Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Mai 2019 - 3 BV 17.252, 3 BV 17.347, 3 BV 17.462

bei uns veröffentlicht am06.05.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 1 K 16.595, AN 1 K 16.596, AN 1 K 16.597, 20.12.2016

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufungsverfahren 3 BV 17.252, 3 BV 17.347 und 3 BV 17.462 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Berufungen werden zurückgewiesen.

III. Die Kläger tragen die Kosten jeweils ihres Berufungsverfahrens.

IV. Die Kostenentscheidungen sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger, allesamt in Diensten des Beklagten stehende Polizeibeamte der Bereitschaftspolizei, verfolgen ihr Begehren auf Gewährung von Freizeitausgleich (in Höhe von jeweils 10,42 Stunden) für ihrer Ansicht nach geleisteten Bereitschaftsdienst.

Die Kläger leisteten zur Sicherung des im November 2008 durchgeführten Castor-Transports vom 6. bis 11. November 2008 Dienst in der Region Lüneburg und waren dort in einer ehemaligen Kaserne untergebracht. Während dieses Zeitraums wurden bis auf 22 Stunden - in den Klageschriften vom 16./23. Dezember 2011 (S. 3) als „Bereitschaft“ bezeichnet - alle übrigen Zeiten als Dienstzeit anerkannt; von den 22 Stunden hat der Beklagte für jeden Kläger ein Drittel als Bereitschaftsdienst gemäß Ziffer 6.1 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern über die Arbeitszeit der staatlichen Polizei vom 11. April 2003 (IC5-0233.1/2, AllMBl 2003, 179; juris) anerkannt und darüber hinaus wegen der besonderen Einsatzumstände zusätzlich einen halben Tag (4,25 Stunden) im Dezember 2008 vergütet. Die bislang nicht abgegoltenen 10,42 Stunden (je Kläger) stehen im Streit.

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 20. Dezember 2016 abgewiesen. Es handele sich nicht um ausgleichspflichtige Mehrarbeit im Sinn von Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayBG (in der bis 31.3.2009 geltenden Fassung, a.F.). Ein Ausgleich durch Freizeit im Verhältnis 1 : 1 komme daher nicht in Betracht. Die Kläger hätten den Dienst während der fraglichen Zeiten zwar außerhalb ihres Privatbereichs abgeleistet, sich infolge der angeordneten einstündigen Abmarschbereitschaft aber nicht zum jederzeitigen Einsatz bereithalten müssen. Den Aussagen der beiden in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehörten polizeilichen Führungskräfte zufolge habe kein Verbot bestanden, sich während der Bereitschaftszeiten aus der Kaserne zu entfernen. Eine permanente Einsatzbereitschaft „in voller Montur“ sei nicht angeordnet gewesen. Es sei nur von einer geringen Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme auszugehen gewesen. Bei wertender Betrachtung kämen die hier strittigen Zeiten einer Rufbereitschaft ähnlicher als einer in vollem Umfang auszugleichenden Bereitschaft. Außerdem seien mögliche Ansprüche der Kläger, ohne dass es darauf noch ankomme, verwirkt.

Die Kläger führen zur Begründung ihrer Rechtsmittel an, die Zeiten wiesen nicht das Gepräge einer Rufbereitschaft auf, weil kein Freiraum geblieben sei, währenddessen Privatinteressen habe nachgegangen werden können. Die Kläger hätten sich nicht in eigener Häuslichkeit oder einem Ort ihrer Wahl mit Erreichbarkeit über Mobiltelefon aufhalten können, sondern seien verpflichtet gewesen, ihren Aufenthalt unter äußerst spartanischen Verhältnissen in Vier- bis Sechsbettzimmern in einer ausgedienten Kaserne zu nehmen. Wegen der über die Tage immer weiter ausgedehnten Einsatzzeiten zwischen 16 und 23 Stunden habe es faktisch keine Freizeit während der Bereitschaft gegeben. Schon der reguläre Dienstplan sei von einer Dienstzeit von 6 bis 22 Uhr ausgegangen. Während des gesamten Tages sei der Einsatzoverall getragen worden, Privatkleidung habe nicht mitgeführt werden können. Wäre es zu einer Alarmierung gekommen, wären die Einsatzkräfte - trotz Anordnung einer einstündigen Bereitschaft - selbstverständlich dazu gedrängt worden, diese unverzüglich herzustellen. Ein Verlassen der Kaserne (etwa für einen Waldlauf) sei schon mangels Erreichbarkeit ausgeschlossen gewesen; angesichts der Lage der Kaserne im Nirgendwo ohne Verkehrsanbindung hätte ohnehin niemand die Kaserne verlassen wollen. Es habe eine faktische Ortsbindung bestanden. Die Beamten hätten eine jederzeit einsetzbare „Verfügungsmasse“ gebildet. Bei einer Gesamtschau der bestehenden Einschränkungen könnten die verbleibenden Zeiten nicht einer Rufbereitschaft ähnlich bewertet werden. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei die Rufbereitschaft dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer ständig erreichbar sein müsse, ohne jedoch zur Anwesenheit am Arbeitsplatz verpflichtet zu sein, und er daher freier über seine Zeit verfügen könne. Im Falle der Kläger sei aber der Ruhe- und Erholungsfaktor in den Hintergrund gedrängt worden und habe ein Zustand der Wachsamkeit und Anspannung geherrscht. Die Ansprüche der Kläger seien auch nicht verwirkt; der Beschluss des Senats vom 5. Oktober 2016 (3 ZB 14.2465, juris) könne nicht herangezogen werden, weil es dort um einen regelmäßig zur Rufbereitschaft eingeteilten Krankenpfleger gegangen sei, der seinen Anspruch auf weiteren Ausgleich von über Jahre hinweg in erheblichen Umfang aufgelaufenen Bereitschaftszeiten erst lange nach Entgegennahme des teilweisen Ausgleichs geltend gemacht habe. Die Kläger hätten auch durch die Annahme des teilweisen Freizeitausgleichs keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen der Dienstherr davon habe ausgehen können, weitere Ansprüche würden nicht verfolgt werden.

Die Kläger beantragen jeweils,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. Dezember 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die im Zeitraum vom 6. bis 11. November 2008 geleisteten Bereitschaftsdienste einen vollen Freizeitausgleich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt jeweils,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die vom Beklagten praktizierte Anrechnung der Zeiten gewährleiste eine gleichheitssatzgemäße und nach der jeweiligen Inanspruchnahme differenzierte belastungsgerechte Vergütung. Während der Zeiten der einstündigen Abmarschbereitschaft hätten sich - im Unterschied zu denen in sofortiger Abmarschbereitschaft - die Beamten nicht zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereithalten müssen; es sei nach den Aussagen der informatorisch angehörten Führungskräfte nur mit geringer Wahrscheinlichkeit mit einer Inanspruchnahme zu rechnen gewesen. Die strittigen Zeiten hätten die Einsatzkräfte primär zur Erholung (Schlafen und Ausruhen) von ihrem Dienst genutzt. Nicht maßgeblich sei, ob die Beamten die Unterkunft hätten verlassen dürfen und können. Es habe weder eine Alarmierung noch eine Verkürzung der einstündigen Abmarschbereitschaft gegeben. Es bestehe ein erheblicher Unterschied zu einem echten Bereitschaftsdienst im Hinblick auf die erheblich größere Belastung, in der sich Beamte im Falle einer sofortigen Abmarschbereitschaft befänden. Die vom Europäischen Gerichtshof im Urteil vom 21. Februar 2018 (C-518/15) vorgenommene Abgrenzung von Zeiten einer Rufbereitschaft von einem zur Arbeitszeit gehörenden Bereitschaftsdienst bestätige die nationale Rechtsentwicklung; nach der insoweit übertragbaren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei eine Regelung, nach der die Arbeit innerhalb von 20 Minuten aufzunehmen sei, als Arbeitszeit zu werten, während bei einem Zeitraum von 45 Minuten und mehr lediglich eine Rufbereitschaft anzunehmen sei. Im Übrigen seien mögliche Ansprüche verwirkt. Der diesbezüglichen Rechtsprechung des Senats sei auch das Verwaltungsgericht München im Urteil vom 8. Februar 2017 (5 K 16.2752, juris) gefolgt. Spätestens nach Erhalt der zusätzlichen Gutschrift im Dezember 2008 hätten die Kläger unmissverständlich darauf hinweisen müssen, dass ihnen für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen angeblich geleisteter Mehrarbeit zustünden.

Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 8. Januar und 6. Februar 2019 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie die Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufungen, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), werden gemäß § 93 Satz 1 VwGO im Hinblick auf die Identität der Sachverhalte und Rechtsfragen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Die Berufungen sind zulässig, bleiben in der Sache aber ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn die Kläger haben keinen Anspruch auf (weiteren) Freizeitausgleich in Höhe von 10,42 Stunden für die von ihnen zur Sicherung des Castor-Transports im Zeitraum vom 6. bis 11. November 2008 geleisteten Dienste. Diejenigen Zeiten, während derer die Kläger der Anordnung der „einstündigen Abmarschbereitschaft“ unterlagen, haben keinen Anspruch auf Freizeitausgleich wegen dienstlich angeordneter Mehrarbeit ausgelöst.

1. Die arbeitszeitrechtliche Beurteilung der streitgegenständlichen Zeiten (10,42 Stunden je Kläger) ergibt, dass sie entgegen dem Berufungsvorbringen nicht als Bereitschaftsdienst (im Sinn einer dienstlich angeordneten Mehrarbeit) anzuerkennen sind und daher kein Anspruch auf Abgeltung nach der für das Jahr 2008 maßgeblichen Bestimmung des Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayBG a.F. besteht.

1.1 Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayBG a.F., der zum 1. April 2009 durch die inhaltsgleiche Vorschrift des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG abgelöst wurde, bestimmt, dass Beamte bei einer dienstlich angeordneten und die regelmäßige Arbeitszeit um mehr als fünf Stunden monatlich übersteigenden Mehrarbeit innerhalb eines Jahres Anspruch auf entsprechende Dienstbefreiung haben. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt anstelle der Dienstbefreiung die Zahlung einer Vergütung in Betracht. Nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichts ist Mehrarbeit der „Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung (…) zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamtes (…) über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus (…) verrichtet“ (vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 19.4.2018 - 2 C 59.16 - juris Rn. 13). Auch Zeiten einer angeordneten Dienstbereitschaft (= Bereitschaftsdienst; vgl. Conrad in Weiss/Niedermeier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2018, Bd. II, Art. 87 BayBG Rn. 55; s.a. § 4 BayAzV) sind Arbeitszeiten und können damit Gegenstand von Mehrarbeit im Sinn von Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayBG a.F. sein. Ein in vollem Umfang abgeltungsfähiger Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn sich der Beamte an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (stRspr BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 3.16 - juris Rn. 14; U.v. 17.11.2016 - 2 C 23.15 - juris Rn. 15; U.v. 22.1.2009 - 2 C 90.07 - juris Rn. 14).

Bereitschaftsdienst ist in erster Linie abzugrenzen von der Rufbereitschaft, die keine Arbeitszeit darstellt (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 23.15 - juris Rn. 23 m.w.N; vgl. a. § 12 AZV). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Beamte zwar an einem Ort seiner Wahl aufhalten kann, aber seine Erreichbarkeit sicherstellen muss, um den Dienst bei Bedarf alsbald aufnehmen zu können (Summer in Weiss/Niedermeier/Summer/Zängl, a.a.O., Art. 74 BayBG Rn. 23, 24). Gemäß Art. 74 Abs. 3 BayBG kann, wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, der Beamte angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in der Nähe des Dienstortes aufzuhalten. Die gesetzlich derart umschriebene Rufbereitschaft belässt dem Verpflichteten einen Freiraum, Privatinteressen nachzugehen (Summer in Weiss/Niedermeier/Summer/Zängl, a.a.O., Art. 74 BayBG Rn. 23, 24).

1.2 Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben sind diejenigen Zeiten, während derer die Anordnung einer einstündigen Abmarschbereitschaft galt, nicht als Zeiten eines in vollem Umfang (1 : 1) auszugleichenden Bereitschaftsdienstes zu bewerten (1.2.1). Es kann dahinstehen, ob sie als Zeiten einer Rufbereitschaft oder einer sonstigen Arbeitsbereitschaft zu umschreiben sind (1.2.2).

1.2.1 Auf der Grundlage der Definition des Bundesverwaltungsgerichts (zum nahezu identischen § 88 Satz 2 BBG) fehlt es für eine Bewertung der hier strittigen Zeiten als Bereitschaftsdienst sowohl an einer Anordnung, sich zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten, als auch an der Erwartung, dass während der fraglichen Zeiten erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 23.15 - juris Rn. 15; NdsOVG, U. v. 25.1.2011 - 5 LC 178/09 - juris Rn. 29). Auch unter gemeinschaftsrechtlichem Blickwinkel liegt ein Bereitschaftsdienst, der „Arbeitszeit“ (im Sinn der Richtlinie 2003/88/EG v. 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - ABl. 2003, L 299, S. 9) darstellt, nur dann vor, wenn sich der zur Dienstleistung Verpflichtete an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen muss, um gegebenenfalls sofort seine Leistungen erbringen zu können (vgl. für einen Feuerwehrmann: EuGH, U.v. 21.2.2018 - C-518/15 - juris Rn. 59 ff.; für einen Krankenhausarzt: EuGH, U.v. 9.9.2003 - C-151/02 - juris Rn. 63).

Im vorliegenden Fall hatten sich die Kläger nicht zu einem jederzeitigen und sofortigen Einsatz bereitzuhalten. Ihnen stand vielmehr eine Vorbereitungszeit von einer Stunde zur Verfügung, bis zu deren Ablauf die Abmarschbereitschaft herzustellen war; folglich besaßen die Kläger noch eine gewisse Freiheit in der Gestaltung dieses Zeitraums. Der Senat hält die in Abhängigkeit von der Länge des zeitlichen Vorlaufs der Abmarschbereitschaft vorgenommene Abgrenzung von Bereitschaftsdienst zu anderen Formen der dienstlichen Inanspruchnahme für rechtlich zulässig und sachlich begründet. Er lehnt sich insoweit an die vorliegende arbeitsrechtliche Judikatur an (zu dieser Möglichkeit BVerwG, B.v. 8.3.1967 - VI C 79.63 - ZBR 1967, 317; U.v. 29.3.1974 - VI C 21.71 - ZBR 1974, 263, 264). Danach ist die Anordnung einer Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes innerhalb von 20 Minuten grundsätzlich als Anordnung von Bereitschaftsdienst anzusehen, weil damit ein faktischer Zwang zum unmittelbaren Aufenthalt in der Nähe des Arbeitsplatzes verbunden ist (BAG, U.v. 31.1.2002 - 6 AZR 214/00 - juris Rn. 22 zu den „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ - AVR). Muss sich ein Arbeitnehmer (erst) innerhalb von 45 Minuten nach Abruf am Einsatzort befinden, so wird damit in der Regel kein Bereitschaftsdienst begründet (BAG, U.v. 22.1.2004 - 6 AZR 534/02 - juris Rn. 35; Kock in BeckOK-Arbeitsrecht, § 2 ArbZG Rn. 6; Wichert in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Aufl. 2016, § 2 ArbZG Rn. 16-18 m.w.N.). Die von den Klägern vorgelegte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 21.2.2018 - C-518/15 - juris Rn. 53 ff.), in der es um die Bewertung einer in acht Minuten herzustellenden Einsatzbereitschaft eines Feuerwehrmanns als „Arbeitszeit“ nach Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG ging, fügt sich in die vorangehend zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein. Für die Beantwortung der Frage, ob Zeiten als vollwertige Arbeitszeiten zu behandeln oder der Ruhezeit zuzurechnen sind, kommt es letztlich auf eine umfassende Bewertung sämtlicher Umstände des Einzelfalls an (so schon BVerwG, U.v. 29.3.1974, a.a.O.).

Hier sind keine Umstände ersichtlich, die dazu führen könnten, dass trotz Anordnung einer einstündigen Abmarschbereitschaft ausnahmsweise von vollwertiger Dienstzeit (Bereitschaftsdienst) ausgegangen werden müsste. Allein die Anordnung, dass sich die Kläger über den gesamten Zeitraum an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb der Dienststelle und außerhalb eigener Häuslichkeit aufzuhalten haben, ist für sich gesehen nicht ausreichend, um den Begriff „Bereitschaftsdienst“ im eingangs definierten Sinne auszufüllen. Gleiches gilt in diesem Zusammenhang, in dem es ausschließlich um die arbeitszeitrechtliche Seite der angeordneten Einsatzbereitschaft geht, für die weiter geltend gemachten („spartanischen“) Umstände der Unterbringung der Kläger auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne und die Schwierigkeiten, in der näheren Umgebung Möglichkeiten der Zerstreuung zu finden. Genauso wenig spielt eine Rolle, ob ein Verlassen der Kaserne wegen der tatsächlichen Gegebenheiten überhaupt praktisch möglich und sinnvoll war, auch wenn kein entsprechendes Verbot bestand; insoweit folgt der Senat der Aussage des in der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2016 informatorisch angehörten Polizeidirektors M. Auch der Umstand, dass es angesichts der sehr langen täglichen Einsatzzeiten praktisch keine Zeiträume gab, die zu einer anderen Beschäftigung als zum Schlafen oder Ausruhen hätten genutzt werden können, führt nicht dazu, dass auch die faktisch „erzwungenen“ Ruhezeiten als Dienstbereitschaft bewertet werden müssten. Denn gerade im Hinblick auf das nur in den zwischen den langen Einsatzzeiten zu erfüllende Ruhebedürfnis der Einsatzkräfte und die fehlende permanente Abmarschbereitschaft mussten die Kläger „erfahrungsgemäß“ und nach der „im Regelfall zu erwartenden Häufigkeit“ (BVerwG, U.v. 22.1.2009 - 2 C 90.07 - juris Rn. 17) nicht mit einer dienstlichen Inanspruchnahme (Aufwecken und Herstellen der sofortigen Abmarschbereitschaft) rechnen. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass die Kläger nach der vorzunehmenden (objektiven) ex-ante-Betrachtung unter den gegebenen Umständen des Castoreinsatzes 2008 von einer „nur geringen Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme“ hätten ausgehen müssen. Tatsächlich wurden sie nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Polizeidirektors M. während der hier streitgegenständlichen Zeiträume nicht „alarmiert“ (Niederschrift v. 20.12.2016, S. 4).

Es spricht auch nichts für den Vortrag der Kläger, die einstündige Abmarschbereitschaft sei nur deswegen angeordnet worden, um auf diese Weise die Verpflichtung nach Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayBG a.F. zur Gewährung vollen Zeitausgleichs zu umgehen, zumal dem Dienstherrn bewusst gewesen sei, dass es die Berufsehre von Bereitschaftspolizisten gebiete, im Falle einer Alarmierung schon schneller, spätestens nach einer halben Stunde abmarschbereit zu sein. Mit diesem Argument kann die Anordnung der einstündigen Abmarschbereitschaft aber nicht als bloße „Scheinanordnung“ mit dem Ziel, Personalkosten zu sparen, bezeichnet werden, denn nach der eindeutigen rechtlichen Situation waren die Kläger im Falle einer Alarmierung eben gerade nicht verpflichtet, sofort oder auch nur vor Ablauf einer Stunde abmarschbereit zu sein. Für andere (praktische) Überlegungen besteht insoweit kein Raum.

Bei den fraglichen Zeiten handelt es sich auch nicht deswegen um Bereitschaftsdienst, weil der Beklagte selbst die unter der Überschrift „Bereitschaftsdienst“ stehende Ziffer 6.1 der zitierten Bekanntmachung vom 11. April 2003 auf die vorliegenden Fälle angewendet hat, ohne dann allerdings - der bereits zitierten Rechtsprechung folgend - die aus seiner Sicht als Bereitschaftszeiten zu bewertenden Zeiten im vollem Umfang (und nicht nur zu einem Drittel) durch Freizeit auszugleichen. Denn diese Bekanntmachung definiert den Begriff „Bereitschaftsdienst“ in einem weiteren Sinn. Anstelle des nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblichen Merkmals des „jederzeitigen“ Sichbereithaltens des Beamten zum „unverzüglichen“ Einsatz, dem der Senat für das bayerische Landesbeamtenrecht folgt, verwendet die zitierte Bekanntmachung nämlich die Formulierung, „um bei Bedarf zur Dienstleistung herangezogen werden zu können“.

Schließlich braucht nicht der Frage nachgegangen werden, ob wegen der Besonderheiten der vorliegenden Fälle ausnahmsweise unter Rückgriff auf die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn ein Anspruch auf angemessenen Freizeitausgleich in Betracht kommen kann (offengelassen in BVerwG, U.v. 25.10.1979 - 2 C 7.78 - juris Rn. 43). Denn der Beklagte hat den besonderen Verhältnissen hier dadurch Rechnung getragen, dass er auf freiwilliger Grundlage und als Anerkennung des schwierigen Einsatzes dem betroffenen Beamten einen Freizeitausgleich gewährt hat, ohne dass dem ein entsprechender Anspruch gegenüberstand. Auf diese Weise wurden 1/3 (= 7,33 Stunden) der verbleibenden 22 Stunden als Freizeitausgleich (in Anwendung von Ziffer 6.1 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11. April 2003) und weitere 4,25 Stunden gemäß einem Aktenvermerk des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 27. November 2008 vergütet. Im Ergebnis sind damit mehr als die Hälfte der Zeiten wie volle Arbeitszeit behandelt worden; damit hat der Beklagte bereits eine „überobligatorische“ Anrechnung geleistet. Auch wenn man die Zeiten entsprechend Zeiten einer Rufbereitschaft bewerten wollte, hätten die Kläger für die 22 Stunden der Arbeitsbereitschaft bereits mehr Ausgleich erhalten, als ihnen nach Art. 74 Abs. 3 BayBG (2/10, vgl. Ziff. 6.2 Bek. BayStMI v.11.4.2003) zustünde. Für die unter Fürsorgegesichtspunkten zu bejahende Angemessenheit des bereits gewährten Freizeitausgleichs spricht auch, dass die Kläger mit Ausnahme der 22 Stunden sämtliche Zeiten ihres viertägigen Castoreinsatzes 2008 als volle Dienstzeiten zurückgelegt haben und es sich demnach bei den 22 Stunden faktisch um Schlafzeiten, wenn auch unter Vorbehalt eines Einsatzes innerhalb einer Stunde „aus dem Schlaf heraus“, gehandelt hat.

1.2.2 Es bedarf keiner Entscheidung darüber, wie die hier strittigen Zeiten in arbeitszeitrechtlicher Hinsicht zu qualifizieren sind. Den Streitgegenstand bildet nämlich ausschließlich der mit den Klagen verfolgte, jedoch nicht bestehende Anspruch auf Freizeitausgleich für geleisteten Bereitschaftsdienst im Verhältnis 1 zu 1.

Im Übrigen scheidet die Einordnung als Rufbereitschaft hier schon deswegen aus, weil die Kläger verpflichtet waren, fernab ihres Dienstortes in einem bestimmten Gebäude Unterkunft zu nehmen. Sie konnten sich daher während der streitgegenständlichen nächtlichen Zeiträume (22 bis 5 Uhr; 23 bis 5 Uhr; 2 bis 7 Uhr; 1 bis 5 Uhr) faktisch weder in eigener Häuslichkeit noch einem anderen Ort ihrer Wahl aufhalten (vgl. a. Ziff. 6.2 Bek. BayStMI v.11.4.2003). Vielmehr war den Klägern zeitlich begrenzt ein neuer „Dienstort“ (im Sinn von Art. 74 Abs. 3 BayBG) als Einsatzort außerhalb Bayerns mit verpflichtender gemeinschaftlicher Unterbringung zugewiesen worden, an dem sie sich bereitzuhalten hatten. Damit verbunden war aber mehr als nur die der Rufbereitschaft immanente „gewisse Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beamten während der Freizeit“ (so schon BVerwG, U.v. 25.10.1979 - 2 C 7.78 - juris Rn. 41).

2. Bleibt die Klage aber schon in Ermangelung eines angeordneten Bereitschaftsdienstes erfolglos, bedarf es keiner Prüfung der Frage mehr, ob ein denkbarer Anspruch auf Freizeitausgleich verwirkt wäre. Der Senat lässt daher ausdrücklich offen, ob der vom Verwaltungsgericht (hilfsweise) vertretenen Ansicht zu folgen ist, die geltend gemachten Ansprüche seien jedenfalls verwirkt (so für die weitgehend identische Fallkonstellation: VG München, U.v. 8.2.2017 - M 5 K 16.2752 - juris, hiergegen Antrag auf Zulassung der Berufung anhängig: 3 ZB 17.591, sowie zu § 88 Abs. 2 BBG: BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 6 CE 18.2332 - juris), oder ob die von beiden vorgenannten Entscheidungen in Bezug genommene Rechtsprechung des Senats (BayVGH, B.v 23.11.1982 - 3 B 82 A.1793 - ZBR 1983, 152; B.v. 5.10.16 - 3 ZB 14.2464 - juris Rn. 9) - wie die Kläger meinen - nur Fälle einer langfristig durch Dienstpläne angeordneten (regelmäßigen) Dienstbereitschaft betrifft.

3. Die Berufungen waren deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht zuzulassen.

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 23.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten zu verpflichten, die durch den Kläger, der als Krankenpfleger (BesGr A 9) in der Justizvollzugsanstalt A. tätig ist, nach den Dienstanweisungen Nr. 10 vom 20. Juli 2012 und Nr. 95 vom 24. Oktober 2012 in den Kalenderjahren 2011, 2012 und 2013 geleisteten Bereitschaftszeiten (insgesamt 1262 Stunden) als Mehrarbeit zu vergüten oder einen entsprechenden Freizeitausgleich zu gewähren sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, Bereitschaftszeiten aufgrund dieser Dienstanweisungen als Mehrarbeit zu vergüten oder einen entsprechenden Freizeitausgleich zu gewähren, zu Recht abgewiesen, da es sich hierbei um eine Rufbereitschaft und nicht um einen nach Art. 87 Abs. 2 BayBG, Art. 61 BayBesG auszugleichenden Bereitschaftsdienst handelt.

1.1 Ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG bzw. ein (vorrangiger) Anspruch auf Freizeitausgleich nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG besteht nicht, weil der Kläger keine Mehrarbeit geleistet hat.

Gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayBG sind Beamte verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 2 Abs. 1 AzV) hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt (Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayBG). Werden sie durch dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren (Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG). Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, so können sie an ihrer Stelle eine Vergütung erhalten (Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG).

Mehrarbeit, die im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes (§ 4 AzV) geleistet wird, ist auszugleichen (BVerwG, U.v. 29.4.2004 - 2 C 9.03 - NVwZ 2004, 634 ). Ein Beamter leistet Bereitschaftsdienst, wenn er sich außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an seiner Dienststelle oder an einem anderen Ort außerhalb des Privatbereichs bereitzuhalten hat, um bei Bedarf jederzeit und unverzüglich Dienst zu leisten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 22.1.2009 - 2 C 90.07 - NVwZ-RR 2009, 525 m. w. N.). Hiervon zu unterscheiden ist die Rufbereitschaft, wonach der Beamte angewiesen werden kann, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in Nähe des Dienstorts aufzuhalten, wenn besondere dienstliche Verhältnisse dies erfordern (Art. 74 Abs. 3 BayBG). Rufbereitschaft bedeutet, dass der Beamte sich zu Hause oder an einem anderen Ort aufhalten kann, um bei Bedarf Dienst zu leisten. Sie findet ihre Grundlage in der besonderen Pflichtenbindung im Beamtenverhältnis. Hierfür kann der Beamte weder Freizeitausgleich noch eine zusätzliche Vergütung beanspruchen (BVerwG, U.v. 12.12.1979 - 6 C 96.78 - BVerwGE 59, 176 ). Bei der Zeit, in der sich ein Beamter in Rufbereitschaft befindet, handelt es sich nicht um Arbeitszeit. Denn während der Rufbereitschaft leistet der Beamte - abgesehen von den ohnehin voll zu vergütenden Zeiten eines etwaigen tatsächlichen Einsatzes - keinen Dienst (BVerwG, U.v. 25.10.1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 ). Soweit hierfür Ausgleich geleistet wird, besitzt diese Leistung weder Entgelt- noch Alimentationscharakter (BVerwG, U.v. 12.12.1979 a. a. O. Rn. 31).

Für die Unterscheidung kommt es maßgeblich auf die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten an. Ausschlaggebend hierfür ist, ob während dieser Zeiten typischerweise mit Einsätzen in nennenswertem Umfang zu rechnen ist, die der Bereitschaft das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder als Rufbereitschaft darstellen, die nur sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird (BVerwG, U.v. 22.1.2009 a. a. O. Rn. 17). Für die rechtliche Bewertung ist dabei nicht entscheidend, ob es in jeder einzelnen Bereitschaft, für die Ansprüche geltend gemacht werden, zu tatsächlichen Einsätzen gekommen ist, sondern, ob nach den üblichen Umständen erfahrungsgemäß mit solchen Einsätzen zu rechnen ist. Es reicht aus, die insoweit anzustellenden tatsächlichen Ermittlungen auf einen überschaubaren, repräsentativen Zeitraum zu beschränken, der eine typisierende Gesamtbetrachtung ermöglicht. Ergibt diese, dass im Regelfall ein Rückgriff auf den Bereitschaft leistenden Beamten erforderlich ist, sind diese Zeiten als Bereitschaftsdienst zu werten (BVerwG a. a. O. Rn. 20). Inhalt, Umfang und Intensität der durch die Rufbereitschaft ausgelösten Inanspruchnahme sind dabei nach derjenigen Belastung zu bemessen, die im Durchschnitt auf einen Beamten der Dienststelle während der Bereitschaft zukommt (BVerwG, U.v. 25.10.1979 a. a. O. Rn. 37).

Deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund, dass der Kläger von 2011 bis 2013 121 Bereitschaften zwischen einem Tag und einer Woche in Höhe von zusammen 1262 Stunden geleistet hat, während derer er an 14 Tagen in die Justizvollzugsanstalt gerufen wurde, auszugleichenden Bereitschaftsdienst verneint hat. Denn angesichts dessen, dass der Kläger und seine beiden Kollegen (vgl. die Verfahren 3 ZB 14.2462 und 3 ZB 14.2464) von 2011 bis 2013 282 Bereitschaften mit insgesamt 2.912 Stunden geleistet haben, in denen sie 35 mal in die Justizvollzugsanstalt gerufen wurden, um zwischen einer Stunde und drei Stunden Dienst zu leisten (die auch voll als Arbeitszeit vergütet wurden), kann von einer übermäßigen Belastung nicht die Rede sein. Bei einer tatsächlichen Dienstleistung in lediglich 12-15% der Bereitschaften und einem durchschnittlichen Einsatz von eineinhalb Stunden je Bereitschaft stellt die dienstliche Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten ersichtlich die Ausnahme und nicht die Regel dar (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.1987 - 3 B 86.03579 [UA S. 7], bestätigt durch BVerwG, B.v. 25.2.1988 - 2 B 27.88).

Im Übrigen steht - worauf der Beklagte im Schriftsatz vom 6. Februar 2015 zu Recht hinweist - einem Anspruch auf Ausgleich von Mehrarbeit entgegen, dass der Kläger einen weiteren Ausgleich für die Rufbereitschaft erst geltend gemacht hat, nachdem ihm der Beklagte hierfür bereits 18 Tage Freizeitausgleich gewährt hatte (einen Tag Freistellung für jeweils 64 Stunden Rufbereitschaft). Ein Beamter ist verpflichtet, anlässlich vom Dienstherrn anerkannter Überzeiten und auf dieser Basis erfolgter Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen (angeblich) geleisteter Mehrarbeit bestehen. Kommt der Beamte dieser Pflicht nicht nach, so hat er einen etwaigen Anspruch verwirkt (BayVGH, B.v. 23.11.1982 - 3 B 82 A.1793 - ZBR 1983, 152). Dem Kläger hätte es daher oblegen, bereits bei Einteilung zur Rufbereitschaft, spätestens aber im Zeitpunkt der Inanspruchnahme eine weitergehende Anrechnung zu beantragen.

1.2 Die vom Kläger innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils.

1.2.1 Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er sich während der Rufbereitschaft jederzeit einsatzbereit zur Verfügung halten müsse, um in Notfällen unverzüglich bzw. sofort in die Justizvollzugsanstalt zu kommen und an der Notfallbehandlung mitzuwirken, so dass er unter ständiger Anspannung stehe, ergibt sich dies nicht aus den Dienstanweisungen Nr. 10 vom 20. Juli 2012 und Nr. 95 vom 24. Oktober 2012. Danach hat der diensthabende Krankenpfleger (Rufbereitschaft) in Notfällen zwar in jedem Fall in die Justizvollzugsanstalt zu kommen und dort zu verbleiben, bis eine ausreichende Anzahl Nacht- bzw. Frühdienstbeamter verfügbar ist, und muss an der Notfallbehandlung durch den Bereitschafts- bzw. Notarzt mitwirken. Von einer Pflicht, sich jederzeitig bereitzuhalten, um im Notfall sofort in die Justizvollzugsanstalt zu kommen, ist darin jedoch nicht die Rede. Die Dienstanweisungen bestimmen auch keine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer der diensthabende Krankenpfleger sich bei einem Notfall in die Justizvollzugsanstalt zu begeben hat. Keinesfalls wird von ihm verlangt, im Notfall „alles stehen und liegen zu lassen“, um sofort (d. h. binnen weniger Minuten) den Dienst aufzunehmen. Dies wäre ihm i.d.R. auch nicht möglich, da er zu Hause - anders als in der Justizvollzugsanstalt - auch keine Dienstkleidung trägt. Vielmehr soll er in einem medizinischen Notfall nur so schnell wie möglich in die Justizvollzugsanstalt kommen, um seinen Dienst zu versehen.

Anderes folgt auch nicht aus der Natur der Sache. Auch wenn medizinische Notfälle (wie ein Herzinfarkt, Schlaganfall, epileptischer Anfall) ohne Verzögerung behandelt werden müssen, obliegt die Notfallbehandlung gemäß dem JMS vom 4. Dezember 2009 (Gz. 4550-VIIa-12285/09) in erster Linie dem unverzüglich zu verständigendem Bereitschafts- bzw. Notarzt und nicht dem diensthabenden Krankenpfleger, der den Arzt nach seinem Eintreffen in der Justizvollzugsanstalt bei der weiteren Behandlung unterstützt, aber nicht dessen Aufgaben wahrnimmt. Allenfalls der Bereitschafts- bzw. Notarzt, der alle unaufschiebbaren Sofortmaßnahmen in eigener Verantwortung zu treffen hat, und nicht der ihn unterstützende Krankenpfleger ist deshalb mit einem Einsatzleiter der Feuerwehr vergleichbar, der sich ständig einsatzbereit halten muss, um innerhalb weniger Minuten vor Ort zu sein, und der deshalb Bereitschaftsdienst und nicht lediglich Rufbereitschaft leistet (vgl. VGH BW, U.v. 26.6.2013 - 4 S 94/12 -Rn. 22).

Daran ändert nichts, dass die Rufbereitschaft dem diensthabenden Krankenpfleger eine bestimmte Einsatzbereitschaft abverlangt und er während seiner Rufbereitschaft in seiner Freizeitgestaltung gewissen Einschränkungen unterliegt, so dass er etwa keinen Alkohol zu sich nehmen kann, sich nicht weit entfernt vom Dienstort aufhalten darf und sicherstellen muss, dass er für die Justizvollzugsanstalt telefonisch ständig erreichbar ist. Solche Einschränkungen sind der Rufbereitschaft immanent. Inhalt der Rufbereitschaft ist es begrifflich, dass sich der Beamte während der dienstfreien Zeit jederzeit erreichbar in der Nähe des Dienstorts aufhält, um ggf. zur Dienstleistung herangezogen zu werden (Art. 74 Abs. 3 BayBG). Die Rufbereitschaft bedeutet aber lediglich eine geringfügige Einschränkung der Bewegungs- und Betätigungsfreiheit während der Freizeit, die von dem Beamten aufgrund des besonderen Dienst- und Treueverhältnisses hinzunehmen ist (BVerwG, U.v. 12.12.1979 a. a. O. Rn. 33).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die tatsächliche Anzahl der Einsätze während der Rufbereitschaft für den Kläger zufällig und nicht vorhersehbar ist und er also in der ganzen Bereitschaftszeit Einschränkungen in seiner Freizeitgestaltung unterliegt. Nach der unter 1.1 wiedergegebenen Rechtsprechung kommt es maßgeblich nur darauf an, ob nach den üblichen Umständen erfahrungsgemäß mit Einsätzen zu rechnen ist, wobei aus der Anzahl an Einsätzen während eines überschaubaren, repräsentativen Zeitraums auf Bereitschaftsdienst bzw. Rufbereitschaft geschlossen werden kann (vgl. VGH BW, U.v. 26.6.2013 a. a. O. juris Rn. 23).

1.2.2 Anderes ergibt sich auch nicht aus Unionsrecht. Nach der st. Rspr. des EuGH (vgl. U.v. 3.10.2000 - Rs. C-303/98 - Simap ; U.v. 9.9.2003 - Rs. C-151/02 - Jaeger ; U.v. 1.12.2005 - Rs. C-14/04 - Dellas ; B.v. 11.1.2007 - Rs. C-437/05 - Vorel ; U.v. 25.11.2010 - Rs. C-429/09 - Fuß ) zählt die sog. Rufbereitschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer in der Weise Bereitschaftsdienst leistet, dass er ständig erreichbar ist, ohne jedoch zur Anwesenheit am Arbeitsplatz verpflichtet zu sein, nicht zur Arbeitszeit i. S. d. RL 2003/88/EG bzw. RL 93/104/EG, da der Arbeitnehmer, selbst wenn er seinem Arbeitgeber zumindest in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, in dieser Situation doch freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen kann, so dass lediglich die Zeit für die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistungen als Arbeitszeit anzusehen ist. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen auch nicht ansatzweise auseinander.

1.2.3 Soweit der Kläger rügt, dass er während der Rufbereitschaft Arbeitsleistungen am Telefon erbracht habe, die nicht abgegolten worden seien, hat er hierfür keinen Nachweis erbracht. Wenn er meint, der Beklagte hätte diese Leistungen gesondert erfassen und abrechnen müssen, hätte er dies rechtzeitig beantragen müssen (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.1987 - 3 B 86.02783 [UA S. 2]).

1.2.4 Soweit der Kläger moniert, das Verwaltungsgericht hätte nicht offen lassen dürfen, sondern von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ermitteln müssen, ob ein Freizeitausgleich möglich gewesen sei (Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG, Art. 61 Abs. 1 Satz 2 BayBesG), kommt es hierauf nicht an, da der Kläger nach dem unter 1.1 Ausgeführten keine Mehrarbeit i. S. d. Art. 87 BayBG, Art. 61 BayBesG geleistet hat, so dass ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG schon daran scheitert.

1.2.5 Soweit der Kläger sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet, weil er zukünftig grundsätzlich erneut mit der Anordnung von Rufbereitschaft rechnen müsse, fehlt es bereits am Feststellungsinteresse i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO, da die Rufbereitschaft an der Justizvollzugsanstalt A. ab 1. Juli 2014 abgeschafft wurde. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auch den Feststellungsantrag aus den unter 1.1. angeführten Gründen zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung bzw. Freizeitausgleich für geleistete Rufbereitschaft hat.

2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich, dass die Rechtssache auch nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Dies wäre nur zu bejahen, wenn bei der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten einer evtl. Berufung der Ausgang des Rechtsstreits offen ist. Dies ist nach dem unter 1. Ausgeführten nicht der Fall. Die Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft ist in der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG und des EuGH anhand eindeutiger Kriterien geklärt.

3. Die Rechtssache hat auch nicht die ihr vom Kläger zugemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die vom Kläger formulierte Frage („Ist als Kriterium zur Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft die Anzahl der Arbeitseinsätze geeignet, die während der geleisteten Bereitschaften tatsächlich zu erbringen waren und einen zumutbaren Umfang nicht überschreiten dürfen ?“) lässt sich anhand der unter 1. zitierten Rechtsprechung des BVerwG und des BayVGH in dem gestellten Sinn beantworten, mag es hierzu auch unterschiedliche Regelungen in einzelnen Justizvollzugsanstalten geben.

4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG (wie Vorinstanz).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

Zeiten der Rufbereitschaft sind keine Arbeitszeit. Hat die Beamtin oder der Beamte jedoch über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalendermonat Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit bei feststehender Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei Gleitzeit dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin steht als Polizeivollzugsbeamtin in Diensten des Beklagten. Sie begehrt eine weitergehende Abgeltung für geleistete Bereitschaftsdienste im Zusammenhang mit Sondereinsätzen zur Durchführung der Fußball-Europameisterschaft vom 6. - 19. Juni 2009 sowie zur Sicherung des Castor-Transports vom 6. - 11. November 2008.

Für diese Einsätze ermittelte der Beklagte ausweislich seines Zeiterfassungssystems eine „inaktive“ Bereitschaftszeit von 163 Stunden (Europameisterschaft) sowie von 21,5 Stunden (Castor-Transport), insgesamt 184,5 Stunden, von denen die Klägerin ein Drittel im Dezember 2008 durch ihre Stammeinheit als Freizeitausgleich gutgeschrieben bekam. 123 dieser Bereitschaftsstunden wurden nicht abgegolten. Allerdings vergütete der Beklagte aufgrund besonderer Umstände des „Castor-Einsatzes“ laut Aktenvermerk vom … November 2008 den hierbei eingesetzten Beamten einen halben Tag (4 Stunden 15 Minuten) zusätzlich.

Mit Schreiben vom … November 2011 beantragte die Klägerin beim Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei die vollumfängliche Einstellung der bei beiden oben aufgeführten Sondereinsätzen geleisteten Bereitschaftszeiten in ihr Arbeitszeitkonto sowie die Gewährung von Freizeitausgleich in diesem Umfang. Für den Fall, dass Freizeitausgleich aus dienstlichen Gründen nicht mehr möglich sein sollte, beantragte sie einen finanziellen Ausgleich.

Eine Entscheidung des Beklagten über diesen Antrag erfolgte nicht.

Am 20. Dezember 2011 hat die Klägerin Klage erhoben - wobei zunächst im Hinblick auf eine erwartete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Verfahren 2 C 10.11 das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde - und zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin für die von ihr im Jahr 2008 geleisteten Bereitschaftsdienste vollen Ausgleich zu gewähren.

Beim „Castor-Einsatz“ sei die Klägerin in einem Containerdorf bzw. in einer ehemaligen Kaserne untergebracht gewesen. Es sei dort zwar eine einstündige Abmarschbereitschaft angeordnet gewesen, da sich die Einsatzlage jedoch häufig verändert habe, habe sich auch die vorgesehene Einsatzzeit entsprechend geändert. Zudem habe auch permanent der Einsatzoverall getragen werden müssen. Die Einsatzzeiten hätten bis zu 19 Stunden gedauert. Defacto sei daher von den Beamten ihre ständige Abmarschbereitschaft gefordert gewesen. Auch im Rahmen des Einsatzes bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 sei die Klägerin an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort, dem Polizeifortbildungszentrum A* …, untergebracht gewesen, um ihre sofortige Verfügbarkeit sicherzustellen. Die jeweils geleisteten Dienste seien daher nicht als Rufbereitschaft einzustufen, sondern als in vollem Umfang ausgleichspflichtige Bereitschaftsdienste.

Demgegenüber hat das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei für den Beklagten Klageabweisung beantragt.

Nach den Richtlinien zur Arbeitszeit der staatlichen Polizei sei der zu gewährende Freizeitausgleich für geleisteten Bereitschaftsdienst entsprechend der im Einzelfall konkret angeordneten Abmarschbereitschaft zu bemessen. Bei einer sofortigen Abmarschbereitschaft erhalte der Beamte Freizeitausgleich im Verhältnis 1:1 gutgeschrieben. Bei einer, wie vorliegend, gegebenen einstündigen Abmarschbereitschaft sei Freizeitausgleich im Verhältnis 1:3 zu gewähren. Ein weitergehender Anspruch auf Freizeitausgleich bestehe nicht.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtssowie der beigezogenen Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die zunächst vor Ablauf der Dreimonatsfrist erhobene Klage ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung als Untätigkeitsklage in Form einer Verpflichtungsklage gemäß § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Die Klage ist aber unbegründet.

Die Unterlassung des von der Klägerin begehrten weiteren Freizeitausgleichs für die Einsätze bei der Fußball Europameisterschaft sowie zur Sicherung des „Castor-Transports“ jeweils im Jahr 2008, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Gemäß Art. 80 Abs. 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der bis31. März 2008 geltenden Fassung (danach nach der inhaltsgleichen Regelung des Art. 87 Abs. 2 BayBG) haben Beamte bei einer dienstlich angeordneten oder genehmigten und mehr als 5 Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Mehrarbeit innerhalb eines Jahres Anspruch auf entsprechende Dienstbefreiung. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können an ihrer Stelle Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.

Ein nach dieser Vorschrift in Betracht kommender (weitergehender) Anspruch der Klägerin ist verwirkt.

a) Der Rechtsgedanke der Verwirkung - der von Amts wegen zu prüfen ist - ist als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht einschließlich des Beamtenrechts anwendbar. Die Annahme der Verwirkung setzt ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten voraus, das geeignet ist, beim anderen Teil die Vorstellung zu begründen, dass Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden. Außerdem wird eine Verletzung oder Gefährdung berechtigter Interessen des anderen Teils gefordert, etwa weil dieser sich auf die vom Berechtigten erweckte Erwartung, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht, einrichten durfte und eingerichtet hat (BVerwG, B.v. 29.10.2008 - 2 B 22/08 - juris).

Für Ansprüche auf Vergütung geleisteter Mehrarbeit hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus dem von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägten Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn die Pflicht abgeleitet, dass er anlässlich vom Dienstherrn anerkannter Überzeiten und auf dieser Basis erfolgter Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen hat, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen Mehrarbeit bestehen, so er solche geltend machen will (BayVGH B.v. 5.10.2016 - 3 ZB 14.2462 - juris Rn. 9 unter Hinweis auf B.v. 23.11.1982 - 3 B 82 A.1793 - ZBR 1983, 152). Denn nach der Gesetzessystematik ist Mehrarbeit im genannten Sinne vom Dienstherrn grundsätzlich innerhalb eines Jahres durch Dienstbefreiung auszugleichen und danach in Form einer Vergütung abzugelten, so dass außerhalb dieses Zeitraums Fälle nicht abgewickelter Mehrarbeit nicht entstehen sollen. Dieses gesetzgeberische Ziel führt im Rahmen des besonderen beamtenrechtlichen Pflichtenverhältnisses zu der schützenswerten Annahme des Dienstherrn, ein gegebenenfalls anspruchsberechtigter Beamter werde, wenn er im zeitlichen Zusammenhang für einen Einsatz eine Dienstbefreiung erhält, dann aber untätig bleibt und keine weitergehenden Ansprüche geltend macht, auch künftig keine diesbezüglichen Ansprüche geltend machen.

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin erstmals im November 2011 weitergehende Ansprüche auf Dienstbefreiung an den Dienstherrn herangetragen, obwohl dieser noch im Jahr 2008 über die diesbezüglich zu gewährende Dienstbefreiung entschieden hat (siehe Aktenvermerk vom … November 2008). Zu diesem Zeitpunkt waren in Betracht kommende Ansprüche nach vorstehenden Maßstäben ersichtlich verwirkt, weil der Dienstherr zu diesem Zeitpunkt keinesfalls noch mit der Geltendmachung entsprechender Ansprüche rechnen musste.

2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 29. Oktober 2018 - B 5 E 18.1023 - geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der sich noch bis 30. November 2018 im aktiven Dienstverhältnis als Polizeivollzugsbeamter in der Bundespolizei befindet, begehrt im Weg der einstweiligen Anordnung die weitere Anerkennung von Bereitschaftszeiten als Dienstzeiten.

Ihm war Mehrarbeit, die er in Form von Bereitschaftsdienst als Beamter vom Dienst (B.v.D.) geleistet hatte, nach der damaligen Verfügungslage mit Wertung zu 50% je geleisteter Bereitschaftsdienststunde in Freizeit ausgeglichen worden. Mit Schreiben vom 18. April 2017 beantragte er unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. November 2016 (BVerwGE 156, 262) bei seiner Dienststelle vollen Freizeitausgleich im Verhältnis von 1 zu 1 durch „Abänderung und Neuberechnung aller von mir geleisteten Dienste als B.v.D., welche noch nicht einer Verjährung der Antragsfrist unterliegen“. Mit Verfügung der Bundespolizeiabteilung Bayreuth vom 13. Dezember 2017 in Gestalt des - teilweise abhelfenden - Widerspruchsbescheids der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 21. Februar 2018 wurden unter Hinweis auf die neue Erlasslage die vom Antragsteller ab dem 18. November 2015 geleisteten Bereitschaftszeiten „mit einer Abrechnung von 100% nachberechnet“, woraus sich eine Zeitgutschrift in Höhe von 27 Stunden und 16 Minuten ergab; für die vor diesem Zeitpunkt (zwischen 11.3.2015 und 9.11.2015) erbrachten Zeiten des Bereitschaftsdienstes wurde hingegen ein voller Freizeitausgleich abgelehnt.

Der Antragsteller hat daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht erhoben, mit der er auch für die 2015 geleisteten Bereitschaftsdienstzeiten vollen Freizeitausgleich durch Gutschrift von 99,75 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto verlangt. Darüber ist bislang nicht entschieden

Unter Hinweis auf den bevorstehenden Eintritt in den Ruhestand und die dadurch drohende Erledigung seines Klagebegehrens hat der Antragsteller am 1. Oktober 2018 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2018 die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller auf dessen Arbeitszeitkonto 99,75 Stunden gutzuschreiben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die mit der Anordnung verbundene Vorwegnahme der Hauptsache sei wegen des bevorstehenden Eintritts in den Ruhestand ausnahmsweise gerechtfertigt. Der Antragsteller habe nach § 88 Satz 2 BBG einen Anspruch auf vollen Freizeitausgleich auch der im Jahr 2015 erbrachten Mehrarbeit. Dieser Anspruch sei nicht verwirkt, weil der Antragsteller ihn erst in zumutbarer Weise habe geltend machen können, nachdem er Kenntnis von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. November 2016 erlangt habe.

Die Antragsgegnerin beantragt mit ihrer am 2. November erhobenen und am 12. November 2018 begründeten Beschwerde, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2018 abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Der Antragsteller verteidigt den angegriffenen Beschluss und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.

Die Beschwerdegründe, die die Antragsgegnerin innerhalb der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt hat, führen zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist abzulehnen, weil dem Antragsteller kein Anordnungsanspruch zur Seite steht.

Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht zwar davon aus, dass der Antragsteller für geleistete Mehrarbeit in Form des Bereitschaftsdienstes im Jahr 2015 nach § 88 Satz 2 BBG einen Anspruch auf vollen Freizeitausgleich im Verhältnis 1 zu 1 erworben hat. Es sprechen indes gute Gründe dafür, dass dieser Anspruch bereits verwirkt ist. Diese Gründe sind so gewichtig, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache durch einstweilige Anordnung des Ausgleichs in der dem Antragsteller noch verbleibenden aktiven Dienstzeit bis 30. November 2018 nicht gerechtfertigt ist.

Das Rechtsinstitut der Verwirkung, einer besonderen Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), gilt auch im öffentlichen Recht, namentlich im öffentlichen Dienstrecht (etwa BayVGH, B.v. 1.2.2018 - 6 ZB 17.1863 - juris Rn. 17 f m.w.N.). Tatbestandlich setzt Verwirkung voraus, dass ein verwirkbares Recht, wie hier der Anspruch auf Gewährung von Dienstbefreiung nach § 88 Satz 2 BBG, nicht mehr ausgeübt werden kann, weil seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung unter Berücksichtigung des beim Verpflichteten daraus erwachsenen Vertrauens als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist dann der Fall, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (sog. Zeitmoment) und der Berechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (sog. Umstandsmoment, vgl. BVerwG, U.v. 30.8.2018 - 2 C 10.17 - juris Rn. 21 m.w.N). Ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, lässt sich letztlich nur durch Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls ermitteln (BVerfG, B.v. 4.3.2008 - 2 BvR 2111/07 - juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 1.2.2018 - 6 ZB 17.1863 - juris Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen dürfte der Anspruch des Antragstellers aus § 88 Satz 2 BBG auf vollen Freizeitausglich für die 2015 erbrachte Mehrarbeit bereits verwirkt gewesen sein, als er ihn mit Schreiben vom 18. April 2017 erstmals geltend gemacht hat. Denn der Antragsteller ist unter Umständen untätig geblieben, unter denen der Dienstherr ein Handeln erwarten durfte, wenn der Antragsteller weiteren Freizeitausgleich beanspruchen will. Denn ihm war für das Jahr 2015 wegen anerkannter Mehrarbeit teilweiser Freizeitausgleich gewährt worden. Ein Beamter ist in einem solchen Fall verpflichtet, anlässlich vom Dienstherrn anerkannter Mehrarbeitszeiten und auf dieser Basis erfolgter Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen Mehrarbeit bestehen. Kommt der Beamte dieser Pflicht nicht nach, so hat er einen etwaigen Anspruch verwirkt (BayVGH, B.v. 23.11.1982 - 3 B 82 A.1793 - ZBR 1983, 152; B.v. 5.10.2016 - 3 ZB 14.2462 - juris Rn. 9). Dem Antragsteller hätte es daher oblegen, wohl schon bei Inanspruchnahme der ihm (unvollständig) gewährten Dienstbefreiung weitergehenden Ausgleich zu beantragen. Jedenfalls aber dürfte der Ausgleichanspruch spätestens dann verwirkt sein, wenn der Beamte - wie hier - länger als ein Jahr mit der Geltendmachung weiterer Dienstbefreiung zuwartet. Denn das Gesetz bestimmt in § 88 Satz 2 BBG ausdrücklich einen Zeitraum von einem Jahr, innerhalb dessen der Freizeitausgleich zu gewähren ist. Damit wird der Ausgleichsanspruch nicht zuletzt im Interesse einer geordneten und vorhersehbaren Einsatz- und Personalplanung in einer Weise konkretisiert, auf die sich sowohl der Beamte als auch der Dienstherr einzustellen haben. Der Verwirkung steht nicht entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit Urteil vom 17. November 2016 - 2 C 23.15 - (BVerwGE 156, 262) entschieden hat, dass auch bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes - wie bei Volldienst - Anspruch auf vollen Freizeitausgleich im Verhältnis 1 zu 1 besteht. Auch wenn der Antragsteller vor diesem Urteil im Unklaren über die Rechtslage gewesen sein mag, ändert das nichts an seiner Obliegenheit, weitergehende Ansprüche auch bei entgegenstehender Erlasslage jedenfalls innerhalb des Jahreszeitraums geltend zu machen.

2. Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 12.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten zu verpflichten, die durch den Kläger, der als Krankenpfleger (BesGr A 8) in der Justizvollzugsanstalt A. tätig ist, nach den Dienstanweisungen Nr. 10 vom 20. Juli 2012 und Nr. 95 vom 24. Oktober 2012 in den Kalenderjahren 2011, 2012 und 2013 geleisteten Bereitschaftszeiten (insgesamt 935 Stunden) als Mehrarbeit zu vergüten oder einen entsprechenden Freizeitausgleich zu gewähren sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, Bereitschaftszeiten aufgrund dieser Dienstanweisungen als Mehrarbeit zu vergüten oder einen entsprechenden Freizeitausgleich zu gewähren, zu Recht abgewiesen, da es sich hierbei um eine Rufbereitschaft und nicht um einen nach Art. 87 Abs. 2 BayBG, Art. 61 BayBesG auszugleichenden Bereitschaftsdienst handelt.

1.1 Ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG bzw. ein (vorrangiger) Anspruch auf Freizeitausgleich nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG besteht nicht, weil der Kläger keine Mehrarbeit geleistet hat.

Gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayBG sind Beamte verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 2 Abs. 1 AzV) hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt (Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayBG). Werden sie durch dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren (Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG). Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, so können sie an ihrer Stelle eine Vergütung erhalten (Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG).

Mehrarbeit, die im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes (§ 4 AzV) geleistet wird, ist auszugleichen (BVerwG, U.v. 29.4.2004 - 2 C 9.03 - NVwZ 2004, 634 ). Ein Beamter leistet Bereitschaftsdienst, wenn er sich außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an seiner Dienststelle oder an einem anderen Ort außerhalb des Privatbereichs bereitzuhalten hat, um bei Bedarf jederzeit und unverzüglich Dienst zu leisten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 22.1.2009 - 2 C 90.07 - NVwZ-RR 2009, 525 m. w. N.). Hiervon zu unterscheiden ist die Rufbereitschaft, wonach der Beamte angewiesen werden kann, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in Nähe des Dienstorts aufzuhalten, wenn besondere dienstliche Verhältnisse dies erfordern (Art. 74 Abs. 3 BayBG). Rufbereitschaft bedeutet, dass der Beamte sich zu Hause oder an einem anderen Ort aufhalten kann, um bei Bedarf Dienst zu leisten. Sie findet ihre Grundlage in der besonderen Pflichtenbindung im Beamtenverhältnis. Hierfür kann der Beamte weder Freizeitausgleich noch eine zusätzliche Vergütung beanspruchen (BVerwG, U.v. 12.12.1979 - 6 C 96.78 - BVerwGE 59, 176 ). Bei der Zeit, in der sich ein Beamter in Rufbereitschaft befindet, handelt es sich nicht um Arbeitszeit. Denn während der Rufbereitschaft leistet der Beamte - abgesehen von den ohnehin voll zu vergütenden Zeiten eines etwaigen tatsächlichen Einsatzes - keinen Dienst (BVerwG, U.v. 25.10.1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 ). Soweit hierfür Ausgleich geleistet wird, besitzt diese Leistung weder Entgelt- noch Alimentationscharakter (BVerwG, U.v. 12.12.1979 a. a. O. Rn. 31).

Für die Unterscheidung kommt es maßgeblich auf die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten an. Ausschlaggebend hierfür ist, ob während dieser Zeiten typischerweise mit Einsätzen in nennenswertem Umfang zu rechnen ist, die der Bereitschaft das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder als Rufbereitschaft darstellen, die nur sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird (BVerwG, U.v. 22.1.2009 a. a. O. Rn. 17). Für die rechtliche Bewertung ist dabei nicht entscheidend, ob es in jeder einzelnen Bereitschaft, für die Ansprüche geltend gemacht werden, zu tatsächlichen Einsätzen gekommen ist, sondern, ob nach den üblichen Umständen erfahrungsgemäß mit solchen Einsätzen zu rechnen ist. Es reicht aus, die insoweit anzustellenden tatsächlichen Ermittlungen auf einen überschaubaren, repräsentativen Zeitraum zu beschränken, der eine typisierende Gesamtbetrachtung ermöglicht. Ergibt diese, dass im Regelfall ein Rückgriff auf den Bereitschaft leistenden Beamten erforderlich ist, sind diese Zeiten als Bereitschaftsdienst zu werten (BVerwG a. a. O. Rn. 20). Inhalt, Umfang und Intensität der durch die Rufbereitschaft ausgelösten Inanspruchnahme sind dabei nach derjenigen Belastung zu bemessen, die im Durchschnitt auf einen Beamten der Dienststelle während der Bereitschaft zukommt (BVerwG, U.v. 25.10.1979 a. a. O. Rn. 37).

Deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund, dass der Kläger von 2011 bis 2013 86 Bereitschaften zwischen einem Tag und einer Woche in Höhe von zusammen 935 Stunden geleistet hat, während derer er an neun Tagen in die Justizvollzugsanstalt gerufen wurde, auszugleichenden Bereitschaftsdienst verneint hat. Denn angesichts dessen, dass der Kläger und seine beiden Kollegen (vgl. die Verfahren 3 ZB 14.2462 und 3 ZB 14.2465) von 2011 bis 2013 282 Bereitschaften mit insgesamt 2.912 Stunden geleistet haben, in denen sie 35 mal in die Justizvollzugsanstalt gerufen wurden, um zwischen einer Stunde und drei Stunden Dienst zu leisten (die auch voll als Arbeitszeit vergütet wurden), kann von einer übermäßigen Belastung nicht die Rede sein. Bei einer tatsächlichen Dienstleistung in lediglich 11% der Bereitschaften und einem durchschnittlichen Einsatz von eineinhalb Stunden je Bereitschaft stellt die dienstliche Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten ersichtlich die Ausnahme und nicht die Regel dar (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.1987 - 3 B 86.03579 [UA S. 7], bestätigt durch BVerwG, B.v. 25.2.1988 - 2 B 27.88).

Im Übrigen steht - worauf der Beklagte im Schriftsatz vom 6. Februar 2015 zu Recht hinweist - einem Anspruch auf Ausgleich von Mehrarbeit entgegen, dass der Kläger einen weiteren Ausgleich für die Rufbereitschaft erst geltend gemacht hat, nachdem ihm der Beklagte hierfür bereits 14 Tage Freizeitausgleich gewährt hatte (einen Tag Freistellung für jeweils 64 Stunden Rufbereitschaft). Ein Beamter ist verpflichtet, anlässlich vom Dienstherrn anerkannter Überzeiten und auf dieser Basis erfolgter Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen (angeblich) geleisteter Mehrarbeit bestehen. Kommt der Beamte dieser Pflicht nicht nach, so hat er einen etwaigen Anspruch verwirkt (BayVGH, B.v. 23.11.1982 - 3 B 82 A.1793 - ZBR 1983, 152). Dem Kläger hätte es daher oblegen, bereits bei Einteilung zur Rufbereitschaft, spätestens aber im Zeitpunkt der Inanspruchnahme eine weitergehende Anrechnung zu beantragen.

1.2 Die vom Kläger innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils.

1.2.1 Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er sich während der Rufbereitschaft jederzeit einsatzbereit zur Verfügung halten müsse, um in Notfällen unverzüglich bzw. sofort in die Justizvollzugsanstalt zu kommen und an der Notfallbehandlung mitzuwirken, so dass er unter ständiger Anspannung stehe, ergibt sich dies nicht aus den Dienstanweisungen Nr. 10 vom 20. Juli 2012 und Nr. 95 vom 24. Oktober 2012. Danach hat der diensthabende Krankenpfleger (Rufbereitschaft) in Notfällen zwar in jedem Fall in die Justizvollzugsanstalt zu kommen und dort zu verbleiben, bis eine ausreichende Anzahl Nacht- bzw. Frühdienstbeamter verfügbar ist, und muss an der Notfallbehandlung durch den Bereitschafts- bzw. Notarzt mitwirken. Von einer Pflicht, sich jederzeitig bereitzuhalten, um im Notfall sofort in die Justizvollzugsanstalt zu kommen, ist darin jedoch nicht die Rede. Die Dienstanweisungen bestimmen auch keine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer der diensthabende Krankenpfleger sich bei einem Notfall in die Justizvollzugsanstalt zu begeben hat. Keinesfalls wird von ihm verlangt, im Notfall „alles stehen und liegen zu lassen“, um sofort (d. h. binnen weniger Minuten) den Dienst aufzunehmen. Dies wäre ihm i.d.R. auch nicht möglich, da er zu Hause - anders als in der Justizvollzugsanstalt - auch keine Dienstkleidung trägt. Vielmehr soll er in einem medizinischen Notfall nur so schnell wie möglich in die Justizvollzugsanstalt kommen, um seinen Dienst zu versehen.

Anderes folgt auch nicht aus der Natur der Sache. Auch wenn medizinische Notfälle (wie ein Herzinfarkt, Schlaganfall, epileptischer Anfall) ohne Verzögerung behandelt werden müssen, obliegt die Notfallbehandlung gemäß dem JMS vom 4. Dezember 2009 (Gz. 4550-VIIa-12285/09) in erster Linie dem unverzüglich zu verständigendem Bereitschafts- bzw. Notarzt und nicht dem diensthabenden Krankenpfleger, der den Arzt nach seinem Eintreffen in der Justizvollzugsanstalt bei der weiteren Behandlung unterstützt, aber nicht dessen Aufgaben wahrnimmt. Allenfalls der Bereitschafts- bzw. Notarzt, der alle unaufschiebbaren Sofortmaßnahmen in eigener Verantwortung zu treffen hat, und nicht der ihn unterstützende Krankenpfleger ist deshalb mit einem Einsatzleiter der Feuerwehr vergleichbar, der sich ständig einsatzbereit halten muss, um innerhalb weniger Minuten vor Ort zu sein, und der deshalb Bereitschaftsdienst und nicht lediglich Rufbereitschaft leistet (vgl. VGH BW, U.v. 26.6.2013 - 4 S 94/12 -Rn. 22).

Daran ändert nichts, dass die Rufbereitschaft dem diensthabenden Krankenpfleger eine bestimmte Einsatzbereitschaft abverlangt und er während seiner Rufbereitschaft in seiner Freizeitgestaltung gewissen Einschränkungen unterliegt, so dass er etwa keinen Alkohol zu sich nehmen kann, sich nicht weit entfernt vom Dienstort aufhalten darf und sicherstellen muss, dass er für die Justizvollzugsanstalt telefonisch ständig erreichbar ist. Solche Einschränkungen sind der Rufbereitschaft immanent. Inhalt der Rufbereitschaft ist es begrifflich, dass sich der Beamte während der dienstfreien Zeit jederzeit erreichbar in der Nähe des Dienstorts aufhält, um ggf. zur Dienstleistung herangezogen zu werden (Art. 74 Abs. 3 BayBG). Die Rufbereitschaft bedeutet aber lediglich eine geringfügige Einschränkung der Bewegungs- und Betätigungsfreiheit während der Freizeit, die von dem Beamten aufgrund des besonderen Dienst- und Treueverhältnisses hinzunehmen ist (BVerwG, U.v. 12.12.1979 a. a. O. Rn. 33).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die tatsächliche Anzahl der Einsätze während der Rufbereitschaft für den Kläger zufällig und nicht vorhersehbar ist und er also in der ganzen Bereitschaftszeit Einschränkungen in seiner Freizeitgestaltung unterliegt. Nach der unter 1.1 wiedergegebenen Rechtsprechung kommt es maßgeblich nur darauf an, ob nach den üblichen Umständen erfahrungsgemäß mit Einsätzen zu rechnen ist, wobei aus der Anzahl an Einsätzen während eines überschaubaren, repräsentativen Zeitraums auf Bereitschaftsdienst bzw. Rufbereitschaft geschlossen werden kann (vgl. VGH BW, U.v. 26.6.2013 a. a. O. juris Rn. 23).

1.2.2 Anderes ergibt sich auch nicht aus Unionsrecht. Nach der st. Rspr. des EuGH (vgl. U.v. 3.10.2000 - Rs. C-303/98 - Simap ; U.v. 9.9.2003 - Rs. C-151/02 - Jaeger ; U.v. 1.12.2005 - Rs. C-14/04 - Dellas ; B.v. 11.1.2007 - Rs. C-437/05 - Vorel ; U.v. 25.11.2010 - Rs. C-429/09 - Fuß ) zählt die sog. Rufbereitschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer in der Weise Bereitschaftsdienst leistet, dass er ständig erreichbar ist, ohne jedoch zur Anwesenheit am Arbeitsplatz verpflichtet zu sein, nicht zur Arbeitszeit i. S. d. RL 2003/88/EG bzw. RL 93/104/EG, da der Arbeitnehmer, selbst wenn er seinem Arbeitgeber zumindest in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, in dieser Situation doch freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen kann, so dass lediglich die Zeit für die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistungen als Arbeitszeit anzusehen ist. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen auch nicht ansatzweise auseinander.

1.2.3 Soweit der Kläger rügt, dass er während der Rufbereitschaft Arbeitsleistungen am Telefon erbracht habe, die nicht abgegolten worden seien, hat er hierfür keinen Nachweis erbracht. Wenn er meint, der Beklagte hätte diese Leistungen gesondert erfassen und abrechnen müssen, hätte er dies rechtzeitig beantragen müssen (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.1987 - 3 B 86.02783 [UA S. 2]).

1.2.4 Soweit der Kläger moniert, das Verwaltungsgericht hätte nicht offen lassen dürfen, sondern von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ermitteln müssen, ob ein Freizeitausgleich möglich gewesen sei (Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG, Art. 61 Abs. 1 Satz 2 BayBesG), kommt es hierauf nicht an, da der Kläger nach dem unter 1.1 Ausgeführten keine Mehrarbeit i. S. d. Art. 87 BayBG, Art. 61 BayBesG geleistet hat, so dass ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG schon daran scheitert.

1.2.5 Soweit der Kläger sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet, weil er zukünftig grundsätzlich erneut mit der Anordnung von Rufbereitschaft rechnen müsse, fehlt es bereits am Feststellungsinteresse i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO, da die Rufbereitschaft an der Justizvollzugsanstalt A. ab 1. Juli 2014 abgeschafft wurde. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auch den Feststellungsantrag aus den unter 1.1. angeführten Gründen zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung bzw. Freizeitausgleich für geleistete Rufbereitschaft hat.

2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich, dass die Rechtssache auch nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Dies wäre nur zu bejahen, wenn bei der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten einer evtl. Berufung der Ausgang des Rechtsstreits offen ist. Dies ist nach dem unter 1. Ausgeführten nicht der Fall. Die Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft ist in der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG und des EuGH anhand eindeutiger Kriterien geklärt.

3. Die Rechtssache hat auch nicht die ihr vom Kläger zugemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die vom Kläger formulierte Frage („Ist als Kriterium zur Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft die Anzahl der Arbeitseinsätze geeignet, die während der geleisteten Bereitschaften tatsächlich zu erbringen waren und einen zumutbaren Umfang nicht überschreiten dürfen ?“) lässt sich anhand der unter 1. zitierten Rechtsprechung des BVerwG und des BayVGH in dem gestellten Sinn beantworten, mag es hierzu auch unterschiedliche Regelungen in einzelnen Justizvollzugsanstalten geben.

4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG (wie Vorinstanz).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:

1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.