Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Nov. 2011 - IV B 7/10

bei uns veröffentlicht am23.11.2011

Tatbestand

1

I.Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wandte sich mit seiner im … 2007 beim Finanzgericht (FG) eingegangenen Klage gegen einen Feststellungsbescheid für das Jahr 2004. Das Verfahren wurde beim … Senat des FG anhängig, der den Rechtsstreit mit Beschluss vom … 2009 dem Berichterstatter als Einzelrichter übertrug. Dieser wies die Klage mit Urteil vom … 2009 als unzulässig ab und ließ die Revision nicht zu.

2

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision und rügt u.a. das Vorliegen von Verfahrensfehlern (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO).

4

1. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen vor. Das Urteil der Vorinstanz beruht --wie der Kläger zutreffend geltend macht-- auf einem wesentlichen Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 1 FGO, weil das FG bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Ein solcher Verfahrensmangel ist u.a. gegeben, wenn durch eine die Besetzung des erkennenden Gerichts betreffende Maßnahme zugleich Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verletzt, d.h. der gesetzliche Richter entzogen ist (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Juli 2006 IX B 179/05, BFH/NV 2006, 1873).

5

a) Das Recht auf eine Entscheidung durch den gesetzlichen Richter wird z.B. verletzt, wenn ein Einzelrichter entscheidet, obwohl ihm der Rechtsstreit nicht wirksam nach § 6 Abs. 1 FGO übertragen wurde (z.B. BFH-Beschluss vom 3. März 2011 II B 110/10, BFH/NV 2011, 833). Das ist hier der Fall. Denn der senatsinterne Geschäftsverteilungsplan des … Senats des FG enthält keine Bestimmung des Einzelrichters und verstößt deshalb insoweit gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieser Verstoß führt im vorliegenden Fall zu einer fehlerhaften Besetzung des FG bei Erlass des angegriffenen Urteils, weil dieses durch den Einzelrichter erlassen wurde.

6

Der Geschäftsverteilungsplan muss zur Wahrung des gesetzlichen Richters i.S. von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Voraus generell-abstrakt auch die im Einzelfall zur Mitwirkung berufenen Richter bestimmen und Vorkehrungen schon gegen die bloße Möglichkeit und den Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt treffen. Die einzelne Sache muss somit aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale an den entscheidenden Richter gelangen. Welche Richter in einem bestimmten Verfahren mitwirken, muss sich daher aus den Regelungen des Geschäftsverteilungsplans möglichst eindeutig ergeben. Der Geschäftsverteilungsplan darf keinen vermeidbaren Spielraum bei der Heranziehung des einzelnen Richters zur Entscheidung einer Sache und damit keine unnötige Unbestimmtheit hinsichtlich des gesetzlichen Richters lassen. Das Gebot des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, den im Einzelfall zur Mitwirkung berufenen Richter so genau wie möglich zu bestimmen, hat zur Folge, dass überall dort, wo dies nach dem gewählten Regelungskonzept ohne Beeinträchtigung der Effektivität der Rechtsprechungstätigkeit möglich ist, diese Bestimmung anhand von Kriterien zu erfolgen hat, die subjektive Wertungen weitgehend ausschließen (vgl. grundlegend Beschluss des Plenums des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 8. April 1997 1 PBvU 1/95, BVerfGE 1995, 322, BStBl II 1997, 672). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Verteilung der Geschäfte auf die Spruchkörper und für deren Besetzung (vgl. § 4 FGO i.V.m. § 21e des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--), sondern auch für die senatsinterne Geschäftsverteilung (vgl. § 4 FGO i.V.m. § 21g GVG). Auch in einem nicht überbesetzten Senat des FG bedarf es danach im Hinblick auf § 6 FGO einer abstrakt-generellen Regelung im Geschäftsverteilungsplan, anhand derer der Einzelrichter für den Fall, dass es zur Übertragung auf ihn kommt, im Vorhinein bestimmbar festgelegt ist (vgl. z.B. Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 FGO Rz 133).

7

b) Den dargelegten Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügt der senatsinterne Geschäftsverteilungsplan des … Senats des FG im hier maßgeblichen Jahr 2009 nicht. Denn er enthält lediglich die Bestimmung des jeweils zuständigen Berichterstatters. Darin liegt jedoch --anders als der … Senat des FG möglicherweise meint-- nicht zugleich die Bestimmung des jeweils zuständigen Einzelrichters. Nach § 6 Abs. 1 FGO kann der Senat einen Rechtsstreit vielmehr einem seiner Mitglieder zur Entscheidung übertragen. Dies muss nicht zwingend der nach dem Geschäftsverteilungsplan jeweils vorgesehene Berichterstatter sein.

8

Den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügt zwar eine Regelung, der zufolge Einzelrichter der im Geschäftsverteilungsplan hinreichend bestimmte Berichterstatter sein soll (vgl. Beschluss des Plenums des BVerfG in BVerfGE 1995, 322, BStBl II 1997, 672, unter C.I.4.a; vgl. ferner BFH-Beschluss vom 26. Januar 1999 I R 136/97, BFHE 187, 412, BStBl II 1999, 305). Eine solche Regelung hat der … Senat des FG in seinem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2009 jedoch nicht getroffen.

9

Fehlt demnach eine den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügende Bestimmung des Einzelrichters im senatsinternen Geschäftsverteilungsplan des … Senats für das Jahr 2009, konnte dieser Senat den Rechtsstreit am … 2009 auch nicht wirksam auf den Einzelrichter übertragen. Dementsprechend war Richter am Finanzgericht … als Einzelrichter bei Erlass des angegriffenen Urteils nicht der gesetzliche Richter, das FG also nicht vorschriftsmäßig besetzt. Auf die weiteren Verfahrensrügen des Klägers, insbesondere auf die Frage, ob der Einzelrichterübertragungsbeschluss dem Bevollmächtigten des Klägers wirksam bekannt gegeben wurde, kommt es danach nicht mehr an.

10

c) Der Verfahrensfehler hat zur Folge, dass die Vorentscheidung ohne sachliche Nachprüfung aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 116 Abs. 6 FGO). Die im Ermessen des BFH stehende Zurückverweisung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Vorinstanz unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts entschieden hat (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1873).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 119


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn 1. das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2. bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 6


(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeu

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 21e


(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, wel

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 21g


(1) Innerhalb des mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers werden die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter auf die Mitglieder verteilt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Präsidium. (2) Der Beschluss be

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 4


Für die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 03. März 2011 - II B 110/10

bei uns veröffentlicht am 03.03.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Halter eines Personenkraftwagens. Wegen Nichtzahlung der für dieses Fahrzeug vom FA G festgesetzten Kraftfah

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Halter eines Personenkraftwagens. Wegen Nichtzahlung der für dieses Fahrzeug vom FA G festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer für den Entrichtungszeitraum 31. März 2009 bis 30. März 2010 versuchte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die offene Steuerforderung beizutreiben. Mit seiner vor dem Finanzgericht (FG) erhobenen Feststellungsklage begehrte der Kläger die Feststellung, dass der der Steuerforderung zugrunde liegende Kraftfahrzeugsteuerbescheid wegen fehlender Bekanntgabe unwirksam sei und eine Kraftfahrzeugsteuerschuld nicht bestehe.

2

Durch Beschluss vom 22. Juni 2010  8 K 1253/10 Verk übertrug das FG das Verfahren dem zuständigen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung. Der Beschluss wurde mit einfachem Brief zur Post gegeben. Ebenfalls durch einfaches Schreiben vom 23. Juni 2010 teilte die Geschäftsstelle des FG dem Kläger auf richterliche Anordnung mit, es sei beabsichtigt, über die Klage nach § 94a Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

3

Durch das angefochtene Urteil des Einzelrichters verwarf das FG die Klage ohne mündliche Verhandlung als unzulässig. Das Urteil wurde dem Kläger am 10. August 2010 zugestellt. Dieser rügte mit Schreiben vom 18. August 2010 gegenüber dem FG, ihm sei weder der Beschluss über die Einzelrichterübertragung noch die Belehrung über die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugegangen.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des FG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, mit welcher er einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend macht.

5

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist begründet; das angefochtene Urteil wird gemäß § 116 Abs. 6 FGO aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Durch die nicht wirksam erfolgte Bekanntgabe des Beschlusses des FG über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter ist das Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter verletzt (Verstoß gegen § 119 Nr. 1 und 2 FGO, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes).

7

1. Das Recht auf eine Entscheidung durch den gesetzlichen Richter wird verletzt, wenn ein Einzelrichter entscheidet, obwohl ihm der Rechtsstreit nicht wirksam nach § 6 Abs. 1 FGO übertragen wurde (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 1997 IX R 22/95, BFH/NV 1998, 720, m.w.N.). Zur wirksamen Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter ist es erforderlich, dass der Übertragungsbeschluss den Beteiligten wirksam bekannt gegeben wird (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Juni 2006 V B 193/05, BFH/NV 2006, 1854). Zwar braucht er den Beteiligten nicht zugestellt werden, da er unanfechtbar ist (§ 6 Abs. 4 FGO); erforderlich ist aber zumindest eine formlose Bekanntgabe (§ 155 FGO i.V.m. § 329 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung; BFH-Beschluss vom 10. August 1994 II R 29/94, BFHE 175, 19, BStBl II 1994, 862, m.w.N.). An einer solchen fehlt es nach den unwiderlegten Einlassungen des Klägers im Streitfall.

8

2. Nichts anderes folgt aus § 126 Abs. 4 FGO. Zwar ist die Norm im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anwendbar (BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 1997 III B 296/95, BFH/NV 1998, 35; vom 27. Juli 1999 VII B 342/98, BFH/NV 2000, 194; vom 11. Juni 2003 IV B 21/02, BFH/NV 2003, 1431; vom 17. Februar 2005 X B 178/03, BFH/NV 2005, 1121; vom 19. Dezember 2005 IV B 120/04, BFH/NV 2006, 727), dies gilt aber grundsätzlich dann nicht, wenn ein Verfahrensmangel i.S. des § 119 FGO vorliegt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 9, m.w.N.).

9

3. Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

10

Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung über den Rechtsstreit zu berücksichtigen haben, dass der Kläger seine Klage gegen den falschen Beklagten erhoben hat. Dies ergibt sich --wie das FG auch bereits im angefochtenen Urteil ausgeführt hat-- daraus, dass er im Klageverfahren feststellen lassen will, dass ihm ein Kraftfahrzeugsteuerbescheid des FA G nicht wirksam bekannt gegeben geworden sei. Dieses Begehren richtet sich auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gegenüber derjenigen Behörde, die den Bescheid erlassen hat (vgl. BFH-Urteil vom 25. Februar 1999 IV R 36/98, BFH/NV 1999, 1117), wie sich dies eindeutig aus § 63 Abs. 1 Nr. 3 FGO ergibt. Ein Beklagtenwechsel auf Grund der zwangsweisen Beitreibung der dem Bescheid zugrunde liegenden Forderung durch eine andere Finanzbehörde findet insoweit nicht statt, weil sich diese Beitreibung auf das Bestehen oder Nichtbestehen des vorgenannten Rechtsverhältnisses in Form der wirksamen Bekanntgabe des Kraftfahrzeugsteuerbescheids nicht auswirken kann.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Für die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

Für die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend.

(1) Innerhalb des mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers werden die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter auf die Mitglieder verteilt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Präsidium.

(2) Der Beschluss bestimmt vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer, nach welchen Grundsätzen die Mitglieder an den Verfahren mitwirken; er kann nur geändert werden, wenn es wegen Überlastung, ungenügender Auslastung, Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Spruchkörpers nötig wird.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend, soweit nach den Vorschriften der Prozessordnungen die Verfahren durch den Spruchkörper einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen werden können.

(4) Ist ein Berufsrichter an der Beschlussfassung verhindert, tritt der durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmte Vertreter an seine Stelle.

(5) § 21i Abs. 2 findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Bestimmung durch den Vorsitzenden getroffen wird.

(6) Vor der Beschlussfassung ist den Berufsrichtern, die von dem Beschluss betroffen werden, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(7) § 21e Abs. 9 findet entsprechend Anwendung.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

Für die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.