I.
Der 19... geborene Beklagte beendete 1995 seine Schullaufbahn zunächst mit der Mittleren Reife, nachdem er die Abiturprüfung nicht bestanden hatte. Danach war er für die Bundeswehr tätig, seit 1. November 1996 als Soldat auf Zeit. Währenddessen ließ sich der Beklagte in einem Abendkurs zum Bürokaufmann mit IHK-Abschluss ausbilden und nahm an der Bundeswehrfachschule W … erfolgreich am Lehrgang Fachhochschulreife Wirtschaft teil (Gesamtschnitt: 1,6). Zum 1. Oktober 2007 trat der Beklagte als Finanzanwärter beim Finanzamt H. in die Bayerische Finanzverwaltung ein. Ihm wurde im Jahr 2010 die Laufbahnbefähigung für den Mittleren Dienst zuerkannt (§ 47 Abs. 4 StBAPO), nachdem er die Laufbahnprüfung und die Wiederholungsprüfung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes nicht bestanden hatte. Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Steuersekretär ernannt und zum 1. Januar 2013 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Zum 1. Juli 2013 wurde der Beklagte zum Steuerobersekretär befördert. Bis zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte war der Beklagte als Buchhalter für Kraftfahrzeugsteuerfälle beim Finanzamt H. tätig.
Der verheiratete Beklagte ist Vater von zwei 2007 und 2010 geborenen Töchtern. Er bezieht ungekürzte Bezüge aus der Besoldungsgruppe A 7. In seiner letzten periodischen Beurteilung 2013 erhielt er 11 Punkte.
II.
Im Rahmen einer beim Finanzamt H. vom 3. Juli 2013 bis 5. Juli 2013 durchgeführten kleinen Geschäftsprüfung wurden folgende Feststellungen getroffen, die vom Beklagten im Disziplinarverfahren eingeräumt wurden:
1. Ein für das Konto „208/BT-WS 79/5“ des am 30. Oktober 2012 verstorbenen Fahrzeughalters W … S … entstandenes Kraftfahrzeugsteuerguthaben in Höhe von 90,00 EUR wurde von dem Beklagten ämterübergreifend unter dessen Kennung „…“ am 16. Mai 2013 auf die Steuernummer „… …“ umgebucht. Das betreffende Kraftfahrzeug war auf den Vater des Beklagten, Herrn K … S …, zugelassen. Für diese Kfz-Steuernummer war ein auf den Beklagten und dessen Ehefrau lautendes, gemeinsames Bankkonto bei der Sparkasse H … hinterlegt.
2. Für den am 27. Oktober 2012 verstorbenen Fahrzeughalter H … M … entstand auf Grund Fahrzeugabmeldung ein Guthaben in Höhe von 115,00 EUR. Hiervon wurde vom Beklagten ein Restguthaben von 114,00 EUR auf die Steuernummer „…“ umgebucht. Das betreffende Kraftfahrzeug war auf die Ehefrau des Beklagten zugelassen. Von diesem Restguthaben wurden 30,00 EUR auf die am 6. September 2013 fällig werdende Kfz-Steuer angerechnet und der verbleibende Betrag von 84,00 EUR auf das für diese Kfz-Steuernummer gespeicherte, auf den Beklagten und dessen Ehefrau lautende, gemeinsame Bankkonto bei der Sparkasse H … erstattet. Die insoweit anfallenden Buchungen wurden von dem Beklagten am 25. und 26. Juni 2013 unter der Kennung des Beklagten „…“ vorgenommen.
III.
Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes leitete der Leiter des Finanzamtes H als Dienstvorgesetzter mit Vermerk vom 5. Juli 2013 gegen den Beklagten gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren ein.
Mit Bescheid vom 8. Juli 2013 untersagte das Bayerische Landesamt für Steuern dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG.
Am 15. Juli 2013 wurde das Disziplinarverfahren nach Art. 35 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 BayDG vom Bayerischen Landesamt für Steuern als Disziplinarbehörde übernommen und mit Verfügung vom gleichen Tag gemäß Art. 21 Abs. 1 BayDG auf weitere Tathandlungen des Beamten ausgedehnt.
Dem Beklagten wurde zusätzlich zur Last gelegt, unter seiner Kennung „…“ unberechtigterweise Kfz-Steuer-Guthaben vierer verschiedener Steuerpflichtiger in Höhe von insgesamt 1,91 EUR auf das Kfz-Steuer-Konto „…“ seines Vaters K … S … umgebucht zu haben.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vorgänge:
Steuernummer
|
|
Steuerpflichtiger/ Fahrzeughalter
|
|
Guthaben
|
|
Umbuchung auf
Steuernummer/Fahrzeughalter
|
|
Datum der Umbuchung
|
208/BT-FH 175/2
|
|
H … (verstorben)
|
|
0,50 EUR
|
|
HO-SM 37/5
|
|
10.04.2013
|
258/WUN-HC 94/6
|
|
J …
|
|
0,10 EUR
|
|
HO-SM 37/5
|
|
10.04.2013
|
258/768/00376
|
|
A …
|
|
0,31 EUR
|
|
HO-SM 37/5
|
|
14.05.2013
|
WUN-461 E/7
|
|
G …
|
|
1,00 EUR
|
|
HO-SM 37/5
|
|
22.05.2013
|
Mit Verfügung vom 11. September 2013 wurde der Beklagte gemäß Art. 39 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben. Unter Berücksichtigung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten erfolgte kein Bezügeeinbehalt gemäß Art. 39 Abs. 2 BayDG.
Ein im Auftrag des Landesamtes für Steuern erstelltes Gutachten des Leiters der Klinik für forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus B … vom 3. November 2014 gelangte zum Ergebnis, aus forensisch-psychiatrischer Sicht würden keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen, die für die Aufhebung oder erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten im Tatzeitraum April bis Juni 2013 gemäß §§ 20, 21 StGB sprächen. Es sei zwar gut möglich, dass beim Beklagten infolge des Gesprächs im Finanzamt H am 5. Juli 2013 im Hinblick auf die Tatvorwürfe und dessen Folgen eine außergewöhnliche und auf ihn einwirkende akute Belastungsreaktion vorgelegen habe, auf die eine nicht länger anhaltende depressive Reaktion erfolgt sei. Es lägen aber keine hinreichenden Anhaltspunkte aus psychiatrischer Sicht dafür vor, dass beim Beamten vor dem 5. Juli 2013 bereits eine schwerwiegende psychische Erkrankung bestanden habe oder dass vom Vorliegen von gesundheitlichen Störungen ausgegangen werden müsse, die erheblich Einfluss auf zentral-nervöse Funktionen des Beamten vor dem 5. Juli 2013 gehabt hätten. Selbst wenn er sich in den Monaten April bis Juni 2013 auf Grund einer anhaltenden beruflichen und persönlichen Überlastung und dem Bestreben, den an ihn gestellten oder von ihm so empfundenen Anforderungen voll zu genügen, in einer erheblichen psychischen Belastung befunden habe, so dass man durchaus von einer leichten depressiven Reaktion beim Beamten ausgehen könne, so erfülle dies keinesfalls das in der Schuldfähigkeitsbeurteilung geforderte Schwerekriterium. Aufgrund des notwendigen, „mehrschrittigen“ Vorgehens bei den zur Last gelegten Vorgängen sei zudem davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit nicht in Betracht gezogen werden könne. Zusätzlich wurde festgestellt, dass aufgrund der Erfahrungen, die der Beamte nach dem 5. Juli 2013 machen musste und der hieraus gezogenen Erkenntnisse aus forensisch-psychiatrischer Sicht beim bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Beamten, der grundsätzlich über ein hohes Pflichtbewusstsein verfüge und eine hohe Identifikation mit seinen dienstlichen Aufgaben aufweise, keine weiteren vergleichbaren Handlungen zu befürchten seien. Eine Bereicherungsabsicht könne zudem wohl nicht angenommen werden. Gesundheitliche Einschränkungen, insbesondere von Seiten des psychiatrischen und neurologischen Fachgebietes, die gegen eine Wiederaufnahme der Diensttätigkeit des Beamten sprechen würden, lägen nicht vor.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben. Hiervon machte er mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 12. Januar 2015 Gebrauch. Unter anderem wurde vorgebracht, dass der Beamte ohne Bereicherungsabsicht gehandelt habe. Gegen eine Bereicherungsabsicht spräche die niedrige Schadenssumme bei vier Umbuchungen unter einem Euro. Er habe durch die Umbuchungen den ihn stark belastenden, ständigen Fehlermeldungen im System begegnen wollen. Dies belege auch die Bezeichnung „Test“ auf einem der Buchungsvermerke.
Die Mitwirkung der Personalvertretung gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 3 und 4 BayPVG wurde beantragt. Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 teilte diese mit, dass gegen die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage keine Einwendungen erhoben würden.
IV.
Mit Schriftsatz vom 9. März 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am 17. März 2015, erhob der Kläger Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten gemäß Art. 14 Abs. 2 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Beklagte habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Buchhaltungssachbearbeiter über einen Zeitraum von 12 Wochen unbefugt Kfz-Steuerguthaben von sechs Steuerpflichtigen auf das auf ihn und seine Ehefrau lautende gemeinsame Bankkonto bei der Sparkasse H … umgebucht, das als Konto für die Kfz-Steuer seines Vaters und seiner Ehefrau in den Finanzamtsdaten hinterlegt gewesen sei. Er habe die Beträge dabei in fünf Fällen auf das Kfz-Steuerkonto seines Vaters und in einem weiteren Fall auf das Kfz-Steuerkonto seiner Ehefrau gebucht. Insgesamt habe der Beklagte dadurch einen Betrag in Höhe von 205,91 Euro veruntreut, mit der Absicht, sich das Geld dauerhaft anzueignen. Er habe hierdurch im Kernbereich seiner Pflichten als Kassenbeamter versagt und ein schweres Dienstvergehen begangen. Erhebliche Entlastungsgründe, insbesondere das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, lägen nicht vor, so dass das Vertrauen des Dienstherrn endgültig zerstört sei.
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. November 2015 wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der vorgeworfene Sachverhalt sei vom Beklagten eingeräumt worden, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst gewesen seien. Der Beklagte habe schuldhaft gegen rechtliche Vorgaben und Richtlinien zur Behandlung von Steuerguthaben verstoßen, indem er in sechs Fällen unberechtigt Umbuchungen zu Gunsten des Kfz-Kontos seines Vaters bzw. seiner Ehefrau vorgenommen habe. Laut Arbeitsanleitung (AL-ERH) seien Kfz-Steuerguthaben, die mangels Angabe eines Girokontos nicht erstattet werden könnten, einer Guthabensliste zuzuschreiben. Diese weise Guthaben aus, die älter als 28 Tage seien und mindestens 1,00 Euro betrügen. Guthaben von weniger als 1,00 Euro würden gemäß § 16 BuchO in der Liste nicht aufgezeichnet (Fach 5 Teil 6 TZ 1,2 und 3 AL-ERH). Bei der Bearbeitung dieser Liste sei zunächst zu überprüfen, ob ein aufgeführtes Konto zu Recht im Speicherkonto aufgezeichnet sei und erforderlichenfalls der Steuerpflichtige nach der gewünschten Verwendung des Guthabens zu befragen. Über die getroffenen Feststellungen und die Art der Erledigung seien zu jedem Fall von der Buchhaltung kurze Bearbeitungsvermerke in der Guthabensliste anzubringen (Fach 5 Teil 6 TZ 6 AL-ERH). Dabei seien jedoch die „Kleinbetragsregelungen“ zu beachten (Fach 5 Teil 9 TZ 1 AL-ERH).
In Punkt 42 „Behandlung von Mehr- und Minderbeträgen“ der Verwaltungsvorschrift zu Art. 70 BayHO (Bayerische Haushaltsordnung) sei unter Punkt 42.1 geregelt, dass bei Mehrbeträgen unter 3,00 EUR keine Erstattung erfolge, sondern diese nur auf ausdrücklichen Wunsch des Steuerpflichten zurückzuzahlen seien. Ferner werde in TZ 5 des Fachs 5 Teil 9 AL-ERH darauf hingewiesen, dass Beträge von weniger als 1,00 EUR nicht erstattet würden. Könnten die Kassenüberschüsse nicht innerhalb von sechs Monaten aufgeklärt und abgewickelt werden, seien sie bei der ursprünglichen Buchungsstelle zu belassen und gemäß Abschnitt 4 „Abschluss der Bücher“ Punkt 23 „Tagesabschluss“ der Verwaltungsvorschrift zu Art. 71 BayHO auf Grund der erteilten allgemeinen Annahmeanordnung als Einnahme nachzuweisen (Punkt 23.6 zu Art. 71 BayHO i.V.m. Punkt 22.6.2 zu Art. 70 BayHO). Ein unanbringlicher Betrag werde anschließend auf das Konto 952/11942 „Vermischte Einnahmen“ des Freistaats Bayern gebucht. Gegen diese Vorgaben habe der Beklagte schuldhaft verstoßen. Auch wenn es nach der Ende März 2013 erfolgten Einstellung des Scheckverfahrens für Steuererstattungen möglicherweise zu Problemen in den Fällen gekommen sei, in denen kein Erstattungskonto im PC-System hinterlegt gewesen sei, rechtfertige dies keinesfalls eine Umbuchung von Steuerguthaben Dritter zu Gunsten des Vaters bzw. der Ehefrau, nur um eine „Lösung“ für Problemfälle am Computersystem zu finden. Das Fehlverhalten des Beklagten wiege schwer. Bei sog. Zugriffsdelikten, in denen sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergreife, die ihm dienstlich anvertraut seien, sei die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig Ausgangspunkt für die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Eine Zueignungsabsicht liege auch vor, wenn keine dauerhafte Schädigungsabsicht bestehe. Auf anerkannte Milderungsgründe könne sich der Beklagte nicht berufen. Es liege weder eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat vor, noch handle es sich vorliegend lediglich um einen „geringwertigen“ Betrag. Die Schwelle der Geringfügigkeit sei deutlich überschritten. Auch die anerkannten Milderungsgründe „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ und „Vorliegen einer schockartig psychischen Ausnahmesituation“ bestünden zur Überzeugung der Kammer nicht. Die Arbeitsumstände hätten sich nicht als derart außerordentlich belastend erwiesen, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr hätte erwartet werden können. Der Beklagte hätte sich bei einer subjektiv empfundenen Überlastung an seine Vorgesetzten wenden müssen. Dies gelte auch hinsichtlich der vom Beklagten geschilderten Problematik des Auftretens von Fehlermeldungen am Computer. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit bestünden nicht. Aus den nachvollziehbaren, nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen im psychiatrischen Gutachten vom 3. November 2014 ließen sich keine Umstände entnehmen, die eine schwerwiegende psychische Erkrankung vor der ersten Konfrontation des Beklagten mit den Tatvorwürfen am 5. Juli 2013 annehmen ließen. Somit sei bereits das Eingangskriterium des § 20 StGB nicht erfüllt. Auch der anerkannte Milderungsgrund der Überwindung einer im Zeitpunkt der Pflichtverletzung bestehenden negativen Lebensphase liege nicht vor. Eine Berücksichtigung dieses Umstands komme nur bei außergewöhnlichen Verhältnissen in Betracht, die einen Beamten zeitweilig aus der Bahn würfen. Hierfür bestünden beim Beklagten sowohl im Hinblick auf seine Arbeitssituation als auch im Hinblick auf seine familiären Verhältnisse keine Anhaltspunkte. Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen – wie eine umfassende Offenbarung oder Schadenswiedergutmachung vor Aufdeckung der Tat -, die noch auf einen Rest von Vertrauen schließen ließen, lägen nicht vor. Weder die gute dienstliche Beurteilung, die eine vorzeitige Beförderung zum Steuerobersekretär ermöglicht habe, noch eine bisherige tadelfreie Dienstausübung sei geeignet, die gravierenden Pflichtverstöße, die der Beklagte in einem Zeitraum von mehr als zwei Monate begangen habe, in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Es handle sich vorliegend um einen nicht nur einmaligen Zugriff auf dem Beklagten anvertraute Guthaben anderer Steuerpflichtiger. Zudem liege der Wert des pflichtwidrig verwendeten Guthabens – wenn auch nur geringfügig – über der Grenze von 200,- Euro. Nur bei einem derart begrenzten Schaden und ohne weitere belastende Umstände komme aber ein Absehen von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände sei nach Überzeugung der Kammer deshalb die Entfernung des Beklagten angemessen, geboten und verhältnismäßig.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 4. Dezember 2015, am 14. Dezember 2015 Berufung eingelegt und beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Klage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht die zugunsten des Beklagten sprechenden Umstände nicht ausreichend berücksichtigt habe. Dies gelte gerade auch für Umstände außerhalb der sogenannten anerkannten Milderungsgründe. Die in der Klageerwiderung aufgeführten mildernden Umstände sowie der persönliche und berufliche Werdegang seien nur stark verkürzt und lückenhaft im Tatbestand des Urteils zusammengefasst worden. Bereits hieraus werde ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht nicht sämtliche entlastenden Umstände in seine Abwägung eingestellt habe. So hätten z.B. die Ausführungen des Beklagtenvertreters zu der aus dem wiederholten Scheitern des Beklagten sich ergebenden hohen Arbeitsmotivation ebenso wenig in die Überlegungen Eingang gefunden wie die vom Sachverständigen getroffene positive Zukunftsprognose. Gerade diese Prognose stelle aber ein maßgebliches Kriterium bei der Beurteilung der Frage dar, ob der Beklagte im Beamtenverhältnis verbleiben könne. Hiermit habe sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt. Auch weitere gewichtige Überlegungen seien nicht in die Maßnahmebemessung eingestellt worden. So habe keinen Niederschlag gefunden, dass die erhebliche Belastung des Beklagten sowohl auf Arbeitsüberlastung als auch auf Belastungen im privaten Umfeld (durch Engagement in Schule und Kindergarten der Töchter sowie der Unterstützung von Bekannten und Verwandten in Steuerfragen) zurückzuführen sei und sich nicht nur psychisch, sondern auch physisch in Schlafstörungen und der Abnahme der psychophysischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit manifestiert habe. Die Belastung des Beklagten sei dabei durch seinen hohen Leistungswillen noch gesteigert worden, der sich aufgrund des Scheiterns im Abitur und in den Laufbahnprüfungen verstärkt und damit den Druck auf den Beklagten erhöht habe. Er sei stets bestrebt gewesen, sämtlichen Anforderungen im beruflichen, privaten und nachbarschaftlichen bzw. familiären Bereich vollumfänglich zu genügen und habe zusätzlich noch ehrenamtliche Tätigkeiten übernommen. Ihm seien ständig die Zahlen nachgegangen und er habe nicht mehr richtig abschalten können. In dieser angespannten Situation hätten ihn die wiederholten Fehlermeldungen in der EDV zusätzlich belastet und massiv seinen Arbeitsfluss behindert, so dass er nachvollziehbar nach Lösungen gesucht habe, diese Fehlermeldungen zu beenden. Aus diesem Grund habe er die beanstandeten Buchungen vorgenommen, die leicht nachzuverfolgen und als Test gekennzeichnet gewesen seien. Auch die geringe Höhe der Beträge spreche gegen eine Bereicherungsabsicht. Lediglich aufgrund von Nachlässigkeit habe er dann versäumt, die Umbuchungen hinsichtlich des Testkontos wieder zurückzuführen. Diesen Umstand habe das Verwaltungsgericht ebenso wenig berücksichtigt wie den Umstand, dass der Beklagte bereits im Juli 2013 den entstandenen Schaden wieder gut gemacht habe. Die dem Beklagten vorgeworfenen Dienstvergehen würden auch in keiner Weise seinem Persönlichkeitsbild entsprechen. Durch äußerst positive dienstliche Beurteilungen sei es ihm gelungen, aufgrund seiner überaus engagierten Tätigkeit bereits früh die Verbeamtung auf Lebenszeit und die Beförderung zu erreichen. Sein Fehlverhalten sei bislang nicht nach außen getreten, so dass das Ansehen der Finanzverwaltung keinen Schaden genommen habe und das Vertrauensverhältnis zur Allgemeinheit nicht betroffen sei. Hierzu habe sich das Verwaltungsgericht nicht verhalten. Es habe auch unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte zur Bewältigung der seinen Verfehlungen zugrundeliegende Krisensituation unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen habe. Aufgrund der psychischen Belastung infolge seiner Suspendierung habe seine Ehefrau im November 2014 einen Nervenzusammenbruch erlitten und mehrere Wochen im Bezirksklinikum verbracht, während der Beklagte seine Töchter in dieser Zeit alleine versorgt habe. Erst in der mündlichen Verhandlung habe der Beklagte überhaupt erfahren, dass er die Fehlermeldungen, die für ihn in der Dienstzeit nicht mehr zu bewältigen gewesen seien, nicht hätte bearbeiten müssen, sondern diese vernichten hätte können. Er sei offenbar von seinem Dienstherrn nicht ordnungsgemäß über die Behandlung von Fehlermeldungen informiert worden. Das Verwaltungsgericht habe deshalb insgesamt verkannt, dass vorliegend die entlastenden Umstände, die ihrem Gewicht nach einem anerkannten Milderungsgrund gleichkämen, überwogen hätten und deshalb eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht die gebotene Maßnahme sei. Der Beklagte habe zudem ohne Zueignungsabsicht gehandelt, so dass eine Entfernung aus dem Dienst ohne sonstige Erschwernisgründe erst ab einer Schadenssumme von 5.000,- Euro in Betracht komme.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wesentlichen wurde vorgetragen, dass das Urteil alle maßgeblichen von den Beteiligten vorgebrachten Tatsachenbehauptungen enthalte und insbesondere auch die den Beklagten entlastenden Umstände hinreichend dargestellt und gewürdigt würden. Im Übrigen nehme das Urteil in nicht zu beanstandender Weise Bezug auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, und die beigezogenen Behördenakten. Das Verwaltungsgericht habe auch zu Recht angenommen, dass für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme der Maßstab für sogenannte Zugriffsdelikte anzuwenden sei, da der Beklagte vorliegend dienstlich anvertraute bzw. dienstlich zugängliche Gelder für private Zwecke unberechtigt verwendet habe. Eine Bereicherungsabsicht sei für die Zueignung nicht Voraussetzung. Das Vertrauensverhältnis sei durch das Verhalten des Beklagten endgültig zerstört. Das Verwaltungsgericht sei fehlerfrei davon ausgegangen, dass im gegenständlichen Verfahren keine erheblich entlastenden Umstände gegeben seien, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen würden. Eine Wiedergutmachung nach Aufdeckung der Tat sei auf keinen Fall mildernd zu berücksichtigen. Auch auf das Bekanntwerden des Fehlverhaltens in der Öffentlichkeit komme es nicht an. Maßgeblich sei nur, ob das Dienstvergehen nach seiner Natur geeignet sei, in der Öffentlichkeit ansehensschädigend zu wirken, was vorliegend der Fall sei. Das Gericht sei auch in ausreichendem Maße auf die psychische Belastungssituation und die „besonders hohe Leistungsmotivation“ eingegangen, habe dies aber zu Recht nicht mildernd berücksichtigt. In der vom Beklagten geschilderten Situation einer zumindest subjektiv empfundenen Überlastung hätte er sich an seinen Vorgesetzten wenden müssen. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die angeführten Belastungen im privaten Umfeld durch die Unterstützung von Bekannten und Verwandten in Steuerfragen dem Beklagten keinesfalls zu Gute gehalten werden könnten, da es Angehörigen der Finanzverwaltung grundsätzlich verboten sei, für Dritte in Angelegenheiten, die zum Aufgabenbereich der Finanzverwaltung gehörten, tätig zu werden, insbesondere Steuerpflichtigen Hilfe in Steuersachen zu leisten, selbst wenn diese Hilfe unentgeltlich gewährt würde. Auf eine Wiederholungsgefahr, wie im Sachverständigengutachten verneint, komme es nicht an, wenn - wie vorliegend - die eingetretene Untragbarkeit des Beamten nicht rückgängig gemacht werden könne. Die über einen Zeitraum von zwei Monaten vorgenommenen sechs Umbuchungen dienstlich anvertrauter Gelder mit einem Schadensbetrag in Höhe von 205,91 Euro stellten kein einmaliges Versagen dar. Eine positive Zukunftsprognose könne das endgültig zerstörte Vertrauen nicht wieder herstellen. Deshalb sei die ausgesprochene Höchstmaßnahme auch verhältnismäßig.
Der Senat hat am 11. Oktober 2017 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
V.
Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen. Dem Senat haben diesbezüglich die Disziplinarakten und Personalakten vorgelegen.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.
I.
Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat – keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.
II.
Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt hinsichtlich der dem Beklagten in der Disziplinarklage vorgeworfenen Anschuldigungspunkte wurde vom Beklagten eingeräumt und steht auch zur Überzeugung des Senats fest.
Danach hat der Beklagte im Rahmen seiner Tätigkeit als Buchhaltungssachbearbeiter für Kraftfahrzeugsteuerfälle am 10. April 2013 Kraftfahrzeugsteuerguthaben in Höhe von 0,50 Euro und 0,10 Euro der Steuerpflichtigen B … (verstorben) und H …, ebenso wie am 14. Mai 2013 des Steuerpflichtigen W … in Höhe von 0,31 Euro und am 16. Mai 2013 des verstorbenen Fahrzeughalters S … in Höhe von 90,- Euro sowie am 22. Mai 2013 des Steuerpflichtigen K … in Höhe von 1,- Euro auf die Kfz-Steuernummer seines Vaters (…) gebucht. Vom Guthaben des am 27. Oktober 2012 verstorbenen Fahrzeughalters M … in Höhe von 115,- Euro wurden von ihm am 25. Juni 2013 114,- Euro auf die Kfz-Steuernummer seiner Ehefrau (…) gebucht, dort in Höhe von 30,- Euro mit der fälligen Kfz-Steuer verrechnet und der verbleibende Betrag in Höhe von 84,- Euro auf das gemeinsame Bankkonto bei der Sparkasse H … erstattet (vgl. im Einzelnen den Tatbestand Ziff. II und III).
Der durch den Senat festgestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu bewerten:
Der Beklagte hat durch die vorgenommenen Buchungen in sechs Fällen den Untreuetatbestand des § 266 Abs. 1, § 53 StGB zu Lasten seines Dienstherrn verwirklicht. Untreue i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB begeht, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Nachteil zufügt.
Als Kassenbeamter für Kfz-Steuerfälle hat der Beklagte durch die vorgenommenen Buchungen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und damit Untreuehandlungen begangen. Zu den Kassenbeamten im disziplinarrechtlichen Sinn ist dabei jeder Beamte zu rechnen, zu dessen Amt im konkret–funktionellen Sinn die Abwicklung von Kassengeschäften gehört. Hierzu zählen neben Kassenleitern, Oberbuchhaltern, Buchhaltern und Kassierern auch sonstige Beamte, die dienstlich befugt sind, Vorgänge in unmittelbaren Kassengeschäften auszulösen (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2016, MatR II Rn. 317). Ein unmittelbarer Zugriff auf die Kasse ist deshalb auch dann anzunehmen, wenn der Beamte eine Gutbuchung von dienstlichen Geldern auf einem eigenen Konto durch Missbrauch der dienstlichen Stellung veranlasst (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2017 - 16a D 15.1484 – juris Rn. 83; OVG Lüneburg, U.v. 22.3.2016 – 3 LD 1/14 – juris Rn. 90; OVG NW, U.v. 24.2.2016 – 3d A 1608/11.O – juris Rn. 185). Strafrechtlich ist dies als Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB zu werten (vgl. Zängl, a.a.O. MatR II Rn. 318).
Laut Arbeitsanleitung (AL-ERH) der Bayerischen Steuerverwaltung waren länger als 28 Tage bestehende Kfz-Steuerguthaben mit einem Wert über einem Euro, für die kein Privatkonto hinterlegt war, einer Guthabenliste zuzuschreiben und erforderlichenfalls der Steuerpflichtige nach der gewünschten Verwendung des Guthabens zu befragen. Zudem bestand die Verpflichtung, über die getroffenen Feststellungen und die Art der Erledigung Bearbeitungsvermerke in der Guthabensliste anbringen (Fach 5 Teil 6 TZ 6 AL-ERH). Die Guthaben von B … (0,50 Euro), H … (0,10 Euro) und W … (0,31 Euro) waren nach TZ 5 des Fachs 5 Teil 9 AL-ERH nicht zu erstatten (sog. Kleinstbetragregelung), das Guthaben K … (1,00 Euro) wäre nur auf ausdrücklichen Wunsch zurückzuzahlen gewesen (Punkt 42.1 „Behandlung von Mehr- und Minderbeträgen“ der Verwaltungsvorschrift zu Art. 70 BayHO (Bayerische Haushaltsordnung). Gemäß Abschnitt 4 „Abschluss der Bücher“ Punkt 23 „Tagesabschluss“ der Verwaltungsvorschrift zu Art. 71 BayHO sind innerhalb von sechs Monaten nicht aufklärbare und abgewickelte Guthaben auf Grund der erteilten allgemeinen Annahmeanordnung als Einnahme nachzuweisen (VV 23.6 zu Art. 71 BayHO i.V.m. VV 22.6.2 zu Art. 70 BayHO). Einen unanbringlichen Betrag hätte der Beklagte anschließend auf das Konto 952/11942 „Vermischte Einnahmen“ des Freistaats Bayern buchen müssen.
Durch die vom Beklagten vorgenommenen Buchungen wurden dem Dienstherrn Gelder entzogen, die entweder auf das Konto des Freistaat Bayerns für unanbringliche Beträge oder für Kleinstbeträge zu buchen gewesen wären bzw. den jeweiligen Inhabern bzw. ihren Rechtsnachfolgern zugestanden hätten. Mit der Buchung dieser Steuerguthaben auf das Kfz-Steuerkonto seines Vaters bzw. seiner Ehefrau blieben die Steuererstattungsansprüche der Kfz-Steuerpflichtigen unerfüllt gegenüber dem Dienstherrn bestehen. Eine solchermaßen schadensgleiche Vermögensgefährdung reicht aus, um von einer vollendeten Untreue auszugehen (vgl. BGH, U.v. 8.5.03 – 4 StR 550/02 – juris). Auf die Frage, ob diese Ansprüche auch tatsächlich realisiert worden wären, kommt es insoweit nicht an. Hätten sich die Guthabensbeträge im Nachhinein als unanbringlich erwiesen, wären sie vom Beklagten auf das Konto „Vermischte Einnahmen“ des Dienstherrn zu buchen gewesen (s.o.). Ob der Beklagte sich tatsächlich bereichern wollte, wie von ihm ausdrücklich verneint, ist für die Zueignungshandlung im Rahmen der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB nicht maßgeblich (BayVGH, U.v. 29.7.2015 – 16 b D 13.778 – juris Rn. 41).
III.
Der Beklagte hat durch sein Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i.S.d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat. Er hat gegen die Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 266 Abs. 1 StGB), der Pflicht, sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich in seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er handelte dabei innerhalb seines Amtes als Kassenbeamter.
Der Beklagte beging die Dienstpflichtverletzungen auch vorsätzlich im Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit. Eine Kenntnis der Vorschriften aus der Arbeitsanleitung hat der Beklagte nicht bestritten. Auch aus den Behördenunterlagen lässt sich entnehmen, dass der Beklagte von der vorgeschriebenen Vorgehensweise, insbesondere bei fehlender Hinterlegung eines Privatkontos, grundsätzlich Kenntnis hatte. So findet sich dort zum Beispiel ein Entwurf des Bescheids vom 10. April 2013 im Fall des verstorbenen Steuerpflichtigen M …, adressiert an die Nachlassverwalterin B …, in dem der Beklagte darum bittet, eine Kontoverbindung für die Überweisung des Guthabens in Höhe von 114,- Euro mitzuteilen. Eine Antwort befindet sich nicht in den Unterlagen. Es liegt insoweit nahe, dass der Beklagte diesen Bescheid niemals versandt hat. Soweit er behauptet, er habe stattdessen telefonisch mit der Nachlassverwalterin B … Kontakt aufgenommen, wird dies von Frau B … bestritten. Dass der Beklagte eine korrekte Steuererstattung insoweit nicht herbeiführen wollte, zeigt der ohne Versendungsvermerk abgelegte Entwurf des Schreibens an die Nachlassverwalterin – Bitte um Mitteilung der Bankverbindung - vom 23. Mai 2013 (Bl. 28 der Beweismittelakte), auf das keine Antwort abgewartet wurde. Denn bereits zum 25. Mai 2013 buchte der Beklagte zu seinen Gunsten.
Gegen die o.g. Vorschriften hat der Beklagte auch schuldhaft verstoßen. Sein Vorbringen, er habe mit den jeweiligen Umbuchungen auf die Kfz-Steuerkonten seiner Ehefrau bzw. seines Vaters lediglich testweise die „Fehlermeldungen am PC“ reduzieren bzw. abarbeiten wollen, von denen er jeden Tag Stapel an losen Blättern auf seinem Schreibtisch vorgefunden habe und mit denen er in der Masse nicht fertig geworden sei, hält der Senat für nicht glaubwürdig. Zwar mag es nach der Ende März 2013 erfolgten Einstellung des Scheckverfahrens vermehrt zu Fehlermeldungen in den Fällen gekommen sein, in denen kein privates Erstattungskonto im PC-System hinterlegt war. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Kläger jedoch darauf hingewiesen, dass wegen der Abschaffung des Scheckverfahrens eine Verfügung vom 18. März 2013 bereichsspezifisch ins Intranet für die Finanzverwaltung eingestellt worden ist. Darin sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Fehlermeldungen „BU.text unzul. Bankverbindung fehlt“ nicht bearbeitet werden müssten. Selbst wenn der Beklagte hiervon keine Kenntnis gehabt hätte, ist es nicht nachvollziehbar, warum er sich angesichts der von ihm behaupteten Masse an Fehlermeldungen und der hierdurch bei ihm angeblich hervorgerufenen erheblichen Belastung nicht an seinen Kollegen bzw. seinen Vorgesetzten gewandt hat. Gerade wenn er sich darauf beruft, er sei für die Kasse nicht hinreichend ausgebildet worden und aufgrund der Zentralisierung der KFZ-Steuerfälle habe für Oberfranken Ost weniger Personal zur Bearbeitung zur Verfügung gestanden, wäre diese Vorgehensweise auch aus seiner Sicht naheliegender gewesen. Eine Umbuchung von Steuerguthaben Dritter zugunsten des Vaters bzw. seiner eigenen Person/Ehefrau, um eine Lösung im Hinblick auf die ihn belastenden und seinen Arbeitsfluss beeinträchtigenden Fehlermeldungen herbeizuführen, ist dagegen für den Senat nicht nachvollziehbar. Seine Einlassung, es habe sich nur um Testbuchungen gehandelt, wie er auch auf einer Buchung vermerkt habe, und er habe bloß vergessen, diese zurückzubuchen, hält der Senat ebenfalls für nicht glaubwürdig. Bereits die Anzahl der Buchungen spricht gegen die Durchführung eines „Tests“. Auch die Zielrichtung eines solchen Tests ist für den Senat nicht erklärlich. Eine Antwort auf die Frage des Gerichts, wie er auf die Idee des Tests gekommen sei und was dieser hätte bezwecken sollen, blieb der Beklagte schuldig.
IV.
Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.
1. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss daher unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem angemessenen und gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12).
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).
2. Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebende Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der jeweiligen Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).
3. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (grundlegend BVerwG, U.v. 20.10.2005 – 2 C 12.04; U.v. 24.5.2007 – 2 C 28.06 – jeweils in juris). Früher galt unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung (z.B. als Betrug, Diebstahl, Untreue, Unterschlagung) für einen Beamten, der ein sog. Zugriffsdelikt beging, d.h. für die Veruntreuung dienstlich anvertrauter Gelder und Güter, aufgrund der Schwere dieser Dienstvergehen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich als Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich überstiegen (BVerwG; U.v. 25.7.2013 – 2 C 63/11 - juris). Hat sich der Beamte bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenwerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen regelmäßig geeignet, das Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit zu zerstören (BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38.10 – juris). Da die Verwaltung im Umgang mit öffentlichem und amtlich anvertrautem Gut auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen ist und eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist, muss derjenige, der diese Vertrauensgrundlage zerstört, mit einer Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B.v. 20.12.2011 – 2 B 64.11 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 9.12.2015 – 16b D 14.642 – juris Rn. 40).
Auf die Einstufung des Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem gleichgestellten Delikt kommt es vorliegend nicht an. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 (2 C 6.14) ausdrücklich klargestellt, dass es seine bisherige Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten aufgibt; Hieraus lässt sich schließen, dass sich jede schematische Betrachtung – insbesondere an Hand von Schwellenwerten – verbietet (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2017 – 16a D 15.1777 – juris Rn. 31). Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist vielmehr auch bei innerdienstlichen Straftaten auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 28.6.2017 – 16a D 15.1484 – juris Rn. 83). Insbesondere kommt die Verhängung der Höchstmaßnahme insoweit nicht erst ab einer Schadenshöhe von 5.000,- Euro in Betracht.
Für Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist ein gesetzlicher Strafrahmen von bis zu fünf Jahren vorgesehen. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen bis zu drei Jahren vorsieht – für die vorliegenden Untreuehandlungen zu Lasten des Dienstherrn sind es sogar bis zu fünf Jahre -, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 20; BayVGH, U.v. 28.6.2017 a.a.O. Rn. 83; U.v. 11.5.2016 – 16a D 13.1540 – juris Rn. 70, 72).
Die volle Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist vorliegend wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Aufgrund der Anzahl der Taten und der Höhe des insgesamt entstandenen Schadens von über 200,- Euro ist das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Beklagten als Kassenbeamten unwiederbringlich zerstört. Der Beklagte hat durch sein Verhalten wiederholt gegen die Kernpflichten eines Kassenbeamten verstoßen. In diesem Bereich ist der Dienstherr auf die unbedingte Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen (vgl. BayVGH, U.v. 4.6.2014 – 16a D 10.2005 – juris Rn. 50). Deshalb ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen und erforderlich.
4. Die zu Gunsten des Beklagten in die Bemessung der Disziplinarmaßnahme einzustellenden mildernden Umstände erreichen weder für sich allein genommen noch im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau ein solches Gewicht, dass von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden kann.
4.1 Von der Höchstmaßnahme ist zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein – ursprünglich vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelter – sog. „anerkannter Milderungsgrund“ vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existentiellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen – auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit – Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (BVerwG, U.v. 3.5.2007 – 2 C 9/06 – juris Rn. 22). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38/10 – juris Rn. 13).
4.2 Der Beklagte kann sich vorliegend auf keinen der genannten Milderungsgründe berufen. Dem psychiatrischen Gutachten vom 3. November 2014 lässt sich entnehmen, dass bereits für das Vorliegen einer verminderten Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt keine Anhaltspunkte bestehen. Selbst wenn sich der Beklagte subjektiv aufgrund des Bestrebens, den an ihn gestellten oder so empfundenen Anforderungen voll zu genügen, psychisch stark belastet gefühlt haben mag und mit Schlafstörungen, aber auch mit Abnahme der psycho-physischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit reagiert habe, würde eine derartige leichte depressive Reaktion nicht die Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB erfüllen.
Gegen eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat spricht die Anzahl der widerrechtlichen Buchungen. Auch im Hinblick auf die Milderungsgründe der „Überwindung einer negativen Lebensphase“, „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ oder „Handeln in einer „unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Außergewöhnliche Verhältnisse, welche den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen hätten, wurden nicht vorgetragen. Die geschilderten Belastungen im privaten und beruflichen Bereich reichen nicht aus, eine schwerwiegende Ausnahmesituation zu begründen.
Der „anerkannte“ Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt beim Beklagten ebenfalls nicht zum Tragen. Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit grundsätzlich bei etwa 50,- Euro anzusetzen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O Rn. 26; U.v. 25.7.2013 – 2 C 63.11. – juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 11.5.2016 a.a.O. – juris Rn. 78). Angesichts der Vielzahl der Untreuehandlungen über einen Zeitraum von zwei Monaten mit einem Schaden von knapp über 205,91 Euro ist auch nicht von einem einmaligen Fehlverhalten auszugehen, bei dem als Grenze ausnahmsweise 200,- Euro in Betracht kommen könnte (BVerwG, B.v. 23.2.2012 – 2 B 143.11 – juris). Wiederholte Tathandlungen über einen mehrmonatigen Zeitraum – wie vorliegend - gelten insoweit als erschwerende Umstände, die eine weitere Vertrauenswürdigkeit ausschließen und damit den Milderungsgrund der Geringwertigkeit entkräften (vgl. Zängl a.a.O. Rn. 324e; BayVGH, U.v. 16.5.2016 a.a.O. Rn. 78).
Unabhängig davon, dass die Höhe des dem Dienstherrn entstandenen Schadens nicht allein ausschlaggebend für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist, ergibt sich der Vertrauensverlust nicht aus dem materiellen Schaden, den der Dienstherr durch die Untreuehandlung erleidet, sondern bereits aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (BVerwG, U.v. 15.8.1989 – 1 D 61.88 – juris Rn. 26). Ein Absehen von der Höchstmaßnahme würde allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Beklagte – jeweils vor drohender Entdeckung – entweder freiwillig den Schaden wiedergutgemacht oder sein Fehlverhalten offenbart hätte (BayVGH, U.v. 28.6.2017 a.a.O. Rn. 88). Die Wiedergutmachung des Schadens erfolgte vorliegend jedoch erst nach Aufdeckung der Tat.
4.3 Bei der gebotenen gesamtprognostischen Betrachtung sind sonstige durchgreifende Entlastungsgründe vom Gewicht eines „anerkannten“ Milderungsgrunds, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, ebenfalls nicht zu erkennen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 6/14 – juris Rn. 36). Zwar sieht der Senat durchaus, dass das Scheitern an den wichtigen Stationen seines bisherigen Lebens (Abitur, Laufbahnprüfung) den Beklagten wohl insofern in seiner Persönlichkeit geprägt hat, als er sich in seinem nunmehrigen Tätigkeitsbereich in dem Bestreben, nunmehr „alles richtig zu machen“ umso motivierter und leistungsbereit zeigte. Diese Haltung entspricht auch seiner guten Beurteilung und seiner schnellen Beförderung. Es ist für den Senat auch nachvollziehbar, dass sich der Beklagte vor diesem Hintergrund im Hinblick auf die verschiedenen freiwillig übernommenen privaten Verpflichtungen im Kindergarten seiner Töchter und im Bereich der Nachbarschaftshilfe unter Druck gesetzt sah, den an ihn gestellten Anforderungen auch in dieser Weise gerecht zu werden. Gleichwohl erweisen sich diese Belastungen - auch im Zusammenspiel mit den Anforderungen im Arbeitsbereich - vorliegend nicht als so außergewöhnlich, dass sie ausreichend wären, um einen einem anerkannten Milderungsgrund gleichgestellten Entlastungsgrund zu begründen. Phasen stärkerer Belastung können in jeder Lebensphase und in jedem Arbeitsbereich bei jedem Beamten auftreten. Der Senat ist zudem nicht überzeugt davon, dass die Fehlermeldungen, die der Beklagte nach eigenen Aussagen jeden Tag als losen Stapel auf seinem Schreibtisch vorgefunden hat, tatsächlich seinen Arbeitsfluss so massiv behindert und ihn damit über Gebühr zusätzlich belastet haben, wie von ihm dargestellt.
Zugunsten des Beklagten sprechen die Beurteilung 2013 mit 11 Punkten und die schnelle Beförderung ebenso wie die Tatsache, dass er bisher weder strafnoch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Auch die unverzügliche Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe nach der Aufdeckung der Taten und die alleinige Versorgung der Töchter während des mehrwöchigen Krankenhausaufenthalts der Mutter werfen ein positives Licht auf den Beklagten. Allerdings sind diese Umstände auch in der Gesamtschau nicht geeignet, die Schwere seines Dienstvergehens derart abzumildern, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen wäre (BayVGH, U.v. 29.7.2015 – 16b D 14.1328 – juris Rn. 40; U.v. 11.5.2016 a.a.O Rn. 92). Es ist davon auszugehen, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig zerstört ist. Auf eine positive Zukunftsprognose kommt es deshalb ebenso wenig an wie auf die Frage, ob das Fehlverhalten tatsächlich zu einer Ansehensschädigung der Finanzverwaltung geführt hat. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftige pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde (BVerwG, U.v. 20.10.2005 a.a.O. Rn. 26). Vorliegend erhielten zudem die Rechtsnachfolger bzw. die Nachlassverwalter der Kfz-Steuerkonteninhaber M … und S … auch tatsächlich vom Fehlverhalten des Beklagten Kenntnis.
Nach Abwägung aller be- und entlastenden Umstände ist deshalb nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen und geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.
Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U.v. 14.10.2003 – 1 D 2.03 – juris; BayVGH, U.v. 28.06.2017 a.a.O. Rn. 92).
Nach alledem war die die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i.V.m. § 116 Abs. 1 VwGO).