Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2015 - 9 ZB 13.1876

bei uns veröffentlicht am28.08.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 3 K 12.290 u.a., 25.07.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 2 und 3 als Gesamtschuldner und die Klägerin zu 1 je zur Hälfte. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger begehren vom Landratsamt F. bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Nutzungsuntersagung betreffend den Betrieb einer „Eventhalle“ durch den Beigeladenen.

Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L., das im Geltungsbereich des Bebauungsplans „GE ...“ der Stadt L. liegt und für das ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt ist. Das Grundstück ist mit einer 40 m langen Industriehalle bebaut.

Die Kläger zu 2 und 3 sind Eigentümer der nordwestlich gelegenen, nicht unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzenden Grundstücke Fl. Nr. .../25, .../31, .../26 und .../32 jeweils Gemarkung L., die mit einem Wohnhaus und einer Garage bebaut sind. Die Klägerin zu 1 ist eine Immobilienfirma, deren einziger Gesellschafter der Kläger zu 3 ist. Sie ist Eigentümerin des mit einer Garage bebauten Grundstücks Fl. Nr. .../16 Gemarkung L. Dieses Grundstück liegt westlich des Grundstücks des Beigeladenen und wird von diesem durch ein ca. 5 m breites Grundstück (Fl. Nr. 564 Gemarkung L.) getrennt. Sämtliche Grundstücke der Kläger liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Der Beigeladene betreibt auf dem Grundstück Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L. im westlichen Teil der Industriehalle (Halle B) eine Eventhalle für Hochzeiten, Geburtstage, Kommunion/Konfirmation, Weihnachtsfeiern, Firmenveranstaltungen, Jubiläumsfeiern, Trauerfeiern sowie sonstige Vorträge und Veranstaltungen (auch Sonderverkaufsveranstaltungen), die mit Bescheid des Landratsamts F. vom 2. September 2010, geändert mit Bescheid vom 15. September 2010, genehmigt wurde. Die Klage der Kläger zu 2 und 3 vom 19. August 2011 hiergegen wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. April 2013 (AN 3 K 11.01612) wegen Verwirkung des Klagerechts abgewiesen.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2012 wurde dem Beigeladenen eine Tekturgenehmigung mit zahlreichen immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen erteilt. So sind u. a. Fenster und Türen der Gebäudehülle bei immissionsrelevanten Geräuschen ab 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr geschlossen zu halten, Veranstaltungen innerhalb des Gebäudes und nicht im Außenbereich durchzuführen, Festivitäten, die erhöhte Lärmemissionen verursachen können oder eine discothekenähnliche Geräuschentwicklung aufweisen, unzulässig und elektronisch verstärkte Musikdarbietungen ausschließlich über die hauseigene, eingepegelte Anlage abzuspielen. Hiergegen erhoben die Kläger Klage und legten eine schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung der Parkgeräuschimmissionen der Firma W. ... vom 16. März 2012 vor. Danach werden die im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Immissionswerte sowie das Spitzenpegelkriterium der TA Lärm während des Nachtzeitraums am Immissionsort einer möglichen Wohnbebauung auf dem Grundstück FlNr. .../16 Gemarkung L. überschritten. Seit September 2010 liegen zudem zahlreiche Beschwerden der Kläger über unzumutbare Lärmimmissionen und die Nichteinhaltung von Auflagen vor.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 forderte das Landratsamt den Beigeladenen auf, ein schalltechnisches Gutachten, welches Art und Ausmaß der von der Eventhalle und den zugehörigen Parkplätzen ausgehenden Lärmemissionen im Einwirkungsbereich der Anlage betrachtet, vorzulegen. Zudem wurde mit Bescheid vom 10. August 2012 vom Beigeladenen gefordert, einen Nachweis (Messbericht) über das Einpegeln der Musikanlage vorzulegen. In der Folgezeit legte der Beigeladene ein schalltechnisches Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012 vor. Danach können die für die Veranstaltungshalle geltenden Immissionswerte zur Tagzeit eingehalten und Überschreitungen aufgrund von Spitzenpegeln zur Tagzeit ausgeschlossen werden. Zur Nachtzeit sind jedoch an allen betrachteten Immissionsorten beträchtliche Überschreitungen der geltenden Immissionswerte zu erwarten, wobei maßgeblich ursächlich hierfür das aufgrund des Fahr- und Parkverkehrs im Nachtzeitraum auf dem Betriebsgelände hervorgerufene Geräuschaufkommen ist. Das Einpegeln der Beschallungsanlage wurde mit Messbericht des T. vom 30. April 2013 bestätigt.

Mit Bescheid vom 12. April 2013 untersagte das Landratsamt dem Beigeladenen, das Grundstück Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L. in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr mit motorisierten Fahrzeugen zu befahren oder befahren zu lassen. Zudem drohte das Landratsamt dem Beigeladenen mit Bescheid vom 28. Mai 2013 für den Fall, dass die festgesetzte Verpflichtung, die Fenster und Türen der Gebäudehülle bei emissionsrelevanten Geräuschen ab 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr geschlossen zu halten, nicht beachtet wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro an.

Mit Schriftsätzen vom 14. Juni 2013 und 11. Juli 2013 änderten die Kläger ihre Klageanträge dahingehend, den Beklagten zu verpflichten, den von dem Beigeladenen ausgeübten Betrieb einer Eventhalle zu untersagen, hilfsweise: den Betrieb der Eventhalle zur Nachtzeit zu untersagen und weiter hilfsweise: den Antrag der Kläger auf bauaufsichtliches oder immissionsschutzrechtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Die Klagen wurden mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Betrieb der Eventhalle auf dem Grundstück des Beigeladenen bei Einhaltung der Auflagen weder zur Tag- noch zur Nachtzeit gegen das Nachbarschutz entfaltende Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Vorhandene Beeinträchtigungen seien nicht derart gravierend, dass sie für die Kläger unzumutbar wären. Mit ihren Anträgen auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung (§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) haben keinen Erfolg.

An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Jeweils mit ihrem Haupt- und erstem Hilfsantrag begehren die Kläger eine Nutzungsuntersagung des Betriebs der Eventhalle, hilfsweise zur Nachtzeit. Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten ist allerdings, dass die Kläger durch die Anlage in ihren Rechten verletzt werden, was einen Verstoß der Anlage gegen nachbarschützende Vorschriften erfordert und infolgedessen die Behörde zum Einschreiten gegen die Anlage berechtigt, weil der Tatbestand der Befugnisnorm erfüllt ist und die Eingriffsschranken erfüllt sind (vgl. BayVGH, U. v. 4.12.2014 - 15 ZB 12.1450 - juris Rn. 22; Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 487; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 15.1.2015, § 24 BImSchG Rn. 37 und § 25 BImSchG Rn. 38). Soweit die Kläger hierbei die Nichteinhaltung der in der Tektur vom 20. Januar 2012 festgesetzten Nebenbestimmungen geltend machen, ist allerdings zu berücksichtigen, dass grundsätzlich nur eine Untersagung „dieser“ genehmigungswidrigen Nutzung in Betracht kommt, nicht jedoch eine vollständige Nutzungsuntersagung. Im Zulassungsvorbringen wiederholen die Kläger im Wesentlichen ihre bereits in erster Instanz vorgetragenen Einwendungen gegen den Betrieb der Eventhalle und berufen sich darauf, dass von dem Vorhaben des Beigeladenen für die Kläger unzumutbare Lärmimmissionen hervorgerufen werden. Dies führt jedoch nicht zum Erfolg der Zulassungsanträge.

Im Ergebnis zutreffend ist hier das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Anlage keine Verletzung drittschützender Normen oder des Gebots der Rücksichtnahme vorliegt, die ein Anspruch auf aufsichtliches Tätigwerden voraussetzt. Das Verwaltungsgericht stützt seine Ausführungen auf das schalltechnische Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012. Danach ergeben sich bei Beachtung der im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Nebenbestimmungen und bei Unterlassung jeglichen Fahr- und Parkverkehrs auf dem Betriebsgelände im Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, was das Landratsamt mit Bescheid vom 12. April 2013 angeordnet hat, keine unzumutbaren Lärmimmissionen für die Kläger.

Soweit hiergegen eingewandt wird, das Gutachten setze den Halleninnenpegel mit 80 dB(A) zu niedrig an, da zusätzlich Kommunikationsgeräusche zu berücksichtigen seien, ergibt sich bereits aus dem Gutachten selbst, dass dieser mittlere Halleninnenpegel Kommunikationsgeräusche mit berücksichtigt, da ohne Publikum mittlere Halleninnenpegel von 75-78 dB(A) ermittelt wurden (...-Gutachten v. 23.10.2012, S. 8). Ferner ist die Impulshaltigkeit berücksichtigt (...-Gutachten v. 23.10.2012, S. 8). Die Notwendigkeit eines weiteren Zuschlags für Ton- und Informationshaltigkeit ist angesichts der Entfernung, der Situierung der Halle, der teilweisen baulichen Abschirmung durch andere bauliche Anlagen, der Zugangssituation auf der von den Klägern abgewandten Seite und unter Berücksichtigung der zulässigen Veranstaltungen (vgl. Nebenbestimmung A.13 im Bescheid vom 20.1.2012) nicht ausreichend dargelegt. Aus dem letzten Messbericht des T. ergibt sich schließlich, dass den Schallpegelmessungen vom 26. April 2013 eine Worst-Case-Betrachtung zugrunde liegt und der beim Einpegeln der Beschallungsanlage zum Ansatz gebrachte mittlere Halleninnenpegel in Summe durch den Betrieb der Beschallungsanlage sowie die Kommunikationsgeräusche der Veranstaltungsgäste hervorgerufen wird (...-Messbericht vom 30.4.2013). Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht entgegen.

Auch soweit in dem ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 nur die hauseigene Beschallungsanlage berücksichtigt ist, führt dies nicht zum Erfolg, da entsprechend der Nebenbestimmung A.15 im Bescheid vom 20. Januar 2012 elektronisch verstärkte Musikdarbietungen ausschließlich über die hauseigene Anlage abzuspielen sind. Live-Musik ist entsprechend der Nebenbestimmung A.17 im Bescheid vom 20. Januar 2012 auf zwei Musikinstrumente begrenzt; der Einsatz einer mobilen Beschallungsanlage ist dabei entsprechend der oben genannten Nebenbestimmung A.15 gerade ausgeschlossen.

Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsantrag werden im ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 auch die baulichen Besonderheiten der Eventhalle berücksichtigt. Der pauschale Einwand hiergegen in der schalltechnischen Untersuchung der Firma W. ... vom 7. März 2013, dass „insbesondere ‚leichte‘ Außenbauteilkonstruktionen in der Regel eine geringere Schalldämmung aufweisen“, ist nicht geeignet, die im ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 (S. 9) angesetzten unterschiedlichen Schalldämm-Maße für die Bauteile, unter anderem für eine Trapezblech-Wand mit innenliegender Gipskartonverschalung, in Frage zu stellen.

Soweit im Zulassungsvorbringen bemängelt wird, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Frage der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen auf nicht aussagekräftige, subjektive Feststellungen der Polizei anlässlich verschiedener Kontrollen gestützt, würde dies in gleicher Weise für die subjektiven Feststellungen des Klägers zu 3 gelten. Das zeigt sich beispielhaft in den Beobachtungen und unterschiedlichen Bewertungen anlässlich einer Veranstaltung vom 11./12. Mai 2013 (vgl. Bl. 770 und 774 der Behördenakte). Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht die Feststellungen anlässlich der Polizeikontrollen lediglich für eine Plausibilitätskontrolle des Ergebnisses herangezogen.

Im Übrigen ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich des von den Klägern begehrten aufsichtlichen Einschreitens. Die Kläger übersehen, dass nicht jede Verletzung drittschützender Normen ohne Weiteres zu einem Anspruch des Nachbarn auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde führt (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 490 m. w. N. und Hansmann in Landmann/Rohmer, a. a. O., § 24 BImSchG Rn. 37 und § 25 BImSchG Rn. 38; vgl. auch BVerwG, U. v. 4.6.1996 - 4 C 15/96 - juris Rn. 17). Soweit vorgetragen wird, der Beigeladene halte die festgesetzten Auflagen nicht ein, kommt hinzu, dass das Landratsamt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vor einer eventuellen Nutzungsuntersagung - unabhängig von deren Umfang - zunächst Maßnahmen zur Durchsetzung der festgesetzten Nebenbestimmungen und zur Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs, beispielsweise in Form von Zwangsmittelandrohungen und deren Vollstreckung, zu treffen haben wird (vgl. Anordnungen vom 28. Mai 2013, Bl. 783 der Behördenakte und Anhörung zu Verstößen vom 12.6.2013, Bl. 818 der Behördenakte). Dass derartige Maßnahmen nicht erfolgversprechend oder nicht geeignet sind, wird im Zulassungsantrag nicht dargelegt.

Was den zweiten Hilfsantrag angeht, ist nicht ersichtlich, dass das Landratsamt bisher nicht auf Beschwerden seitens der Kläger und Verstöße seitens des Beigeladenen reagiert hat oder nicht gewillt ist, festgesetzte Nebenbestimmungen zu kontrollieren oder durchzusetzen. Sowohl die Auflagen in der Tekturgenehmigung vom 20. Januar 2012 (Bl. 307 der Behördenakte) als auch die nachfolgenden Bescheide vom 17. Juli 2012 (Bl. 535 der Behördenakte - Anforderung eines schalltechnischen Gutachtens), vom 10. August 2012 (Bl. 579 der Behördenakte - Anforderung eines Nachweises über das Einpegeln der Musikanlage), vom 12. April 2013 (Bl. 724 der Behördenakte - Untersagung der Befahrung des Grundstücks zur Nachtzeit) und vom 28. Mai 2013 (Bl. 783 der Behördenakte - Zwangsgeldandrohung bei Verstoß gegen die Auflage zum Geschlossenhalten der Fenster und Türen der Gebäudehülle) stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Beschwerden der Kläger, Erkenntnissen aus den vorgelegten schalltechnischen Untersuchungen und Feststellungen anlässlich von Hinweisen und Kontrollen. Aus den zuletzt vorliegenden Behördenakten ergibt sich ferner, dass das Landratsamt den Beigeladenen auch aufgrund eigener Feststellungen zur Stellungnahme betreffend verschiedener Verstöße gegen das Nachtfahrverbot und das Geschlossenhalten von Fenstern während Veranstaltungen zur Nachtzeit angehört hat (Bl. 783 der Behördenakte). Darüber hinaus ist ein gestuftes Vorgehen des Landratsamts gegenüber dem Beigeladenen schon aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten grundsätzlich nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeiten des Landratsamts, durch geeignete Maßnahmen auf die Einhaltung der Nebenbestimmungen zu drängen, erschöpft oder nicht erfolgversprechend sind, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Dem Landratsamt stehen neben (weiteren) Vollstreckungsmaßnahmen auch noch weitere Anordnungen, wie sie sich z. B. aus der Stellungnahme des Technischen Immissionsschutzes vom 16. Januar 2013 (Bl. 605 der Behördenakte) ergeben, zur Verfügung, so dass sich ein Anspruch der Kläger auf Neubescheidung ihrer Anträge wegen bisher fehlerhafter Sachbehandlung gegenüber den Klägern hieraus zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht ergibt.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind, nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen klären. Von einem Berufungsverfahren ist daher kein weiterer Ertrag zu erwarten (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2015 - 9 ZB 13.128 - juris Rn. 14). Dass das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Kläger bestimmten Fragen und Argumenten nicht hinreichend bzw. unzutreffend nachgegangen ist, macht die Rechtssache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besonders schwierig.

3. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und damit den in § 86 Abs. 1 VwGO enthaltenen Untersuchungsgrundsatz verletzt, wonach von Amts wegen der Sachverhalt zu ermitteln ist und die erforderlichen Beweise zu erheben sind, greift nicht durch. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier die Kläger - es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (BayVGH, B. v. 30.6.2014 - 9 ZB 13.911 - juris Rn. 2; BVerwG, B. v. 20.12.2012 - 4 B 20/12 - juris Rn. 6). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 25. Juli 2013 wurde ein Beweisantrag vom Bevollmächtigen der Kläger nicht ausdrücklich gestellt. Nur schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen nicht (BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 4). Der Klägerbevollmächtigte hat die schriftsätzlich angekündigten Beweisanträge auch nicht hilfsweise, für den Fall, dass es auf das Beweisthema ankommt oder vorsorglich (vgl. BVerwG, U. v. 16.61968 - V C 111.67 - BVerwGE 30, 67 = juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 13.1.1971 - V C 93.70 - juris Rn. 7) gestellt, sondern lediglich zur Begründung seines Klageantrags darauf verwiesen. Beweise sind auch nur insoweit zu erheben, wie es für die Rechtsansicht des Gerichts darauf ankommt (BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 2). Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen mit den Beweisangeboten auseinandergesetzt.

Aus den Zulassungsanträgen ergibt sich nicht, weshalb sich dem Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen (BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 9 ZB 11.1744 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 25.3.2014 - 15 ZB 12.2014 - juris Rn. 11). Das Verwaltungsgericht hat zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen unter Würdigung der schalltechnischen Untersuchungen der ... auf das schalltechnische Gutachten vom 23. Oktober 2012 und den Messbericht vom 30. April 2013 jeweils des T. gestellt. Soweit hiergegen lediglich pauschal eingewandt wird, die Leichtbauweise der Industriehalle und deren äußerst schlechte Schalldämmwirkung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, vermag dies die Aufklärungsrüge nicht zu begründen. Im Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012 ist das Schalldämm-Maß abgestellt auf eine Trapezblech-Wand mit innenliegender Gipskartonverschalung mit 30 dB angesetzt worden, während beispielsweise die geschlossenen Zweischeibenverbundglas-Fenster mit einem Schalldämm-Maß von 36 dB angesetzt wurden. Weder aus den schalltechnischen Untersuchungen der ... noch aus dem Zulassungsvorbringen lassen sich Hinweise dafür entnehmen, dass dieser Wert für die vorhandene Bausubstanz zu hoch angesetzt ist. Da entsprechend den vom Verwaltungsgericht als nachvollziehbar und auch von der ... als im Wesentlichen plausibel und nachvollziehbar bewerteten ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 sowie dem Messbericht vom 30. April 2013 unter den genannten Bedingungen von der Einhaltung der im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Immissionswerte auszugehen ist, ist nicht ersichtlich, welche Relevanz der weiteren Aufklärung der örtlichen Situation zukommen könnte.

Die geltend gemachten Zweifel an der Objektivität des Verwaltungsgerichts führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Anträge. Da sich die beanstandeten Ausführungen des Verwaltungsgerichts erst aus den Urteilsgründen ergeben, scheidet eine Verletzung des § 54 VwGO i. V. m. § 42 ZPO von vornherein aus, da die Frage einer möglichen Befangenheit nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, B. v. 8.1.2009 - 8 B 59/08 - juris Rn. 4). Im vorliegenden Fall kann die Befangenheitsrüge aber auch nicht unmittelbar auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters gestützt werden, da dieser nicht schon immer dann gegeben ist, wenn ein Befangenheitsgrund erkennbar wird, der im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO geeignet gewesen wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kommt vielmehr nur in Betracht, wenn die erstinstanzlichen Richter unter eindeutiger Missachtung der Verfahrensvorschriften tätig geworden wären oder wenn sie so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hätten vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die Bejahung einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2012 - 6 C 19/11 - juris Rn. 18). Willkür in diesem Sinne setzt voraus, dass die Entscheidung des Gerichts bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint und offenbar unhaltbar wäre (BVerwG, B. v. 8.1.2009 - 8 B 59/08 - juris Rn. 5). Dafür lässt sich dem Zulassungsvorbringen der Kläger nichts entnehmen. Abgesehen davon, dass die gerügte Passage im verwaltungsgerichtlichen Urteil nur den Kläger zu 3 betrifft, sind die Ausführungen auch nicht entscheidungserheblich, da das Gericht einen Anspruch der Kläger bereits wegen fehlender Unzumutbarkeit der Lärmimmissionen verneint hat. Die „besondere Sensibilisierung“, die das Gericht im Hinblick auf den Kläger zu 3 anführt, spricht die Frage personenbezogener Aspekte wie beispielsweise besondere Empfindlichkeiten oder den Gesundheitszustand an, die bei der Bewertung von Immissionen keine Rolle spielen (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 29).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (je 7.500,- Euro für die Klage der Klägerin zu 1 sowie die Klage der Kläger zu 2 und 3).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes erreicht werden, soll diese angeordnet werden.

(1) Kommt der Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach § 24 Satz 1 nicht nach, so kann die zuständige Behörde den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen.

(1a) Die zuständige Behörde hat die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist und gewerblichen Zwecken dient oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung findet, ganz oder teilweise zu untersagen, solange und soweit die von dem Betreiber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU oder zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle eindeutig unzureichend sind. Bei der Entscheidung über eine Untersagung berücksichtigt die zuständige Behörde auch schwerwiegende Unterlassungen in Bezug auf erforderliche Folgemaßnahmen, die in einem Überwachungsbericht nach § 16 Absatz 2 Nummer 1 der Störfall-Verordnung festgelegt worden sind. Die zuständige Behörde kann die Inbetriebnahme oder die Weiterführung einer Anlage im Sinne des Satzes 1 außerdem ganz oder teilweise untersagen, wenn der Betreiber

1.
die in einer zur Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Mitteilungen, Berichte oder sonstige Informationen nicht fristgerecht übermittelt oder
2.
eine nach § 23a erforderliche Anzeige nicht macht oder die Anlage ohne die nach § 23b erforderliche Genehmigung störfallrelevant errichtet, betreibt oder störfallrelevant ändert.

(2) Wenn die von einer Anlage hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden, soll die zuständige Behörde die Errichtung oder den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise untersagen, soweit die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes erreicht werden, soll diese angeordnet werden.

(1) Kommt der Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach § 24 Satz 1 nicht nach, so kann die zuständige Behörde den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen.

(1a) Die zuständige Behörde hat die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist und gewerblichen Zwecken dient oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung findet, ganz oder teilweise zu untersagen, solange und soweit die von dem Betreiber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU oder zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle eindeutig unzureichend sind. Bei der Entscheidung über eine Untersagung berücksichtigt die zuständige Behörde auch schwerwiegende Unterlassungen in Bezug auf erforderliche Folgemaßnahmen, die in einem Überwachungsbericht nach § 16 Absatz 2 Nummer 1 der Störfall-Verordnung festgelegt worden sind. Die zuständige Behörde kann die Inbetriebnahme oder die Weiterführung einer Anlage im Sinne des Satzes 1 außerdem ganz oder teilweise untersagen, wenn der Betreiber

1.
die in einer zur Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Mitteilungen, Berichte oder sonstige Informationen nicht fristgerecht übermittelt oder
2.
eine nach § 23a erforderliche Anzeige nicht macht oder die Anlage ohne die nach § 23b erforderliche Genehmigung störfallrelevant errichtet, betreibt oder störfallrelevant ändert.

(2) Wenn die von einer Anlage hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden, soll die zuständige Behörde die Errichtung oder den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise untersagen, soweit die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung an den Beigeladenen zur Nutzungsänderung ehemaliger Viehställe in Schweinezuchtställe.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 1998 erteilte das Landratsamt K. dem Beigeladenen die Genehmigung für eine „Nutzungsänderung; Einbau von Schweinezuchtställen in ehem. Viehställe“ auf dem Grundstück FlNr. 107 Gemarkung Schernau. Der Bescheid umfasst die Ställe 1 und 2 sowie 4 bis 6 und beinhaltet verschiedene immissionsschutzrechtliche Auflagen. Die Ställe 1, 2 und 4 befinden sich dabei unmittelbar an der südlichen Grundstücksgrenze zum klägerischen Grundstück, FlNr. 103 Gemarkung Schernau; das zwischen Stall 2 und Stall 4 liegende Gebäude 3 (ehem. Wohnhaus) ist nicht Gegenstand der Nutzungsänderung. Stall 5 und 6 schließen an der westlichen Grundstücksgrenze der FlNr. 107 Gemarkung Schernau nördlich an Stall 4 an. Hinsichtlich der Ställe 1 und 2 ist in den genehmigten Plänen angegeben, dass diese „nach Stallneubau stillgelegt“ werden, was sich auf den mit bestandskräftigen Bescheid vom 5. Juni 1998 genehmigten Neubau und Umbau eines Schweinezuchtstalles mit Bergehalle und Güllegrube auf den seinerzeitigen FlNrn. 2799 und 2800 - nunmehr 2791 - Gemarkung Schernau bezog. Diese Ställe 8 und 9, die nicht Gegenstand der Baugenehmigung vom 2. Oktober 1998 sind, liegen getrennt durch einen Weg westlich des Grundstücks des Beigeladenen in ca. 14 m Entfernung der östlichen Stallwand zum Ortsrand.

Auf den Widerspruch des Klägers hin, erging unter dem 8. November 2011 der Widerspruchsbescheid der Regierung v. ... Damit wurde der Widerspruch des Klägers hinsichtlich der Ställe 1 und 2 für erledigt erklärt (Ziffer 1 des Widerspruchsbescheids). Weiter wurde der Bescheid des Landratsamts K. vom 2. Oktober 1998 dahingehend geändert, dass in Stall 4 höchstens 4,25 (statt bisher 2,6) Großvieheinheiten (GV) bzw. Vergleichs-GV (VGV) und in den Ställen 5 und 6 zusammen höchstens 7,8 (statt bisher 6,0) GV bzw. VGV einzustallen sind sowie dahingehend ergänzt, dass die Abluft von Stall 4 bei Sommerluftrate mit mindestens 12 m/s ungehindert senkrecht über Dach abgeleitet werden muss (Ziffer 2 des Widerspruchsbescheids). Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen (Ziffer 3 des Widerspruchsbescheids).

Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2011 erhob der Kläger Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 2. Oktober 1998 in Gestalt der Ziffern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2011. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 3. Dezember 2012 abgewiesen. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig und wahre die Grenzen des nachbarlichen Rücksichtnahmegebots unter Berücksichtigung der VDI-Richtlinie 3471. Die mit dem Widerspruchsbescheid verfügten Änderungen seien bezüglich der Belegungszahlen nachvollziehbar und entsprächen den tatsächlich fachtechnisch zulässigen Belegungsmöglichkeiten der zur Genehmigung gestellten Ställe. Es sei davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Nutzung mit ihrer relativ niedrigen Belegung angesichts der vorhandenen Vorbelastung für den Kläger keine spürbare Verschlechterung der Immissionssituation herbeiführen könne. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren auf Aufhebung der Nutzungsänderungsgenehmigung weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.

Nach der zutreffenden Beurteilung des Verwaltungsgerichts liegt das Vorhaben des Beigeladenen bauplanungsrechtlich im Innenbereich. Die nähere Umgebung entspricht einem faktischen Dorfgebiet, so dass das Vorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist. Der Kläger ist dem im Zulassungsantrag auch nicht entgegengetreten.

Die Nachbarklage des Klägers kann daher nur Erfolg haben, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Ein - wie hier mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - den Rahmen wahrendes Vorhaben kann ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 21). Die Anforderungen an das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme hängen dabei maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 20.12.2012 - 4 C 11/11 - BVerwGE 145, 290 = juris Rn. 32). Ist die Grundstückssituation aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten, wie sie das Verwaltungsgericht festgestellt hat und die mit dem Zulassungsantrag nicht in Frage gestellt werden, mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 20). Die nähere Bestimmung erfolgt dabei durch die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und den auf dieser Grundlage ergangenen rechtsförmlichen technischen Regelwerken und normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften (vgl. BVerwG, U. v. 20.12.2012 - 4 C 11/11 - BVerwGE 145, 290 = juris Rn. 32). Bei der gerichtlichen Würdigung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen durch Schweinehaltung kann - nach der zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Rechtslage - auf die VDI-Richtlinie 3471 „Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine“ (VDI-Richtlinie 3471, abgedruckt in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2005, Anhang 9) als Orientierungshilfe zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U. v. 14.1.1993 - 4 C 19/90 - juris Rn. 24; BVerwG, B. v. 27.1.1994 - 4 B 16/94 - juris Rn. 3; BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 38/98 - juris Rn. 7f; BayVGH, U. v. 1.7.2005 - 25 B 99.86 - juris Rn. 19). Mangels rechtlicher Verbindlichkeit der VDI-Richtlinie 3471 ist jedoch immer eine tatrichterliche Bewertung des Einzelfalls erforderlich (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998 - 4 B 38/98 - juris Rn. 11). An diese Grundsätze hat sich das Verwaltungsgericht vorliegend gehalten und kommt dabei zu der Einschätzung, dass die von den geplanten Schweineställen ausgehenden Immissionen aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls für den Kläger zumutbar sind. Dies unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln.

Soweit der Kläger anführt, dass die „erstmalige Wahrnehmbarkeit“ für die unter Nr. 3.2.3.1, Bild 21 VDI-Richtlinie 3471 dargestellten Mindestabstände gelte und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach die halbierten Werte die Geruchsschwellenwerte markieren, also diejenigen Abstände angeben, ab denen Geruchsimmissionen überhaupt erst wahrnehmbar werden, Nr. 3.2.1 VDI-Richtlinie 3471 widersprechen würden, kann dem nicht gefolgt werden. Die Mindestabstände nach Bild 21 wurden aus den empirisch ermittelten Geruchsschwellenwerten zuzüglich eines Sicherheitsabstandes gebildet (vgl. Nr. 3.2.1 Abs. 8 VDI-Richtlinie 3471). Die Geruchsschwellenwerte werden daher durch die halbierten Werte markiert (BayVGH, U. v. 1.7.2005 - 25 B 99.86 - juris Rn. 26). Demgegenüber misst das Verwaltungsgericht den geviertelten Werten - anders als der Klägerbevollmächtigte vorträgt - gerade nicht die Bedeutung eines Geruchsschwellenwertes zu. Es verweist insoweit nur darauf, dass alleine die Wahrnehmbarkeit eines landwirtschaftlichen Geruchs noch nicht zwangsläufig zu unzumutbaren Geruchsimmissionen führt und deshalb Anlass bestehen kann, die halbierten Werte im Dorfgebiet im Wege einer pauschalen Mittelwertbildung noch einmal nach unten zu korrigieren. Abgesehen davon stellt aber das Verwaltungsgericht zutreffend darauf ab, dass hier nach Nr. 3.2.3.4 VDI-Richtlinie 3471 ohnehin eine Sonderbeurteilung durchzuführen ist, bei der die Richtlinie den Abstandsangaben in Bild 21 allein keine Aussagekraft mehr beimisst (vgl. BayVGH, U. v. 1.7.2005 - 25 B 99.86 - a. a. O.).

Soweit dem Zulassungsvorbringen weiter im Wesentlichen wohl zu entnehmen ist, das verwaltungsgerichtliche Urteil setze sich nicht mit den Einwendungen des Klägers gegen den Viertelabstand und die Kaminhöhe auseinander, gehe von unzutreffenden Abständen aus und es fehle eine Geruchsausbreitungsrechnung, wird lediglich das Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und insoweit auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Damit setzt sich der Kläger nicht in der erforderlichen substantiellen Weise mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander und geht nicht ausreichend auf die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen ein (vgl. BayVGH, B. v. 31.5.2012 - 15 ZB 11.2348 - juris Rn. 6). Das Verwaltungsgericht stellt maßgeblich auf die Ausführungen der Vertreterin des Sachgebiets Technischer Umweltschutz der Regierung v. ... in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2012 ab. Diesen wird im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegengetreten. Auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass im Falle der Bildung eines gemeinsamen Emissionsschwerpunkts - wie von dem im Zulassungsantrag zitierten Prof. Dr. S. in einem Verfahren anderer Nachbarn gegen die Ställe 8 und 9 gefordert - die Abstände im Bereich zwischen „VDI/2 und VDI/4“ lägen, da Prof. Dr. S. seinerzeit auch die nach der Bescheidlage zum hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr aktiven Ställe 1 und 2 des Beigeladenen in seine Gesamtbetrachtung einbezogen hat, werden im Zulassungsvorbringen nicht angegriffen. Soweit der Kläger einen Widerspruch zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sieht, wonach die Ställe 8 und 9 dem Außenbereich zuzuordnen sind (BayVGH, B. v. 9.3.1999 - 15 ZS 99.420 - juris Rn. 4), während die Regierung v. ... in der Stellungnahme vom 18. Juli 2001 darauf abstellt, dass die Ställe „unmittelbar an die vorhandene Bebauung anschlössen“, ist nicht dargelegt, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil auf einem derartigen Widerspruch beruht. Das Verwaltungsgericht stellt vielmehr auf die geringe Entfernung der Ställe 8 und 9 von nur 14 m zur anschließenden Bebauung ab und führt aus, dass die örtliche Situation wegen des „nahen Anschlusses der Ställe 8 und 9 an die vorhandene Bebauung“ eher nicht mit der im Beispielsfall (gemeint: Nr. 5 Bild 18 VDI-Richtlinie 3471) dargestellten Situation vergleichbar sei. Damit wird die Außenbereichslage nicht in Frage gestellt, sondern eine Einzelfallbeurteilung anhand der bestehenden örtlichen Situation durchgeführt. Zudem betreffen wesentliche Einwendungen im Zulassungsvorbringen das Genehmigungsverfahren für die Ställe 8 und 9, für die eine bestandskräftige Baugenehmigung vom 5. Juni 1998 besteht und die gegenüber dem Kläger - worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist - damit als erhebliche Vorbelastung zu bewerten sind.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind, nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen im Zulassungsverfahren klären. Von einem Berufungsverfahren ist daher kein weiterer Ertrag zu erwarten (vgl. BayVGH, B. v. 21.4.2015 - 9 ZB 12.1912 - juris Rn. 21).

3. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Ob ein Vorhaben die Grenzen des nachbarschaftlichen Rücksichtnahmegebots wahrt, insbesondere ob bei geringen Entfernungen die von einem Vorhaben auf das Nachbargrundstück einwirkenden Immissionen dem Nachbarn noch zumutbar sind, ist nur aufgrund der jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu bestimmen und daher keiner Verallgemeinerung zugänglich (BayVGH, B. v. 19.12.2008 - 9 ZB 05.3286 - juris Rn. 7). Die Frage, ob die in Bild 21 VDI-Richtlinie 3471 dargestellten Mindestabstände lediglich die Geruchsschwellenwerte markieren, ist nicht entscheidungserheblich, weil hier - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nach Nr. 3.2.3.4. VDI-Richtlinie 3471 wegen Unterschreitung der Mindestabstände und im Nahbereich eine Sonderbeurteilung erforderlich und erfolgt ist, bei der die Richtlinie selbst den Abstandsangaben in Bild 21 allein gerade keine Aussagekraft mehr beimisst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.

1. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe es in verfahrensfehlerhafter Weise unterlassen, eine sich in der gegebenen Situation aufdrängende und prozessrechtlich notwendige Beweisaufnahme durch Einnahme eines Augenscheins durchzuführen, führt nicht zur Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Mit dieser Argumentation macht der Kläger sinngemäß geltend, das Verwaltungsgericht habe den in § 86 Abs. 1 VwGO enthaltenen Untersuchungsgrundsatz verletzt, wonach von Amts wegen der Sachverhalt zu ermitteln und die erforderlichen Beweise zu erheben sind. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann aber grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier der Kläger - es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (st. Rspr., vgl. zuletzt BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 20/12; BayVGH, B.v. 24.8.2011 - 14 ZB 09.1067 - m. w. N.).

Die Tatsache, dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist allerdings dann unerheblich, wenn sich dem Verwaltungsgericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Das setzt aber einen schlüssigen Vortrag voraus, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen (st. Rspr., z. B. BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 20/12 - m. w. N.). Das ist hier nicht der Fall.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit (vom Kläger zitiertem) Urteil vom 9. November 1979 (BayVBl 1980, 212) festgestellt, eine Pferdehaltung sei in einem Allgemeinen Wohngebiet regelmäßig unzulässig, weil sie dessen Eigenart widerspreche. Er hat zwar nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Fällen auch in Wohngebieten eine Pferdehaltung zulässig sein könne, insbesondere dann, wenn es sich um weiträumige Grundstücke handle, die die Errichtung eines Pferdestalls in ausreichender Entfernung von den Nachbargrundstücken erlaubten. Ferner könne ein Pferdestall unter Umständen dann zugelassen werden, wenn er derart am Ortsrand errichtet sei, dass er mehr der freien Landschaft, als einem Wohngebiet zugeordnet werden könne (vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, U.v. 5.10.2009 - 15 B 08.2380).

Gemessen daran geht hier der Verwaltungsgerichtshof mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass diese Voraussetzungen auf dem in einem Allgemeinen Wohngebiet liegenden Grundstück des Klägers ersichtlich nicht erfüllt sind. Das Grundstück, auf dem er neben seinem Wohnhaus in einem ursprünglich als Holzlager und Gartengeräteraum genehmigten Nebengebäude in zwei Pferdeboxen Haflinger hält, ist lediglich 752 m² groß und damit nicht „weiträumig“ im Sinne der dargestellten Rechtsprechung. Überdies beträgt die Entfernung des als solches genutzten Stallgebäudes zum Nachbargrundstück FlNr. 2900/60 Gemarkung Waldaschaff nur etwa 8 m; diese ist nicht als ausreichend im Sinne der o.g. Grundsätze anzusehen, denn eine Beeinträchtigung der Nachbarschaft ist damit nicht ausgeschlossen. Und schließlich mag sich das Grundstück des Klägers zwar - noch - in Ortsrandlage befinden, das gilt jedoch nicht uneingeschränkt für das als Pferdestall genutzte Nebengebäude, das L-förmig auf die Wohnbebauung hin ausgerichtet ist. Da unter diesen Umständen die beantragte Genehmigung zur Nutzungsänderung nicht erteilt werden kann, bedurfte es der Einnahme eines gerichtlichen Augenscheins nicht.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wurden ebenfalls nicht dargelegt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen (st. Rspr., z. B. BayVGH, B.v. 24.8.2011 - 14 ZB 09.1067; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 124a, Rn. 63). Daran fehlt es hier, denn das diesbezügliche Vorbringen des Klägers erschöpft sich in der Behauptung, nach durchgeführter Beweisaufnahme hätte zugunsten seines Antrags entschieden werden müssen.

Im Übrigen nimmt der Verwaltungsgerichtshof zur Begründung auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Sowohl die Ablehnung der beantragten Genehmigung der Nutzungsänderung als auch die Untersagung der bereits betriebenen Pferdehaltung begegnen nach dem oben Gesagten keinen rechtlichen Bedenken.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob bei einer grundsätzlich erlaubten Abstandnahme des Planungsträgers von einer abschließenden Konfliktbewältigung der ungeklärten Erschließungssituation im Bebauungsplan und Verweisung auf nachfolgende Fachplanungen, welche anschließend in eine das Stadium der Planreife gemäß § 33 Abs. 1 BauGB erreichende Bebauungsplanänderung münden und ein hinreichendes Erschließungskonzept beinhalten, gleichwohl noch keine Erschließungspflicht der Gemeinde aus rechtstreuem Verhalten begründen und nach wie vor auch eine negative Beurteilungsprognose der Erschließbarkeit rechtfertigen". Diese Frage bedarf der Auslegung. Der Sache nach geht es dem Kläger offensichtlich darum, klären zu lassen, ob eine Erschließungspflicht einer Gemeinde und damit korrespondierend ein Erschließungsanspruch eines Bauantragstellers besteht, wenn bei einem als unwirksam erkannten Bebauungsplan das zur Heilung des Mangels eingeleitete Bebauungsplanänderungsverfahren das Stadium der Planreife i.S.d. § 33 Abs. 1 BauGB erreicht hat. Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Vorhaben des Klägers nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht nach § 33 BauGB, sondern als Außenbereichsvorhaben nach § 35 BauGB zu beurteilen ist (UA S. 9). Dass in einem solchen Fall eine Erschließungspflicht der Gemeinde nicht besteht, liegt auf der Hand. Zudem fehlt es nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts an dem zur Begründung einer gemeindlichen Erschließungspflicht erforderlichen Erschließungsangebot des Klägers oder eines Dritten an die beigeladene Gemeinde (Beschluss vom 17. Juni 1993 - BVerwG 4 C 7.91 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 30).

3

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts oder Bundesverfassungsgerichts widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712; stRspr). Er ist hier nicht dargelegt. Der Kläger beanstandet, dass das Oberverwaltungsgericht die im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2007 - BVerwG 4 BN 10.07 - genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Konfliktverlagerung auf ein nachfolgendes Genehmigungsverfahren fehlerhaft verneint habe. Die unrichtige Anwendung eines höchstrichterlichen Rechtssatzes, so sie denn vorläge, begründet aber keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr).

4

3. Schließlich liegen auch die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.

5

a) Die Beschwerde ist der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, indem es nicht durch "sachverständige Feststellung" hat prüfen lassen, "ob es tatsächlich durch die seitens der beigeladenen Ortsgemeinde beabsichtigte weitere Fachplanung nicht zu bewerkstelligen war, eine Erschließung des Plangebietes technisch möglich und wirtschaftlich machbar zu erreichen". Ein entsprechender Beweisantrag sei mit Schriftsatz vom 7. Februar 2012 gestellt worden; dem sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.

6

Ein Aufklärungsmangel ist hiermit nicht dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen (Beschluss vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltschaftlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223 f.> = Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 7 S. 8 f.; Beschluss vom 10. Oktober 2001 - BVerwG 9 BN 2.01 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 10 f.). Soweit der Kläger auf den im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Februar 2012 enthaltenen Beweisantrag verweist, ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nur um die Ankündigung eines Beweisantrages bzw. um eine Beweisanregung handelt, die die Folgen des § 86 Abs. 2 VwGO nicht auszulösen vermag.

7

Die Tatsache, dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist allerdings dann unerheblich, wenn sich dem Tatsachengericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Das setzt aber den schlüssigen Vortrag voraus, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen (stRspr; z.B. Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 7 B 45.10 - juris Rn. 13); dieser materiell-rechtliche Standpunkt ist auch dann maßgeblich, wenn er rechtlichen Bedenken begegnen sollte (Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>; Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447 <449> und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 38.10 - juris Rn. 18). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht. Sie legt nicht dar, warum sich dem Oberverwaltungsgericht von seiner Rechtsauffassung ausgehend eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, sondern beurteilt die Frage der weiteren Sachaufklärung aus Sicht der Klagepartei.

8

b) Die weiteren Rügen, das Oberverwaltungsgericht hätte seine Prüfung nicht darauf beschränken dürfen, ob ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung (richtig: Vorbescheid) zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden habe, sondern hätte darüber hinaus die im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage erhebliche Fragestellung beurteilen müssen, ob während des Verfahrens irgendwann einmal ein entsprechender Rechtsanspruch bestanden habe, sowie das Oberverwaltungsgericht habe die aus den Verfahrensakten ersichtliche 1. Planänderung des Bebauungsplans "Vor dem Dörnchen" außer Acht gelassen, greifen ebenfalls nicht durch. Soweit damit überhaupt ein Verfahrensfehler und nicht ein solcher des materiellen Rechts behauptet wird, liegen jedenfalls die Voraussetzungen des - einzig in Betracht kommenden - § 138 Nr. 6 VwGO offensichtlich nicht vor (Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 ).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine Auflage im Bauvorbescheid des Landratsamts W. vom 30. April 2010.

Mit Unterlagen vom 7. Januar 2010 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids zu der Frage, ob der von ihm geplante Milchviehlaufstall mit 70 Kuhplätzen sowie 35 Jungviehplätzen auf dem Grundstück Flur-Nr. 176 der Gemarkung Al. errichtet werden kann. Der Beklagte erteilte mit Bescheid vom 30. April 2010 den Bauvorbescheid mit der Auflage Nr. 1.4, wonach aus immissionsschutzrechtlichen Gründen die offene Stallseite auf der der Wohnbebauung abgewandten Seite (Süd- oder Ostseite) vorzusehen ist.

Die gegen diese Auflage erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10. Juni 2011 ab. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.

Das Verwaltungsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass sich das Stallgebäude im Außenbereich und die maßgebliche Wohnbebauung im Dorfgebiet befindet (Rn. 24). Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist das Verwaltungsgericht auch nicht von falschen Schutzabständen ausgegangen und hat die Anwendung der „Abstandsregelung Rinderhaltung“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ nicht auf geschlossene Ställe beschränkt. Aus dem Urteil ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht auf einen - auch vom Kläger als zutreffend genannten - Abstand des geplanten Stallgebäudes zum nächsten Wohngebäude von 60 m (Rn. 27) sowie auf „Bild 2“ der Abstandsregelung und die dort dargestellten Abstandskurven abgestellt hat. Anders als der Kläger geht das Verwaltungsgericht jedoch davon aus, dass bei einem Offenstall auch oberhalb der „oberen Abstandskurve“ eine Einzelfallbetrachtung zulässig ist, die vorliegend zur angegriffenen Auflage geführt hat. Dies ist hier rechtlich nicht zu beanstanden.

Die „Abstandsregelung Rinderhaltung“ stellt eine sachverständige Orientierungshilfe für die Ermittlung erforderlicher Abstände zwischen Rinderhaltungsbetrieben und Wohnbebauung dar (BayVGH, B. v. 3.2.2011 - 1 ZB 10.718 - juris Rn. 10). Sie liefert brauchbare Anhaltspunkte für die Beurteilung der im Einzelfall von der genehmigten Rinderhaltung ausgehenden Beeinträchtigung für die Nachbarn (BayVGH, B. v. 11.2.2009 - 15 ZB 08.1045 - juris Rn. 12). Gleichwohl handelt es sich bei der Abstandsregelung für Rinderhaltungen um kein abschließendes, verbindliches Regelwerk, sondern vielmehr nur um eine Groborientierung der Belastungssituation (BayVGH, B. v. 1.3.2012 - 15 ZB 10.390 - juris Rn. 10). Die Einhaltung der Abstände ist regelmäßig nur ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen auftreten, die Anwendbarkeit unterliegt aber - wie bei anderen Arbeitshilfen auch - Einschränkungen hinsichtlich Überlagerungen von Geruchsfahnen, Vorbelastungen oder topografischen und meteorologischen Verhältnissen. Unter Berücksichtigung der - auch in der „Abstandsregelung Rinderhaltung“ angeführten - Besonderheiten von Offen-ställen, deren Geruchsschwellenentfernungen signifikant höher liegen als diejenigen konventioneller Ställe (BayVGH, B. v. 1.3.2012 - 15 ZB 10.390 - juris Rn. 9), bleibt daher auch oberhalb der „oberen“ Abstandskurven der Bilder 1 und 2 der Abstandsregelung Raum für eine Einzelfallbetrachtung und die Festlegung eines höheren Mindestabstands (vgl. BayVGH, U. v. 1.4.2004 - 25 B 98.3300 - juris Rn. 76). Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der fachlichen Aussagen der Vertreterin der Regierung von ... in der mündlichen Verhandlung unter Beachtung der Vorbelastung, der Bebauungssituation und der vorherrschenden Windrichtung darauf abgestellt, dass hier ein höherer Abstand als die der Abstandskurve von Bild 2 entsprechenden 40 m einzuhalten ist. Mängel im Bereich der tatsächlichen Feststellungen hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht dargelegt. Aus der „Abstandsregelung Rinderhaltung“ ergibt sich, dass sich bei Offenställen die Abstandsbestimmung an der oberen Abstandskurve orientieren soll (vgl. auch BayVGH, B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - juris Rn. 55) und darauf zu achten ist, dass offene Stallseiten auf der der Wohnbebauung abgewandten Seite geplant werden. Damit wird allerdings nicht ausgeschlossen, dass bei Offenställen auch außerhalb des Bereichs zwischen den Abstandskurven Raum für eine Einzelfallbetrachtung bestehen kann.

Im Übrigen dürfte dem Kläger das Rechtsschutzinteresse für seine Klage fehlen, weil ihm mit Bescheid des Landratsamts W. vom 11. November 2010 eine bestandskräftige Baugenehmigung für einen Rinderstall mit 114 Rinder- und 25 Kälberplätzen (124 GV) erteilt wurde. Ein Rechtsschutzinteresse fehlt grundsätzlich, wenn das Bauvorhaben, das Gegenstand des Vorbescheids war, verwirklicht ist (Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Stand 9/2014, Art. 71 Rn. 36; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand 6/2014, Art. 71 Rn. 61), da sich der Vorbescheid dann gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt hat (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 71 Rn. 24). Zwar entfällt das Rechtsschutzinteresse nicht, wenn auf dem Baugrundstück ein Bauvorhaben vorhanden ist, das sich mit dem beantragten Vorbescheid nicht in Einklang bringen lässt (Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiss, BayBO, Stand 5/2014, Art. 71 Rn. 19; Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, Art. 71 Rn. 36), der Kläger kann jedoch vorliegend durch den Vorbescheid seine Rechtsstellung nicht verbessern.

Zwar sind hier Vorbescheid und Bauantrag insbesondere hinsichtlich der Tierzahlen nicht identisch, die Baugenehmigung geht jedoch über die im Vorbescheidsverfahren zugrundeliegenden Tierzahlen (70 Kühe und 35 Jungviehplätze - 99 GV) deutlich hinaus und beinhaltet zudem mit einer Güllegrube und zwei Fahrsilos weitere immissionsschutzrechtlich relevante Anlagenteile. Der Kläger könnte sich daher nicht auf die Bindungswirkung des Vorbescheids vom 9. April 2010 berufen, sondern müsste vielmehr einen Tekturantrag stellen, bei dessen Prüfung der Genehmigungsfähigkeit dann aber auf die - seinerzeit nur im Entwurfsstadium vorliegende - VDI-Richtlinie 3894 (vgl. auch „Abstandsregelung Rinderhaltung“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ Nr. 3.3.1 und Nr. 3.3.2 Stand 10/2013) abzustellen wäre. Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Anwendung der „Abstandsregelung Rinderhaltung“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissions-schutz in der Landwirtschaft“ zum damaligen Stand März 2009 würde sich daher nicht ohne Weiteres in gleicher Form stellen und der Kläger könnte ein gegebenenfalls für ihn positives Ergebnis nicht auf den bestehenden, genehmigten Stall übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine entsprechende Reduzierung des Tierbestandes anstrebt oder auf die Baugenehmigung einschließlich Fahrsilos und Güllegrube (teilweise) verzichtet, um die Identität der bauplanungsrechtlichen Beurteilung herzustellen, sind im Hinblick auf die Umsetzung und Ausnutzung der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 11. November 2010 weder ersichtlich noch vorgetragen.

2. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe es in verfahrensfehlerhafter Weise unterlassen, eine sich in der gegebenen Situation aufdrängende und prozessrechtlich notwendige Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durchzuführen, führt nicht zur Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Mit dieser Argumentation macht der Kläger sinngemäß geltend, das Verwaltungsgericht habe den in § 86 Abs. 1 VwGO enthaltenen Untersuchungsgrundsatz verletzt, wonach von Amts wegen der Sachverhalt zu ermitteln und die erforderlichen Beweise zu erheben sind. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann aber grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier der Kläger - es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (BayVGH, B. v. 30.6.2014 - 9 ZB 13.911 - juris Rn. 2; BVerwG, B. v. 20.12.2012 - 4 B 20/12 - BRS 79 Nr. 73 = juris Rn. 6). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 10. Juni 2011 wurden die rechtlichen Voraussetzungen sowie die fachlichen Grundlagen betreffend die Geruchsproblematik erörtert; ein Beweisantrag wurde vom Klägerbevollmächtigten jedoch nicht gestellt.

Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung zwar Fragen gestellt, ist der fachlichen Stellungnahme der sachkundigen Vertreterin der Regierung von ... aber nicht qualifiziert und substantiiert entgegen getreten, so dass auch nicht nachvollziehbar ist, weshalb sich dem Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen (BayVGH, B. v. 25.3.2014 - 15 ZB 12.2014 - juris Rn. 11). Dem Verwaltungsgericht steht bei seiner Entscheidung über Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten ein tatrichterliches Ermessen zu (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2014 - 15 ZB 12.163 - juris Rn. 13). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht zur Beurteilung der zu erwartenden Geruchsbelastung auf die fachtechnischen Stellungnahmen des Umweltingenieurs des Landratsamtes und der sachkundigen Vertreterin der Regierung von ... abgestellt hat. Dass diese Stellungnahmen ungeeignet waren, wird im Zulassungsantrag nicht dargelegt. Vielmehr geht auch die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme des Sachverständigen G. - ohne Berücksichtigung der Vorbelastungen - bereits von einer belästigungsrelevanten Geruchsstundenhäufigkeit von 15 v. H. nach der Geruchsimmissionsrichtlinie aus, was die Vertreter des Beklagten gerade mit Blick auf die Vorbelastung als Grund für eine notwendige Einzelfallbetrachtung und Erhöhung des Abstandes herangezogen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich gegen die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 12. Dezember 2011 für die Nutzungsänderung eines bestehenden Stallgebäudes zur Schweinehaltung auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung G. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juli 2012 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Kläger.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand der Kläger, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von 300 gehaltenen Schweinen in Mittel- und Endmast sowie 60 gehaltenen Schweinen in Vormast ausgegangen, weil der Baugenehmigungsbescheid ohne Einschränkung auf die Anzahl der gehaltenen Schweine ergangen und auch keine Höchstgrenze festgelegt worden sei, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

In der auf Anforderung der Beklagten zum Bauantrag eingereichten Anlagenbeschreibung vom 24. Oktober 2011, die eine Bauvorlage i. S. d. Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, § 1 Abs. 1 und § 9 BauVorlV ist, legt der Beigeladene dar, welche Art der Schweinehaltung seinem Bauantrag zugrunde liegt (Rein-Raus-Verfahren, Ausstallgewicht ca. 110 kg, Vormast und Endmast). Weiter wird in der zur Anlagenbeschreibung genommenen Anlage 2 die Buchtenaufteilung und die darin gehaltene Anzahl von Schweinen angegeben (in einer Stallung 60 Vormastplätze, in den übrigen Stallungen insgesamt 300 Plätze). Mit der Bezeichnung seines Vorhabens in den dem Bauantrag beigefügten Bauvorlagen hat der Beigeladene den Gegenstand des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens festgelegt (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 64 Rn. 3). Inhalt, Reichweite und Umfang der angefochtenen Baugenehmigung sind danach eindeutig erkennbar; Zweifel an der inhaltlichen Bestimmtheit der Baugenehmigung (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) bestehen nicht. Hiervon ausgehend bestand keine Veranlassung, den durch den Bauantrag konkret bezeichneten Umfang der Schweinehaltung durch Nebenbestimmungen (Art. 68 Abs. 3 BayBO, Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG) zur Baugenehmigung festzulegen.

Die in Ansatz gebrachten Großvieheinheiten ergeben sich aus der für die Geruchsbeurteilung durch den behördlichen Immissionsschutz im Baugenehmigungsverfahren herangezogenen VDI 3471 (Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine; vgl. Grundbegriffe/Großvieheinheit, Faktor GV/Tier für die Vormast 0,06 und für die Mittel-/Endmast 0,12).

b) Der Vortrag der Kläger, um das Anwesen des Beigeladenen sei letztlich nur noch Wohnbebauung gegeben, lässt keine ernstlichen Zweifel an der tatrichterlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen eines faktischen Dorfgebiets aufkommen.

Angesichts der auf dem Grundstück des Beigeladenen befindlichen Hofstelle, der in der Klageschrift vom 5. Januar 2012 bezeichneten weiteren landwirtschaftlichen Betriebe (vgl. auch Anlage A 4 zur Klageschrift) und der vorhandenen Wohnnutzungen, entspricht die nähere Umgebung der Eigenart eines Dorfgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 Abs. 1 BauNVO). Der Charakter eines Dorfgebiets hängt im Übrigen nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, B.v. 19.1.1996 - 4 B 7/96 - juris).

2. Den Darlegungen im Zulassungsantrag lässt sich auch kein Verfahrensmangel entnehmen, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Die Kläger sind der Ansicht, das Verwaltungsgericht habe angesichts der besonderen Grundstückssituation im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ein meteorologisches Gutachten zu den Windrichtungen und der Abströmungssituation auf dem Grundstück des Beigeladenen zum Grundstück der Kläger in Erwägung ziehen müssen. Ein Gutachten hätte ergeben, dass keinesfalls die angenommene meteorologische Situation Richtung W... zutreffend sei, sondern sich gerade Geruchsimmissionen in Richtung des klägerischen Grundstücks entwickeln könnten.

Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 26. Juli 2012 wurden die zu erwartenden Geruchswirkungen und die Abströmverhältnisse erörtert. Der Klägerbevollmächtigte hat dem Vortrag des Umweltingenieurs in der mündlichen Verhandlung weder widersprochen, noch hat er in der mündlichen Verhandlung einen dahingehenden förmlichen Beweisantrag gestellt. Es ist deshalb nicht nachzuvollziehen, wieso sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, obwohl sie von den bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Klägern nicht beantragt worden war. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG, B.v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - NVwZ-RR 2007, 285).

b) Soweit eingewandt wird, das Verwaltungsgericht habe auf eine Gesamttierzahl abgestellt, welche im Baugenehmigungsbescheid nicht fixiert sei, wird auf die Ausführungen unter Nr. 1 Buchst. a dieses Beschlusses verwiesen.

c) Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe in seine Entscheidung einfließen lassen, dass bisher seitens der Kläger keine Beschwerden an die Beklagte herangetragen worden sind und deshalb davon auszugehen ist, dass eine Geruchsbelästigung nicht vorliegt, ohne überhaupt ermittelt zu haben, in welchem Umfang bisher Schweinehaltung durch den Beigeladenen betrieben wurde, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, dass die Mastschweinehaltung im jetzt genehmigten Umfang bereits seit mindestens 10 Jahren existiert. Der Beklagtenvertreter hat hierzu erläutert, dass über den 10-jährigen Zeitraum der jetzt bestehenden Mastschweinehaltung von Klägerseite formell keine Beschwerden erhoben wurden, was der Klägerbevollmächtigte bestätigt hat. Weshalb sich dem Verwaltungsgericht dennoch eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, obwohl die Kläger dies weder beantragt noch dem Vortrag des Beigeladenen oder des Beklagtenvertreters widersprochen hatten, ist nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht auf Grundlage der fachkundigen Stellungnahme des Umweltingenieurs und der VDI 3471 umfassend begründet, dass unzumutbare Geruchsbelästigungen zulasten der Kläger auszuschließen sind. Lediglich ergänzend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass in den letzten zehn Jahren, seitdem der landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen diesen Umfang der Schweinehaltung aufweise, keine Nachbarbeschwerden amtsbekannt geworden sind. Auf dieser Feststellung beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts aber nicht tragend.

3. Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Die Wertfestsetzung folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Befugnis des Landesjustizprüfungsamts des Beklagten, die Benotung einer schriftlichen Aufsichtsarbeit der Klägerin in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung nachträglich auf "ungenügend (0 Punkte)" herabzusetzen, weil die Klägerin es unternommen haben soll, den im verwaltungsinternen Überdenkensverfahren für die Überprüfung seiner Erstbewertung dieser Arbeit zuständigen Prüfer zu beeinflussen.

2

Nachdem die Klägerin die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden hatte, nahm sie als Wiederholerin am Prüfungsdurchgang 2005/1 teil und fertigte neun schriftliche Aufsichtsarbeiten an. Obwohl sich aus den von ihr erzielten Einzelbewertungen eine durchschnittliche Bewertung im Bereich der Note "ausreichend" ergab (4, 11 Punkte), war die Prüfung aufgrund der sogenannten "Mehrheitsklausel" in § 54 Abs. 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaats Sachsen - SächsJAPO - in der auf die Klägerin anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 1994 (SächsGVBl S. 1080) sowie der Dritten Änderungsverordnung vom 15. April 1998 (SächsGVBl S. 181) nicht bestanden, weil fünf der Aufsichtsarbeiten mit weniger als 4 Punkten bewertet worden waren. Das Landesjustizprüfungsamt teilte der Klägerin mit Bescheid vom 8. April 2005 die Bewertung ihrer Arbeiten sowie als Ergebnis der Prüfung mit, sie habe diese nicht bestanden.

3

Zu den fünf mit weniger als 4 Punkten bewerteten Arbeiten zählte auch die Klausur Nr. 3 mit 3,5 Punkten (Erstkorrektor 3 Punkte, Zweitkorrektor 4 Punkte).

4

Gegen den Bescheid vom 8. April 2005 legte die Klägerin Widerspruch ein. Nachdem die Klägerin daraufhin Kopien mehrerer Prüfungsarbeiten sowie der dazugehörigen Prüfervoten erhalten hatte, erhob sie Einwendungen gegen die Bewertung der Klausuren Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 9. Das Landesjustizprüfungsamt übermittelte die Einwendungen der Klägerin den betroffenen Prüfern zur Stellungnahme.

5

Mit Schreiben vom 29. Juni 2005 teilte der Erstprüfer der Klausur Nr. 3 dem Landesjustizprüfungsamt mit, die Klägerin habe bei ihm angerufen und ihre Absicht erläutert, Widerspruch gegen die Erstbewertung einzulegen. Sie habe auf ihre prekäre Gesamtsituation und darauf hingewiesen, dass sie trotz der insgesamt 4, 11 Punkte in der schriftlichen Prüfung an der sogenannten Mehrheitsklausel gescheitert sei. Es habe sich ein ausführliches Telefonat und ein Folgetelefonat ergeben. Er wäre angesichts dieser Kontaktaufnahme dankbar, von einer Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin absehen zu dürfen. Er fühle sich in der Überprüfung seines Votums nicht mehr völlig frei, zumal die Arbeit nach seinen internen Bewertungsübersichten exakt auf der Grenze zwischen 3 und 4 Punkten gelegen habe. Falls die Möglichkeit bestehe, solle die Arbeit einem anderen seinerzeit befassten Prüfer zur Entscheidung überwiesen werden. Andernfalls sei die Anonymität der Prüfung nicht mehr gewährleistet.

6

Die hierzu um Stellungnahme gebetene Klägerin bestätigte, dass sie mit dem Prüfer telefonisch Kontakt aufgenommen habe. Sie habe ihn um Erläuterung seiner Anmerkungen und um Mitteilung seiner Entscheidungsgründe gebeten. In dem Gespräch habe sie ihren Namen genannt und mitgeteilt, dass sie das Examen nicht bestanden habe und er Prüfer ihrer Klausur Nr. 3 gewesen sei. Ihr Ziel sei nicht die Beeinflussung des Prüfers, sondern die Beantwortung einiger Fragen zu seiner Bewertung gewesen, um eine bestmögliche Widerspruchsbegründung abgeben zu können. Der Prüfer habe sich über ihren Anruf überrascht gezeigt und gefragt, um welchen Durchgang es sich handle und mit welcher Punktzahl sie durchgefallen sei; sie habe dies beantwortet. Der Prüfer habe um Bedenkzeit gebeten und ihr erklärt, dass er sich für befangen erklären würde und müsste, wenn er sich für ein nochmaliges Lesen der Klausur und eine Erläuterung seiner Entscheidungsgründe entscheiden würde. Dem habe sie zugestimmt. In einem Folgetelefonat am nächsten Tag habe er erklärt, er habe festgestellt, dass es sich um eine Klausur mit 3,5 Punkten handle und er deshalb auf ihre Anfrage nicht eingehen möchte. Er habe gesagt, sie solle Widerspruch einlegen und eine sachlich gut ausgearbeitete Widerspruchsbegründung vorlegen. Anschließend habe er ihr den weiteren Fortgang des Verfahrens erklärt, insbesondere, dass er sich für befangen erklären würde und ein dritter, ihm unbekannter Prüfer mit der Bearbeitung beauftragt werde.

7

Unter dem 25. August 2005 erklärte der Prüfer dem Landesjustizprüfungsamt auf dessen Nachfrage hin, die Klägerin habe den Inhalt der Telefonate mit ihm im Wesentlichen richtig wiedergegeben. Allerdings habe er eine Gefahr der Befangenheit nicht wegen der Benotung im Grenzbereich, sondern wegen der persönlichen Kontaktaufnahme gesehen.

8

Der Prüfungsausschuss für die Zweite Juristische Staatsprüfung stufte das Verhalten der Klägerin als unlauteres Verhalten im Prüfungsverfahren ein und setzte die Benotung der Klausur Nr. 3 auf "ungenügend (0 Punkte)" herab.

9

Mit Ausgangs- und Widerspruchbescheid vom 20. Dezember 2005 wies das Landesjustizprüfungsamt unter Ziff. 3 den Widerspruch der Klägerin zurück und änderte unter Ziff. 1 seinen Bescheid vom 8. April 2005 dahingehend ab, dass die Klausur Nr. 3 nunmehr mit 0 Punkten benotet und die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung auf 3, 72 Punkte festgesetzt werde. Zur Begründung der neuen Benotung der Klausur Nr. 3 gab das Landesjustizprüfungsamt an, die Klägerin habe es unternommen, den Erstprüfer zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. seien gegeben.

10

Auf die von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Dresden den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Dezember 2005 in Ziff. 1 sowie des Bescheids vom 8. April 2005 verpflichtet, das Prüfungsverfahren hinsichtlich der Bewertung der Klausur Nr. 3 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzusetzen; den Widerspruchbescheid vom 20. Dezember 2005 hat das Verwaltungsgericht mit diesem Urteil aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht. Die telefonische Kontaktaufnahme mit dem Prüfer der Klausur Nr. 3 sei weder bestimmt noch geeignet gewesen, das Prüfungsergebnis im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. durch Einwirkung auf den Prüfer zu beeinflussen.

11

Auf die Berufung des Beklagten hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden abgeändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Bereits durch den Anruf beim Prüfer der Klausur Nr. 3 und die dort vorgenommenen Mitteilungen habe die Klägerin auf den Prüfer im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. eingewirkt. Die Kontaktaufnahme sei auch geeignet gewesen, das Prüfungsergebnis zu beeinflussen. Die Aufhebung der Anonymität führe dann zur Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit, wenn der Prüfer bei Kenntnis der Person des Prüflings zu einer unvoreingenommenen Leistungsbeurteilung nicht willens oder fähig sei. Ein solcher Fall sei gegeben, wenn dem Prüfer durch die persönliche Kontaktaufnahme des Prüflings dessen Situation, insbesondere die Maßgeblichkeit der vergebenen Punktzahl für das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung, bekannt werde. Hier sei es nach den Wertungen des sächsischen Verordnungsgebers nicht mehr gewährleistet, dass ein Prüfer die Prüfungsentscheidung allein nach fachlichen Gesichtspunkten und gleichmäßig im Verhältnis zu den Leistungen der Mitprüflinge einordne und bewerte. Vielmehr sei es möglich, dass der Prüfer sich unbewusst beeinflussen lasse oder aber, um dies auszuschließen, seine Befürchtung, befangen zu sein, anzeige. Werde dem Prüfer die persönliche Lebenssituation und die Maßgeblichkeit der Überdenkensentscheidung für den weiteren Lebensweg des Prüflings bekannt, führe dies nach dem hier maßgeblichen Prüfungsrecht zu Zweifeln an seiner unparteiischen und unvoreingenommenen Leistungsbeurteilung und somit zum Ausschluss vom Prüfungsverfahren wegen Besorgnisses der Befangenheit.

12

Die Klägerin rügt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision zum einen verschiedene Verfahrensmängel. Insbesondere habe der Vorsitzende Richter des Senats des Oberverwaltungsgerichts Umstände nicht angegeben, die seine Befangenheit begründen würden, noch sich aufgrund dieser Umstände der Entscheidung enthalten. Materiell-rechtlich verletze das angefochtene Urteil zum einen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG und zum anderen das bundesrechtliche Gebot der Chancengleichheit und Berufsfreiheit im Prüfungsverfahren gemäß Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 GG. In diesem Zusammenhang rügt die Klägerin im Wesentlichen, das Oberverwaltungsgericht habe auf Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts zu Unrecht eine Einwirkung auf den Prüfer angenommen. Ihr sei einzig vorwerfbar, sich nicht bewusst gewesen zu sein, dass sie zur Kontaktaufnahme mit dem Prüfer nicht befugt gewesen sei. Dies genüge unter Abwägung des Grundsatzes der Chancengleichheit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht, um ein Einwirken im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. zu bejahen.

13

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. Juni 2010 zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 18. Juni 2009 zurückzuweisen.

14

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht zwar nicht auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 138 VwGO (unten 1), jedoch auf einem Verstoß gegen das Grundrecht der Klägerin auf Berufswahlfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG und damit auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar ist die von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. vorgesehene Bewertung einer Prüfungsarbeit mit "ungenügend (0 Punkte)" zur Sanktionierung einer unternommenen Prüferbeeinflussung bei genereller Betrachtung mit bundesrechtlichen Vorgaben vereinbar (unten 2). Unter den im Fall der Klägerin gegebenen individuellen Umständen war es aber unverhältnismäßig und verstieß somit gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, ihr Verhalten mit dieser Sanktion zu belegen (unten 3.). Die in der Vorinstanz getroffenen Tatsachenfeststellungen bilden für den Senat eine hinreichende Grundlage, um in der Sache selbst zu entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte ist demgemäß verpflichtet, das Prüfungsverfahren der Klägerin fortzusetzen und eine Überprüfung der Benotung ihrer Klausur Nr. 3 vorzunehmen.

17

1. Der Vortrag der Klägerin, der Vorsitzende Richter des zur Entscheidung berufenen Senats des Oberverwaltungsgerichts habe - wie ihr erst nachträglich bekannt geworden sei - trotz Vorliegens von Umständen, welche die Besorgnis seiner Befangenheit begründen würden, diese Umstände weder angezeigt noch sich der Entscheidung enthalten, führt nicht auf einen Verfahrensmangel im Sinne von § 138 VwGO.

18

Grundsätzlich kann die Revision auf das behauptete Vorliegen eines erst nachträglich bekannt gewordenen Befangenheitsgrundes nicht gestützt werden (Urteil vom 30. Oktober 1969 - BVerwG 8 CB 129/130.67 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 5 S. 1). Nur wenn der Richter der Vorinstanz tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hat vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene, begründet dies einen Besetzungsfehler im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO, der auch nach Beendigung der Vorinstanz noch mit Erfolg gerügt werden kann (vgl. Urteil vom 16. April 1997 - BVerwG 6 C 9.95 - Buchholz Prüfungswesen 421.0 Nr. 382 S. 186). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Hinweise nichts ersichtlich. Die frühere Verwendung des Vorsitzenden Richters im Landesjustizprüfungsamt oder seine kollegiale Verbindung zu dem Richter, der zuvor als Mitarbeiter dieses Amtes das hier in Rede stehende Verwaltungsverfahren gegenüber der Klägerin bearbeitet hatte, ergeben keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit bei der Mitwirkung an der Entscheidung über die Berufung des Beklagten zu zweifeln.

19

Das Vorbringen der Klägerin greift auch nicht als Verfahrensrüge im Sinne von § 138 Nr. 2 VwGO durch. Weder war der Vorsitzende Richter in der Vorinstanz wegen Besorgnisses der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt worden noch liegen irgendwelche Anhaltspunkte dafür vor, dass er an der Mitwirkung an der Berufungsentscheidung kraft Gesetzes (vgl. § 54 VwGO) ausgeschlossen gewesen wäre.

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2. (a) § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.

21

(1) Regelungen, die für die Aufnahme eines Berufs den Nachweis erworbener Fähigkeiten durch Bestehen einer Prüfung verlangen, greifen in die Freiheit der Berufswahl ein und müssen deshalb den Anforderungen des Art. 12 GG genügen (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 1529/84, 138/87 - BVerfGE 84, 59 <72>; stRspr). Dies gilt auch für Regelungen, die das Verfahren einer entsprechenden Prüfung ausgestalten (BVerfG, Beschluss vom 13. November 1979 - 1 BvR 1022/78 - BVerfGE 52, 380 <388>; stRspr). Einen an Art. 12 GG zu messenden Eingriff in die Freiheit der Berufswahl stellt es insbesondere dar, wenn eine Vorschrift das Fehlverhalten eines Prüflings sanktioniert, indem sie eine erbrachte Prüfungsleistung von der inhaltlichen Bewertung ausschließt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1979 a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 59 ff.). Um eine solche Vorschrift handelt es sich bei § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. Die durch sie vorgesehene Rechtsfolge der Bewertung mit "ungenügend (0 Punkten)" kommt einem Bewertungsausschluss gleich. Dies gilt auch dann, wenn die Sanktionierung als Reaktion auf eine Handlung erfolgt, die der Prüfling erst im Rahmen des Widerspruchverfahrens bzw. des in seinem Rahmen verwaltungsintern durchgeführten Überdenkensverfahren unternommen hat und die so zur nachträglichen Herabsetzung einer bereits vergebenen Note führt.

22

(2) Grundrechtseingriffe müssen, um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dieser verlangt, dass der Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient und als Mittel zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07, 595/07 - BVerfGE 120, 274 <318 f.>; stRspr). Diesen Anforderungen genügt § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F.

23

Indem § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. den Bewertungsausschluss einer Prüfungsarbeit vorsieht, deren Verfasser es unternommen hat, ihr Ergebnis durch Einwirken auf Prüfungsorgane oder auf von diesen mit der Wahrnehmung von Prüfungsangelegenheiten beauftragte Personen zu beeinflussen, zielt die Vorschrift auf die Ausschaltung leistungsfremder Faktoren bei der Notenvergabe. Letztere soll allein auf die fachliche Qualität der Prüfungsleistung gegründet und nicht etwa von persönlicher Anteilnahme, Druckausübung, der Erwartung etwaiger Gegenleistungen oder vergleichbaren Umständen mitbestimmt werden. Die Vorschrift soll hiermit augenscheinlich dazu beitragen, das Ziel des Prüfungsverfahrens zu erreichen, nämlich die tatsächliche individuelle Leistungsfähigkeit des Kandidaten möglichst unverfälscht abzubilden. Sie schützt insofern die objektive Aussagekraft der staatlich vergebenen Prüfungsnoten. Zugleich dient § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen unter den Prüfungsteilnehmern, die nach Vorkehrungen gegen die Erlangung ungerechtfertigter Bewertungsvorteile durch einzelne Kandidaten verlangt. Neben den Bestimmungen zur Wahrung einer materiell einheitlichen Bewertungspraxis und den (gleichfalls in § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. geregelten) Sanktionierungen bei Erlangung unlauterer Vorteile durch Täuschung, Verwendung von Hilfsmitteln oder Nutzung Hilfen Dritter sichert die Sanktionierung von Prüferbeeinflussungen so zugunsten der ehrlichen Kandidaten die Chancengleichheit in staatlichen Prüfungen ab, die durch Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistet ist (zu letzterem: BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 1974 - 1 BvL 11/73 - BVerfGE 37, 342 <353 f.>; stRspr). Schützt die Sanktionierung von Täuschungen oder Nutzungen unzulässiger Hilfen die Chancengleichheit vor Wettbewerbsverfälschungen auf Ebene der Leistungserbringung, so bewahrt die Sanktionierung von Prüferbeeinflussungen sie vor Wettbewerbsverfälschungen, die auf Ebene der Leistungsbewertung drohen.

24

Gemessen an diesen - legitimen - Zwecksetzungen erweist sich die Androhung des Bewertungsausschlusses bei genereller Betrachtung als verhältnismäßig (ebenso für den Fall von Täuschungsversuchen: Beschlüsse vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 60 f., vom 12. Januar 1981 - BVerwG 7 B 300, 301.80 - UA S. 3 und vom 20. Februar 1984 - BVerwG 7 B 109.83 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 196 S. 186):

25

Die Einschätzung des Verordnungsgebers, dieses Mittel sei zum Schutz der objektiven Aussagekraft der staatlichen Prüfungsnoten und zur Wahrung der Chancengleichheit unter den Prüfungsteilnehmern geeignet, begegnet ebenso wenig Bedenken wie die der Vorschrift zugrunde liegende Annahme, hierfür stehe ein gleichermaßen wirksames, jedoch in grundrechtlicher Hinsicht für den Sanktionsadressaten weniger belastendes Mittel nicht zur Verfügung. Es liegt auf der Hand, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. die Möglichkeit der Aussonderung von Prüfungsleistungen schafft, die der Prüfling zu beeinflussen unternommen hat, vor allem aber - worin ersichtlich der Schwerpunkt des Regelungskonzepts liegt - einen Abschreckungseffekt erzeugt, der Kandidaten von Prüferbeeinflussungen von vornherein abzuhalten vermag und der bei Androhung milderer Sanktionen fraglos schwächer ausfallen würde. Der Aspekt der Generalprävention beansprucht im Prüfungsrecht allgemein einen legitimen Stellenwert (vgl. Beschluss vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 61; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, S. 89 Rn. 245) und wird durch § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. auch nicht in grundrechtlich unzulässiger Weise überdehnt, denn die Vorschrift erweist sich bei Abwägung der Schwere des Eingriffs, zu dem sie ermächtigt, gegen das Gewicht der diesen rechtfertigenden Gründe nicht als unangemessen (zu diesem Maßstab: BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07, 595/07 - BVerfGE 120, 274 <321 f.>). Zwar greift der Bewertungsausschluss tief in die grundrechtlichen Belange des Betroffenen ein. Je nach Lage der Dinge führt die Herabsetzung der betroffenen Einzelnote auf "0 Punkte (ungenügend)" zu einer Verschlechterung der Gesamtprüfungsnote oder zum Nichtbestehen der Prüfung und kann damit seinen geplanten beruflichen Werdegang beeinträchtigen oder sogar vereiteln. Auf der anderen Seite wiegen das Interesse der Mitprüflinge an der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen sowie dasjenige der Allgemeinheit am Erhalt der Aussagekraft staatlich vergebener Prüfungsnoten nicht minder schwer. Derjenige, der eine Prüferbeeinflussung unternimmt, setzt sich über diese legitimen Interessen aus rein eigensüchtigen Motiven hinweg. Zu berücksichtigen ist überdies, dass es jedem Prüfling ohne Vernachlässigung berechtigter eigener Belange möglich ist, Prüferbeeinflussungen zu unterlassen (zu diesem Gesichtspunkt: Beschluss vom 7. Dezember 1976 - BVerwG 7 B 157.76 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78 S. 61). Da § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. hinreichend bestimmt den Bewertungsausschluss als Sanktionsfolge einer Prüferbeeinflussung normiert, kann jeder Prüfling sein Verhalten problemlos danach ausrichten und jede Gefahr des Eingriffs vermeiden.

26

(3) Grundrechtliche Bedenken werden insbesondere auch nicht dadurch hervorgerufen, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. keinen Erfolg der Einwirkungshandlung voraussetzt ("unternimmt es ein Prüfungsteilnehmer ...") und damit zur Sanktionsverhängung gerade auch in Fällen ermächtigt, in denen eine Wettbewerbsverfälschung im Ergebnis gar nicht eingetreten ist. Ohne den Einbezug erfolglos gebliebener Beeinflussungsversuche wäre der von der Vorschrift ausgehende Abschreckungseffekt gering: Bei erfolgreichen Einflussnahmen wird der Prüfer regelmäßig kein Offenlegungsinteresse haben; jenseits von Prüferaussagen verfügt die Prüfungsbehörde aber in der Regel kaum über Ermittlungsansätze. Die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i.e.S.) der Vorschrift wird durch die Ausgestaltung der Prüferbeeinflussung als Unternehmensdelikt nicht in Frage gestellt. Schon der Versuch verkörpert zumeist einen erheblichen Handlungs- und Gesinnungsunwert und kann - wie ausgeführt - vom Prüfling ohne Vernachlässigung berechtigter eigener Belange unterlassen werden.

27

(4) Schließlich ist die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. in grundrechtlicher Hinsicht nicht deshalb zu beanstanden, weil sie den Prüfungsbehörden kein Entschließungsermessen einräumt. Die Befugnis aus § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. steht wie alle Eingriffsbefugnisse unter dem Vorbehalt, dass sie in jedem Einzelfall in einer den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügenden Weise ausgeübt wird. Die Prüfungsbehörde kann daher ohne Verletzung der ihr durch Art. 20 Abs. 3 GG auferlegten Bindung an Gesetz und Recht Konstellationen gerecht werden, in denen der Unwertgehalt eines unlauteren Prüfungsverhaltens ausnahmsweise als gering anzusehen ist und dieses daher die Schwelle zur Sanktionswürdigkeit nicht überschreitet (vgl. Beschluss vom 12. Januar 1981 - BVerwG 7 B 300, 301.80 - UA S. 3). Gerade weil § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. nicht als Ermessensnorm ausgestaltet ist und überdies seine Tatbestandsmerkmale eine beachtliche Weite aufweisen, kommt der Verhältnismäßigkeitsprüfung hier eine wichtige Korrektivfunktion bei der Auslegung des Tatbestands zu. Davon ist zu Recht im Ansatz auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, indem es angenommen hat, dass in minderschweren Fällen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kein Bewertungsausschluss vorgenommen werden darf. Eine weitere Auffächerung der möglichen Sanktionsfolgen erscheint aus grundrechtlicher Sicht nicht geboten. Freilich muss die Prüfungsbehörde die damit einhergehende Beschränkung ihrer Reaktionsmöglichkeiten hinnehmen. Stellt sie ein unlauteres Prüfungsverhalten fest, dessen Gewicht im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht für einen Bewertungsausschluss hinreicht, so ist ihr bei einer Norm vom Zuschnitt des § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. jegliche Sanktionierung verwehrt, selbst wenn das in Rede stehende Verhalten einen immer noch nicht völlig zu vernachlässigenden Unwertgehalt verkörpert.

28

b. Entgegen der Auffassung der Klägerin verletzt § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. nicht das in § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG normierte Gebot, im bundesstaatlichen Rahmen die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung zu gewährleisten.

29

Das Einheitlichkeitsgebot des § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG findet in Bezug auf Verfahrensregelungen keine Anwendung (vgl. bereits Beschluss vom 11. Februar 1987 - BVerwG 7 B 10.87 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 238 S. 9). Schon der Wortlaut der Vorschrift ("Prüfungsanforderungen", "Leistungsbewertung") verdeutlicht, dass der Gesetzgeber mit ihrem Erlass auf die materielle Prüfungsgestaltung zielte, die unter verschiedenen Detailaspekten auch den Regelungsgegenstand der übrigen Bestimmungen in § 5d DRiG bildet. Das mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes vom 16. August 1980 (BGBl I S.1451 f.) ursprünglich als Satz 1 von § 5d Abs. 1 DRiG eingeführte Einheitlichkeitsgebot geht zurück auf einen Vorschlag des Bundesrates bei Anrufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 GG am 13. Mai 1980. Die Vorschlagsbegründung (BTDrucks 8/4219 S. 3) geht nicht speziell auf das Einheitlichkeitsgebot in Satz 1 ein, wohl aber auf das als unmittelbar nachfolgender Satz 2 vorgeschlagene und offensichtlich als bereichsspezifische Konkretisierung gedachte Verbot der Anrechnung von Ausbildungsnoten auf die Gesamtnote der zweiten Prüfung, das schließlich mit dem Zweiten Änderungsgesetz als Satz 4 in § 5d Abs. 1 Eingang fand und mittlerweile in § 5d Abs. 4 Satz 4 DRiG normiert ist. Hierzu heißt es (a.a.O.): Die "in der Bundesstatistik ausgewiesenen Divergenzen in den Ergebnissen der zweiten Prüfungen der Bundesländer haben ein Ausmaß angenommen, das aus prüfungs- und berufspolitischen Gründen nicht länger hingenommen werden kann. Zur Vereinheitlichung der Leistungsbewertung (...) muss deshalb die eindeutig als Hauptursache der Divergenzen erkannte Anrechnung der Ausbildungsnote in der zweiten Prüfung beseitigt werden". Anhand dieser Ausführungen erhellt sich, dass es dem Gesetzgeber vor allem um die Gewährleistung der inhaltlichen Gleichwertigkeit der Abschlüsse ging und er ein Auseinanderdriften der Notengebung in den Ländern verhindern wollte (vgl. Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 6. Aufl. 2009, § 5d Rn. 2, 11).

30

Unabhängig davon darf das Einheitlichkeitsgebot des § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG nicht als Gebot strikter Uniformität verstanden werden. Die Vorschrift steht begrenzten Abweichungen zwischen den verschiedenen Bundesländern nicht entgegen (Beschluss vom 9. Juni 1995 - BVerwG 6 B 100.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 350 S. 80). Es ist nicht ersichtlich, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. mehr als nur begrenzt von Prüfungsrecht anderer Länder (in denen zum Teil ähnliche Sanktionsregelungen gelten - siehe die Übersicht bei Schmidt-Räntsch a.a.O. Rn. 79) abweichen würde. Dies gilt auch eingedenk des von der Klägerin hervorgehobenen Umstands, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. im Unterschied zu Parallelnormen in einigen anderen Bundesländern gebundene Entscheidungen der Prüfungsbehörde vorsieht. Wie bereits aufgezeigt, muss die Sanktionsverhängung den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen. Im praktischen Ergebnis schließt dies gravierende Abweichungen von der Entscheidungspraxis aus, wie sie in anderen Bundesländern auf der Grundlage von Ermessensvorschriften ermöglicht wird, zumal bei der Entscheidung über die Verhängung prüfungsrechtlicher Sanktionen die Ermessensausübung ganz wesentlich gerade durch Erwägungen der Verhältnismäßigkeit gesteuert sein wird.

31

3. Ob das Oberverwaltungsgericht § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. im hier in Rede stehenden Fall der Klägerin in landesrechtlicher Hinsicht zutreffend ausgelegt hat, ist der revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Der Senat ist im Revisionsverfahren gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO an die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Inhalt und die Auslegung von Landesrecht gebunden. Er hat aber zu überprüfen, ob die Auslegung des Landesrechts durch das angefochtene Urteil mit Bundesrecht, insbesondere mit dem Grundgesetz im Einklang stehen. Verstößt eine Vorschrift des Landesrechts in der Auslegung, die ihr das Berufungsgericht gegeben hat, gegen Bundesrecht, insbesondere gegen das Grundgesetz, ist das Revisionsgericht nicht an die Auslegung gebunden (vgl. Urteile vom 21. April 2009 - BVerwG 4 C 3.08 - BVerwGE 133, 347 <350> - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 361 S. 8 und vom 19. Dezember 1963 - BVerwG 1 C 71.61 - BVerwGE 17, 322 <323> - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 55 S. 38 f.). So liegt es hier. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das Verhalten der Klägerin habe eine nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. sanktionswürdige Prüferbeeinflussung dargestellt, verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und verletzt daher ihr Grundrecht auf Berufswahlfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.

32

a. Keinen grundrechtlichen Bedenken begegnet allerdings, dass das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Auslegung von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. ein Einwirken, das darauf gerichtet ist, dass der Prüfer sich für befangen erklärt, einem Einwirken prinzipiell gleichgestellt hat, das darauf gerichtet ist, die Bewertung unmittelbar zu beeinflussen. Diese Gleichstellung trägt zu Recht dem Gesichtspunkt Rechnung, dass andernfalls vom Prüfling risikolos der Versuch unternommen werden könnte, einen Ausschluss nicht genehmer Prüfer zu provozieren und auf diese Weise die Notenvergabe wenigstens mittelbar zu beeinflussen. Grundrechtliche Bedenken erheben sich ferner nicht dagegen, wenn - wie hier - die Sanktionsnorm auch auf Beeinflussungsversuche des Prüflings im Stadium der verwaltungsinternen Überprüfung einer bereits vergebenen Prüfungsbenotung zur Anwendung gebracht wird. Die von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. verfolgten Zwecke sind in diesem Stadium nicht weniger schutzwürdig und schutzbedürftig als im vorausgegangenen Stadium der Erstbewertung einer Prüfungsleistung.

33

b. Gemessen an dem hier vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungskonzept ist die verhängte Sanktion ungeeignet, den mit ihr verfolgten legitimen Zweck zu erreichen, und deshalb unverhältnismäßig, weil das von ihr erfasste Verhalten der Klägerin nicht geeignet war, das Prüfungsergebnis zu beeinflussen. Dem Handeln der Klägerin durfte bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. keine Beeinflussungseignung zugesprochen werden, weil sie - wovon im Rahmen seiner den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen das Oberverwaltungsgericht ausgegangen ist - dem Prüfer dieser Klausur im Rahmen des Telefonats außer ihrer Bitte um nähere Erläuterungen der Notenvergabe, die sie zur Vorbereitung der Widerspruchsbegründung benötige, lediglich ihren Namen sowie den Umstand zur Kenntnis gebracht hat, dass sie als Wiederholerin die Prüfung nicht bestanden habe und dies unter anderem an seiner Bewertung dieser Klausur gelegen habe.

34

(1) Aufgrund dieser Informationen konnte sich der Wissensstand des Prüfers nicht in beachtlicher Weise erweitern. Er hatte sich im Rahmen des bereits eingeleiteten Überdenkensverfahrens ohnehin mit der Klausur Nr. 3 zu befassen und hierbei dann von der Möglichkeit auszugehen, dass seine Überprüfung entscheidenden Einfluss auf den Prüfungserfolg des Verfassers und dessen weiteren Berufsweg würde gewinnen können. Dass es sich beim Verfasser im vorliegenden Fall um eine Wiederholerin handelte, stellte einen gewöhnlichen Umstand dar, wie er gerade in Überdenkensverfahren häufiger vorkommt. Auch Name und Stimme der Klägerin, die der Prüfer ab ihrem Anruf mit ihr verband, konnten für ihn keinen substantiellen zusätzlichen Informationswert entfalten.

35

(2) Ergibt sich für einen Prüfer aufgrund der Mitteilung eines Prüflings eine Sachlage, die in ihrer informatorischen Substanz im Wesentlichen dem entspricht, wovon er ohnehin ausgegangen ist oder als naheliegende Möglichkeit auszugehen hatte, so vermag dies seine Unbefangenheit im Rechtssinne nicht zu beeinträchtigen. Der Senat geht in gefestigter Rechtsprechung vom Bild eines Prüfers aus, der zu einer selbständigen, eigenverantwortlichen, nur seinem Wissen und Gewissen verpflichteten Bewertung fähig und bereit ist. Demgemäß ist nicht jede Möglichkeit des Einflusses auf die Prüferentscheidung als Gefahr für die ordnungsgemäße Erfüllung der Prüferaufgaben zu werten (vgl. nur Urteil vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 6 C 7.02 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 402 S. 48). Die Unvoreingenommenheit eines Prüfers wird dementsprechend nicht dadurch in Frage gestellt, dass er vor Bewertung einer Teilleistung Kenntnis von einem negativen Prüfungsbescheid zu einer anderen Teilleistung besaß, bei dessen Bestandskraft es auf diese Bewertung nicht mehr ankäme (Beschluss vom 25. April 1996 - BVerwG 6 B 49.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 364 S. 136), dass er Kenntnis davon hat, dass ein Prüfling Wiederholer ist oder der Prüfung ein Verwaltungsstreitverfahren vorausgegangen ist (Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 96.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 346 S. 62), dass er eine Prüfungsleistung erneut bewerten muss, weil seine erste Entscheidung durch gerichtliche Entscheidung als fehlerhaft beanstandet worden ist (Urteil vom 24. Februar 1993 - BVerwG 6 C 38.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 314 S. 277) oder dass er sich zunächst selbst für befangen erklärt und diese Erklärung später revidiert hat (Beschluss vom 29. Januar 1985 - BVerwG 7 B 4.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 209 S. 231).

36

Im Lichte dieser durch die Rechtsprechung entwickelten Annahmen über die Beeinflussungsresistenz von Prüfern durfte das Oberverwaltungsgericht die in Rede stehenden Mitteilungen der Klägerin nicht als geeignet ansehen, die Unbefangenheit des Prüfers zu beeinträchtigen. Von einem verantwortungsbewussten und gewissenhaften Prüfer kann erwartet werden, dass er solche Mitteilungen angemessen einzuordnen weiß und sich von ihnen bei seiner Bewertung nicht beeinflussen lässt. Dass sich im vorliegenden Fall der Prüfer aufgrund der Mitteilung der Klägerin schließlich doch für befangen erklärte, durfte der Klägerin nicht angelastet werden. Hierfür bestand nach dem Vorgesagten kein durch sie zu verantwortender Anlass.

37

(3) Zu keiner abweichenden Wertung führt der Gesichtspunkt, dass die Klägerin infolge der Kontaktaufnahme mit dem Prüfer eigenmächtig die Anonymität des Prüfungsverfahrens durchbrochen hat. Dies führte nicht zur Minderung ihres Grundrechtsschutzes.

38

Anonymitätswahrende Vorkehrungen im Prüfungsverfahren dienen der Wahrung der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren, weil sie dem Prüfer schon tatsächlich verwehren, seine Bewertung auf einen persönlichen Eindruck vom Prüfling - jenseits seiner in der Prüfungsleistung zutage tretenden fachlichen Leistungsfähigkeit - zu gründen. Zwar ist nicht gefordert, das Prüfungsverfahren stets und in allen Stadien streng anonym durchzuführen (Beschlüsse vom 14. März 1979 - BVerwG 7 B 16.79 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 105 S. 152 und vom 14. September 1981 - BVerwG 7 B 30.81 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 152 S. 33; vgl. auch Beschluss vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 65.98 - juris Rn. 4). Jedoch muss die konkrete Handhabung anonymitätswahrender bzw. -relativierender Vorkehrungen durch das einschlägige Prüfungsrecht bzw. die Prüfungsbehörde einheitlich gegenüber allen Prüflingen erfolgen (vgl. Beschlüsse vom 14. März 1979 a.a.O. S. 153 und vom 14. September 1981 a.a.O.).

39

Aus letzterem darf aber nicht abgeleitet werden, dass eigenmächtig durch einen Prüfling vorgenommene Durchbrechungen der Anonymität automatisch die Schwelle zur Sanktionswürdigkeit überschreiten würden. Im Falle der Klägerin war - wie ausgeführt - die Kontaktaufnahme mit dem Prüfer den Umständen nach nicht geeignet, dessen Unbefangenheit zu beeinträchtigen, und konnte daher auch nicht zu ihren Gunsten einen einseitigen Wettbewerbsvorteil im Prüfungsverfahren schaffen. Mit dem Bruch der Anonymität - deren Sinn gerade in der Verhinderung solcher Wettbewerbsvorteile liegt - lässt sich daher in ihrem Fall die Sanktionsverhängung nicht begründen und vor Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG rechtfertigen.

40

Der Senat verkennt nicht, dass sich eine andere Beurteilung in Fällen aufdrängen könnte, in denen die Kontaktaufnahme des Prüflings zum Prüfer - ggfs. auch unabhängig vom rein informatorischen Gehalt der sich anschließenden Kommunikation - zu einer Begegnungsintensität führt, die dem Prüfer das vor allem im Stadium des schriftlichen Prüfungsverfahrens notwendige Maß an persönlicher Distanz zum Prüfling nehmen muss. Wo hier die Grenze verläuft, lässt sich abstrakt nicht bestimmen. Bei einer rein telefonischen Kontaktaufnahme von überschaubarer zeitlicher Länge wie im Falle der Klägerin war sie jedenfalls noch nicht überschritten.

41

(4) Da das Oberverwaltungsgericht von einer Beeinflussungsabsicht der Klägerin nicht ausgegangen ist und hierfür der festgestellte Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte bietet, erübrigt sich die Frage, ob die Sanktionierung ihres Verhalten als (generell) untauglicher Versuch Bestand vor Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG hätte haben können.

42

(5) Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich als Schlussfolgerung, dass im Falle der Klägerin die Sanktion des Bewertungsausschlusses an ein Verhalten geknüpft worden ist, dem objektiv die Tauglichkeit zur Prüferbeeinflussung abging, das darüber hinaus nicht von einer entsprechenden subjektiven Vorstellung getragen war und das auch nicht mit Blick auf seine anonymitätsdurchbrechende Wirkung nach einer abweichenden Würdigung verlangte. Zur Verwirklichung der von § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO a.F. verfolgten Regelungsziele, soweit sie nach dem dieser Norm zugrundeliegenden Regelungskonzept geschützt werden, bedurfte es daher der Sanktionierung der Klägerin nicht. Die Sanktionierung war mithin zur Erreichung des hier als maßgeblich anzusetzenden Eingriffszwecks nicht geeignet und somit unverhältnismäßig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.