vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, AN 9 K 13.895, 21.05.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 12.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2013 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer mechanisierten Postzustellbasis mit Büro und Sozialbereich auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung H … Das Bauvorhaben liegt nördlich der W …straße auf dem Areal des ehemaligen … Großversandlagers. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung H …, das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist und südlich der W …straße in unmittelbarer Nähe der Zufahrt zum Betriebsgrundstück liegt. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2013 mit Urteil vom 21. Mai 2014 aufgehoben. Hiergegen richtet sich der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Beigeladene macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Rechtsmittelführerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Beigeladene ist der Ansicht, das Verwaltungsgericht habe die Gebietseinstufung fehlerhaft vorgenommen und deshalb der Klägerin einen zu weitgehenden Schutz zugebilligt. Das Betonwerk auf FlNr. … Gemarkung H … verhindere eine Einstufung des klägerischen Grundstücks als Mischgebiet; vielmehr sei von einem Gewerbegebiet und einer erheblichen Vorbelastung auszugehen. Aus diesem Zulassungsvorbringen ergeben sich jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils.

a) Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage der im Rahmen seines Augenscheins gewonnenen Erkenntnisse sowie der im Verfahren vorgelegten Unterlagen zu Recht davon ausgegangen, dass nördlich und südlich der W …straße zwei unterschiedlich geprägte Baugebiete aneinandergrenzen, weil sich die Nutzungen dort deutlich voneinander unterscheiden (UA. S. 11). Es unterliegt auch keinen ernstlichen Zweifeln, dass das Verwaltungsgericht den Bereich südlich der W …straße nicht als faktisches Gewerbegebiet angesehen hat. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts befinden sich im Bereich südlich der W* …straße mehrere genehmigte Wohnnutzungen, die nach der Auflistung der Beklagten vom 20. März 2014 (Verwaltungsgerichtsakte Bl. 89 ff.) nicht auf Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie Betriebsinhaber und Betriebsleiter beschränkt sind (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Neben weiteren Wohnnutzungen auf den Grundstücken FlNrn. … (W …str. 45), … (W …str. 21), … (W …str. 17 - 2. OG), … (W …str. 15) und … (S …str. 58) jeweils Gemarkung H … ist dort auch die Wohnnutzung des Klägers (vgl. Bl. 28 der Genehmigungsakte W* …str. 29) insoweit ohne Einschränkungen bauaufsichtlich genehmigt, so dass es sich hierbei auch nicht nur um einen Fremdkörper handelt. Unstreitig ist demgegenüber nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Bereich nördlich der W …straße keine Wohnbebauung oder -nutzung vorhanden. Soweit die Beklagte vorträgt, die W …straße habe keine trennende Wirkung, hat das Verwaltungsgericht bei der Abgrenzung der Baugebiete bereits nicht auf eine trennende (oder verbindende) Wirkung der Straße abgestellt, sondern auf die unterschiedliche Qualität der aneinandergrenzenden Nutzungen. Im Übrigen ist gegen die Annahme einer trennenden Wirkung einer Straße im Falle deutlich unterschiedlicher Nutzungen beidseits dieser Straße grundsätzlich nichts einzuwenden (vgl. VGH BW, U.v. 2.11.2016 - 5 S 2291/15 - juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 6.7.1984 - 4 C 28.83 - juris Rn. 9). Das auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung H … nördlich der W …straße liegende Betonwerk mag zwar im Rahmen der Vorbelastung für das Grundstück des Klägers FlNr. … Gemarkung H … zu berücksichtigen sein, die Grenzziehung unterschiedlicher Baugebiete wird dadurch jedoch nicht in Frage gestellt (vgl. NdsOVG, U.v. 14.2.2007 - 12 LC 37/07 - juris Rn. 40).

Ob die Annahme eines faktischen Mischgebiets für den Bereich südlich der W …straße - wie vom Verwaltungsgericht erfolgt - im Hinblick auf einen von der Beigeladenen eingewandten Nachtbetrieb des Speditions- und Logistikbetriebs auf FlNr. … Gemarkung H … zutreffend ist, kann offen bleiben. Denn das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung ausgeführt, das Ergebnis, dass für das Schutzniveau des klägerischen Grundstücks die maßgeblichen Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet heranzuziehen sind, gelte auch für den Fall, dass das Grundstück der Beigeladenen als in einem faktischen Industriegebiet liegend zu qualifizieren wäre und ebenso gleiches gelte, wenn das Gebiet südlich der W …straße als Gemengelage aus gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung einzustufen wäre (UA. S. 15/16). Hiermit setzt sich Zulassungsvorbringen nicht substantiiert auseinander. Für die Bestimmung des Schutzniveaus des Grundstücks des Klägers ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass hier die in Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 2 der TA Lärm festgelegte Kappungsgrenze zu berücksichtigen ist. Danach sollen im Falle einer Gemengelage bei einer Zwischenwertbildung die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete nicht überschritten werden. Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung der konkreten Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets keine Anhaltspunkte dafür gesehen, die ein Abweichen von dieser festgelegten Kappungsgrenze rechtfertigen könnten (UA. S. 15). Zwar kommt eine Abweichung von der Kappungsgrenze in besonders begründeten Einzelfällen in Betracht (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck, 1. Aufl. 2014, Nr. 6.7 Rn. 63; BVerwG, B.v. 12.9.2007 - 7 B 24.07 - juris Rn. 5). Hierfür lässt sich dem Zulassungsvorbringen aber nichts entnehmen. Jedenfalls wird dort nicht dargelegt, wonach es - wie im Bescheid vom 24. Januar 2013 unter Auflage Nr. 19 erfolgt - gerechtfertigt erscheint, für das Grundstück des Klägers den nochmals höheren Immissionsrichtwert eines Gewerbegebiets zugrunde zu legen (vgl. OVG RhPf, U.v. 12.4.2011 - 8 C 10056/11 - juris Rn. 56). Soweit die Beigeladene ausführt, dass in der Rechtsprechung auch die Überschreitung des Immissionsrichtwertes um mehr als 5 dB(A) für Wohngebäude für zulässig erachtet wurde, übersieht sie, dass dies nur unterhalb der Kappungsgrenze nach Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 2 TA Lärm in Betracht kommt (vgl. BVerwG, B.v. 12.9.2007 a.a.O.). Der Hinweis darauf, der Kläger würde als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung H … ein Speditions- oder Logistikunternehmen betreibt, sein Recht unzulässig ausüben, weil dort gleichfalls lärmemittierender Nachtbetrieb stattfinde, führt nicht zum Erfolg. Abgesehen davon, dass ein derartiger Nachtbetrieb von der Beigeladenen nicht substantiiert dargelegt ist, ergibt sich hieraus auch nicht ohne Weiteres die Zulässigkeit der Zugrundelegung des Immissionsrichtwertes für ein Gewerbegebiet für das Grundstück des Klägers durch die Beklagte im Bescheid vom 24. Januar 2013 zugunsten der Beigeladenen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass sich die Beigeladene auf Bestandsschutz einer erstmals im Jahr 1960 erteilten Baugenehmigung für ein Lagergebäude des ehemaligen … Großversands auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung H … beruft. Abgesehen davon, dass der Nutzungsumfang dieser Lagergebäude im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert dargelegt wurde, ist nur eine in Art und Umfang unveränderte Nutzung vom Bestandsschutz gedeckt (vgl. BVerwG, B.v. 9.9.2002 - 4 B 52.02 - juris Rn. 5). Die Frage, ob sich das Vorhaben der Beigeladenen noch im Rahmen der Variationsbreite des ehemaligen Großversands bewegt, kann jedoch offen bleiben, weil der Bestandsschutz mit der Beseitigung der Bausubstanz in aller Regel entfällt und die Errichtung von Ersatzbauten nicht vom Bestandsschutz gedeckt ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1974 - IV C 77.73 - juris Rn. 19; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 35 Rn. 188). Dies gilt unabhängig davon, ob die künftig angestrebte Nutzung der Bestandsnutzung entspricht oder nicht (vgl. BayVGH, U.v. 2.4.2001 - 1 B 97.1549 - juris Rn. 21; Roeser in Berliner Kommentar, BauGB, Stand Dezember 2016, § 30 Rn. 11c). Die Tatsache, dass ein Neubau an die Stelle des bisherigen Baues tritt, gibt dem Bauherrn keinen Anspruch auf Zulassung einer Bebauung, die nunmehr unzulässig ist (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand August 2016, § 29 Rn. 43).

b) Soweit sich die Beigeladene auf einen Wertungswiderspruch der TA Lärm zur 16. BImSchV aufgrund unterschiedlicher Werte beruft, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV bringen die Wertung des Normgebers zum Ausdruck, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion durch Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Straßen anzunehmen ist und trägt den Besonderheiten des Straßenverkehrs Rechnung (vgl. OVG NW, B.v. 24.10.2003 - 21 A 2723/01 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 18.2.2002 - 11 B 00.1769 - juris Rn. 53). Demgegenüber schreibt die TA Lärm das Verfahren zur Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen bei Anlagen und die Berücksichtigung betriebsbezogener Fahrzeuggeräusche sowie vorhabenbedingter Verkehrsgeräusche vor (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2008 - 4 B 58.08 - juris Rn. 8; B.v. 8.1.2013 - 4 B 23.12 - juris Rn. 5). Ein Zusammenhang ergibt sich über Nr. 7.4 TA Lärm, die die Berücksichtigung von Verkehrsgeräuschen regelt und zu einer strengeren Bewertung der unmittelbar der Anlage zuzurechnenden Fahrzeuggeräusche und zu milderer Beurteilung des anlagenbezogenen Verkehrs auf öffentlicher Straße führt (vgl. Feldhaus/Tegeder, a.a.O., Nr. 7.4 Rn. 35). Beiden Regelwerken liegen zudem unterschiedliche Rechenmethoden zugrunde (Feldhaus/ Tegeder, a.a.O., Nr. 7.4 Rn. 47). Ein Wertungswiderspruch wird damit vom Zulassungsvorbringen nicht aufgezeigt.

c) Das Zulassungsvorbringen kann sich auch nicht auf einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot dadurch berufen, dass das Verwaltungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen hat. Abgesehen davon, dass es Sache des Bauherrn und nicht Sache des Gerichts ist, ein Bauvorhaben durch Auflagenvorschläge oder Modifizierungen genehmigungsfähig zu machen, ist das Verwaltungsgericht auch an die Regelung in der Baugenehmigung gebunden. Dem Zulassungsvorbringen ist nicht zu entnehmen, dass die Beigeladene - entgegen ihrem Bauantrag - das Bauvorhaben auch nur teilweise - beispielsweise nur mit einem Tagbetrieb - betreiben kann und will. Ebenso ist es nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts anstelle der Beklagten, einen Zwischenwert gem. Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm zu bestimmen, bei dem das Rücksichtnahmegebot gegenüber dem Kläger gewahrt ist.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind, nach den obigen Ausführungen ohne Weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen klären. Die Fragen der Einbeziehung von Betriebsgeräuschen im öffentlichen Verkehrsraum sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Nr. 7.4 TA Lärm geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 8.1.2013 - 4 B 23.12 - juris Rn. 5 m.w.N.). Die Anwendung der sich aus dieser Rechtsprechung ergebenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall bereitet keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten. Allein die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts auf Basis eines Augenscheintermins durch das Verwaltungsgericht und die Beigeladene genügen nicht, die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2016 - 9 ZB 14.1946 - juris Rn. 19).

3. Die Rechtssache ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Erforderlich ist die Formulierung einer konkreten Tatsachen- oder Rechtsfrage und das Aufzeigen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist, sowie weshalb diese Frage eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2016 - 9 ZB 14.2172 - juris Rn. 11 m.w.N.). Hier kann offen bleiben, ob die im Zulassungsvorbringen formulierten Fragen, diesen Anforderungen gerecht werden.

Hinsichtlich der Frage, ob eine untergeordnete „inselartige Wohnbebauung“ in einem über Jahrzehnte von der zuständigen Behörde als Gewerbegebiet angenommenen Gebiet tatsächlich dazu führen kann, dass das Gebiet nachträglich als faktisches Mischgebiet qualifiziert werden kann, fehlt es bereits an mehreren Voraussetzungen. So wird eine „inselartige Wohnbebauung“ von der Beigeladenen im Zulassungsvorbringen nicht näher dargelegt und ist eine solche angesichts der Feststellungen des Verwaltungsgerichts und der Auflistung der Beklagten im Schriftsatz vom 20. März 2014 (vgl. Verwaltungsgerichtsakte Bl. 89 ff.) auch nicht ersichtlich. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass in einem faktischen Baugebiet die tatsächlich vorhandene Bebauung maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1974 - IV C 77.73 - juris Rn. 15; B.v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - juris Rn. 14).

Die weiter aufgeworfene Frage, „inwieweit die vorliegende faktische Wohnnutzung der Klägerin“ überhaupt vom Rücksichtnahmegebot umfasst werden kann, bezieht sich offenbar auf ein anderes Verfahren. Die Wohnnutzung des Klägers ist jedenfalls ausweislich der Aktenlage mit Bescheid vom 21. April 1961 genehmigt, so dass sich hieraus keine grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Frage ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 8 Gewerbegebiete


(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder W

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Okt. 2016 - 9 ZB 14.2172

bei uns veröffentlicht am 04.10.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Okt. 2016 - 9 ZB 14.1946

bei uns veröffentlicht am 04.10.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten im Zulassungsverfahren selbst. III.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Apr. 2011 - 8 C 10056/11

bei uns veröffentlicht am 12.04.2011

Der am 22. Juni 2010 als Satzung beschlossene Bebauungsplan „F. Mühle“ der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbs
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2017 - 9 ZB 14.1915.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Mai 2018 - 9 ZB 16.321

bei uns veröffentlicht am 24.05.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Der Beigeladene zu 2 trägt die ihm im Z

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Der am 22. Juni 2010 als Satzung beschlossene Bebauungsplan „F. Mühle“ der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan „F. Mühle“ der Antragsgegnerin.

2

Die Antragstellerin zu 1.) ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks „A. Straße ...“ (Flurstück Nr. ...) in F., der Antragsteller zu 2.) ist Mieter dieses Anwesens. Das bisher unbeplante Grundstück liegt außerhalb der Ortslage F. östlich der L 540 und grenzt von Westen her an das Betriebsgrundstück der „F. Mühle“ an. Östlich des Mühlenbetriebsgeländes verläuft die B. Straße, an die sich von Osten her ein Wohngebiet anschließt. Südlich verläuft der Mühlbach. Im Norden schließen sich Wiesen- und Weideflächen an, durch die zwischen der L 540 und der B. Straße ein Wirtschaftsweg verläuft. Im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Edenkoben aus dem Jahre 1981 werden das Betriebsgelände der Mühle sowie das Grundstück A. Straße ... als „gewerbliche Baufläche“ dargestellt. Der Regionale Raumordnungsplan Rhein-Pfalz vom 5. April 2004 in der Fassung der 1. Teilfortschreibung vom 15. Mai 2006 stellt in diesem Bereich eine „Siedlungsfläche Industrie und Gewerbe – Bestand“ dar.

3

Der Betrieb der „F. Mühle“ wurde bereits vor dem 2. Weltkrieg errichtet und aufgenommen. Am 15. Juli 1939 wurde die „F. Mühle K. und W. OHG“ im Handelsregister eingetragen; allein vertretungsberechtigter Gesellschafter war der Großvater der Antragstellerin zu 1.), Herr W. W. Durch einen mit der OHG geschlossenen Grundstückstauschvertrag vom 9. Februar 1955 erwarben die Eltern der Antragstellerin zu 1.) u. a. das heutige Flurstück Nr. ..., auf dem im Jahre 1957 – nach Erteilung einer Baugenehmigung gemäß § 63 Abs. 2 des Landesgesetzes über den Aufbau in den Gemeinden (Aufbaugesetz) – das heutige Wohnhaus mit zwei Wohnungen errichtet wurde, von denen die eine von Herrn W. W. und seiner Ehefrau C. W., die andere von den Eltern der Antragstellerin zu 1.) bewohnt wurde. Nach dem Tode des W. W. im Jahre 1962 wurde zunächst dessen Witwe C. W., ab 1982 die Mutter der Antragstellerin, Frau H. K., geschäftsführende Gesellschafterin der OHG. Im Jahre 1983 wurde ein Großteil der heute noch bestehenden Betriebsgebäude der Mühle errichtet, darunter die beiden 38 m hohen Mühlentürme mit Mehlsilos. Am 26. März 1990 verkaufte die Familie K. ihre Gesellschaftsanteile an den bisherigen Mitgesellschafter K.; Frau H. K. schied aus der Geschäftsführung aus, behielt aber ihre Wohnung im Anwesen A. Straße ... bei. Nach dem Tode der H. K. erwarb die Antragstellerin zu 1.) das Anwesen im Wege der Erbfolge und vermietete es an den Antragsteller zu 2.). Im Jahre 2000 wurde eine Baugenehmigung für einen Umbau des Wohnhauses erteilt.

4

Im Jahre 2008 übernahm die Beigeladene den Mühlenbetrieb und stellte ihn von Roggen- und Weizenverarbeitung auf Maisverarbeitung um.

5

Nachdem die Beigeladene mit dem Wunsch einer Erweiterung des Betriebes, insbesondere durch Schaffung zusätzlicher Trocknungs- und Lagerungskapazitäten für die Maisverarbeitung, an die Antragsgegnerin herangetreten war, beschloss der Gemeinderat am 2. Februar 2010 die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit dem Ziel der Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erweiterung des Mühlenbetriebs. In den Vorentwurf des Bebauungsplans wurde das Grundstück der Antragsteller nicht einbezogen mit der Begründung, eine Einbeziehung des Grundstücks sei zum Ausgleich städtebaulicher Spannungen nicht erforderlich. Nachdem die Antragsteller in der vorgezogenen Öffentlichkeitsbeteiligung zahlreiche Einwendungen, insbesondere wegen einer zu erwartenden unzumutbaren Immissionsbelastung ihres Grundstücks durch die Erweiterung des Mühlenbetriebs, geltend gemacht hatten, beschloss der Gemeinderat am 21. April 2010, den Planentwurf zu ändern und das Grundstück der Antragsteller in den Geltungsbereich des Bebauungsplans mit der Festsetzung als Gewerbegebiet einzubeziehen.

6

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst danach eine Fläche von 4,15 ha zwischen der L 540 im Westen und der B. Straße im Osten; er bezieht im Norden die sog. „Mühlwiese“ ein, eine als Pferdekoppel genutzte Weidefläche, und überplant im Süden einen Abschnitt des Mühlbachs zwischen der L 540 und der B. Straße sowie eine Wiesenfläche südlich des Mühlbachs bis zu einem Friedhofsgelände. Das Plangebiet umfasst auch Teilflächen von zwei Natura-2000-Gebieten, und zwar des FFH-Gebietes „Modenbachniederung“ (DE 6715-301) und des Europäischen Vogelschutzgebiets „Speyerer Wald, Nonnenwald und Bachauen zwischen Geinsheim und Hanhofen“ (DE 6616-402). Zum FFH-Gebiet und zum Vogelschutzgebiet gehören im Geltungsbereich des Planes im Wesentlichen bisher unbebaute Flächen nördlich der vorhandenen Betriebsgebäude der F. Mühle und westlich des Anwesens der Antragsteller bis zur L 540; zum FFH-Gebiet zählt darüber hinaus der Abschnitt des Mühlbachs zwischen der L 540 und der B. Straße. Im Geltungsbereich des Plans liegen auch Teilflächen des am 26. Januar 2004 im Staatsanzeiger veröffentlichten, förmlich festgesetzten Überschwemmungsgebiets des Modenbachs.

7

In der Zeit vom 30. April bis 30. Mai 2010 wurde der Planentwurf öffentlich ausgelegt. Mit Schreiben vom 28. Mai 2010 wiederholten die Antragssteller ihre Einwendungen gegen den Plan und wandten sich insbesondere gegen die Einbeziehung ihres Grundstücks in den Bebauungsplan; mit der Festsetzung als Gewerbegebiet werde offenbar nur das Ziel verfolgt, das Schutzniveau der Wohnnutzung abzusenken.

8

Mit Bescheid vom 9. Juni 2010 erteilte die Kreisverwaltung des Landkreises Südliche Weinstraße als Untere Wasserbehörde eine Befreiung vom Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete im Überschwemmungsgebiet nach §§ 78 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), 89 Abs. 2 Satz 2 des Landes-Wassergesetzes (LWG) unter mehreren Auflagen.

9

In seiner Sitzung vom 22. Juni 2010 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan als Satzung und wies u. a. die von den Antragstellern erhobenen Einwendungen unter Bezugnahme auf eine Verwaltungsvorlage, die sich im Einzelnen mit den vorgebrachten Anregungen und Einwendungen auseinandersetzte, zurück.

10

Der Bebauungsplan setzt als vorhabenbezogener Bebauungsplan gemäß § 12 des Baugesetzbuchs (BauGB) im Bereich zwischen der L 540, dem Wirtschaftsweg im Norden, der B. Straße und dem Mühlbach die Gewerbegebiete GE 1 bis GE 5 fest. Das GE 1 umfasst das derzeitige Betriebsgelände der F. Mühle sowie östlich und nördlich davon gelegene, bisher unbebaute Flächen zwischen dem Wirtschaftsweg und der B. Straße, die teilweise im FFH- und Vogelschutzgebiet sowie im Überschwemmungsgebiet gelegen sind. Das Grundstück der Antragsteller wird als GE 5 überplant, in dem Betriebswohnungen i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) ausnahmsweise zugelassen werden können. In den GE 1 bis GE 5 sind nur solche Betriebe und Anlagen zulässig, deren Geräusche zusammen die im Einzelnen in der Textfestsetzung 1.4 bestimmten Emissionskontingente – einschließlich von Zusatzkontingenten in bestimmten Richtungskorridoren – nicht überschreiten. Die Berechnung der Emissionskontingente stützt sich auf ein bereits im Vorfeld der Planaufstellung eingeholtes schalltechnisches Gutachten der Firma ... und Partner vom November 2009; darin wurde die Schutzwürdigkeit des Anwesens der Antragsteller als „Wohnen im Gewerbegebiet“ eingestuft und insoweit die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Gewerbegebiete in Ansatz gebracht. Innerhalb des nachrichtlich übernommenen Überschwemmungsgebietes sind nach Maßgabe der Textfestsetzungen Nrn. 1.6 bis 1.10 bestimmte Auflagen einzuhalten, die auf den Bescheid vom 9. Juni 2010 zurückgehen. Der Bebauungsplan sieht den Ausbau eines Teils des nördlich gelegenen Wirtschaftsweges sowie einer Privatstraße im Süden, die den Mühlbach an zwei Stellen überquert und dazu dessen Verrohrung in zwei Abschnitten erfordert, als LKW-Zu- bzw. -Abfahrten zum und vom Betriebsgelände der Mühle mit jeweiliger Anbindung an die L 540 vor. Die nördlich des Wirtschaftsweges gelegene sog. Mühlwiese wird als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festgesetzt, mit detaillierten Festsetzungen für eine Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und zum Abriss mehrerer kleinerer Gebäude.

11

In der Begründung des Bebauungsplans wird ausgeführt, vorrangiges Ziel des Bebauungsplans sei die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Erweiterung des F. Mühlenbetriebs. Im Bebauungsplan sollten darüber hinaus die bereits vorhandenen sowie die durch seine Verwirklichung zu erwartenden Konflikte, insbesondere hinsichtlich der Belange Lärmschutz, Naturschutz, Hochwasserschutz, Gewässerschutz, Verkehr, Orts- und Landschaftsbild sowie Ver- und Entsorgung, gelöst werden. Das Grundstück A. Straße ... werde in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen, um die gegenwärtig bestehenden städtebaulichen Konflikte insbesondere im Hinblick auf den Immissionsschutz zu lösen. Das Gebäude A. Straße ... sei aufgrund seiner jahrzehntelangen Nutzung als Wohnhaus des Mühlenbesitzers bzw. des Prokuristen des damaligen Mühlenbetreibers und seiner früheren baulichen Einheit mit dem Mühlenbetrieb als Wohnung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einzustufen. Der Konflikt zwischen dem Gewerbebetrieb und der nicht privilegierten Wohnnutzung im Außenbereich sei durch die Umwandlung dieser Betriebswohnung in eine allgemeine Wohnnutzung entstanden; durch das Vorhaben, den Mühlenbetrieb baulich zu erweitern, entstünden keine zusätzlichen städtebaulichen Konflikte. Mit der Einbeziehung des Grundstücks in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan könnten die unterschiedlichen privaten Belange des Interesses am Fortbestand der Wohnnutzung einerseits und auf betriebliche Erweiterung des Gewerbebetriebs andererseits zu einem ausgewogenen Ergebnis geführt werden.

12

Der Umweltbericht enthält eine FFH-Vorprüfung anhand einer im Planaufstellungsverfahren durchgeführten und dem Plan als Anlage beigefügten Kartierung von Biotoptypen und gelangt zu dem Ergebnis, dass der Bebauungsplan voraussichtlich nicht geeignet sei, das FFH- und das Vogelschutzgebiet in ihren Erhaltungszielen erheblich zu beeinträchtigen. Zwar sei mit dem Mühlbach, der in zwei Abschnitten verrohrt werden solle, ein „Fließgewässer“ als erhaltungszielbestimmender Lebensraumtyp des FFH-Gebiets betroffen. Doch sei der Bach in diesen beiden Abschnitten bereits gegenwärtig in keinem naturnahen Zustand. Andere erhaltungszielbestimmende Lebensraumtypen seien in den Teilflächen des FFH-Gebietes, die nach dem Bebauungsplan überbaut werden dürften, nicht vorhanden. Auch die in dem Vogelschutzgebiet zu erhaltenden Lebensraumtypen kämen im Geltungsbereich nicht vor oder seien, wie die vorhandenen Grünlandbereiche, weder struktur- noch artenreich.

13

Der Bebauungsplan trat nach Ausfertigung am 23. Juni 2010 und öffentlicher Bekanntmachung am 24. Juni 2010 in Kraft.

14

Zur Begründung ihres am 17. Januar 2011 eingegangenen Normenkontrollantrags machen die Antragsteller im Wesentlichen Folgendes geltend:

15

Der Bebauungsplan sei gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB genehmigungsbedürftig, denn er habe nicht aus dem fast 30 Jahre alten Flächennutzungsplan entwickelt werden können. Dieser entspreche nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort, denn er stelle eine gewerbliche Baufläche in dem Bereich dar, in dem später das Überschwemmungsgebiet festgesetzt worden sei. Eine Überprüfung und Anpassung des Flächennutzungsplans, die aufgrund der veränderten rechtlichen Gegebenheiten erforderlich gewesen wäre, habe offenbar nicht stattgefunden. Aus einem unzutreffenden Flächennutzungsplan habe der Bebauungsplan nicht hergeleitet werden dürfen.

16

Ihr Grundstück habe nicht in den Bebauungsplan einbezogen werden dürfen. Die Antragsgegnerin sei unzutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Anwesen A. Straße ... um eine faktische Betriebswohnung i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO gehandelt habe. Tatsächlich habe die Wohnnutzung niemals in einem unmittelbaren betrieblichen Zusammenhang mit dem Mühlenbetrieb gestanden. Der Tauschvertrag aus dem Jahre 1955 sei als Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken genehmigt worden. Das Wohnhaus sei als rein privates Wohnhaus der Familie K. geplant und gebaut worden. Eine Umwandlung von einer Betriebswohnung in eine allgemeine Wohnnutzung habe nicht stattgefunden. Zumindest habe seit dem Ausscheiden der Frau H. K. aus der Gesellschaft jahrzehntelang keine Betriebswohnung mehr vorgelegen. Mit der Einbeziehung des Grundstücks in den Bebauungsplan werde der Schutzanspruch des Grundstücks beeinträchtigt. Bis zum Beschluss des Bebauungsplans habe das im Außenbereich gelegene Grundstück die Schutzwirkungen eines Mischgebiets genossen. Durch den Bebauungsplan werde das Schutzniveau auf dasjenige eines Gewerbegebiets verschlechtert, was einem enteignungsgleichen Eingriff gleichkomme.

17

Das geplante Bauvorhaben und der Bebauungsplan griffen unzulässig in das festgesetzte Überschwemmungsgebiet ein. Die Voraussetzungen des § 89 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2 bis 4 LWG lägen sämtlich nicht vor; insbesondere treffe es nicht zu, dass keine nachteiligen Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger zu erwarten seien. Vielmehr brächten selbst geringfügige Behinderungen des Hochwasserabflusses die Gefahr mit sich, dass die Fundamente ihres Wohnhauses unterspült würden.

18

Der Bebauungsplan stehe auch mit den Vogelschutzbestimmungen nicht im Einklang. Der Umweltbericht habe nicht davon ausgehen können, dass sich im Einwirkungsbereich des Bebauungsplans keine schützenswerten Vogelarten befänden. Vielmehr sei schon in der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung auf Beobachtungen der streng geschützten Vogelarten Schwarzspecht, Grauspecht und Neuntöter hingewiesen worden; der ebenfalls streng geschützte Weißstorch brüte keine 500 m Luftlinie vom GE 1 entfernt. Schon wegen der Überplanung des Vogelschutzgebiets hätte eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Gleiches gelte wegen der Überplanung des FFH-Gebietes. Zudem hätten hier erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes nicht bereits nach der Vorprüfung als offensichtlich ausgeschlossen gewertet werden dürfen. So werde etwa ein Vorkommen des Lebensraumtyps „Flachlandmähwiesen“ überplant. Darüber hinaus sei der Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft unzureichend, weil eine weitere Extensivierung der Nutzung der „Mühlwiese“ nicht vorstellbar sei und der vorgesehene Ausgleich für Flächenversiegelungen nicht ausreiche.

19

Die Verunstaltung des Landschaftsbildes sei nicht zutreffend bewertet worden. Bei dem im Bebauungsplan ausgewiesenen Betriebsgelände und seiner Umgebung handele es sich um eine besonders schützenswerte Landschaft. Den geplanten betrieblichen Erweiterungsbauten komme eine erdrückende Wirkung zu. Auch die Belange des Klimaschutzes seien fehlerhaft gewichtet worden; insbesondere werde durch die zugelassene Bebauung die Mindestbreite klimaökologisch relevanter Kaltluftleitbahnen nicht mehr gewährleistet.

20

Die Festsetzung der Baugrenzen für das Grundstück der Antragsteller sei willkürlich erfolgt und stelle einen enteignungsgleichen Eingriff dar. Die Festlegung der Baugrenzen sei offenkundig nur im Interesse der Beigeladenen erfolgt.

21

Darüber hinaus werde das Grundstück der Antragsteller durch den Bebauungsplan und das durch ihn ermöglichte Vorhaben unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt. Insbesondere seien die Wirkungen der beabsichtigten Silobebauung als Schallreflektor und der Lärm durch den LKW-Zulieferverkehr bei voller Ausschöpfung der Lagerkapazität unzureichend berücksichtigt worden. Das Gutachten der Firma ..... sei wegen zahlreicher Mängel nicht verwertbar.

22

Der Betrieb der F. Mühle sei unzutreffend als im Gewerbegebiet zulässiger, nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb eingestuft worden. Tatsächlich handele es sich jedenfalls bei voller Ausschöpfung der nach dem Plan zulässigen Lagerungs- und Verarbeitungskapazitäten um einen nach Nrn. 7.21 und 7.35 des Anhangs der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Betrieb, der nur in einem Industriegebiet nach § 9 BauNVO zulässig sei.

23

Bei dem Bebauungsplan handele es sich ersichtlich um eine bloße Gefälligkeitsplanung zu Gunsten der Beigeladenen, der die städtebauliche Erforderlichkeit fehle. Die Antragsgegnerin habe ihrer Entscheidungsfindung ungeprüfte Tatsachenbehauptungen zur betriebswirtschaftlichen Erforderlichkeit der Betriebserweiterung zugrundegelegt. Von den Antragstellern vorgeschlagene Alternativplanungen, wie etwa die Nutzung eines alten Mühlengebäudes jenseits des Mühlbaches oder die Errichtung von Getreidesilos und Trocknungsanlage an anderer Stelle des Betriebsgeländes, seien mit unzutreffenden Begründungen verworfen worden. Nicht ernsthaft geprüft worden seien auch zu erwartende Beeinträchtigungen ihrer Wohnnutzung durch Geruchsbelästigungen, Staub, Erschütterungen und Maisflusen. Darüber hinaus sei zumindest zweifelhaft, ob derart brandgefährliche Anlagen wie eine Maistrocknungsanlage überhaupt in unmittelbarer Nähe eines Wohnhauses zulässig seien.

24

Die Antragsteller beantragen,

25

den Bebauungsplan „F. Mühle“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

26

Die Antragsgegnerin beantragt,

27

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

28

Sie trägt vor, der Bebauungsplan treffe hinreichende planerische Vorkehrungen zum Schutz benachbarter Wohnnutzungen vor Immissionen aus dem Betrieb der F. Mühle. Die Festsetzung von Lärmemissionskontingenten gewährleiste, dass das Grundstück der Antragsteller keinen erheblichen Lärmbelästigungen aus dem Betrieb ausgesetzt sei. Da das Gebäude A. Straße 8 faktisch eine Betriebswohnung i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO darstelle und zulässigerweise in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen worden sei, entspreche der Schutzanspruch der vorhandenen Wohnnutzung dem eines Wohnens im Gewerbegebiet. Mit diesem Schutzanspruch sei das Gebäude im schalltechnischen Gutachten berücksichtigt worden. Die festgesetzten Lärmemissionskontingente berücksichtigten diesen Schutzanspruch; deshalb gehe die Lärmbelästigung, die nach den Festsetzungen aus dem Betrieb auf das Grundstück einwirken dürfe, nicht über das zulässige Maß hinaus.Es treffe nicht zu, dass der Bebauungsplan genehmigungsbedürftig sei, weil er aus einem 30 Jahre alten, niemals überprüften Flächennutzungsplan entwickelt worden sei. Die Verbandsgemeinde habe den Flächennutzungsplan mehrfach geändert und jeweils überprüft und angepasst. Allein daraus, dass die nach § 5 Abs. 4 a BauGB vorgesehene nachrichtliche Übernahme des Überschwemmungsgebiets bisher nicht erfolgt sei, könne nicht der Schluss auf eine Genehmigungsbedürftigkeit des Bebauungsplans geschlossen werden.

29

Das Grundstück der Antragssteller sei zu recht in den Bebauungsplan einbezogen worden. Die Einbeziehung einzelner Flächen außerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans sei nach § 12 Abs. 4 BauGB zulässig und hier aus Gründen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung gerechtfertigt, weil sie der Lösung der aufgrund der unterschiedlichen Interessenlagen der Antragsteller einerseits und des Mühlenbetriebs andererseits bestehenden städtebaulichen Spannungen diene.

30

Durch die zugelassene Bebauung werde das Überschwemmungsgebiet nicht unzulässig beeinträchtigt. Die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete nach § 89 Abs. 2 Satz 2 LWG lägen vor; mit Erlass des Bescheides vom 9. Juni 2010 habe die Befreiung zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorgelegen.

31

Die FFH-Vorprüfung sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bebauungsplan nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Erhaltungszielen der beiden Natura-2000-Gebiete führen könne. Es sei bereits ausweislich der vorgefundenen und in der Begründung sowie in der Karte „Biotoptypen Bestand“ dokumentierten Vegetationsstrukturen offensichtlich, dass die in den beiden Natura-2000-Gebieten zu erhaltenden Lebensraumtypen im Geltungsbereich des Bebauungsplans nicht vorkämen. Auch die im Bebauungsplan vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen i. S. der Eingriffsregelung (§ 1 a Abs. 3 BauGB) seien ausreichend; ein Ausgleichsdefizit sei nicht festzustellen. Durch die Verwirklichung des Bebauungsplans werde auch die Kaltluftbahn im Modenbachtal nicht erheblich beeinträchtigt. Mögliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes seien mit dem ihnen angemessenen Gewicht in die Abwägung eingestellt worden.

32

Die Baugrenzen im Bereich des Grundstücks der Antragsteller seien unter Ausschöpfung der durch die angrenzenden Natura-2000-Gebiete eingeschränkten Möglichkeiten sowie unter Berücksichtigung der angrenzenden gewerblichen Nutzung und der von ihr ausgehenden Immissionsbelastung in nicht zu beanstandender Weise festgesetzt worden.

33

Der Betrieb der F. Mühle erfülle weder gegenwärtig noch nach der derzeit zur Genehmigung gestellten baulichen Erweiterung die Voraussetzungen der Nrn. 7.21 und 7.35 der Anlage zur 4. BImSchV und sei daher immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftig. Hinsichtlich anderer Arten von Immissionen wie Staub und Erschütterungen seien schädliche Umwelteinwirkungen auf dem Grundstück der Antragsteller durch die Betreiberpflichten nach §§ 5 bzw. 22 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) ausgeschlossen.

34

Es sei zulässig gewesen, dass die Antragsgegnerin dem Wunsch der F. Mühle nach baulicher Erweiterung entsprochen habe. Eine Gemeinde dürfe derartige private Interessen zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen, sofern sie eigene städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolge. Dies sei hier schon deshalb der Fall, weil der Bebauungsplan die bereits vorhandenen sowie die durch seine Verwirklichung zu erwartenden Konflikte hinsichtlich der Belange des Lärmschutzes, des Naturschutzes, des Hochwassersschutzes, des Verkehrs und des Orts- und Landschaftsbildes lösen solle. Standortalternativen seien hinreichend geprüft worden, doch sei ein anderer Gewerbestandort in der relativ kleinen Gemeinde nicht vorhanden. Eine Verschiebung der Standorte der gegenwärtig geplanten Getreidesilos und Trocknungsanlagen auf dem Betriebsgelände sei nicht möglich. Zum einen würden dadurch weitere, langfristige Entwicklungsmöglichkeiten des Mühlenbetriebs erheblich eingeschränkt, zum anderen sei es nicht zulässig, die Getreidesilos und Trockneranlagen näher an die Wohnbebauung an der B. Straße zu rücken, die als allgemeines Wohngebiet ein höheres Schutzniveau als die Wohnnutzung der Antragsteller aufweise.

35

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

36

Sie tritt dem Normenkontrollantrag insbesondere unter vertiefter Darlegung ihrer Auffassung entgegen, dass es sich bei der Wohnnutzung der Antragsteller um eine faktische Betriebswohnung gehandelt habe, die illegal in eine allgemeine Wohnnutzung umgewandelt und daher zu Recht nur mit dem Schutzniveau eines „Wohnens im Gewerbegebiet“ berücksichtigt worden sei.

37

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den beigezogenen Akten des Planaufstellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

38

1. Die Normenkontrollanträge sind zulässig.

39

Den Antragstellern steht die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis zu. Nach dieser Bestimmung kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

40

Für die Antragstellerin zu 1) folgt die Antragsbefugnis aus einer möglichen Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG), denn sie ist als Eigentümerin des in den Bebauungsplan einbezogenen und von dessen Festsetzungen betroffenen Flurstücks Nr.... unmittelbar in ihrem Grundeigentum betroffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. August 2000 – 4 BN 38/00 -, NVwZ 2000, 413 und juris Rn. 5).

41

Der Antragsteller zu 2) kann sich als Mieter auf eine mögliche Beeinträchtigung seines Nutzungsrechts an dem im Plangebiet gelegenen Grundstück, insbesondere durch Immissionen des durch den Plan zugelassenen Vorhabens, als abwägungsbeachtlichem Belang berufen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. September 2004 - 8 C 10626/04.OVG -, BauR 2005, 531 und juris Rn. 15, m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Beigeladenen liegt keine illegale, von vornherein nicht schutzwürdige Nutzung vor. Vielmehr handelt es sich um eine aufgrund der Baugenehmigungen aus den Jahren 1955 und 2000 zumindest formell legale, Bestandsschutz genießende Wohnnutzung.

42

II. Die Normenkontrollanträge sind auch begründet.

43

Der angefochtene Bebauungsplan genügt nicht den Anforderungen des Natura-2000-Gebietsschutzes (1.); er erweist sich darüber hinaus im Hinblick auf die Einstufung des Lärmschutzniveaus des Grundstücks der Antragsteller als abwägungsfehlerhaft (2.). Im Übrigen steht der Bebauungsplan jedoch mit formellem und materiellem Recht im Einklang (3.).

44

1. Der Bebauungsplan steht mit den Vorschriften über die Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes „Modenbachniederung“, von dem Teilflächen in seinem Geltungsbereich liegen, nicht im Einklang.

45

Gemäß § 1a Abs. 4 BauGB sind, soweit ein Natura-2000-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen anzuwenden. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor deren Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, dass Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebietes dienen. Die danach erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung ist zweistufig ausgestaltet: Der eigentlichen (vollständigen) FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 2 BNatSchG ist eine Vorprüfung (sog. „Screening“) vorgeschaltet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. November 2007 - 4 BN 46/07 -, NVwZ 2008, 210 und juris, Rn. 11; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Juli 2006 - 8 C 11709/05.OVG -, NuR 2007, 31 und juris, Rn. 38, m.w.N.; siehe auch Steeck/Lau, NVwZ 2008, 854, 855). Die FFH-Vorprüfung ist zwar in § 34 BNatschG nicht ausdrücklich vorgesehen; ihre Notwendigkeit ergibt sich aber bereits aus dem Projektbegriff des § 34 Abs. 1 BNatSchG bzw. des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie): Nach der Rechtsprechung des EuGH sind „Pläne und Projekte“ im Sinne von Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie alle Maßnahmen, bei denen sich nicht schon im Rahmen einer überschlägigen Prüfung anhand objektiver Umstände ausschließen lässt, dass sie das Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten (vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - Rs. C 127/02 – (Herzmuschelfischerei), NuR 2004, 788, 790, Rn. 45). Demnach ist im Rahmen einer FFH-Vorprüfung überschlägig zu klären, ob der Eintritt erheblicher Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes in seinen Erhaltungszielen oder seinem Schutzzweck offensichtlich ausgeschlossen werden kann (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Juli 2006, a.a.O., m.w.N.; s. auch Empfehlungen der LANA zu „Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura-2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)“, S. 3, Nr. 2.2.1). Verbleibende Ungewissheiten erfordern nach dem Vorsorgeprinzip eine genauere Prüfung und daher die Durchführung der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Juli 2006, a.a.O.; s. auch LANA-Empfehlungen, a.a.O. sowie Schlussanträge der Generalanwältin K. vom 26. Januar 2004 – Rs. C 127/02 -, Slg. 2004 I-7405, 7434, Rn. 102). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich eine erhebliche Beeinträchtigung zumeist nicht ohne weiteres ausschließen lässt, wenn sich der Geltungsbereich eines Bebauungsplans mit dem FFH-Gebiet überschneidet (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Juli 2006, a.a.O.; ebenso zum Fachplanungsrecht, BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 36). Bezugspunkt der FFH-Vorprüfung sind - ebenso wie bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung selbst - die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Juli 2006, a.a.O., Rn. 40; zur Methodik der FFH-Vorprüfung im Einzelnen s. LANA-Empfehlungen, a.a.O., Nr. 2.2.4).

46

Diesen Anforderungen wird die vorliegend im Rahmen der Erstellung des Umweltberichtes durchgeführte FFH-Vorprüfung nicht in jeder Hinsicht gerecht.

47

Die überschlägige Prüfung, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Natura-2000-Gebietes mit der gebotenen Sicherheit offensichtlich ausgeschlossen werden können, erforderte hier schon deshalb besondere Sorgfalt, weil der Geltungsbereich des angefochtenen Bebauungsplans Teile sowohl des FFH-Gebietes „Modenbachniederung“ als auch des Vogelschutzgebietes „Speyerer Wald, Nonnenwald und Bachauen zwischen Geinsheim und Hanhofen“ überschneidet und die Festsetzungen des Plans auf Teilflächen beider Gebiete eine Überbauung im Rahmen einer gewerblichen Nutzung zulassen. Jedenfalls hinsichtlich der vom Bebauungsplan zugelassenen Verrohrung und Überbauung des - innerhalb der Grenzen des FFH-Gebietes „Modenbachniederung“ gelegenen - Mühlbachs in zwei Abschnitten zwecks Anlegung einer Lkw-Überfahrt ist im Umweltbericht indessen nicht hinreichend tragfähig begründet worden, dass eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebietes - gemessen an dem gebotenen Maßstab der Offensichtlichkeit - ausgeschlossen werden kann. Zwar ist der Umweltbericht (S. 69) noch zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Mühlbach um ein „Fließgewässer“ und damit um einen erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyp des FFH-Gebietes „Modenbachniederung“ handelt (vgl. die Auflistung der Erhaltungsziele in der Anlage 1 zu § 25 Abs. 2 des Landesgesetzes zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft - LNatSchG - vom 28. September 2005, GVBl. 2005, S. 387, 343, Nr. 6715 - 301). Die weitere Begründung, dass sich der Bach in den beiden betroffenen Abschnitten „bereits gegenwärtig in keinem naturnahen Zustand“ befinde, greift jedoch zu kurz und trägt den Erhaltungszielen des Gebietes nicht hinreichend Rechnung. Die maßgeblichen Erhaltungsziele des Gebietes werden in der Anlage 1 der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura-2000-Gebieten vom 18. Juli 2005 (GVBl. 2005, S. 323, 324 ff) näher konkretisiert. Danach gehört zu den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes „Modenbachniederung“ u.a. die „Erhaltung oder Wiederherstellung einer naturnahen Fließgewässerdynamik, vor allem als Lebensraum für eine artenreiche Fisch- und Libellenfauna“. Zählt demzufolge zu den Erhaltungszielen nicht nur die „Erhaltung“, sondern auch die „Wiederherstellung“ einer „naturnahen Fließgewässerdynamik“, durfte sich die FFH-Vorprüfung nicht mit dem - in der Auflistung des gegenwärtigen Zustandes des Mühlbaches auf S. 53 des Umweltberichtes näher dargestellten - Befund begnügen, dass der Mühlbach nur zeitweilig Wasser führe und infolge der durch betonierte Kasten- bzw. Trapezprofile stark veränderten Gewässerstrukturgüte nur eine geringe Naturnähe aufweise. Vielmehr bestand Anlass, bereits in der Vorprüfung überschlägig zu klären, ob der Mühlbach in dem vom Bebauungsplan überplanten Abschnitt noch ein Potential zur Wiederherstellung einer naturnahen Fließgewässerdynamik besitzt. Mit dieser Frage hat sich der Umweltbericht nicht erkennbar auseinander gesetzt. Keinesfalls durften sich die Planer - wie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt - mit der nur mündlich eingeholten Einschätzung des zuständigen Sachbearbeiters bei der Unteren Naturschutzbehörde begnügen, dass die Einbeziehung des Mühlbaches im Abschnitt zwischen der L 540 und der B. Straße in das FFH-Gebiet „naturschutzfachlich nicht nachvollziehbar“ sei. Vielmehr gab schon der Umstand, dass die Grenzziehung des FFH-Gebietes den fraglichen Abschnitt des Mühlbaches - einschließlich der beiderseitigen Uferbereiche - als schmalen Streifen einbezieht, während etwa die nördlich davon gelegenen, teilweise bereits überbauten Flächen mit den Betriebsgebäuden des Mühlenbetriebes und dem Anwesen der Antragsteller ausgespart wurden, hinreichenden Anlass, den Gründen für die Unterschutzstellung des Mühlbaches näher nachzugehen. Hier hätte sich z.B. die Einholung einer Auskunft des für die Gebietsmeldung verantwortlichen Landesumweltministeriums oder des nach § 25 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG für die Führung der Karten mit der Gebietsabgrenzung zuständigen Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht angeboten. Wie sich aus § 25 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG ergibt, sind die Daten und Karten im Maßstab 1:1.000, aus denen sich die Abgrenzung des jeweiligen Natura-2000-Gebietes ergibt, als Bestandteil dieses Gesetzes verbindlich und können daher von nachgeordneten Behörden nicht in Frage gestellt werden. Im Übrigen mag auch der vom Antragsteller zu 2) in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragene Umstand, dass der Modenbach bis zu seiner Verlegung im Jahre 1937 zwecks Trockenlegung der von ihm bis dahin durchflossenen Feuchtwiesen seinen natürlichen Verlauf im Bereich des heutigen Mühlbaches genommen hatte, dafür sprechen, dass dieser Gewässerabschnitt gerade im Hinblick auf das Erhaltungsziel der „Wiederherstellung“ einer naturnahen Fließgewässerdynamik in die Grenzen des FFH-Gebietes einbezogen wurde. Der von den Vertretern der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Umstand, dass der Mühlbach in keinem Gewässerverzeichnis eingetragen sei, ist demgegenüber nicht maßgeblich. Demnach konnte hier die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels „Wiederherstellung einer naturnahen Fließgewässerdynamik“ ohne weitergehende Klärungen nicht mit der gebotenen Offensichtlichkeit ausgeschlossen werden.

48

Genügt danach die durchgeführte FFH-Vorprüfung nicht den Anforderungen an einen Ausschluss erheblicher Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen des FFH-Gebietes „Modenbachniederung“, so steht dem Bebauungsplan weiterhin das Verbot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG i.V.m. § 1a Nr. 4 BauGB, bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Erhaltungsziele von Natura-2000-Gebieten nicht erheblich zu beeinträchtigen, als gesetzlicher Planungsschranke entgegen. Da der Bebauungsplan darüber hinaus - wie noch auszuführen sein wird - an einem beachtlichem Abwägungsfehler leidet, ist es auch nicht geboten, im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens der Frage der Verträglichkeit des Bebauungsplanes mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vertieft nachzugehen.

49

2. Der angegriffene Bebauungsplan verstößt darüber hinaus gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB), weil die Antragsgegnerin abwägungserhebliche Belange nicht zutreffend in die Abwägung eingestellt hat (a.). Dieser Mangel der Abwägung ist nach § 214 BauGB beachtlich und führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans (b.).

50

a. Die Antragsgegnerin hat die privaten Eigentumsbelange der Antragsteller, von unzumutbaren Lärmimmissionen des durch den Bebauungsplan zugelassenen Vorhabens der Beigeladenen verschont zu werden, nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt und dadurch gegen das Gebot gerechter Abwägung konfligierender privater Belange untereinander verstoßen.

51

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung abwägungsbeachtliche Belange nicht eingestellt werden oder ihre Bedeutung verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in unverhältnismäßiger Art und Weise erfolgt. Innerhalb des gesetzlich so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet (st. Rspr. des BVerwG, vgl. z.B. Urteil vom 14. Februar 1975 – IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, 63).

52

Die Antragsgegnerin hat die privaten Lärmschutzbelange der Antragsteller dadurch fehlgewichtet, dass sie deren Grundstück lediglich das Schutzniveau einer „faktischen Betriebswohnung“ bzw. eines „Wohnens im Gewerbegebiet“ beigemessen und die Festsetzung der im Hinblick auf die Wohnnutzung der Antragsteller einzuhaltenden Lärmemissionskontingente an diesem Schutzniveau orientiert hat.

53

Da bisher weder das Wohnhaus der Antragsteller noch die Betriebsanlagen der „F. Mühle“ in einem bauplanungsrechtlich festgesetzten Baugebiet lagen, war bei der Aufstellung des Bebauungsplans aufgrund einer konkreten Betrachtungsweise von den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen auszugehen. Dementsprechend war die Schutzwürdigkeit der Wohnnutzung der Antragsteller zunächst anhand der tatsächlichen Bebauung und deren etwaiger Zuordnung zu den in den §§ 3 ff. BauNVO aufgeführten Gebieten zu beurteilen (vgl. z.B. OVG Niedersachsen, Urteil vom 14. Februar 2007 – 12 LC 37/07 –, juris, Rn. 40). Insoweit ist auch die Begründung des Bebauungsplans (S. 6) noch zutreffend davon ausgegangen, dass es sich um eine (historisch gewachsene) Gemengelage aus einem Gewerbebetrieb und einer nicht privilegierten Wohnnutzung im Außenbereich handelte. Insbesondere kam dem Mühlenbetrieb kein solches die Umgebung prägendes Gewicht zu, dass er bereits für sich gesehen städtebauliche Relevanz aufwies und einschließlich der Fläche des Wohnhauses der Antragsteller als „faktisches Gewerbegebiet“ (analog § 8 Abs. 1 BauNVO) einzustufen gewesen wäre.

54

Von wesentlicher Bedeutung für die Einstufung des Schutzniveaus der Wohnnutzung der Antragsteller ist vielmehr, welchen rechtlichen Status die Nutzung durch die erteilten bestandskräftigen Baugenehmigungen erlangt hatte (vgl. zur Bedeutung erteilter Genehmigungen für die Bestimmung des Lärmschutzniveaus in Gemengelagen z.B. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 4, B.3.6., TA Lärm, Rn. 69, m.w.N.).

55

Vorliegend war die Errichtung des Wohnhauses gemäß § 6 Abs. 1 der (in der Pfalz noch geltenden) Bayerischen Bauordnung vom 17. Februar 1901 – BayBO 1901 – i. V. m. § 63 Abs. 2 Aufbaugesetz als „Bauvorhaben außerhalb der bebauten Ortslage“ (vgl. das Schreiben vom 26. Januar 1955, Bl. 109 der GA) mit Zustimmung der Bezirksregierung der Pfalz (vgl. Bl. 110 der GA) durch „Beschluss“ des Landratsamtes Landau vom 28. Januar 1955 (vgl. Bl. 111 f. der GA) baupolizeilich genehmigt worden. § 63 Abs. 2 Satz 1 Aufbaugesetz bestimmte, dass für bauliche Anlagen, die außerhalb von Baugebieten oder, soweit solche nicht ausgewiesen sind, außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles ausgeführt werden sollen, die baupolizeiliche Genehmigung versagt werden „soll“, wenn ihre Ausführung der geordneten Entwicklung des Gemeindegebietes oder einer ordnungsgemäßen Bebauung zuwiderlaufen würde. Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 Aufbaugesetz galt dies namentlich für bauliche Anlagen, deren Ausführung unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen und andere Verkehrseinrichtungen, Versorgungsleitungen, Entwässerungsanlagen, Schulversorgung, Polizei- und Feuerschutz oder sonstige öffentliche Aufgaben erfordern oder deren Benutzung besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten für die Bewohner ergeben würde. Zweck des § 63 Abs. 2 Aufbaugesetz war es, den Außenbereich von wesensfremder Bebauung freizuhalten (vgl. dazu z.B. OVG RP, Beschluss vom 22. August 2002 – 8 A 11014/02.OVG –, ESOVGRP), insbesondere also einer Zersiedelung der Landschaft und der Entstehung unerwünschter Splittersiedlungen mit nachfolgenden Erschließungslasten für die Gemeinden vorzubeugen. Dementsprechend stellte die Zustimmung der Bezirksregierung zur baupolizeilichen Genehmigung maßgeblich darauf ab, dass das Bauvorhaben „mit den Gebäuden der F. Mühle eine geschlossene Baugruppe bildet“, also wegen dieses baulichen Zusammenhangs eine negative Vorbildwirkung für andere Vorhaben außerhalb der geschlossenen Ortslage nicht zu befürchten war. Nicht angenommen werden kann hingegen, dass die seinerzeitige baupolizeiliche Genehmigung des Anwesens im Bewusstsein einer erhöhten Duldungspflicht der künftigen Bewohner gegenüber den von dem Betrieb der F. Mühle ausgehenden Lärm- und sonstigen Immissionen erfolgte. Erst recht kann nicht unterstellt werden, dass die damals zuständigen Behörden der Wohnnutzung einen Ausnahmestatus vergleichbar einer in Gewerbegebieten nur ausnahmsweise zulässigen Wohnung für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zuweisen wollten. Zwar wurde in dem an die Bezirksregierung gerichteten Antrag des Landratsamtes Landau vom 26. Januar 1955 auf Erteilung einer Genehmigung vom Bauverbot auf die Stellung des Bauherrn Fritz K. als Schwiegersohn des Inhabers der F. Mühle und seine dortige Beschäftigung als Prokurist hingewiesen und weiter ausgeführt, das Wohnhaus solle „aus betrieblichen Gründen in unmittelbarer Nähe der Mühle errichtet werden“ (Bl. 109 der GA). Abgesehen davon, dass der (als Baugenehmigung letztlich maßgebliche) Beschluss des Landratsamtes vom 28. Januar 1955 keine Hinweise auf einen eingeschränkten Status der errichteten Wohnhauses nach Art einer „faktischen Betriebswohnung“ enthält und die Zustimmung der Bezirksregierung vom 5. Februar 1955 nur auf den baulichen Zusammenhang mit der Mühle abstellt, kann generell nicht unterstellt werden, dass in einem Baugenehmigungsverfahren im Jahre 1955 – rund sieben Jahre vor Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung – bereits zwischen einer allgemeinen Wohnnutzung und einer Nutzung als Betriebsinhaber- oder Betriebsleiterwohnung unterschieden wurde. Denn seinerzeit spielte der Schutz von Wohnnutzungen vor gewerblichen Immissionen noch keine so wesentliche Rolle wie heute. Es kann auch nicht unterstellt werden, dass vom damaligen Betrieb der F. Mühle bereits Immissionen in einem solchen Ausmaß ausgingen, dass sie selbst nach den damaligen großzügigeren Maßstäben als für eine Wohnnutzung im ländlichen Raum grundsätzlich unzumutbar und nur im Rahmen einer gesteigerten Duldungspflicht aufgrund eines besonderen betrieblichen Zusammenhangs mit dem Gewerbebetrieb ausnahmsweise hinnehmbar angesehen wurde. Jedenfalls ergeben sich hierfür aus den vorgelegten Unterlagen aus der Zeit der Baugenehmigungserteilung im Jahre 1955 keine zureichenden Anhaltspunkte.

56

War somit davon auszugehen, dass das Wohnanwesen der Antragsteller als (allgemeine) Wohnnutzung im Außenbereich genehmigt worden war, so vermögen auch die tatsächlichen Entwicklungen in den folgenden Jahrzehnten keine Einstufung mit dem Schutzniveau einer „faktischen Betriebswohnung“ bzw. eines Wohnens im Gewerbegebiet zu rechtfertigen. Allerdings geht auch der Senat davon aus, dass bei dem Wohnanwesen der Antragsteller aufgrund der engen Nachbarschaft zu dem bei seiner Errichtung bereits bestehenden Mühlenbetrieb sowie insbesondere aufgrund der jedenfalls bis zum Jahre 1990 bestehenden persönlichen Verflechtungen zumindest eines Teils der Bewohner mit dem Mühlenbetrieb eine Vorbelastung hinsichtlich der von dem Mühlenbetrieb ausgehenden (insbesondere Lärm-)Immissionen schutzmindernd zu berücksichtigen ist. Andererseits war aber auch in die Abwägung einzustellen, dass diese personellen Verbindungen zwischen der Wohnnutzung und dem Mühlenbetrieb am 26. März 1990 mit dem Verkauf der Gesellschaftsanteile durch die Familie K. und dem Ausscheiden der Mutter der Antragstellerin zu 1.) aus der Geschäftsführung der Mühle endgültig beendet waren; diese Situation bestand im maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses des Bebauungsplans somit bereits seit rund 20 Jahren. Von wesentlicher Bedeutung ist schließlich, dass im Jahre 2000 – vor diesem Hintergrund – ein Umbau des Anwesens im Rahmen der allgemeinen Wohnnutzung durch Erteilung einer Baugenehmigung bestandskräftig erlaubt worden war. Die darin zum Ausdruck kommende fachkundige Einschätzung der Baugenehmigungsbehörde, dass es sich nicht um eine unzulässige allgemeine Wohnnutzung in einem faktischen Gewerbegebiet handelte – denn andernfalls hätte der Antrag auf Genehmigung des Umbaus abgelehnt werden müssen –, sondern um eine Bestandsschutz genießende allgemeine Wohnnutzung in einer Gemengelage, durfte von der Antragsgegnerin nicht ignoriert werden. Musste die Antragsgegnerin somit statt von einem „Wohnen im Gewerbegebiet“ von einer Wohnnutzung in einer Gemengelage im Außenbereich ausgehen, so bot sich die Anwendung der Regelung in Nr. 6.7 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – an, mit der die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zum Lärmimmissionsschutz in Gemengelagen in einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift mit Bindungswirkung übernommen worden sind (vgl. dazu Feldhaus/Tegeder, a.a.O., Rn. 57, m.w.N.). Danach können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die angrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Dabei sollen die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete grundsätzlich nicht überschritten werden. Da es sich um eine Sollvorschrift handelt, kommt eine Festlegung von Zwischenwerten oberhalb dieser Immissionsrichtwerte nur in besonders begründeten Einzelfällen in Betracht, kann dann aber auch geboten sein (vgl. Feldhaus/Tegeder, a.a.O., Rn. 63, m.w.N.). Nach Abs. 2 der Nr. 6.7 TA Lärm ist für die Höhe des Zwischenwertes die konkrete Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes maßgeblich. In Abs. 2 Satz 2 der Bestimmung werden beispielhaft einige wesentliche Kriterien für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit und damit für die Höhe geeigneter Zwischenwerte genannt, nämlich die Prägung des Einwirkungsgebiets durch den Umfang der Wohnbebauung einerseits und durch Gewerbe- und Industriebetriebe andererseits, die Ortsüblichkeit eines Geräusches und die Frage, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht wurde. Danach war vorliegend von den für ein Mischgebiet einschlägigen Immissionsrichtwerten, die nach Nr. 6.1c der TA Lärm tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) betragen, auszugehen und ergänzend zu erwägen, ob Besonderheiten des Einzelfalls die Festlegung eines Zwischenwertes oberhalb dieser Immissionsrichtwerte rechtfertigen konnten. Nach Auffassung des Senats hätten in diesem Zusammenhang die angesprochene Vorbelastung der Wohnnutzung durch die Immissionen des Mühlenbetriebs und die zeitliche Priorität der Ansiedlung der Mühle gegenüber der Wohnnutzung berücksichtigt werden können. Danach ließe sich etwa eine Überschreitung der für ein Mischgebiet maßgeblichen Immissionsrichtwerte um 1 bis höchstens 2 dB(A) rechtfertigen, keinesfalls aber eine Zugrundelegung der nochmals höheren Immissionsrichtwerte in einem Gewerbegebiet (65 dB(A) tags, 50 dB(A) nachts) nach Nr. 6.1 b TA Lärm. Solche Erwägungen hat die Antragsgegnerin indessen nicht erkennbar angestellt. Sie ist vielmehr auf der Grundlage ihrer unzutreffenden Einstufung der Wohnnutzung der Antragsteller als „faktische Betriebswohnung“ und „Wohnen im Gewerbegebiet“ – wie aus der Planbegründung ohne Weiteres ersichtlich – von den Immissionsrichtwerten in Gewerbegebieten ausgegangen, die auch der Berechnung der Emissionskontingente im Gutachten der Firma .... zugrunde gelegt worden waren, die sodann in die entsprechende Textfestsetzung des Bebauungsplans übernommen wurden. Dies erweist sich nach den vorstehenden Ausführungen als Fehlgewichtung der Lärmschutzbelange der Antragsteller.

57

b. Der dargelegte Mangel der Abwägung ist nach Maßgabe des § 214 BauGB beachtlich und führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Dabei kann letztlich offenbleiben, ob es sich gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB um einen als Verfahrensfehler geltenden Fehler bei der Ermittlung und Bewertung abwägungserheblicher Belange oder um einen sonstigen Mangel der Abwägung im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB handelt. Denn es handelt sich jedenfalls um einen offensichtlichen Mangel, der auf das Ergebnis des Verfahrens bzw. das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. zur fehlenden praktischen Relevanz der Abgrenzung: Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB-Kommentar, § 214, Stand: Mai 2007, Rn. 39 b; Hoppe, NVwZ 2004, 903, 905).

58

Der Abwägungsmangel ist offensichtlich, weil sich – wie dargelegt – ohne Weiteres aus der Begründung des Bebauungsplans und dem weiteren Inhalt der Planaufstellungsakten ergibt, dass die Antragsgegnerin die abwägungserheblichen Belange der Antragsteller, von unzumutbaren Lärmimmissionen des durch den Bebauungsplan ermöglichten Vorhabens verschont zu werden, mit der Einstufung des Schutzniveaus der Wohnnutzung als „faktischer Betriebswohnung“ bzw. „Wohnen im Gewerbegebiet“ fehlgewichtet hat. Der Abwägungsmangel ist auch auf das Ergebnis des Verfahrens bzw. das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Insoweit genügt, dass nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit eines anderen Verfahrensergebnisses besteht (vgl. Stock, a.a.O., § 214, Rn. 144, m.w.N.). Hier hätte die Möglichkeit bestanden, vom Schutzniveau eines Mischgebiets auszugehen oder einen Zwischenwert nach Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 2 TA Lärm oberhalb der Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet, aber unterhalb der Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet zu bilden und diesen Wert der Festsetzung von Emissionskontingenten in Bezug auf das Grundstück der Antragsteller als Immissionsort zugrunde zu legen.

59

3. Im Übrigen teilt der Senat jedoch die von den Antragstellern gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans geäußerten Bedenken nicht:

60

a. Der Bebauungsplan ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Er bedurfte insbesondere nicht der Genehmigung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB.

61

Zwar ist ein Bebauungsplan auch dann nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB genehmigungspflichtig, wenn sich herausstellt, dass der Flächennutzungsplan im Zeitpunkt der Bekanntmachung des Bebauungsplans an einem zur Unwirksamkeit führenden beachtlichen Fehler leidet; in diesem Falle kann der Bebauungsplan nur als „vorzeitiger Bebauungsplan“ im Sinne von § 8 Abs. 4 BauGB, das heißt insbesondere mit der nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB in diesem Falle erforderlichen Genehmigung rechtswirksam sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1991 – 4 N 2.89 –, NVwZ 1992, 882 und juris, Rn. 26 ff.). Doch ergeben sich vorliegend keine zureichenden Anhaltspunkte für eine (materielle) Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans. Dieser ist insbesondere nicht allein deshalb rechtswidrig oder funktionslos geworden, weil im Jahre 2004 im Bereich der seit 1981 im Flächennutzungsplan dargestellten „gewerblichen Baufläche“ ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt wurde. Nach § 5 Abs. 4 a BauGB sollen festgesetzte Überschwemmungsgebiete lediglich nachrichtlich in den Flächennutzungsplan übernommen werden. Dass dies hier offenbar bei späteren Überarbeitungen des Flächennutzungsplans unterblieben ist, macht die Darstellung einer „gewerblichen Baufläche“ nicht materiell unwirksam. Vielmehr kommt es insoweit auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 WHG für eine Befreiung vom Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete im Überschwemmungsgebiet an, deren Vorliegen hier durch Bescheid der unteren Wasserbehörde vom 9. Juni 2010 wirksam und inzwischen auch bestandskräftig festgestellt wurde.

62

b. Dem Bebauungsplan mangelt es nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.

63

Erforderlich für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Sinne dieser Vorschrift ist ein Bebauungsplan nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann, wenn seine Aufstellung nach der planerischen Konzeption der Gemeinde als erforderlich angesehen werden kann; welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem – grundsätzlich weiten – planerischen Ermessen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 BN 95/99 -, NVwZ 1999, 1338), weshalb ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen in Betracht kommt (vgl. OVG RP, Urteil vom 16. Januar 1985 – 10 C 13/84.OVG -, NVwZ 1985, 766).

64

Anders als die Antragsteller offenbar meinen, handelt es sich vorliegend nicht um eine bloße „Gefälligkeitsplanung“ zu Gunsten der Beigeladenen ohne hinreichende städtebauliche Rechtfertigung. Es ist anerkannt, dass eine Gemeinde auch hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass der Aufstellung eines (insbesondere vorhabenbezogenen) Bebauungsplans nehmen und sich dabei an Wünschen des künftigen Vorhabenbetreibers orientieren darf, solange sie zugleich auch städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt (vgl. z.B. OVG RP, Urteil vom 1. Oktober 2008 – 8 C 10611/08.OVG –, ESOVGRP; s.a. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1, Rn. 34; zu Erweiterungswünschen eines Betriebs als zulässigem Planungsanlass vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. März 2008 – 3 K 8/07 –, juris, Rn. 38 ff., m.w.N.). Die Antragsgegnerin durfte hier das – einen abwägungserheblichen privaten Belang bildende – Interesse der Beigeladenen an der Schaffung der planerischen Grundlagen für eine Erweiterung ihres Betriebes an dem seit Jahrzehnten bestehenden Standort aufgreifen und damit zugleich den öffentlichen Belangen der Wirtschaft und der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen Rechnung tragen. Dabei ist von städtebaulichem Gewicht auch der Umstand, dass es sich offenbar um die einzige gewerbliche Baufläche in der Gemarkung der Gemeinde handelt, also keine Standortalternativen für eine Verlagerung des Betriebs zur Verfügung stehen. Darüber hinaus bietet die Überplanung die Chance einer städtebaulichen Steuerung der historisch gewachsenen Gemengelage aus einem emitierenden Gewerbebetrieb und einer Wohnnutzung mit dem Ziel einer besseren Konfliktbewältigung.

65

c. Dem Bebauungsplan steht das Planungsverbot in Überschwemmungsgebieten als gesetzlicher Planungsschranke nicht (mehr) entgegen.

66

Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG –) in der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans bereits anzuwendenden Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2585) ist in festgesetzten Überschwemmungsgebieten die Ausweisung von neuen Baugebieten in Bauleitplänen untersagt. Doch kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gemäß § 78 Abs. 2 WHG abweichend von Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn die im Einzelnen in § 78 Abs. 2 Nrn. 1 bis 9 WHG geregelten Voraussetzungen (kumulativ) vorliegen (vgl. dazu Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 78, Rn. 27, m.w.N.).

67

Hier ist noch vor dem Inkrafttreten des Bebauungsplans am 24. Juni 2010 durch (inzwischen auch bestandskräftigen) Bescheid der Kreisverwaltung des Landkreises Südliche Weinstraße vom 9. Juni 2010 als zuständiger Unterer Wasserbehörde eine Befreiung vom Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete im förmlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet des Modenbachs unter Auflagen erteilt worden. Dem Befreiungsbescheid kommt als rechtswirksamem Verwaltungsakt Tatbestandswirkung zu, die einer inzidenten Prüfung seiner Rechtmäßigkeit im Normenkontrollverfahren entgegensteht (vgl. zur entsprechenden Tatbestandswirkung eines wirksamen raumordnungsrechtlichen Zielabweichungsbescheids das Urteil des Senats vom 26. Oktober 2010 – 8 C 10150/10.OVG –, ESOVGRP und juris, Rn. 76, m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Bescheides vom 9. Juni 2010 im Sinne von § 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes – LVwVfG – in Verbindung mit § 44 VwVfG sind weder von den Antragstellern vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

68

d. Mit Ausnahme der fehlerhaften Gewichtung des Lärmschutzniveaus des Grundstücks A. Straße ... hat die Antragsgegnerin die privaten Belange der Antragsteller abwägungsfehlerfrei berücksichtigt.

69

Zunächst ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin das Grundstück der Antragsteller in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen hat.

70

Grundsätzlich ergibt sich die Befugnis zur Einbeziehung „einzelner, außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplan gelegener Flächen“ in einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aus § 12 Abs. 4 BauGB. Allerdings kommt eine solche Einbeziehung nach allgemeiner Meinung nur aus Gründen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung in Betracht (vgl. z.B. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 12, Rn. 123; Busse, in: Spannowsky/Uechritz, BauGB, § 12, Rn. 34). Solche Gründe liegen hier indessen vor: Mit der Einbeziehung des Flurstückes Nr. ... wird das städtebauliche Ziel verfolgt, im Bebauungsplan die bereits vorhandenen sowie durch die Verwirklichung des zugelassenen Vorhabens zusätzlich zu erwartenden Konflikte zu lösen, die sich aus dem historisch gewachsenen Nebeneinander des Mühlenbetriebs und der Wohnnutzung im Anwesen der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf den Immissionsschutz ergeben. Wie sich aus der Planbegründung (S. 14 f.) ergibt, verfolgt der Bebauungsplan mit der Überplanung des Flurstücks das Ziel, die gegenläufigen privaten Interessen am Fortbestand der Wohnnutzung und an einer baulichen Erweiterung des Gewerbebetriebes zu berücksichtigen und soweit wie möglich zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Dass dieser Ausgleich mit der konkreten Festsetzung des Grundstücks der Antragsteller als Gewerbegebiet – wie dargelegt – nicht abwägungsfehlerfrei gelungen ist, stellt die grundsätzliche Berechtigung zur Einbeziehung des Grundstücks in den Bebauungsplan nicht in Frage.

71

Anders als die Antragsteller meinen ist auch die Festsetzung der Baugrenzen auf dem Flurstück Nr. ... nicht willkürlich oder unverhältnismäßig. Eine Ausdehnung der überbaubaren Grundstücksflächen nach Osten oder Süden würde die Konflikte zwischen der vorhandenen bzw. der jetzt zugelassenen gewerblichen Nutzung und der Wohnnutzung weiter verschärfen. Nach Norden hin wurde eine Ausdehnung der Bebauung von der jetzigen nördlichen Gebäudegrenze bis zur Grenze der beiden Natura 2000-Gebiete zugelassen. Im Westen fällt die Baugrenze mit der jetzigen Gebäudegrenze zusammen, weil diese exakt auf der Grenze zu den beiden Natura 2000-Gebieten verläuft. Insofern spiegeln die festgesetzten Baugrenzen lediglich die Situationsgebundenheit des Grundstücks wider, die durch die Lage im Außenbereich, einerseits unmittelbar angrenzend an Natura 2000-Gebiete, andererseits in Nachbarschaft zu einem emittierenden Betrieb, maßgeblich geprägt wird. Eine Prüfung, inwieweit eine Ausdehnung der Bebauung in Richtung Westen oder Norden über die Grenzen der beiden Natura 2000-Gebiete hinaus mit deren Erhaltungszielen vereinbar wäre, konnte unterbleiben, weil die Antragsteller in der Offenlage des Bebauungsplans keine konkreten Absichten für bauliche Erweiterungen ihres Anwesens in diesen Bereichen geltend gemacht haben, so dass insoweit – anders als beim Mühlenbetrieb – kein hinreichender Anlass für die Durchführung einer FFH-Vorprüfung bestand.

72

Eine erdrückende Wirkung für das Grundstück der Antragsteller geht von dem durch den Bebauungsplan zugelassenen Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen nicht zwangsläufig aus. Der Bebauungsplan hat insoweit keinen Konflikt geschaffen und unbewältigt gelassen, der in nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren nicht angemessen bewältigt werden könnte. Dabei ist zunächst die erhebliche Vorbelastung des Grundstücks der Antragsteller durch die bereits seit Jahrzehnten bestehenden, 38 m hohen Silogebäude schutzmindernd zu berücksichtigen. Im Übrigen lässt der Bebauungsplan mit der Festsetzung der überbaubaren Flächen in den Gewerbegebieten 1, 3 und 4 genügend Spielräume für die Platzierung und konkrete Gestaltung betrieblicher Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen, um eine unzumutbare Steigerung der bedrängenden Wirkung von Betriebsgebäuden der Mühle auf das Anwesen der Antragsteller vermeiden zu können.

73

Was die Belange der Antragsteller angeht, vor sonstigen unzumutbaren Immissionen durch den Betrieb der (erweiterten) F. Mühle (z. B. durch Staub, Erschütterungen, Gerüche und Maisflusen) geschützt zu sein, ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auf die Möglichkeit der Bewältigung etwaiger Konflikte im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren verwiesen hat, in dem die Beigeladene die Erfüllung ihrer Betreiberpflichten nach § 22 des Bundesimmissionsschutzgesetzes – BImSchG – nachzuweisen hat und ihr gegebenenfalls entsprechende Auflagen zu erteilen sind. Eine Konfliktbewältigung konnte daher insoweit den nachfolgenden Genehmigungsverfahren überlassen werden (vgl. dazu HessVGH, Urteil vom 6. November 2000 – 9 N 2265/99 –, BauR 2001, 841).

74

Darüber hinaus wurden auch die Belange des Brandschutzes der Antragsteller abwägungsfehlerfrei berücksichtigt. Die Begründung des Bebauungsplans setzt sich eingehend mit Fragen des erforderlichen Brandschutzes und des daraus resultierenden Löschwasserbedarfs auseinander (S. 26 bis 28). Um sicherzustellen, dass die vor Ort zur Verfügung stehende Löschwassermenge von maximal 96 m³/h im Brandfall ausreicht, wird im Bebauungsplan (unter zulässiger Ausnutzung der gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB erweiterten Festsetzungsmöglichkeiten) mit der Textfestsetzung Ziffer 8 vorgeschrieben, dass in den Gewerbegebieten 1 bis 4 alle Außenwände von Gebäuden aus nicht brennbaren Stoffen oder feuerhemmend herzustellen und nur harte Bedachungen im Sinne von § 32 der Landesbauordnung – LBauO – zulässig sind. Dies lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere berührt der Einwand der Antragsteller, von der Beigeladenen vorgesehene „Blechsilos“ würden die Anforderung „feuerhemmend“ nicht erfüllen, die Wirksamkeit der Planfestsetzung nicht. Erst im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren wird zu prüfen sind, ob die von der Beigeladenen konkret vorgesehenen Gebäudematerialien die Anforderungen nach Ziffer 8 der Textfestsetzungen des Bebauungsplans erfüllen.

75

e. Es liegt auch keine widersprüchliche Planung dergestalt vor, dass im Bebauungsplan eine Ausweisung als Gewerbegebiet für ein industriegebietspflichtiges Vorhaben vorgenommen wurde. Es kann nicht angenommen werden, dass mit der Festsetzung der erweiterten Betriebsfläche des Mühlenbetriebs als Gewerbegebiet im Sinne von § 8 Abs. 1 BauNVO in Wahrheit ein „erheblich belästigender Gewerbebetrieb“ ermöglicht werden soll, der ausweislich der §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO nicht in einem Gewerbegebiet, sondern nur in einem Industriegebiet im Sinne von § 9 Abs. 1 BauNVO zulässig wäre (vgl. zu dieser Problematik: BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 – 7 C 7.92 –, NVwZ 1993, 987 und juris, Rn. 12 und 15).

76

Die Antragsgegnerin hat überzeugend dargelegt, dass der Mühlenbetrieb sowohl nach dem gegenwärtigen Betriebszuschnitt als auch nach der derzeit bei der Bauaufsichtsbehörde beantragten Erweiterung unterhalb der jeweils einschlägigen Schwellenwerte der Nrn. 7.2.1 und 7.3.5 des Anhangs der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) verbleiben wird und daher nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist. Danach durfte die Antragsgegnerin als Plangeberin aufgrund der Typisierungswirkung der Einordnungen nach der 4. BImSchV (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 24. September 1992, a.a.O., Rn. 15) abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass es sich bei dem Vorhaben grundsätzlich um einen „nicht erheblich belästigenden“ und somit nach § 8 Abs. 1 BauNVO im Gewerbegebiet zulässigen Betrieb handelt. Zugleich hat die Antragsgegnerin mit der Festsetzung der gesamten für Erweiterungen des Mühlenbetriebs zur Verfügung stehenden Fläche als „GE“-Fläche eine „Deckelung“ dahingehend bewirkt, dass künftige betriebliche Erweiterungen im Genehmigungsverfahren dahin zu prüfen sein werden, ob sie in dem festgesetzten Gewerbegebiet noch zugelassen werden können. Dies wirkt sich auch zu Gunsten der Antragsteller aus. Sofern nämlich die Beigeladene beabsichtigt, den Mühlenbetrieb künftig in einem nach der 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Umfang zu betreiben, wird dies in dem festgesetzten Gewerbegebiet nur zulässig sein, wenn der Betrieb sich als in der Weise atypisch erweist, dass er nach seiner Art und Betriebsweise von vornherein keine Störungen befürchten lässt und damit seine Gebietsverträglichkeit dauerhaft und zuverlässig sichergestellt ist (vgl. auch dazu: BVerwG, Urteil vom 24. September 1992, a.a.O., Rn. 15).

77

f. Mit Ausnahme der im Hinblick auf die Betroffenheit des Lebensraumtyps „Fließgewässer“ unzureichenden Prüfung der FFH-Verträglichkeit steht der Bebauungsplan mit den Anforderungen des Natur- und Umweltschutzes im Einklang:

78

aa. Zunächst sind weitere Verstöße gegen die Anforderungen des Natura 2000-Gebietsschutzes nicht ersichtlich.

79

Insbesondere ist die Antragsgegnerin der Behauptung der Antragsteller, bei den bisher zeitweise als Pferdeweide genutzten Wiesenflächen nördlich der Bestandsgebäude der Mühle, die nunmehr als Teil des „GE 1“ überplant werden, handele es sich um ein Vorkommen des für das FFH-Gebiet „Modenbachniederung“ erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps „Flachland-Mähwiesen“ (LRT 6510), überzeugend unter anderem durch Vorlage von Fotos, die den Zustand der Wiesen dokumentieren, entgegengetreten. Danach handelt es sich offensichtlich nicht um artenreiche Mähwiesen, die eine hohe Anzahl der für diesen Lebensraumtyp charakteristischen Pflanzenarten aufweisen, so dass eine Zuordnung der Weideflächen zu diesem Lebensraumtyp von vornherein nicht gerechtfertigt erscheint. Dies bestätigt die auf die Biotopkartierung gestützte Einschätzung in der Begründung des Bebauungsplans (S. 69), dass im Plangebiet – mit Ausnahme des Mühlbachs als „Fließgewässer“ – keine erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtypen des FFH-Gebiets und damit auch keine Flachland-Mähwiesen vorhanden sind. Angesichts dessen genügt die bloße, nicht durch eine irgendwie belegte Fachkunde gestützte Behauptung der Antragsteller, es handele es sich doch um ein Vorkommen dieses erhaltungszielbestimmenden Lebensraumtyps, nicht, um die auf eine fachkundig durchgeführte Biotopkartierung gestützte Einschätzung in der Planbegründung in Frage zu stellen. Dies gilt erst recht für die in keiner Weise näher substantiierte Behauptung der Antragsteller, es gebe in der Nähe des Gewerbegebiets 1 sogar ein Vorkommen des prioritären Lebensraumtyps „Weichholz-Auenwälder“.

80

Die Antragsteller haben auch die Einschätzung im Umweltbericht als Teil der Planbegründung, dass der Bebauungsplan nicht geeignet ist, die Erhaltungsziele und den Schutzzweck des europäischen Vogelschutzgebiets „Speyerer Wald, Nonnenwald und Bachauen zwischen Geinsheim und Hanhofen“ erheblich zu beeinträchtigen, nicht ernsthaft zu erschüttern vermocht. Insoweit genügt es nicht, auf Einzelbeobachtungen „schützenswerter Vogelarten“ zu verweisen, zumal die genannten Arten Schwarzspecht, Grauspecht und Neuntöter in der Anlage 2 zu § 25 LNatSchG (unter Nr. 6616-402) lediglich als Nebenvorkommen und damit nicht als Vogelarten, die für die Bestimmung der Erhaltungsziele des Gebiets charakteristisch sind, aufgeführt werden (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 7./8. November 2007 – 8 C 11523/06.OVG –, AS 36, 5, 16 ff.).

81

bb. Der Bebauungsplan begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf den Artenschutz.

82

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Bebauungsplan aus artenschutzrechtlichen Gründen vollzugsunfähig sein könnte, sind weder von den Antragstellern vorgetragen worden noch sonst ersichtlich (vgl. dazu z.B. OVG RP, Urteil vom 13. Februar 2008 – 8 C 10368/07.OVG –, ESOVGRP, m.w.N.). Aus den spärlichen Angaben der Antragsteller, die sich im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Herrn Postel zum Vorentwurf des Bebauungsplans stützen, über Einzelbeobachtungen seltener Vogelarten am Rande des Plangebiets lassen sich keine hinreichend konkreten Hinweise auf das Bestehen dauerhaft geschützter Lebensstätten dieser Arten im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG entnehmen, die im Vollzug des Bebauungsplans zerstört werden könnten. Auch im Übrigen ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragsteller keine Anhaltspunkte für die Erfüllung (sonstiger) artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände im Vollzug des Bebauungsplans, ohne das etwa gleichzeitig die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 44 Abs. 5 Satz 1 bis 3 BNatSchG gegeben wären. Mangels entsprechender Anhaltspunkte für eine planbedingte Beeinträchtigung europarechtlich geschützter Arten bestand für die Antragsgegnerin kein Anlass, sich in der Abwägung – über die Befassung mit dem Schutzgut Tiere und Pflanzen im Rahmen der Eingriffsregelung hinaus – vertieft mit Fragen des Artenschutzes auseinanderzusetzen.

83

cc. Der Bebauungsplan sieht auch einen hinreichenden Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft vor (§ 1 a Abs. 3 BauGB).

84

Die durch die Planung bewirkten Eingriffe und die im Bebauungsplan vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen sind in der Begründung des Bebauungsplans (S. 30 f.) sowie im Umweltbericht (S. 73 ff.) eingehend dargestellt. Für den Verlust von Tier- und Pflanzenlebensräumen sowie für die durch die zugelassene Überbauung zu erwartenden Flächenversiegelungen sind im Umweltbericht (S. 75 f.) eine Vielzahl von Ausgleichs- und Eingriffsminimierungsmaßnahmen vorgesehen, deren Bilanzierung kein Kompensationsdefizit erkennen lässt. Die weitgehend unsubstantiierten, zudem häufig mit Fragen des Natura 2000-Gebiets- und des Artenschutzes vermischten Ausführungen der Antragsteller sind allenfalls insoweit hinreichend konkret, als sie die Eignung der für die Ausgleichsmaßnahme „Extensivierung der Grünlandnutzung nördlich des Wirtschaftsweges“ vorgesehenen Fläche in Frage stellen. Die Antragsgegnerin hat hierzu jedoch überzeugend dargelegt, dass durchaus eine Extensivierungsmöglichkeit durch Verringerung der Viehbesatzdichte besteht.

85

dd. Der Bebauungsplan hat auch die zu erwartenden weiteren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes abwägungsfehlerfrei berücksichtigt.

86

Der Umweltbericht setzt sich im Rahmen der Behandlung von Eingriffen in Natur und Landschaft auch mit vermeidbaren und unvermeidbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, insbesondere durch die Zulassung der Errichtung von unmaßstäblich hohen und aus größerer Entfernung einsehbaren Gebäuden im Gewerbegebiet 1, auseinander (S. 74 ff.) und listet im Einzelnen die vorgesehenen Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung der zu erwartenden Beeinträchtigungen auf. Dies lässt keine Abwägungsfehler erkennen, zumal der Bebauungsplan bereits eine erhebliche Vorbelastung des Landschaftsbildes durch die bestehenden hohen Silogebäude vorgefunden hat. Insbesondere durch die Begrenzung der zulässigen Höhe baulicher Anlagen auf die im jeweiligen Teilgebiet des Bebauungsplans bereits vorhandenen Bauhöhen wird eine zusätzliche vermeidbare Verunstaltung des Landschaftsbildes vermieden.

87

ee. Der Bebauungsplan lässt schließlich auch im Hinblick auf die Belange des Klimaschutzes keine Abwägungsfehler erkennen.

88

Der Umweltbericht (S. 54 und 76) setzt sich mit klimaökologischen Auswirkungen der Planung auseinander und gelangt nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Breite der Kaltluftleitbahn in der Modenbachniederung zwar reduziert werde, die Reduzierung aber nicht erheblich ist, weil die Mindestbreite klimaökologisch relevanter Leitbahnen von 300 m gewährleistet bleibt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Antragsteller sind nicht auf eine irgendwie belegte klimaökologische Fachkunde gestützt.

89

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

90

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 ff. ZPO.

91

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO hierfür genannten Gründe vorliegt.

92

Beschluss

93

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (15.000,00 € für die Antragstellerin 1.) und 10.000,00 € für den Antragsteller zu 2.), vgl. § 52 GKG und Ziffern 9.8.1 i.V.m. 1.1.3 des Streitwertkatalogs).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten im Zulassungsverfahren selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen vom Landratsamt M. mit Bescheid vom 13. September 2013, in der Begründung ergänzt durch Bescheid vom 19. November 2013, erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Wohnhauses mit Garage auf dem Grundstück FlNr. .../... (nunmehr FlNr. .../...) Gemarkung M. Hierbei wurden auch mehrere Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Schechweg/Steinig“, in Kraft getreten am 24. April 1970, in der Fassung des Änderungs-Bebauungsplans vom 21. Juli 2004, in Kraft getreten am 19. September 2005, erteilt.

Der Kläger ist Eigentümer des östlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks FlNr. ... Gemarkung M., das mit einer - vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege mit Schreiben vom 11. August 2014 an die Stadt M. als Baudenkmal nachqualifizierten - Kleinvilla bebaut ist. Das Grundstück des Klägers liegt zwar im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Schechweg/Steinig“, nicht jedoch im Geltungsbereich des Änderungs-Bebauungsplans.

Der Kläger erhob am 17. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Baugenehmigung. Mit Schriftsatz vom 5. November 2013 ließ er zudem beantragen, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Dieser Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Dezember 2013 abgelehnt (Az. W 4 S 13.1090), die Beschwerde hiergegen wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. April 2014 zurückgewiesen (Az. 9 CS 14.66).

Mit Urteil vom 15. Juli 2014 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass der Kläger weder im Gebot der Rücksichtnahme noch in nachbarschützenden Vorschriften des Denkmalschutzrechts verletzt ist.

Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

1. Der Kläger macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geltend (§ 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Das Verwaltungsgericht stellt darauf ab, dass das Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans „Schechweg/Steinig“ in der Fassung des Änderungs-Bebauungsplans entspricht und die Baugenehmigung einschließlich der erteilten Befreiungen keine drittschützenden Rechte des Klägers verletzt. Der Kläger begründet seine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zunächst damit, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von der Wirksamkeit des Änderungs-Bebauungsplans ausgegangen ist. Dies genügt jedoch nicht, um dem Antrag zum Erfolg zu verhelfen.

Der Kläger übersieht, dass für den Erfolg seines Antrags - unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans - allein die Verletzung nachbarschützender Rechte maßgebend ist (vgl. BayVGH, B. v. 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 23; B. v. 23.12.2014 - 2 ZB 14.1660 - juris Rn. 3 f.). Aus dem Zulassungsvorbringen lässt sich aber nicht entnehmen, welche Folgen die Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Hinblick auf seine nachbarrechtliche Position haben soll. Wäre der Bebauungsplan unwirksam, würde sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „Schechweg/Steinig“, in Kraft getreten am 24. April 1970, richten. Dass die Baugenehmigung einschließlich der erteilten Befreiungen gegen nachbarschützende Festsetzungen dieses Bebauungsplans verstößt, wird nicht dargelegt. Im Falle der gänzlichen Unwirksamkeit sämtlicher Bebauungspläne könnte sich der Kläger ohnehin nur auf das - vom Verwaltungsgericht überprüfte - Gebot der Rücksichtnahme im Rahmen des Nachbarschutzes berufen.

b) Der Kläger macht weiter geltend, das Verwaltungsgericht habe bei Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme bei der Bewertung der Zumutbarkeit im Rahmen der erteilten Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB die Denkmaleigenschaft seines Anwesens nicht beachtet. Ihm stehe aber im Hinblick auf den Umgebungsschutz seines denkmalgeschützten Gebäudes ein mehr an Rücksichtnahme zu. Dies kann dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

Das Verwaltungsgericht ist zum einen davon ausgegangen ist, dass Befreiungen nur von nicht drittschützenden Festsetzungen des Änderungs-Bebauungsplans erteilt worden sind. Dem tritt das Zulassungsvorbringen bereits nicht entgegen. Insoweit hat der Nachbar aber (nur) ein subjektiv-öffentliches Recht auf Würdigung seiner nachbarlichen Interessen nach den Maßstäben des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 - BayVBl 1999, 26 = juris Rn. 5).

Zum anderen hat das Verwaltungsgericht die Denkmaleigenschaft des klägerischen Wohnhauses mit Einfriedung, das zum Zeitpunkt seines Urteils vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege noch nicht nachqualifiziert war, unterstellt. Im Folgenden stellt es in den Urteilsgründen dann bei der Prüfung einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zutreffend darauf ab, dass der Umgebungsschutz des Denkmaleigentümers nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 DSchG eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des benachbarten Anwesens erfordert, weil das Abwehrrecht des Denkmaleigentümers in diesem Rahmen nicht über Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hinausgeht (vgl. BayVGH, B. v. 17.7. 2013 - 14 ZB 12.1153 - juris Rn. 18). Eine solche erhebliche Beeinträchtigung ist aber auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nicht substantiiert dargelegt. Ein allgemeiner Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers lässt sich dem bayerischen Denkmalschutzgesetz nicht entnehmen (BayVGH, U. v. 21.1.2013 - 2 BV 11.1631 - juris Rn. 22).

Soweit sich der Kläger auf eine „Einmauerung“ oder „Erdrückung“ seines Denkmals beruft, wiederholt er im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Eine solche Wirkung ist aber - auch im Hinblick auf die genehmigte Grenzgarage - nicht ersichtlich (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2014 - 9 CS 14.66 - juris Rn. 19). Der Kläger beruft sich im Übrigen darauf, dass sein Denkmal an seiner ortsgeschichtlichen, künstlerischen sowie städtebaulichen Bedeutung verliere und stützt seine Argumentation auf die Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 11. August 2014. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege begründet in dieser Stellungnahme jedoch ausschließlich die Denkmaleigenschaft des klägerischen Wohngebäudes in Form einer Kleinvilla. Aussagen und Bewertungen zu einer möglichen Beeinträchtigung des klägerischen Denkmals durch das Bauvorhaben der Beigeladenen werden dabei weder allgemein noch im Hinblick auf die Schwelle der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung getroffen.

Die ortsgeschichtliche Bedeutung beruht nach der Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 11. August 2014 darauf, dass die Villa zu dem südlich der Altstadt seit Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend mit Villen und Sommerhäusern bestücktem Hanggelände, in deren Folge dieser Bereich immer dichter bebaut wurde, gehört. Hieraus lässt sich allerdings die vom Kläger gezogene Schlussfolgerung, die „Kleinvilla“ sei begriffsmäßig als „freistehendes Haus“ zu verstehen und durch den direkten Anbau der Garage gehe der Charakter des Baudenkmals verloren, nicht ziehen. Denn die Garage grenzt nicht an die Kleinvilla, sondern lediglich an die Einmauerung an der östlichen Grundstücksgrenze an. Zwar mag die Mauer Teil der Denkmaleigenschaft sein, weil sie im Rahmen der Baugeschichte und Baubeschreibung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege als „gewissermaßen in das Haus“ übergehend erwähnt wird, sie wird jedoch weder bei der Beschreibung des Nachtrags in die Denkmalliste noch im Rahmen der Begründung der Denkmaleigenschaft - im Gegensatz zur Villa selbst - herausgestellt, so dass insoweit auch keine erhebliche Beeinträchtigung - insbesondere auch der Kleinvilla selbst - abgeleitet werden kann. Die vom Kläger geltend gemachte erhebliche Beeinträchtigung wird jedenfalls durch diese Stellungnahme nicht gestützt.

Das Zulassungsvorbringen sieht ferner die künstlerische Bedeutung der Villa durch das Bauvorhaben „untergraben“ bzw. „zurückgedrängt“. Nach der Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 11. August 2014 ergibt sich die künstlerische Bedeutung aus der in den reichen Formen des Späthistorismus originell gestalteten und wirksam in die Hanglage eingefügten Architektur. Dass diese künstlerische Bedeutung des klägerischen Denkmals durch das Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück erheblich beeinträchtigt wird, ist für den Senat nicht ersichtlich und lässt sich auch der Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege vom 11. August 2014 nicht entnehmen.

Schließlich begründet die Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 11. August 2014 die „gewisse“ städtebauliche Bedeutung der Villa damit, dass sie „in ihrer Wirksamkeit an der Graubergstraße und auch in der Fernsicht wahrnehmbar“ ist. Der Kläger leitet hieraus ab, dass sein Baudenkmal durch das Bauvorhaben diese städtebauliche Bedeutung verliert, da ihm seine „Wirksamkeit an der Graubergstraße“ abhandenkommt, zudem dieses in der Fernsicht nur mehr eingeschränkt wahrnehmbar ist. Aus westlicher Richtung erlösche die Wirksamkeit an der Graubergstraße wie auch die Wahrnehmbarkeit aus der Nähe und Ferne vollends. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals, wie sie der Kläger schlussfolgert, wird aber insoweit wiederum weder durch die Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 11. August 2014 noch durch die vorgelegten und in den Akten befindlichen Bilder belegt. Insbesondere kann - wie bereits im Rahmen der einmauernden oder erdrückenden Situation ausgeführt - nicht von einem „Zubauen“ der Kleinvilla gesprochen werden. Zwar mag eine neue Bebauung von einem gewissen Standpunkt aus eine Sichtbeeinträchtigung auf das Baudenkmal darstellen, dies allein genügt jedoch nicht, die Schwelle der Erheblichkeit zu überschreiten. Insoweit lässt sich dem Zulassungsvorbringen aber nichts entnehmen, zumal die Hauptfernsicht auf den Hang von Süden her (Graubergstraße) erfolgen dürfte und insoweit - wie auch die vorgelegten Lichtbilder belegen - die Kleinvilla nach wie vor wahrnehmbar ist. Dass das Bauvorhaben der Beigeladenen das denkmalgeschützte Anwesen des Klägers optisch marginalisieren würde, ist weder dargelegt noch ersichtlich (vgl. BayVGH, B. v. 17.7.2013 - 14 ZB 12.1153 - juris Rn. 19).

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind, nach den obigen Ausführungen ohne Weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen klären. Die vom Kläger im Zulassungsvorbringen behaupteten erheblichen Zweifel an der Beeinträchtigung des Baudenkmals des Klägers dem Grad nach, begründen keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, weil der Sachverhalt weder besonders unübersichtlich noch kontrovers ist. Allein die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und den Kläger genügt nicht, die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen.

3. Es liegt auch keine Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Der Kläger beruft sich auf einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO), weil das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung nur bedingt gestellten Beweisantrag des Klägers, der darauf gerichtet war, dass es sich bei dem Wohnhaus und der Einfriedung auf dem klägerischen Grundstück um ein Baudenkmal handelt, in den Urteilsgründen wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt hat. Die Denkmaleigenschaft sei jedoch nicht nur für den Umgebungsschutz maßgebend, sondern auch im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme, das im konkreten Zusammenhang bei der Erteilung der Befreiungen zu beachten war.

Eine Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO und ein Verfahrensmangel liegen nur dann vor, wenn ein Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt worden ist oder sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (vgl. BayVGH, B. v. 2.5.2016 - 9 ZB 13.2048 - juris Rn. 20). Beweise sind jedoch auch nur insoweit zu erheben, als es für die Rechtsansicht des Gerichts hierauf ankommt (vgl. BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30.06 - juris Rn. 2). Dies ist hier nicht der Fall, da zum einen das Verwaltungsgericht die Denkmaleigenschaft unterstellt und im Rahmen des Umgebungsschutzes - wie oben ausgeführt - gleichwohl zutreffend darauf abgestellt hat, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des klägerischen Denkmals vorliegt. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass das Landratsamt Befreiungen ausschließlich von nicht drittschützenden Vorschriften erteilt hat, so dass - wie ebenfalls bereits oben ausgeführt - der Prüfungsmaßstab nicht über das Gebot der Rücksichtnahme hinausgeht und sich auch insoweit für das Verwaltungsgericht kein Anlass zu weiterer Sachaufklärung ergab.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung von einem Sommerhäuschen zu einem imkerlichen Wirtschaftsgebäude auf FlNr. ... der Gemarkung D. Die Beklagte lehnte die Genehmigung hierzu mit Bescheid vom 5. Juni 2014 ab. Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 19. August 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Soweit die Klägerin vorträgt, das Verwaltungsgericht habe einen prüffähigen Bauantrag verneint, ohne einen solchen prüffähigen Bauantrag hätte aber der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 5. April 2014 gar nicht ergehen dürfen und sowohl die Beklagte als auch das Verwaltungsgericht hätten vielmehr auf einen prüffähigen Bauantrag hinwirken müssen, ergeben sich hieraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht weist zwar auf Unstimmigkeiten zwischen den Baueingabeplänen und dem Antrag auf Baugenehmigung hinsichtlich der Beschreibung des Bestandes hin, lässt die Prüffähigkeit des Bauantrags aber ausdrücklich offen (UA S. 7). Die Frage eines prüffähigen Bauantrags war damit nicht entscheidungserheblich.

Die Klägerin kann sich auch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht auf eine Privilegierung des geplanten Bienenhauses mit 12 Bienenstöcken nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB berufen. Danach ist im Außenbereich ein Vorhaben u. a. zulässig, wenn es wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Dieser Auffangtatbestand privilegiert zwar Bienenhäuser, soweit nicht eine berufsmäßige Imkerei und damit eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gegeben ist. Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sind aber auf das Erforderliche zu beschränken, mithin auf bauliche Anlagen, die der unmittelbaren Unterbringung der Bienen dienen, nicht etwa auf Zusatzeinrichtungen oder gar Wohnhäuser (vgl. BayVGH, U. v. 26.1.1998 - 15 B 95.2784 - juris Rn. 24). Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das von der Klägerin beantragte Bienenhaus nicht nur der reinen Unterbringung der Bienenstöcke dient, so dass keine Beschränkung auf das i. S. v. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB Erforderliche besteht. Es hat hierzu auf die Überdimensionierung der baulichen Anlage mit den Grundmaßen von 10,30 m auf 7,11 m und einer Höhe zwischen 2,65 m und 3,45 m abgestellt. Zudem enthält das beantragte Bienenhaus unstreitig Zusatzeinrichtungen, wie ein Abort, ein Innen- und Außenlager sowie einen Schleuderraum und geht auch insoweit über das i. S. v. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB Erforderliche hinaus. Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen.

Eine landwirtschaftliche Betätigung und ein diesbezüglich privilegierter Betrieb liegen bei der von der Klägerin zur Freizeitbeschäftigung geplanten Aufstellung von 12 Bienenvölkern (vgl. Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 1.8.204, Bl. 33 der Verwaltungsgerichtsakte) nicht vor. Das im Zulassungsvorbringen angeführte „Vergleichsurteil“ betrifft einen Nebenerwerbsbetrieb mit 150 bis 200 Wirtschaftsvölkern (vgl. BayVGH, U. v. 4.1.2000 - 1 B 97.2298 - juris Rn. 23) und ist demnach offensichtlich nicht einschlägig.

Der im Urteil des Verwaltungsgerichts festgestellten Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 BauGB des als sonstiges Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB einzustufenden Vorhabens tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen. Der bloße Hinweis, das Grundstück sei von Spazierwegen weit entfernt, ist für die Frage der Wahrung der natürlichen Eigenart der Landschaft und der Verhinderung einer wesensfremden Bebauung im Außenbereich nicht relevant.

Die Klägerin kann sich für ihren geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsänderung auch nicht auf einen vermeintlichen Bestandsschutz der vorhandenen baulichen Anlagen berufen. Unabhängig davon, dass die Genehmigung nur zu erteilen ist, wenn dem geplanten und zur Genehmigung beantragten Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO), stellt allein der Bestandsschutz auch keine Grundlage für einen Zulassungsanspruch dar (vgl. BVerwG, B. v. 22.5.2007 - 4 B 14.07 - juris Rn. 9 m. w. N.; BayVGH, B. v. 11.6.2012 - 9 ZB 09.271 - juris Rn. 12).

2. Die Rechtssache ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Erforderlich ist die Formulierung einer konkreten Tatsachen- oder Rechtsfrage und das Aufzeigen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist, sowie weshalb dieser Frage eine allgemeine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124 Rn. 10 und § 132 Rn. 10). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Abgesehen davon, dass bereits keine konkrete Frage formuliert wird, ist - wie oben ausgeführt - höchstrichterlich geklärt, dass sich aus dem Bestandsschutz keine Grundlage für einen Zulassungsanspruch ergibt (BVerwG, B. v. 22.5.2007 - 4 B 14.07 - juris Rn. 9).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.