Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2018 - 8 ZB 18.178

bei uns veröffentlicht am12.06.2018

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer zusammenhängender Grundstücke in der Innenstadt von M …, auf denen sich ein Büro-, Wohn- und Geschäftshauskomplex befindet und die an drei Seiten von der überörtlich bekannten Geschäftsstraße M …straße sowie den weniger bekannten Straßen H … und F …straße umschlossen werden. Sie möchte letztlich für alle Gebäudeteile die Einnummerierung zur M …straße.

Während die von der M …straße erschlossenen vorderen Gebäudeteile bisher dieser zugeordnet waren (Hausnummern X und Y), hatte die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 16. April 1968 für einen an der F …straße gelegenen Gebäudeteil im Südosten die Zuordnung und Hausnummer „F …straße W“ vergeben. Nach dem Abschluss von Umbau- und baulichen Erweiterungsmaßnahmen verfügte die Beklagte mit drei Bescheiden vom 28. Juni 2017 die Einnummerierungen M …straße X (nordwestliche Geschäftszeile) und F …straße Z (durch südwestliches Treppenhaus erschlossene Gebäudeteile). Die nordöstliche Geschäftszeile erhielt die Hausnummer M …straße Y, ebenso die durch das südöstliche Treppenhaus erschlossenen Gebäudeteile (bisher F …straße W).

Die Klägerin hat Anfechtungsklage gegen die Einnummerierungsbescheide M …straße X (Az. M 2 K 17.3476) und F …straße Z (Az. M 2 K 17.3478) erhoben. Zur Begründung führte sie aus, dass nur ein geringer Teil der Nutzflächen über die Treppenhäuser an der F …straße erschlossen werde. Es bestehe daher kein Anlass, die bisherige Nummerierung und Zuordnung des gesamten Gebäudeteils zur M …straße X zu ändern.

Das Verwaltungsgericht wies beide Klagen mit Urteil vom 28. November 2017 ab. Mit ihren Anträgen auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Soweit sich die Klägerin gegen den Zuteilungsbescheid F …straße Z (Az. M 2 K 17.3478) wendet, wurde das Verfahren – nach Klarstellung des Rechtsschutzziels durch die Klägerbevollmächtigten – abgetrennt und unter dem Aktenzeichnen 8 ZB 17.411 fortgeführt.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen der Klägerseite ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2). Das Darlegungsgebot (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfordert, die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Dies bedarf einer substanziierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2017 – 19 ZB 17.952 – juris Rn. 4; B.v. 1.3.2018 – 8 ZB 17.1486 – juris Rn. 11 m.w.N.).

Gemessen an diesen Anforderungen zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils auf.

1.1 Das klägerische Vorbringen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird den Darlegungserfordernissen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zumindest in weiten Teilen nicht gerecht. Es erschöpft sich weitestgehend in der Wiederholung des Vortrags im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Auf das angegriffene Ersturteil geht die Klägerin nur oberflächlich ein, ohne sich substanziiert mit den Gründen auseinanderzusetzen. Ob der Antrag insofern die Zulässigkeitsanforderungen erfüllt, kann dahinstehen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils jedenfalls nicht vorliegt (vgl. nachfolgend).

1.2 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Zuordnung des vorderen Teils des Gebäudes zur M …straße X die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Es liegt weder eine willkürliche Zuteilung des Anwesens zur M …straße X – auf die sich die Klägerin im Zulassungsantrag bezieht – vor, noch besteht der von Klägerseite geforderte „Bestandsschutz“ in Bezug auf die Beibehaltung der Einnummerierung.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach die Maßstäbe für eine Zuteilung von Hausnummern und die Vergabe von Straßennamen klargestellt. Im Beschluss vom 6. Dezember 2011 wurde dazu ausgeführt (Az.: 8 ZB 11.1676 – BayVBl. 2012, 309 f. = juris Rn. 11, 14):

„Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. BayVGH vom 8.9.1982 BayVBl 1983, 20; vom 15.4.1999 Az. 8 B 95.589 ; vom 5.3.2002 Az. 8 B 01.1164 ), handelt es sich bei der Bezeichnung der Grundstücke einer Gemeinde mit Hausnummern um eine rein ordnungsrechtliche Aufgabe. Sie dient dem Interesse der Allgemeinheit an einer klar erkennbaren Gliederung des Gemeindegebiets und hat Bedeutung für Meldewesen, Polizei, Post, Feuerwehr und Rettungsdienst. Sie verleiht den Eigentümern der Grundstücke keine Befugnisse oder Rechtsstellungen, die sie ohne die Bezeichnung nicht hätten, und begründet auch keine begünstigenden Rechtspositionen. Die Benennung eines Anwesens mit einer Hausnummer gehört nicht zu dem nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentum. Es handelt sich nicht um eine Rechtsstellung, sondern um eine aus einem staatlichen Hoheitsakt fließende tatsächliche Auswirkung, einen Rechtsreflex, der den Eigentümern nur so lange zu wirtschaftlichem Nutzen gereichen kann, wie das Anwesen die Benennung trägt. Die Beibehaltung der Anschrift ist eine Chance, die nicht zum geschützten Besitzstand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs zählt. Auch unter dem Blickwinkel des Namensrechts als Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist die Anschrift nicht geschützt, weil sie nicht zur Identität einer Person oder Firma gehört (zum Ganzen vgl. BayVGH vom 8.9.1982 BayVBl 1983, 20; vom 15.4.1999 Az. 8 B 95.589 ; vom 5.3.2002 Az. 8 B 01.1164 ).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Einnummerierung in eine bestimmte Straße. Es ist ein anerkannter Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts, dass ein Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch nicht für sich besteht, sondern eine materielle Rechtsposition voraussetzt, also eine Norm, die zumindest auch dem Individualinteresse zu dienen bestimmt ist (vgl. BVerwG vom 7.1.1972 BVerwGE 39, 235/237; BayVGH vom 8.9.1982 BayVBl 1983, 20). Wie ausgeführt haben jedoch die Grundstückseigentümer keine Rechtsposition inne, die sie der erstmaligen Zuteilung einer Hausnummer durch die Gemeinde oder aber der Änderung einer Hausnummerierung entgegensetzen können. Die Gemeinde hat die betroffenen Eigentümer vielmehr nur anzuhören und ihre eventuellen Einwendungen und Interessen im Rahmen ihrer Entscheidung zu würdigen (vgl. BayVGH vom 6.8.1998 FStBay 1999 Nr. 97; vom 15.4.1999 Az. 8 B 95.589 ). Anders als bei der Entscheidung über die Vergabe oder Änderung von Straßennamen nach Art. 52 Abs. 1 BayStrWG (vgl. BayVGH vom 19.2.1988 BayVBl 1988, 496/497; vom 16.5.1995 BayVBl 1995, 726; vom 15.4.1999 Az. 8 B 95.589 ) können die Grundstückseigentümer demnach weder bei der erstmaligen Hausnummernzuteilung noch bei der Umnummerierung geltend machen, dass die Gemeinde eine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen hat. Bei der Vergabe der Hausnummern steht der ordnungsrechtliche Gesichtspunkt so stark im Vordergrund, dass die Interessen der Anlieger zurücktreten müssen (vgl. BayVGH vom 5.3.2002 Az. 8 B 01.1164 ). Wesentliche Vorteile oder Nachteile durch die Zuteilung oder Nichtzuteilung einer bestimmten Hausnummer sind auch nicht zu erwarten. Entsprechendes hat für die Änderung bestehender Zuweisungen von Hausnummern zu gelten.“

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht eine willkürliche Einnummerierung zutreffend verneint. Bei der objektivrechtlich ausgerichteten Prüfung des Willkürverbots ist danach zu fragen, ob eine vertretbare Entscheidung vorliegt oder ob „die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit einer Maßnahme im Verhältnis zu der Situation, deren sie Herr werden soll“ gegeben ist (vgl. BVerfG, B.v. 26.2.1985 – 2 BvR 1145/83 – BVerfGE 69, 161/169). Die Klägerin hat im Zulassungsverfahren keine Anhaltspunkte für Willkür dargelegt. Sie räumt vielmehr selbst ein, dass nach den Umbaumaßnahmen ein (wenn auch geringer) Teil der Nutzflächen „über die Treppenhäuser an der F …straße und im Innenhof des Anwesens M …straße X“ erschlossen wird (Schriftsatz vom 14.2.2018, S. 4), der (nur) über die F …straße und nicht über die M …straße erreichbar ist. Dies deckt sich mit den in der Niederschrift über die öffentliche Sitzung am 28. November 2017 enthaltenen Feststellungen (Akte des Verwaltungsgerichts, Sitzungsprotokoll, S. 3). Ob eine Einnummerierung des rückwärtigen Gebäudeteils in die M …straße ebenfalls vertretbar sein könnte, spielt demgegenüber keine Rolle. Eine tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit hat die Klägerin nicht dargelegt. Sie setzt letztlich nur ihre Einschätzung an die Stelle der Beurteilung durch die für die Einteilung zuständige Beklagte. Woraus die Klägerseite – bei Zugrundelegung der Senatsrechtsprechung (vgl. oben) – einen „Bestandsschutz“ mit der „Rechtsfolge“ ableiten will, dass „eine Änderung der Hausnummer nur bei gewichtigsten Gründen“ möglich sei, bleibt unklar.

Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass § 2 Abs. 5 der Satzung über die Benennung der öffentlichen Verkehrsflächen und die Nummerierung der Gebäude und Grundstücke in der L … M … (Straßennamen- und Hausnummernsatzung) vom 19. Juli 1988 (ABl. S. 185) der Beklagten nichtig wäre. Danach besteht kein Anspruch auf Erteilung oder Beibehaltung einer bestimmten Hausnummer. Ein Ausschluss des Rechtsschutzes in Fällen der Willkür, wie von der Klägerin behauptet, kann der Regelung nicht entnommen werden. Vielmehr wird lediglich klargestellt, dass die Satzung keinen Anspruch auf Erteilung oder Beibehaltung einer bestimmten Hausnummer verleiht. Fälle einer tatsächlichen und eindeutigen Unangemessenheit einer Maßnahme werden vom Wortlaut dagegen nicht erfasst. Dies folgt auch aus einer verfassungskonformen Auslegung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Bestimmung, die nicht darauf abzielt, der Verwaltung Befugnisse zu objektiv willkürlichem Verhalten einzuräumen.

1.3 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Klägerin in Bezug auf die hier streitgegenständliche Anfechtung des Bescheids über die Einnummerierung M …straße X schon das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte. Sie begehrt letztlich die Zuteilung zur M …straße X auch für den rückwärtigen Gebäudeteil. Warum hierfür neben der Anfechtung des Bescheids zur Einnummerierung in die F …straße Z (der Gegenstand des Verfahrens 8 ZB 18.411 ist) auch die Anfechtung der Zuteilung des vorderen Gebäudeteils erforderlich sein sollte, erschließt sich nicht. Regelungsgegenstand des hier streitgegenständlichen Verwaltungsakts ist die Beibehaltung des bisherigen Zustands, bezogen auf die erfassten Gebäudeteile. Wie die Klägerin durch eine Aufhebung ihre Rechtsstellung verbessern will, ist nicht ersichtlich.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.).

Das ist nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen oder sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt.

3. Die Klägerin hat schließlich keinen Verfahrensfehler in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher Mangel muss nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen.

3.1 Ein Verstoß gegen § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 278 Abs. 1 ZPO, wonach das Gericht – bei der Ausübung des gerichtlichen Ermessens – in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein soll, wurde nicht dargelegt. Die Klägerin macht nur geltend, das Gericht habe nicht hinreichend auf eine gütliche Einigung hingewirkt. Ein solcher Verfahrensmangel setzt zunächst eine realistische Möglichkeit einer vergleichsweisen Einigung voraus (BayVGH, B.v. 16.12.2014 – 10 ZB 14.1741 – juris Rn. 29 ff.). Daran fehlt es. Die Beklagte hat verdeutlicht, dass sie nicht vergleichsbereit ist und auch nicht war. Im Übrigen stellt auch die Klagerücknahme eine verfahrensbeendigende Parteierklärung dar, die zu einer gütliche Beilegung führt (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 278 Rn. 3). Das Gericht hat durch den Beschluss, nicht vor dem 11. Dezember 2017, 12 Uhr, eine Entscheidung zuzustellen, der Klägerin die Möglichkeit einer solchen Klagerücknahme eröffnet und ist daher seinem Auftrag – unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands – gerecht geworden.

3.2 Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 251 Satz 1 ZPO rügt, fehlt es ebenfalls an dem schlüssigen Vortrag eines Verfahrensfehlers. Das Gericht hat nach § 251 Satz 1 ZPO nur dann das Ruhen anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass diese Voraussetzungen vorlagen. Es fehlte – aufgrund mangelnder Vergleichsbereitschaft der Beklagten (vgl. oben Nr. 3.1) – vielmehr bereits an einem wichtigen Grund. Im Urteil wird insofern nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Ruhensanordnung nicht zweckmäßig gewesen wäre. Darauf geht das Zulassungsvorbringen nicht ein. Zudem lag keine entsprechende prozessuale Erklärung der Beklagten gegenüber dem Gericht vor. Hierfür reicht es nicht aus, dass sich der Klägerbevollmächtigte auf ein Telefonat mit einem Vertreter der Beklagten bezogen hat, das nach den Darlegungen der Beklagten im Zulassungsverfahren einen anderen Inhalt hatte als von Klägerseite dargestellt. Zudem ist die Klägerin auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil zu § 116 Abs. 2 VwGO zu verweisen, mit denen sie sich im Zulassungsverfahren ebenfalls nicht auseinandergesetzt hat.

3.3 Soweit die Klägerin schließlich mit ihrem Vorbringen, die Entscheidung wäre anders ausgefallen, wenn der Termin zur mündlichen Verhandlung verlegt, ihrem Komplementär dadurch die Teilnahme ermöglicht worden wäre und er die Örtlichkeiten hätte näher erläutern können, eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügen wollte, liegt eine solche nicht vor. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu Verfahrensmängeln im Zusammenhang mit der Rüge fehlender Teilnahmemöglichkeit an der Hauptverhandlung ausgeführt (BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 10 ZB 17.2439 – juris Rn. 3):

„Hat ein Rechtsmittelführer wie der Kläger tatsächlich nicht an der mündlichen Verhandlung in erster Instanz teilnehmen können, muss dargelegt werden, dass das Erstgericht einen Terminsverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kommt also nur dann in Betracht, wenn ein erheblicher Grund für eine Verlegung i.S.v. § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO vorgelegen hat und dem Gericht unterbreitet worden ist (BVerwG, B.v. 22.5.2006 – 10 B 9.06 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 11 ZB 17.30041 – juris Rn. 16; B.v. 26.1.2018 – 10 ZB 17.31356 – Rn. 2 m.w.N.). Wird eine Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten, ist ihre Anwesenheit im Termin zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich nicht erforderlich, weil ihre Rechte in dem erforderlichen Umfang durch den Prozessbevollmächtigten wahrgenommen werden können (BVerwG, B.v. 4.8.1998 – 7 B 127.98 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 10 ZB 17.31356 – Rn. 3; Brüning in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 102 Rn. 8.2). Insbesondere verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht, dem Beteiligten neben seinem Rechtsanwalt die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen zu geben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn gewichtige Gründe substantiiert vorgetragen werden, die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen (BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 11 ZB 17.30041 – juris Rn. 18; B.v. 26.1.2018 – 10 ZB 17.31356 – Rn. 3).“

Vorliegend wurde die Klägerin anwaltlich vertreten. Sie hat im Zulassungsverfahren nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht den Terminsverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt hat. Ebenso wenig wurden gewichtige Gründe im oben genannten Sinn dafür vorgebracht, dass eine persönliche Anwesenheit ihres Komplementärs zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich gewesen wäre. Es bleibt unklar, welchen Beitrag dieser hätte leisten können. Pauschale Hinweise auf die besonderen Ortskenntnisse genügen insofern nicht. Im Übrigen wurde auch nicht dargelegt, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche für erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Erstgerichts zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung hätten führen können. Daher wurde auch kein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO (vgl. dazu BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 10 ZB 17.2439 – juris Rn. 5 m.w.N.) dargelegt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2014 - 5 LA 92/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Ablehnung der Zulassung der Berufung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. In der Sache geht es um die Versetzung der Beschwerdeführerin, einer Professorin (Besoldungsgruppe C 4), in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

2

1. a) Mit Bescheid der Universität von Oktober 2011 wurde die Beschwerdeführerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt (§ 26 Abs. 1 BeamtStG). Nach einem amtsärztlichen Gutachten von September 2011 leide die Beschwerdeführerin an einer "depressiven Erkrankung mit somatoformen Beschwerden". Sie sei auf absehbare Zeit (länger als sechs Monate) nicht in der Lage, ihren dienstlichen Aufgaben nachzukommen.

3

Zudem beantragte die Universität mit Disziplinarklage von Dezember 2011, die Beschwerdeführerin wegen schwerer Dienstpflichtverletzungen aus dem Dienst zu entfernen, insbesondere weil sie über einen längeren Zeitraum keine Lehre erbracht habe. Nach erfolglosem Beschreiten des Rechtswegs hat die Beschwerdeführerin gegen das rechtskräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2016 eine weitere Verfassungsbeschwerde erhoben.

4

b) Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand gerichtete Klage ab. Zur Begründung stützte es sich tragend auf ein fachpsychiatrisches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen von Januar 2014. Dieser beantwortete - gestützt auf diverse vorhandene Gutachten sowie eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin - die Beweisfrage nach den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin zum relevanten Zeitpunkt (Oktober 2011) abschließend mit der Diagnose "mittelgradige Depression mit Somatisierungsstörung". Im Verlauf des Gutachtens verwendete der Sachverständige allerdings die Begriffe "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung/Beschwerden" in Bezug auf die Beschwerdeführerin wechselnd, obwohl er an einer Stelle ausführt, beide Begriffe alternativ zu verstehen.

5

Die Beschwerdeführerin hatte bereits vor dem Verwaltungsgericht den gutachterlichen Feststellungen widersprochen. Die vom Sachverständigen verwendeten Begrifflichkeiten bezeichneten völlig unterschiedliche Krankheitsbilder; das Gutachten sei daher nicht nachzuvollziehen und widersprüchlich. Einen auf die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag der Beschwerdeführerin lehnte das Verwaltungsgericht ab. Hierzu führte es aus, das Gutachten weise "keine erkennbaren Mängel (mehr) auf" und gehe von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus. Es enthalte "ebenso keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche (mehr)" und gebe "keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters". Zwar sei der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass das Gutachten die Begriffe "somatoforme Beschwerden" und "Somatisierungsstörung" wechselnd verwende und diese verschiedene Erkrankungen beschrieben. Weiter führte das Verwaltungsgericht aus: "Aber [der Sachverständige] hat in der mündlichen Verhandlung […] eingeräumt, dass er jedes Mal, wenn er den Begriff 'Somatisierungsstörung' im Gutachten verwendet hat, eigentlich 'somatoforme Beschwerden' gemeint hat. Es läge lediglich eine Falschbezeichnung vor. Damit ist der inhaltliche Widerspruch aufgelöst".

6

c) Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung wurde durch den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgelehnt.

7

Die Beschwerdeführerin hatte sich in ihrer Antragsbegründung ausführlich insbesondere damit auseinandergesetzt, dass das dem verwaltungsgerichtlichen Urteil zugrunde liegende Sachverständigengutachten die Entscheidung nicht tragen könne. Es entspreche insbesondere nicht dem wissenschaftlichen Standard, beruhe auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen und auf erkennbar fehlender Sachkunde des Gutachters. Namentlich hatte die Beschwerdeführerin zur fehlenden Sachkunde des Sachverständigen ausgeführt, der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung" könne - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Die Beschwerdeführerin hatte unter Verweis auf Fachliteratur ausgeführt, dass mit "somatoformen Beschwerden" körperliche Beschwerden bezeichnet würden, welche nicht direkt durch eine organische Grunderkrankung begründet seien und unter denen - je nach Beurteilungskriterien - zwischen 30 % und 80 % der erwachsenen Bundesbevölkerung gelegentlich litten (Befindlichkeitsstörungen wie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen). Demgegenüber handele es sich bei einer "Somatisierungsstörung" um ein sehr präzise formuliertes Krankheitsbild, dessen Häufigkeit unter 0,1 % der Bevölkerung liege und mit einer Vielzahl von Körperbeschwerden unterschiedlicher Körperregionen einhergehe. Solche Merkmale seien aber bei der Beschwerdeführerin gerade nicht festgestellt worden. Hinzu komme, dass der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung ausweislich des Terminprotokolls erklärt habe, bei der Beschwerdeführerin auch keine depressiven Symptome feststellen zu können, also einen nicht unerheblichen Teil seines Gutachtens widerrufe. Dies sei mit einer Verwechslung von Fachbegriffen nicht mehr zu erklären. Die Ablehnung des von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens begründe daher sowohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als auch einen Verfahrensmangel in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses insbesondere ausgeführt, die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine fehlende Sachkunde des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erkennen.

9

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine in der Überspannung der Anforderungen an die Berufungszulassungsgründe liegende Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.

10

Das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, da das Oberverwaltungsgericht, statt über die Berufungszulassung zu entscheiden, die Entscheidung über die Berufung selbst vorweggenommen habe. Damit werde der Beschwerdeführerin nicht nur die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung und gegebenenfalls weiterer Beweisanträge in einem Berufungsverfahren zur Geltung zu bringen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens genommen.

11

Im Hinblick auf den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) habe sie in der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, dass das Sachverständigengutachten nicht dem wissenschaftlichen Stand entspreche, auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen sowie auf erkennbar fehlender Sachkunde des Sachverständigen beruhe. Diese Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht nicht - wie es der bundesverfassungsgerichtliche Maßstab gebiete - auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft. Vielmehr habe es in zahlreichen Punkten apodiktisch "durchentschieden". Ein näheres Eingehen auf die Argumentation der Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags zum unterschiedlichen Schweregrad der Krankheiten und ihren unterschiedlichen Symptomen und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Dienstfähigkeit der erkrankten Person finde nicht statt, ebenso wenig wie auf das Argument, dass das Gutachten bei konsequenter Ersetzung von "Somatisierungsstörung" durch "somatoforme Beschwerden" partiell jedes Sinnes entbehrte, namentlich in der Passage auf Seite 14 des Gutachtens, in dem die Abgrenzung der beiden Krankheiten vorgenommen werde. Auch ohne eigene Sachkunde hätte dem Oberverwaltungsgericht auffallen müssen, dass mit einer Diagnose "somatoformer Störungen" - der viel leichteren Erkrankung - die Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Dies näher aufzuklären, sei jedoch einem Berufungsverfahren, nicht aber dem Berufungszulassungsverfahren vorbehalten. Nur in einem Berufungsverfahren hätte die Möglichkeit bestanden, gegebenenfalls mithilfe weiterer Sachverständiger aufzuklären, ob die Argumentation der Beschwerdeführerin durchgreife, dass es einer bei ihr festgestellten somatoformen Störung an der notwendigen Nachhaltigkeit mangele, um zu einer - dauerhaften - Dienstunfähigkeit zu kommen.

12

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Niedersachsen hatte Gelegenheit zur Äußerung.

II.

13

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

14

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin unabhängig vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens betreffend die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst beziehungsweise der Aberkennung des Ruhegehalts fort. Durch den möglichen Erfolg hinsichtlich der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit kommt die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel in jedem Fall näher.

15

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes vom 13. Oktober 2005 (NDiszG) wird der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie oder er als aktive Beamtin oder aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG gilt die Entscheidung (über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) als Aberkennung des Ruhegehalts, sofern die Beamtin oder der Beamte in den Ruhestand tritt, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird. Diese Regelungen machen deutlich, dass die Aberkennung des Ruhegehalts das Äquivalent für die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in den Fällen darstellt, in denen sich die Beamtin oder der Beamte bereits im Ruhestand befindet. Ein bereits im Ruhestand befindlicher Beamter wird mithin disziplinarisch nicht verschont; vielmehr droht ihm in diesem Stadium die pekuniäre Disziplinarsanktion der Aberkennung des Ruhegehalts.

16

Würde vorliegend die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit nach Zulassung und Durchführung der Berufung aufgehoben werden, wäre die Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und nicht die - auf eine vormalige Zurruhesetzung aufsetzende - Aberkennung des Ruhegehalts; dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG. Damit wäre die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel auf Erhaltung ihrer vormaligen rechtlichen Situation näher als ohne verfassungsgerichtliche Aufhebung der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, und zwar selbst dann, wenn die gegen die disziplinarische Höchstmaßnahme gerichtete Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleibt. Zwar müsste die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren Erfolg haben, um ihren aktiven Status wiederzuerlangen. Aber selbst wenn die Verfassungsbeschwerde gegen die Disziplinarentscheidung ohne Erfolg bliebe, könnte sie finanzielle Vorteile möglicherweise daraus ziehen, dass sie erst mit dem Disziplinarberufungsurteil von Mai 2016 und nicht bereits durch die im Oktober 2011 für sofort vollziehbar erklärte Versetzung in den Ruhestand ihren Anspruch auf die Besoldung für aktive Beamte verlöre.

17

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ob darüber hinaus weitere Verletzungen von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.

18

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <118>; BVerfGK 15, 37 <46 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden.

19

Der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist daher immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <140>; 134, 106 <118>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris, Rn. 17). Sie sind nicht erst gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <139 f.>). Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfGE 125, 104 <139>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; BVerfGK 15, 37 <46 f.>; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, S. 385 <388 f.>; kritisch zum "Schlüssigkeitsparadigma" Rudisile, NVwZ 2012, S. 1425 <1426 f.>).

20

b) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht und verkürzt damit den Zugang der Beschwerdeführerin zur Berufungsinstanz in unzumutbarer Weise.

21

Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Begründung des Berufungszulassungsantrags zur fehlenden Sachkunde des Gutachters unter Verweis auf Fachliteratur nachvollziehbar dargelegt, dass der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Beschwerden" im Sachverständigengutachten - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden könne, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Sie hatte schlüssig argumentiert, dass es sich bei der Diagnose "somatoforme Beschwerden" um eine deutlich leichtere Erkrankung handele und dass mit dieser die dauernde Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Damit hatte sie konkrete Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan.

22

Unabhängig von der Frage, ob der Sachverständige angesichts des mäandernden Gebrauchs unterschiedlicher Fachtermini für ein und denselben medizinischen Sachverhalt noch als hinreichend sachkundig einzuschätzen war, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Überprüfung aufdrängen müssen, ob die der Beschwerdeführerin nach mündlicher Korrektur des Gutachtens attestierten "somatoformen Beschwerden" die Annahme einer Dienstunfähigkeit noch zu rechtfertigen vermögen. Anstatt sich mit den von der Beschwerdeführerin diesbezüglich dargelegten Zweifeln an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen, vollzieht das Oberverwaltungsgericht aber lediglich die Begründung des Verwaltungsgerichts nach. Das Verwaltungsgericht war indes selbst von anfänglichen erkennbaren Mängeln und inhaltlichen Widersprüchen des Sachverständigengutachtens ausgegangen. Das Oberverwaltungsgericht geht mit keinem Wort auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Zweifel ein, ob auch die - nach Korrektur des schriftlichen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung durch die erläuternden Äußerungen des Sachverständigen - festgestellte geringere gesundheitliche Beeinträchtigung noch die Annahme der Dienstunfähigkeit rechtfertigen könne. Indem es stattdessen die mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellte erhebliche Tatsachenfeststellung der vermeintlich eine Dienstunfähigkeit begründenden Diagnose der Beschwerdeführerin aufrechterhält, nimmt es das Ergebnis eines Berufungsverfahrens, in dem zu klären wäre, welche der beiden Diagnosen zutrifft und zugleich die Annahme der Dienstunfähigkeit zu tragen vermag, in verfassungswidriger Weise vorweg.

23

Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da sich das Gericht tragend auf das gerichtliche Sachverständigengutachten gestützt hat.

III.

24

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Zurückverweisung der Sache ins Stadium des Zulassungsverfahrens beruht auf § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG. Ein ausnahmsweise in Betracht kommendes Durchentscheiden des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hinsichtlich einstweiliger Anordnungen BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>; hinsichtlich der Revisionszulassung BVerfGE 99, 216 <245>) ist im vorliegenden Fall nicht bereits deshalb angezeigt, weil das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des dargelegten Entscheidungsmaßstabes keine andere Möglichkeit als die Zulassung der Berufung hat und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insofern nur wiederholen kann. Vielmehr entspricht ein Zurückverweisen in das Stadium des Berufungszulassungsverfahrens nicht nur der grundsätzlichen Funktionsteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Zudem kann die Beschwerdeführerin im Berufungszulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Notwendigkeit der Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 3 bis 5 VwGO ordnungsgemäß belehrt werden.

25

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 9. Dezember 2015 mit der darin u.a. verfügten Ausweisung weiterverfolgt, bleibt ohne Erfolg.

Dahinstehen kann, ob der Kläger mit dem innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist am 12. Mai 2017 eingegangenen, undatierten Schriftsatz seiner Bevollmächtigten, der zur Begründung des Antrags lediglich den Satz ausführt, dass aufgrund des sehr langen Aufenthalts des Klägers, der Tatsache, dass sein Sohn in Deutschland lebe und er im ursprünglichen Heimatland keine Bindungen habe, ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden, seiner Darlegungspflicht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt (1.). Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (2.).

1. Nach Auffassung des Senats bestehen bereits Zweifel, ob der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dem Darlegungserfordernis nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entspricht.

Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Das Gebot der Darlegung im Sinne dieser Vorschrift erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird. Neben der konkreten Benennung eines Zulassungsgrundes bedarf es der näheren Erläuterung, aus welchen Gründen der geltend gemachte Zulassungsgrund vorliegen soll. Erforderlich ist daher in Bezug auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens kann keine Auseinandersetzung mit dem Urteil darstellen und genügt daher diesen Anforderungen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 10 ZB 16.998 – juris; vgl. Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 4/2017, § 124a VwGO, Rn. 62-71, beck-online m.w.N.).

Zwar benennt das Zulassungsvorbringen den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes muss sich aber die Zulassungsantragsbegründung mit dem angefochtenen Urteil konkret und fallbezogen auseinandersetzen. Der pauschale Hinweis auf den langen Aufenthalt des Klägers, seinen in Deutschland lebenden Sohn und die fehlenden Bindungen im Heimatland stellt jedoch keine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung dar, sondern erschöpft sich vielmehr in der bloßen Wiederholung des bereits in erster Instanz knapp gefassten Klagevortrags, der im Urteil vom 16. März 2016 (wie auch schon im angegriffenen Bescheid vom 9.12.2015) hinreichend gewürdigt worden ist. Bloße Wiederholungen des Klagevorbringens ohne Eingehen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung können dem Darlegungserfordernis, einer substantiierten Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der Entscheidung nicht genügen (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2017 – 9 ZB 17.93 – juris Rn. 5). Das Zulassungsvorbringen des Klägers wird den Anforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO somit wohl nicht gerecht.

2. Unbeschadet einer Nichterfüllung der Darlegungsanforderungen liegt der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auch nicht vor. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsverfahren ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Soweit der Kläger mit seinem Hinweis auf den langjährigen Aufenthalt und seinen in der Bundesrepublik lebenden Sohn sinngemäß geltend macht, seine Ausweisung sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unverhältnismäßig und verletze daher Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK, zeigt er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung auf.

Das Verwaltungsgericht ist bei der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Abwägung der gegenläufigen Interessen (§ 53 Abs. 1 und 2 AufenthG) zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das Bleibeinteresse des Klägers überwiegt und die Ausweisung somit nicht unverhältnismäßig ist. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten, insbesondere von Gewaltdelikten ausgegangen, da der Kläger seit seiner Einreise fortlaufend massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Unter Berücksichtigung der nicht erfolgreich therapierten Drogensucht (der Maßregelvollzug ist wegen Rückfallgefährdung / fehlender Aussicht auf Heilung abgebrochen worden), der Schwere der vom Kläger verübten Straftaten (Betrügereien, Diebstahl, Hehlerei und mehrfache Körperverletzungsdelikte), der Rückfallhäufigkeit und des Bewährungsversagens ist von einer weiterhin bestehenden, beachtlichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG auszugehen. Dem Kläger ist auch eine Strafrestaussetzung zur Bewährung nicht gewährt worden; im Rahmen der Strafvollstreckung ist somit davon ausgegangen worden, dass keine reale Chance einer Resozialisierung besteht. Das Verwaltungsgericht hat weder das Gewicht des im Fall des Klägers streitenden (gesetzlich typisierten) besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) noch das Gewicht des besonders schwerwiegenden Bleibeinteresses (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) verkannt, noch bei der umfassenden Gesamtabwägung (§ 53 Abs. 2 AufenthG) besonders schutzwürdige Bleibeinteressen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK nicht beachtet oder fehlgewichtet. In nicht zu beanstandender Weise hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass eine nach Art. 6 Abs. 1 GG schützenswerte Vater-Kind-Beziehung nicht besteht. Dem tritt das Zulassungsvorbringen mit dem pauschalen Hinweis auf einen in der Bundesrepublik lebenden Sohn nicht substantiiert entgegen. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist anerkannt, dass selbst schwerwiegende Beeinträchtigungen familiärer Beziehungen nicht stets das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung verdrängen. Vielmehr ist anhand der sog. „Boultif-Kriterien“ ein gerechter Ausgleich der gegenläufigen Interessen zu finden (vgl. z.B. EuGH, U.v. 18.10.2006 – Nr. 46410/99 <Üner> juris Rn. 57 ff.) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass Art. 6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt gewährt und allein aufgrund formal-rechtlicher Bindungen ausländerrechtliche Schutzwirkungen nicht entfaltet; vielmehr sei zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für eine gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte (vgl. BVerfG, B.v. 1.12.2008 – 2 BvR 1830/08 – juris). Mit dem pauschalen Hinweis des Klägers auf die Existenz eines Sohnes in der Bundesrepublik werden weder eine gelebte Eltern-Kind-Beziehung noch die sich aus einer Trennung ergebenden Folgen substantiiert aufgezeigt. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass in Anbetracht des bereits in der Vergangenheit bestehenden losen Kontaktes des Klägers zu seinem 10-jährigen Sohn trotz der geäußerten Absicht, den Kontakt künftig zu intensivieren, keine gelebte, schutzwürdige Eltern-Kind-Beziehung besteht. Die Aufrechterhaltung der Beziehung zum Sohn mittels Brief- und Telefonkontakten oder über neue Medien erscheint daher zumutbar.

Entgegen dem Zulassungsvorbringen hat das Verwaltungsgericht den langjährigen Aufenthalt des Klägers, der seit dem Alter von 3 Jahren in der Bundesrepublik lebt, zutreffend gewürdigt. Dahinstehen kann, ob der Kläger insoweit als „faktischer Inländer“ anzusehen ist. „Faktischer Inländer“ ist ein Ausländer, der sich lange im Bundesgebiet aufgehalten und seine wesentliche Prägung und Entwicklung hier erfahren hat (BayVGH, B.v. 13.5.2016 – 10 ZB 15.492 – juris Rn. 21). Jedoch verhindert die Stellung als „faktischer Inländer“ die Ausweisung nicht von vornherein, sondern erfordert lediglich eine Abwägung der besonderen Umstände des Betroffenen und des Allgemeininteresses im jeweiligen Einzelfall (vgl. EGMR, U.v. 13.10.2011 – Nr. 41548/06, Trabelsi – juris Rn. 53; BayVGH, B.v. 1.2.2017, a.a.O., juris Rn. 7; B.v. 26.1.2015 – 10 ZB 13.898 – juris Rn. 37). Diese Abwägung (insbesondere unter Berücksichtigung der vom Kläger ausgehenden massiven Sicherheitsgefahren und des Maßes der wirtschaftlichen und sozialen Integration des Klägers) hat das Verwaltungsgericht fehlerfrei vorgenommen. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Vermittlung der Kultur des Heimatlandes durch seine Eltern eine Reintegration des Klägers in das Heimatland für zumutbar erachtet hat. Mit dem pauschalen Vorbringen, im Heimatland bestünden keinerlei Bindungen, vermag der Kläger dem nicht mit Erfolg entgegen zu treten.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Herrmann König Dr. Wendelin

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen wasserrechtliche Anordnungen zur Sanierung einer Fahrsiloanlage.

Der Kläger betreibt auf dem Grundstück FlNr. 3225/0 der Gemarkung T … eine Fahrsiloanlage, die in zwei Auffangbehälter für Silagesickersaft entwässert. Die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft beim Landratsamt R … stellte bei einer Ortseinsicht am 4. September 2013 u.a. fest, dass Silagesickersaft aus einem Auffangbehälter zur Versickerung auf unbefestigtes Erdreich geleitet wurde sowie infolge eines Rückstaus zum nicht bei 2/3-Füllung geleerten Auffangbehälter entlang der Erschließungs Straße im unbefestigten Erdreich versickerte und dass Fugen und Bodenplatten von „Silo 3“ und „Silo 4“ undicht waren bzw. Risse aufwiesen.

Mit Bescheid vom 17. September 2013 ordnete das Landratsamt diverse Maßnahmen zur Instandsetzung und zum Betrieb der Fahrsiloanlage an.

Mit Urteil vom 24. Januar 2017 hat das Verwaltungsgericht München die gegen den Bescheid vom 17. September 2013 gerichtete Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Der vom Kläger sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels wegen eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, § 86 Abs. 1 VwGO) wurde nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt nicht vor (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Der Kläger sieht einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO darin, dass das Verwaltungsgericht kein Sachverständigengutachten eingeholt hat zu den Fragen, ob der austretende Silagesickersaft wassergefährdend ist sowie ob von der Fahrsiloanlage im Hinblick auf wasserundurchlässige Bodenschichten und fehlendes Grundwasservorkommen überhaupt eine Gewässergefährdung ausgehen kann. Damit kann er nicht durchdringen.

Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO erfordert u.a. die Darlegung, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 25.1.2005 – 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447 = juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 8 ZB 15.1005 – juris Rn. 10).

Der Kläger hat nicht aufgezeigt, inwiefern er auf die vermisste Aufklärung hingewirkt hätte. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse Beteiligter, insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – NVwZ-RR 2007, 285 = juris Rn. 2). Der Kläger hat ausweislich der Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts (S. 52 ff. der VG-Akte) zu den gerügten Aufklärungsdefiziten keinen Beweisantrag gestellt. Ein solcher wäre jedoch erforderlich gewesen.

Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb sich dem Erstgericht auf Grundlage seiner Rechtsauffassung ohne förmlichen Beweisantrag eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 6.9.2017 – 2 B 2.17 – juris Rn. 14 f.). Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass es im Rahmen des Besorgnisgrundsatzes (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG) bzw. der privilegierenden Regelung für sog. JGS-Anlagen nach § 62 Abs. 2 Satz 3 WHG („bestmöglicher Schutz“) ausreicht, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gewässerverunreinigung vorliegen. Solche tatsächliche Anhaltspunkte durfte es ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen aufgrund der Undichtigkeit der Fahrsiloanlage und der ausgetretenen Silagesickersäfte als gegeben angesehen. Auch zu den Fragen der (Un-)Durchlässigkeit der Bodenschichten und des Vorhandenseins eines (geringfügig ergiebigen) Grundwasservorkommens war das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die plausible fachbehördliche Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts (S. 37 f. der Behördenakte Band II) nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es ist im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. B.v. 9.5.2017 – 22 ZB 17.152 – juris Rn. 10; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11) davon ausgegangen, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) eine besondere Bedeutung zukommt. Nachdem solche fachbehördlichen Auskünfte auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen privater Fachinstitute; für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen wasserwirtschaftlicher Art von Prozessbeteiligten gilt dies erst recht. Die Notwendigkeit einer Abweichung und Beweiserhebung durch das Gericht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) ist daher erst dann geboten, wenn sich dem Gericht der Eindruck aufdrängt, dass die gutachterliche Äußerung des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist (BayVGH, B.v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – BayVBl 2016, 677 = juris Rn. 36; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.

2. Weitere Zulassungsgründe hat der Kläger – auch der Sache nach, d.h. ohne Benennung eines Berufungszulassungsgrundes (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 25) – nicht dargelegt. Aus dem Zulassungsvorbringen lassen sich andere Zulassungsgründe als § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO auch nicht im Wege sachgerechter Auslegung entnehmen. Bloße Wiederholungen des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung genügen dem Darlegungserfordernis nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht (BayVGH, B.v. 10.7.2017 – 19 ZB 17.952 – juris Rn. 4; B.v. 14.3.2017 – 9 ZB 17.93 – juris Rn. 5). Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten das Ersturteil in Frage zu stellen (BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 12). Das Gebot der Darlegung im Sinne dieser Vorschrift erfordert vielmehr eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (BayVGH, B.v. 13.8.2015 – 20 ZB 15.19 – juris Rn. 3; vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 56).

Das Zulassungsvorbringen des Klägers wird diesen Darlegungsanforderungen insbesondere auch hinsichtlich des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht gerecht. Die Zulassungsbegründung nimmt weitestgehend auf das erstinstanzliche Klagevorbringen Bezug, ohne sich mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen. Auf die Begründung des Ersturteils geht sie nur in einer Textpassage ein, wobei dort ausschließlich ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht gerügt wird, ohne dass rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9).

3. Unbeschadet der Nichterfüllung der Darlegungsanforderungen ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der angegriffene Bescheid, der sich durch die irreversible Durchführung der angeordneten Maßnahmen durch den Kläger erledigt hat (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2017 – 8 ZB 16.475 – juris Rn. 15; U.v. 15.3.1999 – 22 B 95.2164 – BayVBl. 2000, 149 = juris Rn. 38), erweist sich als rechtmäßig. Die Anordnungen waren im Einzelfall notwendig, um der Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers zu begegnen (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG, Art. 58 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayWG i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 1 und 3 WHG sowie § 1 Satz 3, § 4 Abs. 1 Satz 2 VAwS und Nr. 1.2, 5.4 des Anhangs 5 zur VAwS). Einer Einstufung der Silagesickersäfte entsprechend ihrer Gefährlichkeit bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers mangels Anwendbarkeit des § 6 VAwS auf JGS-Anlagen (vgl. § 1 Satz 3 VAwS) nicht (vgl. inzwischen § 3 Abs. 2 Nr. 4 AwSV vom 18.4.2017, BGBl. I S. 905). Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass aufgrund der festgestellten Risse und Undichtigkeiten an der Fahrsiloanlage konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Verursachung einer Gewässerverunreinigung vorlagen (vgl. BayVGH, B.v. 3.9.2014 – 8 CS 13.2535 – NVwZ-RR 2015, 20 = juris Rn. 17). Dabei hat es sich rechtsfehlerfrei darauf gestützt, dass nach der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts (vgl. S. 37 f. der Behördenakte Band II) im Bereich des Standorts der Fahrsiloanlage ein gering ergiebiges oberflächennahes Grundwasservorkommen zu erwarten ist. Diese fachbehördliche Einschätzung (vgl. hierzu bereits unter 1.) hat der Kläger nicht substanziiert infrage gestellt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO)

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf den Lauf der im § 233 bezeichneten Fristen keinen Einfluss.

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige, zuletzt wohnhaft in C …, und begehren die Anerkennung als Asylberechtigte, hilfsweise Zuerkennung von Flüchtlings- oder subsidiärem Schutz oder die Feststellung von Abschiebungshindernissen.

Die Kläger reisten am 1. Juli 2014 mit ab 30. Juni 2014 gültigen spanischen Schengen-Visa auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 3. September 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) Asylanträge.

Bei der Anhörung durch das Bundesamt am 12. Juli 2016 gaben die Kläger an, die Familie werde durch höhergestellte Personen bedroht. Der Kläger zu 1 sei im März 2014 gezwungen worden, seinen Bus für die Streitkräfte zur Verfügung zu stellen. Daraufhin habe er Probleme mit den prorussischen Organisationen bekommen. Deshalb sei er abgehauen und gelte nunmehr als fahnenflüchtig. Zu Zeiten Janukowitschs habe er bei der Firma E … gearbeitet. Nach der Entmachtung Janukowitschs seien führende Persönlichkeiten dieser Firma verhaftet worden. Er habe schon im Dezember 2013 gekündigt. Ab da hätten die Schikanen begonnen. Es seien mehrmals maskierte Männer zur Wohnung der Kläger gekommen, die erzwingen wollten, dass die Kläger ihre Eigentumswohnung für Rechtsradikale zur Verfügung stellten. Am 27. April 2014 sei die Klägerin zu 3 alleine zu Hause gewesen, als die Männer gegen die Tür geschlagen hätten‚ und habe aufgrund der Vorfälle einen längeren Zeitraum nicht mehr gesprochen. Am 8. Juni 2014 sei die Familie gezwungen worden, die Wohnung zu verlassen. Die Männer hätten der Klägerin zu 2 auf den Kopf geschlagen, bis diese geblutet habe. Die Haustüre sei von den Nachbarn mit deutschen und jüdischen Hassparolen beschmiert worden und der Mercedes Sprinter des Klägers zu 1 sei am 25. oder 26. Mai 2014 in Brand gesetzt worden, während er sich darin befunden habe. Sie befürchteten, von ihren Nachbarn umgebracht zu werden. Sie hätten einen offiziellen Aufruf erhalten, sich als prorussiche Patrioten zu bekennen und die russische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Sie erhielten sogar in Deutschland Drohbriefe. Sie hätten keine Verwandten in der Ukraine, zu denen sie ziehen könnten. Fast die ganze Familie lebe in Deutschland.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2016 erkannte das Bundesamt die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zu, lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Zugleich wurde die Abschiebung in die Ukraine angedroht und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Selbst bei Wahrunterstellung der geschilderten Verfolgungsmaßnahmen erwachse daraus kein Anspruch auf Flüchtlingsschutz, da die Kläger in andere Landesteile der Ukraine zurückkehren könnten.

Am 3. November 2016 erhoben die Kläger gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2016 Klage. Mit Schreiben vom 7. November 2016 wies das Verwaltungsgericht die Kläger darauf hin, dass nach § 74 Abs. 2 AsylG die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung angegeben werden müssen und verspätet vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel zurückgewiesen werden können. Mit Schreiben vom 15. November 2016 hat das Verwaltungsgericht die Kläger zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 geladen und für die Angabe weiterer Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung die Klagepartei sich beschwert fühle sowie weiterer Beweismittel, eine Frist bis 30. November 2016 gesetzt. Mit Schriftsatz vom 23. November 2016 begründeten die Kläger ihre Klage und bezogen sich dabei auf die Angaben des Klägers in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt. Sie nannten keine weiteren Tatsachen oder Beweismittel. Mit Beschluss vom 29. November 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ab, da die Rechtssache keine hinreichenden Erfolgsaussichten habe.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 beantragten die Kläger unter Vorlage eines ärztlichen Attests des Klinikums Nürnberg vom 30. November 2016 Terminsverlegung. Aus dem Attest ergibt sich, dass sich die Klägerin zu 2 seit 18. Oktober 2016 wegen einer Risikoschwangerschaft in stationärer Behandlung befinde. Der Entbindungstermin sei der 21. März 2017. Die Patientin dürfe lediglich zur Toilette aufstehen und könne einen Gerichtstermin nicht persönlich wahrnehmen.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Terminsverlegung ab. Die Klägerin zu 2 habe ausreichend Gelegenheit gehabt, ihre Asylgründe umfassen darzulegen und sei seit Beginn des Asylverfahrens anwaltlich vertreten. Sollte es die Klägerin für unerlässlich halten, persönlich vor Gericht zu erscheinen, bedürfe es substantiierter Darlegung der für die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit sprechenden Gründe.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2016 beantragten die Kläger erneut Terminsverlegung. Zur Begründung gaben sie an, die Klägerin zu 2 wolle das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass ihr eine Rückkehr in die Ukraine nicht möglich sei. Sie halte es für unverzichtbar, dass sich das Gericht einen persönlichen Eindruck von ihr verschaffe. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Terminsverlegungsantrag erneut ab. Bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt habe die Klägerin zu 2 deckungsgleich mit dem Kläger zu 1 vorgetragen und trotz der mit der Ladung verbundenen Fristsetzung nach § 87b VwGO mit der Klagebegründung nur das bisherige Vorbringen wiederholt. Auch im Schreiben vom 11. Dezember 2016 finde sich kein Sachvortrag. Es sei damit nicht substantiiert dargelegt, weshalb die Anwesenheit der Klägerin zu 2 im Termin zur mündlichen Verhandlung notwendig sei.

Bei der Gerichtsakte befindet sich ein Aktenvermerk über einen Anruf des Prozessbevollmächtigten bei Gericht vom 12. Dezember 2016. Daraus geht hervor, der Prozessbevollmächtigte habe erwartet, dass dem Verlegungsantrag stattgegeben werde und deshalb einen anderen Termin auf den 13. Dezember 2016 gelegt. Er könne deshalb zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen.

Am 12. Dezember 2016 (Eingang bei Gericht per Telefax um 19:27 Uhr) stellten die Kläger erneut einen Antrag auf Terminsverlegung. Sie führten aus, die Klägerin zu 2 werde im Rahmen der mündlichen Verhandlung umfangreiche Angaben zu den Vorkommnissen mit der Nachbarschaft machen. Dieses Geschehen habe nur sie erlebt. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2016 lehnte das Verwaltungsgericht die Verlegung des Termins erneut ab. Der im Schriftsatz vom 12. Dezember 2016 wiedergegebene Vortrag stamme vom Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2. Die Klägerin zu 2 sei sowohl bei der Anhörung als auch im Klageverfahren nicht gehindert, sondern gehalten gewesen, über den gemeinsamen Vortrag hinausgehend schriftsätzlich vorzutragen.

Zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 ist für die Klagepartei niemand erschienen. Mit Urteil vom 13. Dezember 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes. Sie könnten auch nicht als Asylberechtigte anerkannt werden. Abschiebungshindernisse würden nicht vorliegen.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie machen geltend, ihr rechtliches Gehör sei verletzt worden, da die mündliche Verhandlung nicht verlegt worden sei. Die Klägerin zu 2 habe sich noch in stationärer Behandlung befunden und auch die übrigen Kläger hätten keine Möglichkeit gehabt, den Termin persönlich wahrzunehmen. Die Kläger hätten in der mündlichen Verhandlung die genauen Umstände und zeitlichen Geschehnisse aufklären wollen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Verfahrensmangel in Form einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) nicht hinreichend dargelegt ist.

Die Kläger haben eine Verletzung von Verfahrensrecht im Zusammenhang mit der Durchführung der mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 nicht hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Die ordnungsgemäße Begründung einer Gehörsrüge im Zulassungsverfahren erfordert grundsätzlich Ausführungen dazu, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 74). Mit dem Berufungszulassungsantrag wird zum einen nur der Vortrag vor dem Bundesamt und der Klagebegründung wiederholt. Zum anderen wird entsprechend dem dritten Terminsverlegungsantrag vom 12. Dezember 2016 ausgeführt, die Klägerin zu 2 habe darauf hingewiesen, dass die Hetze und Bedrohungen nebst Beschimpfungen der Nachbarschaft gerade vor ihrer Ausreise ein unerträgliches Maß erreicht hätten und sie wegen der fehlenden Möglichkeit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung diese Geschehnisse nicht im Einzelnen habe vortragen können. Damit bleibt aber der in der mündlichen Verhandlung tatsächlich beabsichtigte, über das bisherige Vorbringen hinausgehende Vortrag weiterhin im Ungewissen und das Berufungsgericht ist somit nicht in der Lage zu überprüfen, ob das Urteil den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Hinsichtlich des Klägers zu 1 und der Klägerin zu 3 ist auch nicht ersichtlich, weshalb diese an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen konnten. Verhinderungsgründe wurden für sie nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Die Behauptung, es habe keine realistische Möglichkeit zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gegeben, ist nicht nachvollziehbar.

Hat ein Rechtsmittelführer tatsächlich nicht an der mündlichen Verhandlung in erster Instanz teilnehmen können - so wie es die Klägerin zu 2 aufgrund ihrer Erkrankung geltend macht -‚ muss auch dargelegt werden‚ dass das Erstgericht einen Terminsverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kommt nur dann in Betracht, wenn ein erheblicher Grund für eine Verlegung i.S.v. § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO vorliegt und dem Gericht unterbreitet worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2006 - 10 B 9/06 - NJW 2006, 2648 = juris Rn. 9). Hier ist demgegenüber nicht substantiiert vorgetragen‚ dass der Antrag auf Terminsverlegung vom Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben abgelehnt worden wäre.

Die Möglichkeit der Teilnahme eines am verwaltungsgerichtlichen Verfahren Beteiligten an der mündlichen Verhandlung trägt dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs Rechnung. Hat der Beteiligte einen Prozessbevollmächtigten‚ der ihn im Termin vertreten kann‚ ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör regelmäßig genügt‚ wenn dieser an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann (vgl. Geiger in Eyermann‚ VwGO‚ § 102 Rn. 6). Insbesondere verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht‚ dem Beteiligten neben seinem Anwalt die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen zu geben (Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig‚ GG‚ Stand September 2016‚ Art. 103 Abs. 1 Rn. 109). Gründe, aus denen der Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht an der mündlichen Verhandlung hätte teilnehmen können, wurden weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Dass der Bevollmächtigte anscheinend ohne die Entscheidung über den Verlegungsantrag abzuwarten, einen anderen Termin auf den 13. Dezember 2016 gelegt und diesen dann wahrgenommen hat, kann ihn nicht entschuldigen.

Etwas anderes gilt nur dann‚ wenn gewichtige Gründe substantiiert vorgetragen werden‚ die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1982 - 9 C 1/81 - DÖV 1983, 247 = juris Rn. 12). Die Klägerin zu 2 hat es aber vorliegend versäumt‚ die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens zu beantragen und dabei dem Verwaltungsgericht die für die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung sprechenden Gründe substantiiert darzulegen (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 12; BayVGH‚ B.v. 25.11.2015 - 15 ZB 15.30229 - juris Rn. 3 m.w.N.), obwohl sie mehrfach auf die Erforderlichkeit einer solchen Darlegung hingewiesen worden ist. Selbst mit dem dritten Terminsverlegungsantrag vom 12. Dezember 2016 hat sie nur vage Ausführungen dazu gemacht, dass sie umfangreiche Angaben über die Vorkommnisse mit der Nachbarschaft machen wolle. Um welche Art von Angaben und Vorkommnisse es sich genau handelt, hat sie - auch im Zulassungsverfahren - nicht weiter ausgeführt. Die seit Beginn des Asylverfahrens anwaltlich vertretenen Kläger hatten aber hinreichend Gelegenheit, ihre Asylgründe umfassend darzulegen und gegebenenfalls zu ergänzen. Es gehört zu ihren Obliegenheiten, den Sachverhalt vollständig mitzuteilen, aus dem sie für sich günstige Rechtsfolgen ableiten wollen (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1982 a.a.O. Rn. 11). Die Ablehnung des Verlegungsantrags durch das Verwaltungsgericht ist daher nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels, nämlich die Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), nicht vorliegt.

a) Hat ein Rechtsmittelführer tatsächlich nicht an der mündlichen Verhandlung in erster Instanz teilnehmen können – so wie es der Kläger wegen seiner Erkrankung geltend macht –, muss dargelegt werden, dass das Erstgericht einen Terminsverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kommt nur dann in Betracht, wenn ein erheblicher Grund für eine Verlegung i.S.v. § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO vorgelegen hat und dem Gericht unterbreitet worden ist (BVerwG, B.v. 22.5.2006 – 10 B 9/06 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 11 ZB 17.30041 – juris Rn. 16).

Die Möglichkeit der Teilnahme eines Beteiligten an der mündlichen Verhandlung trägt dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs Rechnung. Hat der Beteiligte einen Prozessbevollmächtigten, der ihn im Termin vertreten kann, ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör regelmäßig genügt, wenn dieser an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann (BVerwG, B.v. 4.8.1998 – 7 B 127/98 – juris Rn. 2; Brüning in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 102 Rn. 8.2). Insbesondere verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht, dem Beteiligten neben seinem Rechtsanwalt die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen zu geben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn gewichtige Gründe substantiiert vorgetragen werden, die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen (BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 11 ZB 17.30041 – juris Rn. 18).

Eine Verschiebung oder Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung ist nur dann erforderlich, wenn der Beteiligte alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche getan hat, um sich durch Wahrnehmung des Verhandlungstermins rechtliches Gehör zu verschaffen, hieran jedoch ohne Verschulden gehindert worden ist (BVerwG, U.v. 29.9.1994 – 3 C 28/92 – juris Rn. 48 m.w.N.; Brüning in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 102 Rn. 9).

b) Im vorliegenden Fall hat der Kläger bereits nicht alles dafür getan, um sich in der mündlichen Verhandlung rechtliches Gehör zu verschaffen.

Nach seinen Angaben hat sich der Kläger am Vormittag des Tages, an dem die mündliche Verhandlung (um 12.00 Uhr) terminiert war, in seiner Unterkunft zum Arzt begeben, weil er erkrankt gewesen sei. Nach langer Wartezeit habe ihm der Arzt mitgeteilt, dass er nicht so krank sei, dass er nicht an dem Termin teilnehmen könne, und habe ihm kein Attest gegeben. Inzwischen sei es jedoch so spät gewesen, dass er nicht mehr rechtzeitig von seiner Unterkunft zum Gericht habe kommen können.

Für diesen Vortrag des Klägers gibt es keinerlei Belege. Auch wenn er selbst vorträgt, der Arzt habe ihm kein Attest über eine Verhandlungsunfähigkeit ausstellen wollen, so ist nicht ersichtlich, weshalb er nicht wenigstens eine Bescheinigung über seine Vorsprache in der Praxis und deren Dauer erhalten konnte. Zweifel an seiner Darstellung ergeben sich aus dem Vorbringen, er habe auch kein Geld für ein Busticket zum Verwaltungsgericht gehabt; dies lässt den Schluss zu, dass sich offensichtlich weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter rechtzeitig um eine zeitgerechte Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln gekümmert haben. Wenn vorgetragen wurde, dass beabsichtigt gewesen sei, dass der Bevollmächtigte den Kläger abholen wollte, entlastet ihn das nicht, denn offensichtlich befand sich der Bevollmächtigte um 11.41 Uhr, als er per Telefax die Verlegung des Termins beantragte, immer noch in seiner – beträchtlich entfernten – Kanzlei.

Ebenso ist nicht vorgetragen oder erkennbar, weshalb der Kläger sich erst (laut Vermerk der Geschäftsstelle des Gerichts) um 10.50 Uhr beim Gericht gemeldet hat und nicht bereits unverzüglich, nachdem er sich entschlossen hatte, den Arzt aufzusuchen.

Ebenso ist nicht verständlich, warum der Bevollmächtigte des Klägers nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, obwohl für ihn selbst keine Verhinderung behauptet oder ersichtlich war und ist. Der Bevollmächtigte hätte dabei schließlich auch darauf hinwirken könne, die mündliche Verhandlung solange zu unterbrechen, bis es dem Kläger gelungen wäre, zu dem Termin zu erscheinen – nach den Zeitangaben im Antrag auf Zulassung der Berufung wäre es insoweit um eine Verspätung von ca. 45 Minuten gegangen. Letztlich hat der Bevollmächtigte des Klägers durch sein Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung seine Möglichkeit, rechtliches Gehör finden, selbst vereitelt.

Es trifft auch nicht zu, dass über den Antrag auf Terminsverlegung nicht formgerecht entschieden worden sei. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der Einzelrichter den Antrag auf Terminsverlegung abgelehnt, da weder der Kläger noch der Bevollmächtigte durch Vorlage „auch nur irgendwelcher Atteste“ glaubhaft dargelegt habe, dass der Kläger verhandlungsunfähig sei. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann der Vorsitzende oder der Einzelrichter über die Aufhebung oder Verlegung des Termins – wie hier geschehen – durch prozessleitende Verfügung entscheiden (Brüning in Posser/ Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 102 Rn. 6; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 146 Rn. 10). Um einen Vertagungsantrag, auf den sich die Begründung des Zulassungsantrags bezieht, ging es hier nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige, zuletzt wohnhaft in C …, und begehren die Anerkennung als Asylberechtigte, hilfsweise Zuerkennung von Flüchtlings- oder subsidiärem Schutz oder die Feststellung von Abschiebungshindernissen.

Die Kläger reisten am 1. Juli 2014 mit ab 30. Juni 2014 gültigen spanischen Schengen-Visa auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 3. September 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) Asylanträge.

Bei der Anhörung durch das Bundesamt am 12. Juli 2016 gaben die Kläger an, die Familie werde durch höhergestellte Personen bedroht. Der Kläger zu 1 sei im März 2014 gezwungen worden, seinen Bus für die Streitkräfte zur Verfügung zu stellen. Daraufhin habe er Probleme mit den prorussischen Organisationen bekommen. Deshalb sei er abgehauen und gelte nunmehr als fahnenflüchtig. Zu Zeiten Janukowitschs habe er bei der Firma E … gearbeitet. Nach der Entmachtung Janukowitschs seien führende Persönlichkeiten dieser Firma verhaftet worden. Er habe schon im Dezember 2013 gekündigt. Ab da hätten die Schikanen begonnen. Es seien mehrmals maskierte Männer zur Wohnung der Kläger gekommen, die erzwingen wollten, dass die Kläger ihre Eigentumswohnung für Rechtsradikale zur Verfügung stellten. Am 27. April 2014 sei die Klägerin zu 3 alleine zu Hause gewesen, als die Männer gegen die Tür geschlagen hätten‚ und habe aufgrund der Vorfälle einen längeren Zeitraum nicht mehr gesprochen. Am 8. Juni 2014 sei die Familie gezwungen worden, die Wohnung zu verlassen. Die Männer hätten der Klägerin zu 2 auf den Kopf geschlagen, bis diese geblutet habe. Die Haustüre sei von den Nachbarn mit deutschen und jüdischen Hassparolen beschmiert worden und der Mercedes Sprinter des Klägers zu 1 sei am 25. oder 26. Mai 2014 in Brand gesetzt worden, während er sich darin befunden habe. Sie befürchteten, von ihren Nachbarn umgebracht zu werden. Sie hätten einen offiziellen Aufruf erhalten, sich als prorussiche Patrioten zu bekennen und die russische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Sie erhielten sogar in Deutschland Drohbriefe. Sie hätten keine Verwandten in der Ukraine, zu denen sie ziehen könnten. Fast die ganze Familie lebe in Deutschland.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2016 erkannte das Bundesamt die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zu, lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Zugleich wurde die Abschiebung in die Ukraine angedroht und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Selbst bei Wahrunterstellung der geschilderten Verfolgungsmaßnahmen erwachse daraus kein Anspruch auf Flüchtlingsschutz, da die Kläger in andere Landesteile der Ukraine zurückkehren könnten.

Am 3. November 2016 erhoben die Kläger gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2016 Klage. Mit Schreiben vom 7. November 2016 wies das Verwaltungsgericht die Kläger darauf hin, dass nach § 74 Abs. 2 AsylG die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung angegeben werden müssen und verspätet vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel zurückgewiesen werden können. Mit Schreiben vom 15. November 2016 hat das Verwaltungsgericht die Kläger zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 geladen und für die Angabe weiterer Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung die Klagepartei sich beschwert fühle sowie weiterer Beweismittel, eine Frist bis 30. November 2016 gesetzt. Mit Schriftsatz vom 23. November 2016 begründeten die Kläger ihre Klage und bezogen sich dabei auf die Angaben des Klägers in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt. Sie nannten keine weiteren Tatsachen oder Beweismittel. Mit Beschluss vom 29. November 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ab, da die Rechtssache keine hinreichenden Erfolgsaussichten habe.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 beantragten die Kläger unter Vorlage eines ärztlichen Attests des Klinikums Nürnberg vom 30. November 2016 Terminsverlegung. Aus dem Attest ergibt sich, dass sich die Klägerin zu 2 seit 18. Oktober 2016 wegen einer Risikoschwangerschaft in stationärer Behandlung befinde. Der Entbindungstermin sei der 21. März 2017. Die Patientin dürfe lediglich zur Toilette aufstehen und könne einen Gerichtstermin nicht persönlich wahrnehmen.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Terminsverlegung ab. Die Klägerin zu 2 habe ausreichend Gelegenheit gehabt, ihre Asylgründe umfassen darzulegen und sei seit Beginn des Asylverfahrens anwaltlich vertreten. Sollte es die Klägerin für unerlässlich halten, persönlich vor Gericht zu erscheinen, bedürfe es substantiierter Darlegung der für die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit sprechenden Gründe.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2016 beantragten die Kläger erneut Terminsverlegung. Zur Begründung gaben sie an, die Klägerin zu 2 wolle das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass ihr eine Rückkehr in die Ukraine nicht möglich sei. Sie halte es für unverzichtbar, dass sich das Gericht einen persönlichen Eindruck von ihr verschaffe. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Terminsverlegungsantrag erneut ab. Bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt habe die Klägerin zu 2 deckungsgleich mit dem Kläger zu 1 vorgetragen und trotz der mit der Ladung verbundenen Fristsetzung nach § 87b VwGO mit der Klagebegründung nur das bisherige Vorbringen wiederholt. Auch im Schreiben vom 11. Dezember 2016 finde sich kein Sachvortrag. Es sei damit nicht substantiiert dargelegt, weshalb die Anwesenheit der Klägerin zu 2 im Termin zur mündlichen Verhandlung notwendig sei.

Bei der Gerichtsakte befindet sich ein Aktenvermerk über einen Anruf des Prozessbevollmächtigten bei Gericht vom 12. Dezember 2016. Daraus geht hervor, der Prozessbevollmächtigte habe erwartet, dass dem Verlegungsantrag stattgegeben werde und deshalb einen anderen Termin auf den 13. Dezember 2016 gelegt. Er könne deshalb zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen.

Am 12. Dezember 2016 (Eingang bei Gericht per Telefax um 19:27 Uhr) stellten die Kläger erneut einen Antrag auf Terminsverlegung. Sie führten aus, die Klägerin zu 2 werde im Rahmen der mündlichen Verhandlung umfangreiche Angaben zu den Vorkommnissen mit der Nachbarschaft machen. Dieses Geschehen habe nur sie erlebt. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2016 lehnte das Verwaltungsgericht die Verlegung des Termins erneut ab. Der im Schriftsatz vom 12. Dezember 2016 wiedergegebene Vortrag stamme vom Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2. Die Klägerin zu 2 sei sowohl bei der Anhörung als auch im Klageverfahren nicht gehindert, sondern gehalten gewesen, über den gemeinsamen Vortrag hinausgehend schriftsätzlich vorzutragen.

Zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 ist für die Klagepartei niemand erschienen. Mit Urteil vom 13. Dezember 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes. Sie könnten auch nicht als Asylberechtigte anerkannt werden. Abschiebungshindernisse würden nicht vorliegen.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie machen geltend, ihr rechtliches Gehör sei verletzt worden, da die mündliche Verhandlung nicht verlegt worden sei. Die Klägerin zu 2 habe sich noch in stationärer Behandlung befunden und auch die übrigen Kläger hätten keine Möglichkeit gehabt, den Termin persönlich wahrzunehmen. Die Kläger hätten in der mündlichen Verhandlung die genauen Umstände und zeitlichen Geschehnisse aufklären wollen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Verfahrensmangel in Form einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) nicht hinreichend dargelegt ist.

Die Kläger haben eine Verletzung von Verfahrensrecht im Zusammenhang mit der Durchführung der mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 nicht hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Die ordnungsgemäße Begründung einer Gehörsrüge im Zulassungsverfahren erfordert grundsätzlich Ausführungen dazu, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 74). Mit dem Berufungszulassungsantrag wird zum einen nur der Vortrag vor dem Bundesamt und der Klagebegründung wiederholt. Zum anderen wird entsprechend dem dritten Terminsverlegungsantrag vom 12. Dezember 2016 ausgeführt, die Klägerin zu 2 habe darauf hingewiesen, dass die Hetze und Bedrohungen nebst Beschimpfungen der Nachbarschaft gerade vor ihrer Ausreise ein unerträgliches Maß erreicht hätten und sie wegen der fehlenden Möglichkeit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung diese Geschehnisse nicht im Einzelnen habe vortragen können. Damit bleibt aber der in der mündlichen Verhandlung tatsächlich beabsichtigte, über das bisherige Vorbringen hinausgehende Vortrag weiterhin im Ungewissen und das Berufungsgericht ist somit nicht in der Lage zu überprüfen, ob das Urteil den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Hinsichtlich des Klägers zu 1 und der Klägerin zu 3 ist auch nicht ersichtlich, weshalb diese an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen konnten. Verhinderungsgründe wurden für sie nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Die Behauptung, es habe keine realistische Möglichkeit zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gegeben, ist nicht nachvollziehbar.

Hat ein Rechtsmittelführer tatsächlich nicht an der mündlichen Verhandlung in erster Instanz teilnehmen können - so wie es die Klägerin zu 2 aufgrund ihrer Erkrankung geltend macht -‚ muss auch dargelegt werden‚ dass das Erstgericht einen Terminsverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kommt nur dann in Betracht, wenn ein erheblicher Grund für eine Verlegung i.S.v. § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO vorliegt und dem Gericht unterbreitet worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2006 - 10 B 9/06 - NJW 2006, 2648 = juris Rn. 9). Hier ist demgegenüber nicht substantiiert vorgetragen‚ dass der Antrag auf Terminsverlegung vom Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben abgelehnt worden wäre.

Die Möglichkeit der Teilnahme eines am verwaltungsgerichtlichen Verfahren Beteiligten an der mündlichen Verhandlung trägt dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs Rechnung. Hat der Beteiligte einen Prozessbevollmächtigten‚ der ihn im Termin vertreten kann‚ ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör regelmäßig genügt‚ wenn dieser an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann (vgl. Geiger in Eyermann‚ VwGO‚ § 102 Rn. 6). Insbesondere verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht‚ dem Beteiligten neben seinem Anwalt die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen zu geben (Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig‚ GG‚ Stand September 2016‚ Art. 103 Abs. 1 Rn. 109). Gründe, aus denen der Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht an der mündlichen Verhandlung hätte teilnehmen können, wurden weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Dass der Bevollmächtigte anscheinend ohne die Entscheidung über den Verlegungsantrag abzuwarten, einen anderen Termin auf den 13. Dezember 2016 gelegt und diesen dann wahrgenommen hat, kann ihn nicht entschuldigen.

Etwas anderes gilt nur dann‚ wenn gewichtige Gründe substantiiert vorgetragen werden‚ die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1982 - 9 C 1/81 - DÖV 1983, 247 = juris Rn. 12). Die Klägerin zu 2 hat es aber vorliegend versäumt‚ die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens zu beantragen und dabei dem Verwaltungsgericht die für die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung sprechenden Gründe substantiiert darzulegen (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 12; BayVGH‚ B.v. 25.11.2015 - 15 ZB 15.30229 - juris Rn. 3 m.w.N.), obwohl sie mehrfach auf die Erforderlichkeit einer solchen Darlegung hingewiesen worden ist. Selbst mit dem dritten Terminsverlegungsantrag vom 12. Dezember 2016 hat sie nur vage Ausführungen dazu gemacht, dass sie umfangreiche Angaben über die Vorkommnisse mit der Nachbarschaft machen wolle. Um welche Art von Angaben und Vorkommnisse es sich genau handelt, hat sie - auch im Zulassungsverfahren - nicht weiter ausgeführt. Die seit Beginn des Asylverfahrens anwaltlich vertretenen Kläger hatten aber hinreichend Gelegenheit, ihre Asylgründe umfassend darzulegen und gegebenenfalls zu ergänzen. Es gehört zu ihren Obliegenheiten, den Sachverhalt vollständig mitzuteilen, aus dem sie für sich günstige Rechtsfolgen ableiten wollen (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1982 a.a.O. Rn. 11). Die Ablehnung des Verlegungsantrags durch das Verwaltungsgericht ist daher nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels, nämlich die Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), nicht vorliegt.

a) Hat ein Rechtsmittelführer tatsächlich nicht an der mündlichen Verhandlung in erster Instanz teilnehmen können – so wie es der Kläger wegen seiner Erkrankung geltend macht –, muss dargelegt werden, dass das Erstgericht einen Terminsverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kommt nur dann in Betracht, wenn ein erheblicher Grund für eine Verlegung i.S.v. § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO vorgelegen hat und dem Gericht unterbreitet worden ist (BVerwG, B.v. 22.5.2006 – 10 B 9/06 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 11 ZB 17.30041 – juris Rn. 16).

Die Möglichkeit der Teilnahme eines Beteiligten an der mündlichen Verhandlung trägt dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs Rechnung. Hat der Beteiligte einen Prozessbevollmächtigten, der ihn im Termin vertreten kann, ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör regelmäßig genügt, wenn dieser an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann (BVerwG, B.v. 4.8.1998 – 7 B 127/98 – juris Rn. 2; Brüning in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 102 Rn. 8.2). Insbesondere verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht, dem Beteiligten neben seinem Rechtsanwalt die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen zu geben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn gewichtige Gründe substantiiert vorgetragen werden, die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen (BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 11 ZB 17.30041 – juris Rn. 18).

Eine Verschiebung oder Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung ist nur dann erforderlich, wenn der Beteiligte alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche getan hat, um sich durch Wahrnehmung des Verhandlungstermins rechtliches Gehör zu verschaffen, hieran jedoch ohne Verschulden gehindert worden ist (BVerwG, U.v. 29.9.1994 – 3 C 28/92 – juris Rn. 48 m.w.N.; Brüning in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 102 Rn. 9).

b) Im vorliegenden Fall hat der Kläger bereits nicht alles dafür getan, um sich in der mündlichen Verhandlung rechtliches Gehör zu verschaffen.

Nach seinen Angaben hat sich der Kläger am Vormittag des Tages, an dem die mündliche Verhandlung (um 12.00 Uhr) terminiert war, in seiner Unterkunft zum Arzt begeben, weil er erkrankt gewesen sei. Nach langer Wartezeit habe ihm der Arzt mitgeteilt, dass er nicht so krank sei, dass er nicht an dem Termin teilnehmen könne, und habe ihm kein Attest gegeben. Inzwischen sei es jedoch so spät gewesen, dass er nicht mehr rechtzeitig von seiner Unterkunft zum Gericht habe kommen können.

Für diesen Vortrag des Klägers gibt es keinerlei Belege. Auch wenn er selbst vorträgt, der Arzt habe ihm kein Attest über eine Verhandlungsunfähigkeit ausstellen wollen, so ist nicht ersichtlich, weshalb er nicht wenigstens eine Bescheinigung über seine Vorsprache in der Praxis und deren Dauer erhalten konnte. Zweifel an seiner Darstellung ergeben sich aus dem Vorbringen, er habe auch kein Geld für ein Busticket zum Verwaltungsgericht gehabt; dies lässt den Schluss zu, dass sich offensichtlich weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter rechtzeitig um eine zeitgerechte Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln gekümmert haben. Wenn vorgetragen wurde, dass beabsichtigt gewesen sei, dass der Bevollmächtigte den Kläger abholen wollte, entlastet ihn das nicht, denn offensichtlich befand sich der Bevollmächtigte um 11.41 Uhr, als er per Telefax die Verlegung des Termins beantragte, immer noch in seiner – beträchtlich entfernten – Kanzlei.

Ebenso ist nicht vorgetragen oder erkennbar, weshalb der Kläger sich erst (laut Vermerk der Geschäftsstelle des Gerichts) um 10.50 Uhr beim Gericht gemeldet hat und nicht bereits unverzüglich, nachdem er sich entschlossen hatte, den Arzt aufzusuchen.

Ebenso ist nicht verständlich, warum der Bevollmächtigte des Klägers nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, obwohl für ihn selbst keine Verhinderung behauptet oder ersichtlich war und ist. Der Bevollmächtigte hätte dabei schließlich auch darauf hinwirken könne, die mündliche Verhandlung solange zu unterbrechen, bis es dem Kläger gelungen wäre, zu dem Termin zu erscheinen – nach den Zeitangaben im Antrag auf Zulassung der Berufung wäre es insoweit um eine Verspätung von ca. 45 Minuten gegangen. Letztlich hat der Bevollmächtigte des Klägers durch sein Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung seine Möglichkeit, rechtliches Gehör finden, selbst vereitelt.

Es trifft auch nicht zu, dass über den Antrag auf Terminsverlegung nicht formgerecht entschieden worden sei. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der Einzelrichter den Antrag auf Terminsverlegung abgelehnt, da weder der Kläger noch der Bevollmächtigte durch Vorlage „auch nur irgendwelcher Atteste“ glaubhaft dargelegt habe, dass der Kläger verhandlungsunfähig sei. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann der Vorsitzende oder der Einzelrichter über die Aufhebung oder Verlegung des Termins – wie hier geschehen – durch prozessleitende Verfügung entscheiden (Brüning in Posser/ Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 102 Rn. 6; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 146 Rn. 10). Um einen Vertagungsantrag, auf den sich die Begründung des Zulassungsantrags bezieht, ging es hier nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.