Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2015 - 21 ZB 15.30178

bei uns veröffentlicht am05.10.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, 2 K 14.1511, 29.07.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung werden abgelehnt.

Gründe

1. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) liegt nicht vor.

Die Kläger messen der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob der Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG für den Fall zwingend sei, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag gemäß § 26a Abs. 1 AsylVfG allein aufgrund einer bereits erlangten Schutzgewährung des Ausländers in einem sicheren Drittstaat ablehne, oder ob das Bundesamt auch eine Ausreiseaufforderung mit Fristsetzung und Abschiebungsandrohung gestützt auf § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG und/oder § 34 Abs. 1 AsylVfG erlassen könne. Die aufgeworfene Frage rechtfertigt schon mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Berufung. Sie lässt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz dahingehend beantworten, dass unter den Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG eine Abschiebungsanordnung zwingend zu erlassen ist.

Das Bundesamt hat die Asylanträge der Kläger mit Bescheid vom 10. Februar 2015 als unzulässig abgelehnt und in den Gründen des Bescheids unter Verweis auf § 26a AsylVfG ausgeführt, die Unzulässigkeit der Anträge ergebe sich aus dem Schutzstatus in einem sicheren Drittstaat (Bulgarien); insoweit werde nach § 34a AsylVfG grundsätzlich die Abschiebung angeordnet, allerdings sei eine Abschiebungsandrohung als milderes Mittel ebenfalls zulässig.

Hat ein Ausländer in einem Drittstaat internationalen Schutz erhalten und reist er aus diesem Drittstaat nach Deutschland ein, kann sein Asylantrag zutreffend nach §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG abgelehnt werden (vgl. OVG NRW, B. v. 8.6.2015 - 14 A 1233/15.A - juris). Zwischen der Ablehnung des Asylantrags, die - wie hier - allein auf die Einreise aus einem sicheren Drittstaat im Sinn des § 26a AsylVfG gestützt wird, und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat besteht jedoch ein untrennbarer Zusammenhang (vgl. OVG NRW, U. v. 30.9.1996 - 25 A 790/96.A - NVwZ 1997, 1141; Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 34a Rn. 2). Das folgt aus dem Zusammenspiel des § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG mit den Regelungen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG und des § 34 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG.

Für den Fall, dass ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden soll, bestimmt § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, dass das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald deren Durchführbarkeit feststeht. Damit gibt diese Regelung dem Bundesamt in den Fällen des § 26a AsylVfG als aufenthaltsbeendende Maßnahme lediglich die Abschiebungsanordnung an die Hand. Das verdeutlicht auch § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, wonach es einer Abschiebungsandrohung nicht bedarf. Folgerichtig ordnet § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG an, dass die Entscheidung zusammen mit der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG dem Ausländer selbst zuzustellen ist, wenn der Asylantrag nur nach § 26a AsylVfG abgelehnt wird.

Das entspricht auch dem Regelungswillen des Gesetzgebers. Dieser hielt es für erforderlich, von einer Abschiebungsandrohung abzusehen, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückreise in den Drittstaat im Allgemeinen nicht besteht (vgl. BT-Drs. 12/4450 Begr. S. 23). Diese Erwägungen sind im Übrigen auch hier nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Das bulgarische Ministerium für Innere Angelegenheiten hat der Wiederaufnahme der Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2015 auf der Grundlage des deutsch-bulgarischen Abkommens über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen vom 1. Februar 2006 (Rückübernahmeabkommen) zugestimmt. Das Abkommen sieht vor, dass die Übernahme der betroffenen Personen durch die ersuchte Vertragspartei unverzüglich erfolgt, spätestens jedoch innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat (Art. 7 Abs. 3 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens). Diese Frist wird auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei (nur) im Falle rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse für die Übergabe verlängert (Art. 7 Abs. 3 Satz 2 des Rückübernahmeabkommens). Die betroffenen Personen haben kein individuelles Einreiserecht. Sie werden vielmehr in der Regel auf dem Luftweg rückgeführt (Art. 9 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens).

Nach allem kommt es nicht mehr darauf an, ob die aufgeworfene Grundsatzfrage etwa deshalb nicht klärungsfähig ist, weil die Abschiebungsandrohung im Falle eines Berufungsverfahrens unter Rückgriff auf andere Rechtsgrundlagen aufrechtzuerhalten wäre.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert bemisst sich nach § 30 RVG.

3. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren sind abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

4. Mit der Ablehnung der Anträge wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. Juli 2015 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

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Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.