Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2015 - 22 ZB 15.271

bei uns veröffentlicht am15.04.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Bayreuth, 4 K 13.242, 10.12.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 1.350 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenbescheid der Beklagten. Der am 9. August 1933 geborene Kläger war seit dem 19. Februar 1974 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für „restauratives Bauwesen" und seit dem 31. Mai 1985 auch für das Sachgebiet „Bewertung historischer Baudenkmäler, insbesondere Schlösser, Burgen und Kirchen". Nach der damaligen Sachverständigenordnung der Beklagten endete grundsätzlich die Sachverständigenbestellung mit Vollendung des 68. Lebensjahrs des Sachverständigen. Auf Antrag des Klägers vom 12. März 2001 verlängerte die Beklagte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid seine Sachverständigenbestellung um drei Jahre bis zur Vollendung des 71. Lebensjahrs; das Erlöschen der Bestellung am 9. August 2004 machte die Beklagte in ihrer Kammerzeitschrift bekannt. In den Folgejahren war der Kläger als freier Sachverständiger auf seinen Sachgebieten tätig. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 1. Februar 2012 - 8 C 24/11 - entschieden hatte, dass die Versagung der Verlängerung einer Bestellung zum vereidigten Sachverständigen über das 71. Lebensjahr hinaus eine nicht gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinn von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG darstellen könne, beantragte der Kläger unter Berufung auf dieses Urteil am 23. Mai 2012 die „Wiederherstellung bzw. erneute Bestellung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für restauratives Bauwesen für fünf Jahre". Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf mit, für sie handle es sich um eine Neubestellung. Zur Prüfung der besonderen Sachkunde des Klägers holte die Beklagte vier Fachgutachten ein, die überwiegend zum Ergebnis gelangten, der Kläger weise die für einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nötige besondere Sachkunde nicht auf. Ein anschließendes Fachgespräch bei der Beklagten zwischen dem Kläger und den Fachgutachtern am 22. Januar 2013 führte zur Einschätzung der Beklagten, dass der Kläger die besondere Sachkunde für das inzwischen neu geschaffene Sachgebiet „Historische Bauten" habe. Am 21. Februar 2013 wurde der Kläger für fünf Jahre zum vereidigten Sachverständigen für das Sachgebiet „Historische Bauten (insb. Schlösser, Burgen, Kirchen)" bestellt. In der Begründung des die Bestellung verfügenden Bescheids vom gleichen Tag heißt es, es handle sich dabei nicht um die erneute Bestellung in seinem bisherigen Sachgebiet, die wegen des Erreichens der damals geltenden Altersgrenze erloschen sei, sondern um eine Neubestellung im Sachgebiet „Historische Bauten", das sein bisheriges Sachgebiet im Sachverständigenwesen ersetzt habe. Die Beklagte forderte als Kosten der Bestellung vom Kläger zunächst insgesamt ca. 2.550 € (die nach einzelnen Positionen aufgeschlüsselt waren), korrigierte den entsprechenden Bescheid dann jedoch und erhob stattdessen mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 7. März 2013 einen Betrag von 1.350,00 €, bestehend aus einem Auslagenersatz von 1.000,00 € und der Mindestgebühr von 350,00 €.

Die gegen diesen Kostenbescheid erhobene Anfechtungsklage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 10. Dezember 2014 abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 5 VwGO) geltend.

Die Beklagte beantragt, die Berufung nicht zuzulassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den insoweit allein maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht.

1. Der Kläger macht zunächst die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend (vgl. Antragsbegründung vom 18.2.2015, Nr. B.I auf S. 4 bis 6). Damit kann der Kläger aber nicht durchdringen.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war und auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist. Die dargelegte Frage muss zudem im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen; fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, so liegt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht vor (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35 bis 40 m. w. N.). Derartige klärungsbedürftige und klärungsfähige Sach- oder Rechtsfragen lassen sich vorliegend den Darlegungen des Klägers nicht entnehmen.

1.1. Dass die Beklagte für die öffentliche Bestellung von Sachverständigen grundsätzlich Gebühren und den Ersatz entstandener Auslagen verlangen kann und dass auch im vorliegenden Fall der Beklagten derartige Auslagen entstanden sind, führt nach den Darlegungen des Klägers nicht zu Fragen, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigen könnten. Der Kläger zieht diesbezüglich nicht in Zweifel, dass in dem Verwaltungsverfahren der Beklagten, das zu seiner erneuten Bestellung zum Sachverständigen mit Bescheid vom 21. Februar 2013 geführt hat, Auslagen für mehrere eingeholte Fachgutachten und ein Fachgespräch tatsächlich entstanden sind; er stellt auch nicht infrage, dass - im Grundsatz und der Höhe nach - diese Auslagen sowie auch Verfahrensgebühren gemäß § 3 Abs. 6 IHKG i. V. m. § 2 Abs. 1, § 3 der Gebührenordnung der Beklagten vom 6. Februar 1958 (zuletzt geändert am 3.12.2007) dem zu bestellenden Sachverständigen in Rechnung gestellt werden dürfen. Unter den hier gegebenen Umständen spricht vielmehr alles für die sachliche Notwendigkeit der von der Beklagten veranlassten Überprüfungen. Zwischen dem Erlöschen der vorherigen Bestellung des Klägers im Monat August 2004 und seiner erneuten Bestellung im Februar 2013 lag nämlich ein Zeitraum von achteinhalb Jahren, in denen der Kläger - nach eigenem Vortrag (vgl. den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 7.4.2015, S. 3, erster Abschnitt) - auf seinem Bestellungsgebiet nicht mehr als Sachverständiger tätig sein konnte und nicht nur die Beauftragungen für Gerichtsgutachten weitestgehend ausblieben, sondern auch private Gutachtensaufträge „weggebrochen" sind. Insoweit weist die Beklagte (Antragserwiderung vom 16.3.2015, S. 4) zutreffend und seitens des Klägers unwidersprochen darauf hin, dass der Kläger in dieser Zeit nicht der Aufsicht der Beklagten unterstand und die Beklagte deshalb auch keine Informationen über die Aktivitäten des Klägers als (nicht mehr öffentlich bestellter) Sachverständiger hatte, was zu einem höheren Aufwand bei der Überprüfung der Bestellungsvoraussetzungen geführt hat, der dem bei einer Neubestellung anfallenden Aufwand entsprochen habe. Ist ein Sachverständiger, wie vorliegend, über einen Zeitraum von etwa acht Jahren auf einem Arbeitsfeld, das Spezialkenntnisse erfordert, weitestgehend untätig gewesen, so liegt es nahe (und wird vom Kläger auch gar nicht in Abrede gestellt), dass nach derart langer Zeit theoretische Fachkenntnisse und praktische Geschicklichkeit bei deren Anwendung verloren gegangen sind oder jedenfalls nachgelassen haben. Beredtes Indiz dafür, dass dies auch im Fall des Klägers so gewesen ist, ist der Umstand, dass nach den (vom Kläger nicht angezweifelten) Feststellungen des Verwaltungsgerichts (UA, S. 3, dritter Abschnitt) von vier befragten Gutachtern (die einer Architektenkammer außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Beklagten bzw. einem andern Architekturbüro angehörten) nur einer die vom Kläger angefertigten Arbeiten positiv beurteilte, während die drei anderen zum Ergebnis gelangten, der Kläger verfüge nicht über die erforderliche besondere Sachkunde, so dass dessen besondere Sachkunde für das inzwischen neu geschaffene Sachgebiet „Historische Bauten" erst in einem weiteren Schritt, nämlich nach dem Fachgespräch am 22. Januar 2013 angenommen werden konnte. Aus den Darlegungen des Klägers ergeben sich keine objektiven, fachlich begründeten Gesichtspunkte dafür, in einem derartigen Fall könne die - je nach den Umständen möglicherweise auch kostenintensive - sorgfältige Überprüfung der besonderen Sachkunde des zu bestellenden Sachverständigen entbehrlich sein.

1.2. Die Argumentation des Klägers besagt - zusammengefasst - vielmehr, dass hiervon in seinem konkreten Fall abgewichen werden müsse und dass die seitens der Beklagten vom Kläger verlangten Kosten zu Unrecht geltend gemacht würden, weil diese Kosten dann nicht (nicht einmal teilweise) entstanden wären, wenn die Beklagte nicht mehrfach eine rechtswidrige Altersdiskriminierung vorgenommen hätte. Jedenfalls müsse der Sonderfall des rechtswidrigen - weil diskriminierenden - Erlöschenstatbestands und der nur deswegen erforderlichen erneuten Bestellung zum Sachverständigen in den Gebührenvorschriften der Beklagten berücksichtigt werden; daran fehle es hier. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht dargelegt.

Die vom Kläger geäußerte Rechtsansicht könnte allenfalls dann zutreffen, wenn eine erneute öffentliche Bestellung des Klägers gar nicht notwendig gewesen wäre, vielmehr ins Leere ginge, weil die bisherige Bestellung noch andauern würde. Dass dem nicht so ist, ist jedoch obergerichtlich bereits hinreichend geklärt bzw. ohne weiteres aus dem Gesetz ableitbar. Insofern hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt (UA, S. 6, Buchst. a), dass die öffentliche Bestellung des Klägers zum Sachverständigen mit Bescheid vom 21. Februar 2013, die als auslagen- und gebührenpflichtige Tätigkeit im Sinn des § 3 Abs. 6 IHKG anzusehen ist, notwendig war, weil seine vorherige Bestellung am 9. August 2004 erloschen war. Hieran ändern auch die vom Kläger im Zusammenhang mit einer rechtswidrigen Altersdiskriminierung ins Feld geführten Gesichtspunkte nichts. Die dem Erlöschen vorausgegangene Verlängerung der Bestellung des Klägers als Sachverständiger, die aber zugleich eine Befristung der Bestellung bis zur Vollendung des 71. Lebensjahrs (also bis zum 9.8.2004) umfasste, beruht auf dem bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001. Diese Befristung war jedenfalls ursprünglich rechtmäßig. Die Annahme eines Rechtsfehlers scheidet aus, weil nach § 36 Abs. 1 Satz 3 GewO (in der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses, 25.7.2001, geltenden Fassung) die Befristung der öffentlichen Bestellung nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern ausdrücklich erlaubt war. Auch das (maßgeblich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz - AGG - vom 14.8.2006, BGBl I S. 1897, hergeleitete) Verbot der „Altersdiskriminierung" stand im Jahr 2001 einer Befristung wie der vorliegenden nicht entgegen. Dasselbe gilt für die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 - RL 2000/78/EG. Diese Richtlinie ist zwar am 2. Dezember 2000 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden und somit gemäß Art. 20 RL 2000/78/EG am selben Tag in Kraft getreten, demnach vor dem Bescheid vom 25. Juli 2001. Das Inkrafttreten der Richtlinie führt indes nicht unmittelbar dazu, dass der Richtlinie widersprechendes nationales Recht automatisch außer Kraft gesetzt würde. Vielmehr begründet die Richtlinie lediglich die Pflicht der Mitgliedstaaten, diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Aufhebung von dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften geboten sind (vgl. Art. 16 Buchst. a RL 2000/78/EG); überdies wurde hierfür den Mitgliedstaaten eine Frist bis zum 2. Dezember 2003 (in besonderen Fällen bis zum 2.12.2006) gewährt (Art.18 RL 2000/78/EG). Beim Erlass des Bescheids vom 25. Juli 2001 war die Frist zur Umsetzung noch nicht abgelaufen. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte die strittige Altersgrenze als verfassungsgemäß angesehen (BVerfG, B. v. 16.11.1990 - 1 BvR 1280/90 - NVwZ 1991, 358, und B. v. 25.3.1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28/38). Die Befristung ist auch nicht nachträglich unwirksam geworden, was im Fall der Nichtigkeit die Rechtsfolge wäre (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG). Ein besonders schwerwiegender Fehler und dessen Offenkundigkeit (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG) sind auch nach dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78/EG und dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht festzustellen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat eine Befristung wie im vorliegenden Fall zunächst nicht als rechtswidrig angesehen (vgl. U. v. 26.1.2011 - 8 C 46.09 - GewArch 2011, 246). Weil bei einem Außerkrafttreten entgegenstehender Satzungsbestimmungen immer die rechtliche Möglichkeit einer (weiteren) Verlängerung der öffentlichen Bestellung als Sachverständiger besteht, wäre ein in der Befristung der Bestellung bis zu einem bestimmten Alter liegender etwaiger Fehler nicht offenkundig besonders schwerwiegend (vgl. BayVGH, B. v. 26.1.2015 - 22 ZB 14.1673 - Rn. 9).

Konsequenterweise hat das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Kläger genannten Urteil vom 1. Februar 2012 - 8 C 24/11 - GewArch 2012, 203 in dem dort entschiedenen, insoweit vergleichbaren Fall nicht die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Befristung der Bestellung als Sachverständiger festgestellt, sondern aus der rechtswidrigen, weil altersdiskriminierenden Ablehnung des Verlängerungsantrags über das 71. Lebensjahr hinaus (nur) die Folgerung gezogen, dass die Beklagte über den Verlängerungsantrag des dortigen Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entscheiden müsse. Die sich hieraus ergebende Folge einer nachträglich rechtswidrig gewordenen Altersdiskriminierung und deshalb nachträglich nichtig (gewordenen) Bestimmung einer Sachverständigenordnung und einer mit Rücksicht auf diese Bestimmung ursprünglich rechtmäßig verfügten Befristung der Bestellung als Sachverständiger ist somit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weder die Unwirksamkeit einer mittels Bescheids verfügten Befristung (eine solche Unwirksamkeit würde die Fortdauer der Bestellung über den Befristungsendzeitpunkt hinaus bedeuten) noch ein Anspruch darauf, ohne weitere Voraussetzungen erneut zum Sachverständigen bestellt zu werden, sondern ausschließlich das an die Beklagte gerichtete Verbot, die erneute Bestellung als Sachverständiger ausschließlich wegen der Vollendung des 71. Lebensjahres abzulehnen. Diesem Verbot hat vorliegend die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie den Kläger mit Bescheid vom 21. Februar 2013 für weitere fünf Jahre zum vereidigten Sachverständigen für das Gebiet „Historische Bauten (insbesondere Schlösser, Burgen, Kirchen)" bestellt hat.

1.3. Der Kläger macht mit seinen Ausführungen (unter Nr. B.I auf S. 4 unten bis S. 5 oben der Antragsbegründung) sinngemäß geltend, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Beklagte jedenfalls zur Wiedergutmachung von dem Kläger früher zugefügtem Unrecht von der Erhebung von Kosten für die erneute Bestellung als Sachverständiger hätte absehen müssen.

Grundsätzliche, fallübergreifende Bedeutung wäre der - vom Kläger freilich nicht genau formulierten, sondern nur in Form einer ausführlicheren Problemdarstellung angeschnittenen - Rechtsfrage („Kostenverzicht wegen früherer unzulässiger altersdiskriminierender Beendigung der Sachverständigenstellung?") nur dann beizumessen, wenn dem Kläger aufgrund bestehender öffentlichrechtlicher Anspruchsgrundlagen ein Anspruch auf Verzicht oder Verringerung der - zu Recht angefallenen - Auslagen und der (Mindest-)gebühr zustehen könnte. Dafür ist aus den Darlegungen des Klägers indes nichts ersichtlich. Insbesondere befasst sich der Kläger nicht substantiiert mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, das dargelegt hat, dass die Voraussetzungen für eine rückwirkende Wiederherstellung der erloschenen Sachverständigenbestellung im Weg eines Wiederaufnahmeverfahrens nach Art. 51 BayVwVfG nicht vorliegen (UA, S. 6, Buchst. b), dass auch der Widerruf der zeitlichen Beschränkung nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG nicht möglich ist (UA, S. 6, Buchst. c), und dass auch kein Folgenbeseitigungsanspruch dahingehend besteht, von den Kosten für die erneute Bestellung verschont zu bleiben (UA, S. 7, Buchst. e). Ebenso wenig sind Darlegungen zum Bestehen von - allerdings rechtswegfremden -Amtshaftungsansprüchen vorhanden, die allerdings schuldhaftes Verhalten des Beklagten voraussetzen.

2. Die vom Kläger weder in der Antragsbegründung vom 18. Februar 2015 noch im weiteren Schriftsatz vom 7. April 2015 näher dargelegten, sondern nur aus seinen Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache abgeleiteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) - Nr. B.II auf S. 6 der Antragsbegründung - können aus den oben unter Nr. 1 geschilderten Gründen nicht zur Zulassung der Berufung führen.

3. Der Kläger macht ferner geltend, die Berufung sei wegen verschiedener Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen (Nr. B.III der Antragsbegründung, S. 6 bis 8). Auch damit kann der Kläger nicht durchdringen.

Der Antragsbegründung mangelt es nämlich bereits an der im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ausreichenden Darlegung, ob und inwiefern - nach Ansicht des Klägers - das angegriffene Urteil an einem Begründungsmangel (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) leidet, und ob und inwiefern der Verfahrensmangel der unzureichenden Sachverhaltsermittlung von Amts wegen vorliegen soll (§ 86 Abs. 1 VwGO).

3.1. Der Kläger führt unter Nr. B.III der Antragsbegründung aus, die Beklagte sei sich der Problematik „Wiederzulassung des Klägers als Sachverständiger nach rechtswidrigem Verlust der Bestellung" durchaus bewusst gewesen, und zitiert sodann auf etwa eineinhalb Seiten zwei Auszüge aus seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 5. April 2013 mit insgesamt acht Beweisangeboten. Er bemängelt, das Verwaltungsgericht habe seinen substantiierten Vortrag nicht beachtet, wonach die Beklagte ihm verbindlich zugesichert habe, er müsse sich „keiner Prüfung im Sinn der Satzung der Beklagten unterziehen", sondern es solle nur ein „Fachgespräch bzw. ein „unverbindliches Gespräch unter Fachleuten ohne Prüfungscharakter" stattfinden, um „einen Vorgang zu schaffen, aufgrund dessen eine Wiederbestellung erfolgen könne", von Kosten für den Kläger sei in diesem Zusammenhang nie die Rede gewesen. Damit kann er nicht durchdringen.

Ein Verfahrensverstoß nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO wird mit diesem Vortrag nicht dargetan. Zwar besteht nach § 86 Abs. 1 VwGO eine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts. Ein Gericht verletzt diese Pflicht jedoch grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine von einem Rechtsanwalt vertretene Partei nicht beantragt hat (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 22.2.1988 - 7 B 28/88 - NVwZ 1988, 1019). Unter diesen Umständen hätte der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt hat, darlegen müssen, dass er bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hingewirkt hat oder dass sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen, was die Entscheidungserheblichkeit der zu ermittelnden Tatsachen voraussetzt. Ferner hätte er darlegen müssen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B. v. 19.8.1997 - 7 B 261/97AZ - NJW 1997, 3328, juris Rn. 4). Daran fehlt es vorliegend.

Die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in einer außergewöhnlichen, zugunsten des Antragstellers vom Normalfall abweichenden (vorliegend: „kostensparenden") Weise und der Verzicht auf die nach der einschlägigen Gebührenordnung zu erhebenden Kosten setzen - abgesehen von etwaigen weiteren Erfordernissen -eine formwirksame Zusicherung im Sinn von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG voraus. Vorliegend enthält aber bereits der vom Kläger in der Antragsbegründung zitierte Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren nicht die Behauptung, dass die Beklagte dem Kläger eine derartige Handhabung und insbesondere einen Verzicht auf die -nach obigen Ausführungen rechtmäßige - Erhebung von Auslagen und Gebühren überhaupt und zudem formwirksam im Sinn des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zugesichert hätte. Auch die zitierten Beweisangebote betreffen lediglich den Wunsch des Klägers und die diesbezüglich erklärte Absicht der Beklagten, ein „unverbindliches Fachgespräch" anstelle einer „Fachprüfung" durchzuführen, nicht aber die Frage, ob und in welcher Höhe Kosten für die Wiederbestellung des Klägers als Sachverständiger anfallen würden. So erwähnt der Kläger zu Beginn der zitierten Passage aus der Klageschrift vom 5. April 2013 (Antragsbegründung, S. 6 unten) als chronologisch ersten Vorgang ein „klärendes Gespräch" vom 28. November 2012. Zu diesem Zeitpunkt waren indes - wie sich aus einer Übersicht auf Bl. 184 der Verwaltungsverfahrensakte ergibt - bereits die Kosten für die fachlichen Gutachten dreier Sachverständiger und die Zweitmeinung einer weiteren Sachverständigen angefallen. Das in Aussicht genommene „Fachgespräch" verfolgte - wie der in den Akten befindliche Schriftwechsel zwischen dem Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten und der Beklagten deutlich belegt - auch den Zweck, zugunsten des Klägers die von den eingeschalteten Fachgutachtern mehrheitlich geäußerten Bedenken gegen die besondere Sachkunde des Klägers auszuräumen. Vor diesem Hintergrund mag der Kläger - freilich auch wegen der geschilderten Entwicklung der Rechtslage und Rechtsprechung zur „Altersdiskriminierung" - die berechtigte Hoffnung gehabt haben, die Beklagte werde den Gebührenrahmen bei einer erneuten Bestellung als Sachverständiger nicht „ausreizen"; dieser Hoffnung hat die Beklagte insofern entsprochen, als sie mit dem korrigierten Kostenbescheid vom 7. März 2013 nur den Gebührenmindestbetrag (350 €) aus dem für Neubestellungen geltenden, bis 1.300 € reichenden Gebührenrahmen angesetzt hat. Fern lag dagegen die Annahme, der Kläger brauche auch die angefallenen Auslagen (die vorliegend tatsächlich fast doppelt so hoch wie der vom Kläger verlangte Betrag waren) überhaupt nicht zu erstatten. Eine weitere Ermittlung des Sachverhalts musste sich dem Verwaltungsgericht daher nicht aufdrängen.

3.2. Auch ein Begründungsmangel ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht. Denn in einem Urteil sind nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO (nur) die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. Ist ein Vorbringen entscheidungsunerheblich, so darf es in den Gründen eines Urteils oder eines Beschlusses unerörtert bleiben. Darin kann auch kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegen. Denn diese Verfassungsbestimmung schützt nicht davor, dass Vortrag von Beteiligten aus Gründen des formellen oder des materiellen Rechts nicht berücksichtigt wird (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit dem Beschluss vom 15.2.1967 - 2 BvR 658/65 - BVerfGE 21, 191/194). Generell sind die Gerichte nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu verbescheiden (BayVGH, B. v. 26.5.2014 -22 CS 14.883 - juris, unter Hinweis u. a. auf BVerfG, B. v. 25.5.1956 -1 BvR 128/56 -BVerfGE 5, 22/24). Dies gilt namentlich für Vorbringen, das sie nicht für entscheidungserheblich halten. Der vom Kläger ausführlich thematisierte und in den Beweisangeboten angesprochene Zweck und der rechtliche Charakter des „Fachgesprächs" waren für das Verwaltungsgericht aus den oben geschilderten Gründen nicht entscheidungserheblich und bedurften daher keiner ausdrücklichen Behandlung in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils; aus dem Fehlen diesbezüglicher Erörterungen kann nicht gefolgert werden, das Verwaltungsgericht habe insoweit den Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 i. V. m. § 47 Abs. 3 GKG festgesetzt (Höhe der streitgegenständlichen Kostenforderung).

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Tatbestand 1 Der am 26. April 1936 geborene Kläger wendet sich gegen die Versagung seiner weiteren öffentlichen Bestellung zum vereidigten Sachverständigen.

Referenzen

Tatbestand

1

Der am 26. April 1936 geborene Kläger wendet sich gegen die Versagung seiner weiteren öffentlichen Bestellung zum vereidigten Sachverständigen.

2

Er war aufgrund einer einmaligen befristeten Verlängerung bis zur Vollendung seines 71. Lebensjahres im Jahre 2007 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Sachgebiete "Anwendung der EDV im Rechnungswesen und Datenschutz" sowie "EDV in der Hotellerie". Seinen Antrag vom 12. Januar 2007 auf Verlängerung der Bestellung um fünf, hilfsweise um vier Jahre lehnte die beklagte Industrie- und Handelskammer mit Bescheid vom 1. März 2007 mit der Begründung ab, eine Bestellung erlösche nach ihrer Sachverständigenordnung (SVO), wenn der Sachverständige das 68. Lebensjahr vollendet habe; sie könne nur einmal verlängert werden, längstens bis zur Vollendung des 71. Lebensjahres.

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Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger Klage erhoben, mit der er unter Berufung auf die Richtlinie 2000/78/EG des Europäischen Rates vom 27. November 2000 (ABl Nr. L 303 S. 16) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1997) im Wesentlichen geltend gemacht hat, die ihm entgegengehaltene Höchstaltersgrenze verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.

4

Die Klage hatte weder beim Verwaltungsgericht noch beim Verwaltungsgerichtshof Erfolg. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist die in der Sachverständigenordnung normierte Höchstaltersgrenze mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Selbst wenn man das AGG für anwendbar halte, liege in der Ablehnung der weiteren Bestellung zwar eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters. Diese sei jedoch jedenfalls gemäß § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt. Denn der Gesetzgeber habe für die Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs durch die Institution öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger die jederzeit verlässliche Leistungsfähigkeit der Sachverständigen sicherstellen und zu diesem Zweck die Möglichkeit eröffnen wollen, durch die Festlegung einer Höchstaltersgrenze potenziell nicht mehr so leistungsfähige Sachverständige auszuschließen.

5

Die dagegen gerichtete Revision des Klägers ist vom erkennenden Senat mit Urteil vom 26. Januar 2011 - BVerwG 8 C 46.09 - (BVerwGE 139, 1) zurückgewiesen worden. Zwar sei das AGG auf die öffentliche Bestellung von Sachverständigen anwendbar. In der Ablehnung der begehrten Neubestellung wegen Überschreitens der Höchstaltersgrenze liege auch eine ungleiche Behandlung wegen des Alters. Diese sei jedoch gerechtfertigt. Das vom Normgeber verfolgte Ziel der Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs sei legitim im Sinne des § 10 Satz 1 AGG, auch wenn es kein sozialpolitisches Ziel im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG sei. Die in dieser Regelung der Richtlinie beispielhaft genannten sozialpolitischen Ziele (Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt, berufliche Bildung) stellten nur eine von mehreren Kategorien legitimer Ziele dar.

6

Dieses Urteil hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 (Az: 1 BvR 1103/11) mit der Begründung aufgehoben, es sei unter Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ergangen.

7

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Januar 2009 und des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. März 2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 1. März 2007 und vom 24. Mai 2007 zu verpflichten, über seinen Antrag vom 12. Januar 2007 - beschränkt auf den dortigen Hauptantrag - auf erneute öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger für "EDV im Rechnungswesen und Datenschutz" sowie "EDV in der Hotellerie" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Die Beteiligten haben keine Anträge gestellt. Der Beteiligte zu 1 hält den Antrag des Klägers für begründet, während die Beteiligte zu 2 das angegriffene Urteil verteidigt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen revisibles Recht (1.) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (2.). Die Beklagte ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 12. Januar 2007 auf Verlängerung seiner öffentlichen Bestellung als Sachverständiger um fünf Jahre - gerechnet von der Vollendung seines 71. Lebensjahres an - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (3.).

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1. Die auf § 22 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Buchst. d der SVO 2002/2008 der Beklagten gestützte Ablehnung des Verlängerungsantrages stellt eine Diskriminierung wegen des Alters im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) dar, die entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt ist.

12

a) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auf die öffentliche Bestellung von Sachverständigen anwendbar. Die in Rede stehende Höchstaltersgrenze stellt im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG eine Bedingung für den Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit dar. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seine selbstständige berufliche Tätigkeit als Sachverständiger für die von ihm gewählten Sachgebiete auch ohne die begehrte öffentliche Bestellung ausüben kann, so dass es sich im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht um eine Regelung der Berufswahl, sondern der Berufsausübung handelt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (im Folgenden: RL) 2000/78/EG des Europäischen Rates vom 27. November 2000 (ABl Nr. L 303 S. 16) und ist deshalb im Lichte dieser unionsrechtlichen Regelung auszulegen. Danach wird der Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bereits dann beschränkt, wenn die Höchstaltersgrenze geeignet ist, die Nachfrage nach den vom Kläger angebotenen Dienstleistungen tatsächlich zu beschränken (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-341/08, Domnica Petersen - Slg. 2010, I-47 Rn. 33). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 26. Januar 2011 - BVerwG 8 C 46.09 - BVerwGE 139, 1 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 274).

13

Die Einwände der Beklagten und der Beteiligten zu 2 geben zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung. Zwar hat der Europäische Gerichtshof in der Sache Petersen eine Nachfragebeschränkung in einem Fall bejaht, in dem der Berufstätige - ein Zahnarzt - infolge der Altersbeschränkung seine Dienstleistungen als Vertragszahnarzt der Krankenkassen gegenüber ca. 90 % seiner Kunden nicht mehr erbringen durfte. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass im Gegensatz dazu im vorliegenden Fall die Versagung der öffentlichen Bestellung kein rechtliches Hindernis errichtet, die Dienstleistung eines Sachverständigen weiterhin zu erbringen. Folge der in Rede stehenden Höchstaltersgrenze ist aber eine tatsächliche Nachfrageminderung. Das gilt selbst dann, wenn, wie die Beklagte behauptet, bei der Versagung einer öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen die Nachfrage tatsächlich allenfalls um 10 % zurückgeht. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann nicht dahin verstanden werden, dass eine beachtliche Beeinträchtigung erst bei einer Nachfrageminderung von 90 % anzunehmen sei.

14

b) Die Höchstaltersgrenze in § 22 Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 sowohl in der Fassung der geltenden Satzung der Beklagten vom 22. März 2010 als auch in deren Vorläuferfassungen stellt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG dar. Diese Benachteiligung ist gemäß § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 1 AGG grundsätzlich unzulässig. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist sie auch nicht nach § 10 AGG ausnahmsweise zulässig.

15

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die weiteren Voraussetzungen des § 10 AGG erfüllt sind. Die in Rede stehende Höchstaltersgrenze verfolgt das Ziel, im Interesse eines reibungslosen Rechtsverkehrs und einer funktionierenden Rechtspflege allen Behörden, Gerichten und privaten Interessenten für komplizierte Sachverhaltsfeststellungen und Prüfungen kompetente und glaubwürdige Fachleute anzubieten; schwierige und zeitraubende Nachforschungen über den Ruf und die Eignung des Gutachters sollen durch die öffentliche Bestellung entbehrlich werden (Urteil vom 26. Januar 2011 - BVerwG 8 C 46.09 - a.a.O. Rn. 30, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 ). Das ist kein legitimes Ziel im Sinne des § 10 Satz 1 AGG.

16

Welche Ziele hiernach legitim sind, bestimmt sich - nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung - nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG. Diese versteht unter einem legitimen Ziel "insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung". Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich hieraus, dass legitim in diesem Sinne nur sozialpolitische Ziele sind (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - Rs. C-447/09, Prigge - EuZW 2011, 751 m.w.N.). An seiner abweichenden Auffassung, die er noch in seinem Urteil vom 26. Januar 2011 vertreten hatte (a.a.O. Rn. 31 ff.), hält der Senat nicht fest.

17

Die Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs stellt kein sozialpolitisches Ziel im dargelegten Sinne dar. Das hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. Januar 2011 (a.a.O. Rn. 31) entschieden. Das Vorbringen der Beklagten und der Beteiligten zu 2 bietet keinen Anlass, hiervon abzurücken. Zwar wäre die Absicht des Normgebers, durch eine Höchstaltersgrenze jüngeren Bewerbern bessere Zugangschancen zu eröffnen, ein sozialpolitisches Ziel. Die in Rede stehende Altersbeschränkung verfolgt ein derartiges Ziel jedoch nicht. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger ist vielmehr unabhängig von einer konkreten Bedarfsprüfung; § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO ist entsprechend einschränkend auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 a.a.O. Rn. 55 ff.). Das Ausscheiden älterer Sachverständiger ist damit keine Voraussetzung für das Nachrücken Jüngerer.

18

2. Die angegriffenen Urteile der Vorinstanzen sind auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis aus anderen Gründen richtig.

19

a) § 8 Abs. 1 AGG vermag die generelle Höchstaltersgrenze nicht zu rechtfertigen. Die Vorschrift setzt Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/78/EG (sowie Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/43/EG und Art. 2 Abs. 6 der RL 76/207/EWG) in deutsches Recht um. Sie stellt klar, unter welchen Voraussetzungen bestimmte berufliche Anforderungen eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals rechtfertigen können (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 35; BTDrucks 16/2022 S. 6, 12). Dies ist nur dann der Fall, wenn der Grund der unterschiedlichen Behandlung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

20

Es fehlt vorliegend bereits an der Voraussetzung, dass an die Tätigkeit eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen - besondere - Anforderungen gestellt sind, die für diese Tätigkeit nach ihrer Art wesentlich und entscheidend sind und die im Zusammenhang mit dem Lebensalter stehen (vgl. EuGH, Urteile vom 12. Januar 2010 - Rs. C-229/08, Wolf - Slg. 2010, I-1 Rn. 35 und vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 66). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausnahmebestimmung des Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/78/EG nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eng ausgelegt werden muss (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 72 m.w.N.; vgl. RL 2000/78/EG Erwägungsgrund Nr. 23).

21

Die entscheidende Anforderung ist die besondere Sach- und Fachkunde. Die Tätigkeit eines Sachverständigen jedenfalls in den Sachgebieten "EDV im Rechnungswesen und Datenschutz" sowie "EDV in der Hotellerie", für die der Kläger seine Bestellung begehrt, stellt in diesem Sinne keine besonderen Anforderungen, die - bei entsprechender Vorbildung und Erfahrung - nur Jüngere erfüllen könnten. Ob die persönlichen Bestellungsvoraussetzungen insbesondere hinsichtlich der besonderen Sach- und Fachkunde sowie der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit bei einem Bewerber erfüllt sind, hat die Bestellungsbehörde nach Maßgabe der dafür einschlägigen Rechtsvorschriften im konkreten Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden (vgl. hier § 3 der Satzung der Beklagten).

22

Dagegen lässt sich nicht einwenden, Sachverständige jenseits des allgemeinen Renteneintrittsalters seien regelmäßig nicht mehr dauerhaft berufstätig, so dass ihre berufspraktische Erfahrung und ihre Fortbildungsbereitschaft und damit wichtige Grundlagen ihrer besonderen Sach- und Fachkunde an Aktualität einbüßten. Dieser Einwand stellt nicht auf Umstände ab, die mit dem Lebensalter in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Das Lebensalter hindert einen Sachverständigen nicht, über das übliche Renteneintrittsalter hinaus weiterhin seine berufliche Tätigkeit auszuüben, sich in dem erforderlichen Maße beruflich fortzubilden und sich damit die besondere Sach- und Fachkunde zu erhalten. Die von der Beklagten des Weiteren angeführte Erwägung, mit einer generellen Höchstaltersgrenze den mit Einzelfallprüfungen verbundenen Verwaltungsmehraufwand zu ersparen, rechtfertigt ebenfalls keine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters.

23

b) Die in Rede stehende generelle Höchstaltersgrenze wird auch nicht durch Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG legitimiert. Hiernach berührt diese Richtlinie nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Mit dem Erlass dieses Sicherheitsvorbehalts wollte der Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet von Beschäftigung und Beruf dem Entstehen eines Spannungsfeldes zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung zum einen und der notwendigen Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit, der Verhütung von Rechtsverstößen sowie dem Schutz der individuellen Rechte und Freiheiten, die für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sind, zum anderen vorbeugen und vermittelnd eingreifen (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 55). Auch Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG ist eng auszulegen, weil er eine Abweichung vom Grundsatz des Verbots der Diskriminierung begründet (EuGH, Urteile vom 12. Januar 2010 - Rs. C-341/08, Domnica Petersen - Slg. 2010, I-47 Rn. 60 und vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 56).

24

Eine ausdrückliche Bestimmung, die diesen Sicherheitsvorbehalt ganz allgemein in innerstaatliches Recht umsetzt, ist in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nicht aufgenommen worden. Zwar sieht § 20 Abs. 1 Nr. 1 AGG vor, dass eine unterschiedliche Behandlung u.a. wegen des Alters nicht vorliegt, wenn diese der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient. Diese Regelung erfasst jedoch, wie sich aus ihrer systematischen Stellung in Abschnitt 3 des Gesetzes ergibt, ausschließlich den Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverkehr. Auf Hoheitsakte einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Behörde und damit auf die öffentliche Bestellung von Sachverständigen ist sie nicht anwendbar. Auch ein Rückgriff auf § 10 Satz 1 AGG scheidet aus. Zwar ließe der Wortlaut zu, die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie angesprochenen Sicherheitsbelange als legitime Ziele im Sinne dieser Vorschrift zu deuten. Der Gesetzgeber wollte aber mit § 10 AGG allein Art. 6 und 7 der RL 2000/78/EG in deutsches Recht umsetzen (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 3. Aufl. 2011, § 10 Rn. 6) und nicht den allgemeinen Sicherheitsvorbehalt des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie.

25

Umgekehrt hat der Bundesgesetzgeber auf den Sicherheitsvorbehalt auch nicht bewusst verzichtet. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes und in der Gesetzesbegründung. Damit steht das Schweigen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anderweitigen Regelungen des innerstaatlichen Rechts außerhalb dieses Gesetzes nicht entgegen (ebenso von Roetteken, AGG, § 1 Rn. 189). Gegen eine derartige Sperrwirkung des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes sprechen nicht zuletzt kompetenzrechtliche Gründe. Denn wesentliche Bereiche des Polizei- und Ordnungsrechts fallen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl. etwa zum Bereich der Bautensicherheit die auf Art. 80 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBauO gestützte Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständigen im Bauwesen vom 29. November 2007 i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 2011, GVBl S. 720, und dazu VGH München, Beschluss vom 21. Oktober 2011 - 22 ZB 11.2154 - juris).

26

Auch der Bundesgesetzgeber kann im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit von dem Sicherheitsvorbehalt des Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG Gebrauch machen. Er kann diese Befugnis delegieren. Deshalb kommt auch § 36 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 GewO als Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung der zuständigen Landesregierung oder eine Satzung der zuständigen Industrie- und Handelskammer in Betracht, die altersbezogene Anforderungen an öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige stellt, sofern dies der Wahrung der in Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG genannten Schutzgüter dient und die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

27

Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die in Rede stehende generelle Höchstaltersgrenze für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige jedweder Branche dient jedenfalls in dieser Allgemeinheit keinem Sicherheitsbelang im Sinne von Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG. Der Zweck dieser Höchstaltersgrenze zielt, wie dargelegt, auf die Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs. Er ist nicht auf die Belange des Justizwesens beschränkt (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 55), sondern hat auch den außerforensischen Rechtsverkehr zum Gegenstand. Es soll sichergestellt werden, dass für Gerichte und Behörden, aber auch für Privatpersonen, die ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben, die besondere Sach- und Fachkunde des Gutachters uneingeschränkt gewährleistet ist, ohne dass dies einer speziellen Prüfung im Einzelfall bedarf. Der Zweck ist damit jedenfalls für die Sachgebiete, für die der Kläger seine öffentliche Bestellung begehrt, weder auf die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung noch auf den Schutz der individuellen Rechte und Freiheiten, die für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sind, noch auf andere Schutzgüter des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie gerichtet.

28

3. Die Sache ist spruchreif. Verstößt die in § 22 Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 der Satzung der Beklagten vorgesehene generelle Höchstaltersgrenze gegen § 7 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 und § 3 Abs. 1 AGG und lässt sie sich in ihrer Allgemeinheit auch nicht nach Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG rechtfertigen, so ist sie unwirksam und nichtig. Der Antrag des Klägers auf Neubestellung kann deshalb nicht aus diesem Grunde abgelehnt werden. Die Beklagte ist zur Neubescheidung zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Personen, die als Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues tätig sind oder tätig werden wollen, sind auf Antrag durch die von den Landesregierungen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen für bestimmte Sachgebiete öffentlich zu bestellen, sofern für diese Sachgebiete ein Bedarf an Sachverständigenleistungen besteht, sie hierfür besondere Sachkunde nachweisen und keine Bedenken gegen ihre Eignung bestehen. Sie sind darauf zu vereidigen, daß sie ihre Sachverständigenaufgaben unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen und ihre Gutachten entsprechend erstatten werden. Die öffentliche Bestellung kann inhaltlich beschränkt, mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von besonders geeigneten Personen, die auf den Gebieten der Wirtschaft

1.
bestimmte Tatsachen in bezug auf Sachen, insbesondere die Beschaffenheit, Menge, Gewicht oder richtige Verpackung von Waren feststellen oder
2.
die ordnungsmäßige Vornahme bestimmter Tätigkeiten überprüfen.

(3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die zur Durchführung der Absätze 1 und 2 erforderlichen Vorschriften über die Voraussetzungen für die Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit erlassen, insbesondere über

1.
die persönlichen Voraussetzungen, den Beginn und das Ende der Bestellung,
2.
die in Betracht kommenden Sachgebiete einschließlich der Bestellungsvoraussetzungen,
3.
den Umfang der Verpflichtungen des Sachverständigen bei der Ausübung seiner Tätigkeit, insbesondere über die Verpflichtungen
a)
zur unabhängigen, weisungsfreien, persönlichen, gewissenhaften und unparteiischen Leistungserbringung,
b)
zum Abschluß einer Berufshaftpflichtversicherung und zum Umfang der Haftung,
c)
zur Fortbildung und zum Erfahrungsaustausch,
d)
zur Einhaltung von Mindestanforderungen bei der Erstellung von Gutachten,
e)
zur Anzeige bei der zuständigen Behörde hinsichtlich aller Niederlassungen, die zur Ausübung der in Absatz 1 genannten Sachverständigentätigkeiten genutzt werden,
f)
zur Aufzeichnung von Daten über einzelne Geschäftsvorgänge sowie über die Auftraggeber,
und hierbei auch die Stellung des hauptberuflich tätigen Sachverständigen regeln.

(4) Soweit die Landesregierung weder von ihrer Ermächtigung nach Absatz 3 noch nach § 155 Abs. 3 Gebrauch gemacht hat, können Körperschaften des öffentlichen Rechts, die für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zuständig sind, durch Satzung die in Absatz 3 genannten Vorschriften erlassen. Die Satzung nach Satz 1 und deren Änderungen müssen im Einklang mit den Vorgaben des auf sie anzuwendenden europäischen Rechts stehen. Insbesondere sind bei neuen oder zu ändernden Vorschriften, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG in der jeweils geltenden Fassung unterfallen, die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 25) in der jeweils geltenden Fassung einzuhalten.

(4a) Eine Vorschrift im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 ist anhand der in den Artikeln 5 bis 7 der Richtlinie (EU) 2018/958 festgelegten Kriterien auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift stehen. Die Vorschrift ist so ausführlich zu erläutern, dass ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bewertet werden kann. Die Gründe, aus denen sich ergibt, dass sie gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substantiieren. Mindestens zwei Wochen vor dem Erlass der Vorschrift ist auf der Internetseite der jeweiligen Körperschaft des öffentlichen Rechts, die für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zuständig ist, ein Entwurf mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zu veröffentlichen. Nach dem Erlass der Vorschrift ist ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu überwachen und bei einer Änderung der Umstände zu prüfen, ob die Vorschrift anzupassen ist.

(5) Die Absätze 1 bis 4a finden keine Anwendung, soweit sonstige Vorschriften des Bundes über die öffentliche Bestellung oder Vereidigung von Personen bestehen oder soweit Vorschriften der Länder über die öffentliche Bestellung oder Vereidigung von Personen auf den Gebieten der Hochsee- und Küstenfischerei, der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues sowie der Landesvermessung bestehen oder erlassen werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2013, mit dem sein Antrag auf weitere Bestellung als Sachverständiger für das Sachgebiet „Münzen und Medaillen“ auf die Dauer von fünf Jahren, mindestens aber bis zum 31. Juli 2018, abgelehnt worden war; er begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihn antragsgemäß als Sachverständiger zu bestellen, hilfsweise, über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die gegen den Bescheid vom 18. Juli 2013 erhobene Versagungsgegenklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 6. Mai 2014 abgewiesen.

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache und deren grundsätzliche Bedeutung geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers, soweit sie fristgerecht im Schriftsatz vom 3. September 2014 und nicht erstmals im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 erfolgt sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergibt sich nicht, dass einer der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 oder 3 VwGO) vorliegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers nicht.

Solche Zweifel bestehen, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

1.1. Der Kläger macht unter Nr. II.1.a der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 3.9.2014) geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass seine öffentliche Bestellung als Sachverständiger zum 30. Januar 2011 wegen der unwirksamen Höchstaltersgrenze von 68 Jahren „weggefallen“ sei und die Beklagte deswegen verpflichtet gewesen wäre, ihn ohne Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO wieder zu bestellen. Dem ist nicht zu folgen.

1.1.1. Entgegen der Darstellung des Klägers und in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter Nr. 1.a der Entscheidungsgründe (Urteilsabdruck - UA - S. 10, erster Abschnitt) ist das (vom Kläger als „Wegfall“ bezeichnete) Ende seiner öffentlichen Bestellung als Sachverständiger zum 30. Januar 2011 rechtlich nicht unmittelbar auf die Vollendung seines 68. Lebensjahrs an diesem Tag zurückzuführen, sondern darauf, dass seine weitere Bestellung mit Bescheid vom 14. Dezember 1994 bis zum 30. Januar 2011 befristet worden war. Dass der Zeitraum dieser Befristung der damaligen Rechtslage entsprochen hat, wonach gemäß § 24 Abs. 2 der seinerzeit gültigen Sachverständigenordnung - SVO a. F. - die öffentliche Bestellung als Sachverständiger über das 68. Lebensjahr hinaus nur ein Mal und nur in begründeten Ausnahmefällen verlängert werden konnte (wie die Beklagte dem Kläger im Bescheid vom 16.12.1994 erklärt hat, vgl. Bl. 63 der Behördenakte), ändert nichts daran, dass in rechtlicher Hinsicht das Ende der Bestellung nicht die unmittelbare Rechtsfolge einer Rechtsvorschrift, sondern des Ablaufs des bestandskräftig mit Bescheid vom 16. Dezember 1994 verfügten Befristungszeitraums ist. Gegenteiliges ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers weder in Bezug auf die im Zeitpunkt des damaligen Bescheidserlasses (16.12.1994) geltende Sachverständigenordnung noch auf die in diesem Zeitpunkt einschlägige Vorschrift des § 36 GewO (i. d. F. des Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes vom 26.8.1992, BGBl I S. 1564 - § 36 GewO a. F.). Die Befristung der Sachverständigenbestellung war nach § 36 GewO a. F. nicht ausgeschlossen. Das (maßgeblich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz - AGG - vom 14.8.2006, BGBl I S. 1897, hergeleitete) Verbot der „Altersdiskriminierung“ stand im Jahr 1994 einer Befristung wie der vorliegenden nicht entgegen. Dasselbe gilt für die Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000; eine neue Rechtsnorm ist grundsätzlich erst ab dem Inkrafttreten des Rechtsakts anwendbar, mit dem sie eingeführt wird (EuGH, U. v. 7.11.2013 - Rs C-72/12 - BayVBl 2014, 400, Rn. 22). Das Bundesverfassungsgericht hatte die strittige Altersgrenze als verfassungsgemäß angesehen (BVerfG, B. v. 16.11.1990 - 1 BvR 1280/90 - NVwZ 1991, 358, und B. v. 25.3.1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28/38). Eine nachträgliche Nichtigkeit kann aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und der Richtlinie 2000/78/EG nicht abgeleitet werden. Die Möglichkeit einer Verlängerung der Bestellung als Sachverständiger führt dazu, dass ein in der Befristung der Bestellung bis zum Alter von 68 Jahren liegender etwaiger Fehler nicht offenkundig besonders schwerwiegend im Sinn von Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG wäre. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesbezüglich zunächst keine Rechtswidrigkeit gesehen (U. v. 26.1.2011 - 8 C 46.09 -). Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Kläger genannten Urteil vom 1. Februar 2012 - 8 C 24/11 - GewArch 2012, 203 in dem dort entschiedenen, insoweit vergleichbaren Fall nicht die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Befristung der Bestellung als Sachverständiger festgestellt, sondern ausgeführt, dass die auf § 22 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Buchst. d der Sachverständigenordnung der Beklagten, mithin auf die Überschreitung des 68. Lebensjahres gestützte Ablehnung des Verlängerungsantrags eine Diskriminierung wegen des Alters im Sinn des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes darstelle; das Bundesverwaltungsgericht hat hieraus (nur) die Folgerung gezogen, dass die Beklagte über den Verlängerungsantrag des dortigen Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entscheiden müsse. Die Folge einer nachträglich gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßenden und deshalb nachträglich nichtigen Bestimmung einer Sachverständigenordnung und einer mit Rücksicht auf diese Bestimmung ursprünglich rechtmäßig verfügten Befristung der Bestellung als Sachverständiger ist somit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weder die Unwirksamkeit der Befristung (eine solche Unwirksamkeit würde die Fortdauer der Bestellung über den Befristungsendzeitpunkt hinaus bedeuten) noch ein Anspruch darauf, ohne weitere Voraussetzungen erneut zum Sachverständigen bestellt zu werden, sondern ausschließlich das an die Beklagte gerichtete Verbot, die erneute Bestellung als Sachverständiger ausschließlich wegen der Vollendung des 68. Lebensjahres abzulehnen; andere Ablehnungsgründe sind dagegen nicht ausgeschlossen.

1.1.2. Der Kläger stellt in der Antragsbegründung nicht in Frage, dass die Beklagte die Ablehnung einer weiteren Verlängerung der Sachverständigenbestellung nicht auf das Überschreiten der (ehemals als rechtmäßig angesehenen) Höchstaltersgrenze gestützt hat. Er meint indes, er habe ohne weitere Voraussetzungen einen Anspruch auf erneute Verlängerung seiner Bestellung gehabt.

Damit kann er aber nicht durchdringen. Ein solcher Anspruch ergibt sich entgegen seinem Vortrag (Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 4 unten, S. 5 oben) weder aus dem mit der öffentlichen Bestellung begründeten öffentlich-rechtlichen Verhältnis zwischen ihm und der Beklagten noch aus dem auch im öffentlichen Recht geltenden allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben. Es lässt sich auch nicht aus einer nach dem Ende der öffentlichen Bestellung als Sachverständiger „nachwirkenden Fürsorge- und Treuepflicht“ der Beklagten herleiten, die Beklagte müsse den Sachverständigen voraussetzungslos erneut bestellen, wie der Kläger meint (Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 6, Abschnitt 2).

1.2. Unter Nr. II.1.b der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 7 unten, S. 8) bemängelt der Kläger, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass die Beklagte bei der Prüfung der fachlichen Eignung des Klägers einen falschen Prüfungsmaßstab angewandt, nämlich von ihm „erheblich über dem Durchschnitt“ liegende Fachkenntnisse verlangt habe. Der Kläger hält die von der Beklagten insoweit angewandte Bestimmung des § 3 Abs. 2 Buchst. d ihrer SVO in der ab dem 24. Juli 2012 geltenden Fassung für nichtig (da sie unvereinbar mit Verfassungs- und einfachem Recht sei) und meint, die Beklagte hätte stattdessen die zuvor geltende Fassung (mit der Bestellungsvoraussetzung der lediglich „überdurchschnittlichen Fachkenntnisse“) anwenden müssen; das Verwaltungsgericht habe diesen Fehler der Beklagten übersehen und im Urteil nichts zur (nach Ansicht des Klägers gegebenen) Unwirksamkeit des neuen Prüfungsmaßstabs nach § 3 Abs. 2 Buchst. d SVO 2012 ausgeführt anstatt - wie es geboten gewesen wäre - die Sache zurückzuverweisen.

Damit kann der Kläger nicht durchdringen. Er übersieht nämlich, dass das Verwaltungsgericht auf die besondere Sachkunde des Klägers gar nicht abgestellt hat. Es hat die Klageabweisung stattdessen entscheidungserheblich mit den auf konkrete Tatsachen gestützten Bedenken gegen die Eignung des Klägers im Sinn von § 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 Buchst. a GewO i. V. m. Nr. I. § 3 Abs. 2 Buchst. c und g SVO 2012 begründet (vgl. Nr. 3 der Entscheidungsgründe, UA ab S. 12). Es handelt sich hierbei nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO um eine eigenständige Voraussetzung für die öffentliche Bestellung als Sachverständiger, wie sich auch aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ablesen lässt (vgl. B. v. 16.9.2013 - 22 AS 13.1672 - juris).

1.3. Ohne Erfolg macht der Kläger auch geltend (Schriftsatz vom 3.9.2014, Nr. II.1.c und Nr. II.1.d, S. 9 und 10 oben), das Verwaltungsgericht habe verkannt (und insoweit den entsprechenden Vortrag des Klägers auf S. 20 ff. im Schriftsatz vom 25.4.2014 übergangen), dass die bei der öffentlichen Bestellung seitens der Beklagten vorzunehmende Prüfung der Sachkunde des Klägers deswegen fehlerhaft sei, weil hierfür eine ungeeignete Prüferin (eine öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die „Bewertung von Hausrat“) eingeschaltet worden sei. Der Kläger meint, vor allem im Hinblick darauf, dass eine öffentliche Bestellung als Sachverständiger das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG (und hierbei insbesondere die Berufswahl) betreffe, dürfe nur ein solcher Sachverständiger die - einem Prüfungsverfahren ähnliche - Beurteilung der besonderen Sachkunde des zu Bestellenden vornehmen, der mindestens dieselbe Qualifikation habe, wie sie die angestrebte Position (vorliegend die eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Münzen und Medaillen) erfordere; die besondere Sachkunde könne nur durch ein Fachgremium überprüft werden, was vorliegend nicht geschehen sei. Leide das Bestellungsverfahren insofern an einem Fehler, so könne dieser nicht durch eigenständige Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden besonderen Sachkunde überwunden werden und das Urteil sei fehlerhaft (Schriftsatz v. 3.9.2014, S. 9 unten und S. 10 vor Buchst. e). Auch insofern gilt, dass das Verwaltungsgericht auf die besondere Sachkunde des Klägers gar nicht abgestellt hat, sondern auf die mangelnde Eignung.

1.4. Soweit der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils daraus ableiten will, dass das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft Ausführungen hinsichtlich der „persönlichen Eignung“ gemacht habe (Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 10/11, Buchst. e), mangelt es seinen Darlegungen an einer substantiierten und nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen.

Die vom Kläger in der Antragsbegründung thematisierte, nach seiner Ansicht unberechtigte Beanstandung deswegen, weil der Kläger für die Begutachtung von 1800 Münzen einen Kostenvorschuss von mehr als 30.000 € verlangt habe, wird im Urteil des Verwaltungsgerichts nicht ausdrücklich erörtert. Möglicherweise meint der Kläger mit seiner diesbezüglichen Antragsbegründung denjenigen Sachverhalt, den das Verwaltungsgericht unter Nr. 1.d der Entscheidungsgründe (UA S. 17) behandelt und hierbei die Sachverständigentätigkeit des Klägers für das Landgericht München I und den Brief des Klägers vom 28. Mai 2009 an das Landgericht angesprochen hat. Das Verwaltungsgericht hat insofern darauf abgestellt, dass der Kläger - seinem Schreiben vom 28. Mai 2009 zufolge - nicht bereit gewesen sei, ein Gutachten für das Landgericht nach den Stundensätzen von § 413 ZPO i. V. m. dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu erstellen, dass er zum Anderen sich in einem weiteren Schreiben (vom 11.12.2009) grundsätzlich geweigert habe, zu dem damals gesetzlich vorgesehenen Stundensatz von 55 € Gutachten zu erstellen, und dass zum Dritten auch das von ihm gefertigte „Gutachten“ vom 5. April 2009 in keiner Weise den Mindestanforderungen an ein Gutachten entsprochen habe. Inwiefern diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts sachlich oder rechtlich unzutreffend sein sollten, ergibt sich aus den diesbezüglichen Darlegungen des Klägers (Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 11, vor Buchst. f) nicht.

Die Darlegungen des Klägers enthalten auch keine substanzielle Auseinandersetzung mit der übrigen Begründung des Verwaltungsgerichts zum Eignungsmangel des Klägers. Dieses hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung (u. a. BVerwG, U. v. 4.9.1990 - 1 C 13/89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 232, juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 16.9.2013 - 22 AS 13.1672 - juris Rn. 38 ff.) zutreffend ausgeführt, dass die öffentliche Bestellung als Sachverständiger neben der fachlichen auch die persönliche Eignung des Betreffenden erfordert, was nicht nur die Fähigkeit zur Erstellung ordnungsgemäßer Gutachten, sondern auch die Bereitschaft hierzu verlangt, und dass an dieser Bereitschaft des Klägers Zweifel bestünden (UA S. 12 unten, S. 13 unten). Das Verwaltungsgericht hat auf verschiedene grundlegende Anforderungen an ordnungsgemäße, von einem öffentlich bestellten Sachverständigen erwartete Gutachten hingewiesen, die bei den vom Kläger erstellten Gutachten wiederholt nicht erfüllt gewesen sind und die fachübergreifend bestehen, so dass es keiner besonderen Sachkunde bedurfte, um einen diesbezüglich bestehenden Mangel des Gutachtens beurteilen zu können. Dies betrifft z. B. die - bei Gutachten des Klägers fehlende - Nachvollziehbarkeit von Kurzgutachten durch die Kennzeichnung von Kürzungen und Unsicherheiten (UA S. 15 unten, S. 16 unten) und die unzureichende Angabe der Tatsachen- und Bewertungsgrundlagen (UA S. 17 oben). Verfristet und nicht zu berücksichtigen sind die - im Schriftsatz vom 31. Oktober 2014 erstmals geäußerten - Rügen dagegen, dass das Verwaltungsgericht in einigen Fällen die vom Kläger in Stellungnahmen gegenüber der Beklagten verwendeten Formulierungen (z. B. „Querulant“) als unangemessen angesehen und (auch) hierauf Bedenken gegen die Eignung des Klägers als Sachverständiger gestützt habe (Schriftsatz vom 31.10.2014, S. 2 unten bis S. 4 Mitte; UA S. 18 unten).

2. Entgegen der Ansicht des Klägers weist der vorliegende Rechtsstreit auch weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

2.1. Gegenteiliges ergibt sich (entgegen der Antragsbegründung im Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 11/12, Nr. 2.a und Nr. 2.b) nicht schon daraus, dass die erkennende Kammer des Verwaltungsgerichts den Rechtsstreit nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen hat, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zutreffend entschieden hat (z. B. B. v. 16.2.2009 - 12 ZB 07.2158 - juris Rn. 12 und B. v. 28.6.2002 - 7 ZB 02.532 - juris Rn. 6). Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist lediglich eine bloße Sollvorschrift; zudem kann das erstinstanzliche Gericht die Frage des Vorliegens besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht mit bindender Wirkung für das Rechtsmittelgericht entscheiden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 27); schließlich ist auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der besonderen Schwierigkeiten bei der Entscheidung über die Zulassung der Berufung ein anderer als bei der möglichen Entscheidung über die Einzelrichterübertragung (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 8 m. w. N.).

2.2. Auch der - in der Antragsbegründung nach der Anzahl der Seiten bemessene - Begründungsaufwand eines Urteils (der vorliegend mit 11 Seiten Entscheidungsgründe nicht einmal ungewöhnlich hoch ist) rechtfertigt entgegen den Darlegungen des Klägers (Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 12, Buchst. c) nicht die Annahme besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. BayVGH, B. v. 28.6.2002 - 7 ZB 02.532 - juris Rn. 6).

3. Auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers (Schriftsatz vom 3.9.2014, S. 13/14; Schriftsatz vom 31.10.2014, S. 5) nicht.

3.1. Die vom Kläger als klärungsbedürftig angesehene Frage, „ob der seit 24.07.2012 geltende Prüfungsmaßstab mit ‚erheblich‘ wirksam ist“, war - wie oben unter 1.2 ausgeführt - nicht entscheidungserheblich.

3.2. Soweit der Kläger meint, es müsse außerdem erstmals höchstrichterlich entschieden werden, „welche Anforderungen an das Verfahren zur Wiederbestellung eines Sachverständigen zu stellen“ seien, hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche konkrete Rechtsfrage nach der für die angefochtene oder erstrebte Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage vorliegend erstens entscheidungserheblich ist (insbesondere also nicht lediglich die „besondere Sachkunde“ betrifft), zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35 bis 40). Eine konkrete Rechtsfrage hat der Kläger jedenfalls nicht aufgeworfen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

Tatbestand

1

Der am 26. April 1936 geborene Kläger wendet sich gegen die Versagung seiner weiteren öffentlichen Bestellung zum vereidigten Sachverständigen.

2

Er war aufgrund einer einmaligen befristeten Verlängerung bis zur Vollendung seines 71. Lebensjahres im Jahre 2007 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Sachgebiete "Anwendung der EDV im Rechnungswesen und Datenschutz" sowie "EDV in der Hotellerie". Seinen Antrag vom 12. Januar 2007 auf Verlängerung der Bestellung um fünf, hilfsweise um vier Jahre lehnte die beklagte Industrie- und Handelskammer mit Bescheid vom 1. März 2007 mit der Begründung ab, eine Bestellung erlösche nach ihrer Sachverständigenordnung (SVO), wenn der Sachverständige das 68. Lebensjahr vollendet habe; sie könne nur einmal verlängert werden, längstens bis zur Vollendung des 71. Lebensjahres.

3

Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger Klage erhoben, mit der er unter Berufung auf die Richtlinie 2000/78/EG des Europäischen Rates vom 27. November 2000 (ABl Nr. L 303 S. 16) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1997) im Wesentlichen geltend gemacht hat, die ihm entgegengehaltene Höchstaltersgrenze verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.

4

Die Klage hatte weder beim Verwaltungsgericht noch beim Verwaltungsgerichtshof Erfolg. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist die in der Sachverständigenordnung normierte Höchstaltersgrenze mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Selbst wenn man das AGG für anwendbar halte, liege in der Ablehnung der weiteren Bestellung zwar eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters. Diese sei jedoch jedenfalls gemäß § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt. Denn der Gesetzgeber habe für die Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs durch die Institution öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger die jederzeit verlässliche Leistungsfähigkeit der Sachverständigen sicherstellen und zu diesem Zweck die Möglichkeit eröffnen wollen, durch die Festlegung einer Höchstaltersgrenze potenziell nicht mehr so leistungsfähige Sachverständige auszuschließen.

5

Die dagegen gerichtete Revision des Klägers ist vom erkennenden Senat mit Urteil vom 26. Januar 2011 - BVerwG 8 C 46.09 - (BVerwGE 139, 1) zurückgewiesen worden. Zwar sei das AGG auf die öffentliche Bestellung von Sachverständigen anwendbar. In der Ablehnung der begehrten Neubestellung wegen Überschreitens der Höchstaltersgrenze liege auch eine ungleiche Behandlung wegen des Alters. Diese sei jedoch gerechtfertigt. Das vom Normgeber verfolgte Ziel der Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs sei legitim im Sinne des § 10 Satz 1 AGG, auch wenn es kein sozialpolitisches Ziel im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG sei. Die in dieser Regelung der Richtlinie beispielhaft genannten sozialpolitischen Ziele (Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt, berufliche Bildung) stellten nur eine von mehreren Kategorien legitimer Ziele dar.

6

Dieses Urteil hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 (Az: 1 BvR 1103/11) mit der Begründung aufgehoben, es sei unter Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ergangen.

7

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Januar 2009 und des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. März 2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 1. März 2007 und vom 24. Mai 2007 zu verpflichten, über seinen Antrag vom 12. Januar 2007 - beschränkt auf den dortigen Hauptantrag - auf erneute öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger für "EDV im Rechnungswesen und Datenschutz" sowie "EDV in der Hotellerie" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beteiligten haben keine Anträge gestellt. Der Beteiligte zu 1 hält den Antrag des Klägers für begründet, während die Beteiligte zu 2 das angegriffene Urteil verteidigt.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen revisibles Recht (1.) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (2.). Die Beklagte ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 12. Januar 2007 auf Verlängerung seiner öffentlichen Bestellung als Sachverständiger um fünf Jahre - gerechnet von der Vollendung seines 71. Lebensjahres an - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (3.).

11

1. Die auf § 22 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Buchst. d der SVO 2002/2008 der Beklagten gestützte Ablehnung des Verlängerungsantrages stellt eine Diskriminierung wegen des Alters im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) dar, die entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt ist.

12

a) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auf die öffentliche Bestellung von Sachverständigen anwendbar. Die in Rede stehende Höchstaltersgrenze stellt im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG eine Bedingung für den Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit dar. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seine selbstständige berufliche Tätigkeit als Sachverständiger für die von ihm gewählten Sachgebiete auch ohne die begehrte öffentliche Bestellung ausüben kann, so dass es sich im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht um eine Regelung der Berufswahl, sondern der Berufsausübung handelt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (im Folgenden: RL) 2000/78/EG des Europäischen Rates vom 27. November 2000 (ABl Nr. L 303 S. 16) und ist deshalb im Lichte dieser unionsrechtlichen Regelung auszulegen. Danach wird der Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bereits dann beschränkt, wenn die Höchstaltersgrenze geeignet ist, die Nachfrage nach den vom Kläger angebotenen Dienstleistungen tatsächlich zu beschränken (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-341/08, Domnica Petersen - Slg. 2010, I-47 Rn. 33). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 26. Januar 2011 - BVerwG 8 C 46.09 - BVerwGE 139, 1 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 274).

13

Die Einwände der Beklagten und der Beteiligten zu 2 geben zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung. Zwar hat der Europäische Gerichtshof in der Sache Petersen eine Nachfragebeschränkung in einem Fall bejaht, in dem der Berufstätige - ein Zahnarzt - infolge der Altersbeschränkung seine Dienstleistungen als Vertragszahnarzt der Krankenkassen gegenüber ca. 90 % seiner Kunden nicht mehr erbringen durfte. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass im Gegensatz dazu im vorliegenden Fall die Versagung der öffentlichen Bestellung kein rechtliches Hindernis errichtet, die Dienstleistung eines Sachverständigen weiterhin zu erbringen. Folge der in Rede stehenden Höchstaltersgrenze ist aber eine tatsächliche Nachfrageminderung. Das gilt selbst dann, wenn, wie die Beklagte behauptet, bei der Versagung einer öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen die Nachfrage tatsächlich allenfalls um 10 % zurückgeht. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann nicht dahin verstanden werden, dass eine beachtliche Beeinträchtigung erst bei einer Nachfrageminderung von 90 % anzunehmen sei.

14

b) Die Höchstaltersgrenze in § 22 Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 sowohl in der Fassung der geltenden Satzung der Beklagten vom 22. März 2010 als auch in deren Vorläuferfassungen stellt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG dar. Diese Benachteiligung ist gemäß § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 1 AGG grundsätzlich unzulässig. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist sie auch nicht nach § 10 AGG ausnahmsweise zulässig.

15

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die weiteren Voraussetzungen des § 10 AGG erfüllt sind. Die in Rede stehende Höchstaltersgrenze verfolgt das Ziel, im Interesse eines reibungslosen Rechtsverkehrs und einer funktionierenden Rechtspflege allen Behörden, Gerichten und privaten Interessenten für komplizierte Sachverhaltsfeststellungen und Prüfungen kompetente und glaubwürdige Fachleute anzubieten; schwierige und zeitraubende Nachforschungen über den Ruf und die Eignung des Gutachters sollen durch die öffentliche Bestellung entbehrlich werden (Urteil vom 26. Januar 2011 - BVerwG 8 C 46.09 - a.a.O. Rn. 30, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 ). Das ist kein legitimes Ziel im Sinne des § 10 Satz 1 AGG.

16

Welche Ziele hiernach legitim sind, bestimmt sich - nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung - nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG. Diese versteht unter einem legitimen Ziel "insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung". Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich hieraus, dass legitim in diesem Sinne nur sozialpolitische Ziele sind (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - Rs. C-447/09, Prigge - EuZW 2011, 751 m.w.N.). An seiner abweichenden Auffassung, die er noch in seinem Urteil vom 26. Januar 2011 vertreten hatte (a.a.O. Rn. 31 ff.), hält der Senat nicht fest.

17

Die Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs stellt kein sozialpolitisches Ziel im dargelegten Sinne dar. Das hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. Januar 2011 (a.a.O. Rn. 31) entschieden. Das Vorbringen der Beklagten und der Beteiligten zu 2 bietet keinen Anlass, hiervon abzurücken. Zwar wäre die Absicht des Normgebers, durch eine Höchstaltersgrenze jüngeren Bewerbern bessere Zugangschancen zu eröffnen, ein sozialpolitisches Ziel. Die in Rede stehende Altersbeschränkung verfolgt ein derartiges Ziel jedoch nicht. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger ist vielmehr unabhängig von einer konkreten Bedarfsprüfung; § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO ist entsprechend einschränkend auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 a.a.O. Rn. 55 ff.). Das Ausscheiden älterer Sachverständiger ist damit keine Voraussetzung für das Nachrücken Jüngerer.

18

2. Die angegriffenen Urteile der Vorinstanzen sind auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis aus anderen Gründen richtig.

19

a) § 8 Abs. 1 AGG vermag die generelle Höchstaltersgrenze nicht zu rechtfertigen. Die Vorschrift setzt Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/78/EG (sowie Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/43/EG und Art. 2 Abs. 6 der RL 76/207/EWG) in deutsches Recht um. Sie stellt klar, unter welchen Voraussetzungen bestimmte berufliche Anforderungen eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals rechtfertigen können (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 35; BTDrucks 16/2022 S. 6, 12). Dies ist nur dann der Fall, wenn der Grund der unterschiedlichen Behandlung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

20

Es fehlt vorliegend bereits an der Voraussetzung, dass an die Tätigkeit eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen - besondere - Anforderungen gestellt sind, die für diese Tätigkeit nach ihrer Art wesentlich und entscheidend sind und die im Zusammenhang mit dem Lebensalter stehen (vgl. EuGH, Urteile vom 12. Januar 2010 - Rs. C-229/08, Wolf - Slg. 2010, I-1 Rn. 35 und vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 66). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausnahmebestimmung des Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/78/EG nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eng ausgelegt werden muss (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 72 m.w.N.; vgl. RL 2000/78/EG Erwägungsgrund Nr. 23).

21

Die entscheidende Anforderung ist die besondere Sach- und Fachkunde. Die Tätigkeit eines Sachverständigen jedenfalls in den Sachgebieten "EDV im Rechnungswesen und Datenschutz" sowie "EDV in der Hotellerie", für die der Kläger seine Bestellung begehrt, stellt in diesem Sinne keine besonderen Anforderungen, die - bei entsprechender Vorbildung und Erfahrung - nur Jüngere erfüllen könnten. Ob die persönlichen Bestellungsvoraussetzungen insbesondere hinsichtlich der besonderen Sach- und Fachkunde sowie der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit bei einem Bewerber erfüllt sind, hat die Bestellungsbehörde nach Maßgabe der dafür einschlägigen Rechtsvorschriften im konkreten Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden (vgl. hier § 3 der Satzung der Beklagten).

22

Dagegen lässt sich nicht einwenden, Sachverständige jenseits des allgemeinen Renteneintrittsalters seien regelmäßig nicht mehr dauerhaft berufstätig, so dass ihre berufspraktische Erfahrung und ihre Fortbildungsbereitschaft und damit wichtige Grundlagen ihrer besonderen Sach- und Fachkunde an Aktualität einbüßten. Dieser Einwand stellt nicht auf Umstände ab, die mit dem Lebensalter in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Das Lebensalter hindert einen Sachverständigen nicht, über das übliche Renteneintrittsalter hinaus weiterhin seine berufliche Tätigkeit auszuüben, sich in dem erforderlichen Maße beruflich fortzubilden und sich damit die besondere Sach- und Fachkunde zu erhalten. Die von der Beklagten des Weiteren angeführte Erwägung, mit einer generellen Höchstaltersgrenze den mit Einzelfallprüfungen verbundenen Verwaltungsmehraufwand zu ersparen, rechtfertigt ebenfalls keine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters.

23

b) Die in Rede stehende generelle Höchstaltersgrenze wird auch nicht durch Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG legitimiert. Hiernach berührt diese Richtlinie nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Mit dem Erlass dieses Sicherheitsvorbehalts wollte der Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet von Beschäftigung und Beruf dem Entstehen eines Spannungsfeldes zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung zum einen und der notwendigen Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit, der Verhütung von Rechtsverstößen sowie dem Schutz der individuellen Rechte und Freiheiten, die für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sind, zum anderen vorbeugen und vermittelnd eingreifen (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 55). Auch Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG ist eng auszulegen, weil er eine Abweichung vom Grundsatz des Verbots der Diskriminierung begründet (EuGH, Urteile vom 12. Januar 2010 - Rs. C-341/08, Domnica Petersen - Slg. 2010, I-47 Rn. 60 und vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 56).

24

Eine ausdrückliche Bestimmung, die diesen Sicherheitsvorbehalt ganz allgemein in innerstaatliches Recht umsetzt, ist in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nicht aufgenommen worden. Zwar sieht § 20 Abs. 1 Nr. 1 AGG vor, dass eine unterschiedliche Behandlung u.a. wegen des Alters nicht vorliegt, wenn diese der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient. Diese Regelung erfasst jedoch, wie sich aus ihrer systematischen Stellung in Abschnitt 3 des Gesetzes ergibt, ausschließlich den Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverkehr. Auf Hoheitsakte einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Behörde und damit auf die öffentliche Bestellung von Sachverständigen ist sie nicht anwendbar. Auch ein Rückgriff auf § 10 Satz 1 AGG scheidet aus. Zwar ließe der Wortlaut zu, die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie angesprochenen Sicherheitsbelange als legitime Ziele im Sinne dieser Vorschrift zu deuten. Der Gesetzgeber wollte aber mit § 10 AGG allein Art. 6 und 7 der RL 2000/78/EG in deutsches Recht umsetzen (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 3. Aufl. 2011, § 10 Rn. 6) und nicht den allgemeinen Sicherheitsvorbehalt des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie.

25

Umgekehrt hat der Bundesgesetzgeber auf den Sicherheitsvorbehalt auch nicht bewusst verzichtet. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes und in der Gesetzesbegründung. Damit steht das Schweigen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anderweitigen Regelungen des innerstaatlichen Rechts außerhalb dieses Gesetzes nicht entgegen (ebenso von Roetteken, AGG, § 1 Rn. 189). Gegen eine derartige Sperrwirkung des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes sprechen nicht zuletzt kompetenzrechtliche Gründe. Denn wesentliche Bereiche des Polizei- und Ordnungsrechts fallen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl. etwa zum Bereich der Bautensicherheit die auf Art. 80 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBauO gestützte Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständigen im Bauwesen vom 29. November 2007 i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 2011, GVBl S. 720, und dazu VGH München, Beschluss vom 21. Oktober 2011 - 22 ZB 11.2154 - juris).

26

Auch der Bundesgesetzgeber kann im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit von dem Sicherheitsvorbehalt des Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG Gebrauch machen. Er kann diese Befugnis delegieren. Deshalb kommt auch § 36 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 GewO als Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung der zuständigen Landesregierung oder eine Satzung der zuständigen Industrie- und Handelskammer in Betracht, die altersbezogene Anforderungen an öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige stellt, sofern dies der Wahrung der in Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG genannten Schutzgüter dient und die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

27

Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die in Rede stehende generelle Höchstaltersgrenze für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige jedweder Branche dient jedenfalls in dieser Allgemeinheit keinem Sicherheitsbelang im Sinne von Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG. Der Zweck dieser Höchstaltersgrenze zielt, wie dargelegt, auf die Gewährleistung eines geordneten Rechtsverkehrs. Er ist nicht auf die Belange des Justizwesens beschränkt (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 13. September 2011 a.a.O. Rn. 55), sondern hat auch den außerforensischen Rechtsverkehr zum Gegenstand. Es soll sichergestellt werden, dass für Gerichte und Behörden, aber auch für Privatpersonen, die ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben, die besondere Sach- und Fachkunde des Gutachters uneingeschränkt gewährleistet ist, ohne dass dies einer speziellen Prüfung im Einzelfall bedarf. Der Zweck ist damit jedenfalls für die Sachgebiete, für die der Kläger seine öffentliche Bestellung begehrt, weder auf die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung noch auf den Schutz der individuellen Rechte und Freiheiten, die für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sind, noch auf andere Schutzgüter des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie gerichtet.

28

3. Die Sache ist spruchreif. Verstößt die in § 22 Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 der Satzung der Beklagten vorgesehene generelle Höchstaltersgrenze gegen § 7 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 und § 3 Abs. 1 AGG und lässt sie sich in ihrer Allgemeinheit auch nicht nach Art. 2 Abs. 5 der RL 2000/78/EG rechtfertigen, so ist sie unwirksam und nichtig. Der Antrag des Klägers auf Neubestellung kann deshalb nicht aus diesem Grunde abgelehnt werden. Die Beklagte ist zur Neubescheidung zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.