Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2015 - 8 ZB 14.1814

bei uns veröffentlicht am06.08.2015

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin, eine kreisangehörige Gemeinde, begehrt die Feststellung, dass die Unterhaltslast an verrohrten Abschnitten eines einen Ortsteil (V.) durchquerenden Baches (sog. H.) nicht ihr, sondern den Gewässeranliegern obliege. Einen im Laufe des Verfahrens gestellten Antrag, die Unterhaltslast entsprechend zu übertragen, verbeschied das Landratsamt abschlägig (Schreiben vom 18.7.2013).

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Juni 2014 abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO nicht vorliegen.

1. Die behaupteten Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht gegeben.

a) Ob die erhobene Feststellungsklage zulässig ist, kann - wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - offen bleiben. Die Klage ist jedenfalls unbegründet. Der Klägerin obliegt weiterhin die Unterhaltungslast an den verrohrten Bereichen des H.

Das Verwaltungsgericht umreißt zutreffend den rechtlichen Rahmen mit den §§ 36, 39, 40 WHG 2010 und Art. 22, 23 BayWG 2010. Insbesondere obliegt nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG 2010 den Gemeinden die Unterhaltungslast für Gewässer dritter Ordnung. Hierunter fällt auch der vorliegend betroffene „H.“

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Gewässereigenschaft nicht ohne Weiteres dann, wenn wie hier ein einen Ort durchquerender Bach teilweise verrohrt ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.2011 - 7 C 3/10 - BayVBl 2012, 92 Rn. 17 ff.). Das Vorliegen eines oberirdischen Gewässerbetts ist dabei nicht in dem Sinne zwingende Voraussetzung der Einordnung als oberirdisches Gewässer, dass einzelne Unterbrechungen durch Verrohrungen auf Teilstrecken des Gewässers zu einer anderen, der Bejahung eines oberirdischen Gewässers schädlichen Beurteilung führen (BVerwG, U.v. 27.1.2011 a. a. O. Rn. 17).

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall handelte es sich um eine Verrohrung in einer Länge von 524 m, ohne dass die Eigenschaft als oberirdisches Gewässer verloren gegangen wäre (BVerwG, U.v. 27.1.2011 a. a. O. Rn. 2, 17 ff.). Im vorliegenden Fall liegen im Ortsbereich von V. eine Verrohrung auf einer Strecke von 200 m sowie einzelne weitere deutlich kürzere Verrohrungen vor (Lageplan des Wasserwirtschaftsamts A. vom 23.11.2004 mit den entsprechenden Eintragungen; Schreiben des Wasserwirtschaftsamts A. vom 25.11.2004 S. 2). Das Wasserwirtschaftsamt hat mit dem ihm zukommenden Bewertungsvorrang (Art. 63 Abs. 3 BayWG 2010; BayVGH, B.v. 2.5.2011 - 8 ZB 10.2312 - BayVBl 2012, 47/48 m. w. N.) aus hydrologischer Sicht die Eigenschaft eines oberirdischen Gewässers auch in den verrohrten Bereichen bejaht. Das Erstgericht hat - darauf aufbauend - den Sachverhalt ergänzend dahin bewertet, dass der H. auch im verrohrten Bereich weiter in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden sei, Anteil an der Gewässerfunktion habe und in dieser Eigenschaft weiterhin der wasserrechtlichen Benutzungsordnung unterliegen müsse (UA S. 8 f.). Es stellt damit zutreffend darauf ab, dass die verrohrte Wasserführung vornehmlich wasserwirtschaftlichen Zwecken dient und das Wasser keiner eigenständigen technischen Benutzung zugeführt wird (BVerwG, U.v. 27.1.2011 a. a. O. Rn. 22). Dass sich über den verrohrten Bereichen oftmals Garten- oder Grünlandnutzungen befinden (Lichtbilder des Wasserwirtschaftsamts vom 23.11.2004 im Behördenakt), bestätigt dies. Angesichts dieser Umstände ist gegen die Annahme des Erstgerichts, es liege insgesamt ein oberirdisches Gewässer vor, nichts zu erinnern.

Dass es sich bei der Verrohrung nicht um eine Anlage in einem oberirdischen Gewässer handelt (§ 36 WHG 2010), hat das Erstgericht zutreffend mit dem Argument verneint, die Verrohrung habe keine über den Anlass des Gewässerausbaus hinausgehende Zweckbestimmung (UA S. 9). Hierauf wird verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO). Für eine Anwendung des Art. 22 Abs. 3 BayWG 2010 ist kein Raum; das Vorbringen der Klägerin ist demgegenüber nicht nachvollziehbar.

b) Zu Recht hat das Erstgericht auch einen Anspruch der Klägerin auf Übertragung der Unterhaltungslast auf die einzelnen Gewässeranlieger verneint.

Der ablehnende Bescheid des Landratsamts vom 18. Juli 2013 ist ermessensfehlerfrei; eine Ermessensreduzierung auf Null ist nicht ersichtlich (§ 113 Abs. 5 VwGO). Ein Rechtsanspruch auf Übertragung steht der Gemeinde insoweit ohnedies nicht zu. Allein schon der Umstand, dass wegen der größeren Zahl von privaten Gewässeranliegern die Zuverlässigkeit und Geeignetheit der Aufgabenerfüllung der Gewässerunterhaltung infrage gestellt wäre, wie das Landratsamt nachvollziehbar und plausibel ausführt, trägt die Ablehnung. Dass sich die klagende Gemeinde dieser gesetzlichen Aufgabe offenbar entledigen will, verschafft ihrem Anliegen demgegenüber kein sonderliches Gewicht. Im Übrigen wird auch insoweit auf die Ausführungen des Erstgerichts verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO).

c) Dass das Erstgericht die Feststellungsklage der Klägerin (§ 43 VwGO), sie sei nicht zum Ausbau des H. verpflichtet, als unzulässig angesehen hat, ist insgesamt nicht zu beanstanden.

Der Tatbestand des Art. 39 BayWG 2010 hängt insoweit von mehreren Voraussetzungen ab. Dabei sind die Zweifel des Verwaltungsgerichts am Vorliegen eines „hinreichend konkreten“ Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO berechtigt, zumal ein Gewässerausbau im Allgemeinwohl dann auch konkret erforderlich sein müsste. Eine Verdichtung zu einer Ausbaupflicht kann hier aber noch nicht angenommen werden, weil das Erstgericht darlegt, dass das Wasserwirtschaftsamt die konkrete Notwendigkeit eines Ausbaus noch nicht hinreichend untersucht habe. Der Sachverhalt ist danach so zu beurteilen, dass sich die Beteiligten noch im Vorfeld der Festlegung endgültiger Maßnahmen oder Forderungen bewegen.

Vorliegend kommt hinzu, dass die Klägerin hier vorbeugenden Rechtsschutz (durch eine vorbeugende Feststellungsklage) erstrebt. Es ist ihr zuzumuten, Rechtsschutz erst gegen entsprechende bescheidsmäßige Aufforderungen oder Beanstandungen von Aufsichtsbehörden zu suchen. Vorliegend droht der Klägerin dadurch auch kein Rechtsschutznachteil, weil das Landratsamt nach der Darstellung der Klägerin sie zwar nach dortiger Auffassung auf die Ausbauverpflichtung hingewiesen, aber gleichwohl ausgeführt habe, man werde (jedenfalls derzeit) keinen Bescheid erlassen (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 3.6.1983 - 8 C 43/81 - NVwZ 1984, 168/169; vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 - BVerwGE 81, 329/347).

d) Grob fehlerhaft ist schließlich die Auffassung der Klägerin, ihr stehe gegenüber dem Landratsamt ein Anspruch auf Einschreiten gegen die privaten Gewässeranlieger zu. Die Gewässeraufsicht wird - wie jede Aufsicht - nur im Interesse der Allgemeinheit wahrgenommen. Dritten kommt insoweit ein Anspruch auf Einschreiten nicht zu. Deshalb ist eine Verletzung in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO nicht möglich (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1994 - 11 C 4/94 - BayVBl 1995, 474/475; vom 20.4.1994 - 11 C 17/93 - DVBl 1994, 1194/1195).

2. Der Zulassungsgrund der tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Die Streitsache ist nicht komplex.

Das Vorbringen ist zum einen dadurch gekennzeichnet, dass sich die Klägerin mit nicht hinreichend substanziierten Argumenten über den insoweit gesetzlich (Art. 63 Abs. 3 BayWG) vorgesehenen Bewertungsvorrang des Wasserwirtschaftsamts hinwegsetzen will. Entsprechende hydrologische Fachgutachten hat sie dazu indes nicht vorgelegt. Insoweit liegt auch eine mangelnde Durchdringung des Streitstoffs vor (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Zum anderen werden mit dem Klagebegehren Rechtspositionen verfolgt, die schon ersichtlich aus prozessualen Gründen oder solchen der Verwaltungspraktikabilität scheitern. Auch insoweit wird im Übrigen der Streitstoff nicht hinreichend durchdrungen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

3. Der behauptete Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird nur mit einem Hinweis auf eine Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. April 2014 geltend gemacht. Von einer näheren Herausarbeitung der grundsätzlichen Bedeutung kann keine Rede sein, zumal nicht einmal eine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage formuliert wird (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Abgesehen davon ist die Rechtslage in Bezug auf den vorliegenden Fall durch die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 27.1.2011 - 7 C 3/10 - BayVBl 2012, 92) ohnedies geklärt.

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwertfestsetzung: § 47, § 52 Abs. 1 GKG.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2015 - 8 ZB 14.1814 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 130b


Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung d

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 39 Gewässerunterhaltung


(1) Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast). Zur Gewässerunterhaltung gehören insbesondere: 1. die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherun

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 36 Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern


(1) Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern sind so zu errichten, zu betreiben, zu unterhalten und stillzulegen, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 40 Träger der Unterhaltungslast


(1) Die Unterhaltung oberirdischer Gewässer obliegt den Eigentümern der Gewässer, soweit sie nicht nach landesrechtlichen Vorschriften Aufgabe von Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbänden, gemeindlichen Zweckverbänden oder sonstigen Körpersc

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Jan. 2011 - 7 C 3/10

bei uns veröffentlicht am 27.01.2011

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Pflicht zur Unterhaltung eines verrohrten Teilstücks der Alten Saale.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern sind so zu errichten, zu betreiben, zu unterhalten und stillzulegen, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als es den Umständen nach unvermeidbar ist. Anlagen im Sinne von Satz 1 sind insbesondere

1.
bauliche Anlagen wie Gebäude, Brücken, Stege, Unterführungen, Hafenanlagen und Anlegestellen,
2.
Leitungsanlagen,
3.
Fähren.
Im Übrigen gelten die landesrechtlichen Vorschriften.

(2) Stauanlagen und Stauhaltungsdämme sind nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten; die Anforderungen an den Hochwasserschutz müssen gewahrt sein. Wer Stauanlagen und Stauhaltungsdämme betreibt, hat ihren ordnungsgemäßen Zustand und Betrieb auf eigene Kosten zu überwachen (Eigenüberwachung). Entsprechen vorhandene Stauanlagen oder Stauhaltungsdämme nicht den vorstehenden Anforderungen, so kann die zuständige Behörde die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen anordnen.

(3) Eine Solaranlage darf nicht errichtet und betrieben werden

1.
in und über einem oberirdischen Gewässer, das kein künstliches oder erheblich verändertes Gewässer ist, und
2.
in und über einem künstlichen oder erheblich veränderten Gewässer, wenn ausgehend von der Linie des Mittelwasserstandes
a)
die Anlage mehr als 15 Prozent der Gewässerfläche bedeckt oder
b)
der Abstand zum Ufer weniger als 40 Meter beträgt.

(1) Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast). Zur Gewässerunterhaltung gehören insbesondere:

1.
die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses,
2.
die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss,
3.
die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen,
4.
die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen,
5.
die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht.

(2) Die Gewässerunterhaltung muss sich an den Bewirtschaftungszielen nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Sie muss den Anforderungen entsprechen, die im Maßnahmenprogramm nach § 82 an die Gewässerunterhaltung gestellt sind. Bei der Unterhaltung ist der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Unterhaltung ausgebauter Gewässer, soweit nicht in einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung nach § 68 etwas anderes bestimmt ist.

(1) Die Unterhaltung oberirdischer Gewässer obliegt den Eigentümern der Gewässer, soweit sie nicht nach landesrechtlichen Vorschriften Aufgabe von Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbänden, gemeindlichen Zweckverbänden oder sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts ist. Ist der Gewässereigentümer Träger der Unterhaltungslast, sind die Anlieger sowie diejenigen Eigentümer von Grundstücken und Anlagen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben oder die Unterhaltung erschweren, verpflichtet, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen. Ist eine Körperschaft nach Satz 1 unterhaltungspflichtig, können die Länder bestimmen, inwieweit die Gewässereigentümer, die in Satz 2 genannten Personen, andere Personen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben, oder sonstige Eigentümer von Grundstücken im Einzugsgebiet verpflichtet sind, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen.

(2) Die Unterhaltungslast kann mit Zustimmung der zuständigen Behörde auf einen Dritten übertragen werden.

(3) Ist ein Hindernis für den Wasserabfluss oder für die Schifffahrt oder eine andere Beeinträchtigung, die Unterhaltungsmaßnahmen nach § 39 erforderlich macht, von einer anderen als der unterhaltungspflichtigen Person verursacht worden, so soll die zuständige Behörde die andere Person zur Beseitigung verpflichten. Hat die unterhaltungspflichtige Person das Hindernis oder die andere Beeinträchtigung beseitigt, so hat ihr die andere Person die Kosten zu erstatten, soweit die Arbeiten erforderlich waren und die Kosten angemessen sind.

(4) Erfüllt der Träger der Unterhaltungslast seine Verpflichtungen nicht, so sind die erforderlichen Unterhaltungsarbeiten auf seine Kosten durch das Land oder, sofern das Landesrecht dies bestimmt, durch eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 durchzuführen. Satz 1 gilt nicht, soweit eine öffentlich-rechtliche Körperschaft Träger der Unterhaltungslast ist.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Pflicht zur Unterhaltung eines verrohrten Teilstücks der Alten Saale.

2

Dem Kläger, einem Wasser- und Bodenverband nach § 105 Abs. 1 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - WG LSA -, obliegt nach § 104 Abs. 1 WG LSA die Unterhaltung der in seinem Gebiet vorhandenen Gewässer zweiter Ordnung i.S.v. § 68 Abs. 1, § 70 WG LSA. Das Verbandsgebiet des Klägers wird unter anderem von der Alten Saale durchflossen. Ab der Kreuzung mit einem Altdeich ist sie bis zu ihrer Mündung in die Saale unterhalb der Schleuse Calbe auf einer Länge von 524 m in ein Rohr gefasst. Die Rohrleitung verläuft zunächst über eine Strecke von etwa 400 m landseitig parallel zum rechten Saale-Hauptdeich, bis sie diesen nach einem Schachtbauwerk auf der Höhe des unteren Schleusentors kreuzt. Nachdem eine Kamerabefahrung ergeben hatte, dass das Rohr schadhaft ist und der Instandsetzung bedarf, der Kläger eine Verantwortlichkeit allerdings verneint hatte, stellte der Rechtsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2004 fest, dass es sich bei der Alten Saale um ein Gewässer zweiter Ordnung handele, die Unterhaltung dem Kläger obliege und die Unterhaltungspflicht auch die Verrohrung der Alten Saale umfasse. Des Weiteren wurde dem Kläger aufgegeben, die beschädigte Rohrleitung einschließlich der dazugehörigen Bauwerke und Armaturen unverzüglich instand zu setzen bzw. zu erneuern sowie einen Terminplan für die Arbeiten vorzulegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Verrohrung Teil des Gewässers und nicht eine Anlage in und an Gewässern im Sinne von § 110 Abs. 1 WG LSA sei. Sie sei in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts als Folgemaßnahme des Baus der Schleuse und folglich vorrangig zu wasserwirtschaftlichen Zwecken vorgenommen worden; sie habe keine über die Führung des Wasserlaufs hinausgehende, selbstständige Funktion.

3

Den Widerspruch des Klägers wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2005 zurück: Die Alte Saale weiche im Bereich der Verrohrung zwar vom Idealtyp eines Gewässers ab, jedoch werde die Verbindung des im natürlichen Gefälle durchfließenden Wassers, das weder in anderer Weise genutzt noch in seiner natürlichen Qualität beeinflusst werde, zum natürlichen Wasserhaushalt nicht unterbrochen. Schließlich sei nicht die gesamte Verrohrung ein Deichsiel. Dies gelte nur für die Kreuzungsbauwerke mit den Hochwasserschutzdeichen; nur insoweit obliege nach § 131 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 WG LSA die Unterhaltung dem Land.

4

Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Bei dem verrohrten Abschnitt der Alten Saale handele es sich um ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WG LSA. Nach dem äußeren Erscheinungsbild werde das Wasser durch die Verrohrung vom natürlichen Wasserkreislauf nicht abgesondert.

5

Auf Antrag des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen das Urteil nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei in Fällen, in denen ein im Quellbereich noch offenes Wasser an einem bestimmten Punkt des Wasserlaufs vollständig von einer unterirdisch verlegten Rohrleitung aufgenommen und mit dieser in einem sodann geschlossenen Verlauf dem nächsten Vorfluter zugeführt werde, in der Regel davon auszugehen, dass das Gewässer in dem verrohrten Teilstück den unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt verloren habe. Hiernach bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Beklagten, dass die Alte Saale auch in dem streitigen Teilstück ein oberirdisches Gewässer darstelle.

6

Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Alte Saale habe ihre Eigenschaft als oberirdisches Gewässer im Bereich der Verrohrung nicht verloren. Auch in der vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - (BVerwGE 49, 293 = Buchholz 445.4 § 1 WHG Nr. 4) entschiedenen Fallkonstellation sei eine wertende Beurteilung geboten. Danach sei die Verbindung zum natürlichen Wasserhaushalt hier nicht unterbrochen. Zwar verhindere die Verrohrung natürliche Prozesse wie Verdunstung, Versickerung, Auffangen von Regenwasser und Auffangen von aufsteigendem Grundwasser. Das sei aber bei jeder Verrohrung der Fall. Besonderes Gewicht sei dem Umstand beizumessen, dass das Wasser auch im verrohrten Bereich im natürlichen Gefälle fließe und dort weder einer technischen Behandlung oder Nutzung zugeführt noch durch sonstige Einflussnahme in seiner Zusammensetzung verändert werde. Zudem diene die Verrohrung lediglich wasserwirtschaftlichen Zwecken, weil sie nur dazu bestimmt sei, das Wasser der Alten Saale durch den Saaledeich zu leiten und in Deichnähe kontrolliert abfließen zu lassen. Letztlich sei die Länge der Verrohrung zwar nicht als geringfügig anzusehen, andererseits werde aber nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Alten Saale im streitgegenständlichen Bereich umfasst.

7

Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 8. März 2010 - BVerwG 7 B 31.09 - wegen Divergenz und wegen eines Verfahrensmangels zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, dass das Oberverwaltungsgericht gegen das Gebot rechtlichen Gehörs und den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen habe. Es habe ihn im Verlauf des Verfahrens und insbesondere in der Anfrage zum Verzicht auf mündliche Verhandlung nicht darauf hingewiesen, dass es an der anfänglich im Beschluss über die Berufungszulassung geäußerten Rechtsauffassung nicht mehr festhalten wolle. In der Sache bezieht er sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der es in der vorliegenden Fallkonstellation auf eine wertende Beurteilung, ob die Verbindung zum natürlichen Wasserhaushalt unterbrochen werde, nicht mehr ankomme. Dies gelte ausnahmslos.

8

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 138 Nr. 3 VwGO), es erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

10

1 a) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO).

11

Eine dem zuwiderlaufende unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit welcher die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. zuletzt Beschluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 6 B 20.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Zwar muss das Gericht die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinweisen. Falls es jedoch eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage zu erkennen gegeben hat, muss es deutlich machen, wenn es hiervon wieder abweichen will (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. August 1996 - 2 BvR 2600/95 - NJW 1996, 3202). Hiernach durfte das Oberverwaltungsgericht nicht ohne erneuten Hinweis an die Beteiligten von seinen Hinweisen auf die von ihm für zutreffend gehaltene Rechtslage im Beschluss über die Zulassung der Berufung abweichen und sein Urteil letztlich auf die von ihm dort als ernstlich zweifelhaft gekennzeichneten Erwägungen des Verwaltungsgerichts stützen.

12

b) Dieser Verfahrensfehler gebietet hier jedoch nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht. Zwar findet § 144 Abs. 4 VwGO bei Vorliegen von absoluten Revisionsgründen i.S.v. § 138 VwGO regelmäßig keine Anwendung. Dies gilt in den Fällen des Gehörsverstoßes jedoch dann nicht, wenn die unter Verstoß gegen das rechtliche Gehör getroffene Feststellung zu einer einzelnen Tatsache nach der materiellrechtlichen Beurteilung des Revisionsgerichts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erheblich war (Urteile vom 10. November 1999 - BVerwG 6 C 30.98 - BVerwGE 110, 40 <48 f.> = Buchholz 448.0 § 3 WPflG Nr. 21 und vom 19. Dezember 2008 - BVerwG 9 C 16.07 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 26; vgl. auch Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 138 Rn. 25) oder wenn - wie hier gerügt - lediglich nicht hinreichend Gelegenheit bestand, zu Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Denn ein solcher Mangel ist im Revisionsverfahren heilbar und führt deswegen zwar zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, nicht aber auch ohne Weiteres zu ihrem Erfolg (Urteile vom 31. Juli 2002 - BVerwG 8 C 37.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35 und vom 26. Februar 2003 - BVerwG 8 C 1.02 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 67; vgl. auch Eichberger, a.a.O. Rn. 33, 83).

13

2. Ungeachtet des Verfahrensmangels erweist sich das angefochtene Urteil als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Denn auf der Grundlage der für den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen hat das Oberverwaltungsgericht die Abweisung der Klage in der Sache ohne Verstoß gegen Bundesrecht bestätigt.

14

a) Das Oberverwaltungsgericht hat über die Frage nach der rechtlichen Einordnung des verrohrten Abschnitts der Wasserführung als oberirdisches Gewässer und der daraus gemäß § 104 Abs. 1 WG LSA folgenden Unterhaltungslast des Klägers auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WG LSA entschieden. Die Auslegung dieser landesrechtlichen Vorschrift unterliegt revisionsgerichtlicher Überprüfung. Das folgt aus dem Regelungszusammenhang, in dem die Norm im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung stand und auch jetzt noch steht.

15

Der Landesgesetzgeber hat den Begriff des oberirdischen Gewässers in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WG LSA wörtlich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. übernommen. Das auf der Grundlage der Vorschrift des Art. 75 Nr. 4 GG a.F. als Rahmenrecht erlassene und gemäß Art. 125b Abs. 1 Satz 1 GG als solches zunächst fortgeltende Wasserhaushaltsgesetz enthielt insoweit eine partielle Vollregelung. Mittlerweile hat der Bundesgesetzgeber durch den Erlass des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2585) mit Wirkung vom 1. März 2010 von der ihm in Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG zugewiesenen konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das Wasserrecht Gebrauch gemacht und dabei in § 3 Nr. 1 WHG den Begriff des oberirdischen Gewässers gleichlautend mit dem bisherigen Recht definiert. Fragen, die in Anwendung dieses Begriffs im Berufungsurteil aufgeworfen werden, sind daher weiterhin Fragen, die in Übereinstimmung mit der bundesrechtlichen Regelung des Wasserhaushaltsgesetzes zu entscheiden sind (vgl. Beschluss vom 13. Mai 1987 - BVerwG 7 B 72.87 - Buchholz 402.43 § 12 MRRG Nr. 1).

16

b) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., § 3 Nr. 1 WHG n.F. ist unter einem oberirdischen Gewässer das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser zu verstehen. Das Oberverwaltungsgericht hat auch die verrohrte Wasserführung der Untergruppe der in einem Bett fließenden Gewässer zugeordnet. Es hat dabei nicht nur auf die örtliche Lage der Verrohrung - hier als letztes Teilstück bis zur Einleitung in die Saale - abgestellt, sondern unter Bezugnahme insbesondere auf das Urteil des 9. Senats vom 15. Juni 2005 - BVerwG 9 C 8.04 - (Buchholz 401.64 § 2 AbwAG Nr. 2) eine wertende Betrachtung angestellt. Damit ist es, wie der Senat im Zulassungsbeschluss dargelegt hat, von der Rechtsprechung des 4. Senats (Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - BVerwGE 49, 293 <298 f.>) abgewichen, für die es in dieser Fallkonstellation auf eine wertende Betrachtung nicht mehr ankommen kann. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest.

17

aa) Kennzeichnend für ein oberirdisches Gewässer ist die nicht nur gelegentliche Wasseransammlung in einem Gewässerbett (vgl. Beschluss vom 16. Juli 2003 - BVerwG 7 B 61.03 - Buchholz 445.4 § 1 WHG Nr. 6). Dabei meint ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff des Gewässerbettes eine äußerlich erkennbare natürliche oder künstliche Begrenzung des Wassers in einer Eintiefung an der Erdoberfläche. Befindet sich das Wasser an einem solchen Ort, ist es in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden und hat Anteil an den Gewässerfunktionen. In dieser Eigenschaft soll es der wasserrechtlichen Benutzungsordnung unterliegen und nach Menge und Güte durch deren Instrumentarium gesteuert werden (vgl. Urteil vom 15. Juni 2005 - BVerwG 9 C 8.04 - Buchholz 401.64 § 2 AbwAG Nr. 2). Allgemein anerkannt ist jedoch, dass das Vorliegen eines Gewässerbettes als Ansatzpunkt des wasserrechtlichen Regelungsprogramms nicht in dem Sinne zwingende Voraussetzung der Einordnung als oberirdisches Gewässer ist, dass jegliche Unterbrechung im oberirdischen Wasserlauf durch unterirdische Teilstrecken - etwa in Felsdurchlässen oder -höhlungen, in Rohren, Tunneln oder Dükern - zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führt (siehe Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - a.a.O. S. 298; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 3 Rn. 13; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1 WHG a.F. Rn. 9 f.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 121 m.w.N.).

18

bb) Diese Erkenntnis findet allerdings nicht im Begriff "zeitweilig" ihren normativen Ansatzpunkt (so aber Guckelberger, in: BeckOK Umweltrecht, § 3 WHG Rn. 4; OVG Weimar, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 4 EO 347/08 - juris Rn. 20). Denn dieser Begriff bezieht sich nicht auf das abschnittsweise Fehlen eines Gewässerbettes, sondern darauf, dass das Wasser bei (regelmäßig oder unregelmäßig) wiederkehrenden Verhältnissen, also nicht nur gelegentlich, am betreffenden Ort steht oder fließt (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O. § 3 Rn. 14; Knopp, a.a.O. Rn. 7; OVG Schleswig, Urteil vom 15. Dezember 1999 - 2 L 3/98 - NuR 2000, 294 = juris Rn. 25). Sie folgt indessen aus dem am Regelungszweck des Wasserrechts orientierten Gebot, eine Wasserführung erst dann aus dem wasserrechtlichen Regelungsregime zu entlassen, wenn mit dem Wegfall des Gewässerbettes eine Absonderung vom natürlichen Wasserhaushalt einhergeht.

19

cc) Der 4. Senat hat in seinem Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - (a.a.O. S. 298 f.) das Vorliegen einer für die Gewässereigenschaft unschädlichen unterirdischen Teilstrecke (nur) dann als möglich erachtet, wenn diese in den Verlauf eines oberirdischen Gewässers fällt. Die Frage, ob insoweit der Verlauf des Gewässers durch die Teilstrecke ohne Gewässerbett unterbrochen wird, beantwortet die Entscheidung nach einem formalen, auf das jeweilige Gewässer bezogenen Verständnis, nicht aber im Wege einer materiellen Betrachtungsweise bezogen auf die Teilhabe am natürlichen Wasserkreislauf, der sich nicht auf das einzelne Gewässer beschränkt. Dieser formale Ansatz ermöglicht zwar eine klare Abgrenzung, wenn das Gewässer auf dem letzten Teilstück verrohrt ist. Für die unterschiedliche wasserrechtliche Einordnung je nach Lage der unterirdisch geführten Teilstrecke als Zwischen- oder als Endstück eines Gewässers fehlt es aber an einem angesichts des Regelungszwecks des Wasserhaushaltsgesetzes überzeugenden Grund.

20

Der Maßstab für den Verlust der Gewässereigenschaft ist letztlich die Absonderung vom natürlichen Gewässerhaushalt, die sich insbesondere in der Beeinträchtigung der Gewässerfunktionen zeigt. Ob diese bei einer Unterbrechung der offenen Wasserführung von einem solchen Gewicht ist, dass der Zusammenhang mit dem Wasserhaushalt gelöst erscheint, muss sich daran messen lassen, ob das Wasser weiterhin in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden ist. Hierfür ist unbeachtlich, ob das Gewässer vor und nach der unterirdischen Wasserführung rechtlich identisch ist. Vielmehr kann die Einbindung in den natürlichen Wasserkreislauf bei einer funktionsbezogenen, an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Betrachtungsweise auch dann zu bejahen sein, wenn die unterirdische Wasserführung das Wasser von einem Gewässer in das nächste leitet (so auch Breuer, a.a.O. Rn. 130 S. 103). Demgegenüber endet die Gewässereigenschaft, wenn der Wasserlauf vollständig in eine Abwasseranlage einbezogen wird (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O. § 2 Rn. 8, § 3 Rn. 25; Queitsch, in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 1 Rn. 5 f.).

21

c) Hiernach hat das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Urteil bei der rechtlichen Einordnung des verrohrten Abschnitts der Alten Saale zu Recht eine wertende Betrachtung vorgenommen und mit diesem rechtlichen Maßstab Bundesrecht nicht verletzt.

22

Das Oberverwaltungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Gewässereigenschaft bejaht. Diese Feststellungen werden vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen infrage gestellt und sind demnach für den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend. Soweit der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Erlass einer Überraschungsentscheidung rügt, macht er nicht geltend, dass ihm weiterer Tatsachenvortrag abgeschnitten worden sei. Die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Es stellt insbesondere zutreffend darauf ab, dass die verrohrte Wasserführung allein wasserwirtschaftlichen Zwecken dient und das Wasser keiner eigenständigen technischen Benutzung zugeführt wird. Soweit das Oberverwaltungsgericht auch darauf hinweist, dass kein Abwasser zufließe, ist das allerdings zumindest missverständlich. Eine solche Einleitung ist für die Gewässereigenschaft nämlich irrelevant; vielmehr ist sie nur nach Maßgabe einer wasserrechtlichen Erlaubnis bzw. Bewilligung zulässig (vgl. Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 8 bis 11.74 - BVerwGE 49, 301 <305>; Beschluss vom 28. April 2008 - BVerwG 7 B 16.08 - juris Rn. 6). Dieses Argument ist für die auf einer Gesamtbetrachtung beruhenden Bewertung indessen nicht tragend.

23

d) Die weiteren Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Umfang der Unterhaltspflicht greift der Kläger nicht an. Dieser richtet sich wiederum nach irrevisiblem Landesrecht (§ 102 WG LSA). Dass bei der Auslegung dieser Vorschrift die bundesrechtlichen Vorgaben des § 28 Abs. 1 WHG a.F., § 39 WHG n.F. verkannt worden seien, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch die dem vorausliegende Frage, ob die Verrohrung etwa als Anlage in und an einem Gewässer im Sinne von § 110 Abs. 1 WG LSA einzustufen ist (vgl. hierzu Czychowski/Reinhardt, a.a.O. § 36 Rn. 25), was die Unterhaltungslast auf den Eigentümer bzw. Nutznießer überwälzt, beantwortet sich allein nach irrevisiblem Landesrecht (vgl. Beschluss vom 29. Januar 1996 - BVerwG 4 B 5.96 - ZfW 1997, 25).

(1) Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern sind so zu errichten, zu betreiben, zu unterhalten und stillzulegen, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als es den Umständen nach unvermeidbar ist. Anlagen im Sinne von Satz 1 sind insbesondere

1.
bauliche Anlagen wie Gebäude, Brücken, Stege, Unterführungen, Hafenanlagen und Anlegestellen,
2.
Leitungsanlagen,
3.
Fähren.
Im Übrigen gelten die landesrechtlichen Vorschriften.

(2) Stauanlagen und Stauhaltungsdämme sind nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten; die Anforderungen an den Hochwasserschutz müssen gewahrt sein. Wer Stauanlagen und Stauhaltungsdämme betreibt, hat ihren ordnungsgemäßen Zustand und Betrieb auf eigene Kosten zu überwachen (Eigenüberwachung). Entsprechen vorhandene Stauanlagen oder Stauhaltungsdämme nicht den vorstehenden Anforderungen, so kann die zuständige Behörde die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen anordnen.

(3) Eine Solaranlage darf nicht errichtet und betrieben werden

1.
in und über einem oberirdischen Gewässer, das kein künstliches oder erheblich verändertes Gewässer ist, und
2.
in und über einem künstlichen oder erheblich veränderten Gewässer, wenn ausgehend von der Linie des Mittelwasserstandes
a)
die Anlage mehr als 15 Prozent der Gewässerfläche bedeckt oder
b)
der Abstand zum Ufer weniger als 40 Meter beträgt.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Pflicht zur Unterhaltung eines verrohrten Teilstücks der Alten Saale.

2

Dem Kläger, einem Wasser- und Bodenverband nach § 105 Abs. 1 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - WG LSA -, obliegt nach § 104 Abs. 1 WG LSA die Unterhaltung der in seinem Gebiet vorhandenen Gewässer zweiter Ordnung i.S.v. § 68 Abs. 1, § 70 WG LSA. Das Verbandsgebiet des Klägers wird unter anderem von der Alten Saale durchflossen. Ab der Kreuzung mit einem Altdeich ist sie bis zu ihrer Mündung in die Saale unterhalb der Schleuse Calbe auf einer Länge von 524 m in ein Rohr gefasst. Die Rohrleitung verläuft zunächst über eine Strecke von etwa 400 m landseitig parallel zum rechten Saale-Hauptdeich, bis sie diesen nach einem Schachtbauwerk auf der Höhe des unteren Schleusentors kreuzt. Nachdem eine Kamerabefahrung ergeben hatte, dass das Rohr schadhaft ist und der Instandsetzung bedarf, der Kläger eine Verantwortlichkeit allerdings verneint hatte, stellte der Rechtsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 23. August 2004 fest, dass es sich bei der Alten Saale um ein Gewässer zweiter Ordnung handele, die Unterhaltung dem Kläger obliege und die Unterhaltungspflicht auch die Verrohrung der Alten Saale umfasse. Des Weiteren wurde dem Kläger aufgegeben, die beschädigte Rohrleitung einschließlich der dazugehörigen Bauwerke und Armaturen unverzüglich instand zu setzen bzw. zu erneuern sowie einen Terminplan für die Arbeiten vorzulegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Verrohrung Teil des Gewässers und nicht eine Anlage in und an Gewässern im Sinne von § 110 Abs. 1 WG LSA sei. Sie sei in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts als Folgemaßnahme des Baus der Schleuse und folglich vorrangig zu wasserwirtschaftlichen Zwecken vorgenommen worden; sie habe keine über die Führung des Wasserlaufs hinausgehende, selbstständige Funktion.

3

Den Widerspruch des Klägers wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2005 zurück: Die Alte Saale weiche im Bereich der Verrohrung zwar vom Idealtyp eines Gewässers ab, jedoch werde die Verbindung des im natürlichen Gefälle durchfließenden Wassers, das weder in anderer Weise genutzt noch in seiner natürlichen Qualität beeinflusst werde, zum natürlichen Wasserhaushalt nicht unterbrochen. Schließlich sei nicht die gesamte Verrohrung ein Deichsiel. Dies gelte nur für die Kreuzungsbauwerke mit den Hochwasserschutzdeichen; nur insoweit obliege nach § 131 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 WG LSA die Unterhaltung dem Land.

4

Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Bei dem verrohrten Abschnitt der Alten Saale handele es sich um ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WG LSA. Nach dem äußeren Erscheinungsbild werde das Wasser durch die Verrohrung vom natürlichen Wasserkreislauf nicht abgesondert.

5

Auf Antrag des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen das Urteil nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei in Fällen, in denen ein im Quellbereich noch offenes Wasser an einem bestimmten Punkt des Wasserlaufs vollständig von einer unterirdisch verlegten Rohrleitung aufgenommen und mit dieser in einem sodann geschlossenen Verlauf dem nächsten Vorfluter zugeführt werde, in der Regel davon auszugehen, dass das Gewässer in dem verrohrten Teilstück den unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt verloren habe. Hiernach bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Beklagten, dass die Alte Saale auch in dem streitigen Teilstück ein oberirdisches Gewässer darstelle.

6

Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Alte Saale habe ihre Eigenschaft als oberirdisches Gewässer im Bereich der Verrohrung nicht verloren. Auch in der vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - (BVerwGE 49, 293 = Buchholz 445.4 § 1 WHG Nr. 4) entschiedenen Fallkonstellation sei eine wertende Beurteilung geboten. Danach sei die Verbindung zum natürlichen Wasserhaushalt hier nicht unterbrochen. Zwar verhindere die Verrohrung natürliche Prozesse wie Verdunstung, Versickerung, Auffangen von Regenwasser und Auffangen von aufsteigendem Grundwasser. Das sei aber bei jeder Verrohrung der Fall. Besonderes Gewicht sei dem Umstand beizumessen, dass das Wasser auch im verrohrten Bereich im natürlichen Gefälle fließe und dort weder einer technischen Behandlung oder Nutzung zugeführt noch durch sonstige Einflussnahme in seiner Zusammensetzung verändert werde. Zudem diene die Verrohrung lediglich wasserwirtschaftlichen Zwecken, weil sie nur dazu bestimmt sei, das Wasser der Alten Saale durch den Saaledeich zu leiten und in Deichnähe kontrolliert abfließen zu lassen. Letztlich sei die Länge der Verrohrung zwar nicht als geringfügig anzusehen, andererseits werde aber nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Alten Saale im streitgegenständlichen Bereich umfasst.

7

Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 8. März 2010 - BVerwG 7 B 31.09 - wegen Divergenz und wegen eines Verfahrensmangels zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, dass das Oberverwaltungsgericht gegen das Gebot rechtlichen Gehörs und den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen habe. Es habe ihn im Verlauf des Verfahrens und insbesondere in der Anfrage zum Verzicht auf mündliche Verhandlung nicht darauf hingewiesen, dass es an der anfänglich im Beschluss über die Berufungszulassung geäußerten Rechtsauffassung nicht mehr festhalten wolle. In der Sache bezieht er sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der es in der vorliegenden Fallkonstellation auf eine wertende Beurteilung, ob die Verbindung zum natürlichen Wasserhaushalt unterbrochen werde, nicht mehr ankomme. Dies gelte ausnahmslos.

8

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 138 Nr. 3 VwGO), es erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

10

1 a) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO).

11

Eine dem zuwiderlaufende unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit welcher die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. zuletzt Beschluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 6 B 20.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Zwar muss das Gericht die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinweisen. Falls es jedoch eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage zu erkennen gegeben hat, muss es deutlich machen, wenn es hiervon wieder abweichen will (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. August 1996 - 2 BvR 2600/95 - NJW 1996, 3202). Hiernach durfte das Oberverwaltungsgericht nicht ohne erneuten Hinweis an die Beteiligten von seinen Hinweisen auf die von ihm für zutreffend gehaltene Rechtslage im Beschluss über die Zulassung der Berufung abweichen und sein Urteil letztlich auf die von ihm dort als ernstlich zweifelhaft gekennzeichneten Erwägungen des Verwaltungsgerichts stützen.

12

b) Dieser Verfahrensfehler gebietet hier jedoch nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht. Zwar findet § 144 Abs. 4 VwGO bei Vorliegen von absoluten Revisionsgründen i.S.v. § 138 VwGO regelmäßig keine Anwendung. Dies gilt in den Fällen des Gehörsverstoßes jedoch dann nicht, wenn die unter Verstoß gegen das rechtliche Gehör getroffene Feststellung zu einer einzelnen Tatsache nach der materiellrechtlichen Beurteilung des Revisionsgerichts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erheblich war (Urteile vom 10. November 1999 - BVerwG 6 C 30.98 - BVerwGE 110, 40 <48 f.> = Buchholz 448.0 § 3 WPflG Nr. 21 und vom 19. Dezember 2008 - BVerwG 9 C 16.07 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 26; vgl. auch Eichberger, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 138 Rn. 25) oder wenn - wie hier gerügt - lediglich nicht hinreichend Gelegenheit bestand, zu Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Denn ein solcher Mangel ist im Revisionsverfahren heilbar und führt deswegen zwar zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, nicht aber auch ohne Weiteres zu ihrem Erfolg (Urteile vom 31. Juli 2002 - BVerwG 8 C 37.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35 und vom 26. Februar 2003 - BVerwG 8 C 1.02 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 67; vgl. auch Eichberger, a.a.O. Rn. 33, 83).

13

2. Ungeachtet des Verfahrensmangels erweist sich das angefochtene Urteil als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Denn auf der Grundlage der für den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen hat das Oberverwaltungsgericht die Abweisung der Klage in der Sache ohne Verstoß gegen Bundesrecht bestätigt.

14

a) Das Oberverwaltungsgericht hat über die Frage nach der rechtlichen Einordnung des verrohrten Abschnitts der Wasserführung als oberirdisches Gewässer und der daraus gemäß § 104 Abs. 1 WG LSA folgenden Unterhaltungslast des Klägers auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WG LSA entschieden. Die Auslegung dieser landesrechtlichen Vorschrift unterliegt revisionsgerichtlicher Überprüfung. Das folgt aus dem Regelungszusammenhang, in dem die Norm im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung stand und auch jetzt noch steht.

15

Der Landesgesetzgeber hat den Begriff des oberirdischen Gewässers in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WG LSA wörtlich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F. übernommen. Das auf der Grundlage der Vorschrift des Art. 75 Nr. 4 GG a.F. als Rahmenrecht erlassene und gemäß Art. 125b Abs. 1 Satz 1 GG als solches zunächst fortgeltende Wasserhaushaltsgesetz enthielt insoweit eine partielle Vollregelung. Mittlerweile hat der Bundesgesetzgeber durch den Erlass des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2585) mit Wirkung vom 1. März 2010 von der ihm in Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG zugewiesenen konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das Wasserrecht Gebrauch gemacht und dabei in § 3 Nr. 1 WHG den Begriff des oberirdischen Gewässers gleichlautend mit dem bisherigen Recht definiert. Fragen, die in Anwendung dieses Begriffs im Berufungsurteil aufgeworfen werden, sind daher weiterhin Fragen, die in Übereinstimmung mit der bundesrechtlichen Regelung des Wasserhaushaltsgesetzes zu entscheiden sind (vgl. Beschluss vom 13. Mai 1987 - BVerwG 7 B 72.87 - Buchholz 402.43 § 12 MRRG Nr. 1).

16

b) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG a.F., § 3 Nr. 1 WHG n.F. ist unter einem oberirdischen Gewässer das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser zu verstehen. Das Oberverwaltungsgericht hat auch die verrohrte Wasserführung der Untergruppe der in einem Bett fließenden Gewässer zugeordnet. Es hat dabei nicht nur auf die örtliche Lage der Verrohrung - hier als letztes Teilstück bis zur Einleitung in die Saale - abgestellt, sondern unter Bezugnahme insbesondere auf das Urteil des 9. Senats vom 15. Juni 2005 - BVerwG 9 C 8.04 - (Buchholz 401.64 § 2 AbwAG Nr. 2) eine wertende Betrachtung angestellt. Damit ist es, wie der Senat im Zulassungsbeschluss dargelegt hat, von der Rechtsprechung des 4. Senats (Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - BVerwGE 49, 293 <298 f.>) abgewichen, für die es in dieser Fallkonstellation auf eine wertende Betrachtung nicht mehr ankommen kann. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest.

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aa) Kennzeichnend für ein oberirdisches Gewässer ist die nicht nur gelegentliche Wasseransammlung in einem Gewässerbett (vgl. Beschluss vom 16. Juli 2003 - BVerwG 7 B 61.03 - Buchholz 445.4 § 1 WHG Nr. 6). Dabei meint ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff des Gewässerbettes eine äußerlich erkennbare natürliche oder künstliche Begrenzung des Wassers in einer Eintiefung an der Erdoberfläche. Befindet sich das Wasser an einem solchen Ort, ist es in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden und hat Anteil an den Gewässerfunktionen. In dieser Eigenschaft soll es der wasserrechtlichen Benutzungsordnung unterliegen und nach Menge und Güte durch deren Instrumentarium gesteuert werden (vgl. Urteil vom 15. Juni 2005 - BVerwG 9 C 8.04 - Buchholz 401.64 § 2 AbwAG Nr. 2). Allgemein anerkannt ist jedoch, dass das Vorliegen eines Gewässerbettes als Ansatzpunkt des wasserrechtlichen Regelungsprogramms nicht in dem Sinne zwingende Voraussetzung der Einordnung als oberirdisches Gewässer ist, dass jegliche Unterbrechung im oberirdischen Wasserlauf durch unterirdische Teilstrecken - etwa in Felsdurchlässen oder -höhlungen, in Rohren, Tunneln oder Dükern - zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führt (siehe Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - a.a.O. S. 298; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 3 Rn. 13; Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 1 WHG a.F. Rn. 9 f.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 121 m.w.N.).

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bb) Diese Erkenntnis findet allerdings nicht im Begriff "zeitweilig" ihren normativen Ansatzpunkt (so aber Guckelberger, in: BeckOK Umweltrecht, § 3 WHG Rn. 4; OVG Weimar, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 4 EO 347/08 - juris Rn. 20). Denn dieser Begriff bezieht sich nicht auf das abschnittsweise Fehlen eines Gewässerbettes, sondern darauf, dass das Wasser bei (regelmäßig oder unregelmäßig) wiederkehrenden Verhältnissen, also nicht nur gelegentlich, am betreffenden Ort steht oder fließt (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O. § 3 Rn. 14; Knopp, a.a.O. Rn. 7; OVG Schleswig, Urteil vom 15. Dezember 1999 - 2 L 3/98 - NuR 2000, 294 = juris Rn. 25). Sie folgt indessen aus dem am Regelungszweck des Wasserrechts orientierten Gebot, eine Wasserführung erst dann aus dem wasserrechtlichen Regelungsregime zu entlassen, wenn mit dem Wegfall des Gewässerbettes eine Absonderung vom natürlichen Wasserhaushalt einhergeht.

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cc) Der 4. Senat hat in seinem Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 43.73 - (a.a.O. S. 298 f.) das Vorliegen einer für die Gewässereigenschaft unschädlichen unterirdischen Teilstrecke (nur) dann als möglich erachtet, wenn diese in den Verlauf eines oberirdischen Gewässers fällt. Die Frage, ob insoweit der Verlauf des Gewässers durch die Teilstrecke ohne Gewässerbett unterbrochen wird, beantwortet die Entscheidung nach einem formalen, auf das jeweilige Gewässer bezogenen Verständnis, nicht aber im Wege einer materiellen Betrachtungsweise bezogen auf die Teilhabe am natürlichen Wasserkreislauf, der sich nicht auf das einzelne Gewässer beschränkt. Dieser formale Ansatz ermöglicht zwar eine klare Abgrenzung, wenn das Gewässer auf dem letzten Teilstück verrohrt ist. Für die unterschiedliche wasserrechtliche Einordnung je nach Lage der unterirdisch geführten Teilstrecke als Zwischen- oder als Endstück eines Gewässers fehlt es aber an einem angesichts des Regelungszwecks des Wasserhaushaltsgesetzes überzeugenden Grund.

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Der Maßstab für den Verlust der Gewässereigenschaft ist letztlich die Absonderung vom natürlichen Gewässerhaushalt, die sich insbesondere in der Beeinträchtigung der Gewässerfunktionen zeigt. Ob diese bei einer Unterbrechung der offenen Wasserführung von einem solchen Gewicht ist, dass der Zusammenhang mit dem Wasserhaushalt gelöst erscheint, muss sich daran messen lassen, ob das Wasser weiterhin in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden ist. Hierfür ist unbeachtlich, ob das Gewässer vor und nach der unterirdischen Wasserführung rechtlich identisch ist. Vielmehr kann die Einbindung in den natürlichen Wasserkreislauf bei einer funktionsbezogenen, an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Betrachtungsweise auch dann zu bejahen sein, wenn die unterirdische Wasserführung das Wasser von einem Gewässer in das nächste leitet (so auch Breuer, a.a.O. Rn. 130 S. 103). Demgegenüber endet die Gewässereigenschaft, wenn der Wasserlauf vollständig in eine Abwasseranlage einbezogen wird (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O. § 2 Rn. 8, § 3 Rn. 25; Queitsch, in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 1 Rn. 5 f.).

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c) Hiernach hat das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Urteil bei der rechtlichen Einordnung des verrohrten Abschnitts der Alten Saale zu Recht eine wertende Betrachtung vorgenommen und mit diesem rechtlichen Maßstab Bundesrecht nicht verletzt.

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Das Oberverwaltungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Gewässereigenschaft bejaht. Diese Feststellungen werden vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen infrage gestellt und sind demnach für den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend. Soweit der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Erlass einer Überraschungsentscheidung rügt, macht er nicht geltend, dass ihm weiterer Tatsachenvortrag abgeschnitten worden sei. Die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Es stellt insbesondere zutreffend darauf ab, dass die verrohrte Wasserführung allein wasserwirtschaftlichen Zwecken dient und das Wasser keiner eigenständigen technischen Benutzung zugeführt wird. Soweit das Oberverwaltungsgericht auch darauf hinweist, dass kein Abwasser zufließe, ist das allerdings zumindest missverständlich. Eine solche Einleitung ist für die Gewässereigenschaft nämlich irrelevant; vielmehr ist sie nur nach Maßgabe einer wasserrechtlichen Erlaubnis bzw. Bewilligung zulässig (vgl. Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 8 bis 11.74 - BVerwGE 49, 301 <305>; Beschluss vom 28. April 2008 - BVerwG 7 B 16.08 - juris Rn. 6). Dieses Argument ist für die auf einer Gesamtbetrachtung beruhenden Bewertung indessen nicht tragend.

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d) Die weiteren Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Umfang der Unterhaltspflicht greift der Kläger nicht an. Dieser richtet sich wiederum nach irrevisiblem Landesrecht (§ 102 WG LSA). Dass bei der Auslegung dieser Vorschrift die bundesrechtlichen Vorgaben des § 28 Abs. 1 WHG a.F., § 39 WHG n.F. verkannt worden seien, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch die dem vorausliegende Frage, ob die Verrohrung etwa als Anlage in und an einem Gewässer im Sinne von § 110 Abs. 1 WG LSA einzustufen ist (vgl. hierzu Czychowski/Reinhardt, a.a.O. § 36 Rn. 25), was die Unterhaltungslast auf den Eigentümer bzw. Nutznießer überwälzt, beantwortet sich allein nach irrevisiblem Landesrecht (vgl. Beschluss vom 29. Januar 1996 - BVerwG 4 B 5.96 - ZfW 1997, 25).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.