Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen die mit Bescheid vom 5. August 2016 angeordnete Abschiebung nach Polen im Rahmen eines Dublin-Verfahrens.

Die Antragsteller sind armenische Staatsangehörige. Die Antragsteller zu 1) und 2) reisten nach eigenen Angaben am … Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein, die Antragstellerin zu 3) wurde am … April 2016 in A. geboren. Sie stellten am ... April 2016 einen Asylantrag. Nach den Erkenntnissen des Antragsgegners sind die Antragsteller zu 1) und 2) im Besitz eines am ... September 2015 ausgestellten und vom ... September 2015 bis ... Oktober 2015 gültigen polnischen Schengen-Visums (Bl. 40 ff. der Behördenakte).

Am … Mai 2016 richtete die Antragsgegnerin Aufnahmegesuche für die Antragsteller - einschließlich derjenigen zu 3) - an die Republik Polen, denen diese mit Schreiben vom ... Juni 2016 jedenfalls für die Antragsteller zu 1) und 2) gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO stattgab (Bl. 72, 74 der Behördenakte).

Unter dem ... Mai 2016 zeigten die Bevollmächtigten der Antragsteller die Vertretung des Antragstellers zu 1) an und bestritten das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einleitung eines Dublin-Verfahrens. Der Antragsteller zu 1) sei nie in Polen gewesen, sondern mit dem Flugzeug direkt von Armenien nach Deutschland eingereist.

Mit Bescheid vom 5. August 2016, zugestellt am … August 2016, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids), ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf a. Monate ab dem Tag der Abschiebung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Asylanträge gemäß § 27a AsylG unzulässig seien, da Polen aufgrund der erteilten Visa gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin verlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom ... August 2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am ... August 2016, erhoben die Bevollmächtigten der Antragsteller Klage für diese und beantragten zugleich,

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Zur Begründung wurde mitgeteilt, dass die Antragsteller bestritten, sich in Polen registriert oder aufgehalten zu haben.

Die Antragsgegnerin legte unter dem 29. August 2016 die Akten vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Antragsverfahren und im Klageverfahren M 6 K 16.50620 und die Behördenakte der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei der Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und mögliche summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts zunächst verschont zu bleiben, zurück. Erweist sich umgekehrt der Bescheid nach vorläufiger Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung in der Regel anordnen, da kein öffentliches Interesse an der Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids besteht. Ist der Ausgang des Verfahrens nicht absehbar, bleibt es bei der allgemeinen Interessenabwägung.

Gemessen an diesen Grundsätzen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochten Bescheids, da nach vorläufiger Prüfung davon auszugehen ist, dass der angefochtene Bescheid sich als rechtmäßig erweisen wird und die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Halbsatz 2 Asylgesetz - AsylG).

Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung. Dass der Bescheid auf die zum Zeitpunkt seines Erlasses geltende, durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 - BGBl. I S. 1939 - mit Wirkung vom 6. August 2016 aufgehobene Vorschrift des § 27a AsylG gestützt ist, steht seiner Rechtmäßigkeit nicht entgegen. Der Austausch der Rechtsgrundlage ist zulässig, weil sich dadurch das Wesen des hier angegriffenen Bescheids nicht ändert (OVG NRW, U. v. 24.8.2016 - 13 A 63/16.A - juris Rn. 31; VG Schwerin, U. v. 26.9.2016 - 16 A 1757/15 As SN - juris Rn. 49). Mit dem Integrationsgesetz hat der Gesetzgeber zur besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsanwendung in § 29 Abs. 1 AsylG die möglichen Gründe für die Unzulässigkeit eines Asylantrags in einem Katalog zusammengefasst (BT-Drs. 18/8615 S. 51), ohne dass hierdurch materiell die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit (bislang: § 27a Asyl(Vf)G; nunmehr: § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) in der Sache geändert worden sind (BVerwG, U. v. 9.8.2016 - 1 C 6.16 - juris Rn. 8).

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 - sog. Dublin III-VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Dublin III-VO findet gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO auf alle in der Bundesrepublik Deutschland ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz Anwendungen, also auch auf das hier streitgegenständliche Schutzgesuch der Antragsteller vom ... April 2016.

§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG verweist auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG und verpflichtet das Bundesamt in einem solchen Fall, die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anzuordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

1. Nach zutreffender Auffassung der Antragsgegnerin ist Polen gemäß Art. 12 Abs. 4 Unterabs. 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz Dublin III-VO ist derjenige EU-Mitgliedstaat, der dem Betreffenden das Visum erteilt hat, für die Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutzes zuständig. Solange der Betreffende das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat, gilt dies nach Art 12 Abs. 4 Dublin III-VO auch dann, wenn das Visum, aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte, im maßgeblichen Zeitpunkt der Stellung des Gesuchs auf internationalen Schutz (Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) noch nicht sechs Monate abgelaufen ist. Die Antragsteller zu 1) und 2) sind im Besitz eines am ... September 2015 ausgestellten polnischen Schengen-Visums, das bis ... Oktober 2015 gültig und damit im Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland am ... April 2016 noch nicht sechs Monate abgelaufen war. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten in der Zwischenzeit verlassen hätten, liegen nicht vor. Ob die Antragsteller das Visum bei ihrer Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten tatsächlich benutzt haben, ist für die Anwendbarkeit von Art. 12 Abs. 4 i. V. m. Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO nicht erheblich. Der Umstand, dass sich die Antragsteller ihren Angaben zufolge nie in Polen aufgehalten haben, steht somit der Zuständigkeit Polens nicht entgegen. Dementsprechend hat Polen auch der Aufnahme der Antragsteller gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO mit Schreiben vom... Juni 2016 zugestimmt. Die Zuständigkeit Polens für die Behandlung des Asylantrags der Antragstellerin zu 3) folgt aus Art. 11 Dublin III-VO. Auch die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO ist noch nicht abgelaufen.

2. Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen. Gründe im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, die der Überstellung der Antragstellerin nach Polen entgegenstünden, wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Das Gericht konnte sich in diesem Sinne nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass die Antragsteller in Polen grundsätzlich wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher, also überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt würden. Es folgt damit der ganz überwiegenden Meinung in der aktuellen Rechtsprechung, wonach in Polen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung systemische Mängel im dargestellten Sinne nicht bestehen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 19.01.2016 - 11 B 15.50130 - juris; BayVGH, B. v. 22.06.2015 - 11 B 15.50049 - juris Rn. 22-24; Sächsisches OVG, B. v. 12.10.2015 - 5 B 259/15.A - juris; VG Augsburg, B. v. 2.8.2016 - Au 7 S 16.50073; VG München, B. v. 14.07.2016 - M 12 S 16.50454 - juris; VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 - AN 14 K 15.50448 - juris). Unter Auswertung der Erkenntnislage konnten die Gerichte keine strukturellen Mängel des polnischen Asylsystems erkennen, die landesweit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung befürchten lassen.

So ist etwa dem vom Europäischen Flüchtlingsrat ECRE - European Council on Refugees and Exiles - für das Projekt AIDA - Asylum Information Database - erstellten Länderbericht zu Polen vom November 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/poland), zu entnehmen, dass dort kein Mangel an Plätzen besteht (S. 48 ) und die Asylbewerber Mahlzeiten, Unterstützung zum Erwerb von Kleidung und Hygieneartikeln, einen Geldbetrag zur persönlichen Verfügung, Sprachkurse und notwendigen Schulbedarf erhalten (S. 46). Die Lebensbedingungen in den Aufnahmezentren sind unterschiedlich. Auch die von Privaten betriebenen Einrichtungen müssen jedoch bestimmten Mindestanforderungen genügen, insbesondere über möblierte Zimmer, getrennte Gemeinschaftsräume, einen Kindergarten und Schulräume verfügen. Die Zimmer sind für zwei, vier oder mehr Personen ausgelegt, abhängig vom Bedarf der Familien (S. 49 f.). Die medizinische Versorgung wird auf dem gleichen Niveau gewährt wie polnischen Staatsbürgern und schließt auch die Behandlung psychischer Erkrankungen mit ein (S. 60 f.). Asylbewerber können unter bestimmten, gesetzlich geregelten, Voraussetzungen in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass die Mehrzahl der Asylsuchenden in Polen inhaftiert werden. In dem Bericht wird allerdings darauf hingewiesen, dass viele der Inhaftierten Kinder sind. Anfang 2014 betrug ihr Anteil etwa ein Viertel (S. 62), wenn auch mit rückläufiger Tendenz (S. 67). Familien mit Kindern werden - soweit möglich - gemeinsam in einem Raum, getrennt von anderen Asylbewerbern, untergebracht (S. 71). Das Recht auf Schulbildung wird in den geschlossenen Einrichtungen nur eingeschränkt gewahrt, insbesondere können dort untergebrachte Kinder keine Schulen besuchen, sondern werden innerhalb der Einrichtung beschult. Allerdings bemüht sich die polnische Regierung insoweit um Verbesserungen (S. 72 f.) Die Inhaftierten haben auch Zugang zu medizinischer Versorgung (S. 73). Eine Inhaftierung kommt rechtlich und faktisch insbesondere im Fall des illegalen Grenzübertritts und der Überstellung nach der Dublin-Verordnung vor. Für einen solchen Fall, insbesondere einen illegalen Grenzübertritt, liegen hier angesichts des den Antragstellern zu 1) und 2) erteilten Schengen-Visums keine Anhaltspunkte vor. Abschließend kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass eine systematische Inhaftierung von Schutzsuchenden nicht stattfindet (S. 64).

Es ist damit nicht ersichtlich, dass trotz mancher Defizite der Bedingungen für Asylbewerber in Polen, insbesondere in den geschlossenen Einrichtungen, systemische Schwächen vorliegen, die auf strukturellen Missständen beruhen, von den polnischen Behörden tatenlos hingenommen werden und zu massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen bei den Asylsuchenden führen würden. Die Situation mag für Asylbewerber in Polen im Vergleich zur Situation in der Bundesrepublik Deutschland etwas unangenehmer sein, die oben genannte Schwelle zur Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen sind jedoch bei weitem nicht erreicht.

Vor diesem Hintergrund ist für das Gericht auch eine vergleichbare Sachlage, wie sie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12 - Tarakhel./.Schweiz - NVwZ 2014, 127) und des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris) im Hinblick auf Italien zugrunde liegt, für Polen nicht ersichtlich.

3. Individuelle außergewöhnliche Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO notwendig machen, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, ebenso wenig wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin das Fehlen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes in ihrem vor der Rechtsänderung zum 6. August 2016 ergangenen Bescheid nicht ausdrücklich festgestellt hat (vgl. § 31 Abs. 3 AsylG Satz 1 n. F.), steht der Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht entgegen. Für eine (erneute) Prüfung durch die Antragsgegnerin im Rahmen einer Zurückweisung besteht kein Raum. Über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG hat das Gericht gemäß § 31 Abs. 3 AsylG n. F. selbst zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 3 Satz 1 VwGO; VG Schwerin, U. v. 26.9.2016, 16 A 1757/15 As SN - juris Rn. 124 ff.; VG Cottbus, B. v. 11.10.2016, 5 L 387/16.A - juris Rn. 42).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Nov. 2016 - M 6 S 16.50621

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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 4. Dezember 2015 geändert. Die Klage wird (auch) abgewiesen, soweit sie sich gegen die Ziffern 2 und 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. Oktober 2015 richtet.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. September 2014 wird insoweit aufgehoben, als es Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 3. Dezember 2013 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, für die Kläger ein Asylverfahren durchzuführen. Die Klage wird insoweit abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen drei Viertel, die Beklagte ein Viertel der Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Im September 2013 reisten sie über die Republik Polen in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 24. September 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylanträge. Nachdem die polnischen Behörden dem Übernahmeersuchen des Bundesamts am 22. November 2013 aufgrund ihrer Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Kläger gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO zugestimmt hatten, erklärte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger mit Bescheid vom 3. Dezember 2013 für unzulässig (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2).

Gegen den Bescheid erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg. Mit Beschluss vom 7. Mai 2014 ordnete dieses die aufschiebende Wirkung der Klage wegen Reiseunfähigkeit des Klägers zu 3 an.

Mit Urteil vom 26. September 2014 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 3. Dezember 2013 auf und verpflichtete die Beklagte, für die Kläger ein Asylverfahren durchzuführen. Die Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids sei rechtswidrig, weil wegen der Reiseunfähigkeit des Klägers zu 3 auf unabsehbare Zeit ein inländisches Abschiebungshindernis bestehe. Könne eine Abschiebungsanordnung nicht ergehen, müsse das Bundesamt prüfen, ob der Ausländer in Bezug auf seinen Herkunftsstaat einen Anspruch auf internationalen Schutz habe oder diesbezüglich nationale Abschiebungsverbote vorlägen. Gleiches müsse gelten, wenn die Abschiebungsanordnung nachträglich aufgrund des Eintritts von Reiseunfähigkeit rechtswidrig werde. Das habe zur Folge, dass die Unzulässigkeitserklärung in Nr. 1 des Bescheids ebenfalls rechtswidrig werde, weil ansonsten ein unter Umständen lang andauernder Zustand der Ungewissheit eintreten würde, in dem der zuständige Staat (die Republik Polen) keine Prüfung vornehmen könne, weil die Kläger sich nicht dorthin begeben könnten, und dadurch die Durchführung eines Asylverfahrens in Polen faktisch (auf unabsehbare Zeit) unmöglich sei. Daher sei die Bundesrepublik Deutschland zuständig. Das Dublin-System beruhe auf der Annahme, dass immer ein Mitgliedstaat vorhanden sei, der die inhaltliche Prüfung der Asylanträge vornehme (vgl. auch Art. 18 und 41 GR-Charta sowie Erwägungsgrund 15 der Dublin II-VO).

Der Senat ließ auf Antrag der Beklagten die Berufung mit Beschluss vom 8. Juni 2015 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) zu, soweit das Verwaltungsgericht Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 3. Dezember 2013 aufgehoben hat.

Im Berufungsverfahren beantragt die Beklagte,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage im noch rechtshängigen Umfang abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat Erkenntnisquellen zur Situation in Polen gemäß der Liste vom 10. Juni 2015 mit Schreiben vom 24. November 2015 in das Verfahren eingeführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung, § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO.

Der Beschluss des Senats vom 8. Juni 2015 ist dahingehend auszulegen, dass die Berufung auch hinsichtlich des Verpflichtungsausspruchs des Verwaltungsgerichts zugelassen wurde, da die bloße Zulassung der Berufung gegen die mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. September 2014 erfolgte Aufhebung der Nr. 1 des Bescheids des Bundesamts, mit der die Asylanträge der Kläger für unzulässig erklärt werden, keinen Sinn ergäbe, wenn der Verpflichtungsausspruch im Urteil des Verwaltungsgerichts, ein Asylverfahren für die Kläger in Deutschland durchzuführen, bestehen bliebe.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Nach der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylG) ist der Bescheid des Bundesamts vom 3. Dezember 2013 in seiner Nr. 1 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO); die Beklagte ist daher mangels Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht verpflichtet, für die Kläger ein Asylverfahren durchzuführen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer Pflicht der Beklagten zum Selbsteintritt. Die Klage ist deshalb unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. September 2014 insoweit (die Aufhebung von Nr. 2 des Bescheids durch das Verwaltungsgericht ist rechtskräftig) abzuweisen.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind das Asylgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, ist die neue Rechtslage zugrunde zu legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall in Bezug auf die maßgebliche Dublin-Verordnung - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist. Die Dublin II-VO ist trotz § 77 Abs. 1 AsylG und der zwischenzeitlich erlassenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juli 2013 - Dublin III-VO - auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil nach Art. 49 Dublin III-VO die Neuregelung erst auf Anträge der Mitgliedstaaten auf Wiederaufnahme anzuwenden ist, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind. Hier sind sowohl die Asylanträge der Kläger als auch das Wiederaufnahmegesuch der Beklagten an die Republik Polen im Jahr 2013 gestellt worden.

1. Gegen Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 3. Dezember 2013 ist allein die Anfechtungsklage die statthafte Klageart (vgl. BVerwG, U. v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris). Das Bundesamt hat in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit der Asylanträge der Kläger nach § 27a AsylG getroffen, deren Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Ungeachtet der gewählten Formulierung des Bundesamts („Die Asylanträge sind unzulässig“) liegt nicht lediglich eine Feststellung vor, sondern eine rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung der Asylanträge als unzulässig, wie das § 31 Abs. 6 AsylG verlangt (vgl. BVerwG, U. v. 17.9.2015 - 1 C 26.14 - juris Rn. 12).

Die Dublin-Verordnungen unterscheiden klar zwischen dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staats und der inhaltlichen Prüfung des Asylantrags. Der Erhebung einer auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO steht entgegen, dass die Dublin II-Verordnung - Dublin II-VO - ein von der materiellen Prüfung eines Asylantrags gesondertes behördliches Verfahren für die Bestimmung des hierfür zuständigen Staats vorsieht (Art. 2 Buchst. e). Die Trennung der Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung und zur materiellen Prüfung des Asylbegehrens darf nicht dadurch umgangen werden, dass das Verwaltungsgericht im Fall der Aufhebung der Zuständigkeitsentscheidung sogleich über die Begründetheit des Asylantrags entscheidet. Vielmehr fordert das Dublin-Regelungswerk, dass im Fall einer vom Gericht für fehlerhaft erachteten Bestimmung eines anderen Staats die für das Dublin-Verfahren zuständige Behörde - hier das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - die Möglichkeit erhält, einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist, um die Aufnahme oder Wiederaufnahme des Asylantragstellers zu ersuchen (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10; v. 14.9.2013 - C-4/11 - juris). Die Stellung eines solchen Ersuchens, das den Lauf von zuständigkeitsbegründenden Fristen auslöst, ist eine dem Bundesamt zugewiesene Aufgabe, die das Gericht im Fall des Durchentscheidens nicht erfüllen könnte (zur Notwendigkeit der Sicherung der dem Bundesamt zugewiesenen Steuerungsfunktion im Fall der gerichtlichen Überprüfung einer Einstellungsentscheidung nach §§ 32, 33 AsylG vgl. schon BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12).

Soweit die Kläger beantragen, die Beklagte zu verpflichten, sich „zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger zu erklären und das Asylverfahren der Kläger fortzuführen“, ist die Klage unzulässig. Die Frage, ob die Republik Polen für die Asylanträge der Kläger zuständig ist, wird - wie ausgeführt - im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten geklärt. Ist die Anfechtungsklage erfolgreich, steht zwar nur fest, dass Polen nicht zuständig ist. Damit ist jedoch noch keine Zuständigkeit Deutschlands begründet. Die Beklagte hat dann vielmehr noch die Möglichkeit zur Prüfung, ob ein anderer Staat zuständig ist. Ist die Anfechtungsklage aber deshalb erfolgreich, weil eine Pflicht der Beklagten zum Selbsteintritt besteht, wird auch das im Rahmen der Anfechtungsklage geklärt. Dieser tragende Grund wird von der Rechtskraft der Entscheidung mitumfasst (vgl. § 121 VwGO). Besteht nach der Entscheidung des Gerichts eine Pflicht zum Selbsteintritt und wird die Entscheidung rechtskräftig, gibt es keinen Grund, anzunehmen, die Beklagte werde ein Asylverfahren für die Kläger dennoch nicht durchführen. Für eine Verpflichtungsklage auf Durchführung eines Verfahrens, wenn die Zuständigkeit Deutschlands geklärt ist, besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis. Würde die Beklagte trotz Zuständigkeit kein Asylverfahren für die Kläger durchführen, hätten diese die Möglichkeit der Untätigkeitsklage (vgl. § 75 VwGO).

2. Zutreffend hat die Beklagte in Nr. 1 des Bescheids festgestellt, dass die gestellten Asylanträge nach § 27a AsylG unzulässig sind. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich z. B. aus den Kriterien in Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl L 50 S. 1, Dublin II-VO), ergeben. Hier ist nach der Dublin II-VO die Republik Polen für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig. Nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze ein Asylbewerber, aus einem Drittstaat kommend, illegal überschritten hat. Dieser Fall liegt hier vor, denn die Kläger haben nach eigenen Angaben die Grenze von Weißrussland nach Polen illegal überschritten. Nachdem die Kläger gemäß dem von der Beklagten festgestellten Eurodac-Treffer auch Asylanträge in Polen gestellt haben, sind für das Verfahren zur Wiederaufnahme in Polen die Vorschriften des Art. 16 Abs. 1 Buchst. d i. V. m. Art. 20 Dublin II-VO anwendbar.

Die Kläger können der Überstellung nach Polen auch nicht damit entgegentreten, dass ihnen ein Anspruch auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zustehe oder die Beklagte aus anderen Gründen zuständig geworden sei, denn die Republik Polen hat der Überstellung zugestimmt (a), die Überstellungsfrist ist nicht abgelaufen (b), es bestehen keine systemischen Mängel im Asylsystem in Polen (c) und eine von Grundrechten überlagerte Ausnahmesituation ist nicht gegeben (d).

a) Nach der Zustimmung eines gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaats zur Überstellung eines Asylbewerbers kann dieser der Überstellung nur noch mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem aufnehmenden Mitgliedstaat entgegentreten (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60; vgl. auch BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628 Rn. 37).

Weitere Überprüfungsmaßnahmen würden das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats entgegen den wohlverstandenen Interessen des Asylbewerbers und der Mitgliedstaaten verzögern, ohne dass ersichtlich wäre, welche Nachteile dem Asylbewerber daraus erwachsen könnten, dass er in den nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaat überstellt wird. Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats hat der Asylbewerber insbesondere keinen Anspruch darauf, dass sein Asylbegehren in dem von ihm gewünschten Mitgliedstaat geprüft wird. Eine Rechtsverletzung des Asylbewerbers durch die Bestimmung eines zuständigen Mitgliedstaats nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO ist deshalb ausgeschlossen, solange dort keine systemischen Mängel im Asylsystem bestehen. Dieses Ergebnis wird auch durch Sinn und Zweck der Dublin II-VO getragen. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund soll die Dublin II-VO insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf der Annahme beruht, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten. Aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens soll die Behandlung der Asylanträge rationalisiert und verhindert werden, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen (EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 52 f.). Dies bezweckt hauptsächlich, dass die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigt wird (EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 53). Sind sich die beteiligten Mitgliedstaaten im Falle des Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO einig, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, dann ist ein Anspruch des Asylbewerbers auf eine abweichende Entscheidung regelmäßig nicht gegeben, da damit nur eine weitere Verzögerung der Behandlung seines Asylbegehrens einhergehen würde. Ein solcher Fall liegt hier vor, da Polen gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig ist und die Zustimmung zur Wiederaufnahme gegeben hat (vgl. zum Ganzen BayVGH, U. v. 22.6.2015 - 11 B 15.50049 - juris Rn. 20).

b) Die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO ist hier noch nicht abgelaufen, da das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Mai 2014 (W 7 S 14.30289) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat. Die Überstellungsfrist beginnt nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO mit der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Damit beginnt die Überstellungsfrist im zweiten Fall erst zu laufen, wenn über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden ist und der Durchführung der Überstellung keine Gründe entgegenstehen (vgl. EuGH, U. v. 29.1.2009 - C-19/08 „Petrosian“ - Slg. 2009, I-495 Rn. 42 ff.). Dies ist erst der Fall, wenn Rechtskraft eingetreten ist (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 Rn. 33).

c) Es besteht auch keine Pflicht der Beklagten, die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III der Dublin II-VO fortzusetzen und ggf. eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 13 Dublin II-VO anzunehmen (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 36), denn systemische Mängel im Asylsystem Polens bestehen nicht. Systemische Mängel im Asylsystem liegen dann vor, wenn in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffende Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 26. Oktober 2012 (ABl EG C 326 S. 392, EuGrCH) ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 36). Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann (BVerwG, B. v. 6.6.2014 a. a. O. Rn. 6). An die Feststellung systemischer Mängel sind mithin hohe Anforderungen zu stellen und es kann nur bei strukturellen und landesweiten Missständen davon ausgegangen werden, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen wird (NdsOVG, B. v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 - juris).

Die Kläger haben im Berufungsverfahren keine systemischen Mängel im polnischen Asylsystem dargelegt. Auch den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln lassen sich keine solchen gravierenden Mängel entnehmen. Insbesondere aus dem „National Country Report - Poland“ des AIDA-Projekts (Asylum Information Database, Stand Juni 2014) ergibt sich, dass keine strukturellen Mängel bestehen, die landesweit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung befürchten lassen. Nach dem Bericht werden Asylbewerber in Polen üblicherweise in zwölf Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Es besteht dort auch kein Mangel an Plätzen (National Country Report - Poland, S. 39). Asylbewerber erhalten Mahlzeiten, Unterstützung zum Erwerb von Kleidung und Hygieneartikeln, einen Geldbetrag zur persönlichen Verfügung, medizinische Versorgung, Sprachkurse und notwendigen Schulbedarf (National Country Report - Poland, S. 37 f.). Die medizinische Versorgung wird auf dem gleichen Niveau gewährt wie polnischen Staatsbürgern ohne Krankenversicherung und umfasst daher eine Notfallbehandlung sowie eingeschränkten Zugang zu der allgemeinen Krankenversorgung (National Country Report - Poland, S. 49).Des Weiteren existieren mehrere geschlossene Einrichtungen, in denen Asylbewerber und andere Ausländer zum Zwecke der Rückführung untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51 ff.). Insbesondere werden dort auch aus anderen EU-Mitgliedstaaten im Dublin-Verfahren rückgeführte Personen untergebracht, die entgegen den Weisungen polnischer Behörden ihr Erstaufnahmeland verlassen und somit gegen die Aufnahmerichtlinie verstoßen haben, denn das polnische Asylgesetz enthält den Grundsatz, dass Ausländer in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden können, wenn sie das Flüchtlingsverfahren oder den Flüchtlingsstatus missbrauchen (Auskunft des Auswärtigen Amts an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 6.12.2013). Zwar wird dort nur ein kleiner Teil der Asylbewerber festgehalten. Gleichwohl ist festzustellen, dass es sich bei einem großen Teil der dort in Gewahrsam Genommenen um Minderjährige handelt, die mit ihren erwachsenen Familienangehörigen dort untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51). Seit 1. Mai 2014 ist die Haftdauer für Asylbewerber gesetzlich auf sechs Monate begrenzt. Für abgelehnte Asylbewerber und andere Einwanderer beträgt sie in Rückführungsfällen 12 Monate und kann um weitere sechs Monate verlängert werden, wenn der Betreffende Rechtsmittel gegen die Asylentscheidung eingelegt hat (National Country Report - Poland, S. 55). In dem Bericht des AIDA-Projekts wird weiterhin ausgeführt, dass jederzeit ein Entlassungsgesuch gestellt werden kann, bei der Entscheidung aber regelmäßig nicht auf die Rechtmäßigkeit der Unterbringung, sondern überwiegend auf die persönliche Situation des Betreffenden abgestellt wird.

Zusammenfassend wird festgehalten, dass nur wenige Asylbewerber während der gesamten Verfahrensdauer ihres Asylverfahrens in den geschlossenen Einrichtungen verbleiben müssen, dies auf keinen Fall alle Asylbewerber betrifft und dort sowohl der Zugang zu medizinischer Versorgung als auch die Religionsausübung gewährleistet sind (National Country Report - Poland, S. 55 f.). Der Zugang zu einem kostenfreien Rechtsbeistand wird zwar nach dem Gesetz gewährt, in der Praxis jedoch nur mangelhaft umgesetzt, während Besuch durch Nichtregierungsorganisationen und Verwandte auf jeden Fall gewährleistet ist (National Country Report - Poland, S. 56 und 62). Auch der Bericht des United States Department of State „Poland 2013 Human Rights Report“ (Human Rights Report) stellt fest, dass die Bedingungen in den Haft- und Unterbringungseinrichtungen grundsätzlich internationalen Standards entsprechen (Human Rights Report, S. 2). Die Helsinki Foundation for Human Rights kommt in ihrer Studie „Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners - Migration Is Not a Crime“ (Migration Is Not a Crime, Warschau 2013) zu dem Ergebnis, dass die geschlossenen Einrichtungen in gutem Zustand sind (Migration Is Not a Crime, S. 11), das Essen regelmäßig in Ordnung ist (S. 14), Zugang zu medizinischer Versorgung (S. 23 ff.) und Möglichkeit zu Kontakt mit Angehörigen und Nichtregierungsorganisationen (S. 22 f.) besteht, aber die Behandlung durch das Sicherheitspersonal teilweise unfreundlich ist (S. 13). Die durchschnittliche Verweildauer in den geschlossenen Einrichtungen habe im Jahr 2012 ca. zwei Monate betragen (S. 11). Auch die früher bemängelte Praxis, Asylbewerber in ihr Heimatland abzuschieben, bevor die Gerichte über deren Klagen gegen eine ablehnende Entscheidung entschieden haben, wurde durch das neue Ausländergesetz vom 1. Mai 2014 beseitigt. Nunmehr wird die Rückkehrentscheidung nicht mehr zeitgleich mit der Entscheidung über den Asylantrag getroffen und auch für Entscheidungen, die vor der Rechtsänderung erlassen wurden, wurde angeordnet, dass eine Abschiebung vor der Gerichtsentscheidung nicht erfolgen darf (National Country Report - Poland, S. 16 f.).

Es ist damit nicht ersichtlich, dass trotz mancher Defizite der Bedingungen für Asylbewerber in Polen, insbesondere in den geschlossenen Einrichtungen, systemische Schwächen vorliegen, die auf strukturellen Missständen beruhen, von den polnischen Behörden tatenlos hingenommen werden und zu massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen der Asylsuchenden führen würden.

d) Eine von Grundrechten überlagerte Ausnahmesituation ist nicht gegeben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst in die materielle Prüfung des Asylbegehrens der Kläger einzutreten.

Eine Pflicht zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nach erfolgter Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht und ist selbst nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht zwingend anzunehmen (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 37). Mit Blick auf die Grundrechte aus Art. 18, 41 Abs. 1, 47 Abs. 2 Satz 1 EuGrCH und die das Asylverfahren bestimmende Beschleunigungsmaxime (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 53; BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166, 208 f.; BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319, 323; Erwägungsgrund 4 Satz 2 Dublin II-VO) gilt ausnahmsweise dann etwas anderes, wenn die Situation eines Asylbewerbers, in der dessen Grundrechte verletzt werden, durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 - C-4/11, Rn. 35; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. Rn. 98 und 108). Eine solche Situation kann das nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO eröffnete - weite (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 57; NdsOVG, U. v. 25.6.2015 a. a. O. Rn. 39 m. w. N.) - Ermessen des Mitgliedstaats, einen Asylantrag abweichend von den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin II-VO selbst inhaltlich zu prüfen und zu bescheiden, reduzieren und ihn ausnahmsweise verpflichten, das Selbsteintrittsrecht auszuüben (vgl. NdsOVG, B. v. 9.10.2015 - 8 LA 146/15 - juris Rn. 14).

aa) Unter welchen Voraussetzungen im Fall einer überlangen Verfahrensdauer eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO besteht, braucht nicht entschieden werden. Denn eine solche Situation, in der Grundrechte der Asylantragsteller durch eine überlange Verfahrensdauer verschlimmert würden, liegt hier offensichtlich nicht vor. Wenn die Überstellungsfrist nicht abgelaufen und daher eine Überstellung nach wie vor möglich ist, kann eine solche Situation grundsätzlich nicht eintreten. Die Verfahrensdauer von der Asylantragstellung am 24. September 2013 bis zum Erlass des Bescheids vom 3. Dezember 2013 kann keinesfalls als unangemessen lang angesehen werden (vgl. BVerwG, B. v. 7.12.2015 - 1 B 66.15 - juris Rn. 4 f.).

bb) Eine Pflicht der Beklagten zum Selbsteintritt ergibt sich nicht daraus, dass beim Kläger zu 3 zum Zeitpunkt des Ergehens des insoweit rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Reiseunfähigkeit vorlag und deswegen eine die Grundrechte der Kläger verletzende unangemessen lange Dauer des Verfahrens zu erwarten wäre. Aus den in Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO genannten Fristen von sechs, 12 und 18 Monaten, in denen eine Überstellung in den zuständigen Staat grundsätzlich möglich ist, und aus der Bestimmung des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO, wonach die Überstellungsfrist (von sechs Monaten) bei einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erst sechs Monate nach der endgültigen Entscheidung abläuft, ergibt sich, dass die Dublin II-Verordnung davon ausgeht, dass dem Asylbewerber möglicherweise - je nach Laufzeit der gerichtlichen Verfahren - ein langer Zeitraum bis zur Prüfung seines Asylbegehrens durch den zuständigen Staat zuzumuten ist.

Allein die (rechtskräftige) Aufhebung der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids, weil der Kläger zu 3 nicht reisefähig war, führt grundsätzlich nicht zu einer Selbsteintrittspflicht der Beklagten, solange die Überstellungsfrist nach der Dublin II-Verordnung nicht abgelaufen ist. Nach Ablauf der Überstellungsfrist wird Deutschland, falls der bisher zuständige Staat zur Aufnahme nicht mehr bereit ist und kein anderer vorrangig zuständiger Staat vorhanden ist, ohnehin zuständig, ohne dass es eines Selbsteintritts Deutschlands bedarf. Die rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung der Asylanträge der Kläger als unzulässig wird nicht dadurch rechtswidrig, dass zum Zeitpunkt des Ergehens der Entscheidung ein inländisches Vollstreckungshindernis (hier Reiseunfähigkeit des Klägers zu 3) besteht und daher eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nicht ergehen kann oder bei späterem Eintritt einer Reiseunfähigkeit durch die Beklagte oder das Gericht wieder aufgehoben werden muss, wie gerade Art. 20 Abs. 1 Buchst. d. Satz 2 Dublin II-VO zeigt. Die Beklagte hat, hat der Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung aufschiebende Wirkung oder wird eine solche durch das Gericht angeordnet, gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO nach Rechtskraft der endgültigen Entscheidung über den Rechtsbehelf sechs Monate Zeit, die Überstellung durchzuführen. Hier hat sie dabei die Reisefähigkeit des Klägers zu 3 erneut, ggf. amtsärztlich, zu prüfen und im Falle der Reisefähigkeit eine erneute Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG zu erlassen.

Ein (Ausnahme-) Fall, bei dem schon jetzt davon auszugehen wäre, dass die Reiseunfähigkeit des Klägers zu 3 auf so lange Zeit bestehen werde, dass keinesfalls eine Überstellung innerhalb eines, die Grundrechte der Kläger nicht verletzenden Zeitraums erfolgen könnte, liegt offensichtlich nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Reiseunfähigkeit des Klägers zu 3 unter Bezugnahme auf die ärztliche Bescheinigung der Missionsärztlichen Kinderklinik vom 4. September 2014 deswegen angenommen, weil der Kläger zu 3 an Epilepsie leide und eine Rückführung vor Einstellung auf eine antikonvulsive, also krampfverhindernde Dauermedikation ausdrücklich nicht vertretbar sei und bei weiteren Krampfanfällen Lebensgefahr bestehe. Diese Einstellung könnte inzwischen erfolgt sein oder bis zum Ablauf der Überstellungsfrist noch erfolgen.

Die Dauer des Verwaltungsverfahrens bei der Beklagten, von der Asylantragstellung bis zur Erteilung der Zustimmung zur Wiederaufnahme und des Ergehens des Zuständigkeitsbescheids, betrug nur gut zwei Monate. Aber auch soweit man auf die Gesamtdauer des Verfahrens bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung über die Zuständigkeit, also mindestens bis zum Ergehen dieser Berufungsentscheidung, abstellen würde, liegt eine überlange Verfahrensdauer, die zu einer Selbsteintrittspflicht der Beklagten führen würde, nicht vor.

Eine erstinstanzliche Verfahrenslaufzeit von knapp zehn Monaten und eine Verfahrenslaufzeit des Berufungsverfahrens einschließlich des Zulassungsverfahrens von 14 Monaten und damit eine Gesamtlaufzeit, von der Stellung des Asylantrags bis zum Ergehen des Berufungsurteils von insgesamt zwei Jahren und vier Monaten, weist jedenfalls nicht die insoweit erforderliche Überlänge auf. Zu Recht weist die Beklagte auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29. Januar 2009 (Rs. Petrosian - C-19/08 a. a. O.) hin, der einen Fall betraf, in dem die Asylanträge bereits im März 2006 gestellt worden waren. Im Übrigen hätten die Kläger die Möglichkeit gehabt, in dem für die Prüfung ihrer Asylanträge zuständigen EU-Mitgliedstaat zu bleiben, um eine schnelle Entscheidung zu erreichen. Für den Fall, dass die Reiseunfähigkeit des Klägers zu 3 im Laufe des gerichtlichen Verfahrens wieder gegeben war, was nicht ausgeschlossen erscheint, hätten die Kläger durch Rücknahme ihrer Klage eine (schnellere) Überstellung nach Polen und eine dortige Prüfung ihres Asylantrags erreichen können.

Selbst wenn durch eine lange Dauer des Verfahrens bis zur (rechtskräftigen) Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats eine Verschlimmerung von Grundrechtsverletzungen der Asylbewerber eingetreten wäre, hätte sich diese Situation durch die nunmehr gerichtlich bestätigte Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erledigt. Eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung könnte durch die lange Verfahrensdauer nicht mehr hervorgerufen werden, denn nunmehr steht der zuständige Mitgliedstaat fest. Ob das Asylverfahren nach (rechtskräftiger) Bestimmung des zuständigen Staats in Deutschland oder Polen durchgeführt wird, kann die Grundrechtsverletzung der Kläger nicht verschlimmern, wenn die Überstellung in den zuständigen Staat innerhalb der Frist des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO erfolgen kann.

e) Die Kläger können auch aus dem Recht auf eine gute Verwaltung gemäß Art. 41 Abs. 1 der EuGrCH keinen Anspruch auf Behandlung ihrer Asylanträge durch Deutschland ableiten. Denn in der Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass sich dieses Recht nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union richtet und nicht an die Mitgliedstaaten, selbst wenn diese Unionsrecht anwenden (EuGH, U. v. 11.12.2014 - C-249/13 - juris - Rn. 32 m. w. N.).

Schließlich ergibt sich für die Kläger auch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK kein Anspruch auf Behandlung ihrer Asylanträge durch die Bundesrepublik Deutschland. Art. 6 Abs. 1 EMRK bezieht sich schon seinem Schutzbereich nach nicht auf das Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt, sondern enthält lediglich Verfahrensgarantien für Gerichtsverfahren und im Übrigen auch nur für solche Gerichtsverfahren, die zivilrechtliche Ansprüche oder strafrechtliche Anklagen betreffen. Hierzu gehören Streitigkeiten über Einreise, Aufenthalt und Ausweisung von Ausländern nicht (EGMR, E. v. 17.5.2011 - Nr. 43408/08 - NVwZ 2012, 686 Rn. 83; E. v. 24.3.2015 - Nr. 37074/13 - EuGRZ 2015, 464 Rn. 40).

3. Die Kosten beider Instanzen sind nach § 155 Abs. 1 VwGO verhältnismäßig zu teilen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere liegt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor. Ab welcher Dauer ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats derart unangemessen ist, dass eine Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts entsteht, kann nicht fallübergreifend, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls geklärt werden. Hierbei ist neben den individuellen Lebensumständen der Asylbewerber insbesondere zu berücksichtigen, ob ein Asylantrag der Asylbewerber von einem Mitgliedstaat bereits sachlich entschieden worden ist, worin die Ursachen für die Notwendigkeit des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens und für die Verzögerungen dieses Verfahrens liegen und wessen Verantwortungsbereich diese zuzurechnen sind sowie, ob und bejahendenfalls in welchem Zeitraum eine Überstellung des Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat möglich ist (vgl. hierzu BayVGH, U. v. 13.4.2015 - 11 B 15.50031 -, juris Rn. 28 f.; NdsOVG, B. v. 9.10.2015 - 8 LA 146/15 - juris Rn. 15 und nunmehr auch Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. EU L 180 v. 29.6.2013, S. 31) - Dublin III-VO).

Tenor

I.

Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Würzburg wird geändert und die Klage abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger sind nach eigenen Angaben russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Am 17. Dezember 2012 reisten sie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 8. Januar 2013 Asylanträge.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) befragte den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 am 8. Januar 2013 zur Vorbereitung der Anhörung nach § 25 AsylVfG. Sie führten beide aus, sie hätten ihre Reisepässe in Polen abgegeben und dort Asylanträge gestellt.

Am 11. November 2013 richtete die Beklagte ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Polen. Die polnischen Behörden stimmten mit Schreiben vom 19. November 2013 nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO zu. Mit Bescheid vom 4. März 2014 erklärte die Beklagte die Asylanträge für unzulässig (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2).

Das Verwaltungsgericht Würzburg ordnete mit Beschluss vom 25. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 4. März 2014 an (W 7 S 14.50003).

Mit Gerichtsbescheid vom 8. Dezember 2014 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 4. März 2014 auf. Es liege eine unangemessen lange Verfahrensdauer vor, die zu einem Anspruch der Kläger auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO führe. Die Beklagte habe erst zehn Monate nach der Befragung der Kläger ein Wiederaufnahmeersuchen an die Republik Polen gerichtet. Zwar gäbe es für ein Wiederaufnahmeersuchen in der Dublin II-VO keine Frist, die Beklagte habe aber keinerlei Ausführungen zur Ursache der langen Bearbeitungszeit gemacht und auch keine Ermessenserwägungen nachgeschoben, weshalb sie trotz der langen Verfahrensdauer davon absehe, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Es bestehe daher eine Ermessensreduzierung auf Null bezüglich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Die Verpflichtung zum Selbsteintritt bedeute dabei ausschließlich, dass der Asylantrag der Kläger durch die Beklagte zu prüfen sei. Handele es sich um einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG müsse die Beklagte zuerst prüfen, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen und sich dazu Kenntnis vom Inhalt des Asylvorbringens in Polen verschaffen und eine Anhörung der Kläger zu ihrem materiellen Asylvorbringen durchführen.

Mit Beschluss vom 16. Februar 2015 (11 ZB 14.50093) hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung wegen Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung zugelassen.

Die Beklagte macht im Berufungsverfahren geltend, die Kläger könnten nach der Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats zur Wiederaufnahme ihrer Überstellung in diesen Mitgliedstaat nur mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten. Solche Mängel würden in der Republik Polen aber nicht vorliegen. Im Übrigen könne die Nr. 1 des Bescheids auch dahingehend umgedeutet werden, dass der Zweitantrag nach § 71a AsylVfG mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG als unzulässig abgelehnt werde. Die Kläger hätten keine Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens geltend gemacht. Eine Anhörung diesbezüglich sei daher entbehrlich.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat Erkenntnisquellen zur Situation in Polen gemäß der Liste vom 20. Februar 2015 mit Schreiben vom 11. März 2015 in das Verfahren eingeführt.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Über die Berufung konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Nach der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) ist der Bescheid des Bundesamts vom 4. März 2014 rechtmäßig und die Klage deshalb unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. Dezember 2014 abzuweisen.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid vom 4. März 2014 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Zutreffend hat die Beklagte in Nr. 1 des Bescheids festgestellt, dass die gestellten Asylanträge nach § 27a AsylVfG unzulässig sind. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich z. B. aus den Kriterien in Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl L 50 S. 1, Dublin II-VO), ergeben. Hier ist nach der Dublin II-VO die Republik Polen für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig. Nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend, illegal überschritten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, denn die Kläger haben nach eigenen Angaben die Grenze von Weißrussland nach Polen illegal überschritten. Nachdem die Kläger nach eigenen Angaben und gemäß dem von der Beklagten festgestellten Eurodac-Treffer auch Asylanträge in Polen gestellt haben, sind für das Verfahren zur Wiederaufnahme in Polen die Vorschriften des Art. 16 Abs. 1 Buchst. d i. V. m. Art. 20 Dublin II-VO anwendbar.

2. Die Kläger können der Überstellung nach Polen auch nicht damit entgegentreten, dass ihnen ein Anspruch auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zustehe oder die Beklagte aus anderen Gründen zuständig geworden sei, denn die Republik Polen hat der Überstellung zugestimmt (a), es bestehen keine systemischen Mängel im Asylsystem in Polen (b), eine von Grundrechten überlagerte Ausnahmesituation ist nicht gegeben (c), die Überstellungsfrist ist nicht abgelaufen (d) und die Beklagte ist auch nicht durch die Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG konkludent selbst eingetreten (e).

a) Nach der Zustimmung eines gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaats zur Überstellung eines Asylbewerbers kann dieser der Überstellung nur noch mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem aufnehmenden Mitgliedstaat entgegentreten (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014,208 Rn. 60; vgl. auch BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628 Rn. 37). Weitere Überprüfungsmaßnahmen würden das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats entgegen den wohlverstandenen Interessen des Asylbewerbers und der Mitgliedstaaten verzögern, ohne dass ersichtlich wäre, welche Nachteile dem Asylbewerber daraus erwachsen könnten, dass er in den nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaat überstellt wird. Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats hat der Asylbewerber insbesondere keinen Anspruch darauf, dass sein Asylbegehren in dem von ihm gewünschten Mitgliedstaat geprüft wird. Eine Rechtsverletzung des Asylbewerbers durch die Bestimmung eines zuständigen Mitgliedstaats nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO ist deshalb ausgeschlossen, solange dort keine systemischen Mängel im Asylsystem bestehen. Dieses Ergebnis wird auch durch Sinn und Zweck der Dublin II-VO getragen. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund soll die Dublin II-VO insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf der Annahme beruht, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten. Aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens soll die Behandlung der Asylanträge rationalisiert und verhindert werden, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen (EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 52 f.). Dies bezweckt hauptsächlich, dass die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigt wird (EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 53). Sind sich die beteiligten Mitgliedstaaten im Falle des Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO einig, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, dann ist ein Anspruch des Asylbewerbers auf eine abweichende Entscheidung regelmäßig nicht gegeben, da damit nur eine weitere Verzögerung der Behandlung seines Asylbegehrens einhergehen würde. Ein solcher Fall liegt hier vor, da die Republik Polen gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig ist und ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme gegeben hat.

b) Es besteht auch keine Pflicht der Beklagten, die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III der Dublin II-VO fortzusetzen und ggf. eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 13 Dublin II-VO anzunehmen (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 36), denn systemische Mängel im Asylsystem der Republik Polen bestehen nicht. Systemische Mängel im Asylsystem liegen dann vor, wenn in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffende Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 26. Oktober 2012 (ABl EG C 326 S. 392, EuGrCH) ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 36). Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann (BVerwG, B. v. 6.6.2014 a. a. O. Rn. 6). An die Feststellung systemischer Mängel sind mithin hohe Anforderungen zu stellen und es kann nur bei strukturellen und landesweiten Missständen davon ausgegangen werden, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen wird (OVG Lüneburg, B. v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 - juris).

Die Kläger haben im Berufungsverfahren keine systemischen Mängel im polnischen Asylsystem dargelegt. Auch den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln lassen sich keine solchen gravierenden Mängel entnehmen. Insbesondere aus dem „National Country Report - Poland“ des AIDA-Projekts (Asylum Information Database, Stand Juni 2014) ergibt sich, dass keine strukturellen Mängel bestehen, die landesweit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung befürchten lassen. Nach dem Bericht werden Asylbewerber in Polen üblicherweise in zwölf Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Es besteht dort auch kein Mangel an Plätzen (National Country Report - Poland, S. 39). Asylbewerber erhalten Mahlzeiten, Unterstützung zum Erwerb von Kleidung und Hygieneartikeln, einen Geldbetrag zur persönlichen Verfügung, medizinische Versorgung, Sprachkurse und notwendigen Schulbedarf (National Country Report - Poland, S. 37 f.). Die medizinische Versorgung wird auf dem gleichen Niveau gewährt wie polnischen Staatsbürgern ohne Krankenversicherung und umfasst daher eine Notfallbehandlung sowie eingeschränkten Zugang zu der allgemeinen Krankenversorgung (National Country Report - Poland, S. 49).

Des Weiteren existieren mehrere geschlossene Einrichtungen, in denen Asylbewerber und andere Ausländer zum Zwecke der Rückführung untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51 ff.). Insbesondere werden dort auch aus anderen EU-Mitgliedstaaten im Dublin-Verfahren rückgeführte Personen untergebracht, die entgegen den Weisungen polnischer Behörden ihr Erstaufnahmeland verlassen und somit gegen die Aufnahmerichtlinie verstoßen haben, denn das polnische Asylgesetz enthält den Grundsatz, dass Ausländer in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden können, wenn sie das Flüchtlingsverfahren oder den Flüchtlingsstatus missbrauchen (Auskunft des Auswärtigen Amts an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 6.12.2013). Zwar wird dort nur ein kleiner Teil der Asylbewerber festgehalten. Gleichwohl ist festzustellen, dass es sich bei einem großen Teil der dort in Gewahrsam Genommenen um Minderjährige handelt, die mit ihren erwachsenen Familienangehörigen dort untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51). Seit 1. Mai 2014 ist die Haftdauer für Asylbewerber gesetzlich auf sechs Monate begrenzt. Für abgelehnte Asylbewerber und andere Einwanderer beträgt sie in Rückführungsfällen 12 Monate und kann um weitere sechs Monate verlängert werden, wenn der Betreffende Rechtsmittel gegen die Asylentscheidung eingelegt hat (National Country Report - Poland, S. 55). In dem Bericht des AIDA-Projekts wird weiterhin ausgeführt, dass jederzeit ein Entlassungsgesuch gestellt werden kann, bei der Entscheidung aber regelmäßig nicht auf die Rechtmäßigkeit der Unterbringung, sondern überwiegend auf die persönliche Situation des Betreffenden abgestellt wird. Zusammenfassend wird festgehalten, dass nur wenige Asylbewerber während der gesamten Verfahrensdauer ihres Asylverfahrens in den geschlossenen Einrichtungen verbleiben müssen, dies auf keinen Fall alle Asylbewerber betrifft und dort sowohl der Zugang zu medizinischer Versorgung als auch die Religionsausübung gewährleistet sind (National Country Report - Poland, S. 55 f.). Der Zugang zu einem kostenfreien Rechtsbeistand wird zwar nach dem Gesetz gewährt, in der Praxis jedoch nur mangelhaft umgesetzt, während Besuch durch Nichtregierungsorganisationen und Verwandte auf jeden Fall gewährleistet ist (National Country Report - Poland, S. 56 und 62). Auch der Bericht des United States Department of State „Poland 2013 Human Rights Report“ (Human Rights Report) stellt fest, dass die Bedingungen in den Haft- und Unterbringungseinrichtungen grundsätzlich internationalen Standards entsprechen (Human Rights Report, S. 2). Die Helsinki Foundation for Human Rights kommt in ihrer Studie „Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners - Migration Is Not a Crime“ (Migration Is Not a Crime, Warschau 2013) zu dem Ergebnis, dass die geschlossenen Einrichtungen in gutem Zustand sind (Migration Is Not a Crime, S. 11), das Essen regelmäßig in Ordnung ist (S. 14), Zugang zu medizinischer Versorgung (S. 23 ff.) und Möglichkeit zu Kontakt mit Angehörigen und Nichtregierungsorganisationen (S. 22 f.) besteht, aber die Behandlung durch das Sicherheitspersonal teilweise unfreundlich ist (S. 13). Die durchschnittliche Verweildauer in den geschlossenen Einrichtungen habe im Jahr 2012 ca. zwei Monate betragen (S. 11). Auch die früher bemängelte Praxis, Asylbewerber in ihr Heimatland abzuschieben, bevor die Gerichte über deren Klagen gegen eine ablehnende Entscheidung entschieden haben, wurde durch das neue Ausländergesetz vom 1. Mai 2014 beseitigt. Nunmehr wird die Rückkehrentscheidung nicht mehr zeitgleich mit der Entscheidung über den Asylantrag getroffen und auch für Entscheidungen, die vor der Rechtsänderung erlassen wurden, wurde angeordnet, dass eine Abschiebung vor der Gerichtsentscheidung nicht erfolgen darf (National Country Report - Poland, S. 16 f.).

Es ist damit nicht ersichtlich, dass trotz mancher Defizite der Bedingungen für Asylbewerber in Polen, insbesondere in den geschlossenen Einrichtungen, systemische Schwächen vorliegen, die auf strukturellen Missständen beruhen, von den polnischen Behörden tatenlos hingenommen werden und zu massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen der Asylsuchenden führen würden.

c) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst in die materielle Prüfung des Asylbegehrens der Kläger einzutreten oder erneut über einen Selbsteintritt zu entscheiden. Insbesondere ergibt sich eine solche Pflicht nicht daraus, dass die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zehn Monate gedauert hat. Eine Pflicht zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nach erfolgter Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht und ist selbst nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht zwingend anzunehmen (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 37). Der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, muss im Falle der Unmöglichkeit der Überstellung eines Antragstellers an den ursprünglich nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständig bestimmten Mitgliedstaat nur darauf achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird und erforderlichenfalls den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 35). Mit dieser Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, denn hier ist - wie oben ausgeführt - die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nach der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats unmöglich geworden, sondern weiterhin möglich.

Selbst wenn durch die lange Dauer des Verfahrens bis zur Bestimmung der Republik Polen als zuständigen Mitgliedstaat eine Verschlimmerungen von Grundrechtsverletzungen der Kläger eingetreten wäre, hätte sich diese Situation durch die nunmehr erfolgte Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erledigt. Eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung könnte durch die lange Verfahrensdauer nicht mehr hervorgerufen werden, denn nunmehr steht der zuständige Mitgliedstaat fest und das Verfahren kann zügig fortgesetzt werden. Weitere Maßnahmen nach der Bestimmung und Zustimmung des zuständigen Mitgliedstaats würden das Verfahren nur weiter verzögern und damit den Interessen aller Beteiligten an einem zügigen Verfahren zuwider laufen. Im Übrigen ist für eine nur ausnahmsweise anzunehmende Pflicht zum Selbsteintritt auch erforderlich, dass nicht nur die Verletzung von Verfahrensrechten im Raum steht, sondern der Betreffende durch die lange Verfahrensdauer auch in anderen Grundrechten verletzt wird.

d) Die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO ist noch nicht abgelaufen, da das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. März 2014 (W 7 S 14.50003) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat.

e) Die Beklagte ist auch nicht durch Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG konkludent nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst eingetreten und der Bescheid vom 4. März 2014 damit rechtswidrig geworden. Zwar wäre die Durchführung eines Zweitantragsverfahrens durch die Beklagte nur dann möglich, wenn sie nach der Dublin II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden wäre. Eine im Verwaltungsverfahren erfolgte Umdeutung des Bescheids vom 4. März 2014 in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG müsste daher wohl als konkludenter Selbsteintritt der Beklagten angesehen werden, unabhängig davon, ob die Umdeutung einer gerichtlichen Überprüfung standhält. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte aber erstmals mit ihrer Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung vorgetragen, dass der Bescheid ggf. auch im Wege einer Umdeutung aufrechterhalten werden könnte. Dabei handelte es sich nur um eine Hilfsargumentation, die das Gericht in Betracht ziehen sollte, wenn es eine Zuständigkeit der Beklagten nach der Dublin II-VO angenommen hätte. Dies ist aber gerade nicht der Fall.

3. Auch die Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids ist nach § 34a AsylVfG rechtmäßig, denn die Kläger sollen in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat abgeschoben werden und der Abschiebung stehen keine Hindernisse entgegen.

II.

Die Kosten beider Instanzen sind nach § 154 Abs. 1 VwGO von den Klägern zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

III.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I.

Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO werden abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden sowohl für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO als auch für das Klageverfahren abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen ihre Abschiebung nach Polen.

1. Die Antragsteller, die nach ihren Angaben russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit sind, reisten (erneut) am 8. März 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 11. März 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) die Durchführung von Asylverfahren.

Die bereits am 14. Mai 2013 gestellten Asylanträge wurden am 10. August 2013 unanfechtbar (als unzulässig) abgelehnt.

Am 4. Mai 2016 wurde das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchgeführt. Die Antragstellerin zu 1) und der Antragsteller zu 2) gaben u. a. an, dass sie mit dem Zug und Minibus ihr Herkunftsland Russische Föderation am 21. Februar 2016 verlassen hätten. Sie seien über Polen gereist, wo sie am 2. oder 3. März 2016 angekommen seien. Am 8. März 2016 seien sie in Deutschland eingereist. Ein Aufenthaltsdokument oder Visum für die Bundesrepublik Deutschland hätten sie nicht. In Polen hätten sie Asyl beantragt; auch seien ihnen dort Fingerabdrücke abgenommen worden.

Der Antragsteller zu 2) erklärte darüber hinaus, dass es in Polen für ihn nicht ganz ungefährlich gewesen sei. Man habe ihn dort gesucht.

Eine Überprüfung durch das Bundesamt ergab einen Eurodac-Treffer Kategorie 1 für Polen, danach stellten die Antragsteller in Polen am 3. März 2016 Asylanträge. Unter dem 20. April 2016 bat das Bundesamt Polen um Übernahme der Asylverfahren. Unter dem 28. April 2016 akzeptierten die polnischen Behörden die Übernahme der Antragsteller.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2016 lehnte die Antragsgegnerin die Asylanträge als unzulässig ab (Ziffer 1.) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Ziffer 2.). In Ziffer 3 des Bescheids wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Der Bescheid wurde laut Postzustellungsurkunde am 8. Juli 2016 zugestellt.

2. Die Antragsteller ließen durch ihre Bevollmächtigte per Telefax am 14. Juli 2016 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2016, zugestellt am 8. Juli 2016, in Ziffer 1 und 2, hilfsweise Ziffer 3 aufzuheben.

Die Klage wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 16.50072 geführt.

Mit weiterem Schreiben, ebenfalls per Telefax am 14. Juli 2016 eingegangen, wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend gestellt,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tage gegen die Aufschiebungsanordnung in Ziffer 2 und bezüglich Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts vom 16. Juni 2016 anzuordnen.

Weiter wurde sowohl für das Klageverfahren, sowie für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten beantragt.

Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 18. und 20. Juli 2016 im Wesentlichen ausgeführt:

In den Verwaltungsvorgängen befänden sich keinerlei Eurodac-Treffer. Das stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.

Weiter seien Mitwirkungsrechte verletzt worden. Es sei nicht festzustellen, ob die Antragsteller gemäß Dublin III-VO belehrt worden seien. Im Verwaltungsvorgang befinde sich lediglich eine „Information zu der Dublin III-VO“, die den Antragstellern lediglich in deutscher Sprache ausgehändigt worden sei.

Diese Information entspreche nicht den europarechtlichen Vorgaben des Art. 4 Abs. 2 und 3 Dublin III-VO. In dieser Vorschrift sei geregelt, dass die zuständigen Behörden einen Antragsteller nicht nur über die Anwendung der Verordnung, sondern insbesondere über eine Vielzahl von Aspekten des Überstellungsverfahrens zu unterrichten hätten. Diese Information sei den Antragstellern bei Antragstellung am 25. Mai 2016 (richtig wohl: 11.3.2016) vorenthalten worden. Damit könne das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens vom 25. Mai 2016 (Richtig wohl: 4.5.2016) letztlich nicht als persönliches Gespräch im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Dublin III-VO gewertet werden.

Das zwingend vorgeschriebene Merkblatt sei den Antragstellern nicht ausgehändigt worden.

Der vorstehend aufgezeigte Verstoß gegen die in Art. 4 und Art. 5 Dublin III-VO normierten Verfahrensgarantien habe zur Folge, dass sich das Überstellungsverfahren und damit auch die Abschiebungsandrohung als offensichtlich rechtwidrig erweise und der Vollzug der Ausreisepflicht der Antragsteller dementsprechend bis zur Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren auszusetzen sei.

Durch eine umfassende Überprüfung auf Sach- und Rechtsfragen seien jedenfalls auch Verfahrensfehler vom Überprüfungsgebot umfasst.

In Art. 27 Dublin III-VO sei das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung in Form einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung gewährleistet.

Es lägen systemische Mängel hinsichtlich Polens vor. Die neu gewählte Regierung und ihre Äußerungen in Bezug auf die Flüchtlinge seien als Indiz für mangelnde Bereitschaft anzusehen, die relevanten Standards zuverlässig zu gewährleisten. Zur Untermauerung der Auffassung wurden verschiedene Berichte angeführt.

Weiter wurde auf den Länderbericht zu Polen von AIDA vom 13. November 2015 in englischer Sprache hingewiesen.

Die Inhaftierungspraxis gegenüber Asylsuchenden und anderen Migranten verstoße im Allgemeinen und speziell im Hinblick auf besonders schutzbedürftige Personen und Kinder systemisch gegen die Vorgaben der EMRK.

Durch die Gesetzesänderung in Polen, die am 13. November 2015 in Kraft getreten sei, würden im Falle der Rückkehr die Asylanträge der Antragsteller als Folgeantrag gewertet. Die Antragsteller müssten im Rahmen eines Folgeverfahrens neue Fakten und Beweismittel zur Begründung ihrer Anträge vorlegen. Damit wäre der Zugang zum Asylverfahren und eine vollständige Prüfung der Asylgründe der Antragsteller nicht garantiert.

Vor dem Hintergrund der „Tarakhel“-Entscheidung des EGMR und den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 sei darauf hinzuweisen, dass vor der Abschiebung sichergestellt sein müsse, dass die Familie, zu der kleine Kinder gehörten, menschenwürdig untergebracht würden. Aus dem Verwaltungsvorgang ergebe sich nicht, dass entsprechende Garantien seitens der polnischen Behörden eingeholt worden seien und vorlägen.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2016 wurde ein ärztliches Attest vom 19. Juli 2016 vorgelegt, wonach sich der Antragsteller zu 2) am 24. Mai 2016 mit einer deutlichen Angststörung bei einem Arzt vorgestellt habe.

Der Zugang zu medizinischer Behandlung sei in Polen sehr schwierig. In Polen stünde, wenn überhaupt, nur eine psychologische und psychotherapeutische Hilfe zur Verfügung, die auf eine einmalige Beratung zur Hilfe hinausliefe. Eine durchgehende Behandlung in Form einer Therapie stehe den Flüchtlingen in Polen regelmäßig gerade nicht zur Verfügung.

Es bestehe auch die Gefahr, dass die minderjährigen Antragsteller zu 3) bis 5) in Polen nicht kindgerecht untergebracht würden.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2016 wurden weitere Darstellungen zur aktuellen politischen Situation in Polen vorgetragen.

3. Das Bundesamt legte am 29. Juli 2016 die Behördenakten vor, äußerte sich sonst jedoch nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

A. Die Anträge nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Anträge sind zulässig, insbesondere sind sie statthaft. Nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylgesetzes (AsylG) können Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnungen innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe gestellt werden. Die Wochenfrist ist vorliegend eingehalten.

2. Die Anträge sind jedoch unbegründet. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung im Falle des Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ganz oder teilweise anordnen; denn gemäß § 75 Abs. 1 AsylG entfällt grundsätzlich die aufschiebende Wirkung von Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz. Das Gericht hat hierbei eine eigenständige Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das öffentliche Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin gegen das private Aussetzungsinteresse der Antragsteller abzuwägen ist.

Den Erfolgsaussichten in der Hauptsache kommt dabei insofern Bedeutung zu, als am sofortigen Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes ebenso wenig ein berechtigtes Interesse bestehen kann, wie an der aufschiebenden Wirkung einer erkennbar unbegründeten Klage. Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG kommt es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an. Die Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten der Antragsteller aus. Denn nach der im Verfahren der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass sich die Abschiebungsanordnungen nach Polen als rechtmäßig erweisen wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der streitgegenständliche Bescheid vom 16. Juni 2016 ist weder in formeller (a.) noch in materieller Hinsicht (b.) zu beanstanden.

a) Entgegen der Ansicht der Antragsteller, ist der angegriffene Bescheid in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31; nachfolgend: Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, sie seien entgegen Art. 4 Dublin III-VO nicht über die Anwendung der Dublin-Verordnung informiert worden, vermögen sie damit nicht durchzudringen. Zwar entspricht das von der Antragsgegnerin verwendete Merkblatt über das Dublin-Verfahren nicht dem ausführlicheren Merkblatt, das die EU-Kommission in Anlage X ihrer „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist“ vorgesehen hat. Der wesentliche Inhalt des Dublin-Verfahrens wird den Antragstellern aber durch das vom Bundesamt verwendete Merkblatt und die weiteren den Antragstellern gegebenen Informationen ausreichend näher gebracht. Insofern liegt nach Auffassung des Gerichts bereits kein Verfahrensfehler vor. Aus Art. 4 Abs. 3 Dublin III-VO folgt insbesondere nicht, dass das Merkblatt der EU-Kommission zur Unterrichtung im Dublin-Verfahren für die Durchführung des Verfahrens von wesentlicher Bedeutung ist. Deshalb spricht auch einiges dafür, dass nach den allgemeinen, in § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätzen ein diesbezüglicher Verfahrensfehler jedenfalls unbeachtlich wäre. Nach § 46 VwVfG darf ein Verwaltungsakt nicht allein deshalb aufgehoben werden, weil er unter Verletzung von Verfahrens-, Form oder Zuständigkeitsbestimmungen zustande gekommen ist, wenn offensichtlich eine gleichlautende Entscheidung zu treffen wäre (VG Düsseldorf, B. v. 5.6.2015 - 13 L 1253/15.A - juris Rn. 18; VG Schwerin, B. v. 17.3.2015 - 3 B 687/15 As - juris, Rn. 9).

Anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EUGH). Danach führen wesentliche Verfahrensfehler (vgl. Art. 263 Abs. 2 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) zur Aufhebung der entsprechenden Verwaltungsentscheidung, wenn sie geeignet sind, sich auf die inhaltliche Entscheidung auszuwirken und deshalb ein Kausalzusammenhang zwischen dem Fehler und der Verwaltungsentscheidung besteht (vgl. ausführlich zum Verhältnis von §§ 45, 46 VwVfG zu den vom EuGH entwickelten Verfahrensprinzipien, Kahl, VerwArch 95 (2004), 1 (22 ff.) m. umfassenden Nachweisen; ferner Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rn. 85a m. § 45 Rn. 158 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 46 Rn. 5a je m. w. N.).

Aus einer fehlenden oder unzureichenden Information zum Verfahren nach der Dublin III-VO kann nicht zwingend geschlossen werden, dass der Fehler für die spätere Entscheidung kausal gewesen ist. Das Informationsrecht nach Art. 4 Dublin III-VO zielt darauf ab, die Antragsteller über ihre Rechte zu informieren, damit sie diese wahren können. Der maßgebende Sachverhalt wird aber erst in der persönlichen Anhörung nach Art. 5 Dublin III-VO bzw. § 25 AsylVfG geklärt, worauf auch Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO verweist (VG Schwerin, B. v. 17. 3. 2015 - 3 B 687/15 As - juris, Rn. 11).

b) Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Das Bundesamt hat den Asylantrag der Antragsteller zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil Polen für dessen Prüfung zuständig ist. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).

Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass Polen grundsätzlich der für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller zuständige Mitgliedstaat ist, die Überstellung der Antragsteller nach Polen durchgeführt werden kann (aa.), das polnische Asylverfahren insbesondere nicht an systemischen Mängeln leidet (bb) und auch keine Abschiebungshindernisse vorliegen (cc).

aa) Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnungen ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet die Antragsgegnerin die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Antragsteller haben in Polen bereits (erneut) Asylanträge gestellt. Dies ergibt sich entgegen der Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragsteller aus den Behördenakten der Antragsgegnerin. Danach ergaben sich für die Antragsteller hinsichtlich Polens Eurodac-Treffer der Kategorie 1, wonach diese am 3. März 2016 in Polen (erneut) Asylanträge gestellt haben (Bl. 84 ff. der Bundesamtsakte). Polen ist somit gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO gehalten, die Antragsteller wieder aufzunehmen. Die polnischen Behörden haben das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes vom 20. April 2016 mit Schreiben vom 28. April 2016 akzeptiert. Die Abschiebung der Antragsteller nach Polen kann auch durchgeführt werden. Insbesondere ist vorliegend die Überstellungsfrist von sechs Monaten nicht abgelaufen (vgl. Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO).

bb) Gründe, von einer Überstellung nach Polen gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO abzusehen, sind nicht ersichtlich.

Systemische Schwachstellen, die eine solche Zuständigkeit begründen würden, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bei der Durchführung von Asylverfahren in Polen nicht erkennbar.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C 4 11/10 und C 493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer ernsthaften und durch Tatsachen bestätigten Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Grundrechtscharta bzw. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O.). Der Asylbewerber kann der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat mithin nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 10.12.2013 - RS: 10-394/12 - juris). So bestimmt Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird. An die Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. Einzelne Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK der zuständigen Mitgliedstaaten genügen hierfür nicht. Von systemischen Mängeln ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris). Ausgehend davon bestehen derzeit keine Anhaltspunkte, dass die Antragsteller in Polen aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.

Die Verneinung systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen entspricht zudem der überwiegenden Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. BayVGH, U. v. 19.1.2016 - 11 B 15.50130; U. v. 22.6.2015 - 11 B 15.50049 sowie B. v. 28.4.2015 - 11 ZB 15.50065; Sächsisches OVG, B. v. 12.10.2015 - 5 B 259/15.A; VG Göttingen, U. v. 27.1.2016 - 2 A 931/13; VG Aachen, U. v. 19.8.2015 - 6 K 2553/14.A; VG München, B. v. 29.6.2015 - M 24 K 15.50074; VG Frankfurt (Oder), B. v. 9.6.2015 - 6 L 324/15.A; VG Magdeburg, B. v. 14.4.2015 - 9 B 147/15; VG Gelsenkirchen, U. v. 10.3.2015 - 6a K 3687/14.A; VG Düsseldorf, B. v. 2.3.2015 - 17 L 2510/14.A; VG Weimar, U. v. 29.10.2014 - 7 K 20180/11 We - alle juris) sowie der ständigen Rechtsprechung der Kammer (VG Ansbach, U. v. 27.1.2016 - AN 14 K 15.50448 und AN 14 K 15.50450; B. v. 19.6.2015 - 14 S 15.50134, U. v. 17.2.2015 - 14 K 14.50221 sowie 14 K 14.50222).

In diesem Zusammenhang führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dem Urteil vom 19. Januar 2016 (a. a. O.) aus:

„Auch den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln lassen sich keine solchen gravierenden Mängel entnehmen. Insbesondere aus dem „National Country Report - Poland“ des AIDA-Projekts (Asylum Information Database, Stand Juni 2014) ergibt sich, dass keine strukturellen Mängel bestehen, die landesweit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung befürchten lassen. Nach dem Bericht werden Asylbewerber in Polen üblicherweise in zwölf Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Es besteht dort auch kein Mangel an Plätzen (National Country Report - Poland, S. 39). Asylbewerber erhalten Mahlzeiten, Unterstützung zum Erwerb von Kleidung und Hygieneartikeln, einen Geldbetrag zur persönlichen Verfügung, medizinische Versorgung, Sprachkurse und notwendigen Schulbedarf (National Country Report - Poland, S. 37 f.). Die medizinische Versorgung wird auf dem gleichen Niveau gewährt wie polnischen Staatsbürgern ohne Krankenversicherung und umfasst daher eine Notfallbehandlung sowie eingeschränkten Zugang zu der allgemeinen Krankenversorgung (National Country Report - Poland, S. 49).Des Weiteren existieren mehrere geschlossene Einrichtungen, in denen Asylbewerber und andere Ausländer zum Zwecke der Rückführung untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51 ff.). Insbesondere werden dort auch aus anderen EU-Mitgliedstaaten im Dublin-Verfahren rückgeführte Personen untergebracht, die entgegen den Weisungen polnischer Behörden ihr Erstaufnahmeland verlassen und somit gegen die Aufnahmerichtlinie verstoßen haben, denn das polnische Asylgesetz enthält den Grundsatz, dass Ausländer in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden können, wenn sie das Flüchtlingsverfahren oder den Flüchtlingsstatus missbrauchen (Auskunft des Auswärtigen Amts an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 6.12.2013). Zwar wird dort nur ein kleiner Teil der Asylbewerber festgehalten. Gleichwohl ist festzustellen, dass es sich bei einem großen Teil der dort in Gewahrsam Genommenen um Minderjährige handelt, die mit ihren erwachsenen Familienangehörigen dort untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51). Seit 1. Mai 2014 ist die Haftdauer für Asylbewerber gesetzlich auf sechs Monate begrenzt. Für abgelehnte Asylbewerber und andere Einwanderer beträgt sie in Rückführungsfällen 12 Monate und kann um weitere sechs Monate verlängert werden, wenn der Betreffende Rechtsmittel gegen die Asylentscheidung eingelegt hat (National Country Report - Poland, S. 55). In dem Bericht des AIDA-Projekts wird weiterhin ausgeführt, dass jederzeit ein Entlassungsgesuch gestellt werden kann, bei der Entscheidung aber regelmäßig nicht auf die Rechtmäßigkeit der Unterbringung, sondern überwiegend auf die persönliche Situation des Betreffenden abgestellt wird.

Zusammenfassend wird festgehalten, dass nur wenige Asylbewerber während der gesamten Verfahrensdauer ihres Asylverfahrens in den geschlossenen Einrichtungen verbleiben müssen, dies auf keinen Fall alle Asylbewerber betrifft und dort sowohl der Zugang zu medizinischer Versorgung als auch die Religionsausübung gewährleistet sind (National Country Report - Poland, S. 55 f.). Der Zugang zu einem kostenfreien Rechtsbeistand wird zwar nach dem Gesetz gewährt, in der Praxis jedoch nur mangelhaft umgesetzt, während Besuch durch Nichtregierungsorganisationen und Verwandte auf jeden Fall gewährleistet ist (National Country Report - Poland, S. 56 und 62). Auch der Bericht des United States Department of State „Poland 2013 Human Rights Report“ (Human Rights Report) stellt fest, dass die Bedingungen in den Haft- und Unterbringungseinrichtungen grundsätzlich internationalen Standards entsprechen (Human Rights Report, S. 2). Die Helsinki Foundation for Human Rights kommt in ihrer Studie „Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners - Migration Is Not a Crime“ (Migration Is Not a Crime, Warschau 2013) zu dem Ergebnis, dass die geschlossenen Einrichtungen in gutem Zustand sind (Migration Is Not a Crime, S. 11), das Essen regelmäßig in Ordnung ist (S. 14), Zugang zu medizinischer Versorgung (S. 23 ff.) und Möglichkeit zu Kontakt mit Angehörigen und Nichtregierungsorganisationen (S. 22 f.) besteht, aber die Behandlung durch das Sicherheitspersonal teilweise unfreundlich ist (S. 13). Die durchschnittliche Verweildauer in den geschlossenen Einrichtungen habe im Jahr 2012 ca. zwei Monate betragen (S. 11). Auch die früher bemängelte Praxis, Asylbewerber in ihr Heimatland abzuschieben, bevor die Gerichte über deren Klagen gegen eine ablehnende Entscheidung entschieden haben, wurde durch das neue Ausländergesetz vom 1. Mai 2014 beseitigt. Nunmehr wird die Rückkehrentscheidung nicht mehr zeitgleich mit der Entscheidung über den Asylantrag getroffen und auch für Entscheidungen, die vor der Rechtsänderung erlassen wurden, wurde angeordnet, dass eine Abschiebung vor der Gerichtsentscheidung nicht erfolgen darf (National Country Report - Poland, S. 16 f.).

Es ist damit nicht ersichtlich, dass trotz mancher Defizite der Bedingungen für Asylbewerber in Polen, insbesondere in den geschlossenen Einrichtungen, systemische Schwächen vorliegen, die auf strukturellen Missständen beruhen, von den polnischen Behörden tatenlos hingenommen werden und zu massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen der Asylsuchenden führen würden“.

Das Gericht schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Auch aus den Länderberichten AIDA Asylum Information Database Country Report Poland vom Januar 2015 und November 2015 ergeben sich keine anderen Erkenntnisse.

Eine vergleichbare Sachlage, wie sie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR (GK), U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127) im Hinblick auf Italien zugrunde liegt, ist nach Auffassung des Gerichts für Polen nicht ersichtlich. Die Situation für Asylbewerber in Polen mag im Vergleich zu der Situation in der Bundesrepublik noch etwas unangenehmer sein, die oben genannte Schwelle zur Annahme sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen sind jedoch bei weitem nicht erreicht.

Ergänzend sieht das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung ab und folgt der ausführlichen und zutreffenden Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom 16. Juni 2016, auf die hiermit Bezug genommen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Auch außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, sind nicht ersichtlich. Daran ändert auch der Vortrag des Antragstellers zu 2), dass er in Polen gesucht werde, nichts. Hierfür sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich.

Schließlich ist in der Rechtsprechung ebenfalls geklärt, dass systemische Mängel auch bezüglich Asylsuchender mit gesundheitlichen Einschränkungen nicht zu erkennen sind (VG Aachen, B. v. 30.1.2015 - 6 L 895714.A).

cc) Im Hinblick auf den Wortlaut des § 34a AsylG, nach dem das Bundesamt die Abschiebung anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, hat das Bundesamt - abweichend von der übrigen Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde - neben zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten auch Duldungsgründe zu prüfen (BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - Rn. 4). Ein der Abschiebung nach Polen entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das im Rahmen einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34 Abs. 1 AsylG ausnahmsweise von der Antragsgegnerin auch noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen wäre (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - AuAS 2014, S. 244 ff - juris Rn. 11 f; OVG NRW, B. v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4), ist im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben.

Erstmals mit Schriftsatz vom 20. Juli 2016 wurde hinsichtlich des Antragstellers zu 2) ein ärztliches Attest vom 19. Juli 2016 vorgelegt, wonach sich dieser mit einer deutlichen Angststörung am 24. Mai 2016 bei einem Arzt vorgestellt habe. Dabei ist nicht einmal im Ansatz von einer Reiseunfähigkeit des Antragstellers zu 2) auszugehen. Wie sich aus dem Attest entnehmen lässt, konnte durch medikamentöse Therapie eine Stabilisierung erreicht werden. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, die gegen eine Wiederholung der medikamentösen Behandlung im Falle einer Verschlechterung sprechen würden. Damit ist der Antragsteller zu 2) auf die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten in Polen zu verweisen.

c) Auch die Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 1 AufenthG erweist sich nach summarischer Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig.

Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls waren daher die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen vor allem im Hinblick auf die voraussichtliche Erfolglosigkeiten der Klagen abzulehnen.

2. Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b Asyl).

B. Aus den oben ausgeführten Gründen waren auch die gestellten Prozesskostenhilfeanträge sowohl für das Eil- als auch für das Klageverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussichten abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller (zu 1) ..., geb. am ... (Bl. 53 der Behördenakte - BA), zu 2) ..., geb. am 19... (Bl. 55 BA) und zu 3) ..., geb. am ... (Bl. 4 BA) begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihnen drohende Überstellung nach Polen im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Die Antragsteller sind ukrainische Staatsangehörige. Eigenen Angaben zufolge reisten sie am 3. Februar 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten hier am 29. April 2016 einen Asylantrag.

Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 29. April 2016 gaben die Antragsteller unter anderem an, ihr Herkunftsland mit einem polnischen Schengenvisum, ausgestellt am 8. Januar 2016 und gültig vom 15. Januar 2016 bis 15. April 2016, verlassen zu haben (Bl. 43 ff. BA; vgl. Ablichtungen der Reisepässe der Antragsteller, Bl. 70, 73 und 75 BA). Nach Angaben der Antragsteller flogen sie direkt aus der Ukraine nach Deutschland (Köln; Bl. 48 ff. BA).

Bei einem Gespräch der Antragstellerin zu 2) beim Bundesamt vom 4. Mai 2016 erklärte sie, sie habe einen angeborenen Herzfehler, eine Posttraumatische Belastungsstörung und eine Angststörung. Die Antragstellerin zu 3) habe auch einen angeborenen Herzfehler. Als Medikamente nehme die Antragstellerin zu 2) Baldrian. Sie habe Angst, dass die Verfolger rausbringen, wo sie sich aufhalten. Sie wisse nicht genau, wer sie verfolge. Sie hätten zunächst ein deutsches Visum beantragt, das „hätten sie herausgefunden“, deshalb hätten sie dann ein polnisches Visum beantragt.

Der Antragsteller zu 1) erklärte bei dem Gespräch am 4. Mai 2016, die Antragstellerin zu 3) habe einen angeborenen Herzfehler. Seine Verfolger würden ihn in Polen suchen. Er habe absichtlich ein polnisches Visum beantragt und sei nach Deutschland eingereist, um seine Verfolger auf die falsche Spur zu bringen. Es gehe ihm darum, dass sie irgendein Land aufnimmt. Seine Schwester wohne in Deutschland.

Mit Ersuchen vom 2. Juni 2016 bat das Bundesamt die polnischen Behörden um Rücknahme der Antragsteller (Bl. 87 ff. BA).

Mit Schreiben vom 10. Juni 2016 stimmte die polnische Ausländerbehörde der Rückübernahme der drei Antragsteller zu (Bl. 96 und 97 BA).

In der Akte befinden sich ärztliche Atteste für die Antragstellerin zu 2), wonach bei ihr eine PTBS, Albträume, generalisierte Angststörung, dissoziative Bewegungsstörungen, ein emotioneller Schock, eine Essstörung und Anorexie vorliegen (Bl. 112, 113 BA).

Mit Bescheid vom 20. Juni 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Asylanträge als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides), ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2 des Bescheides) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 3 des Bescheides).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Asylanträge seien gemäß § 27a AsylG unzulässig, da Polen aufgrund der erteilten Visa gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III VO für die Behandlung der Asylanträge der Antragsteller zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung nach Polen beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Das Bundesamt müsse des Weiteren das Einreiseverbot gemäß § 75 Ziff. 12 AufenthG im Fall einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG befristen. Die Frist sei nach Monaten zu bemessen, individuell festzulegen und beginne am Tag der Abschiebung. Den Antragstellern sei Gelegenheit gegeben worden, sich zur Länge der Frist zu äußern. Dabei sei vorgetragen worden, Verwandte des Antragstellers zu 1) lebten in Deutschland. Gründe für eine weitere Reduzierung der Frist nach § 11 Abs. 4 AufenthG lägen nicht vor. Es seien auch sonst keine Umstände ersichtlich, die im Rahmen des Ermessens zugunsten der Antragsteller hätten berücksichtigt werden können.

Hiergegen haben die Antragsteller am ... Juni 2016 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid vom 20. Juni 2016 aufzuheben (Az.: M 12 K 16.50453). Gleichzeitig wurde beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde auf die Angaben beim Bundesamt verwiesen. Sie hätten ein polnisches Visum beantragt, um ihre Verfolger zu verwirren. Die Sicherheit sei in Polen nicht gewährleistet.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 6. Juli 2016 die Behördenakte vor. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG eingelegte Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 20. Juni 2016 verfügte Anordnung der Abschiebung nach Polen hat in der Sache keinen Erfolg.

Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragsteller regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Gemessen an diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung der Klage, da die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird und die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

1. Die Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung findet sich in § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG (Nr. 2 des Bescheides). Danach ordnet das Bundesamt in Fällen, in denen der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass diese durchgeführt werden kann. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (Nr.1 des Bescheides).

2. Im Fall der Antragsteller ist Polen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union i. S. v. § 27a AsylG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO). Diese findet gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 Dublin III VO auf alle in der Bundesrepublik ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, also auch auf das am 29. April 2016 gestellte Schutzgesuch der Antragsteller.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist vorliegend Polen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III VO begründen auch abgelaufene Visa, aufgrund derer der Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates einreisen konnte, die Zuständigkeit des ausstellenden Staates, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet nicht verlassen hat. Die Anknüpfung an abgelaufene Visa setzt allerdings voraus, dass diese rechtliche Voraussetzung für die Einreise waren. Diese Voraussetzungen liegen vorliegend vor, da die Visa der am 2. März 2016 ins Bundesgebiet eingereisten Antragsteller bis 15. April 2016 noch gültig waren, nunmehr seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind (Bl. 68 ff. BA).

3. Die Antragsteller können der Überstellung nach Polen auch nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Polen systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Polen unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III VO).

Das gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - finden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris). Daraus ist die Vermutung abzuleiten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., juris Rn. 80).

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 - juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVwerG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w.N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

In Bezug auf Polen ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass den Antragstellern im Falle ihrer Rücküberstellung eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Polen systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Gerichte an. Die überwiegende Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit geht davon aus, dass systemische Mängel des Asylverfahrens in Polen nicht vorliegen (vgl. BayVGH, U. v.19.1.2016 - 11 B 15.50130 - juris; Sächsisches OVG, B. v. 12.10.2015 - 5 B 259/15.A - juris; VG Ansbach, U. v. 27.1.2016 - AN 14 K 15.50448 - juris; VG Aachen, B. v. 30.1.2015 - 6 L 895/14.A - juris; VG Stade, B. v. 20.10.2015 - 3 B 1709/15 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 6.8.2013 - 17 L 1406/13.A - juris; VG Potsdam, U. v. 4.6.2013 - 6 K 732/13.A; VG Weimar, B. v. 20.5.2011 - 7 E 20069/11 We - juris). Den Asylbewerbern werden ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe zur Verfügung gestellt (vgl. hierzu VG Lüneburg, B. v. 25.10.2013 - 2 B 48/13 mit Verweis auf die aktuelle Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge - BT.Drs.17/14795).

Die attestierte psychische Erkrankung der Antragstellerin zu 2) (PTBS, Albträume, Angststörung, dissoziative Bewegungsstörungen, Emotioneller Schock, Essstörung, Anorexie) können auch in Polen behandelt werden. Dies gilt auch für die - nicht glaubhaft gemachte - evtl. Behandlung wegen des angeborenen Herzfehlers der Antragstellerinnen zu 2) und 3).

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist in Polen für Asylsuchende grundsätzlich gewährleistet. Asylsuchende erhalten - genauso wie polnische Bürger - einen Gesundheitspass (health card), auf dem alle Krankheiten und die Behandlungen vermerkt sind. Bezahlt werden die medizinischen Leistungen für Asylsuchende vom staatlichen Gesundheitswesen (National Health Fund). Das United States Department of state stellt in dem Bericht „Country Reports on Human Rights Practices for 2012” betreffend Polen (http://www.state.gov/documents/organization/204536.pdf) fest, der Zugang zur medizinischen Grundversorgung sei zufriedenstellend. Auch im Länderbericht Polen (www.asyl.at/projekte/isf_polen.pdf) ist ausgeführt, dass Asylsuchende dieselben Leistungen in der Gesundheitsversorgung erhalten wie polnische Bürgerinnen und Bürger. In den meisten Flüchtlingsunterkünften wird die medizinische Versorgung über einen Arzt gewährleistet, der dort regelmäßige Sprechstunden abhält (o.g. Länderbericht, 9.). Kranke Asylsuchende werden bei Bedarf in Krankenhäuser eingewiesen. In der Praxis ist die medizinische Versorgung nicht in vollem Umfang gewährleistet; Grund dafür sind die fehlenden finanziellen Mittel. Im Bericht „Migration is not a crimereport on the Monotoring of Guarded Centres for Foreigners der Association for Legal Intervention und der Helsinki Foundation for Human Rights” aus dem Jahr 2013 (http://interwencjaprawna./pl/wpcontent/unploads/migtaionisnotacrime.pfd) ist von ausreichender medizinischer Betreuung die Rede, deren Umfang sich allerdings je nach Zentrum unterschiedlich gestaltet. Fachärztliche Versorgung - auch psychologische - erfolge in der Regel außerhalb der Zentren, sei aber generell möglich (S. 25 f.).

Die Liaisonbeamtin des Bundesamtes hat auf die Kleine Anfrage im Bundestag (BT. Drs. 17/14795) am 25. September 2013 dargelegt, dass die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, in Polen kostenlos ist und grundsätzlich durch qualifiziertes Personal erfolgt. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer, die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige. Die medizinische Versorgung umfasst auch spezielle Untersuchungen, Zahnbehandlungen, psychologische Hilfe, Rehabilitation. Auch Posttraumatische Belastungsstörungen sind behandelbar (vgl. o.g. Bericht der Liaisonbeamtin).

Landesweite durchgreifende Mängel bei der fachärztlichen Versorgung liegen demnach nicht vor.

Die Situation mag für Asylbewerber in Polen im Vergleich zur Situation in der Bundesrepublik Deutschland etwas unangenehmer sein, die oben genannte Schwelle zur Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen sind jedoch bei weitem nicht erreicht und von den Antragstellern auch nicht vorgetragen.

Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen, der Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesundheitsfürsorge sind derzeit unter Würdigung der vorhandenen Erkenntnisse einen systemischen Mangel charakterisierende strukturelle landesweite Missstände, die eine individuelle Gefährdung eines jeden Einzelnen oder einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern im Falle der Abschiebung nach Polen begründeten und die von den polnischen Behörden tatenlos hingenommen würden, nicht zu erkennen. Eine - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung herbeiführende - beachtliche Unterschreitung der von dem Unionsrecht vorgesehenen Mindestanforderungen kann derzeit ebenso nicht ausgemacht werden.

Die ergibt sich insbesondere daraus, dass der Ausschuss des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres im Jahr 2008 einen dreitägigen Besuch in Polen gemacht hat mit dem Ziel, sich mit der Lage bei der Aufnahme von Asylbewerbern vertraut zu machen und die Durchsetzung der einschlägigen Richtlinien und EU-Verordnungen zu bewerten (http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2004_2009/documents/dv/732/732439/732439de.pdf). In dem darüber erstellten Berichtsentwurf heißt es unter dem Punkt „Allgemeine Bemerkungen“ auf Seite 20: „Die Delegation war positiv überrascht: Die Bedingungen in den Zentren waren im Allgemeinen gut und wir waren von der guten Atmosphäre während unseren gesamten Aufenthalts beeindruckt“. Die Mitglieder des Ausschusses stellten fest, dass sich die Zentren generell in einem guten Zustand befinden, es aber Raum für Verbesserungen gibt (Seite 21). Anhaltspunkte für strukturelle landesweite Missstände, die eine individuelle Gefährdung eines jeden Einzelnen oder einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern im Fall der Abschiebung nach Polen begründeten, gibt der Bericht nicht her (VG Düsseldorf, B. v. 6.8. 2013 - 17 L 1406/13.A - juris).

Neuere Berichte lassen eine Verschlechterung der Lage nicht zu erkennen. So auch nicht der Bericht „Migration is not a crime - Report on the monotoring of Guarded Centres for Foreigners der Association for Legal Intervention und der Helsinki Foundation for Human Rights aus dem Jahr 2013, in dem die Ergebnisse einer Untersuchung der sechs in Polen vorhandenen Gewahrsamzentren zusammen gefasst werden, die aufgrund von Protesten von Asylbewerbern im Jahr 2012 durchgeführt wurde (vgl. http://interwencjaprawna.pl/wpcontent/uploads/migrationisnotacrime.pdf).

Diese Einschätzung wird durch den „Country Reports on Human Rights Practices for 2012“ des United States Departement of State betreffend Polen bestätigt (http.//www.state.gov/documents/organization/204536.pdf). Danach ist die Gewährung des Asylrechts und des Flüchtlingsstatus in Polen auch in der praktischen Durchführung gewährleistet (Seite 13). Nach Angaben des UNHCR seien die Bedingungen in den Flüchtlingseinrichtungen zwar auf niedrigem Niveau, verbesserten sich aber allmählich und erfüllten die Grundbedürfnisse.

Auch die Liaisonbeamtin des Bundesamts (vgl. a.a.O) geht in ihrem Bericht davon aus, dass die Aufnahmebedingungen in Polen den Vorschriften der Aufnahmerichtlinie entsprechen.

Der Vortrag der Antragsteller, sie würden in Polen von ihren Verfolgern gesucht, kann nach der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 21.12.2011, a. a. O.) nicht gegen eine Überstellung nach dem Dublin-Verfahren eingewandt werden. Darüber hinaus ist der Einwand auch unbeachtlich, denn Polen ist ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union, in dem die Antragsteller Schutz vor ihren Verfolgern suchen können. Dass die angeblichen Verfolger die Antragsteller nur in Polen und nicht in Deutschland suchen, ist völlig abwegig.

4. Weiterhin bestehen nach der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache auch in der Person der Antragsteller keine individuellen, außergewöhnlichen humanitären Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO notwendig machen würden.

5. Schließlich begegnet auch die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung der Antragsteller nach Polen keinen Bedenken. Die polnischen Behörden haben zugestimmt, die Antragsteller wieder aufzunehmen. Ein der Abschiebung nach Polen entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Nach alledem war der Eilantrag daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

Aktenzeichen: AN 14 K 15.50448

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 27. Januar 2016

14. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 710

Hauptpunkte:

Abschiebungsanordnung nach Polen

keine systemischen Mängel in Polen

keine Familienangehörige

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ..., geb. ...1989 Ukrainische Gr.-Kath. Personalpfarrei ...

2. ..., geb. ...1990

3. ..., geb. ...2010

4. ..., geb. ...2013

zu 3 und 4: gesetzlich vertreten durch den Vater ... Ukrainische Gr.-Kath. Personalpfarrei ...

... gesetzlich vertreten durch die Mutter ...

... zu 2 bis 4 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 bis 4 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Bundesrepublik Deutschland vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...

- Beklagte -

wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 14. Kammer,

durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Bayer aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. Januar 2016 am 27. Januar 2016 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden

nicht erhoben.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., wird abgelehnt.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine Abschiebungsanordnung nach Polen.

Die Kläger, ukrainische Staatsangehörige, reisten eigenen Angaben zufolge am 16. April 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 11. Juni 2015 Asylanträge.

In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens 20. September 2015 erklärten die Kläger, dass sie sich in Polen nicht sicher fühlen würden. Deutschland sei die Heimat des Klägers zu 1), da er hier geboren worden sei. In Deutschland habe er seine Familie (Gerichtsverfahren des Vaters des Klägers zu 1) und seiner Familie Az.: AN 14 S 15.50449 und AN 14 K 15.50450) und auch eine Cousine, die hier seit 15 Jahren lebe.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - polni-sche Visa - lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).

Die Beklagte richtete am 9. September 2015 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Polen. Die polnischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 21. September 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.

Mit Bescheid vom 24. September 2015, zugestellt am 2. Oktober 2015, wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1) und die Abschiebung der Kläger nach Polen angeordnet (Ziffer 2).

Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2015, eingegangen bei Gericht am 9. Oktober 2015, hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. September 2015 aufzuheben. Zudem stellten sie sinngemäß einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2) des Bescheides vom 24. September 2015.

Zur Begründung wurde unter Verweis auf die Beschlüsse des VG Meiningen vom 26. April 2013 sowie des VG Wiesbaden vom 10. September 2013 vorgetragen, dass das Asylverfahren in Polen nach Rechtsprechung und Auskunftslage Mängel aufweise, die dazu führen würden, dass dort kein Asylverfahren nach rechtsstaatlichen Begriffen zu erwarten sei.

Hinzu komme die persönliche Gefährdungslage des Klägers zu 1). Er habe in der Ukraine seinen Wehrdienst abgeleistet. Nach Entlassung aus dem Wehrdienst sei er automatisch der Reserve zugeteilt. Aufgrund des dort herrschenden Bürgerkrieges erhielt er einen Einberufungsbefehl zur ukrainischen Armee. Aus Gewissensgründen habe er diesem Einberufungsbefehl keine Folge geleistet, da er es nicht verantworten konnte, in einer als Bürgerkrieg zu bezeichnenden Auseinandersetzung zwischen den Separatisten in der Ost-Ukraine und dem ukrainischen Staat gegen Landsleute, möglicherweise auch Verwandte, schießen zu müssen. Aufgrund dessen gelte der Kläger zu 1) in der Ukraine nunmehr als Deserteur. Dieses Vergehen sei mit einer Freiheitsstrafe bis zur lebenslänglichen Freiheitsstrafe bedroht. Zwischen der Ukraine und Polen bestehe ein Auslieferungsabkommen. Er müsse daher befürchten, bei einer Abschiebung nach Polen unverzüglich an die Ukraine ausgeliefert zu werden.

Durch die UNHCR-Studien würden die Zweifel an den systemischen Mängeln im Asylsystem in Polen aufgrund der drohenden Obdachlosigkeit von Asylsuchenden in Polen, Bulgarien und der Slowakei noch bekräftigt werden.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Oktober 2015 wurde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. September 2015, zugestellt am 2. Oktober 2015, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid.

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2016 wurden die beiden Klageverfahren mit den Aktenzeichen AN 14 K 15.50448 und AN 14 K 15.50450 zur gemeinsamen Verhandlung durch Beschluss nach § 93 VwGO verbunden. In dem vorliegenden Klageverfahren erschienen die Klägerinnen zu 2) und zu 3) und der Kläger zu 4).

Der Kläger zu 1) befindet sich laut dem Schreiben der ukrainisch griechisch-katholischen Personalpfarrei ... vom 25. November 2015 im Kirchenasyl.

Die Klägerin zu 2) erklärte auf Nachfrage des Gerichts, dass die Familie mit einem polnischen Visum über Polen nach Deutschland eingereist sei. In Polen selbst sei nichts Besonderes vorgefallen. Die Mutter des Klägers zu 1) (Klägerin zu 2) aus dem Klageverfahren AN 14 K 15.50450) ergänzt, dass ihr Sohn, der Kläger zu 1), bereits eine Ladung zur Einberufung in das Militär in der Ukraine erhalten habe.

Die Prozessbevollmächtigte stellte in der mündlichen Verhandlung hilfsweise die Beweisanträge aus dem Schriftsatz in dem Verfahren AN 14 S 15.50449 vom 6. November 2015.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Behörden-akten, auf die Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Bundesamts vom 4. 20. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Nach § 34a Abs. 1 Satz 3 Asyl einer vorherigen Androhung und Fristsetzung nicht. Dem liegt zugrunde, dass das Bundesamt die Asylanträge der Antragsteller nach § 27a Asyl zu Recht als unzulässig abgelehnt hatte.

Formfehler diesbezüglich sind weder erkennbar noch vorgetragen.

Damit treffen die Verpflichtungen aus Art. 18 ff der Dublin III-VO die Republik Polen.

Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, liegen nicht vor und wurden auch nicht konkret vorgetragen.

Hierbei ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung des § 26a Asyl entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist, da es sich bei Polen um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit entgegen den Ausführungen der Antragsteller um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG bzw. § 26a AsylVfG handelt.

Damit ist Polen, wie dargelegt, nach Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO für die Durchführung des Asyl-verfahrens der Kläger zuständig.

Die Dublin III-VO ist die grundlegende Vorschrift auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europäischen Asylsystem (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 4 ff der Dublin III-VO), mit dem eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedsstaats bezweckt wird, um letztendlich einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zur gewähr-leisten (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 19.3.2014, Az.: 10 B 6/14 m. w. N., juris). Dieses gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grund-lage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, Luv 21.12.2011, Rechtssache: RS: C-411/10 und C-493/10, Juris). Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn dieser zuständige Mitgliedsstaat sogenannte „systemische Mängel“ des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufweist, so dass die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gefahr für Asylbewerber bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Asylbewerber der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, Luv 10.12.2013, RS: 10-394/12, juris). Diese Rechtsprechung mündete nunmehr in Art. 3 Abs. 2 der Dublin III-VO, der bestimmt, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird.

Solche systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO liegen aber entgegen den Ausführungen der Kläger erst dann vor, wenn die bereits angesprochenen Grundrechts-verletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK nicht nur in Einzelfällen vorliegen, sondern strukturell bedingt sind. Deshalb setzen systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO voraus, dass die Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat so defizitär sind, dass einem Asylbewerber im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Hier-bei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die konkrete Gefahr einer gegen die Grundrechte verstoßenden Behandlung im zuständigen Staat aus der grundsätzlichen Behandlung der Asylbewerber heraus ergeben muss, die eben systemisch angelegt sein muss, dass also eine Verletzung von Grundrechten in einem Einzelfall nicht zur Aktivierung des Selbsteintritts aus-reicht (BVerwG, BVB. 6.6.2014, Az.: 10 B 25/14, Juris).

Diese Defizite müssen des Weiteren in der Art und Weise offensichtlich sein, dass sie im über-stellenden Mitgliedsstaat allgemein bekannt sein müssen (EUGH, Luv 21.12.2011, a. a. O.) und im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedsstaats angelegt sein oder die Vollzugspraxis dort strukturell prägen, so dass sie des Weiteren aufgrund ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit aus Sicht der zuständigen Behörden und Gerichte verlässlich zu prognostizieren sind (BVerwG v. 6.6.2014, a. a. O., Möwen.).

Allerdings ist im vorliegenden Fall nicht von solchen systemischen Schwachstellen auszugehen.

Hierzu wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 Asyl auf die zu-treffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom 24. September 2015 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen.

Auch der Vortrag der Kläger führt zu keiner anderen rechtlichen Betrachtung. Soweit sie sich auf den Beschluss des VG Meiningen vom 26. April 2013 (8 E 20075/13 Mea) beziehen, ist festzustellen, dass die Frage der systemischen Mängel hinsichtlich des polnischen Asylsystems als "offen" bezeichnet worden ist. Auch das VG Meiningen hat sich zur Begründung in erster Linie auf die oben erwähnte Studie "Migration ist not a creme" der Helsinki Fundation berufen und darüber hinaus keine weiteren Anhaltspunkte für mögliche Schwachstellen benannt.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 24. September 2015 beinhaltet die Abschiebungsanordnung nach Polen als zuständigen Mitgliedstaat für die Überprüfung der Asylverfahren der Kläger beinhaltet und nicht die Abschiebung zurück in die Ukraine. Die vorgetragene Einberufung des Klägers zu 1) in das Militär in der Ukraine ist aufgrund dessen für dieses Verfahren ohne Belang. Wie die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2016 selbst vorgetragen hat, ist in Polen während ihres Aufenthalts nichts Besonderes passiert.

Ergänzend bleibt noch auszuführen, dass auch nach der überwiegenden Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen nicht vorliegen (vgl. VG Aachen, U. v. 19.08.2015, Az. 6 K 2553/14.A; VG München, B. v. 29.06.2015, Az. M 24 K 15.50074; BayVGH, U. v. 22.06.2015, Az. 11 B 15.50049; sowie B. v. 28.04.2015, Az. 11 ZB 15.50065; VG Ansbach, B. v. 19.06.2015, Az. 14 S 15.50134; und U. v. 17.02.2015, Az. 14 K 14.50221 sowie Az. 14 K 14.50222; VG Frankfurt (Oder), B. v. 09.06.2015, Az. 6 L 324/15.A; VG Gelsenkirchen, U. v. 10.03.2015, Az. 6a K 3687/14.A; VG Magdeburg, B. v. 14.4.2015, Az.: 9 B 147/15; VG Düsseldorf, B. v. 02.03.2015, Az. 17 L 2510/14.A; VG Weimar, U. v. 29.10.2014, Az. 7 K 20180/11 We mit weiteren Hinweisen zur medizinischen Versorgung und Hilfen in Polen; alle aus juris).

Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen in Polen im Allgemeinen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung.

Bei den erwähnten Verwandten der Kläger handelt es sich darüber hinaus nicht um Fami-lienangehörige im Sinne des Art. 2 lit. g Dublin III-VO. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vor und wurden auch nicht vorgetragen, dass bereits im Herkunftsland eine Familieneinheit bestanden habe. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Cousine des Klägers zu 1), welche sich seit 15 Jahren in Deutschland aufhalten soll.

Die Asylanträge des Vaters des (volljährigen) Klägers zu 1) und dessen Familie wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 24. September 2015 ebenfalls als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Polen angeordnet. In dem parallel erhobenen Antragsverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach (Az. AN 14 S 15.50449; Klageverfahren mit dem Az. AN 14 K 15.50500) wurde ebenfalls der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den zugrunde liegenden Bescheid des Bundesamts vom 24. September 2015 abgelehnt. Auf dieses Verfahren wird ausdrücklich Bezug genommen.

Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse, die ebenso durch das Bundesamt zu prüfen gewesen wären, entgegen. Eine Reise- bzw. Transportunfähigkeit der Kläger wurde nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83 b AsylVfG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

zu beantragen.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., wird abgelehnt.

Gründe:

Mangels Erfolgsaussichten der Hauptsache - insoweit wird auf die Ausführungen der Klage dem Az.: AN 14 K 15.50448 verwiesen - ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin ..., abzulehnen (§ 166 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige und Eltern eines am 12. Februar 2014 geborenen Sohnes. Sie reisten im März 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatten sie bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Sie wenden sich gegen einen am 3. März 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 27a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 3. Februar 2014 versagt wurde, sie auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II) nach Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Maßgabe ab, dass die angeordnete Abschiebung unter Berücksichtigung einer zweimonatigen "Mutterschutzfrist" (in Anlehnung an § 6 MuSchG) nicht vor dem 1. Mai 2014 vollzogen werden dürfe. Eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung bestehe nicht. Weder sei ein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben, noch lägen systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) vor, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber oder Flüchtling tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden. Systemische Mängel, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gebieten könnten, seien auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle von Italien aufgrund der Auskunftslage derzeit nicht erkennbar (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336).

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 3. April 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG.

4

a) Die Beschwerdeführer befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzbedürftige Dublin-Rückkehrer seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Etwas anderes gelte allenfalls für besonders schutzbedürftige Personen. Allerdings gälten Familien mit beiden Elternteilen in Italien nicht als verletzlich. Auch wenn es zu einer staatlichen Unterbringung kommen sollte, bestehe die Gefahr, dass sie nicht als Familie untergebracht würden, sondern dass es zu einer Unterbringung von Mutter und Kind in der einen, des Vaters aber in einer anderen Einrichtung komme. Eine Trennung der Familie, um die Wahrscheinlichkeit der Unterbringung zu erhöhen, könne ihnen jedoch nach Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden. Gerade im Hinblick auf ihr neugeborenes Kind erscheine die Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung und Nahrung dramatisch.

5

b) Das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgehe, die Berufung auf das Asyl-Grundrecht werde in Dublin-Fällen durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen. Die Dublin-Fälle richteten sich vielmehr allein nach der - spezielleren - Vorschrift des Art. 16a Abs. 5 GG und den Vorgaben des - zwischenzeitlich vergemeinschafteten - europäischen Asylsystems. Während Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG den materiell-rechtlichen Gewährleistungsinhalt des Grundrechts auf Asyl grundsätzlich einschränke und den Prüfungsmaßstab nach dem Konzept der normativen Vergewisserung festlege, liege der Kompetenzübertragung nach Art. 16a Abs. 5 in Verbindung mit Art. 23 GG die Idee zugrunde, dass die Bundesrepublik den Gewährleistungsinhalt von Art. 16a Abs. 1 GG einer europäischen Zuständigkeitsregelung unterwerfe und zugleich an ihr normsetzend mitwirke. Die Pflichten, die die Bundesrepublik sich mit Art. 16a Abs. 1 GG auferlegt habe, könne sie danach nur soweit delegieren, wie die Verheißung eines im Gebiet der Dublin-Verordnung geltenden Flüchtlingsschutzes im anderen Mitgliedstaat auch wirklich eingelöst werde. Sei dies nicht der Fall, treffe die Bundesrepublik kraft des wechselseitigen und auf Solidarität sowie Mindeststandards beruhenden Lastenausgleichssystems die Rolle eines "Ausfallbürgen". Europäische Asylstandards würden in Italien jedoch nicht gewahrt; nach allem, was über die dortige Situation von Asylbewerbern bekannt sei, würden dort entscheidende Bestimmungen aus der Verfahrens-, Aufnahme- und Qualifikationsrichtlinie ebenso verletzt wie Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK.

6

Aus der Pflicht der Bundesrepublik zu gewährleisten, dass die Beschwerdeführer bei Überstellung an einen Dublin-Zielstaat keine Rechtsverletzungen an anderen Rechtsgütern erlitten, folge, dass die Bundesrepublik sich derartige Rechtsverletzungen zurechnen lassen müsse. Ihnen drohe in Italien Obdachlosigkeit und eine defiziente Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, die in die reale Gefahr der Verelendung führe; hierin liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen auch gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die einfachgesetzlich geltenden Normen der EMRK verfehlt interpretiert habe. In ihrem Falle sei Art. 3 EMRK zu berücksichtigen gewesen, der mit dem Verbot "unmenschlicher" oder "erniedrigender" Behandlung nach allgemeiner Auffassung gerade die Situation der Verelendung umschreibe, die durch den Zielstaat der Überstellung zu unterbleiben habe. Die drohende Trennung der Familie verletze Art. 6 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1. und 2.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des von der Rückführung betroffenen Kleinkindes der Beschwerdeführer zu treffen haben (dazu 3.).

8

1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG und Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK rügen, zeigen sie schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Die Beschwerdeführer setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>), des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

9

2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit und einer Trennung der Eltern von ihrem neugeborenen Kind bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit und Trennung der Familie zu rechnen haben und ihrem Sohn als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

10

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

11

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

12

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

13

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

14

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

15

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

16

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung und Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

17

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.