grundstückshandel selbst dann zu bejahen, wenn weniger als vier Objekte veräußert werden (Senatsurteil in BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

19

Die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung sind überschritten, wenn beispielsweise das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden ist, wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung und nach den Wünschen des Erwerbers bebaut wird oder das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen für den Bau erbringt (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291). Neben diesen vom Großen Senat des BFH ausdrücklich genannten Ausnahmefällen können andere gewichtige Umstände auf eine gewerbliche Betätigung auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten schließen lassen, und zwar dann, wenn sich aus diesen Umständen ergibt, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter Veräußerungsabsicht vorgenommen worden sind.

20

Hierbei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Wurde das Bauvorhaben beispielsweise nur kurzfristig finanziert, hat der Steuerpflichtige bereits während der Bauzeit eine Maklerfirma mit dem Verkauf des Objekts beauftragt oder selbst Veräußerungsannoncen geschaltet, wurde gar vor Fertigstellung des Bauwerks ein Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber geschlossen oder hat er Gewährleistungspflichten über den bei Privatverkäufen üblichen Rahmen hinaus übernommen, kann selbst dann eine unbedingte Veräußerungsabsicht vorliegen, wenn keiner der vom Großen Senat des BFH (Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) angesprochenen Ausnahmefälle greift (Senatsurteil in BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

21

c) Der unbedingte Veräußerungsentschluss muss im Fall der Bebauung eines danach verkauften Grundstücks spätestens in dem Zeitpunkt gefasst sein, in dem sich der Unternehmer rechtlich bindet, etwa durch Abschluss der auf Bebauung gerichteten Verträge (Senatsurteil in BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

22

3. Gewerbesteuerrechtlich gelten dieselben Grundsätze für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels wie für die Einkommensteuer (BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 I R 118/97, BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28).

23

4. Die bisherigen Feststellungen tragen nicht die Rechtsauffassung des FG, dass im Streitfall sowohl einkommensteuerrechtlich als auch gewerbesteuerrechtlich die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels vorlägen und deshalb der Gewinn aus der Veräußerung der unbebauten Grundstücke als laufender gewerblicher Gewinn steuerpflichtig sei.

24

a) Zwar sind die Tatbestandsmerkmale der Selbständigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht erfüllt. Ohne Rechtsverstoß konnte das FG auch davon ausgehen, dass sich der Kläger am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat. Für den Bereich des gewerblichen Grundstückhandels hat es der BFH genügen lassen, dass die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen --unter Umständen auch nur einer einzigen Person-- bekannt wird, und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen (BFH-Urteil vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143). Nach der neueren Rechtsprechung kann eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr selbst dann vorliegen, wenn Geschäftsbeziehungen zu anderen Personen vertraglich ausgeschlossen sind. Maßgeblich ist allein, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht (BFH-Urteil vom 19. Februar 2009 IV R 10/06, BFHE 224, 321, BStBl II 2009, 533, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Der Kläger hat sowohl im Klage- als auch im Revisionsverfahren vorgetragen, dass er Anfang 1993 erkennen musste, dass die Vermietung des geplanten Verbrauchermarktes wegen des Baus anderer Einkaufszentren in besseren Lagen und einer Umgehungsstraße eine Fehlinvestition sei und er deshalb das Grundstück verkauft habe. In dieser Situation hätte der Kläger das Grundstück auch an jeden anderen Interessenten verkauft, der die von ihm geforderten Konditionen erfüllt hätte.

25

b) Die Feststellungen des FG erlauben aber nicht zu beurteilen, ob der Kläger auch nachhaltig tätig geworden ist.

26

aa) Grundsätzlich ist eine Tätigkeit nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist, also eine Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind (Senatsurteil vom 26. September 2006 X R 27/03, BFH/NV 2007, 412).

27

bb) Ausnahmsweise kann nach der Rechtsprechung Nachhaltigkeit selbst dann zu bejahen sein, wenn der Steuerpflichtige nur ein einziges Geschäft oder einen einzigen Vertrag abschließt und sich keine Wiederholungsabsicht feststellen lässt. Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäfts oder Vertrags eine Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der Steuerpflichtige sei nachhaltig tätig geworden. So hat der VIII. Senat des BFH im Urteil vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01 (BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294) eine Nachhaltigkeit aus zahlreichen und mit unbedingter Veräußerungsabsicht entfalteten Aktivitäten im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundbesitzes abgeleitet. Der IV. Senat des BFH hat im Urteil vom 28. April 2005 IV R 17/04 (BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606) darauf verwiesen, dass für die Annahme der Nachhaltigkeit Einzeltätigkeiten nicht ausreichen, die beim Bau eines jeden Hauses erforderlich werden, gleichgültig ob es selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll. Andernfalls wäre die Nachhaltigkeit bei der Veräußerung eines einzigen selbst bebauten Grundstücks nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Nur wenn ein Steuerpflichtiger beim Verkauf eines selbst bebauten Grundstücks über einen längeren Zeitraum Aktivitäten entwickelt, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Objekte notwendig sind, nicht zurückbleiben, kann die Gesamttätigkeit als nachhaltig beurteilt werden.

28

cc) Im Streitfall erlauben die Feststellungen des FG nicht den Schluss, der Kläger sei nachhaltig tätig geworden. Die vom Kläger aufgewendeten Baukosten in Höhe von 5.634.210 DM sind nicht so hoch, dass aus ihnen allein geschlossen werden müsste, er wäre beim Verkauf des Verbrauchermarktes nachhaltig i.S. des § 15 Abs. 2 EStG tätig geworden (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259). Auch die Tatsache, dass der Kläger noch bis 1. Januar 1994 als Architekt und somit branchennah tätig war (dies ist nach dem BFH-Urteil vom 19. Februar 2009 IV R 8, 9/07, BFH/NV 2009, 923 lediglich ein schwaches Beweisanzeichen), er Gewährleistungspflichten übernommen hat und nach den Regelungen im Kaufvertrag verpflichtet war, eine vorläufige baubehördliche Schlussabnahme herbeizuführen sowie eine vorläufige Betriebserlaubnis zu beschaffen, führen allein nicht dazu, dass das Handeln des Klägers als nachhaltig zu qualifizieren wäre. Die Vertragsleistungen des Generalunternehmers könnten dem Auftraggeber (hier: dem Kläger) für die Prüfung der Nachhaltigkeit dann nicht zugerechnet werden, wenn --wie vom FG festgestellt, jedoch vom FA als unzutreffend gerügt-- der Generalunternehmervertrag bedingungslos zu einem Zeitpunkt geschlossen worden wäre, in dem der Kläger noch nicht zum Verkauf des Verbrauchermarktes entschlossen war und somit keine unbedingte Veräußerungsabsicht hatte.

29

Von einer nachhaltigen Tätigkeit des Klägers wäre aber auszugehen, wenn er über die Feststellungen des FG hinaus weitere Aktivitäten zur bestmöglichen Verwertung seines Grundbesitzes entfaltet hätte. Hätte er --wie vom FA im Revisionsverfahren vorgetragen-- die Wirksamkeit des Generalunternehmervertrags vom Zustandekommen eines Kaufvertrags abhängig gemacht, wären ihm die Vertragsleistungen des Generalunternehmers, den er auch zu überwachen hatte, gesondert zuzurechnen (BFH-Urteile vom 14. November 1972 VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239; vom 6. Februar 1986 IV R 133/85, BFHE 146, 244, BStBl II 1986, 666; vom 12. Februar 1990 X B 124/88, BFH/NV 1990, 640; vom 20. September 1995 X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302; in BFHE 224, 321, BStBl II 2009, 533). In diesem Fall hätte er Einzeltätigkeiten entfaltet, die weit über das hinausgehen, was zum Bau eines jeden Hauses erforderlich ist; er wäre damit nachhaltig tätig geworden, selbst wenn er sich nicht --wie vom FA ebenfalls vorgetragen-- zur Einwerbung eines zahlungskräftigen Mieters für ein im Zeitpunkt des Zustandekommens des Kaufvertrags noch nicht vermietetes Ladengeschäft zu einem vertraglich bestimmten Mietzins verpflichtet sowie den Bestand der bereits abgeschlossenen Mietverträge bei Objektübergabe und die Mietzahlungen für einen festgelegten Zeitraum garantiert hätte. Der Kläger hätte in einer Weise am Marktgeschehen teilgenommen, das dem Bild eines Gewerbetreibenden --nämlich eines Bauträgers-- entspricht. Das FG wird im zweiten Rechtsgang entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

30

5. Kommt das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis, der Kläger sei nachhaltig tätig geworden, weil die Wirksamkeit des Generalunternehmervertrags vom Zustandekommen eines Kaufvertrags abhängig war, kann der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, seine Tätigkeit sei über eine private Vermögensverwaltung nicht hinausgegangen. In diesem Fall hätte er im Interesse einer bestmöglichen Verwertung seines Grundbesitzes in unbedingter Veräußerungsabsicht so viele Einzelaktivitäten entwickelt, dass --trotz der Besonderheiten des Streitfalls-- von einer bloßen Vermögensverwaltung nicht mehr gesprochen werden könnte. Er hätte sich dann als Bauträger betätigt, nämlich als Bauherr im eigenen Namen für eigene Rechnung ein Bauvorhaben durchgeführt und dazu Vermögenswerte (das zuvor veräußerte Grundstück) der Käuferin verwendet (§ 34c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Gewerbeordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung). Insofern indiziert bereits seine im Zusammenhang mit der Bebauung ausgeübte Tätigkeit die Gewerblichkeit (vgl. hierzu auch Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291; oben unter 2.b).

31

6. Sofern das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommt, der Kläger habe sowohl nachhaltig gehandelt als auch die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten, unterliegt der gesamte Veräußerungsgewinn der Besteuerung. Die Frage, ob die Wertschöpfung vor oder nach Einlage des Grundstücks in den Grundstückshandelsbetrieb (durch die Baugenehmigung für den Verbrauchermarkt und den Abschluss der Mietverträge --so die Einlassung der Kläger; durch die Aktivitäten nach Abschluss des Kaufvertrags-- so das FG und das FA) zurückzuführen ist, kann im Streitfall dahinstehen. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wären in jedem Fall die Anschaffungskosten des Grundstücks anzusetzen, da der Kläger das Grundstück innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG) in das Betriebsvermögen seines gewerblichen Grundstückshandels eingelegt hätte.

32

7. Da die Revision aus anderen Gründen zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG führt, ist nicht darüber zu entscheiden, ob die Kläger auch infolge eines Verfahrensfehlers in ihren Rechten verletzt sind (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 I R 42/97, BFHE 184, 444, BStBl II 1999, 316).

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8. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Tz 36 Satz 3 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 26. März 2004 IV A 6 -S 2240- 46/04 (BStBl I 2004, 434), wonach Regelungen der Tz 28, aus denen sich nachteilige Folgen für den Steuerpflichtigen ergeben, erst auf Veräußerungen nach dem 31. Mai 2002 anzuwenden sind, im vorliegenden Verfahren nicht zur Anwendung kommen kann. Zum einen gilt Tz 28 nur für Wohnobjekte, so dass im Streitfall Tz 29 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 434 einschlägig wäre. Zum anderen konnte auch nach Tz 9 Abs. 2 des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 1990 IV B 2 -S 2240- 61/90 (BStBl I 1990, 884) die Veräußerung von weniger als vier "anderen Objekten" (z.B. Mehrfamilienhäuser, Büro-, Hotel-, Fabrik- oder Lagergrundstücke) einen gewerblichen Grundstückshandel begründen. Zudem sind Übergangserlasse der Finanzverwaltung zwar auch von den Steuergerichten zu beachten (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BStBl II 1972, 603, 609; BFH-Urteil vom 15. Januar 1986 II R 141/83, BFHE 145, 453, BStBl II 1986, 418, m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Januar 1989 IV R 87/87, BFHE 155, 487, BStBl II 1990, 261). Seit Inkrafttreten der Abgabenordnung (AO) können die Steuergerichte diese jedoch nicht mehr im Anfechtungsverfahren gegen Steuerbescheide bzw. Feststellungsbescheide berücksichtigen (BFH-Urteile vom 28. November 1980 VI R 226/77, BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319, und vom 28. April 1987 IX R 40/81, BFH/NV 1987, 712). Daran hat sich auch durch die am 1. Januar 1996 in Kraft getretene Regelung, wonach auch die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme mit einem Einspruch angefochten wird (vgl. § 347 AO i.d.F. des Grenzpendlergesetzes vom 24. Juni 1994, BStBl I 1994, 440), nichts geändert (vgl. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 227 AO Rz 376).