Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 22. März 2016 - B 3 K 15.30570

bei uns veröffentlicht am22.03.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die 2015 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Klägerin ist syrische Staatsangehörige und Tochter der syrischen Staatsangehörigen M. geboren 1986 und F. geboren 1983.

Der Asylantrag der Eltern der Klägerin wurde mit Bescheid der Beklagten vom 23.02.2015 mit der Begründung abgelehnt, dass sie aufgrund des ihnen in Bulgarien gewährten internationalen Schutzes keine weitere Schutzgewährung verlangen könnten. Die Klage dagegen blieb erfolglos; das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom 27.04.2015 (B 3 K 15.30128) wurde rechtskräftig. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14.07.2015 abgelehnt; von einer Begründung wurde abgesehen (Az. 21 ZB 15.30147).

Für die am 25.06.2015 in Hof geborene Klägerin wurde von Amts wegen ein Asylverfahren eingeleitet.

Mit Schreiben vom 20.08.2015 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, er habe bereits mit Schreiben vom 03.08.2015 einen Asylantrag für die Klägerin gestellt. In diesem Schreiben sei mitgeteilt worden, dass aus Sicht der Klägerin bzw. ihrer Eltern die Gründe für eine Asylanerkennung vorlägen, weil aufgrund der Flucht aus Syrien und die damit zusammenhängenden Umstände zu erwarten sei, dass das Kind, die Klägerin, eine Asylanerkennung bekomme.

Mit Schriftsatz vom 09.10.2015 machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend, es handele sich bei ihr um ein Kleinkind und aus diesem Grunde sprächen selbstverständlich schutzwürdige Belange dafür, dass sie im Bundesgebiet bleibe, nachdem vor allem auch die Eltern noch hier lebten. Aufgrund der Tatsache der Geburt der Klägerin könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie schon ein Schutzstatus in Bulgarien erlangt habe.

Mit Bescheid vom 15.10.2015 wurde der Antrag als unzulässig abgelehnt (Nr. 1). Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Ihr wurde die Abschiebung nach Bulgarien angedroht. Es wurde festgestellt, dass die Klägerin nicht nach Syrien abgeschoben werden darf (Nr. 2). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 3).

Zur Begründung wird angeführt, der Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens sei unzulässig. Nach Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO sei für Kinder, die in einem Mitgliedstaat geboren werden, die Frage der Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags untrennbar mit der Situation ihrer Familienangehörigen, also ihrer Eltern, verbunden.

Die Zustellung des Bescheids vom 15.10.2015 erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde am 21.10.2015.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2015 ließ die Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth mit folgendem Antrag erheben:

Der Bescheid der Beklagten vom 15.10.2015, Az. ... wird aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 06.11.2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Klagebegründung wurde mit Schriftsatz vom 24.11.2015 angeführt, die Verweisung der Beklagten auf Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO gehe fehl, weil die Dublin-III-VO auch bei den Eltern der Klägerin nicht angewandt werden könne. Die Auffassung der Beklagten, gleichwohl sei für den Asylantrag der Klägerin der Mitgliedsstaat zuständig, der für das Asylverfahren der Eltern zuständig gewesen sei und diesen internationalen Schutz zuerkannt habe, finde keine Grundlage in einer gesetzlichen Vorgabe. Die zitierten Gerichtsentscheidungen seien nicht repräsentativ. Keineswegs könne europarechtlichen Vorgaben eindeutig entnommen werden, dass in Deutschland kein Asylverfahren für ein Kind durchzuführen sei, dessen Eltern bereits internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedsstaat erhalten hätten. Im Übrigen stelle sich die Frage, wie die Klägerin nach Bulgarien abgeschoben werden solle, nachdem seitens der bulgarischen Behörden bislang keine Rückübernahmeerklärung vorliege. Zudem sei das Verfahren der Dublin-III-VO für syrische Staatsangehörige ausgesetzt worden. Abschließend werde darauf hingewiesen, dass es sich bei Bulgarien aufgrund der dort herrschenden katastrophalen Verhältnisse nicht um einen sicheren Drittstaat handele.

Mit Schriftsatz vom 11.02.2016 erwiderte die Beklagte, als Beleg dafür, dass Bulgarien ganz offensichtlich eine Vorschrift habe, die § 26 AsylG entspreche, werde ein „fingiertes“ Take Back-Ersuchen im Fall der Klägerin vorgelegt. Der Bestätigung der zuständigen bulgarischen Behörden (Gerichtsakte Seite 49) ist folgendes zu entnehmen: „We would hereby like to inform you that we cannot accept your request for taking back for the following reason:

The person’s parents were granted refugee status in Republic of Bulgaria with a decision dated on 31.07.2014. According to our national legislation as refugees shall be considered the family members of a foreigner with conceded refugee status. In case the parents are transferred to Bulgaria they shall lodge an application for the minor child and the child also will be granted refugee status in Republic of Bulgaria.

Therefore a transfer according to the rules of the Dublin III Regulation cannot take place.

Concerning the above mentioned person a separate request should be sent according to the Readmission agreements.

The responsible Bulgarian authority for the person is Border Police Directorate General, Ministry of Interior. Their contact data are:

1202 Sofia …”

Mit Beschuss der 3. Kammer vom 16.02.2016 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Schriftsatz vom 29.02.2016 wandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein, dass die Beklagte die in englischer Sprache abgefasste Antwort der sogenannten Dublin-Unit aus Bulgarien wohl nicht richtig verstanden habe, denn dort stehe, dass die Anfrage zur Rücknahme der Person nicht akzeptiert werden könne. Weiterhin werde mitgeteilt, dass damit eine Übernahme der Klägerin ausgeschlossen sei. Vielmehr müssten die Eltern ohne Kind nach Bulgarien ausreisen und dann dort einen Antrag stellen, damit sie ihr Kind nachholen könnten, damit auch dieses anschließend den Flüchtlingsstatus erhalte. Aus der Antwort erfolge eindeutig, dass die Klägerin in Bulgarien keinen Schutzstatus genieße, sondern diesen erst auf die geschilderte Art und Weise erhalten könne. Es sei nicht zumutbar, die Ausreise der Eltern aus dem Bundesgebiet anzuordnen, wenn diese ihr Kleinkind zurücklassen müssten.

Mit Schriftsatz vom 01.03.2016 stellte die Beklagte dar, dass die Übernahme des Kindes im Rahmen des Dublin-Verfahrens ausgeschlossen sei. Es sei vorliegend lediglich ein fingiertes Take Back-Ersuchen durchgeführt worden. Entsprechend habe Bulgarien vorliegendes Ersuchen im Rahmen der Dublin-III-VO ablehnen und dies begründen müssen. Bulgarien könne die Rücknahme nicht akzeptieren, da den Eltern der Klägerin dort ein internationaler Schutzstatus zugesprochen worden sei und deshalb auch das Kind im Rahmen des Dublin-Verfahrens (ebenfalls) nicht übernommen werden könne. Vielmehr habe es über die Eltern nach entsprechender Antragstellung unmittelbar einen eigenen abgeleiteten Anspruch. Die entsprechende Passage in der Antwort der bulgarischen Behörden laute übersetzt: „Den Eltern der Person wurde mit einer Entscheidung vom 31.07.2014 der Flüchtlingsstatus in der Republik Bulgarien gewährt. Entsprechend unserer nationalen Rechtsvorschriften werden Familienmitglieder eines Ausländers, der den Flüchtlingsstatus erhalten hat, auch als Flüchtlinge betrachtet. Im Fall, dass die Eltern nach Bulgarien transferiert werden, sollen sie einen Antrag für das minderjährige Kind stellen und dem Kind wird auch die Flüchtlingseigenschaft in der Republik Bulgarien gewährt werden.“

Das Kind reise demnach mit den Eltern „als Flüchtling“ ein und erhalte nach entsprechendem Antrag ebenfalls die Flüchtlingseigenschaft. Genau das werde mit dem Schreiben garantiert. Auch in Deutschland könne das Kind nur den Schutzstatus der Eltern (Familienflüchtlingsschutz gemäß § 26 AsylG) genießen, weil ein entsprechender Antrag gestellt werde. Zudem werde mitgeteilt, dass betreffend die Klägerin gemäß dem Rückübernahmeabkommen eine gesonderte Anfrage übersandt werden solle. Damit bestätige Bulgarien explizit, dass das Kind sodann mit den Eltern zusammen rückübernommen werde.

Mit Schriftsatz vom 09.03.2016 betonte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin noch einmal, es sei davon auszugehen, dass für die noch nicht einmal einjährige Klägerin die Lebensbedingungen in Bulgarien aufgrund der bekannten miserablen Situation so schlecht wären, dass dort ein tatsächlicher Flüchtlingsschutz nicht stattfänden könne. Hierzu werde auf das bereits vorgelegte Gutachten von Pro Asyl verwiesen. Ergänzend wurde auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stuttgart vom 23.07.2015 das Gutachten von Dr. V. I. an den VGH Baden Württemberg vom 27.08.2015 verwiesen. Zudem sei die Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Klägerseits sei man nicht der Meinung, dass das Kind unmittelbar einen eigenen, von den Klägern abgeleiteten Anspruch habe und deshalb auch im Rahmen einer Abschiebung nach Bulgarien einreisen könne. Tatsächlich würde diese Frage auch nach der Übersetzung der Beklagten offen gelassen. In der Mitteilung aus Bulgarien sei ausschließlich angeführt, dass im Fall, dass die Eltern (und nicht nur das Kind) nach Bulgarien transferiert würden, die Eltern einen Antrag für das minderjährige Kind stellen sollten. Erst danach werde dem Kind die Flüchtlingseigenschaft gewährt. Es sei deshalb Spekulation, wenn die Beklagte meine, das Kind reise demnach mit den Eltern als Flüchtling ein und dies wäre so einfach möglich.

Mit Schriftsatz vom 19.02.2016 verzichtete die Beklagte und mit Schriftsatz vom 11.03.2016 die Klägerin auf mündliche Verhandlung.

Ergänzend wird auf die beigezogene Gerichtsakte B 3 K 15.30128, die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte in diesem Verfahren verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten übereinstimmend hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

1. Die Klage ist hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens zulässig. Der Anfechtungsantrag gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags ist statthaft und ausreichend zur Erlangung des vom Kläger erstrebten Rechtsschutzziels, der erneuten Aufnahme des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte (BayVGH, Urteil vom 28.02.2014, Az. 13a B 13.30295 und Beschlüsse vom 23.01.2015, Az. 13a ZB 14.50071 und 02.02.2015, Az. 13a ZB 14.50068). Vor diesem Hintergrund ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage gegeben, weil schon die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm der Beklagten von Gesetzes wegen auslöst.

2. Die zulässige Klage, hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 15.10.2015 erweist sich in Nr. 1 als rechtmäßig und verletzt die Klägerin auch im Übrigen nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a. Nr. 1 des angefochtenen Bescheides vom 15.10.2015 - Ablehnung des Asylantrags als unzulässig - ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen folgt das Gericht zunächst der insoweit zutreffenden Begründung im angefochtenen Bescheid und macht sie zum Gegenstand der Begründung dieser Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Den aus Syrien stammenden Eltern der Klägerin wurde in Bulgarien unstrittig die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, weshalb das Bundesamt im angefochtenen Bescheid auch (deklaratorisch) tenoriert hat, dass die Klägerin nicht nach Syrien abgeschoben werden darf (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG).

Wie schon dem rechtskräftigen, klageabweisenden Urteil bezüglich der Eltern der Klägerin vom 27.04.2015 (B 3 K 15.30128) zu entnehmen war, ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt; ein gleichwohl gestellter Asylantrag ist unzulässig (so BVerwG, U.v. 17.06.2014 - 10 C 7/13 - unter Hinweis auf Art. 33 Abs. 2 lit.a der Richtlinie 2013/32/EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013 - juris Rn. 23, B.v. 30.09.2015 - 1 B 51.15 - juris und BayVGH, B.v. 12.01.2015 - 20 ZB 14.30091 - juris Rn. 1).

Diese Rechtslage gilt nicht nur für die Eltern der Klägerin, sondern auch für sie selbst: „Hier ist das Verfahren der Klägerin nach Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO untrennbar mit dem Verfahren ihrer Eltern verbunden“ (BayVGH B.v. 17.08.2015 - 11 B 15.50110 - juris Rn. 1/14 bei negativem Ausgang des Asylverfahrens der Eltern im Drittstaat).

Es trifft zwar zu, dass das sogenannte Dublin-Verfahren der Eltern der Klägerin mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch die bulgarische Republik am 21.07.2015 abgeschlossen wurde. Die damit unstreitig feststehende Zuständigkeit der Republik Bulgarien für das Asylbegehren der Eltern der Klägerin besteht allerdings nach wie vor; ein Umstand, der nachträglich zu einer Änderung dieser Zuständigkeit geführt hätte, ist in keiner Weise ersichtlich. Und genau an diese fixierte Zuständigkeit knüpft hier aktualisierend Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO an, wonach für die Zwecke dieser Verordnung die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden ist und in die Zuständigkeit des Mitgliedsstaates fällt, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist. Dieses „ist“ beinhaltet gerade keinen Ausschluss einer Zuständigkeit, die sich bereits in Form der Flüchtlingsanerkennung der zuvor antragstellenden Eltern realisiert hat, also „gewesen“ ist. Vielmehr erstreckt Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO die zeitliche Reichweite der „verfahrensrechtlichen Akzessorietät“ (so zutreffend VG Meiningen 5 E 20238/14 ME, Entscheidungsabdruck Seite 4) zum Verfahren der Eltern nach dem Sinn und Zweck der Regelung auch und gerade auf deren Anerkennung als Flüchtlinge. Die Rückmeldung der bulgarischen Behörden (Gerichtsakte Seite 45), wonach entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften Familienmitglieder eines Ausländers, der den Flüchtlingsstatus erhalten hat, auch als Flüchtlinge betrachtet werden, bestätigt dies lediglich: „In case the parents are transferred to Bulgaria they shall lodge an application for the minor child and the child also will be granted refugee status in Republic of Bulgaria.“

Der Einwand des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, deren von den Eltern abgeleiteter Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung in Bulgarien sichere ihr noch nicht die - gemeinsame - Einreise mit den Eltern nach Bulgarien, ist dem gegenüber unbeachtlich. Abgesehen davon, dass auch nach § 26 AsylG die von den bulgarischen Behörden angekündigte Verfahrensweise im Bundesgebiet einzuhalten wäre und die Einreise der Klägerin nach Bulgarien, wie auch die ihrer Eltern (Beiakt I S. 146) nach dem deutsch-bulgarischen Rückübernahmeabkommen vom 07.03.2006 zu erfolgen hat, kann in der Tat kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin in Bulgarien den Flüchtlingsstatus erhalten wird. Die bulgarischen Behörden verlangen für die Klägerin und ihre Eltern lediglich eine gesonderte Anfrage nach dem Rückübernahmeabkommen und sichern der Klägerin nach entsprechender Antragstellung in Bulgarien durch die Eltern den Flüchtlingsstatus zu (Beiakt I S. 146 und Gerichtsakte S. 49).

Das Erfordernis, die - alternativlos - gemeinsame Einreise/Rückkehr der Klägerin und ihrer Eltern in die Republik Bulgarien nach dem deutsch-bulgarischen Rückübernahmeabkommen vom 07.03.2006 zu organisieren und sicherzustellen, betrifft die Möglichkeit und die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung in der Bundesrepublik Deutschland (siehe unten b), nicht aber die Zuständigkeit der Republik Bulgarien gem. § 27a AsylG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO zur Durchführung des Asylverfahrens der Klägerin als Tochter ihrer in Bulgarien als Flüchtlinge anerkannten Eltern.

Da es sich bei Bulgarien gem. § 26a Abs. 2 AsylG um einen sicheren Drittstaat handelt, ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zu eben dieser Drittstaatenregelung entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist (vgl. grundsätzlich BVerwG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris).

Zwar sind die Lebensbedingungen für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus in Bulgarien nicht leicht. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigen, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und der Klägerin müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nicht (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 27.10.2014 - 17 L 2200/14.A - juris). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B.v. 02.04.2013 - 27725/10 - juris). Der UNHCR berichtet zwar („Bulgarien als Asylland, Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien, April 2014), dass der Zugang zu einer stabilen Beschäftigung Flüchtlingen in Bulgarien schwer fällt und es an angemessenen und erschwinglichen Unterkünften mangelt (vgl. Ziffer 2.7). Diese genannten Probleme treffen jedoch offensichtlich auf eine Vielzahl von Mitgliedsstaaten zu. Mögen sie in Bulgarien ausgeprägter sein, ist hierin jedoch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu sehen.

Das Gericht ist zwar aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel davon überzeugt, dass derzeit in Bulgarien ein wirklich vielversprechendes Integrationsprogramm für anerkannte Flüchtlinge nicht existiert. Auch die Aussagen von UNHCR (a. a. O.), von Dr. phil. V. I. („Bericht über die derzeitige, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien“ vom 27.08.2015) sowie die Auskünfte des Auswärtigen Amtes (Auskunft an VG Stuttgart vom 23.07.2015, Az. A 13 K 1733/15), wonach die Situation der bereits anerkannten Flüchtlinge in Bulgarien in Bezug auf Wohnung, Arbeit und Sprachkurse unbefriedigend ist, macht deutlich, dass die Lage der anerkannten Schutzberechtigten in Bulgarien weiterhin prekär ist und dass die bulgarischen Behörden nicht alle Missstände beseitigt haben. So ist den genannten Unterlagen zu entnehmen, dass dieser Personenkreis durchaus auf dem freien Arbeitsmarkt Arbeit suchen und antreten kann. Dazu bedarf es jedoch einer Registrierung bei einem Jobcenter, die abhängig ist von einer Meldebestätigung, d. h. einer Unterkunft. Per Gesetz haben die international Schutzberechtigten auch Anrecht auf Sozialhilfe unter denselben Bedingungen und nach demselben Verfahren wie bulgarische Staatsbürger. Dazu bedarf es jedoch eines Ausweisdokuments (Ausweiskarte eines international Schutzberechtigten) und einer zivilen Adressregistrierung, d. h. des Nachweises einer Unterkunft. Damit ist die Teilhabe am Leben in Bulgarien (Arbeit, Unterstützung) in aller Regel abhängig vom Nachweis einer Unterkunft. Laut Gesetz steht ihnen auch das Recht auf medizinische Versorgung unter denselben Bedingungen zu wie bulgarischen Staatsangehörigen. Ist der betroffene Ausländer allerdings arbeitslos, muss er die Krankenversicherung selbst bezahlen. Um dies tun zu können, muss er erst eine „Modell 7“ Erklärung bei der örtlichen Steuerbehörde abgeben.

Ein Verstoß gegen Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK lässt sich daraus jedoch noch nicht ableiten (vgl. VGH BW, U.v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 59; zu Bulgarien als sicheren Drittstaat s.a. VG Ansbach, U.v. 22.4.2015 - AN 14 K 15.50044 - juris Rn. 17 ff. u. VG Gelsenkirchen, U.v. 8.5.2015 - 18a K 3619/14.A - juris Rn. 23 ff.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26, 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art. 32 und 33 RL 2011/95/EU) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung.

Ergänzend sei unter dem Aspekt der systemischen Mängel hinzugefügt, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinen Urteilen vom 29.01.2015, denen sich das erkennende Gericht anschließt, unter eingehender und sorgfältiger Würdigung des vorliegenden aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie Dublin-Rückkehrern zu der Überzeugung gelangt, dass in der Gesamtschau das bulgarische Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen nicht an systematischen Schwachstellen leiden, die befürchten ließen, dass Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werden (Az. 13 AB 14.50038 und 50039 - juris Leits. 2 und Rn. 29 bis 47 bzw. 50).

Der Bericht von Pro Asyl, April 2015 „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ stützt sich im Wesentlichen auch auf die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in oben genannten Entscheidungen herangezogenen Quellen, bewertet diese jedoch (teilweise) anders. Die überzeugende Würdigung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird damit allerdings nicht in Frage gestellt (s.a. VG Düsseldorf B.v. 04.05.2015 - 15 L 947/15.A - juris Rn. 25 ff. unter Einbezug des o.g. Berichts von Pro Asyl, April 2015), zumal der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den oben genannten Urteilen vom 29.01.2015 - insoweit in Einklang mit den Forderungen von Pro Asyl Bericht 4.2 Seite 43 - eine gesonderte Überprüfung bei besonders schützenswerten Personen vorsieht (BayVGH, 29.01.2015 a. a. O. Rn. 44 bzw. 50; vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg vom 18.03.2015, Az. A 11 S 2042/14, sowie vom 01.04.2015, Az. A 11 S 106/15; OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2015, Az. 14 A 134/15.A).

Die Empfehlungen des UNHCR, bei Asylsuchenden bzw. anerkannten Schutzberechtigten mit besonderen Bedürfnissen eine Einzelfallbewertung durchzuführen, haben vorliegend auf das Ergebnis keine Auswirkung.

Die mittlerweile neun Monate alte Klägerin wird (nur) zusammen mit ihren Eltern nach Bulgarien reisen und dort in ihrer Obhut leben. Die Anmietung einer Wohnung ist nach gerichtlicher Kenntnis (auch) in Sofia möglich.

b. Die Abschiebungsandrohung Nr. 2 des angefochtenen Bescheides vom 15.10.2015 ist rechtswidrig.

Die Ablehnung des Asylantrags der Klägerin ist hier zwar gerade nicht auf die Einreise aus einem sicheren Drittstaat im Sinne von § 26a AsylG, sondern auf die Zuständigkeit der Republik Bulgarien für die Durchführung ihres Asylverfahrens als Tochter in Bulgarien anerkannter Flüchtlinge gestützt worden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kommt aber in seinem Beschluss vom 05.10.2015 (Az. 21 ZB 15.30178 - juris Rn. 2 ff.) offenbar auch für diesen Fall zu der Schlussfolgerung, dass - wegen der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat gem. § 26a AsylG - gem. § 34a Abs. 1 AsylG eine Abschiebungsanordnung „zwingend“ zu erlassen ist (s.a. BVerwG, B.v. 23.10.2015 - 1 B 41/15 - juris, wonach Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung keine teilidentischen Vollstreckungsmaßnahmen darstellen).

Dies führt indes nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung in Nr. 2 des angefochtenen Bescheides vom 15.10.2015, weil eine Rechtsverletzung der Klägerin durch den - rechtswidrigen - Ausspruch einer Abschiebungsandrohung statt einer Abschiebungsanordnung nicht ersichtlich ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 05.10.2015 (a. a. O. Rn. 16) zitierten Regelungswillen des Gesetzgebers, „von einer Abschiebungsandrohung abzusehen, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückreise in den Drittstaat im Allgemeinen nicht besteht (vgl. BT-Drs. 12/4450 Begr. S 23)“, kann eine drittschützende Wirkung nicht entnommen werden, zumal bei Abschiebungshindernissen, die sich erst nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsanordnung ergeben, ohnehin ggf. - weiterer - Eilrechtsschutz veranlasst ist (etwa entgegen VG Ansbach U.v. 7.10.2015 - AN 11 K 15.50067 - juris Rn. 35).

Das in § 34a AsylG normierte Erfordernis, dass die Anordnung einer Abschiebung in einen sicheren Drittstaat deren rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit voraussetzt (s. dazu BayVGH, B.v. 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4), ist ersichtlich der Zielsetzung der Sonderregelung geschuldet, wonach eine Rückführung in „allernächster Zeit“ nach Erlass der Abschiebungsanordnung erfolgen soll (s. Funke - Kaiser, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Lose Blatt, Bd. 2, Rn. 20 zu § 34a), was bei einer Abschiebungsandrohung gemäß §§ 34, 38 AsylG mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens gerade nicht der Fall ist. Diese Ausreisefrist beinhaltet zugunsten der Klägerin insbesondere auch die aufschiebende Wirkung seiner Klage (§ 38 Abs. 1 i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG), weshalb ein diesbezüglicher Ausspruch in einem Eilverfahren nicht vonnöten war.

Im Kern ist hinsichtlich der - fehlenden - Rechtsverletzung jedoch darauf abzustellen, dass auch im Rahmen der ausgesprochenen Abschiebungsandrohung ohne jegliche qualitative Abstriche sichergestellt ist, dass eine Abschiebung der Klägerin zwingend erst und nur dann erfolgen kann, wenn die (Rückübernahme) der Klägerin aufgrund des Rückübernahmeabkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien vom 01.02.2006 zusammen mit ihren Eltern sichergestellt ist und auch ansonsten (keine inlandsbezogenen) Abschiebungshindernisse vorliegen.

Dass die Klägerin insofern nur aufgrund der Prüfungszuständigkeit der Ausländerbehörde in ihren Rechten verletzt wäre, erschließt sich nicht, denn die Ausländerbehörden sind ohnehin in jeden Abschiebungsvorgang in direktem örtlichen Kontakt eingebunden und verfügen über die maßgebenden Informationen zu den individuellen Verhältnissen des Abzuschiebenden.

c. Schließlich begegnet auch die Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gem. Art. 11 Abs. 1 AufenthG keinen rechtlichen Bedenken. Die Befristung auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung ist ermessensfehlerfrei innerhalb der in § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 AufenthG normierten gesetzlichen Grenzen getroffen worden. Besondere Umstände sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Die Klage war sonach insgesamt abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 75 Aufschiebende Wirkung der Klage


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26a Sichere Drittstaaten


(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 38 Ausreisefrist bei sonstiger Ablehnung und bei Rücknahme des Asylantrags


(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Ab

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26 Familienasyl und internationaler Schutz für Familienangehörige


(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn 1. die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,2. die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Sta

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 22. März 2016 - B 3 K 15.30570 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 22. März 2016 - B 3 K 15.30570 zitiert 16 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. Apr. 2015 - AN 14 K 15.50044

bei uns veröffentlicht am 22.04.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. Tatbestand Der Kläger, ein am ... geborener syrischer Staatsangehöriger, beantragte am 4. November

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2015 - 20 ZB 14.30091

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Die Voraussetzungen für die Z

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2014 - 13a B 13.30295

bei uns veröffentlicht am 28.02.2014

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Siche

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 07. Okt. 2015 - AN 11 K 15.50067

bei uns veröffentlicht am 07.10.2015

Tenor 1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2015 wird in Ziffer 2 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2015 - 21 ZB 15.30178

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. März 2014 - 10 CE 14.427

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2015 - 11 B 15.50110

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Gründe I 1 Der Kläger, nach eigenem Vortrag ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im Augus

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 08. Mai 2015 - 18a K 3619/14.A

bei uns veröffentlicht am 08.05.2015

Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. Juli 2014 wird aufgehoben, soweit darin in Ziffer 2. die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens, für da

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 04. Mai 2015 - 15 L 947/15.A

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 01. Apr. 2015 - A 11 S 106/15

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C.         aus E.        wird abgelehnt. 1Gründe: 2Der am

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Juni 2014 - 10 C 7/13

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Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. August 2017 (Gz. 6925559-475) wird – ausgenommen Ziffer 3 Satz 3 („Die Antragstellerin darf nicht nach Syrien abgeschoben werden.") – aufg

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Tenor 1. Die Klagen werden abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die Kläger, ein Ehepaar mit ihren 2014 und 2016 geborenen Söhnen,

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Juni 2016 - AN 14 K 15.50289

bei uns veröffentlicht am 27.06.2016

Tenor 1. Nummer 2 des Bescheides der Beklagten vom 24. Juni 2015 wird in den Sätzen 1 bis 3 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu

Referenzen

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der nach eigenen Angaben am 1. Januar 1989 im Dorf Baba, Bezirk Jaghuri, Provinz Ghazni, geboren wurde, ist afghanischer Staatsangehöriger und hazarischer Volkszugehöriger. Er reiste am 25. April 2011 ins Bundesgebiet ein. Am 12. Mai 2011 stellte er Asylantrag. Bei der Vorprüfung stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF - Bundesamt) anhand von Eurodac-Daten (Nr. IT1BZ017F6) fest, dass der Kläger am 7. November 2008 bereits in Bozen (Italien) einen Asylantrag gestellt hatte.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 14. Juni 2011 gab der Kläger Folgendes an: Er sei Ende 2007 aus Afghanistan ausgereist und dann über Iran, Türkei und Griechenland nach Italien gelangt. Dort sei er Ende 2008 angekommen. Anfang 2011 sei er nach Griechenland abgeschoben worden. Im April 2011 sei er dann von Athen aus nach München geflogen. Während seines Aufenthalts in Griechenland habe er keinen Asylantrag gestellt. In Italien habe er zwar Asylantrag gestellt, es sei aber nicht zu einer Anhörung gekommen. Die italienischen Behörden hätten festgestellt, dass er bereits in Griechenland seine Fingerabdrücke abgegeben habe, weswegen er dann von Italien aus nach Griechenland abgeschoben worden sei. Er sei aus Angst vor Bedrohung aus Afghanistan geflüchtet. Ein Soldat der afghanischen Streitkräfte habe seine Schwester vergewaltigt. Diese habe später aufgrund der dadurch erlittenen Schande Selbstmord begangen. Danach sei er selbst in den Verdacht geraten, seine Schwester wegen der Familienehre umgebracht zu haben. Er sei dann von dem betreffenden Soldaten geschlagen und verletzt worden. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen sei er zunächst nach Kandahar ausgewichen. Dort habe er erfahren, dass ein Bruder von ihm den Vergewaltiger getötet habe. Da dieser ein Soldat gewesen sei, habe er Angst davor bekommen, staatlich verfolgt zu werden. Außerdem habe er auch Angst vor dessen Angehörigen gehabt.

Das Bundesamt erließ am 26. Juli 2011 folgenden Bescheid:

1. Der Asylantrag ist unzulässig.

2. Die Abschiebung nach Italien wird angeordnet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass Italien gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-Verordnung zuständig sei. Es sei am 29. April 2011 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-II-VO an Italien gerichtet worden; dieses sei von den italienischen Behörden aber nicht fristgerecht beantwortet worden. Infolge dessen sei Italien am 14. Mai 2011 durch Zustimmungsfiktion zuständig geworden. Deshalb sei der Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Dieser Bescheid wurde der Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 12. August 2011 übersandt.

Das Landratsamt F.-G. als Ausländerbehörde terminierte die zwangsweise Überstellung des Klägers nach Rom (Italien) auf den 8. September 2011.

Auf Antrag des Klägers erließ das Verwaltungsgericht Regensburg (RN 9 E 11.30436) am 7. September 2011 nach § 123 VwGO folgenden Beschluss:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Maßnahmen zum Vollzug der Verbringung des Klägers nach Italien vorläufig auszusetzen und die zuständige Ausländerbehörde entsprechend zu unterrichten.

Durch Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die auf die Aufhebung des Bundesamtsbescheids und die Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Klage ab (RN 9 K 11.30445). In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass das hier als reine Anfechtungsklage auszulegende Rechtsschutzbegehren zwar zulässig, aber unbegründet sei. Nach Art. 10 VO (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) sei zwar eigentlich Griechenland für die Prüfung des Asylantrags zuständig, aber eine Überstellung dorthin scheide angesichts der nach wie vor unzumutbaren Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aus. Somit sei nach Art. 13 Dublin-II-VO Italien als erster Mitgliedstaat zuständig, in dem der (bisher nicht geprüfte) Asylantrag gestellt worden sei. Nach Art. 20 Dublin-II-VO sei Italien zur Wiederaufnahme verpflichtet. Es bestehe auch kein Anspruch darauf, dass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch mache. Nach der heutigen Auskunftslage sei nicht zu befürchten, dass dem Kläger im Fall seiner Rücküberstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder die Verelendung drohen würde. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass die italienischen Behörden erneut eine Weiterverschiebung des Klägers nach Griechenland betreiben würden. Zuständig für den Kläger sei die Quästur in Bozen gewesen. Gerade in Norditalien seien aber die Aufnahmekapazitäten für Asylbewerber nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nicht ausgeschöpft.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 30. September 2013, dem Kläger zugestellt am 8. Oktober 2013, gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (13a ZB 13.30079).

In der am 8. November 2013 eingereichten Berufungsbegründung macht der Kläger folgendes geltend: Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig. Der Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin-II-VO sei hier nicht einschlägig, da Griechenland als zuständiger Mitgliedstaat feststehe, wenngleich eine Rückführung dorthin unzumutbar und derzeit undurchführbar sei. Außerdem sei das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 29. April 2011 nicht ordnungsgemäß ergangen. Nach Art. 18 und Art. 20 Dublin-II-VO sowie nach Art. 21 und Art. 23 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) hätten neben den dort genannten Beweismitteln auch die Erklärungen des Klägers dem Ersuchen beigefügt werden müssen. Das vom Bundesamt verwendete kurze Standardformular sei für den vorliegenden Fall unzulänglich gewesen. Außerdem habe das Bundesamt die in Art. 21 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO normierten kurzen Fristen für ein Aufnahmeersuchen überschritten. Das hier bewusst fehlerhaft gestellte Ersuchen sei eine Täuschungshandlung und folglich unwirksam. Aus Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO und Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergebe sich ein subjektives Recht auf sachgerechte Zuständigkeitsprüfung. Im Übrigen müsse die Beklagte im vorliegenden Fall aufgrund der systemischen Mängel im italienischen Asylsystem von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch machen. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass in Italien ein effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährleistet sei. Darüber hinaus seien in Italien die materiellen Grundbedürfnisse und Versorgungsleistungen von Asylsuchenden nicht sichergestellt. Das Asylsystem Italiens sei völlig überlastet. Nach den Erkenntnissen von UNHCR liege die Kapazitätsgrenze für die Unterbringung von Asylsuchenden im Durchschnitt bei ca. 5.000 Personen. Es sei davon auszugehen, dass die Unterkunft, Ernährung und medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Italien nur sichergestellt sei, wenn ein formaler Antrag gestellt worden sei, solange der Zeitraum von sechs Monaten Verfahrensdauer nicht überschritten werde und die aktuellen Zahlen der Asylbewerber die Kapazitäten der Einrichtungen nicht überstiegen. Derzeit sei allerdings davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Verfahren nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden könne. Außerdem gebe es Berichte darüber, dass von den im Dublin-System rückgeführten Personen nur etwa 12% im staatlichen Aufnahmesystem unterkämen, die Übrigen aber obdachlos seien. Die vielfach vorzufindenden Lebensbedingungen der Asylsuchenden und Flüchtlinge in besetzten Häusern, Slums und auf der Straße seien unwürdig. Die Wartezeit, um überhaupt einen Platz in einem kommunalen Unterbringungszentrum zu erhalten, betrage etwa drei bis sechs Monate. Während dieser Zeit seien die Betroffenen faktisch obdachlos. Aufgrund dieser Umstände wäre bei einer Abschiebung eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta zu befürchten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2011 unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Februar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 14.11.2013 - Rs. C-4/11) verleihe die Dublin-II-VO dem Asylbewerber keinen Anspruch darauf, dass er von einem Mitgliedstaat die Prüfung seines Antrags verlangen kann, wenn dieser Staat ihn aufgrund der Gefahr einer Verletzung seiner Grundrechte nicht an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat überstellen könne. Die Situation der Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers führe nicht zur Verpflichtung des Selbsteintritts auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Falls der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel ausscheide, stehe zunächst lediglich fest, dass die Beklagte dorthin nicht überstellen dürfe. Daher sei die Prüfung auf der Basis der Dublin-Kriterien in der vorgesehenen Reihenfolge fortzusetzen, d. h. auch Art. 13 Dublin-II-VO als Auffangtatbestand heranzuziehen. Das italienische Asylverfahren weise entgegen der Auffassung des Klägers keine systemischen Mängel auf. Im Übrigen sei nochmals klarzustellen, dass bei dem Kläger ein Kategorie 1-Treffer für Italien vorliege (Asylantrag am 7.11.2008) und die italienischen Behörden hinsichtlich des Klägers somit vom Bundesamt nicht getäuscht worden seien. Das Bundesamt sei nicht verpflichtet, den italienischen Behörden mitzuteilen, was in deren eigenen Akten stehe, wie z. B. hier die bereits erfolgte frühere Überstellung des Klägers nach Griechenland.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg (§ 125 Abs. 1, § 128 Abs. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblichen Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig.

Die ausdrücklich erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt.1 VwGO) gegen den Bescheid des Bundesamts vom 26. Juli 2011 ist statthaft.

Die Feststellung des Bundesamts, dass der Asylantrag unzulässig ist, und die Anordnung der Abschiebung sind Verwaltungsakte i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG (zum Begriff der regelnden Feststellung vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 35 Rn. 51). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Asylrechtsklagen in aller Regel davon auszugehen, dass der jeweilige Kläger das für ihn typischerweise weitestgehende Rechtsschutzziel mit den für ihn jeweils günstigsten Rechtsschutzformen anstrebt. Dies bedeutet, dass eine sog. isolierte Anfechtungsklage regelmäßig so auszulegen ist (§ 88 VwGO), dass ein solcher Antrag nur zusammen mit den Hilfsanträgen auf Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG und/oder als Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG (a. F.) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG (a. F.) und auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz als gestellt anzusehen ist. Eine andere Auslegung ist bei einem Bescheid, welcher eine negative Feststellung enthält, möglich, wenn der Kläger bewusst nur einen isolierten Anfechtungsantrag gestellt hat und dies auch in Ansehung der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen ein sinnvolles Klageziel ist (BVerwG, U. v. 21.11.2006 - 1 C 10.06 - BVerwGE 127, 161). Im vorliegenden Fall wäre die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte sinnvoll, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung der Feststellung der Unzulässigkeit bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 5). Außerdem ginge dem Kläger ansonsten eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = NVwZ 1996, 80). Eine Verpflichtungsklage im Sinn eines Bescheidungsurteils nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt hier somit nicht in Betracht.

Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben.

Der Kläger kann geltend machen, durch die vom Bundesamt getroffene Feststellung möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Normen der Dublin-II-VO eigentlich organisatorische Vorschriften, welche die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln und u. a. den Zweck haben, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu schaffen; gleichwohl kann ein Asylbewerber im Rahmen des nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin-II-VO garantierten Rechtsschutzes geltend machen, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestehen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr liefe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta ausgesetzt zu sein (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - NVwZ 2014, 208 Rn. 56 ff.).

Die Klage ist aber unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig. Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-VO), auf die sich das Bundesamt im Bescheid gestützt hat. Auch wenn mittlerweile die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) gemäß Art. 49 Abs. 1 dieser Verordnung am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist, ist für sog. „Altanträge“ wie den vorliegenden nach wie vor die Dublin-II-VO anzuwenden (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 13). Für einen Antrag auf internationalen Schutz i. S. v. Art. 2 Buchst. d Dublin-II-VO, der vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der Dublin-III-VO, also vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung.

Das Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung dient zuerst allein dazu, den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu bestimmen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind übereingekommen, dass auf kurze Sicht eine klare und praktikable Form für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden sollte. Ziel der Dublin-II-Verordnung ist die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (Erwägungsgründe Nr. 1, 2, 3, 4 und 16). Im Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung steht deshalb allein die Zuständigkeitsfrage im Raum. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO wird der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft.

Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin-II-VO). Nach Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat.

Gemessen hieran ist der beim Bundesamt gestellte Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, weil der Mitgliedstaat Italien nach Art. 13 Dublin-II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies hat zur Folge, dass Italien nach Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c Dublin-II-VO verpflichtet ist, den Kläger nach Maßgabe des Art. 20 Dublin-II-VO wieder aufzunehmen. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-VO wird davon ausgegangen, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert, wenn - wie im vorliegenden Fall - innerhalb einer Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt worden ist. Entsprechend der Konzeption der Dublin-II-Verordnung hat das Bundesamt zu Recht den Asylantrag nicht inhaltlich geprüft, sondern die Unzulässigkeit festgestellt und die Abschiebung nach Italien angeordnet.

Für die Beklagte ergibt sich aus Kapitel III der Dublin-II-Verordnung keine Zuständigkeit. Die am 12. Mai 2011 erteilte Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begründet die Zuständigkeit nach Art. 9 Abs. 1 Dublin-II-VO nicht (Asylbewerber mit gültigem Aufenthaltstitel), weil diese Vorschrift nach Art. 2 Buchst. j Dublin-II-VO nicht für Aufenthaltstitel gilt, die während der zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates entsprechend dieser Verordnung erforderlichen Frist erteilt wurden. Auch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO ist nicht einschlägig. Zwar hatte der Kläger die Luftgrenze der Bundesrepublik Deutschland illegal überschritten, er kam hierbei aber nicht aus einem Drittstaat, sondern aus einem Mitgliedstaat (Griechenland).

Aus der Feststellung, dass der Kläger ursprünglich (2008) aus einem Drittstaat (Türkei) kommend die Grenze Griechenlands illegal überschritten hatte, ergibt sich gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO die Erstzuständigkeit der Hellenischen Republik. Eine Abschiebung dorthin käme allerdings nicht in Betracht, weil die Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens nicht gewährleistet wäre und Obdachlosigkeit drohen würde. Infolge dessen wäre eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK gegeben (EGMR, E. v. 21.1.2011 - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Da sich aus den übrigen Kriterien des Kapitels III der Dublin-II-Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, ist nach der Generalklausel des Art. 13 Dublin-II-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Dies ist hier die Italienische Republik (Italien). Ausweislich der Bundesamtsakte (Bl. 50) hat der Kläger dort im November 2008 den Asylantrag gestellt. Trotz der Erkenntnis, dass nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO eigentlich von der vorrangigen Zuständigkeit Griechenlands auszugehen wäre, scheidet der Ersteintritt als Anknüpfungskriterium hier aus, weil eine Abschiebung dorthin unzumutbar wäre, da das Asylwesen in Griechenland derzeit an sog. systemischen Mängeln leidet (vgl. EGMR, E. v. 21.1.2011 a. a. O.). Art. 13 Dublin-II-VO greift auch dann, wenn sich aus den Kriterien des Kapitels III zwar eine anderweitige Zuständigkeit ergibt, eine Überstellung des Antragstellers dorthin aber nicht möglich ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417). Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat hat als solche nicht zur Folge, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Asylantrag auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C- 4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 37).

Das vom Bundesamt an die italienische Dublin-Einheit (Unità Dublino) gerichtete Wiederaufnahmegesuch entspricht den Anforderungen des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2003 (Durchführungsbestimmungen zur Dublin-II-VO). Im vorliegenden Fall liegt entgegen der Auffassung des Klägers kein Übernahmegesuch i. S. v. Art. 17 Dublin-II-VO, sondern ein Wiederaufnahmegesuch i. S. v. Art. 20 Dublin-II-VO vor, da die Zuständigkeit nicht erst noch geklärt werden musste, sondern schon feststand (Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 16 K4 und K5). Da der Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatte, geht es hier nicht um eine Aufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. a Dublin-II-VO, sondern um eine Wiederaufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c und d Dublin-II-VO (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 9). Das Bundesamt hat entsprechend Art. 2 der Durchführungsbestimmungen das vorgeschriebene Formblatt verwendet. Dieses umfasst auch das Ergebnis des Vergleichs der Fingerabdrücke (Hinweis auf die Eurodac-Nummer mit italienischer Kennung). Außerdem hat das Bundesamt unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ darauf hingewiesen, dass am 7.11.2008 in „Bolzano/Italy“ schon einmal Asyl beantragt worden sei (s. Bl. 5 der Bundesamtsakte). Die Rüge des Klägers, das Bundesamt habe die italienische Dublin-Behörde absichtlich getäuscht, geht fehl. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten könnten, falls der ersuchende Mitgliedstaat dem ersuchten Mitgliedstaat wichtige Informationen vorenthält (vgl. hierzu Filzwieser/Sprung, a. a. O. Art. 19 K11), hat sich hier nicht gestellt.

Im Übrigen ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens nicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen, weil die Überstellung nach Italien nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Diese Frist beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Alt. 2 Dublin-II-VO erst nach der (rechtskräftigen) Entscheidung über den Rechtsbehelf zu laufen, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin-II-VO, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG n. F.). Im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass das Verwaltungsgericht Regensburg den Vollzug der Abschiebung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 7. September 2011 vorläufig ausgesetzt hat. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann die Sechs-Monats-Frist erst zu laufen beginnen, wenn sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass die Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO diese Frist nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird (EuGH, U. v. 21.9.2009 - C-19/08 - NVwZ 2009, 639). Die Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kommt hier folglich nicht zum Tragen (so auch OVG LSA, U. v. 2.10.2013 a. a. O.; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

Schließlich ergibt sich die Zuständigkeit der Beklagten für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO (sog. Selbsteintrittsrecht).

Wenn ein Mitgliedstaat der Aufnahme des betreffenden Asylbewerbers - wie im vorliegenden Fall - zugestimmt (bzw. nicht geantwortet hat), so kann der Asylbewerber der Bestimmung dieses Mitgliedstaats nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GR-Charta - ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394.12 - NVwZ 2014, 208).

Ebenso wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) stützt sich das gemeinsame europäische Asylsystem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (grundlegend: U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 75 ff.) auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Das gemeinsame europäische Asylsystem wurde dem Gerichtshof zufolge in einem Kontext entworfen, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, das die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin-II-Verordnung genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar. Damit die Union und ihre Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Grundrechte der Asylbewerber nachkommen können, obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK (s. neuerdings BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 Rn. 9 - darauf abstellend, dass sich solche Mängel wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren lassen).

Gemäß diesen Grundsätzen besteht für die Beklagte keine Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ermessensnorm (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 65) kann der Kläger allenfalls ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 40 VwVfG haben (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Januar 2014, § 27a Rn. 52). Das Ermessen verdichtet sich nur dann zu einer Verpflichtung zum Selbsteintritt, wenn der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel außer Betracht bleiben muss und keine anderweitige Zuständigkeit eines Mitgliedstaats besteht (ders., a. a. O. Rn. 68). Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen, wenn ansonsten Grundrechte - hier: Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nach Art. 4 und Recht auf Asyl nach Art. 18 GR-Charta - des Asylbewerbers verletzt wären (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11- NVwZ 2014, 129).

Der Senat ist auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-II-Rückkehrern in Italien zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall der Überstellung/Abschiebung nicht ernsthaft zu befürchten ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR) ist in Italien nicht von systemischen Mängeln auszugehen. Dieser hat bei seinen aktuellen Entscheidungen unter Heranziehung der UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien (Juli 2012), des Berichts des Kommissars für Menschenrechte des Europarates (September 2012) sowie der Berichte von Nichtregierungsorganisationen und unter Würdigung des gesamten Asylsystems in Italien (Verfahrensmodalitäten, Organisation der Unterbringung, Anzahl der Einrichtungen und Unterkunftsplätze, medizinische Versorgung, Bereitstellung von Mahlzeiten, Kleidung etc.) folgende Erkenntnisse zugrunde gelegt: Es gebe in Italien ein System von Aufnahmeeinrichtungen: Neun staatliche CARA-Zentren für die Erstaufnahme während fünf Wochen, ca. 150 SPRAR-Einrichtungen von Gemeinden, Provinzen und wohltätigen Organisationen für die Zeit des Asylverfahrens während sechs Monaten; außerdem die in Großstädten angesiedelten Metropolitan- Aufnahmezentren und eine große Anzahl von Notunterkünften auf regionallokaler Basis. Landesweit könnten je nach Bedarf bis zu 50.000 Plätze bereitgestellt werden, tatsächlich sei die gegenwärtige Anzahl aber erheblich niedriger. Schwierigkeiten bereiteten speziell die prompte Erkennung von Personen mit besonderem Schutzbedürfnis und die Wahrung der Familieneinheit im Rahmen der Verteilung. In einigen Einrichtungen, namentlich in Kalabrien und in der Lombardei, gebe es ganz gravierende Probleme. In den letzten Jahren seien mit Unterstützung des Europäischen Flüchtlingsfonds Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden. Diese würden im Allgemeinen wieder in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt werden. Hierfür würde die Grenzpolizei das jeweils zuständige Amt für Einwanderung ausfindig machen und den Rückkehrer auffordern, sich dorthin zu begeben. Wenngleich die allgemeine Lage und die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Italien einige Unzulänglichkeiten aufzeigten, seien aber keine systemischen Mängel bei der Bereitstellung von Hilfe und Einrichtungen für Asylbewerber zutage getreten. Vor diesem Hintergrund sei nicht anzunehmen, dass ein nach Italien zurückkehrender Asylbewerber, sei es in materieller, physischer oder psychischer Hinsicht, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr einer menschenunwürdigen Notlage ausgesetzt wäre - „ … has not shown that … future prospects if returned to Italy whether taken from a material, physical or psychological perspective, disclose a sufficiently real and imminent risk of hardship severe enough to fall within the scope of Article 3“ - (EGMR, E. v. 2.4.2013 - Nr. 27725/10 - ZAR 2013, 336 Rn. 43 ff., 78; B. v. 18.6.2013 - Nr. 53852/11 - ZAR 2013, 338; E. v. 10.9.2013 - Nr. 2314/10 - www.hudoc.echr.coe.int Rn. 139; s. auch BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 22, wonach der Begriff „real risk“ dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht).

Dieser Einschätzung entspricht die Auskunftslage gemäß den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts. Nach der Auskunft vom 11. Juli 2012 an das Verwaltungsgericht Freiburg könnten „derzeit“ alle Asylbewerber in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Es gebe lokale/regionale Überbelegungen (z. B. Rom/Latium). Landesweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen und öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen. Sofern sich Dublin-Rückkehrer noch im Asylverfahren befänden, werde ihnen eine Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt (ebenso: Auskunft vom 11.9.2013 an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen). Auch die UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien vom Juli 2013 (S. 10 ff.) stellen die Erkenntnis, dass das Asylsystem keine systemischen Mängel aufweist, nicht in Frage. Die italienische Regierung habe ab 2011 erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der teilweise unzulänglichen Aufnahmeverhältnisse unternommen. Die als Asylbewerber registrierten Dublin-Rückkehrer hätten im Allgemeinen Zugang zu den Transitaufnahmezentren. Da deren Kapazitäten aber sehr begrenzt seien, könne es vorkommen, dass diese Personen u.U. einige Tage am Flughafen ausharren müssten, bis ein Platz in einem solchen Zentrum frei wird. Nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erhalten Personen, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen war, am Flughafen ein Bahnticket zur Weiterreise in die zuständige Region (Italien: Aufnahmebedingungen - aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Oktober 2013, S. 13).

Demgegenüber berichten die Schweizerische Flüchtlingshilfe (a. a. O.) und borderlineeurope e.V. (Judith Gleitze, Gutachten vom Dezember 2012 für das Verwaltungsgericht Braunschweig) von vielfältigen Unzulänglichkeiten bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Italien. Aus den geschilderten zahlreichen Einzelfällen lässt sich nach Auffassung des Senats aber nicht der Schluss ziehen, dass hier systemische Schwächen vorliegen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Aus den Berichten von UNHCR (a. a. O. S. 14 f.), der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a. a. O. S. 69) und borderlineeurope (a. a. O. S. 50 f.) geht zudem auch übereinstimmend hervor, dass die größten Probleme nicht während des Asylverfahrens auftreten, sondern bei denjenigen Personen, deren Asylverfahren mit oder ohne Zuerkennung eines Schutzstatus geschlossen worden sind. Für diese Personen endet der Anspruch auf Gewährleistung der Grundbedürfnisse im Allgemeinen mit dem Abschluss des Asylverfahrens. Nur unter bestimmten Umständen dürfen Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, danach noch bis zu sechs Monaten in einer SPRAR-Einrichtung bleiben (EGMR, E. v. 2.4.2013, a. a. O. Rn. 43). Da es in Italien kein staatliches Sozialhilfesystem gibt (Auswärtiges Amt vom 11.7.2012, a. a. O. Nr. I 1 b), seien diese Personen - ebenso wie italienische Staatsangehörige - im Fall der Mittellosigkeit auf sich allein gestellt, wodurch in italienischen Großstädten vielfach Armutsviertel mit arbeits- und mittellosen Flüchtlingen entstanden seien. Berichte über diese allgemeine soziale Problematik sind somit kein hinreichendes Indiz für systemische Mängel im Asylverfahren.

Die genaue Zahl der Unterkunftsplätze lässt sich aus verschiedenen Gründen nur schwer bestimmen. UNHCR (24.4.2012, S. 3) ist für das Jahr 2012 davon ausgegangen, dass in zentralen Einrichtungen wie CARA und SPRAR insgesamt 8.000 Plätze vorhanden seien. Im Jahr 2011 sei zwischen den regionalen Regierungen und den örtlich zuständigen Behörden eine Vereinbarung getroffen worden, dergemäß Kriterien für die landesweite Verteilung von bis zu 50.000 Personen festgelegt wurden. Bis Anfang 2012 seien im Rahmen dieses Verteilungsplans tatsächlich 20.000 Personen untergebracht worden. Die Verantwortung hierfür obliege dem Leiter des Zivilschutzes. Bezüglich der Kapazität allein der SPRAR-Einrichtungen sei mittlerweile aber eine Aufstockung auf 8.000 Plätze vorgesehen (UNHCR, Juli 2013, S. 12). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat für das Jahr 2013 die Zahl der CARA-Plätze und die Zahl der SPRAR-Plätze mit jeweils ca. 5.000 beziffert und darüber hinaus auf ein Dekret des italienischen Innenministeriums vom September 2013 hingewiesen, demgemäß die SPRAR-Kapazität von 2014 bis 2016 auf 16.000 Plätze erhöht werden soll (a. a. O. S. 18, 22). Unter Berücksichtigung der Fluktuation (Wechsel in der Belegung) dürfte die tatsächliche Kapazität höher als die Zahl der Unterkunftsplätze sein. Im Hinblick auf die Zahl der in Italien im Jahr 2013 registrierten Asylanträge (28.000 - s. eurostatpressemitteilung Nr. 46/2014) und die für das Jahr 2012 verfügbare Zahl der Dublin-Überstellungen nach Italien (3.551 - s. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O. S. 8) besteht zwischen dem Bedarf und der Kapazität an Unterkunftsplätzen jedenfalls keine solche Diskrepanz, dass die Möglichkeit der Unterbringung von Dublin-Rückkehren als unrealistisch zu erachten wäre.

Die Annahme von borderlineeurope (a. a. O. S. 23 ff., S. 59), dass die Unterbringungsquote für Dublin-Rückkehrer von 2010 bis 2012 maximal nur 12% pro Jahr betragen habe, begegnet erheblichen Bedenken. Das Auswärtige Amt hat darauf hingewiesen, dass diesbezüglich belastbares statistisches Zahlenmaterial nicht vorhanden sei. Die (von borderlineeurope zitierte) Aussage einer Mitarbeiterin der am Flughafen Roma Fiumicino tätigen Arciconfraternita sei eine auf Erfahrungswerten basierende subjektive Feststellung (11.9.2013, S. 3). Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf die besondere Situation in Rom, welche nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wegen der lokalen und regionalen Überbelegung in Rom und Latium (11.7.2012, S. 6) allerdings nicht repräsentativ erscheint. Hinzu kommt, dass die von borderlineeurope beschriebene Gruppe etwa zur Hälfte aus Personen besteht, die sich nicht im Asyl- bzw. Klageverfahren befinden, also keinen Anspruch auf Versorgung haben. Im Übrigen wäre noch zu berücksichtigen, dass nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts viele Dublin-Rückkehrer keinen Asyl- oder Schutzantrag stellen, da sie häufig nicht in Italien bleiben wollen. Somit stünden ihnen die Aufnahmeeinrichtungen nicht mehr offen (11.7.2012, S. 5). Diese Personen können folglich ebenfalls nicht zum Kreis der nicht untergebrachten Anspruchsberechtigten gezählt werden.

Außerdem sprechen die besonderen Umstände des vorliegenden Falls gegen die Annahme, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr der Obdachlosigkeit und des Hungerns ausgesetzt wäre. Da ursprünglich die Quästur Bozen für seinen Asylantrag zuständig war, ist anzunehmen, dass er im Fall der Rückkehr nach Italien dorthin weitergeleitet werden würde. Gemäß den bisherigen, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnissen des Auswärtigen Amts sind in Norditalien die Unterbringungskapazitäten noch nicht ausgeschöpft, so dass dort ohnehin nicht mit einer Mangelsituation zu rechnen wäre.

Auch der Hinweis des Klägers auf die Stellungnahme von UNHCR an das Verwaltungsgericht Braunschweig (24.4.2012) führt nicht zu einer anderen Einschätzung. Die darin geäußerten Bedenken, dass die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen häufig unzureichend sei (Buchstabe vii) und dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass Asylsuchende, die im Rahmen des Dublin-Systems nach Italien überstellt werden und dort zuvor keinen formalen Asylantrag gestellt hatten, keinen sofortigen Zugang zur Aufnahmebedingungen erhielten (ix), treffen auf die Umstände des vorliegenden Falls nicht zu.

Für die Befürchtung des Klägers, er würde im Fall der Abschiebung nach Italien ohne Durchführung eines Asylverfahrens sogleich nach Griechenland weitergeschoben werden, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt (vgl. UNHCR v. 24.4.2012, a. a. O. zu 4.). Der Vortrag des Klägers, er sei etwa im Jahr 2010 von der Polizei in Bozen bei einer Vorsprache zwecks Erteilung eines Monatsausweises festgenommen und anschließend in einem versperrten Schiffsraum nach Griechenland verbracht worden, vermag die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht zu begründen.

Die hier vertretene Einschätzung, dass das italienische Asylwesen nicht an systemischen Mängeln leidet, wird von anderen Oberverwaltungsgerichten geteilt (OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris; OVG Rh-Pf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13. OVG - juris; NdsOVG, B. v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 - juris; OVG Berlin-Bbg, B. v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris).

Die Befugnis zur Anordnung der Abschiebung ergibt sich aus § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein Asylbewerber aus Somalia. Er wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

2

Der Kläger stellte Mitte August 2010 einen Asylantrag und gab in einer Niederschrift dazu am 9. September 2010 an, er sei somalischer Staatsangehöriger und am 1. Januar 1981 in Mogadischu geboren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - nahm ihm Fingerabdrücke zur Identitätsfeststellung ab, die sich später als nicht verwertbar erwiesen. Der damit betraute Mitarbeiter stellte bereits bei der Abnahme fest, dass die Fingerkuppen des Klägers Veränderungen aufwiesen, die voraussichtlich zur Unverwertbarkeit der abgenommenen Fingerabdrücke führen würden. Der Kläger bestritt, seine Fingerkuppen manipuliert zu haben.

3

Mit Schreiben vom 9. September 2010 wies das Bundesamt den Kläger darauf hin, dass die Beschädigung der Fingerkuppen den Verdacht begründe, dass der Kläger nicht bereit sei, an der Überprüfung seiner Identität mitzuwirken. Er werde daher aufgefordert, sein Asylverfahren dadurch zu betreiben, dass er zum einen binnen eines Monats in der Außenstelle des Bundesamts erscheine und sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen lasse. Zum anderen solle er schriftlich darlegen, in welchen Staaten er sich nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aufgehalten habe, ob er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser ggf. abgelehnt worden sei. Gleichzeitig wurde er unter Bezugnahme auf § 33 AsylVfG (a.F.) darauf hingewiesen, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gelte, wenn er das Verfahren länger als einen Monat nicht betreibe und in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG (a.F.) nach Aktenlage zu entscheiden sei. Dem Schreiben war eine Übersetzung in die Sprache Somali beigefügt. Der Kläger hat sich in einem weiteren Termin Fingerabdrücke abnehmen lassen, die wiederum nicht verwertbar waren. Zu seinem Reiseweg und zur Frage weiterer Asylanträge machte er innerhalb der Monatsfrist keine Angaben.

4

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 22. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Nummer 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen (Nummer 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in den "Herkunftsstaat" aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nummer 3). Das Bundesamt hat den Bescheid im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Er habe weder verwertbare Fingerabdrücke abgegeben noch die angeforderten schriftlichen Angaben zum Reiseweg und zu etwaigen früheren Asylverfahren gemacht. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können.

5

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Bescheids sowie hilfsweise die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.), weiter hilfsweise die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.) hinsichtlich Somalia, sowie die Aufhebung der gegen ihn verfügten Abschiebungsandrohung. Mit Schriftsatz vom 2. November 2010 stellte er beim Bundesamt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in dem er sich zum Reiseweg äußerte und angab, keine weiteren Asylanträge gestellt zu haben.

6

Während des Klageverfahrens forderte das Bundesamt den Kläger mit einem an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 26. Oktober 2011 erneut auf, das Verfahren dadurch zu betreiben, dass er beim Bundesamt erscheine und sich Fingerabdrücke abnehmen lasse. Die Pflicht zur Duldung erkennungsdienstlicher Maßnahmen umfasse auch die Verpflichtung, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Den vom Bundesamt hierzu für den 15. November 2011 anberaumten Termin nahm der Kläger - nach eigenem Vorbringen wegen Verspätung - nicht wahr, bat das Bundesamt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. November 2011 aber um einen neuen Termin. Ein solcher wurde jedoch nicht anberaumt.

7

Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid vom 22. Oktober 2010 auf. Während des Berufungsverfahrens erfuhr das Bundesamt, dass der Kläger im Rahmen einer polizeilichen Fahndungsmaßnahme im Oktober 2012 aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden war. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab, dass sich der Kläger schon im Oktober 2009 unter einer anderen Identität in Deutschland aufgehalten hatte und ihm im Rahmen eines Rückübernahmeersuchens Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Zugleich führte ein Abgleich mit der Eurodac-Datenbank zu einem Treffer. Danach hatte der Kläger bereits am 18. April 2009 in Italien und am 23. Oktober 2009 sowie am 22. Februar 2010 in Schweden Asyl beantragt. Das italienische Innenministerium hatte den schwedischen Behörden in einem Schreiben vom 14. Dezember 2010 mitgeteilt, dass dem Kläger in Italien bereits die Flüchtlingseigenschaft ("refugee status") zuerkannt worden und das Dublin-Verfahren abgeschlossen sei.

8

Darauf erklärte der Vertreter des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen") auf. Weiter hebe er die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat in Satz 2 von Nummer 3 des Bescheides auf. Stattdessen werde dem Kläger die Abschiebung nach Italien angedroht. Daraufhin kündigte der Klägervertreter hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien die Erhebung einer Klage an, sobald ein entsprechender Bescheid des Bundesamtes zugestellt worden sei. Gleichzeitig erklärte er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, soweit das Bundesamt den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben habe. Der Beklagtenvertreter stimmte der Hauptsacheerledigungserklärung insoweit zu, als Satz 1 von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides aufgehoben worden sei.

9

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Erledigung der Hauptsache in Bezug auf die Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland (Nummer 3 des Bescheids vom 22. Oktober 2010) festgestellt und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Er begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Die Einstellung des Verfahrens in Nummer 1 des Bescheids sei rechtswidrig. Denn diese Rechtsfolge sehe § 32 Satz 1 AsylVfG nur für den Fall der Asylantragsrücknahme oder des Verzichts nach § 14a Abs. 3 AsylVfG vor. Als geeignete Reaktion auf die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen EU-Mitgliedstaat käme etwa die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie 2005) in Betracht. Eine Umdeutung der Verfahrenseinstellung in eine andere Form der Verfahrensbeendigung ohne Sachentscheidung nach § 47 VwVfG sei nicht möglich.

10

Die in Nummer 2 des Bescheids getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorlägen, habe nicht aufrechterhalten werden können, da seit Oktober 2012 bekannt sei, dass dem Kläger in Italien Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde. Soweit das Bundesamt in Nummer 3 seiner Verfügung die Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland des Klägers aufgehoben und durch die Androhung der Abschiebung nach Italien ersetzt hat, habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Dem Feststellungsbegehren des Klägers sei zu entsprechen, weil das Bundesamt seinen Bescheid in Nummer 3 durch die Androhung der Abschiebung nach Italien verändert, der Kläger aber diesen neuen Verwaltungsakt nicht im Wege einer objektiven Klageänderung in das Verfahren einbezogen habe. Vielmehr habe der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt, Klage zu erheben, wenn hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien ein entsprechender Bescheid der Beklagten zugestellt worden sei.

11

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten. Diese begründet sie im Wesentlichen wie folgt: Der Verwaltungsgerichtshof hätte zunächst prüfen müssen, ob das Verfahren schon vor den in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt gewesen sei, weil der Kläger einer rechtmäßigen Betreibensaufforderung nicht nachgekommen war. In diesem Fall hätte er die Klage abweisen müssen. Das Bundesamt sei sehr wohl befugt, ein Asylverfahren auch dann ohne Sachentscheidung einzustellen, wenn sich - wie hier - herausstelle, dass der Asylbewerber bereits im Ausland als Flüchtling anerkannt worden sei. § 60 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 AufenthG (n.F.) sehe ausdrücklich vor, dass das Bundesamt bei einer ausländischen Anerkennung kein (weiteres) Asylverfahren mehr durchzuführen habe. Das entspreche Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten einen Asylantrag in derartigen Fällen als unzulässig behandeln könnten. Der deutsche Gesetzgeber habe für diese Konstellation zwar keine konkrete Regelung getroffen, die vorhandene Regelungslücke sei aber durch die Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung in Anlehnung an § 32 AsylVfG zu schließen. Dann könne Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auch entsprechend umgedeutet werden. Eine Erledigung sei zu Nummer 3 des angefochtenen Bescheids durch die Änderung des Zielstaats der Abschiebung nicht eingetreten. Der Hinweis auf den Herkunftsstaat habe keinen Regelungscharakter, so dass der Kläger hierdurch auch nicht beschwert sei. Selbst bei Bejahung von Abschiebungsverboten bleibe die Abschiebungsandrohung im Übrigen unberührt.

12

Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. Mai 2014 hat die Beklagte durch ergänzenden Bescheid vom 15. Mai 2014 Italien als Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt (Nummer 1) und angeordnet, dass der Kläger nicht nach Somalia abgeschoben werden darf (Nummer 2). Der Kläger hat gegen den ergänzenden Bescheid Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Soweit sich die Klage gegen den fehlenden Ausschluss von Somalia als Zielstaat einer Abschiebung in Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 22. Oktober 2010 gerichtet hat, haben die Parteien den Rechtsstreit im vorliegenden Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe

13

Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

14

Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung der Nummern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids vom 22. Oktober 2010 bestätigt hat. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Hingegen hat die Revision überwiegend keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Entscheidung zur Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des Bescheids richtet. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht eine Erledigung der Abschiebungsandrohung ohne Zielstaatsbestimmung angenommen. Diese ist vielmehr aufrechtzuerhalten. Allerdings hat er mit Recht entschieden, dass die nachträgliche Bestimmung von Italien als Zielstaat der Abschiebung nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen wurde. Soweit die Parteien den Rechtsstreit über die Abschiebungsandrohung für erledigt erklärt haben, beruht dies auf der rechtlich gebotenen nachträglichen Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Insoweit hat die Beklagte dem Anfechtungsbegehren des Klägers entsprochen und war das Verfahren einzustellen.

15

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 30, jeweils Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

16

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung der angefochtenen Einstellungsverfügung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheids durch das Verwaltungsgericht mit einer Begründung bestätigt, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Verfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt, weil die Voraussetzungen für ein Nichtbetreiben des Verfahrens vorliegen. Der Kläger hat innerhalb der ihm gesetzten Betreibensfrist nicht die von ihm geforderten schriftlichen Angaben zu seinem Reiseweg und zur Frage einer Asylantragstellung im Ausland gemacht.

17

Nach § 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) gilt ein Asylantrag, der nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG (a.F.) auch den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfasst, hingegen noch nicht das Begehren auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.), als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren trotz Aufforderung des Bundesamts länger als einen Monat nicht betreibt (Satz 1). In der Aufforderung ist der Ausländer auf die nach Satz 1 eintretende Folge hinzuweisen (Satz 2). Liegen die Voraussetzungen einer (fiktiven) Antragsrücknahme vor, darf das Bundesamt keine Sachentscheidung mehr über den Asylantrag treffen. Vielmehr hat es nach § 32 AsylVfG in seiner Entscheidung festzustellen, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG (a.F.) vorliegt (Satz 1). In den Fällen des § 33 AsylVfG (a.F.) ist nach Aktenlage zu entscheiden (Satz 2). Das Bundesamt erlässt ferner eine Abschiebungsandrohung; die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist beträgt nach §§ 34, 38 Abs. 2 AsylVfG (a.F.) eine Woche. Für die Beurteilung des Regelungsinhalts des vorliegenden Bescheids ist auf die Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses abzustellen, da eine nachträgliche Erweiterung seiner Einstellungswirkung auch auf die Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes eine echte Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung des § 33 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) bedeuten würde, die mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren wäre (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 12).

18

1.1 Das Berufungsgericht durfte von der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG nicht wegen der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen absehen. Zwar hat dieser erklärt, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auf ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen"). Die erklärte Aufhebung ging jedoch ins Leere. Denn der Ausspruch der Rücknahmefiktion des Asylantrags durch das Bundesamt hat nach der gesetzlichen Ausgestaltung in § 33 und § 32 AsylVfG keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Wirksamkeit der Rücknahme bedarf keiner Feststellung durch das Bundesamt; sie ist lediglich Vorfrage für den gemäß § 32 Satz 1 AsylVfG zu treffenden feststellenden Ausspruch, dass das Asylverfahren eingestellt ist. Diesen hat das Bundesamt aufrechterhalten. Im Übrigen konnte das Bundesamt eine bereits kraft Gesetzes eingetretene Einstellungswirkung nicht nachträglich aufheben.

19

1.2 Die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nach § 33 Abs. 1 AsylVfG war gerechtfertigt. Sie setzt einen bestimmten Anlass voraus, der geeignet ist, Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen des Sachentscheidungsinteresses zu wecken. Solche Zweifel können sich aus einer Vernachlässigung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten ergeben. Zu diesen gehört die Pflicht des Asylbewerbers, im Vorfeld einer geplanten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 - BVerwG 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 Rn. 19). Nach den in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen bestanden hier solche berechtigten Zweifel, weil bereits bei der ersten erkennungsdienstlichen Behandlung Gründe für die voraussichtliche Nichtverwertbarkeit der Fingerabdrücke bemerkt und dokumentiert worden waren, ohne dass der Kläger dazu substantiiert Stellung genommen hatte.

20

1.3 Allerdings führte die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, soweit vom Kläger die Mitwirkung an der Abgabe seiner Fingerabdrücke verlangt wurde. Denn Nummer 1 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 verlangte von ihm die Abgabe "auswertbarer Fingerabdrücke" und entsprach damit nicht den gesetzlichen Vorgaben nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 24 und 35). Die Aufforderung vom 26. Oktober 2011 entsprach dann zwar den gesetzlichen Vorgaben, weil sie vom Kläger lediglich verlangte, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 39). Der Kläger kam dieser zweiten Betreibensaufforderung auch nicht nach, denn er erschien zu dem vom Bundesamt anberaumten Termin zur erneuten Fingerabdrucknahme am 15. November 2011 nicht. Ein mangelndes Betreiben des Verfahrens liegt trotz dieser Säumnis aber deshalb nicht vor, weil der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 18. November 2011 um einen neuen Termin zur erkennungsdienstlichen Behandlung gebeten hatte. Die versäumte Mitwirkungshandlung hätte damit noch innerhalb der gesetzten Betreibensfrist nachgeholt werden können. Eine Gelegenheit hierzu hat das Bundesamt dem Kläger aber nicht mehr eingeräumt.

21

1.4 Die Einstellungswirkung des § 32 Satz 1 AsylVfG ist jedoch dadurch eingetreten, dass der Kläger der selbständigen Verpflichtung zur schriftlichen Darlegung des Reisewegs und zu einer eventuell bereits erfolgten Asylantragstellung nicht fristgerecht nachgekommen ist (Nummer 2 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010).

22

Der Kläger war nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG verpflichtet, die vom Bundesamt angeforderten Angaben zu machen. Zu den Angaben, die von einem Asylbewerber verlangt werden können, zählen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG auch solche über Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und dort eingeleitete oder durchgeführte Asylverfahren (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 33). Die Aufforderung vom 9. September 2010, das Verfahren durch entsprechende schriftliche Angaben zu betreiben, entspricht hier auch den weiteren Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 AsylVfG.

23

Der Kläger hat die geforderten schriftlichen Angaben nicht innerhalb der Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG gemacht. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers dies mit Schreiben vom 2. November 2010 - nach Ablauf der Monatsfrist - nachzuholen versucht. Gründe für eine unverschuldete Fristversäumung ergeben sich aus dem Schreiben jedoch nicht (zur Anwendung des § 32 VwVfG auf die Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG vgl. BTDrucks 12/2062 S. 33). Danach soll die Versäumung der Frist auf einem beim Kläger hervorgerufenen Irrtum beruhen. Dieser habe geglaubt, seiner Verpflichtung aus der Betreibensaufforderung dadurch nachgekommen zu sein, dass er am 7. Oktober 2010 bei der Außenstelle des Bundesamtes erschienen sei und sich dort erneut habe Fingerabdrücke abnehmen lassen. Er sei davon ausgegangen, dass er nunmehr zeitnah vom Bundesamt zu seinen Asylgründen, zu seinem Reiseweg und zur Asylantragstellung in anderen Ländern befragt werde. Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch keine unverschuldete Fristversäumnis. Denn die Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 bezieht sich auf zwei voneinander unabhängige Handlungen: (1) die Abnahme von Fingerabdrücken und (2) die schriftliche Darlegung zum Reiseweg sowie einer möglichen Asylantragstellung. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, durch eine Mitwirkung an der Abnahme von Fingerabdrücken zugleich seiner Pflicht nachgekommen zu sein, die geforderten schriftlichen Angaben zu machen. Dass auch für die in der Betreibensaufforderung genannten schriftlichen Angaben die Monatsfrist gilt, ergibt sich aus der Belehrung über die Rechtsfolgen eines Nichtbetreibens, in der sich die Monatsfrist erkennbar auf beide Mitwirkungshandlungen bezieht. Einer zusätzlichen Erwähnung der Monatsfrist in der Aufforderung zu schriftlichen Darlegungen - wie sie bei der Aufforderung zur Mitwirkung bei der Abnahme von Fingerabdrücken erfolgt ist - bedurfte es angesichts der Eindeutigkeit der auf beide Mitwirkungshandlungen bezogenen Aussage zu den Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der gesetzten Frist nicht. Der Kläger konnte dies auch verstehen, da ihm der Bescheid am 9. September 2010 nicht nur in deutsch, sondern auch in einer in die Sprache Somali übersetzten Fassung überreicht wurde.

24

1.5 Ist das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG eingestellt, bedarf es keiner Entscheidung über die vom Verwaltungsgerichtshof als erheblich angesehene Frage, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden kann.

25

1.6 Die Beklagte war für die erfolgte Einstellung des Verfahrens auch international zuständig. Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union besteht nicht.

26

Es kann offenbleiben, ob auf den Asylantrag eines Ausländers, der - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits als Flüchtling anerkannt ist, die Zuständigkeitsregelungen der Union nach den Verordnungen über das sogenannte Dublin-Verfahren anwendbar sind und das auch für Entscheidungen über die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gilt. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auf Ausländer, die in einem anderen Staat als Flüchtling anerkannt sind, die Regelungen zum Dublin-Verfahren nicht anwendbar sind. Doch selbst wenn diese Regelungen anwendbar sein sollten, wäre Deutschland der für die Entscheidung zuständige Mitgliedstaat geworden, ohne dass sich insoweit eine zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union verpflichtende Zweifelsfrage stellt.

27

Nach der in Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU Nr. L 180 S. 31 - Dublin III-VO) getroffenen Übergangsregelung ist die Dublin III-VO zwar erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Hier war der Antrag bereits im August 2010 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden, so dass auf ihn grundsätzlich noch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl EG Nr. L 50 S. 1 - Dublin II-VO) anwendbar wäre. Allerdings findet die Dublin III-VO darüber hinaus auf die Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - Anwendung. Im vorliegenden Fall käme eine Zuständigkeit Italiens anstelle Deutschlands in Betracht, weil der Kläger dort bereits im April 2009 einen Asylantrag gestellt hat und ihm dort die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (vgl. Art. 13 Dublin II-VO und Dublin III-VO). Eine Überstellung des Klägers nach Italien zur Prüfung des danach in Deutschland gestellten weiteren Antrags wäre nur im Wege der Wiederaufnahme (Art. 20 Dublin II-VO, Art. 23 ff. Dublin III-VO) möglich. Für Gesuche auf Wiederaufnahme - sofern sie nicht bereits vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden - ist jedenfalls für das zu beachtende Verfahren die Dublin III-VO maßgeblich. Danach sind derartige Gesuche nunmehr gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO innerhalb einer Frist von zwei bzw. drei Monaten zu stellen (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 31). Diese Frist ist im vorliegenden Fall verstrichen, ohne dass das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet hat. Damit ist Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO für die Prüfung des hier gestellten (neuen) Asylantrags zuständig, wenn man von der Anwendbarkeit der Dublin-Regelungen auf den vorliegenden Asylantrag ausgeht.

28

2. Der Kläger kann mit dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) nicht durchdringen. Dieser Anspruch wird zwar nicht schon von der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) erfasst (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487). Seine Geltendmachung ist jedoch nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist.

29

Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).

30

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16). Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).

31

Für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nach der vor dem 1. Dezember 2013 geltenden Rechtslage in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm diese Aufhebung keinerlei Vorteile bringen kann, nachdem sein Begehren auf Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach dem nunmehr geltenden Recht unzulässig ist.

32

3. Auch der vom Kläger weiter hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz hinsichtlich Somalias ist unzulässig. Denn ihm steht kraft Gesetzes nationaler Abschiebungsschutz in Bezug auf Somalia bereits aufgrund seiner ausländischen Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu (siehe oben Rn. 29). Für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach weiteren Rechtsgrundlagen fehlt dem Kläger hier das Rechtsschutzbedürfnis.

33

Dem Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis auch für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum nationalen Abschiebungsschutz in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids, da er aufgrund der in Italien ausgesprochenen Anerkennung als Flüchtling bereits - wie oben ausgeführt - den begehrten Abschiebungsschutz in Deutschland genießt.

34

4. Der Streit über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des angefochtenen Bescheids hat sich durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärungen nicht erledigt. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (UA Rn. 29) verletzt Bundesrecht.

35

Zwar hat der Kläger die Ersetzung der Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat durch eine solche nach Italien, wie sie von dem Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung vom 14. Januar 2013 erfolgt ist, nicht im Wege der Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO in das vorliegende Verfahren einbezogen. Das unterliegt im Verwaltungsprozess aufgrund der Dispositionsmaxime - anders als nach § 68 FGO und § 86 SGG - allein seiner Entscheidung. Eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG scheitert daran, dass es sich beim Austausch des Zielstaats um eine weitgehende inhaltliche Änderung der Abschiebungsandrohung handelt. Das gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Anfechtungsbegehren des Klägers hat sich aber durch die fehlende Einbeziehung der neuen Zielstaatsbestimmung in das Verfahren nicht erledigt. Denn der Klägerbevollmächtigte hat den Rechtsstreit in der Hauptsache nur insoweit für erledigt erklärt, als die Beklagte den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben hat. Bei der Abschiebungsandrohung hat die Beklagte aber nur die Zielstaatsbezeichnung "in seinen Herkunftsstaat" aufgehoben, nicht die Abschiebungsandrohung als solche. Die Abschiebungsandrohung besitzt auch ohne Zielstaatsbestimmung Verwaltungsaktcharakter (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 a.a.O. Rn. 25). Die Erledigungserklärung geht insoweit ins Leere, denn die nicht konkretisierte Zielstaatsbestimmung "in seinen Herkunftsstaat" stellte - ebenso wie ihre Aufhebung - mangels Regelungswirkung keinen anfechtungsfähigen Verwaltungsakt dar.

36

Die streitgegenständliche Abschiebungsandrohung erfüllt in ihrer durch Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 erlangten Fassung die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 2 AsylVfG. Allerdings war sie in ihrer ursprünglichen Fassung insoweit rechtswidrig, als sie entgegen § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG nicht Somalia als den Staat bezeichnet hat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Hierzu war die Beklagte aufgrund der Bindungswirkung der italienischen Flüchtlingsanerkennung, die aufgrund der somalischen Staatsangehörigkeit des Klägers erfolgte, verpflichtet. Diesen rechtlichen Mangel hat die Beklagte durch nachträgliche Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf, in Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 ausgeräumt. In der Bestimmung des Staates, in den nicht abgeschoben werden darf, liegt nach dem Gedanken der § 59 Abs. 3, § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG eine verselbständigungsfähige Teilregelung. Die Parteien haben der veränderten Sachlage durch übereinstimmende Erledigungserklärungen Rechnung getragen. Damit ist der Rechtsstreit in Bezug auf diese Teilregelung der Abschiebungsandrohung in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 141 und § 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Die vorangegangenen Entscheidungen hierzu werden entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos erklärt. Im Übrigen war die Klage gegen die Abschiebungsandrohung abzuweisen.

37

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich, soweit streitig entschieden wurde, aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des Unterliegens des Klägers bei der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG sowie bei dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und nationalen Abschiebungsschutz erschien dem Senat - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu tragenden Kosten des eingestellten Verfahrensteils - eine Kostenverteilung sachgerecht, wonach der Kläger zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung (§ 78 AsylVfG) sind nicht gegeben. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, weil sie inzwischen durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt worden sind. Demnach ist das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig, wenn dem Ausländer, wie hier der Klägerin in Malta, bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG zuerkannt worden ist. Das Bundesamt ist bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt (BVerwG, U. v. 17.06.2014 - 10 C 7.13 - NVwZ 2014, 1460).

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Dezember 2014 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Beschluss ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin ist die im Bundesgebiet geborene Tochter der Kläger zu 1 und 2 im Verfahren 11 B 15.10111. Diese sind ukrainische Staatsangehörige und reisten am 24. Februar 2013 mit dem im Jahr 2002 geborenen gemeinsamen Sohn von der Tschechischen Republik in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten am 25. Februar 2013 Asylanträge und gaben bei ihrer Anhörung an, in der Tschechischen Republik ein Asylverfahren mit negativem Ausgang betrieben zu haben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte die Anträge der Eltern der Klägerin mit Bescheid vom 27. Januar 2014 ab. Die dagegen erhobene Klage war vor dem Verwaltungsgericht Würzburg erfolgreich. Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts mit Beschluss vom heutigen Tag aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 27. Januar 2014 abgewiesen (Az. 11 B 15.10111).

Mit Schreiben vom 12. August 2014 zeigte die Regierung von Mittelfranken die Geburt der Klägerin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Asylantragstellung nach § 14a AsylVfG an. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung in die Tschechische Republik an. Die Zustimmung der tschechischen Behörde gelte nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO auch für das nachgeborene Kind.

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2014 (Az. W 7 S 14.50154) ordnete das Verwaltungsgericht Würzburg die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2014 erhobenen Klage an.

Mit Urteil vom 15. Dezember 2014 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 16. Oktober 2014 auf. Das Gericht habe im Verfahren der Eltern der Klägerin den Bescheid des Bundesamts aufgehoben. Nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO sei bei nach Ankunft der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats geborenen Kindern deren Situation untrennbar mit der Situation der Familienangehörigen verbunden.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2015 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung nach § 130a VwGO angehört und die Erkenntnisquellen zur Situation in der Tschechischen Republik gemäß der Liste vom 16. Juli 2015 in das Verfahren eingeführt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, auch im Verfahren 11 B 15.50111, und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Über die Berufung konnte das Gericht durch Beschluss nach § 130a VwGO entscheiden, da die Beteiligten dazu angehört wurden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Nach der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) ist der Bescheid des Bundesamts vom 16. Oktober 2014 rechtmäßig und die Klage deshalb unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. Dezember 2014 abzuweisen.

Zutreffend hat die Beklagte in Nr. 1 des Bescheids festgestellt, dass der gestellte Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig sind. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich z. B. aus der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl L 180 S. 31, Dublin III-VO), ergeben.

Hier ist das Verfahren der Klägerin nach Art. 20 Abs. 3 Satz 2 Dublin III-VO untrennbar mit dem Verfahren ihrer Eltern verbunden. Zutreffend hat die Beklagte daher den Asylantrag der Klägerin als unzulässig abgelehnt, da die Tschechische Republik für die Bearbeitung zuständig ist.

Es liegen auch keine systemischen Mängel im Asylsystem der Tschechischen Republik vor. Es wird hierzu auf die Entscheidung im Verfahren 11 B 15.10111 vom heutigen Tag verwiesen.

Auch die Überstellungsfrist ist hinsichtlich der Klägerin nicht abgelaufen, denn das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2014 (Az. W 7 S 14.50154) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.

Auch die Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids ist nach § 34a AsylVfG rechtmäßig, denn die Klägerin soll in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat abgeschoben werden und der Abschiebung stehen keine Hindernisse entgegen.

Die Kosten beider Instanzen sind nach § 154 Abs. 1 VwGO von der Klägerin zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C.         aus E.        wird abgelehnt.


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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist nach seinen Angaben 1984 geboren und ein kurdischer Volkszugehöriger aus Syrien, der bis zu seiner Ausreise in Kamischli gelebt hat und staatenlos ist.
Er stellte am 20.11.2013 bei der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Karlsruhe einen Asylantrag und gab an, er sei am 08.11.2013 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.
Bei seiner Anhörung beim Bundesamt erklärte der Kläger, er sei über die Türkei zunächst nach Bulgarien eingereist. Dort sei er gleich festgenommen und zweieinhalb Monate in drei verschiedenen Asylcamps untergebracht gewesen. Die Bedingungen seien schlecht gewesen, teilweise habe er nur dreißig Minuten am Tag in den Hof gedurft, habe lediglich ein halbes trockenes Brot und kalte Suppe zu essen bekommen. Das dritte Camp sei ein offenes Camp gewesen; dort habe er die Einrichtung verlassen können. Er sei dann nach Ungarn weitergereist, wo er für drei Tage inhaftiert worden sei. Er sei schließlich mit Hilfe eines Schleusers mit dem LKW nach Stuttgart befördert worden.
Am 20.12.2013 stellte das Bundesamt ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II gestütztes Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Der Kläger habe ausweislich eines Abgleichs der Fingerabdrücke in der EURODAC-Datenbank am 15.04.2013 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt, so dass Bulgarien für das Asylgesuch des Klägers zuständig sei. Die bulgarischen Behörden stimmten der Rücküberstellung am 04.02.2014 im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II zu und teilten mit, dass der Kläger dort als irakischer Staatsangehöriger mit dem Namen ... registriert sei.
Mit Bescheid vom 07.02.2014 erklärte das Bundesamt den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an. Das Bundesamt begründete seine Entscheidung damit, dass Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (VO Dublin II) vorgelegen hätten. Auf das Übernahmeersuchen vom 20.12.2013 hätten die bulgarischen Behörden mit Schreiben vom 04.02.2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II erklärt. Der Asylantrag des Klägers sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Bulgarien aufgrund des dort bereits durchgeführten Asylverfahrens für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II auszuüben, seien nicht ersichtlich. Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren lägen nicht vor. Die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Am 17.02.2014 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und suchte zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nach.
Mit Beschluss vom 04.03.2014 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.02.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an (A 7 K 881/14).
Der Kläger trug - u.a. unter Bezugnahme auf den Bericht des UNHCR vom 02.01.2014 - vor, in Bulgarien würden die europarechtlichen Mindeststandards für die Durchführung eines Asylverfahrens nicht eingehalten und Asylbewerber seien einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt. Auch wenn der UNHCR in jüngeren Stellungnahmen langsame Verbesserungen im bulgarischen Asylverfahren attestiere und nicht mehr pauschal die Aussetzung von Abschiebungen nach Bulgarien fordere, könne daraus nicht gefolgert werden, beim Kläger bestünde nicht mehr die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung. Eine solche habe er in Bulgarien erlebt. Es liege auf der Hand, dass die im Positionspapier des UNHCR vom 02.01.2014 geschilderten gravierenden Mängel nicht innerhalb weniger Wochen behoben werden könnten. Die Beklagte sei verpflichtet, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben und über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden.
Soweit die Klage ursprünglich auch darauf gerichtet war, die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen, hilfsweise subsidiären Schutz oder Abschiebungsverbote festzustellen, wurde sie zurückgenommen.
10 
Die Beklagte trat der Klage unter Berufung auf den angegriffenen Bescheid entgegen und verwies ergänzend u.a. auf den Bericht des UNHCR vom 15.04.2014. Hiernach leide das Asyl- und Aufnahmesystem in Bulgarien nicht an systemischen Mängeln, die einer Rücküberstellung des Klägers entgegenstünden.
11 
Durch Urteil vom 30.06.2014 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren zum Teil ein und hob den Bescheid der Beklagten vom 07.02.2014 auf.
12 
Zur Begründung führte es u.a. aus: Bulgarien sei für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II zur Wiederaufnahme verpflichtet. Ein Asylbewerber dürfe aber dann nicht an den zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat aufgrund systemischer Mängel, d.h. regelhaft so defizitär seien, dass zu erwarten sei, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh drohe. Das Gericht gehe im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) davon aus, dass das Aufnahme- und Asylsystem in Bulgarien weiterhin an systemischen Mängeln leide.
13 
Das Urteil wurde der Beklagten am 03.07.2014 zugestellt. Am 01.08.2014 hat die Beklagte die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 05.09.2014 (A 11 S 1532/14) hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hatte.
14 
Am 18.09.2014 hat die Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags, wie folgt, begründet: Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Bulgarien lägen nicht vor, was auch von vielen Verwaltungsgerichten so gesehen werde. Auch das Bundesverwaltungsgericht der Schweiz teile die Auffassung, dass bei der Rückkehr von Antragstellern nach Bulgarien nicht davon auszugehen sei, dass dort eine unmenschliche Behandlung drohe. Zwar habe sich der UNHCR in seinem Bericht vom 02.01.2014 vor dem Hintergrund erheblich gestiegener Flüchtlingszahlen dafür ausgesprochen gehabt, zunächst von Überstellungen nach Bulgarien abzusehen. Dies rechtfertige jedoch nicht die Annahme systemischer Mängel im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des EGMR. Bulgarien unternehme gegenwärtig mit Hilfe des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und in Kooperation mit dem UNHCR und diversen Nichtregierungsorganisationen große Anstrengungen, um trotz des gestiegenen Flüchtlingszustroms die Anforderungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu gewährleisten. Laut dem EASO-Bericht über die Bestandsaufnahme der Maßnahmen im Asylbereich in Bulgarien vom 25.02.2014 seien im Rahmen des bis September 2014 andauernden EASO-Unterstützungsprogramms unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung des Aufnahmesystems, der Herkunftsländerinformationen, der Ausbildung neuer Kräfte, der Versorgung schutzbedürftiger Personen und der Registrierung von Schutzsuchenden ergriffen worden. Diese Maßnahmen hätten bereits deutliche Verbesserungen im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen bewirkt. Aus diesem Grund gehe auch der UNHCR in seinem aktuellsten Bericht vom 15.04.2014 davon aus, dass Überstellungen nach Bulgarien nicht mehr grundsätzlich ausgesetzt werden müssten. Die rechtlichen Regelungen des Asyl- und Flüchtlingsrechts der Europäischen Union habe Bulgarien in den wesentlichen Grundzügen umgesetzt und sei bestrebt, die tatsächlichen Bedingungen an den Flüchtlingsstrom mit Hilfe der Europäischen Union anzupassen und zeitnah weiter zu verbessern. Seriöse Änderungen der zuvor beschriebenen Verhältnisse im Zugang und der Effektivität des Asylverfahrens ließen sich beobachten. Dabei werde die Situation im bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystem und die Umsetzung der Maßnahmen des bis September 2014 andauernden EASO-Einsatzplanes fortlaufend beobachtet und bewertet. Von der bulgarischen Regierung werde eine „Nationale Strategie für Migration, Asyl und Integration 2011 bis 2020" auch mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union umgesetzt. Die bulgarische Regierung arbeite dabei aktiv mit internationalen Organisationen sowie mit Nichtregierungsorganisationen zusammen, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern. Nach dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 habe die Aufnahmekapazität der sieben Aufnahmezentren Ende März 2014 4150 Plätze mit einer Belegungsrate von 82 % betragen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gehe die bulgarische Flüchtlingsbehörde (SAR) davon aus, dass weitere Aufnahmekapazitäten geschaffen würden. Seit Dezember 2013 habe die SAR 160 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, von welchen die Mehrheit in der Verwaltung der Aufnahmeeinrichtungen, unter anderem in der Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt, sowie im Asylverfahren und in der Registrierung der Anträge geschult worden seien. Unter den neu eingestellten Mitarbeitern befänden sich auch Sozialarbeiter. Asylbewerber hätten Zugang zu medizinischer Grundversorgung und Dolmetschern. Die Räumlichkeiten seien beheizt, es stünden getrennte Einrichtungen für alleinstehende Frauen und Männer zur Verfügung. Auch könnten Schutzsuchende auf schriftliche Informationen bezüglich ihrer Rechte und Pflichten sowie bezüglich der Unterstützung durch Hilfsorganisationen zugreifen. Täglich würden zwei warme Mahlzeiten bereitgestellt. Eine monatliche Grundsicherung für Schutzsuchende von 33 Euro werde ausgezahlt. Ab April 2014 würden auch in Harmanli, Vrazdebhna und Voenna Rampa Gemeinschaftsküchen entstehen. Es fänden Renovierungsarbeiten in Vrazdebhna und Voenna Rampa statt, um die Unterbringung und die Sanitäranlagen zu verbessern. In seinem Bericht über die Bestandsaufnahme der Maßnahmen im Asylbereich in Bulgarien vom 25.02.2014 betone EASO, dass seit Oktober 2013 erhebliche Fortschritte gemacht worden seien. Die sofortige Ausstellung der grünen Registrierungskarten und die umfassende Bewegungsfreiheit innerhalb der offenen Zentren seien sichergestellt. EASO berichte des Weiteren, dass die Aufnahmeeinrichtungen größtenteils in annehmbarem Zustand seien und motivierte und engagierte Mitarbeiter hätten. Alle Einrichtungen böten medizinische Versorgung. Sie ermöglichten den Zugang zur Rechtsberatung durch ehrenamtliche Mitarbeiter des Bulgarischen Helsinki-Komitees. Auch wenn es punktuell Engpässe bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Bulgarien geben möge, lasse sich nach alledem kein Systemversagen feststellen, das die Annahme rechtfertigen würde, dass Flüchtlingen in Bulgarien Menschenrechtsverletzungen drohten. Laut dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 finde die Registrierung der Schutzsuchenden innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft in den Aufnahmeeinrichtungen in Sofia, Banya, Harmanli und Pastrogor statt. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung lägen bei der Registrierung von Schutzsuchenden nach Auskunft der staatlichen Flüchtlingsagentur keine Arbeitsrückstände vor. Auch im EASO-Bericht heiße es, dass die Registrierungskarten grundsätzlich einen Tag nach Ankunft des Schutzsuchenden in den Aufnahmezentren ausgestellt und die Anhörungstermine gleich bei der Registrierung festgelegt würden. Gegenseitige Unterstützung und regelmäßiger Informationsaustausch aller Akteure (Innenministerium, Oberste Leitung der Grenzpolizei, Migrationsdirektorat, Gesundheitsministerium, Bulgarisches Helsinki-Komitee und UNHCR) fänden statt. Rechtsberatung, Informationen durch Infoblätter bzw. gegebenenfalls auf andere Weise stünden normalerweise ab der ersten Antragstellung (z.B. an der Grenze) bis zum Abschluss des Registrierungsvorgangs zur Verfügung. Personen, deren Verfahren negativ beschieden oder eingestellt worden sei, hätten, sofern sie dies wünschten, Zugang zu einem neuen Verfahren, in dem die SAR eventuelle neue Erkenntnisse in einer Anhörung prüfe.
15 
Nach dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 werde bei Schutzsuchenden mit noch nicht abgeschlossenem Verfahren in Bulgarien der Antrag bei Rückkehr nach Bulgarien in dem Verfahrensschritt weiter geprüft, in welchem er sich zuletzt befunden habe, sofern der Antragsteller dies wünsche. Sei das Verfahren unterbrochen und spreche der Antragsteller nicht innerhalb von drei Monaten bei der staatlichen Flüchtlingsagentur vor, so werde das Verfahren in seiner Abwesenheit beendet. Falls noch keine Anhörung stattgefunden habe, werde diese bei Rückkehr nachgeholt, da nach bulgarischem Recht grundsätzlich keine Entscheidung ohne Anhörung erfolgen könne. Das bulgarische Recht erlaube eine Inhaftierung von Personen aufgrund illegaler Einreise, unerlaubtem Aufenthalt oder wegen fehlender gültiger Ausweisdokumente. Unbegleitete Minderjährige würden nicht inhaftiert. In diesen geschlossenen Einrichtungen stünden regelmäßige Mahlzeiten, medizinische Versorgung und Freizeiteinrichtungen einschließlich TV sowie Freiluftaktivitäten zur Verfügung. Der UNHCR stelle mithilfe des Bulgarischen Helsinki Commitees in den Hafteinrichtungen einen regelmäßigen rechtlichen Beratungsdienst unter Beisein eines Dolmetschers zur Verfügung.
16 
Die grundsätzliche Verfügbarkeit medizinischer Versorgung sei zu bejahen. Nach dem Bericht „AIDA, Asylum Information Database National Country Report Bulgaria", werde jeder Antragsteller in Bulgarien von der zuständigen Stelle (staatliche Flüchtlingsagentur) krankenversichert und erhalte eine kostenlose medizinische Behandlung in gleichem Umfang wie ein bulgarischer Staatsbürger. UNHCR habe unter dem 15.04.2014 berichtet, dass in den Zentren Sofia, Banya und Pastrogor Ärzte und Krankenschwestern der staatlichen Flüchtlingsagentur arbeiteten. In Harmanli, Voenna Rampa und Vrazdebhna seien zudem „Ärzte ohne Grenzen“ tätig. Ab Mai 2014 solle diese Aufgabe jedoch von dem durch die staatliche Flüchtlingsagentur neu eingestellten medizinischen Personal übernommen werden. Der ärztliche Dienst werde in Kovachevtsi durch einen Arzt des dortigen Krankenhauses sichergestellt.
17 
Der Bericht „The AIDA Asylum Information Database National Country Report Bulgaria“ lasse keine Zweifel daran, dass die Schutzersuchen von den bulgarischen Behörden ordnungsgemäß geprüft und die Antragsteller dort nicht verfahrenswidrig in ihr Herkunftsland abgeschoben würden.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - zu ändern, soweit darin der Klage stattgegeben wurde, und die Klage abzuweisen.
20 
Der Kläger beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Es sei zwar richtig, dass UNHCR in seiner letzten Stellungnahme gewisse Verbesserungen festgestellt habe und nicht mehr pauschal die Aussetzung von Abschiebungen nach Bulgarien fordere. Dieses lasse aber nicht den Schluss zu, dass in Bulgarien keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung drohe. Auch nach der Stellungnahme von UNHCR seien zahlreiche gerichtliche Entscheidungen ergangen, die weiter von systemischen Mängeln ausgingen und weiterhin erhebliche Schwachstellen im bulgarischen Asylverfahren festgestellt hätten, insbesondere seien die Veränderungen nicht nachhaltig genug. Nach den vorliegenden Erkenntnissen bestehe berechtigter Anlass zur Sorge, dass gerade Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen in Bulgarien nicht die erforderliche medizinische Betreuung und therapeutische Unterstützung erhielten. Dieses betreffe aber gerade den traumatisierten Kläger.
23 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
24 
Dem Senat lagen die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens wie auch des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes des Verwaltungsgerichts vor. Diese sowie die den Beteiligten und von diesen selbst benannten Erkenntnismittel waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht - zulässigerweise unter Bezugnahme auf den Zulassungsantrag - begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
26 
Die zu Recht auf § 31 Abs. 6 und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jeweils i.V.m. § 27a AsylVfG) gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
27 
1. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat und verpflichtet ist, den Kläger wieder aufzunehmen.
28 
Die Zuständigkeit Bulgariens folgt hier schon aufgrund der eigenen Angaben des Klägers aus Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), die hier gem. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (VO Dublin III) noch anzuwenden ist. Im Übrigen folgt die Zuständigkeit auch aus der zunächst fingierten und später von Bulgarien ausdrücklich erteilten Zustimmung (vgl. auch Art. 20 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II). Dass mittlerweile das Asylverfahren möglicherweise abgeschlossen wurde, ist im Übrigen unbeachtlich (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II; vgl. zur Situation abgelehnter Antragsteller unten Ziffer 2 b). Für das Überstellungsverfahren ist nach der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III ebenfalls das alte Recht anzuwenden, da das Übernahmeersuchen bereits am 20.12.2013 an Bulgarien gerichtet worden war, weshalb auch gem. Art. 20 VO Dublin II keine Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeersuchens einzuhalten war (vgl. demgegenüber Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III).
29 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Prüfung, ob ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist oder gar auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II durch die Bundesrepublik Deutschland.
30 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GRCh und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - a.a.O.).
31 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II bzw. der VO Dublin III und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff. und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, Rn. 30).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - InfAuslR 2014, 352, mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Betroffenen könnten gegenüber einer Überstellungsentscheidung mit Blick auf das Asyl- und Aufnahmesystem nur systemische Schwachstellen und nicht auch vorhersehbare schwere Rechtsverletzungen im Einzelfall einwenden). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - 30696/09 - NVwZ 2011, 413), das der Europäische Gerichtshof ausdrücklich in seinem Urteil vom 21.12.2011 zustimmend erwähnt und in seine Überlegungen einbezieht, hat der Gerichtshof für Menschenrechte eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
35 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle der illegalen Einreise wie auch eine Unterschreitung der verfahrensrechtlichen Schutzstandards des Art. 13 EMRK reichen für sich genommen noch nicht aus, um einen relevanten Menschenrechtsverstoß anzunehmen, der zur Suspendierung des Dublin-Systems führen muss. Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat aufgrund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180, 96 - ARL n.F.), welche die zuvor geltende Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31, 18 - ARL a.F.) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden für die Mitgliedstaaten festgelegt. Sie geben für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, was deren Asylsystem zu leisten im Stande sein muss. Diese unionsrechtlichen normativen Vorgaben überlagern darüber hinaus gewissermaßen die allgemeinen - eher niedrigen - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK und konkretisieren nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte diese näher mit der Folge, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen sind, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfen. Dabei muss jedoch zur Klarstellung darauf hingewiesen werden, dass nicht etwa die Nichterfüllung eines einzelnen Standards der Aufnahmerichtlinie ohne weiteres eine systemische Schwachstelle ausmachen muss, noch viel weniger, dass damit auch eine relevante Schlechtbehandlung verbunden ist.
36 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
37 
Bei diesem (weiten) Verständnis der systemischen Schwachstellen und bei dieser Ausgangslage bleibt jedenfalls praktisch kein Raum für die Prüfung sonstiger „zielstaatsbezogener“ Gründe. Denn dann kann etwa die mangelnde Behandelbarkeit einer bestimmten Krankheit, soweit dieses systembedingt ist, jeweils eingewandt werden, wenn die Folgen für die Betreffenden den relevanten Grad einer Schlechtbehandlung erreichen würden. Es ist allerdings auch denkbar, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer Schlechtbehandlung im konkreten Einzelfall dadurch vorgebeugt werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. in diesem Zusammenhang ausdrücklich in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
38 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Schwachstellen des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren (anders möglicherweise BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - a.a.O. und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - a.a.O., ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankäme).
39 
Hinzu kommen muss aber immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können.
40 
Eine nicht systembedingte Schlechtbehandlung im Zielstaat wird man bei einem Mitglied- oder Vertragsstaat zwar nicht von Rechts wegen (so etwa auch UK Supreme Court vom 19.02.2014 [2014] UKSC 12; unklar BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, jeweils a.a.O.), jedoch praktisch ausschließen können (vgl. zu den hohen Anforderungen an die Feststellung der Voraussetzungen des Art. 3 EMRK bei einer Erkrankung, die im Zielstaat nicht adäquat behandelt werden kann, bzw. in Bezug auf die allgemeinen Verhältnisse im Zielstaat VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2013 - A 11 S 688/13 - juris, m.w.N.; anders jedoch, wenn die Verhältnisse Folge etwa eines innerstaatlichen Konflikts sind EGMR, Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07 u.a., Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681).
41 
Außerhalb des Systems liegen auch alle Gründe, die nicht in den Verhältnissen des aufnehmenden Mitgliedstaats zu verorten sind, namentlich die Fallgestaltungen von Transport- und Reiseunfähigkeit (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 - juris und vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - InfAuslR 2008, 213). Diese unmittelbar der Person der internationalen Schutz Suchenden zuzuordnenden Gründe, sind grundsätzlich nicht geeignet, das europäische Asylsystem infrage zu stellen, weshalb hier auch kein Anlass besteht, einen besonderen Maßstab zu entwickeln. Da insoweit Unionsrecht vollzogen wird (vgl. hierzu und zu Art. 51 Abs. 1 GRCh EuGH, Urteil vom 26.02.2013 - C-617/10, Fransson - NVwZ 2013, 561), ist die Überstellung bzw. die Überstellungsentscheidung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GRCh (Recht auf Leben) und des Art. 3 Abs. 1 GRCh (Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit) zu überprüfen. Nach dem nationalen Recht ist deren Beachtung Rechtsvoraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG (vgl. Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1535/11 - InfAuslR 2011, 310; BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris; GK-AsylVfG § 34a Rn. 21 f. m.w.N.).
42 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Bulgarien nunmehr an systemischen Schwachstellen leidet, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
43 
Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
44 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
45 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
46 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
47 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
48 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
49 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
50 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
51 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
52 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
53 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
54 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 03.11.2014, die trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats nicht weiter substantiiert wurde, ist bei weitem nicht ausreichend aussagekräftig. Sie ist weit davon entfernt den Mindestvoraussetzungen für die Darlegung (und Glaubhaftmachung) einer psychischen behandlungsbedürftigen Erkrankung (insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung), geschweige denn eines hierauf gerichteten Beweisantritts zu genügen (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - NVwZ 2008, 330; Senatsbeschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - InfAuslR 2004, 423; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.02.2012 - 2 M 29/12 - AuAS 2012, 136). Der Senat bemerkt hierzu, dass der Kläger bei seiner im Verwaltungsverfahren erfolgten Anhörung von einer Inhaftierung von zweieinhalb Monaten gesprochen hatte, während er dem behandelnden Therapeuten gegenüber eine drei bis vier Monate dauernde Inhaftierung erwähnt hatte. Im Übrigen gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats an, dass er sich wegen Schlafstörungen in Behandlung begeben habe; er müsse immer an Bulgarien und Syrien denken. Die mündliche Verhandlung ergab weiter, dass dem Kläger ein Antidepressivum verschrieben wurde, das er nach wie vor einnimmt. Die vom Arzt verschriebene Medikation beläuft sich jedoch auf nur eine halbe Tablette, während nach dem vom Senat eingesehenen Beipackzettel die durchschnittliche Medikation bei 1 Tablette bis zu maximal 3 Tabletten täglich liegt. Hinzu kommt, dass nur halbstündliche Sitzungen stattfinden, wobei zudem ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Schließlich konnte der Kläger nicht einmal angeben, in welchem Abstand die Sitzungen stattfinden, insbesondere auch ob dies regelmäßig der Fall ist. Vor diesem Hintergrund kann es sich nach Überzeugung des Senats nicht um ein stark ausgeprägtes Krankheitsbild handeln, das zwingend eine durchgängige ärztliche Behandlung erforderlich macht. Die Ausführungen in der genannten Bescheinigung sind nicht nachvollziehbar. Offenbar ist der Behandler sich auch nicht einmal selbst sicher, dass eine längerfristige Behandlung zwingend erforderlich ist, wenn er nur davon schreibt, dass eine solche indiziert zu sein „scheint“. Wenn schließlich die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf Befragung äußerte, dass der Behandler auf ihre Nachfrage erklärt habe, keine weitere und v.a. keine ausführlichere Stellungnahme mehr abgeben zu wollen, so sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung und geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
55 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
56 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
57 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
58 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
59 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
60 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
61 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
62 
3. Sonstige Mängel des angegriffenen Bescheids sind nicht gegeben. Allerdings hat die Beklagte die Ziffer 1 in der Weise formuliert, dass (nur) eine Feststellung getroffen wurde mit der Folge, dass auf den ersten Blick möglicherweise formal betrachtet nicht den Anforderungen des § 31 Abs. 6 AsylVfG genügt wird und deshalb die Gestattungswirkung des § 55 Abs. 1 AsylVfG nicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG zum Erlöschen gebracht werden konnte, weshalb dann in Ermangelung einer bestehenden Ausreisepflicht die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht erfüllt wären. Die angegriffene Verfügung ist jedoch auch im Hinblick auf den maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB entspr.) in der Weise auszulegen, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde und auch werden sollte (a.A. VG Frankfurt, Urteil vom 21.07.2014 - 7 K 352/14.F.A - juris). Denn es ist auch aus der Sicht des Klägers offensichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Verfügung die Grundlage für den Erlass der Überstellungsentscheidung legen wollte, was aber, wie gezeigt, zwingend voraussetzt, dass die Ausreisepflicht begründet werden muss. Es wäre sinnwidrig, der Beklagten zu unterstellen, dass sie etwas verfügen wollte und in letzter Konsequenz verfügt hat, was ersichtlich insoweit ungeeignet ist (vgl. noch zu der Frage, ob trotz Erlass einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise ermöglicht werden muss, Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris).
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
25 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht - zulässigerweise unter Bezugnahme auf den Zulassungsantrag - begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
26 
Die zu Recht auf § 31 Abs. 6 und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jeweils i.V.m. § 27a AsylVfG) gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
27 
1. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat und verpflichtet ist, den Kläger wieder aufzunehmen.
28 
Die Zuständigkeit Bulgariens folgt hier schon aufgrund der eigenen Angaben des Klägers aus Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), die hier gem. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (VO Dublin III) noch anzuwenden ist. Im Übrigen folgt die Zuständigkeit auch aus der zunächst fingierten und später von Bulgarien ausdrücklich erteilten Zustimmung (vgl. auch Art. 20 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II). Dass mittlerweile das Asylverfahren möglicherweise abgeschlossen wurde, ist im Übrigen unbeachtlich (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II; vgl. zur Situation abgelehnter Antragsteller unten Ziffer 2 b). Für das Überstellungsverfahren ist nach der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III ebenfalls das alte Recht anzuwenden, da das Übernahmeersuchen bereits am 20.12.2013 an Bulgarien gerichtet worden war, weshalb auch gem. Art. 20 VO Dublin II keine Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeersuchens einzuhalten war (vgl. demgegenüber Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III).
29 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Prüfung, ob ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist oder gar auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II durch die Bundesrepublik Deutschland.
30 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GRCh und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - a.a.O.).
31 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II bzw. der VO Dublin III und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff. und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, Rn. 30).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - InfAuslR 2014, 352, mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Betroffenen könnten gegenüber einer Überstellungsentscheidung mit Blick auf das Asyl- und Aufnahmesystem nur systemische Schwachstellen und nicht auch vorhersehbare schwere Rechtsverletzungen im Einzelfall einwenden). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - 30696/09 - NVwZ 2011, 413), das der Europäische Gerichtshof ausdrücklich in seinem Urteil vom 21.12.2011 zustimmend erwähnt und in seine Überlegungen einbezieht, hat der Gerichtshof für Menschenrechte eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
35 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle der illegalen Einreise wie auch eine Unterschreitung der verfahrensrechtlichen Schutzstandards des Art. 13 EMRK reichen für sich genommen noch nicht aus, um einen relevanten Menschenrechtsverstoß anzunehmen, der zur Suspendierung des Dublin-Systems führen muss. Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat aufgrund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180, 96 - ARL n.F.), welche die zuvor geltende Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31, 18 - ARL a.F.) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden für die Mitgliedstaaten festgelegt. Sie geben für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, was deren Asylsystem zu leisten im Stande sein muss. Diese unionsrechtlichen normativen Vorgaben überlagern darüber hinaus gewissermaßen die allgemeinen - eher niedrigen - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK und konkretisieren nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte diese näher mit der Folge, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen sind, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfen. Dabei muss jedoch zur Klarstellung darauf hingewiesen werden, dass nicht etwa die Nichterfüllung eines einzelnen Standards der Aufnahmerichtlinie ohne weiteres eine systemische Schwachstelle ausmachen muss, noch viel weniger, dass damit auch eine relevante Schlechtbehandlung verbunden ist.
36 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
37 
Bei diesem (weiten) Verständnis der systemischen Schwachstellen und bei dieser Ausgangslage bleibt jedenfalls praktisch kein Raum für die Prüfung sonstiger „zielstaatsbezogener“ Gründe. Denn dann kann etwa die mangelnde Behandelbarkeit einer bestimmten Krankheit, soweit dieses systembedingt ist, jeweils eingewandt werden, wenn die Folgen für die Betreffenden den relevanten Grad einer Schlechtbehandlung erreichen würden. Es ist allerdings auch denkbar, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer Schlechtbehandlung im konkreten Einzelfall dadurch vorgebeugt werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. in diesem Zusammenhang ausdrücklich in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
38 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Schwachstellen des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren (anders möglicherweise BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - a.a.O. und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - a.a.O., ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankäme).
39 
Hinzu kommen muss aber immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können.
40 
Eine nicht systembedingte Schlechtbehandlung im Zielstaat wird man bei einem Mitglied- oder Vertragsstaat zwar nicht von Rechts wegen (so etwa auch UK Supreme Court vom 19.02.2014 [2014] UKSC 12; unklar BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, jeweils a.a.O.), jedoch praktisch ausschließen können (vgl. zu den hohen Anforderungen an die Feststellung der Voraussetzungen des Art. 3 EMRK bei einer Erkrankung, die im Zielstaat nicht adäquat behandelt werden kann, bzw. in Bezug auf die allgemeinen Verhältnisse im Zielstaat VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2013 - A 11 S 688/13 - juris, m.w.N.; anders jedoch, wenn die Verhältnisse Folge etwa eines innerstaatlichen Konflikts sind EGMR, Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07 u.a., Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681).
41 
Außerhalb des Systems liegen auch alle Gründe, die nicht in den Verhältnissen des aufnehmenden Mitgliedstaats zu verorten sind, namentlich die Fallgestaltungen von Transport- und Reiseunfähigkeit (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 - juris und vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - InfAuslR 2008, 213). Diese unmittelbar der Person der internationalen Schutz Suchenden zuzuordnenden Gründe, sind grundsätzlich nicht geeignet, das europäische Asylsystem infrage zu stellen, weshalb hier auch kein Anlass besteht, einen besonderen Maßstab zu entwickeln. Da insoweit Unionsrecht vollzogen wird (vgl. hierzu und zu Art. 51 Abs. 1 GRCh EuGH, Urteil vom 26.02.2013 - C-617/10, Fransson - NVwZ 2013, 561), ist die Überstellung bzw. die Überstellungsentscheidung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GRCh (Recht auf Leben) und des Art. 3 Abs. 1 GRCh (Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit) zu überprüfen. Nach dem nationalen Recht ist deren Beachtung Rechtsvoraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG (vgl. Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1535/11 - InfAuslR 2011, 310; BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris; GK-AsylVfG § 34a Rn. 21 f. m.w.N.).
42 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Bulgarien nunmehr an systemischen Schwachstellen leidet, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
43 
Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
44 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
45 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
46 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
47 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
48 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
49 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
50 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
51 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
52 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
53 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
54 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 03.11.2014, die trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats nicht weiter substantiiert wurde, ist bei weitem nicht ausreichend aussagekräftig. Sie ist weit davon entfernt den Mindestvoraussetzungen für die Darlegung (und Glaubhaftmachung) einer psychischen behandlungsbedürftigen Erkrankung (insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung), geschweige denn eines hierauf gerichteten Beweisantritts zu genügen (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - NVwZ 2008, 330; Senatsbeschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - InfAuslR 2004, 423; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.02.2012 - 2 M 29/12 - AuAS 2012, 136). Der Senat bemerkt hierzu, dass der Kläger bei seiner im Verwaltungsverfahren erfolgten Anhörung von einer Inhaftierung von zweieinhalb Monaten gesprochen hatte, während er dem behandelnden Therapeuten gegenüber eine drei bis vier Monate dauernde Inhaftierung erwähnt hatte. Im Übrigen gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats an, dass er sich wegen Schlafstörungen in Behandlung begeben habe; er müsse immer an Bulgarien und Syrien denken. Die mündliche Verhandlung ergab weiter, dass dem Kläger ein Antidepressivum verschrieben wurde, das er nach wie vor einnimmt. Die vom Arzt verschriebene Medikation beläuft sich jedoch auf nur eine halbe Tablette, während nach dem vom Senat eingesehenen Beipackzettel die durchschnittliche Medikation bei 1 Tablette bis zu maximal 3 Tabletten täglich liegt. Hinzu kommt, dass nur halbstündliche Sitzungen stattfinden, wobei zudem ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Schließlich konnte der Kläger nicht einmal angeben, in welchem Abstand die Sitzungen stattfinden, insbesondere auch ob dies regelmäßig der Fall ist. Vor diesem Hintergrund kann es sich nach Überzeugung des Senats nicht um ein stark ausgeprägtes Krankheitsbild handeln, das zwingend eine durchgängige ärztliche Behandlung erforderlich macht. Die Ausführungen in der genannten Bescheinigung sind nicht nachvollziehbar. Offenbar ist der Behandler sich auch nicht einmal selbst sicher, dass eine längerfristige Behandlung zwingend erforderlich ist, wenn er nur davon schreibt, dass eine solche indiziert zu sein „scheint“. Wenn schließlich die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf Befragung äußerte, dass der Behandler auf ihre Nachfrage erklärt habe, keine weitere und v.a. keine ausführlichere Stellungnahme mehr abgeben zu wollen, so sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung und geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
55 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
56 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
57 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
58 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
59 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
60 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
61 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
62 
3. Sonstige Mängel des angegriffenen Bescheids sind nicht gegeben. Allerdings hat die Beklagte die Ziffer 1 in der Weise formuliert, dass (nur) eine Feststellung getroffen wurde mit der Folge, dass auf den ersten Blick möglicherweise formal betrachtet nicht den Anforderungen des § 31 Abs. 6 AsylVfG genügt wird und deshalb die Gestattungswirkung des § 55 Abs. 1 AsylVfG nicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG zum Erlöschen gebracht werden konnte, weshalb dann in Ermangelung einer bestehenden Ausreisepflicht die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht erfüllt wären. Die angegriffene Verfügung ist jedoch auch im Hinblick auf den maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB entspr.) in der Weise auszulegen, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde und auch werden sollte (a.A. VG Frankfurt, Urteil vom 21.07.2014 - 7 K 352/14.F.A - juris). Denn es ist auch aus der Sicht des Klägers offensichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Verfügung die Grundlage für den Erlass der Überstellungsentscheidung legen wollte, was aber, wie gezeigt, zwingend voraussetzt, dass die Ausreisepflicht begründet werden muss. Es wäre sinnwidrig, der Beklagten zu unterstellen, dass sie etwas verfügen wollte und in letzter Konsequenz verfügt hat, was ersichtlich insoweit ungeeignet ist (vgl. noch zu der Frage, ob trotz Erlass einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise ermöglicht werden muss, Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris).
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der Kläger, ein am ... geborener syrischer Staatsangehöriger, beantragte am 4. November 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) förmlich seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Rahmen der Erstanhörung gab der Kläger an, er sei am 2. Mai 2013 in die T. ausgereist. Er sei dann weiter nach B. gelangt, wo er von der bulgarischen Polizei aufgegriffen worden sei. Er sei zunächst für drei Tage ins Gefängnis gebracht worden, danach in ein Flüchtlingscamp. Er habe dann bis zum 12. August 2014 in B. gelebt. Anschließend sei er von Griechenland nach Tschechien geflogen und von dort aus mit dem Zug nach Deutschland eingereist. Er sei am 19. August 2014 in ... angekommen. Während er in Deutschland sehr gut betreut werde, habe er in B. unmenschliche Behandlungen erfahren und seine Rechte als Asylsuchender nicht erhalten. Er habe immerhin vom 18. Mai 2013 bis zum 12. August 2014 in B. gelebt.

Gemäß einer Mitteilung des bulgarischen Innenministeriums vom 19. Januar 2015 hat der Kläger in B. subsidiären Schutz erhalten. Gleichzeitig wurde dem Rückübernahmeersuchen des Bundesamtes stattgegeben.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2015 wurde der Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt und dem Kläger unter Fristsetzung von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise die Abschiebung nach B. angedroht. Auf die Begründung dieses Bescheids wird im Einzelnen Bezug genommen.

Dagegen erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 9. Februar 2015 Klage. Zur Begründung wurde in der Folge ausgeführt, B. sei nicht als sicherer Drittstaat anzusehen. Es sei für den Kläger weder der Lebensunterhalt gesichert, noch habe er dort ein Obdach. Auch sei ein Integrationsprogramm nicht vorhanden. Der Kläger habe in B. nicht einmal seine grundsätzlichen Bedürfnisse ohne Hilfe Dritter decken können.

Der Kläger ließ beantragen,

Ziffer 2) des Bescheides des Bundesamtes vom 29. Januar 2015 aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2015 ist, auch soweit er angefochten wurde, rechtmäßig, so dass er den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Aufforderung zur Ausreise, verbunden mit der Abschiebungsandrohung nach §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylVfG ist nicht zu beanstanden.

Der Kläger ist aus B., einem sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs.2 AsylVfG eingereist. Nach diesen Vorschriften kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16 a Abs. 1 GG berufen.

Aus diesen Gründen findet die Verordnung 604/2013/EU (Dublin-III-VO) keine Anwendung. Die Dublin-III-VO unterscheidet ausdrücklich zwischen Antragsteller im Sinne von Art. 2c Dublin-III-VO und Begünstigter internationalen Schutzes im Sinne von Art. 2f Dublin-III-VO. Wenn ein Antragsteller in diesem Sinne nur derjenige ist, der Antrag auf internationalen Schutz in einem zuständigen Land gestellt hat, ist ein Begünstigter internationalen Schutzes nur derjenige, dem ein solcher Schutzstatus bereits zuerkannt wurde. Dies ist bei dem Kläger der Fall, da er nach seinen eigenen Angaben in B. bereits subsidiären Schutz erhalten hatte. Ein Verfahren nach der Dublin-III-VO wird deshalb nach Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO nicht mehr eingeleitet, da auch Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO keine Pflichten des zuständigen Mitgliedsstaates mehr vorsieht. Dies wiederum hat zur Folge, dass für die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 bzw. Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO nicht mehr in Frage kommen kann.

Da es sich bei B., wie dargelegt, um einen sicheren Drittstaat handelt, ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zu eben dieser Drittstaatenregelung entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist (vgl. grundsätzlich: BVerfG, U. v. 14.5.1996, Az. 2 BvR 1938/93 u. a., juris).

Dieses vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Konzept steht im Einklang mit dem der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zugrunde liegenden Prinzips des gegenseitigen Vertrauens. Selbiges beruht auf der Annahme, dass alle beteiligten Staaten, ob nun Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder entsprechende Drittstaaten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage auf der Richtlinie 2011/95/EU, der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention finden, beachten und dass die Mitgliedsstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung gelten, dass die Behandlung eines als schutzberechtigt anerkannten Ausländers in jedem einzelnen dieser Staaten im Einklang mit den genannten Rechten steht (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, Az. C-411/10 und C-493/10, juris).

Unter Beachtung dieser Maßgaben greift die Regelung der sicheren Drittstaaten nur dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem Konzept der normativen Vergewisserung bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens nicht aufgefangen wird (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013, Az. C-394/12, juris, BVerfG, U. v. 14.5.1996 a. a. O.).

Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernstzunehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedsstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird. Dies wäre im vorliegenden Fall, in dem der Kläger bereits subsidiären Schutz erhalten hat, nur dann der Fall, wenn der jeweilige Schutzstatus nicht hinreichend eingehalten wird oder wenn ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention vorläge bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechtscharta bzw. von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.

Dies ist in B. aber nicht der Fall.

Die in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Regelungen für anerkannte Flüchtlinge, d. h. Art. 20 ff. GFK, die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten sind, gehen im Wesentlichen nicht über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die Genfer Flüchtlingskonvention den Drittstaat zur sog. Inländergleichbehandlung. Dies ist nach den aktuellen Erkenntnissen in B. gegeben. Die Vorgabe der Richtlinie 2011/95/EU (EU-Qualifikationsrichtlinie) über den Inhalt internationalen Schutzes wird nach den vorliegenden Erkenntnissen im Wesentlichen eingehalten. Einem anerkannt Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Bildung, zum Erhalt von Sozialleistungen und zum Erhalt medizinischer Versorgung dieselben Rechte zu wie bulgarischen Staatsangehörigen auch. Wenngleich in B. Hemmnisse und fehlende Integrationsangebote, insbesondere für Kinder, zu bemängeln sein mögen (vgl. hierzu: UNHCR, Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand April 2014) ist darin keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erkennen, sondern ist dies vielmehr Ausdruck des im Vergleich zur Bundesrepublik derzeit noch vorherrschenden niedrigeren Lebensstandards bzw. Sozialniveaus. Einen Anspruch auf Art. 3 EMRK auf Einhaltung eines gewissen Lebensstandards einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung ist daraus jedoch nicht abzuleiten (vgl. EGMR, U. v. 21.1.2011, Az. 30969/09, juris, m. w. N.). Die dem Kläger drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem zurückweisenden Vertragsstaat, reicht jedenfalls offensichtlich nicht aus, die Schwelle zu einer unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK gerade verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 2.4.2013, Az. 27725/10, juris). Art. 3 EMRK ist insoweit nicht als individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen zu begreifen. Vielmehr muss sich der Kläger auf den in B. für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebens- und Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser derzeit noch nicht gleichwertig dem entsprechenden Standard in der Bundesrepublik Deutschland sein mag.

Auch ein Sonder- bzw. Ausnahmefall vom Konzept der normativen Vergewisserung des Bundesverfassungsgerichts ist vorliegend nicht gegeben. Weder droht dem Kläger in B. die Todesstrafe, noch bestünde eine erhebliche und konkrete Gefahr, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach B. Opfer eines Verbrechens würde, welches zu verhindern nicht in der Macht B.’s stünde, noch ist ersichtlich, dass B. selbst zum Verfolgerstaat werden würde.

Auch wenn die Lebensverhältnisse für Flüchtlinge in B. nach den vorliegenden Erkenntnissen prekär sein mögen (vgl. UNHCR a. a. O.), und eine gezielte Unterstützung für Flüchtlinge, Arbeit und bezahlbare Unterkünfte zu finden, nur schwer zu erreichen ist, betrifft dies immerhin alle in B. anerkannten Flüchtlinge gleichermaßen und kann auch aus diesen Gründen heraus die grundgesetzliche Wertung der Einordnung B.’s als sicherer Drittstaat nicht erschüttern.

Offensichtlich ist jedenfalls, dass der Kläger mit seinem Sachvortrag, in B. herrschten systemische Mängel des Asylsystems, nicht durchdringen kann. Dass das Asylsystem selbst in B. keinen solchen systemischen Mängeln unterliegt, zeigt der Fall des Klägers, der gerade in B. subsidiären Schutz erhalten hat. Im Übrigen kommt es, wie oben ausführlich dargelegt, nach der Schutzgewährung an den Kläger nicht mehr darauf an.

Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2015 ist deshalb insoweit rechtmäßig.

Rechtswidrig ist der Bescheid allerdings in Ziffer 2, soweit das Bundesamt keine Abschiebungsanordnung erlassen hat. Gemäß § 34a AsylVfG hat das Bundesamt in den Fällen, in denen ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat im Sinne von § 26a AsylVfG abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat anzuordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Von dieser Möglichkeit hat das Bundesamt allerdings keinen Gebrauch gemacht, sondern hat lediglich unter Fristsetzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach § 38 Abs. 1 AsylVfG den Kläger zur Ausreise aufgefordert und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung angedroht. Eine solche Abschiebungsandrohung im Sinne von § 34 AsylVfG ist im vorliegenden Fall aber gerade nicht geboten.

Allerdings verletzt die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung den Kläger insoweit nicht in seinen Rechten, als diese im Verhältnis zur Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG ein milderes Mittel darstellt. Zwar ist es damit nicht mehr die Pflicht des Bundesamtes, zu prüfen, ob die Abschiebung tatsächlich durchgeführt werden kann, d. h. auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu berücksichtigen, da diese bei der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung erst im Rahmen der tatsächlichen Durchführung einer Abschiebung zu prüfen sein werden, was die dann zuständige Ausländerbehörde zu veranlassen haben wird, doch geht dem Kläger dieses Recht damit gerade nicht verloren. Durch die erhebliche Verlängerung der Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens und die weitere Folge, dass die Ausreiseverpflichtung und Abschiebungsandrohung des Klägers nicht sofort vollstreckbar ist, handelt es sich um eine Besserstellung im Vergleich zur Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG, so dass sich der nach oben genannten Gesichtspunkten grundsätzlich ausreisepflichtige Kläger darauf nicht berufen kann. Er wird durch die Verfügung einer Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im Vergleich zur eigentlich gebotenen Abschiebungsanordnung somit nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt, denn er besitzt mit der Verfügung der Ablehnung seines Asylantrags kein Aufenthaltsrecht mehr.

Damit war die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit erfolgt aus § 83 b AsylVfG.

Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. Juli 2014 wird aufgehoben, soweit darin in Ziffer 2. die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskos-ten erhoben werden, haben die Kläger jeweils ein Zwölftel, die Beklagte hat die Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. August 2014 - A 11 K 2448/14 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1984 in K.../Iran geborene Kläger, welcher iranischer Staatsangehöriger ist, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung der Überstellung bzw. Abschiebung nach Bulgarien.
Am 18.02.2014 suchte der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nach; am 26.02.2014 stellte er einen förmlichen Asylantrag. Bei einer Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Karlsruhe am 27.02.2014 gab der Kläger an: Ende Januar 2014 habe er den Iran verlassen, in Istanbul habe er zehn bis zwölf Tage Aufenthalt gehabt. Mit einem Lkw seien sie dann in etwa 48 Stunden nach Paris gefahren worden. Dort habe er einen Zug nach Hamburg genommen. Am Grenzübergang Kehl sei er von der Polizei aufgegriffen worden. Er habe in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder erhalten. Ihm seien auch in keinem anderen Staat die Fingerabdrücke abgenommen worden.
Nachdem der Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers mit den in der Eurodac-Datenbank enthaltenen ergeben hatte, dass er in Bulgarien bereits registriert worden war, stellte das Bundesamt am 21.03.2014 ein auf Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin-II-Verordnung = VO Dublin II), nämlich wegen illegaler Einreise über die Außengrenze vor weniger als zwölf Monaten, gestütztes Aufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Diese erklärten mit Schreiben vom 16.05.2014, sie stimmten dem Ersuchen zu (nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013, Dublin-III-Verordnung = VO Dublin III). Der Kläger sei bei ihnen mit dem Namen K... K... und dem Geburtsdatum ...1985 registriert.
Mit Bescheid vom 21.05.2014 entschied das Bundesamt, der Asylantrag des Klägers sei unzulässig (Ziff. 1), und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an (Ziff. 2). Die Unzulässigkeit des Asylantrags folge aus § 27a AsylVfG, weil Bulgarien aufgrund von Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei.
Am 26.05.2014 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage und beantragte zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Der Bescheid vom 21.05.2014 sei rechtswidrig. Die Asylverfahren in Bulgarien wiesen systemische Mängel auf, die für den Fall einer Abschiebung nach Bulgarien zu einer Schlechtbehandlung im Sinne des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und des Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) führen würden. Es sei unbestritten, dass das Asylsystem in Bulgarien schwere Mängel aufweise. So habe UNHCR in einer Stellungnahme vom Januar 2014 ausdrücklich von einer Rücküberstellung im Rahmen des Dublin-Systems abgeraten. Zwar sei diese Empfehlung in der Stellungnahme vom April 2014 abgeschwächt worden. Gleichwohl bestehe Einigkeit, dass das System weiterhin extrem belastet sei und schwerwiegende Mängel aufweise, so dass die weitere Entwicklung genauestens beobachtet werden müsse. Aus Berichten der Organisation Human Rights Watch vom 25.04.2014, von amnesty international vom 31.03.2014 und ECRE (European Council on Refugees and Exiles) sowie aus einer Dokumentation von bordermonitoring lasse sich entnehmen, dass von einer Rücküberstellung abgeraten werde. Die dortigen und auch die jetzigen Erkenntnisse deckten sich mit den persönlichen Erlebnissen des Klägers. Er habe sich tatsächlich im Herbst 2013 in einem „closed camp“ in Bulgarien aufgehalten und sei dann nach ca. einem Monat mit der Bemerkung „go to the city and come back in 6 months“ auf freien Fuß gesetzt worden.
Die Beklagte trat der Klage unter Berufung auf den angegriffenen Bescheid entgegen und verwies ergänzend unter anderem auf den Bericht des UNHCR vom April 2014, in welchem nicht mehr von Überführungen nach Bulgarien abgeraten werde.
Mit Urteil vom 08.08.2014 - A 11 K 2448/14 - hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamts vom 21.05.2014 auf. Zur Begründung wurde unter anderem dargelegt: Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG lägen nicht vor. Zwar sei Bulgarien aufgrund von Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Der Kläger wäre im Falle einer Überstellung nach Bulgarien indes einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt. Der Bericht des UNHCR vom 02.01.2014, Pressemitteilungen von amnesty international vom 31.03.2014 und von Pro Asyl vom 23.05.2014 sowie eine Stellungnahme von ECRE vom 07.04.2014 begründeten hinreichend deutlich die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufwiesen mit der daraus resultierenden Gefahr für den Kläger, dort im Falle der Überstellung einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.
Das Verwaltungsgericht ordnete außerdem mit Beschluss vom 11.08.2014 - A 11 K 2449/14 - die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 21.05.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
Auf den am 25.08.2014 gestellten Antrag der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 07.10.2014 - A 3 S 1652/14 - die Berufung zugelassen. Mit am 27.10.2014 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte einen Berufungsantrag gestellt und zur Begründung auf die Ausführungen im Zulassungsantrag sowie im Zulassungsbeschluss Bezug genommen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. August 2014 - A 11 K 2448/14 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im angegriffenen Urteil. Das bulgarische Asylregime sei von systemischen Mängeln geprägt. Insoweit werde auf einen Bericht der Organisation bordermonitoring vom Juli 2014 verwiesen, in welchem die Forderung erhoben werde, Abschiebungen nach Bulgarien zu unterlassen. Auch in der Rechtsprechung werde von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren ausgegangen.
15 
In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger angehört worden. Er hat die Kopie einer iranischen Nationalkarte übergeben und zu seinem Reiseweg erklärt: Er habe den Iran etwa sechs Monate vor seiner Einreise nach Deutschland verlassen und sei zu Fuß von der Türkei aus nach Bulgarien eingereist. Er sei dann inhaftiert und zunächst mehrere Tage in einem Käfig, dann fünf Tage in einem kleineren Gefängnis und etwa zwei Wochen in einem Zentralgefängnis festgehalten worden. Gegen Geld sei er schließlich freigelassen worden. Er habe keinen Asylantrag stellen wollen, weil er befürchtet habe, dass er andernfalls in den Iran abgeschoben werde. Nach mehreren Anläufen sei es ihm gelungen, nach Serbien auszureisen, wo er sich zwei Monate lang aufgehalten habe. Mit Hilfe eines Schleppers sei er dann nach Paris und von dort aus nach Deutschland weitergereist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
16 
Dem Senat liegen die Akten des Bundesamts (ein Heft) und die des Verwaltungsgerichts Stuttgart über das Klageverfahren (A 11 K 2448/14) und das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (A 11 K 2449/14) vor. Der Inhalt dieser Akten sowie der Gerichtsakten über das Berufungsverfahren (A 11 S 2042/14) und die Erkenntnismittel, die in der den Beteiligten vorab übersandten Liste aufgeführt bzw. ergänzend in die mündliche Verhandlung eingeführt worden sind, sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A)
17 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
18 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.08.2014, mit welchem dieses auf die Klage des Klägers hin den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.05.2014 aufgehoben hat, ist zu ändern. Die (Anfechtungs-)Klage ist zwar zulässig (vgl. zur statthaften Klageart in so genannten Dublin-Fällen ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; Bay. VGH, Beschluss vom 02.02.2015 - 13a ZB 50068 - juris; Hamb. OVG, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris; jew. m.w.N.). Sie ist aber nicht begründet, weil der Bescheid vom 21.05.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig qualifiziert (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), den Kläger jedenfalls nicht in geschützten Rechten verletzt.
I.
19 
Die Entscheidung unter Ziffer 1 des Bescheids ("Der Asylantrag ist unzulässig.") - welche als Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und nicht als feststellender Verwaltungsakt auszulegen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) - folgt aus § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Hier ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Mitgliedstaat anzusehen war und ist.
20 
Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Prüfung des Asylantrags bzw. des Antrags auf internationalen Schutz des Klägers richtet sich nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin-III-Verordnung = VO Dublin III). Weil der Kläger nach dem 31.12.2013 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, ist hier gemäß Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III insgesamt die Dublin-III-Verordnung und nicht mehr die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin-II-Verordnung = VO Dublin II) anzuwenden. Nach Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Lediglich in Fällen, in denen sich nach den Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, ist gemäß Art. 3 Abs. 2 VO Dublin III der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
21 
Danach ist von einer Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des am 26.02.2014 in Deutschland gestellten Antrags des Klägers auszugehen (1.). Eine Überstellung nach Bulgarien ist auch nicht mit Blick auf das bulgarische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen als unmöglich anzusehen (2.). Gründe, die trotz der demzufolge anzunehmenden Zuständigkeit Bulgariens zu einer Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Bundesamts führen könnten, sind nicht ersichtlich (3.).
22 
1. Die Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers folgt hier prinzipiell aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III. Die gegebenenfalls vorgehenden (vgl. Art. 7 Abs. 1 VO Dublin III) Regelungen der Art. 8 bis 12 VO Dublin III sind nicht einschlägig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III ist ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz eines Antragstellers zuständig, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 der Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (vom 26.06.2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten) festgestellt wurde, dass dieser aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze des betreffenden Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Hier hat der Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers mit den so genannten Eurodac-Daten ergeben, dass er in Bulgarien - mit dem Namen K... K... und dem Geburtsdatum ...1985 - bereits registriert worden war. Inzwischen hat er selbst eingeräumt, schon im Herbst 2013 aus der Türkei, also einem Drittstaat, kommend, die Grenze nach Bulgarien überschritten zu haben.
23 
Damit war - vorbehaltlich späterer Sachverhaltsänderungen - gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III auch eine Verpflichtung Bulgariens zur Aufnahme des Klägers eingetreten, falls dieser in einem anderen Mitgliedstaat - wie hier in Deutschland - einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Die Vorschriften des Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III über eine Wiederaufnahme - nach bereits im zuständigen Mitgliedstaat erfolgter Antragstellung - greifen hier nicht. Schließlich hat der Kläger bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung Wert darauf gelegt klarzustellen, dass er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt hatte. Der Senat sieht anders als der Prozessbevollmächtigte des Klägers keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass dies zutrifft. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Übernahmeerklärung Bulgariens vom 16.05.2014 keine Anhaltspunkte für ein bereits in Bulgarien eingeleitetes oder gar durchgeführtes Asylverfahren des Klägers enthält, insbesondere wird nicht etwa - wie in anderen Fällen - eine Bereitschaft zur Wiederaufnahme (statt zur „Aufnahme“) nach Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III erklärt. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Hätte der Kläger entgegen seinen Angaben in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt gehabt, wäre Bulgarien prinzipiell nach Art. 18 Abs. 1 lit. b bzw. - wenn der Antrag bereits abgelehnt worden wäre - nach Art. 18 Abs. 1 lit. d VO Dublin III zur Wiederaufnahme verpflichtet.
24 
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit Bulgariens und dessen Aufnahmeverpflichtung bereits vor Asylantragstellung in Deutschland am 26.02.2014 (etwa durch die Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und seinen zweimonatigen Aufenthalt dort [vgl. Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III] oder wegen Ablaufs der Zwölfmonatsfrist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III) oder später (zum Beispiel wegen des Ablaufs von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nach Art. 21 ff., 29 VO Dublin III) entfallen wäre.
25 
Allerdings kann nach der Dublin-III-Verordnung die einmal gegebene (gegebenenfalls bis zur Stellung eines förmlichen Antrags auf internationalen Schutz "schwebende") Zuständigkeit eines Mitgliedstaats für die Prüfung eines Antrags aus diversen Gründen wieder enden. So erlöschen zum Beispiel gemäß Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III die Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmepflichten nach Art. 18 Abs. 1 VO Dublin III, wenn der zuständige Mitgliedstaat (hier Bulgarien) nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne des Art. 18 Abs. 1 lit. c oder d VO Dublin III, um dessen Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat (hier durch die Ausreise nach Serbien, wo der Kläger sich seinen Angaben nach aber nur zwei Monate lang aufgehalten hat), es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels. Umstritten ist zudem, ob nicht über Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III hinaus eine zunächst nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III begründete Zuständigkeit eines Mitgliedstaats (hier Bulgariens) dann allein durch eine Ausreise des Betreffenden in einen Drittstaat (wie hier Serbien) wieder erlischt, wenn zuvor in diesem "Mitgliedstaat der ersten Einreise" kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist (vgl. zum Streitstand: GK-AsylVfG, Stand: Nov. 2014, § 27a Rn. 132; Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kom., 2014, Art. 19, K 6, Art. 13, K 14, jew. m.w.N.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208). Die Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III endet außerdem 12 Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III), das bedeutet wenn bis zur Antragstellung in einem anderen Mitgliedstaat mehr als 12 Monate vergangen sind (vgl. zur Vorgängerregelung des Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - AuAS 2014, 118). Zudem bestimmt Art. 21 Abs. 1 VO Dublin III, dass das Aufnahmeersuchen des Mitgliedstaats so bald wie möglich, spätestens aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung (hier 26.02.2014), im Falle einer Eurodac-Treffermeldung innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung (hier am 21.02.2014) zu stellen ist. Wird es nicht innerhalb dieser Fristen unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig. Außerdem hat nach Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III (hier i.V.m. Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III) die Überstellung zu erfolgen "sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat". Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist durchgeführt, ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dulin III der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über.
26 
Diese Regelungen über einen Zuständigkeitsübergang bzw. eine Beendigung der Zuständigkeit begründen aber kein subjektives Recht des betreffenden Antragstellers.
27 
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293) haben Antragsteller auf internationalen Schutz - sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. Art. 10 VO Dublin III) - grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat, so dass Fehler bei der Auslegung und bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind. Hat zum Beispiel ein Mitgliedstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme eines Antragstellers zugestimmt, etwa als "Mitgliedstaat der ersten Einreise" (nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III), kann der betreffende Antragsteller der Annahme, dieser sei zuständig, vielmehr nur entgegenhalten, dass in dem betreffenden Staat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gegeben sind, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, m.w.N.; siehe dazu weiter unter 2.). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass auch ein allein wegen des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht des betroffenen Antragstellers berühren kann (vgl. zur Dublin-II-Verordnung: Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9.14, 1 PKH 10.14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) ist davon auszugehen, dass dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet worden ist. Hieran hat sich durch die mittlerweile in Kraft getretene Dublin-III-Verordnung nichts Grundsätzliches geändert. Etwas anderes folgt insbesondere ersichtlich nicht allein aus dem Umstand, dass in dieser möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh; so aber VG Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris). Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass davon die Frage unberührt bleibt, ob nicht im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des (Wieder-)Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens für die Betroffenen die Möglichkeit besteht, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293).
28 
Ausgehend davon hätte die Klage selbst dann keinen Erfolg, wenn Bulgarien wegen der Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und des zweimonatigen Aufenthalts in Serbien, des Verstreichens der Frist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III oder der Nichteinhaltung von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nicht (mehr) für die Prüfung des Asylgesuchs des Klägers zuständig wäre. Denn es hat dem Übernahmeersuchen des Bundesamts mit Schreiben vom 16.05.2014 ausdrücklich - nach Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III - zugestimmt. Hier kann auch von einem Fortbestehen der Übernahmebereitschaft ausgegangen werden. Dies bedürfte allerdings gegebenenfalls weiterer Klärung, wenn nach Abgabe der Zustimmungserklärung Umstände eingetreten wären, die zu einem Erlöschen der Zuständigkeit geführt haben könnten. In diesem Zusammenhang kann zu prüfen sein, ob die Überstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Wie ausgeführt, könnte sich ein Antragsteller zwar allein auf den Fristablauf nicht mit Erfolg berufen. Es wäre dann aber gegebenenfalls der Frage nachzugehen, ob der ersuchte Mitgliedstaat tatsächlich noch zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit ist. Ist das nicht der Fall, wäre nicht nur die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien unter Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452, Rn. 59), sondern möglicherweise auch - weil dann die Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergegangen ist (vgl. dazu Filzwieser/Sprung, a.a.O., Art. 29, K 9) und der Antragsteller sich wohl auf die fehlende Aufnahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaats berufen kann - auch die Entscheidung unter Ziffer 1 über die Unzulässigkeit des Antrags aufzuheben. Im Falle des Klägers ist indes die an sich mit Abgabe der Zustimmung Bulgariens am 16.05.2014 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III vor dem Hintergrund des am 26.05.2014 eingereichten Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und der in diesem Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11.08.2014 - A 11 K 2449/14 - erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 21.05.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung auch tatsächlich noch nicht abgelaufen (vgl. Art. 29 Abs. 1 UA. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 VO Dublin III). Es kann daher weiter von einer Übernahmebereitschaft Bulgariens ausgegangen werden.
29 
2. Die Entscheidung unter Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil es als unmöglich im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III anzusehen wäre, den Kläger nach Bulgarien zu überstellen.
30 
a) Nach dieser Regelung ist die Prüfung der Zuständigkeit für einen Antrag auf internationalen Schutz nach den in Kapitel III der Dublin-III-Verordnung vorgesehenen Kriterien fortzusetzen - um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann - , wenn es sich als unmöglich erweist, "einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen". Damit wird insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vgl. dazu auch Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, und EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413) umgesetzt, wonach ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen im Rahmen der Prüfung seines Rechts auf Selbsteintritt (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin III, Art. 3 Abs. 3 VO Dublin II) dazu verpflichtet ist, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen.
31 
Dabei kann einerseits jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der Dublin-II-VO bzw. der Dublin-III-VO und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts, wie von Art. 4 GRCh, durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417). Das Dublin-Zuständigkeitssystem ist deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.; Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (vgl. Urteile vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413, vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris, und Entscheidung vom 05.02.2015 - Nr. 51428/10, A.M.E./Niederlande - juris) der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt (vgl. zu den Anforderungen ausführlich Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, m.w.N.). Die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh muss durch wesentliche Gründe (Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417: "ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe") gestützt werden. Das bedeutet, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sein müssen; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
35 
Hinzukommen muss immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer drohenden Verletzung von Art. 4 GRCh im konkreten Einzelfall gegebenenfalls vorrangig dadurch "vorgebeugt" werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - juris).
36 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte bzw. "wesentlichen Gründe" für die Annahme bestehen, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien derzeit systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III bzw. der angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417) aufweisen, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
37 
Zur Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien entsprechende Defizite aufweisen, hat der Senat im Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - (InfAuslR 2015, 77; die (Nichtzulassungs-)Beschwerde gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des BVerwG vom 10.03.2015 - 1 B 7.15 - zurückgewiesen; vgl. auch Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1713/14 -, nicht veröff.) ausgeführt:
38 
"...Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
39 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
40 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
41 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
42 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
43 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
44 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
45 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
46 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
47 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
48 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
49 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. ... der Senat ...geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
50 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
51 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
52 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
53 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
54 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
55 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
56 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris). ..."
57 
Auch heute, etwas über vier Monate später, und unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnismittel, ist der Senat weiter der Überzeugung, dass bezüglich alleinstehender Antragsteller oder Ehepaaren bzw. Partnern ohne kleine Kinder keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III vorliegen (ebenso Bay. VGH, Urteil vom 02.02.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris; vgl. auch Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 10.12.2014 - W211 2013589-1 -, zu finden unter www.ris.bka.gv.at/Bvwg/; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.11.2014 - D4751/2014 - www.bvger.ch/publiws/?lang=de). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der betreffende Antragsteller nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet.
58 
Allerdings kommt es weiter oder gar vermehrt zu Übergriffen gegen Ausländer und Flüchtlinge in Bulgarien; dem bulgarischen Staat bzw. staatlichen Behörden und Politikern wird vorgeworfen, dass dagegen nicht hinreichend aktiv vorbeugend sowie repressiv in der Strafverfolgung vorgegangen wird (dazu ausführlich amnesty international, "Missing the point. Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria", Febr. 2015). Auch ist geplant, den Zaun an der Grenze zur Türkei noch auszubauen; es mehren sich Berichte (vgl. nur NZZ vom 23.12.2014 "Neuer Grenzzaun im Südosten Europas"), wonach es an der Grenze und in Grenznähe zu rechtswidrigen Zurückschiebungen (push-backs) kommen soll. Die Zahl der Flüchtlinge steigt tendenziell weiter an - von 910 im Juli 2014 über 1.105 im August, 1.220 im September, 1.430 im Oktober und 1.380 im November auf 1.500 im Dezember 2014 (vgl. Eurostat, "Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex - Monthly data", Stand: 18.03.2015). Auch ist die Situation in vielen der Heime sicherlich immer noch verbesserungsbedürftig.
59 
Daraus folgen aber für alleinstehende Asylbewerber wie den Kläger weiter keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Bulgarien.
60 
In den verschiedenen Flüchtlingsunterkünften sind immer noch ausreichend Plätze vorhanden (vgl. dazu UNHCR an VG Minden vom 23.12.2014, wonach in den sieben Unterkünften 6.000 Plätze bestehen, von denen 3.910 belegt sind). UNHCR berichtet in der aktuellsten Stellungnahme vom 23.12.2014 (an VG Minden) über das Aufnahmeverfahren und die allgemeine Situation für Flüchtlinge, dass Asylbewerber nach einer (illegalen) Einreise nach Bulgarien nicht mehr für einen längeren Zeitraum inhaftiert werden. Dies ist laut UNHCR einer seit dem ersten Vierteljahr 2014 verbesserten Kooperation zwischen Grenz- und Einwanderungsbehörden und der staatlichen Agentur für Flüchtlinge (SAR) zu verdanken. Für die Bewohner der SAR-Einrichtungen sorgt der Staat für warme Mahlzeiten (zweimal täglich) und eine medizinische Grundversorgung. Aufgrund der UNHCR-Förderung kümmern sich Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarian Helsinki Commitee, CARITAS) um rechtliche Beratung und nicht offizielle Bulgarisch-Kurse in den SAR-Einrichtungen. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten "Dublin-Rückkehrer" haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolgt allerdings laut der Stellungnahme vom 23.12.2014 die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Videokonferenz-Ausrüstungen in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, sollen helfen, das Verfahren zu beschleunigen. UNHCR geht davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme- und der Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014, welche dazu geführt habe, dass zwischen Januar und Oktober 2014 5.624 Antragstellern ein Schutzstatus gewährt worden sei, das Asylsystem "einigermaßen" funktioniert. Um allerdings die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erfolgen Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weiter Mittel.
61 
Auch nach EASO (EASO, Special Support Plan to Bulgaria vom 05.12.2014) hat das bulgarische Asylsystem "in den letzten 12 Monaten", also zwischen Ende 2013 und Ende 2014, eine Reihe von wichtigen Fortschritten gemacht. Dazu gehören die bereits im Senatsurteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) angeführte Erhöhung der Zahl von Aufnahmeeinrichtungen bzw. Zentren, die Verbesserung der Wohnbedingungen in diesen Zentren und die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten in den SAR (von 133 auf 293, vgl. im einzelnen EASO vom 05.12.2014, S. 6 f.). Seit Juli 2014 gilt ein nationaler Plan zur Integration von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde. Vor allem hat EASO auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystems - so genannten "special support" (vgl. zum Hintergrund dieses Programms EASO vom 05.12.2014, Annex D, S. 14) - zugesagt. Nach den unter anderem mit Hilfe des "EASO Operation Plan to Bulgaria" in der Vergangenheit erzielten Fortschritten ist nun ein "EASO Special Support Plan to Bulgaria" konzipiert worden, welcher am 05.12.2014 vom Bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet wurde. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollen, gehören unter anderem die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts der Europäischen Union, bei der Erkennung und Behandlung von besonders schutzbedürftigen Personen, bei der Aufnahme der Flüchtlinge bzw. den Aufnahmeverfahren, bei der Schaffung von Verfahrensgarantien und der verbesserten Aufnahme von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, bei der Entwicklung von Trainings für Dolmetscher, sowie bei der Aus- oder Weiterbildung von Entscheidern und von Angehörigen der Justiz (vgl. ausführlich zu den geplanten Maßnahmen EASO vom 05.12.2014). Die Umsetzung des Plans wird in Kooperation und mit Unterstützung des UNHCR erfolgen.
62 
Danach geht der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet ist und derzeit nicht - wie 2013 - befürchtet werden muss, dass die Verfahrens- und Aufnahmebedingungen nicht den Anforderungen genügen. Für den Kläger folgt daraus, dass eine Überstellung nach Bulgarien weiter möglich ist. Als "Dublin-Rückkehrer" hat er erst recht keine menschenunwürdige Behandlung zu befürchten.
63 
Die Erkenntnisse über die Behandlung und die Situation von so genannten "Dublin-Rückkehrern", von denen der Senat bislang ausgegangen ist (vgl. dazu Auszug aus dem Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, 77, oben) werden mit der neuesten Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt. Danach wird in allen Dublin-Verfahren eine Anhörung durchgeführt, "wenn notwendig". Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus im Fall der "Wiederaufnahme" - also bei Antragstellern, welche in Bulgarien bereits eines Asylantrag gestellt haben - ist prinzipiell davon abhängig, welchen Stand der frühere Asylantrag in Bulgarien gehabt hat bzw. hat. Ist über diesen noch nicht (sachlich) entschieden worden, wird in Bulgarien eine Entscheidung gefällt. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird es wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann "objektive Gründe" für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich kann der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellen; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft.
64 
Für Dublin-Rückkehrer gilt nach dieser Stellungnahme des UNHCR allerdings weiter (siehe bereits UNHCR vom April 2014) die Besonderheit, dass das Asylverfahren grundsätzlich wiedereröffnet wird, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Nach UNHCR ist damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller wird abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet wurde, wird in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden hat. Ist hingegen über den Asylanspruch in der Sache bereits entschieden worden, wird zwar die betreffende Person wieder ins Land gelassen, aber ebenso behandelt wie Asylbewerber, deren Ersuchen um internationalen Schutz bestandskräftig abgelehnt wurde. Sie können dann mit dem Ziel einer Abschiebung in einer Haftanstalt festgehalten werden, welche der Abteilung für Migration unterstellt ist. Etwas anders gilt, wenn der Betreffende einen Folgeantrag einreicht. Er kann dann in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden oder unter einer "externen Anschrift" wohnhaft sein.
65 
Das bedeutet für den Kläger, dass sein Asylantrag bzw. sein Antrag auf internationalen Schutz in Bulgarien vollumfänglich geprüft werden wird, wenn er dort - wie er selbst angibt - tatsächlich noch keinen Asylantrag gestellt hatte. Selbst wenn er in Bulgarien doch schon Asyl beantragt haben sollte, wäre er dort jedenfalls noch nicht angehört worden. Dann würde das Asylverfahren in Bulgarien fortgeführt werden. Es spricht daher alles dafür, dass der Asylantrag des Klägers und seine Ausreisegründe in Bulgarien uneingeschränkt geprüft werden. Unter diesen Umständen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei einer Überstellung nach Bulgarien in Haft genommen und dort menschenrechtswidrig behandelt werden könnte. Dies lässt sich auch nicht aus dem Umstand folgern, dass er seinen Angaben nach direkt nach seiner Einreise nach Bulgarien im Herbst 2013 inhaftiert und zunächst in "einem Käfig", danach fünf Tage in einem kleineren und dann zwei Wochen in einem größeren Gefängnis festgehalten wurde. Denn damals war er illegal nach Bulgarien eingereist und hielt sich dort illegal auf; er hatte bewusst keinen Asylantrag gestellt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, es lasse sich "nicht ausschließen", dass der Kläger inhaftiert werde, bzw. die Sicherheit, dass jeder Flüchtling tatsächlich als Asylbewerber aufgenommen werde und nicht in Haft komme, sei nicht gegeben, verkennt er - abgesehen von den Anforderungen an das Vorliegen einer so genannten "systemischen Schwachstelle" - das für die Annahme einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK erforderliche Beweismaß der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bzw. des "real risk" (siehe dazu oben 2a). Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27.01.2015 (Nr. 36925/10 u.a., Neshkov u.a.), auf welches er bezüglich der Art. 3 ERMK verletzenden Haftbedingungen verwiesen hat, betrifft im Übrigen Strafhaft.
66 
3. Dass die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag des Klägers als unzulässig abzulehnen, aus anderen Gründen als rechtswidrig anzusehen und aufzuheben sein könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte verpflichtet sein könnte, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Dabei kann hier die Frage offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen jenseits von systemischen Mängeln des Asylsystems und/oder der Aufnahmebedingungen im Überstellungsstaat eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GRCh oder aber von anderen Grund- oder Menschenrechten angenommen und zur Unzulässigkeit einer Überstellung führen kann. Denn, wie ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Bulgarien eine menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten haben könnte.
II.
67 
Unter diesen Umständen lässt sich auch die Abschiebungsanordnung rechtlich nicht beanstanden. Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die vom Bundesamt zu prüfen wären (siehe dazu Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 - InfAuslR 2011, 310; Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - InfAuslR 2014, 451), sind nicht ersichtlich.
B)
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
A)
17 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
18 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.08.2014, mit welchem dieses auf die Klage des Klägers hin den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.05.2014 aufgehoben hat, ist zu ändern. Die (Anfechtungs-)Klage ist zwar zulässig (vgl. zur statthaften Klageart in so genannten Dublin-Fällen ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; Bay. VGH, Beschluss vom 02.02.2015 - 13a ZB 50068 - juris; Hamb. OVG, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris; jew. m.w.N.). Sie ist aber nicht begründet, weil der Bescheid vom 21.05.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig qualifiziert (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), den Kläger jedenfalls nicht in geschützten Rechten verletzt.
I.
19 
Die Entscheidung unter Ziffer 1 des Bescheids ("Der Asylantrag ist unzulässig.") - welche als Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und nicht als feststellender Verwaltungsakt auszulegen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) - folgt aus § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Hier ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Mitgliedstaat anzusehen war und ist.
20 
Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Prüfung des Asylantrags bzw. des Antrags auf internationalen Schutz des Klägers richtet sich nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin-III-Verordnung = VO Dublin III). Weil der Kläger nach dem 31.12.2013 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, ist hier gemäß Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III insgesamt die Dublin-III-Verordnung und nicht mehr die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin-II-Verordnung = VO Dublin II) anzuwenden. Nach Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Lediglich in Fällen, in denen sich nach den Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, ist gemäß Art. 3 Abs. 2 VO Dublin III der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
21 
Danach ist von einer Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des am 26.02.2014 in Deutschland gestellten Antrags des Klägers auszugehen (1.). Eine Überstellung nach Bulgarien ist auch nicht mit Blick auf das bulgarische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen als unmöglich anzusehen (2.). Gründe, die trotz der demzufolge anzunehmenden Zuständigkeit Bulgariens zu einer Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Bundesamts führen könnten, sind nicht ersichtlich (3.).
22 
1. Die Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers folgt hier prinzipiell aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III. Die gegebenenfalls vorgehenden (vgl. Art. 7 Abs. 1 VO Dublin III) Regelungen der Art. 8 bis 12 VO Dublin III sind nicht einschlägig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III ist ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz eines Antragstellers zuständig, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 der Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (vom 26.06.2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten) festgestellt wurde, dass dieser aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze des betreffenden Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Hier hat der Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers mit den so genannten Eurodac-Daten ergeben, dass er in Bulgarien - mit dem Namen K... K... und dem Geburtsdatum ...1985 - bereits registriert worden war. Inzwischen hat er selbst eingeräumt, schon im Herbst 2013 aus der Türkei, also einem Drittstaat, kommend, die Grenze nach Bulgarien überschritten zu haben.
23 
Damit war - vorbehaltlich späterer Sachverhaltsänderungen - gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III auch eine Verpflichtung Bulgariens zur Aufnahme des Klägers eingetreten, falls dieser in einem anderen Mitgliedstaat - wie hier in Deutschland - einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Die Vorschriften des Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III über eine Wiederaufnahme - nach bereits im zuständigen Mitgliedstaat erfolgter Antragstellung - greifen hier nicht. Schließlich hat der Kläger bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung Wert darauf gelegt klarzustellen, dass er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt hatte. Der Senat sieht anders als der Prozessbevollmächtigte des Klägers keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass dies zutrifft. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Übernahmeerklärung Bulgariens vom 16.05.2014 keine Anhaltspunkte für ein bereits in Bulgarien eingeleitetes oder gar durchgeführtes Asylverfahren des Klägers enthält, insbesondere wird nicht etwa - wie in anderen Fällen - eine Bereitschaft zur Wiederaufnahme (statt zur „Aufnahme“) nach Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III erklärt. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Hätte der Kläger entgegen seinen Angaben in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt gehabt, wäre Bulgarien prinzipiell nach Art. 18 Abs. 1 lit. b bzw. - wenn der Antrag bereits abgelehnt worden wäre - nach Art. 18 Abs. 1 lit. d VO Dublin III zur Wiederaufnahme verpflichtet.
24 
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit Bulgariens und dessen Aufnahmeverpflichtung bereits vor Asylantragstellung in Deutschland am 26.02.2014 (etwa durch die Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und seinen zweimonatigen Aufenthalt dort [vgl. Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III] oder wegen Ablaufs der Zwölfmonatsfrist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III) oder später (zum Beispiel wegen des Ablaufs von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nach Art. 21 ff., 29 VO Dublin III) entfallen wäre.
25 
Allerdings kann nach der Dublin-III-Verordnung die einmal gegebene (gegebenenfalls bis zur Stellung eines förmlichen Antrags auf internationalen Schutz "schwebende") Zuständigkeit eines Mitgliedstaats für die Prüfung eines Antrags aus diversen Gründen wieder enden. So erlöschen zum Beispiel gemäß Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III die Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmepflichten nach Art. 18 Abs. 1 VO Dublin III, wenn der zuständige Mitgliedstaat (hier Bulgarien) nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne des Art. 18 Abs. 1 lit. c oder d VO Dublin III, um dessen Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat (hier durch die Ausreise nach Serbien, wo der Kläger sich seinen Angaben nach aber nur zwei Monate lang aufgehalten hat), es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels. Umstritten ist zudem, ob nicht über Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III hinaus eine zunächst nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III begründete Zuständigkeit eines Mitgliedstaats (hier Bulgariens) dann allein durch eine Ausreise des Betreffenden in einen Drittstaat (wie hier Serbien) wieder erlischt, wenn zuvor in diesem "Mitgliedstaat der ersten Einreise" kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist (vgl. zum Streitstand: GK-AsylVfG, Stand: Nov. 2014, § 27a Rn. 132; Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kom., 2014, Art. 19, K 6, Art. 13, K 14, jew. m.w.N.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208). Die Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III endet außerdem 12 Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III), das bedeutet wenn bis zur Antragstellung in einem anderen Mitgliedstaat mehr als 12 Monate vergangen sind (vgl. zur Vorgängerregelung des Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - AuAS 2014, 118). Zudem bestimmt Art. 21 Abs. 1 VO Dublin III, dass das Aufnahmeersuchen des Mitgliedstaats so bald wie möglich, spätestens aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung (hier 26.02.2014), im Falle einer Eurodac-Treffermeldung innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung (hier am 21.02.2014) zu stellen ist. Wird es nicht innerhalb dieser Fristen unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig. Außerdem hat nach Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III (hier i.V.m. Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III) die Überstellung zu erfolgen "sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat". Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist durchgeführt, ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dulin III der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über.
26 
Diese Regelungen über einen Zuständigkeitsübergang bzw. eine Beendigung der Zuständigkeit begründen aber kein subjektives Recht des betreffenden Antragstellers.
27 
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293) haben Antragsteller auf internationalen Schutz - sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. Art. 10 VO Dublin III) - grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat, so dass Fehler bei der Auslegung und bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind. Hat zum Beispiel ein Mitgliedstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme eines Antragstellers zugestimmt, etwa als "Mitgliedstaat der ersten Einreise" (nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III), kann der betreffende Antragsteller der Annahme, dieser sei zuständig, vielmehr nur entgegenhalten, dass in dem betreffenden Staat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gegeben sind, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, m.w.N.; siehe dazu weiter unter 2.). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass auch ein allein wegen des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht des betroffenen Antragstellers berühren kann (vgl. zur Dublin-II-Verordnung: Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9.14, 1 PKH 10.14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) ist davon auszugehen, dass dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet worden ist. Hieran hat sich durch die mittlerweile in Kraft getretene Dublin-III-Verordnung nichts Grundsätzliches geändert. Etwas anderes folgt insbesondere ersichtlich nicht allein aus dem Umstand, dass in dieser möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh; so aber VG Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris). Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass davon die Frage unberührt bleibt, ob nicht im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des (Wieder-)Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens für die Betroffenen die Möglichkeit besteht, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293).
28 
Ausgehend davon hätte die Klage selbst dann keinen Erfolg, wenn Bulgarien wegen der Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und des zweimonatigen Aufenthalts in Serbien, des Verstreichens der Frist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III oder der Nichteinhaltung von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nicht (mehr) für die Prüfung des Asylgesuchs des Klägers zuständig wäre. Denn es hat dem Übernahmeersuchen des Bundesamts mit Schreiben vom 16.05.2014 ausdrücklich - nach Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III - zugestimmt. Hier kann auch von einem Fortbestehen der Übernahmebereitschaft ausgegangen werden. Dies bedürfte allerdings gegebenenfalls weiterer Klärung, wenn nach Abgabe der Zustimmungserklärung Umstände eingetreten wären, die zu einem Erlöschen der Zuständigkeit geführt haben könnten. In diesem Zusammenhang kann zu prüfen sein, ob die Überstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Wie ausgeführt, könnte sich ein Antragsteller zwar allein auf den Fristablauf nicht mit Erfolg berufen. Es wäre dann aber gegebenenfalls der Frage nachzugehen, ob der ersuchte Mitgliedstaat tatsächlich noch zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit ist. Ist das nicht der Fall, wäre nicht nur die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien unter Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452, Rn. 59), sondern möglicherweise auch - weil dann die Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergegangen ist (vgl. dazu Filzwieser/Sprung, a.a.O., Art. 29, K 9) und der Antragsteller sich wohl auf die fehlende Aufnahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaats berufen kann - auch die Entscheidung unter Ziffer 1 über die Unzulässigkeit des Antrags aufzuheben. Im Falle des Klägers ist indes die an sich mit Abgabe der Zustimmung Bulgariens am 16.05.2014 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III vor dem Hintergrund des am 26.05.2014 eingereichten Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und der in diesem Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11.08.2014 - A 11 K 2449/14 - erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 21.05.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung auch tatsächlich noch nicht abgelaufen (vgl. Art. 29 Abs. 1 UA. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 VO Dublin III). Es kann daher weiter von einer Übernahmebereitschaft Bulgariens ausgegangen werden.
29 
2. Die Entscheidung unter Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil es als unmöglich im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III anzusehen wäre, den Kläger nach Bulgarien zu überstellen.
30 
a) Nach dieser Regelung ist die Prüfung der Zuständigkeit für einen Antrag auf internationalen Schutz nach den in Kapitel III der Dublin-III-Verordnung vorgesehenen Kriterien fortzusetzen - um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann - , wenn es sich als unmöglich erweist, "einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen". Damit wird insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vgl. dazu auch Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, und EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413) umgesetzt, wonach ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen im Rahmen der Prüfung seines Rechts auf Selbsteintritt (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin III, Art. 3 Abs. 3 VO Dublin II) dazu verpflichtet ist, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen.
31 
Dabei kann einerseits jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der Dublin-II-VO bzw. der Dublin-III-VO und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts, wie von Art. 4 GRCh, durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417). Das Dublin-Zuständigkeitssystem ist deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.; Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (vgl. Urteile vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413, vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris, und Entscheidung vom 05.02.2015 - Nr. 51428/10, A.M.E./Niederlande - juris) der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt (vgl. zu den Anforderungen ausführlich Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, m.w.N.). Die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh muss durch wesentliche Gründe (Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417: "ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe") gestützt werden. Das bedeutet, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sein müssen; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
35 
Hinzukommen muss immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer drohenden Verletzung von Art. 4 GRCh im konkreten Einzelfall gegebenenfalls vorrangig dadurch "vorgebeugt" werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - juris).
36 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte bzw. "wesentlichen Gründe" für die Annahme bestehen, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien derzeit systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III bzw. der angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417) aufweisen, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
37 
Zur Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien entsprechende Defizite aufweisen, hat der Senat im Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - (InfAuslR 2015, 77; die (Nichtzulassungs-)Beschwerde gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des BVerwG vom 10.03.2015 - 1 B 7.15 - zurückgewiesen; vgl. auch Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1713/14 -, nicht veröff.) ausgeführt:
38 
"...Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
39 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
40 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
41 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
42 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
43 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
44 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
45 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
46 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
47 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
48 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
49 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. ... der Senat ...geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
50 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
51 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
52 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
53 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
54 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
55 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
56 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris). ..."
57 
Auch heute, etwas über vier Monate später, und unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnismittel, ist der Senat weiter der Überzeugung, dass bezüglich alleinstehender Antragsteller oder Ehepaaren bzw. Partnern ohne kleine Kinder keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III vorliegen (ebenso Bay. VGH, Urteil vom 02.02.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris; vgl. auch Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 10.12.2014 - W211 2013589-1 -, zu finden unter www.ris.bka.gv.at/Bvwg/; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.11.2014 - D4751/2014 - www.bvger.ch/publiws/?lang=de). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der betreffende Antragsteller nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet.
58 
Allerdings kommt es weiter oder gar vermehrt zu Übergriffen gegen Ausländer und Flüchtlinge in Bulgarien; dem bulgarischen Staat bzw. staatlichen Behörden und Politikern wird vorgeworfen, dass dagegen nicht hinreichend aktiv vorbeugend sowie repressiv in der Strafverfolgung vorgegangen wird (dazu ausführlich amnesty international, "Missing the point. Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria", Febr. 2015). Auch ist geplant, den Zaun an der Grenze zur Türkei noch auszubauen; es mehren sich Berichte (vgl. nur NZZ vom 23.12.2014 "Neuer Grenzzaun im Südosten Europas"), wonach es an der Grenze und in Grenznähe zu rechtswidrigen Zurückschiebungen (push-backs) kommen soll. Die Zahl der Flüchtlinge steigt tendenziell weiter an - von 910 im Juli 2014 über 1.105 im August, 1.220 im September, 1.430 im Oktober und 1.380 im November auf 1.500 im Dezember 2014 (vgl. Eurostat, "Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex - Monthly data", Stand: 18.03.2015). Auch ist die Situation in vielen der Heime sicherlich immer noch verbesserungsbedürftig.
59 
Daraus folgen aber für alleinstehende Asylbewerber wie den Kläger weiter keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Bulgarien.
60 
In den verschiedenen Flüchtlingsunterkünften sind immer noch ausreichend Plätze vorhanden (vgl. dazu UNHCR an VG Minden vom 23.12.2014, wonach in den sieben Unterkünften 6.000 Plätze bestehen, von denen 3.910 belegt sind). UNHCR berichtet in der aktuellsten Stellungnahme vom 23.12.2014 (an VG Minden) über das Aufnahmeverfahren und die allgemeine Situation für Flüchtlinge, dass Asylbewerber nach einer (illegalen) Einreise nach Bulgarien nicht mehr für einen längeren Zeitraum inhaftiert werden. Dies ist laut UNHCR einer seit dem ersten Vierteljahr 2014 verbesserten Kooperation zwischen Grenz- und Einwanderungsbehörden und der staatlichen Agentur für Flüchtlinge (SAR) zu verdanken. Für die Bewohner der SAR-Einrichtungen sorgt der Staat für warme Mahlzeiten (zweimal täglich) und eine medizinische Grundversorgung. Aufgrund der UNHCR-Förderung kümmern sich Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarian Helsinki Commitee, CARITAS) um rechtliche Beratung und nicht offizielle Bulgarisch-Kurse in den SAR-Einrichtungen. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten "Dublin-Rückkehrer" haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolgt allerdings laut der Stellungnahme vom 23.12.2014 die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Videokonferenz-Ausrüstungen in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, sollen helfen, das Verfahren zu beschleunigen. UNHCR geht davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme- und der Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014, welche dazu geführt habe, dass zwischen Januar und Oktober 2014 5.624 Antragstellern ein Schutzstatus gewährt worden sei, das Asylsystem "einigermaßen" funktioniert. Um allerdings die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erfolgen Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weiter Mittel.
61 
Auch nach EASO (EASO, Special Support Plan to Bulgaria vom 05.12.2014) hat das bulgarische Asylsystem "in den letzten 12 Monaten", also zwischen Ende 2013 und Ende 2014, eine Reihe von wichtigen Fortschritten gemacht. Dazu gehören die bereits im Senatsurteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) angeführte Erhöhung der Zahl von Aufnahmeeinrichtungen bzw. Zentren, die Verbesserung der Wohnbedingungen in diesen Zentren und die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten in den SAR (von 133 auf 293, vgl. im einzelnen EASO vom 05.12.2014, S. 6 f.). Seit Juli 2014 gilt ein nationaler Plan zur Integration von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde. Vor allem hat EASO auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystems - so genannten "special support" (vgl. zum Hintergrund dieses Programms EASO vom 05.12.2014, Annex D, S. 14) - zugesagt. Nach den unter anderem mit Hilfe des "EASO Operation Plan to Bulgaria" in der Vergangenheit erzielten Fortschritten ist nun ein "EASO Special Support Plan to Bulgaria" konzipiert worden, welcher am 05.12.2014 vom Bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet wurde. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollen, gehören unter anderem die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts der Europäischen Union, bei der Erkennung und Behandlung von besonders schutzbedürftigen Personen, bei der Aufnahme der Flüchtlinge bzw. den Aufnahmeverfahren, bei der Schaffung von Verfahrensgarantien und der verbesserten Aufnahme von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, bei der Entwicklung von Trainings für Dolmetscher, sowie bei der Aus- oder Weiterbildung von Entscheidern und von Angehörigen der Justiz (vgl. ausführlich zu den geplanten Maßnahmen EASO vom 05.12.2014). Die Umsetzung des Plans wird in Kooperation und mit Unterstützung des UNHCR erfolgen.
62 
Danach geht der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet ist und derzeit nicht - wie 2013 - befürchtet werden muss, dass die Verfahrens- und Aufnahmebedingungen nicht den Anforderungen genügen. Für den Kläger folgt daraus, dass eine Überstellung nach Bulgarien weiter möglich ist. Als "Dublin-Rückkehrer" hat er erst recht keine menschenunwürdige Behandlung zu befürchten.
63 
Die Erkenntnisse über die Behandlung und die Situation von so genannten "Dublin-Rückkehrern", von denen der Senat bislang ausgegangen ist (vgl. dazu Auszug aus dem Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, 77, oben) werden mit der neuesten Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt. Danach wird in allen Dublin-Verfahren eine Anhörung durchgeführt, "wenn notwendig". Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus im Fall der "Wiederaufnahme" - also bei Antragstellern, welche in Bulgarien bereits eines Asylantrag gestellt haben - ist prinzipiell davon abhängig, welchen Stand der frühere Asylantrag in Bulgarien gehabt hat bzw. hat. Ist über diesen noch nicht (sachlich) entschieden worden, wird in Bulgarien eine Entscheidung gefällt. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird es wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann "objektive Gründe" für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich kann der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellen; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft.
64 
Für Dublin-Rückkehrer gilt nach dieser Stellungnahme des UNHCR allerdings weiter (siehe bereits UNHCR vom April 2014) die Besonderheit, dass das Asylverfahren grundsätzlich wiedereröffnet wird, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Nach UNHCR ist damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller wird abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet wurde, wird in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden hat. Ist hingegen über den Asylanspruch in der Sache bereits entschieden worden, wird zwar die betreffende Person wieder ins Land gelassen, aber ebenso behandelt wie Asylbewerber, deren Ersuchen um internationalen Schutz bestandskräftig abgelehnt wurde. Sie können dann mit dem Ziel einer Abschiebung in einer Haftanstalt festgehalten werden, welche der Abteilung für Migration unterstellt ist. Etwas anders gilt, wenn der Betreffende einen Folgeantrag einreicht. Er kann dann in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden oder unter einer "externen Anschrift" wohnhaft sein.
65 
Das bedeutet für den Kläger, dass sein Asylantrag bzw. sein Antrag auf internationalen Schutz in Bulgarien vollumfänglich geprüft werden wird, wenn er dort - wie er selbst angibt - tatsächlich noch keinen Asylantrag gestellt hatte. Selbst wenn er in Bulgarien doch schon Asyl beantragt haben sollte, wäre er dort jedenfalls noch nicht angehört worden. Dann würde das Asylverfahren in Bulgarien fortgeführt werden. Es spricht daher alles dafür, dass der Asylantrag des Klägers und seine Ausreisegründe in Bulgarien uneingeschränkt geprüft werden. Unter diesen Umständen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei einer Überstellung nach Bulgarien in Haft genommen und dort menschenrechtswidrig behandelt werden könnte. Dies lässt sich auch nicht aus dem Umstand folgern, dass er seinen Angaben nach direkt nach seiner Einreise nach Bulgarien im Herbst 2013 inhaftiert und zunächst in "einem Käfig", danach fünf Tage in einem kleineren und dann zwei Wochen in einem größeren Gefängnis festgehalten wurde. Denn damals war er illegal nach Bulgarien eingereist und hielt sich dort illegal auf; er hatte bewusst keinen Asylantrag gestellt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, es lasse sich "nicht ausschließen", dass der Kläger inhaftiert werde, bzw. die Sicherheit, dass jeder Flüchtling tatsächlich als Asylbewerber aufgenommen werde und nicht in Haft komme, sei nicht gegeben, verkennt er - abgesehen von den Anforderungen an das Vorliegen einer so genannten "systemischen Schwachstelle" - das für die Annahme einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK erforderliche Beweismaß der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bzw. des "real risk" (siehe dazu oben 2a). Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27.01.2015 (Nr. 36925/10 u.a., Neshkov u.a.), auf welches er bezüglich der Art. 3 ERMK verletzenden Haftbedingungen verwiesen hat, betrifft im Übrigen Strafhaft.
66 
3. Dass die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag des Klägers als unzulässig abzulehnen, aus anderen Gründen als rechtswidrig anzusehen und aufzuheben sein könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte verpflichtet sein könnte, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Dabei kann hier die Frage offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen jenseits von systemischen Mängeln des Asylsystems und/oder der Aufnahmebedingungen im Überstellungsstaat eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GRCh oder aber von anderen Grund- oder Menschenrechten angenommen und zur Unzulässigkeit einer Überstellung führen kann. Denn, wie ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Bulgarien eine menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten haben könnte.
II.
67 
Unter diesen Umständen lässt sich auch die Abschiebungsanordnung rechtlich nicht beanstanden. Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die vom Bundesamt zu prüfen wären (siehe dazu Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 - InfAuslR 2011, 310; Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - InfAuslR 2014, 451), sind nicht ersichtlich.
B)
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. April 2014 - A 8 K 640/14 - geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein nach eigenen Angaben am 09.02.1981 geborener kamerunischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien.
Er stellte am 27.08.2013 im Bundesgebiet einen förmlichen Asylantrag. Nach den aus der Eurodac-Datenbank gewonnenen Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hatte er bereits zuvor am 10.01.2013 in Bulgarien, am 20.05.2013 in Griechenland und am 31.07.2013 in Ungarn um Asyl nachgesucht.
Ausweislich der Niederschrift über die Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gem. § 25 AsylVfG am 20.09.2013 trug der Kläger im Wesentlichen vor: Er habe bis Anfang 2012 an Douala gelebt. Er habe einen Asylantrag in Griechenland 2013 gestellt, bevor er nach Ungarn gereist sei. Es habe aber auch dort keine Entscheidung gegeben. An der Grenze Türkei - Bulgarien sei er im Herbst 2012 von der bulgarischen Polizei erkennungsdienstlich behandelt worden. Er habe anschließend Asyl beantragen müssen. Er sei dort aber zuvor drei Monate im Gefängnis gewesen. Dann hätten sie ihn im Winter freigelassen und er sei vier Monate obdachlos gewesen, ohne dass er eine Entscheidung bekommen habe. Es habe lediglich eine Anhörung gegeben. Sie hätten auf seine drei schriftlichen Bitten nicht reagiert. Deshalb sei er dann nach Griechenland. Er wolle im Bundesgebiet bleiben. Er brauche medizinische Versorgung aufgrund einer im bulgarischen Gefängnis erworbenen Hautkrankheit.
Nachdem die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 09.12.2013 mit Blick auf eine Zuständigkeit Bulgariens einem Übernahmeersuchen der Beklagten nicht entsprochen hatten, richtete das Bundesamt unter Berufung auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO am 11.12.2013 ein entsprechendes Ersuchen an Bulgarien. Am 14.01.2014 stimmten die bulgarischen Behörden unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 lit. e) Dublin II-VO der Übernahme des Klägers zu.
Mit Bescheid vom 29.01.2014 entschied das Bundesamt, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist, und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an.
Am 06.02.2014 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage (A 8 K 640/14) und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (A 8 K 641/14). Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Er sei in Bulgarien mehrere Monaten inhaftiert gewesen und dann - mitten im Winter - aus der Haft in die Obdachlosigkeit entlassen worden. Die Situation sei völlig unerträglich gewesen. Er habe weder finanzielle Unterstützung noch medizinische Hilfe erhalten und draußen im Schnee überleben müssen. Er habe sich im bulgarischen Gefängnis eine schwere Hauterkrankung zugezogen. Er leide an einer kutanen Leishmaniose, die durch einen Parasitenbefall verursacht worden sei. Wie der fachärztliche Bericht des Klinikums S. vom 18.12.2013 und das Lichtbild des Unterarms mit den Geschwüren belegten, habe die Erkrankung einen komplizierten Verlauf genommen, weshalb am 15.02.2014 eine Operation vorgesehen sei. Die Versorgung in Bulgarien genüge nicht den europäischen Standards, die im Dublin-Abkommen festgelegt seien. Seine individuelle Situation und seine medizinische Behandlungsbedürftigkeit stünden einer Rückführung nach Bulgarien entgegen, wo die schwere Erkrankung sicherlich nochmals eskalieren würde.
Die Beklagte trat dem entgegen und machte geltend, die bulgarische Übernahmezustimmung sei auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 1 lit. e) Dublin II-VO erfolgt. Demnach sei der Asylantrag in Bulgarien abgelehnt worden. Nach nationalem Recht wäre dann ein Zweitantrag gegeben. Ein erneutes Verfahren könnte nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG durchgeführt werden (§ 71a Abs. 1 AsylVfG). Wiederaufnahmegründe in diesem Sinne seien aber nicht erkennbar. Das Begehren des Klägers sei auf jeden Fall erfolglos.
Das Verwaltungsgericht ordnete mit Beschluss vom 27.02.2014 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 29.01.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
Mit Urteil vom 16.04.2014 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamts vom 29.01.2014 auf und wies im Übrigen die weitergehenden Verpflichtungsanträge des Klägers ab. Es führte insbesondere aus: Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts bestünden konkrete Anhaltspunkte, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien systemische Mängel aufwiesen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der nach Bulgarien überstellen Asylbewerber im Sinne des Art. 4 GRCh implizierten, weshalb der - allein statthaften - Anfechtungsklage aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stattzugeben sei. Der UNHCR habe in seinem Positionspapier vom 02.01.2014 unter Auflistung der Mängel im bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystem ausdrücklich dazu aufgefordert, derzeit von Überstellungen nach Bulgarien abzusehen. Nach dem Positionspapier vom April 2014 habe der UNHCR zwar anerkannt, dass es Fortschritte gegeben habe, jedoch Bedenken hinsichtlich deren Nachhaltigkeit geltend gemacht. Der UNHCR empfehle in jedem Fall eine individuelle Bewertung vorzunehmen, ob eine Überstellung mit den Verpflichtungen der Staaten zum Schutz der Grund- und Menschenrechte nach EU-Recht und Völkerrecht vereinbar sei, insbesondere soweit es sich um Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen handele. Zudem bestätige ein zeitlich parallel erstellter Bericht von Amnesty International die nach wie vor drastischen Bedingungen bei der Aufnahme der Asylsuchenden und der Bearbeitung der Schutzgesuche. Bei dieser Sachlage bestehe im Fall des Klägers, bei dem es sich aufgrund seiner Erkrankung um „eine Person mit besonderen Bedürfnissen“ handele, weiterhin die Gefahr, im Fall einer Überstellung nach Bulgarien einer menschenrechtswidrigen Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein.
10 
Auf den fristgerecht gestellten Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 12.01.2015 (A 11 S 1038/14) die Berufung zugelassen. Die Beklagte hat am 26.01.2015 zur Begründung der Berufung auf die Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag sowie auf die zum bulgarischen Asylsystem ergangenen Senatsurteilen vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 und A 11 S 1636/14) verwiesen und einen Berufungsantrag gestellt.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. April 2014 - A 8 K 640/14 - zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben worden ist.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er trägt unter Vorlage ärztlicher Befunde im Wesentlichen vor: Er sei bereits bei seiner Einreise in das Bundesgebiet, unter anderem aufgrund der Zustände in Bulgarien, behandlungsbedürftig erkrankt gewesen (kutane Leishmaniose). Er sei seit Jahren wegen einer Analfissur mit thrombosiertem Hämorrhoidalknoten in ärztlicher Behandlung und sei wiederholt, zuletzt im November 2014, operiert worden. Es sei ein Abszess im Afterbereich festgestellt worden. Bis heute müsse er diesbezüglich ärztlich beobachtet werden, da dieser erhebliche infektiöse Probleme bewirken könnte. Auch aktuell habe er weiter Schmerzen im Unterbauch. Eine weitere Operation, bei der ein Fibrom an der Unterlippe entfernt werde, stehe am 07.04.2015 an. Seit seinem Gefängnisaufenthalt in Bulgarien sei seine Gesundheit nicht mehr normal. Er habe permanent gesundheitliche Probleme und das Gefühl, sein Körper halte nichts mehr aus. Am schlimmsten seien die Probleme im Analbereich. Alle zwei bis drei Wochen müsse er zum Arzt, um die Situation kontrollieren zu lassen. Die Ernährung sei nur noch eingeschränkt möglich, da er ansonsten große Schmerzen beim Stuhlgang habe. Der Arzt habe ihm afrikanisches Essen untersagt. Er dürfe nichts Scharfes essen und nur spezielle Nahrung zu sich nehmen, damit er überhaupt auf die Toilette könne. In Deutschland kümmere man sich um seine Erkrankung. In Bulgarien habe sich niemand um seine Probleme und Krankheiten gekümmert. Müsse er nach Bulgarien zurückkehren, sei dies das Ende seines Lebens. Er sei nach wie vor eine „Person mit besonderen Bedürfnissen“. Auf der Grundlage der Auskunft des UNHCR vom 23.12.2014 an das VG Minden müsse er aufgrund eines Status als Illegaler mit Abschiebehaft rechnen. Selbst wenn er neue Asylgründe vortragen würde, könnte er keinen Platz in einer SAR-Einrichtung erhalten. Unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Situation würde die Rückkehr für ihn eine massive Gefährdung begründen. Die Situation in den bulgarischen Haftanstalten verstoße ohnehin gegen Art. 3 EMRK.
16 
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angehört worden. Er hat unter anderem vorgetragen:
17 
Er habe Kamerun verlassen, weil er einige Probleme gehabt habe. Er habe seinen großen Bruder verloren, der auf offener Straße vor der Universität in Douala getötet worden sei. Der, der seinen Bruder getötet habe, sei im Gefängnis. Auch seine kleine Schwester, die Polizeiinspektorin gewesen sei, sei getötet worden. Derjenige, der seine kleine Schwester getötet habe, sei unbekannt. Seit er seinen großen Bruder verloren habe, habe er beschlossen, Kamerun zu verlassen, weil ihm niemand geholfen habe. Man hätte ihn auch töten können. Es habe ein Problem mit seinem Dorf gegeben, mit seinem Papa, es sei um Felder, Grundstücke gegangen. Mit dem Nachbarn habe es Schwierigkeiten gegeben. Deswegen habe er auch beschlossen wegzugehen. Er sei 2012 in Nigeria an Bord eines Schiffes gegangen, das nach Istanbul gefahren sei. Er habe zu Fuß die Grenze zwischen der Türkei und Bulgarien überschritten. In Bulgarien habe ihn die Polizei aufgegriffen und ins Gefängnis gebracht. Er habe im Gefängnis einen Asylantrag gestellt, sei aber trotzdem insgesamt drei Monate im Gefängnis festgehalten worden. Er werde den Tag, an dem er aus dem Gefängnis gekommen sei, sein ganzes Leben lang nie vergessen. Er sei an diesem Tag mit ca. 25 bis 30 Personen verschiedener Staatsangehörigkeiten aus dem Gefängnis entlassen worden. Sie hätten sie rausgeworfen, mitten im Winter, am 3. Januar. An diesem Tag habe er erfahren was Winter sei. Sie hätten ihnen ein Formular mitgegeben, also so ein Papier, mit dem man sich in Bulgarien bewegen dürfe. Sie hätten gesagt, dass sie jetzt frei seien. Nach drei Tagen seien sie zurück zur Polizei gegangen und hätten gesagt, sie wollten lieber wieder ins Gefängnis. Die Polizei habe das abgelehnt. Sie seien dann nach „Montevideo“ gegangen. Dort kümmere man sich um Asylbewerber. Das sei vergleichbar mit der Anlaufstelle in Karlsruhe. Sie hätten aber keine Hilfe bekommen. Sie seien dann nach Sofia. Dort hätten sie nachts nach dessen Schließung in einem Einkaufszentrum, geschlafen. Die Polizei habe dafür gesorgt, dass der Sicherheitsdienst des Einkaufszentrums sie nicht weggejagt habe. Morgens seien sie dann wieder rausgegangen. Er habe gesundheitliche Probleme gehabt und Hilfe gesucht. Im Gefängnis habe er ein Geschwür bekommen, es sei erst ganz klein gewesen. Seine Hand und sein Arm seien ganz dick geworden. Seine Freunde hätten ihn nicht einmal mehr anfassen wollen. Seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis habe er keinen Arzt mehr aufsuchen können. Im Gefängnis habe es einen Arzt gegeben. Das Geschwür sei immer größer geworden und habe die Farbe verändert. Er sei insgesamt fast neun Monate in Bulgarien gewesen. Dann hätten sie sich auf den Weg nach Griechenland gemacht. Weder in Bulgarien noch in Griechenland noch in Ungarn sei er dazu angehört worden, warum er aus seinem Heimatland ausgereist sei.
18 
Dem Senat liegen die Akten des Bundesamts (ein Heft) und die des Verwaltungsgerichts Stuttgart über das Klageverfahren (A 8 K 640/14) und das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (A 8 K 641/14) vor. Der Inhalt dieser Akten sowie der Gerichtsakten über das Berufungsverfahren und die Erkenntnismittel, die in der den Beteiligten vorab übersandten Liste aufgeführt bzw. ergänzend in das Verfahren eingeführt worden sind, sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Beklagten zur Sache verhandeln und entscheiden, da diese in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
A)
21 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere sind die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gewahrt. Mit der ausdrücklichen Bezugnahme im Schriftsatz vom 26.01.2015 auf die Ausführungen im Zulassungsantrag, der selbst noch den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprochen hat, und den Zulassungsbeschluss des Senats vom 12.01.2015, in dem die Berufungszulassung mit den nach Erlass der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergangenen Senatsurteilen vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 und A 11 S 1636/14) zum bulgarischen Asylsystem begründet worden ist, hat die Beklagte im konkreten Fall hinreichend deutlich dargelegt, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen sie das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft erachtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.04.2000 - 9 B 170/00 - juris; vgl. grundsätzlich zur Zulässigkeit von Bezugnahmen auf Zulassungsvorbringen Bader, u.a. VwGO, 6. Aufl. 2014, § 124a Rn. 39; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 124, 354 ff. - jew. m.w.N.).
B)
22 
Die Berufung ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16.04.2014, mit dem der Bescheid des Bundesamts vom 29.01.2014 aufgehoben worden ist, ist zu ändern. Die (Anfechtungs-)Klage ist zwar zulässig (vgl. zur statthaften Klageart in so genannten Dublin-Fällen ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; Bay. VGH, Beschluss vom 02.02.2015 - 13a ZB 50068 - juris; Hamb. OVG, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris; jew. m.w.N.). Sie ist aber nicht begründet, weil der Bescheid vom 29.01.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig qualifiziert (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.)
23 
Die Entscheidung unter Ziffer 1 des Bescheids ("Der Asylantrag ist unzulässig.") - welche als Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und nicht als feststellender Verwaltungsakt auszulegen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) - folgt aus § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Hier ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Mitgliedstaat anzusehen war und ist.
24 
Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Prüfung des Asylantrags des Klägers richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin II-VO). Da der Kläger bereits im August 2013 einen Asylantrag im Bundesgebiet gestellt und die Bundesrepublik Deutschland am 11.12.2013 ein Übernahmeersuchen an Bulgarien gerichtet hat, ist im vorliegenden Fall nach der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin III-VO) allein die Dublin-II-Verordnung zugrunde zu legen.
25 
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Danach ist von einer Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des am 27.08.2014 in Deutschland gestellten Antrags des Klägers auszugehen (1.). Eine Überstellung nach Bulgarien ist auch nicht mit Blick auf das bulgarische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen oder aus anderen Gründen unzulässig (2).
26 
1.) Ausweislich der in der Bundesamtsakte enthaltenen Eurodac-Daten reiste der Kläger am 28.09.2012 illegal nach Bulgarien ein. Am 10.01.2013 wurde er dort als Asylantragsteller registriert. Dass der Kläger in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat, entspricht seinem Vortrag auch im gerichtlichen Verfahren. Die Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers folgt aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO. Die gegebenenfalls vorgehenden (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO) Regelungen der Art. 6 bis 9 Dublin II-VO sind nicht einschlägig.
27 
Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO ist ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 18 Abs. 3 der Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 (vom 11.12.2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. L 316, S. 1) festgestellt wurde, dass der Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze des betreffenden Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Da der Kläger in Bulgarien im zeitlichen Anschluss an den illegalen Grenzübertritt einen Asylantrag gestellt hatte, bevor er im Bundesgebiet erneut um internationalen Schutz nachgesucht hat, ist Bulgarien nach Maßgabe des Art. 16 Dublin II-VO verpflichtet, ihn wieder aufzunehmen.
28 
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit Bulgariens bereits vor der Asylantragstellung in Deutschland oder aber die Wiederaufnahmepflicht später - wegen Ablaufs der Überstellungsfrist - entfallen sein könnten. Bulgarien hat unter dem 14.01.2014 ausdrücklich dem Übernahmeersuchen der Beklagten entsprochen. Die mit der Abgabe der Zustimmung beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO ist vor dem Hintergrund des am 06.02.2014 eingereichten Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und der in diesem Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27.02.2014 - A 8 K 641/14 - erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 29.01.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung auch tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293). Im Übrigen würde allein der Ablauf der Überstellungsfrist bei weiter bestehender Übernahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaats den Kläger auch nicht in subjektiven Rechten verletzen (siehe näher Senatsurteil vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris, sowie unten 2a).
29 
2.) Die Entscheidung der Beklagten, das Asylverfahren des Klägers nicht in eigener Zuständigkeit durchzuführen, ist auch mit Blick auf die Verhältnisse in Bulgarien nicht zu beanstanden; der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Selbsteintritt der Bundesrepublik im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO.
30 
a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris) hat ein Asylbewerber - sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO) - grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung seines Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat, so dass Fehler bei der Auslegung und bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind. Hat zum Beispiel ein Mitgliedstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme eines Antragstellers zugestimmt, etwa als "Mitgliedstaat der ersten Einreise" (nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO), kann der betreffende Antragsteller der Annahme, dieser sei zuständig, vielmehr nur entgegenhalten, dass in dem betreffenden Staat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gegeben sind, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, m.w.N.)
31 
Nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs kann einerseits jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der Dublin II-VO (bzw. nunmehr der Dublin III-VO) und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts, wie von Art. 4 GRCh, durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417). Das Dublin-Zuständigkeitssystem ist deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA. 2 Dublin III-VO) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.; Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (vgl. Urteile vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413, vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris, und Entscheidung vom 05.02.2015 - Nr. 51428/10, A.M.E./Niederlande - juris), der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt (vgl. zu den Anforderungen ausführlich Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, m.w.N.). Die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh muss durch wesentliche Gründe (siehe nunmehr Art. 3 Abs. 2 UA. 2 Dublin III-VO; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417: "ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe") gestützt werden. Das bedeutet, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sein müssen; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
35 
Hinzukommen muss immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer drohenden Verletzung von Art. 4 GRCh im konkreten Einzelfall gegebenenfalls vorrangig dadurch "vorgebeugt" werden kann und auch muss, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - juris, und vom 17.04.2015 - 2 BvR 602/15 - juris).
36 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte bzw. "wesentlichen Gründe" für die Annahme bestehen, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien derzeit systemische Schwachstellen aufweisen, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
37 
aa) Zur Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien entsprechende Defizite aufweisen, hat der Senat im Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77 (die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss des BVerwG vom 10.03.2015 - 1 B 7.15 - juris, zurückgewiesen; vgl. auch Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1636/14 -, nicht veröff.) ausgeführt:
38 
"...Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
39 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
40 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
41 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
42 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
43 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
44 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
45 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
46 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
47 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
48 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
49 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. ... der Senat ...geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
50 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
51 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
52 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
53 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
54 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
55 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
56 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris). ..."
57 
bb) Auch heute, etwa fünf Monate später, und unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnismittel, ist der Senat weiter der Überzeugung, dass in dem hier vorliegenden Fall eines alleinstehenden Antragstellers keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Schwachstellen vorliegen (ebenso Senatsurteil vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; Bay. VGH, Urteil vom 02.02.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris; vgl. auch Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 04.03.2015 - W192 2100103-1, und Erkenntnis vom 03.10.2014 - W212 2009059-1, zu finden unter www.ris.bka.gv.at/Bvwg/; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.02.2014 - E-597/2014 - www.bvger.ch/publiws/?lang=de). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Betreffende - wie hier der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet (siehe hierzu unten (2.)).
58 
(1.) Es kommt zwar weiter oder gar vermehrt zu Übergriffen gegen Ausländer und Flüchtlinge in Bulgarien; dem bulgarischen Staat bzw. staatlichen Behörden und Politikern wird vorgeworfen, dass dagegen nicht hinreichend aktiv vorbeugend sowie repressiv in der Strafverfolgung vorgegangen wird (dazu ausführlich amnesty international, "Missing the point. Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria", Febr. 2015). Zudem ist geplant, den Zaun an der Grenze zur Türkei noch auszubauen (vgl. Reuters vom 14.01.2015 "Bulgaria to extend fence at Turkish border to bar refugee influx“); es mehren sich Berichte wonach es an der Grenze und in Grenznähe zu rechtswidrigen Zurückschiebungen (push-backs) kommen soll. Die Zahl der Flüchtlinge steigt tendenziell weiter an - von 910 im Juli 2014 über 1.105 im August, 1.220 im September, 1.430 im Oktober und 1.380 im November auf 1.500 im Dezember 2014 (Eurostat, "Asylum and new asylum applicants“ - monthly data", Stand: 27.03.2015). Bulgarien hatte im Jahre 2014 insgesamt 11.080 Asylantragsteller gegenüber 7.145 im Jahre 2013 und 1.385 im Jahre 2012 (Eurostat, "Asylum and new asylum applicants“ - annual aggregated data", Stand: 23.03.2015). Auch ist die Situation in vielen der Heime sicherlich immer noch verbesserungsbedürftig. Daraus folgen aber für alleinstehende Asylbewerber wie den Kläger weiter keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Bulgarien.
59 
In den verschiedenen Flüchtlingsunterkünften sind immer noch ausreichend Plätze vorhanden (vgl. dazu UNHCR an VG Minden vom 23.12.2014, wonach in den sieben Unterkünften 6.000 Plätze bestehen, von denen 3.910 belegt sind). UNHCR berichtet in der aktuellsten Stellungnahme vom 23.12.2014 (an VG Minden) über das Aufnahmeverfahren und die allgemeine Situation für Flüchtlinge, dass Asylbewerber nach einer (illegalen) Einreise nach Bulgarien nicht mehr für einen längeren Zeitraum inhaftiert werden. Dies ist laut UNHCR einer seit dem ersten Vierteljahr 2014 verbesserten Kooperation zwischen Grenz- und Einwanderungsbehörden und der staatlichen Agentur für Flüchtlinge (SAR) zu verdanken. Für die Bewohner der SAR-Einrichtungen sorgt der Staat für warme Mahlzeiten (zweimal täglich) und eine medizinische Grundversorgung. Aufgrund der UNHCR-Förderung kümmern sich Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarian Helsinki Commitee, CARITAS) unter anderem um rechtliche Beratung und nicht offizielle Bulgarisch-Kurse in den SAR-Einrichtungen. Mittlerweile gibt es ein Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Agentur für Flüchtlinge und 14 Nichtregierungsorganisationen mit dem Ziel der verbesserten Versorgung und Betreuung von Personen, die internationalen Schutz in Bulgarien suchen oder diesen erhalten haben; hierzu gehört auch die medizinische Versorgung (FOCUS News Agency vom 30.01.2015). Wie der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 23.12.2014 weiter ausführt, haben die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten "Dublin-Rückkehrer" ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolgt allerdings die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Videokonferenz-Ausrüstungen in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, sollen helfen, das Verfahren zu beschleunigen. UNHCR geht davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme- und der Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014, welche dazu geführt habe, dass zwischen Januar und Oktober 2014 5.624 Antragstellern ein Schutzstatus gewährt worden sei, das Asylsystem "einigermaßen" funktioniert. Um allerdings die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erfolgen Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weiter Mittel.
60 
Auch nach EASO (EASO, Special Support Plan to Bulgaria vom 05.12.2014) hat das bulgarische Asylsystem "in den letzten 12 Monaten", also zwischen Ende 2013 und Ende 2014, eine Reihe von wichtigen Fortschritten gemacht. Dazu gehören die bereits im Senatsurteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) angeführte Erhöhung der Zahl von Aufnahmeeinrichtungen bzw. Zentren, die Verbesserung der Wohnbedingungen in diesen Zentren und die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten in den SAR (von 133 auf 293, vgl. im einzelnen EASO vom 05.12.2014, S. 6 f.). Seit Juli 2014 gilt ein nationaler Plan zur Integration von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde. Vor allem hat EASO auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystems - so genannten "special support" (vgl. zum Hintergrund dieses Programms EASO vom 05.12.2014, Annex D, S. 14) - zugesagt. Nach den unter anderem mit Hilfe des "EASO Operation Plan to Bulgaria" in der Vergangenheit erzielten Fortschritten ist nun ein "EASO Special Support Plan to Bulgaria" konzipiert worden, welcher am 05.12.2014 vom Bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet wurde. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollen, gehören unter anderem die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts der Europäischen Union, bei der Erkennung und Behandlung von besonders schutzbedürftigen Personen, bei der Aufnahme der Flüchtlinge bzw. den Aufnahmeverfahren, bei der Schaffung von Verfahrensgarantien und der verbesserten Aufnahme von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, bei der Entwicklung von Trainings für Dolmetscher, sowie bei der Aus- oder Weiterbildung von Entscheidern und von Angehörigen der Justiz (vgl. ausführlich zu den geplanten Maßnahmen EASO vom 05.12.2014). Die Umsetzung des Plans wird in Kooperation und mit Unterstützung des UNHCR erfolgen.
61 
Ob insbesondere die Darstellung von EASO zu den Verbesserungen in der bulgarischen Asyl- und Aufnahmepraxis mit Blick auf den von PRO ASYL im April 2015 veröffentlichen Bericht „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“, möglicherweise einer kritischen Nachfrage bzw. genaueren Prüfung bedürfte, kann dahingestellt bleiben. Der Bericht, der allerdings primär Ereignisse aus dem Jahre 2013 dokumentiert, ist dem Senat erst am 13.05.2015 zugegangen und kann im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden. Zu diesem Zeitpunkt war der unterschriebene Urteilstenor zum Zwecke der Bekanntgabe an die Beteiligten auf Nachfrage bereits seit dem 07.04.2015 auf der Geschäftsstelle niedergelegt. Eine Änderung der Entscheidung des Senats bzw. - dem vorgeschaltet - eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist dann nicht mehr zulässig (Senatsurteil vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - juris; Bader, u.a. VwGO, 6. Aufl. 2014, § 116 Rn. 10 - jew. m.w.N.).
62 
Auf der Grundlage der von ihm herangezogenen Erkenntnisquellen geht der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet ist und derzeit nicht - wie 2013 - befürchtet werden muss, dass die Verfahrens- und Aufnahmebedingungen nicht den Anforderungen genügen. Für den Kläger folgt daraus, dass eine Überstellung nach Bulgarien weiter möglich ist. Als "Dublin-Rückkehrer" hat er erst recht keine menschenunwürdige Behandlung zu befürchten.
63 
Die Erkenntnisse über die Behandlung und die Situation von so genannten "Dublin-Rückkehrern", von denen der Senat bislang ausgegangen ist (vgl. dazu Auszug aus dem Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, 77, oben), werden mit der Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt. Danach wird in allen Dublin-Verfahren eine Anhörung durchgeführt, "wenn notwendig". Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus im Fall der "Wiederaufnahme" - also bei Antragstellern, welche in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben - ist prinzipiell davon abhängig, welchen Stand der frühere Asylantrag in Bulgarien gehabt hat bzw. hat. Ist über diesen noch nicht (sachlich) entschieden worden, wird in Bulgarien eine Entscheidung gefällt. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird es wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann "objektive Gründe" für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich kann der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellen; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft.
64 
Für Dublin-Rückkehrer gilt nach dieser Stellungnahme des UNHCR allerdings weiter (siehe bereits UNHCR vom April 2014) die Besonderheit, dass das Asylverfahren generell wiedereröffnet wird, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Nach UNHCR ist damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller wird abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet wurde, wird in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung (über die Gründe für die Asylantragstellung) geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden hat. Ist hingegen über den Asylanspruch in der Sache bereits abschließend negativ entschieden worden, wird zwar die betreffende Person wieder ins Land gelassen, aber ebenso behandelt wie ein Asylbewerber, dessen Ersuchen um internationalen Schutz bestandskräftig abgelehnt wurde. Sie können dann mit dem Ziel einer Abschiebung in einer Haftanstalt festgehalten werden, welche der Abteilung für Migration unterstellt ist. Etwas anders gilt wiederum, wenn der Betreffende einen Folgeantrag einreicht. Dann wird er nicht inhaftiert. Er kann dann in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden oder unter einer "externen Anschrift" wohnhaft sein.
65 
Das bedeutet für den Kläger, der zwar einen Asylantrag gestellt, aber nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Bulgarien noch nicht zu seinen Asylgründen angehört worden ist, dass sein Asylverfahren in Bulgarien fortgeführt wird. Der Senat ist der Überzeugung, dass dieser Vortrag des Klägers, es habe keine Anhörung zu den Gründen gegeben, warum er sein Heimatland verlassen hat, zutreffend ist. Seine Schilderungen auf die Fragen des Senats sind insgesamt nachvollziehbar und stimmig gewesen. Dass Bulgarien ohne nähere Begründung unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 lit. e) Dublin II-VO der Übernahme des Klägers zugestimmt hat, steht dem nicht entgegen. Denn diese Vorschrift kann auch bei einer rein verfahrensmäßigen Beendigung des Asylverfahrens genannt werden.
66 
Soweit der Kläger bei der Anhörung durch das Bundesamt auf den Vorhalt einer Asylantragstellung in Bulgarien angegeben hatte, es habe lediglich eine Anhörung gegeben, sie hätten auf seine drei schriftlichen Bitten nicht reagiert, er sei vier Monate obdachlos gewesen, ohne dass es eine Entscheidung gegeben habe, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Das Bundesamt hat ausweislich der Niederschrift über die Befragung vom 20.09.2013 hierzu keine Nachfragen gestellt. Es ist durchaus möglich, dass der Kläger lediglich eine allgemeine Gelegenheit zur Äußerung aus anderen Gründen gemeint hat, wie etwa im unmittelbaren Zusammenhang mit der Asylantragstellung aus dem Gefängnis heraus, oder schlicht in der konkreten Befragungssituation übertrieben hat. Selbst wenn man im Übrigen entgegen seinen Angaben in der Berufungsverhandlung unterstellen würde, es habe bereits eine abschließende negative Sachentscheidung gegen ihn gegeben, könnte er einen Folgeantrag stellen.
67 
Unter diesen Umständen bestehen insbesondere keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei einer Überstellung nach Bulgarien in Haft genommen und dort menschenrechtswidrig behandelt werden könnte. Die Gefahr einer Inhaftnahme lässt sich auch nicht aus dem Umstand folgern, dass er seinen Angaben zufolge direkt nach seiner Einreise nach Bulgarien inhaftiert und zunächst in einem Gefängnis festgehalten wurde. Denn damals war er illegal nach Bulgarien eingereist. Soweit der Kläger geltend macht, er werde inhaftiert, weil er keinen Platz in einer SAR-Einrichtung finden könne, ist das durch nichts untermauert. Ungeachtet dessen wäre die Möglichkeit eines Fehlverhalten der zuständigen Behörden im Einzelfall mit Blick auf die Anforderungen an das Vorliegen einer so genannten "systemischen Schwachstelle" und das für die Annahme einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK erforderliche Beweismaß der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bzw. des "real risk" (siehe dazu oben 2a) nicht relevant. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27.01.2015 (Nr. 36925/10 u.a., Neshkov u.a.), auf welches er bezüglich der Art. 3 ERMK verletzenden Haftbedingungen verwiesen hat, betrifft im Übrigen eine Strafhaft. Entsprechendes gilt für den von ihm angeführten Beschluss des OLG Celle vom 16.12.2014 (1 Ausl 33/14 - juris), in dem ausgeführt ist, dass eine Inhaftierung in der Vollzugsanstalt Varna nicht mit den Vorgaben der EMRK in Einklang zu bringen ist.
68 
(2.) Der Kläger ist in dem für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht in einer Weise erkrankt, die dem Senat Veranlassung geben könnte, die in seinem Urteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) offen gelassene Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen mit Blick auf Defizite in der medizinischen Versorgung in Bulgarien von einem systemischen (oder jedenfalls die Überstellung im konkreten Einzelfall hindernden) Mangel auszugehen sein könnte (solches verneinend Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 04.03.2015 - W192 2100103-1, a.a.O.).
69 
Beim Kläger liegt ein „Zustand nach kutaner Leishmaniose rechter Unterarm“ vor (vgl. ärztliches Attest Dr. Sch. - Facharzt für Allgemeinmedizin vom 03.03.2015 und Schreiben Dr. R.-B. und Dr. R - Fachärzte für HNO vom 13.03.2015). Kutane Leishmaniose ist eine durch Parasiten, die insbesondere durch Sandmücken übertragen werden, ausgelöste und mit Geschwürbildung einhergehende Hauterkrankung (vgl. im Einzelnen Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 265. Aufl. 2014, S. 1200 f.). Die Geschwüre auf dem Unterarm des Klägers sind durch eine ambulante Operation im Februar 2014 entfernt worden (vgl. verschiedene Schreiben des Klinikums S. vom 13.12.2013, 18.12.2013, 22.01.2014). Die im Vorfeld der Operation erfolgten Untersuchungen eines Gewebestücks haben keinen Anhalt für Malignität oder Hinweise auf Pilze ergeben (siehe näher den histologischen Befund vom 13.08.2013); auch besondere mikrobiologische oder tropenmedizinische Auffälligkeiten wurden nicht festgestellt (vgl. die Befunde vom 04.09. und 09.09.2013). Aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass heute noch eine Behandlungsbedürftigkeit des Klägers mit Blick auf die Leishmaniose bestehen würde, insbesondere sind ihnen auch keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass beim Kläger eine schwere Form der Leishmaniose vorliegen würde, bei der innere Organe in Mitleidenschaft gezogen werden (Pschyrembel, a.a.O.).
70 
Nachdem der Kläger bereits vom 26. bis 30.08.2014 wegen Analfissur und thrombosiertem Hämorrhoidalknoten in stationärer Behandlung war, erfolgte am 14.11.2014 erneut ein operativer Eingriff wegen einer akuten Analfissur. Nach dem Bericht der Klinik vom 15.11.2014 war der postoperative Verlauf komplikationslos. Die bei Entlassung am 17.11.2014 eingesetzte Medikation bestand aus Schmerzmittel (Ibuprofen 600), Magenschutz (Pantozol), Abführmittel (Lactulose MB) und schmerzstillender Salbe (Dolo posterine). Nach den allgemeinen ärztlichen Empfehlungen muss der Kläger viel trinken, bestimmte Speisen wie scharfes Essen vermeiden und auf eine peinliche Hygiene im Analbereich achten (vgl. etwa Arztbrief vom 28.08.2014). Aus dem (hausärztlichen) Attest vom 03.03.2015 ergibt sich nicht, dass der Kläger derzeit noch Medikamente nehmen würde. Soweit Dr. Sch. in diesem Attest schreibt, die Analfissur befinde sich in einem labilen Zustand und sei nur durch weichen Stuhlgang erträglich, beruht dies allein auf der insoweit wiedergegebenen Äußerung des Klägers. Es ist daher nicht ersichtlich, dass es sich bei den Problemen im Analbereich um ein ausgeprägtes Krankheitsbild handelt, das zwingend eine durchgängige ärztliche Versorgung erforderlich machen würde.
71 
Eine wegen aktueller Schmerzen im Bauch am 02.03.2015 durchgeführte Sonographie des Abdomens zeigte keine behandlungsbedürftigen Erkrankungen (vgl. den Arztbrief des Internisten Dr. H. vom 02.03.2015). Weder aus den vorgelegten Befundberichten an den Hausarzt zu Untersuchungen des Blutes vom 02.03.2015, nach denen bis auf Eisen und Thrombozyten die Messwerte im Referenzbereich liegen; noch aus dem Attest des Hausarztes vom 03.03.2015 ergeben sich zureichende Hinweise auf eine aktuell zwingend behandlungsbedürftige Erkrankung. Was die Auffälligkeiten im Mund anbelangt, wie etwa das seit einem Jahr an der Unterlippe bestehende Fibrom, so ist den hierzu vorliegenden ärztlichen Aussagen (vgl. Attest Dr. Sch. vom 03.03.2015, Schreiben der HNO-Praxis Dr. R. vom 13.03.2015) nicht zu entnehmen, dass ein Unterbleiben der Behandlung mit gravierenden Nachteilen für die Gesundheit des Klägers verbunden wäre; abgesehen davon war ein Termin zur Entfernung des Fibroms am 07.04.2015 vorgesehen.
72 
Vor diesem Hintergrund bestand für den Senat auch keine Veranlassung, der mit Schriftsatz vom 23.03.2015 unterbreiteten Anregung zu folgen, den Hausarzt des Klägers, Dr. Sch., in der mündlichen Verhandlung anzuhören.
73 
Bei der derzeit gegebenen gesundheitlichen Situation würden den Kläger etwaige Mängel im bulgarischen Gesundheitssystem nicht treffen. Soweit für ihn eine Regulierung der Verdauung auch unter Zuhilfenahme von Arzneimitteln (wie etwa Lactulose) vorteilhaft ist, können ihm im Übrigen anlässlich der Überstellung Medikamente für die ersten Monate mitgegeben werden. Dadurch kann auch eine mögliche Übergangszeit überbrückt werden, bis der Kläger Zugang zu der in Bulgarien auch für Asylsuchende jedenfalls vorhandenen einfachen ärztlichen Basisversorgung hätte.
II.
74 
Unter diesen Umständen lässt sich auch die Abschiebungsanordnung rechtlich nicht beanstanden. Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die vom Bundesamt zu prüfen wären (siehe dazu Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 - InfAuslR 2011, 310; Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - InfAuslR 2014, 451), sind nicht ersichtlich.
C)
75 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
19 
Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Beklagten zur Sache verhandeln und entscheiden, da diese in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
A)
21 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere sind die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gewahrt. Mit der ausdrücklichen Bezugnahme im Schriftsatz vom 26.01.2015 auf die Ausführungen im Zulassungsantrag, der selbst noch den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprochen hat, und den Zulassungsbeschluss des Senats vom 12.01.2015, in dem die Berufungszulassung mit den nach Erlass der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergangenen Senatsurteilen vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 und A 11 S 1636/14) zum bulgarischen Asylsystem begründet worden ist, hat die Beklagte im konkreten Fall hinreichend deutlich dargelegt, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen sie das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft erachtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.04.2000 - 9 B 170/00 - juris; vgl. grundsätzlich zur Zulässigkeit von Bezugnahmen auf Zulassungsvorbringen Bader, u.a. VwGO, 6. Aufl. 2014, § 124a Rn. 39; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 124, 354 ff. - jew. m.w.N.).
B)
22 
Die Berufung ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16.04.2014, mit dem der Bescheid des Bundesamts vom 29.01.2014 aufgehoben worden ist, ist zu ändern. Die (Anfechtungs-)Klage ist zwar zulässig (vgl. zur statthaften Klageart in so genannten Dublin-Fällen ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; Bay. VGH, Beschluss vom 02.02.2015 - 13a ZB 50068 - juris; Hamb. OVG, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris; jew. m.w.N.). Sie ist aber nicht begründet, weil der Bescheid vom 29.01.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig qualifiziert (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.)
23 
Die Entscheidung unter Ziffer 1 des Bescheids ("Der Asylantrag ist unzulässig.") - welche als Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und nicht als feststellender Verwaltungsakt auszulegen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) - folgt aus § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Hier ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Mitgliedstaat anzusehen war und ist.
24 
Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Prüfung des Asylantrags des Klägers richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin II-VO). Da der Kläger bereits im August 2013 einen Asylantrag im Bundesgebiet gestellt und die Bundesrepublik Deutschland am 11.12.2013 ein Übernahmeersuchen an Bulgarien gerichtet hat, ist im vorliegenden Fall nach der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin III-VO) allein die Dublin-II-Verordnung zugrunde zu legen.
25 
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Danach ist von einer Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des am 27.08.2014 in Deutschland gestellten Antrags des Klägers auszugehen (1.). Eine Überstellung nach Bulgarien ist auch nicht mit Blick auf das bulgarische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen oder aus anderen Gründen unzulässig (2).
26 
1.) Ausweislich der in der Bundesamtsakte enthaltenen Eurodac-Daten reiste der Kläger am 28.09.2012 illegal nach Bulgarien ein. Am 10.01.2013 wurde er dort als Asylantragsteller registriert. Dass der Kläger in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat, entspricht seinem Vortrag auch im gerichtlichen Verfahren. Die Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers folgt aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO. Die gegebenenfalls vorgehenden (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO) Regelungen der Art. 6 bis 9 Dublin II-VO sind nicht einschlägig.
27 
Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO ist ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 18 Abs. 3 der Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 (vom 11.12.2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. L 316, S. 1) festgestellt wurde, dass der Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze des betreffenden Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Da der Kläger in Bulgarien im zeitlichen Anschluss an den illegalen Grenzübertritt einen Asylantrag gestellt hatte, bevor er im Bundesgebiet erneut um internationalen Schutz nachgesucht hat, ist Bulgarien nach Maßgabe des Art. 16 Dublin II-VO verpflichtet, ihn wieder aufzunehmen.
28 
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit Bulgariens bereits vor der Asylantragstellung in Deutschland oder aber die Wiederaufnahmepflicht später - wegen Ablaufs der Überstellungsfrist - entfallen sein könnten. Bulgarien hat unter dem 14.01.2014 ausdrücklich dem Übernahmeersuchen der Beklagten entsprochen. Die mit der Abgabe der Zustimmung beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO ist vor dem Hintergrund des am 06.02.2014 eingereichten Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und der in diesem Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27.02.2014 - A 8 K 641/14 - erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 29.01.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung auch tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293). Im Übrigen würde allein der Ablauf der Überstellungsfrist bei weiter bestehender Übernahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaats den Kläger auch nicht in subjektiven Rechten verletzen (siehe näher Senatsurteil vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris, sowie unten 2a).
29 
2.) Die Entscheidung der Beklagten, das Asylverfahren des Klägers nicht in eigener Zuständigkeit durchzuführen, ist auch mit Blick auf die Verhältnisse in Bulgarien nicht zu beanstanden; der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Selbsteintritt der Bundesrepublik im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO.
30 
a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris) hat ein Asylbewerber - sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO) - grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung seines Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat, so dass Fehler bei der Auslegung und bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind. Hat zum Beispiel ein Mitgliedstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme eines Antragstellers zugestimmt, etwa als "Mitgliedstaat der ersten Einreise" (nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO), kann der betreffende Antragsteller der Annahme, dieser sei zuständig, vielmehr nur entgegenhalten, dass in dem betreffenden Staat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gegeben sind, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, m.w.N.)
31 
Nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs kann einerseits jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der Dublin II-VO (bzw. nunmehr der Dublin III-VO) und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts, wie von Art. 4 GRCh, durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417). Das Dublin-Zuständigkeitssystem ist deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA. 2 Dublin III-VO) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.; Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (vgl. Urteile vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413, vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris, und Entscheidung vom 05.02.2015 - Nr. 51428/10, A.M.E./Niederlande - juris), der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt (vgl. zu den Anforderungen ausführlich Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, m.w.N.). Die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh muss durch wesentliche Gründe (siehe nunmehr Art. 3 Abs. 2 UA. 2 Dublin III-VO; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417: "ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe") gestützt werden. Das bedeutet, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sein müssen; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
35 
Hinzukommen muss immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer drohenden Verletzung von Art. 4 GRCh im konkreten Einzelfall gegebenenfalls vorrangig dadurch "vorgebeugt" werden kann und auch muss, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - juris, und vom 17.04.2015 - 2 BvR 602/15 - juris).
36 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte bzw. "wesentlichen Gründe" für die Annahme bestehen, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien derzeit systemische Schwachstellen aufweisen, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
37 
aa) Zur Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien entsprechende Defizite aufweisen, hat der Senat im Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77 (die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss des BVerwG vom 10.03.2015 - 1 B 7.15 - juris, zurückgewiesen; vgl. auch Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1636/14 -, nicht veröff.) ausgeführt:
38 
"...Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
39 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
40 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
41 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
42 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
43 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
44 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
45 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
46 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
47 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
48 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
49 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. ... der Senat ...geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
50 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
51 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
52 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
53 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
54 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
55 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
56 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris). ..."
57 
bb) Auch heute, etwa fünf Monate später, und unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnismittel, ist der Senat weiter der Überzeugung, dass in dem hier vorliegenden Fall eines alleinstehenden Antragstellers keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Schwachstellen vorliegen (ebenso Senatsurteil vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; Bay. VGH, Urteil vom 02.02.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris; vgl. auch Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 04.03.2015 - W192 2100103-1, und Erkenntnis vom 03.10.2014 - W212 2009059-1, zu finden unter www.ris.bka.gv.at/Bvwg/; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.02.2014 - E-597/2014 - www.bvger.ch/publiws/?lang=de). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Betreffende - wie hier der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet (siehe hierzu unten (2.)).
58 
(1.) Es kommt zwar weiter oder gar vermehrt zu Übergriffen gegen Ausländer und Flüchtlinge in Bulgarien; dem bulgarischen Staat bzw. staatlichen Behörden und Politikern wird vorgeworfen, dass dagegen nicht hinreichend aktiv vorbeugend sowie repressiv in der Strafverfolgung vorgegangen wird (dazu ausführlich amnesty international, "Missing the point. Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria", Febr. 2015). Zudem ist geplant, den Zaun an der Grenze zur Türkei noch auszubauen (vgl. Reuters vom 14.01.2015 "Bulgaria to extend fence at Turkish border to bar refugee influx“); es mehren sich Berichte wonach es an der Grenze und in Grenznähe zu rechtswidrigen Zurückschiebungen (push-backs) kommen soll. Die Zahl der Flüchtlinge steigt tendenziell weiter an - von 910 im Juli 2014 über 1.105 im August, 1.220 im September, 1.430 im Oktober und 1.380 im November auf 1.500 im Dezember 2014 (Eurostat, "Asylum and new asylum applicants“ - monthly data", Stand: 27.03.2015). Bulgarien hatte im Jahre 2014 insgesamt 11.080 Asylantragsteller gegenüber 7.145 im Jahre 2013 und 1.385 im Jahre 2012 (Eurostat, "Asylum and new asylum applicants“ - annual aggregated data", Stand: 23.03.2015). Auch ist die Situation in vielen der Heime sicherlich immer noch verbesserungsbedürftig. Daraus folgen aber für alleinstehende Asylbewerber wie den Kläger weiter keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Bulgarien.
59 
In den verschiedenen Flüchtlingsunterkünften sind immer noch ausreichend Plätze vorhanden (vgl. dazu UNHCR an VG Minden vom 23.12.2014, wonach in den sieben Unterkünften 6.000 Plätze bestehen, von denen 3.910 belegt sind). UNHCR berichtet in der aktuellsten Stellungnahme vom 23.12.2014 (an VG Minden) über das Aufnahmeverfahren und die allgemeine Situation für Flüchtlinge, dass Asylbewerber nach einer (illegalen) Einreise nach Bulgarien nicht mehr für einen längeren Zeitraum inhaftiert werden. Dies ist laut UNHCR einer seit dem ersten Vierteljahr 2014 verbesserten Kooperation zwischen Grenz- und Einwanderungsbehörden und der staatlichen Agentur für Flüchtlinge (SAR) zu verdanken. Für die Bewohner der SAR-Einrichtungen sorgt der Staat für warme Mahlzeiten (zweimal täglich) und eine medizinische Grundversorgung. Aufgrund der UNHCR-Förderung kümmern sich Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarian Helsinki Commitee, CARITAS) unter anderem um rechtliche Beratung und nicht offizielle Bulgarisch-Kurse in den SAR-Einrichtungen. Mittlerweile gibt es ein Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Agentur für Flüchtlinge und 14 Nichtregierungsorganisationen mit dem Ziel der verbesserten Versorgung und Betreuung von Personen, die internationalen Schutz in Bulgarien suchen oder diesen erhalten haben; hierzu gehört auch die medizinische Versorgung (FOCUS News Agency vom 30.01.2015). Wie der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 23.12.2014 weiter ausführt, haben die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten "Dublin-Rückkehrer" ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolgt allerdings die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Videokonferenz-Ausrüstungen in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, sollen helfen, das Verfahren zu beschleunigen. UNHCR geht davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme- und der Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014, welche dazu geführt habe, dass zwischen Januar und Oktober 2014 5.624 Antragstellern ein Schutzstatus gewährt worden sei, das Asylsystem "einigermaßen" funktioniert. Um allerdings die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erfolgen Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weiter Mittel.
60 
Auch nach EASO (EASO, Special Support Plan to Bulgaria vom 05.12.2014) hat das bulgarische Asylsystem "in den letzten 12 Monaten", also zwischen Ende 2013 und Ende 2014, eine Reihe von wichtigen Fortschritten gemacht. Dazu gehören die bereits im Senatsurteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) angeführte Erhöhung der Zahl von Aufnahmeeinrichtungen bzw. Zentren, die Verbesserung der Wohnbedingungen in diesen Zentren und die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten in den SAR (von 133 auf 293, vgl. im einzelnen EASO vom 05.12.2014, S. 6 f.). Seit Juli 2014 gilt ein nationaler Plan zur Integration von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde. Vor allem hat EASO auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystems - so genannten "special support" (vgl. zum Hintergrund dieses Programms EASO vom 05.12.2014, Annex D, S. 14) - zugesagt. Nach den unter anderem mit Hilfe des "EASO Operation Plan to Bulgaria" in der Vergangenheit erzielten Fortschritten ist nun ein "EASO Special Support Plan to Bulgaria" konzipiert worden, welcher am 05.12.2014 vom Bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet wurde. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollen, gehören unter anderem die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts der Europäischen Union, bei der Erkennung und Behandlung von besonders schutzbedürftigen Personen, bei der Aufnahme der Flüchtlinge bzw. den Aufnahmeverfahren, bei der Schaffung von Verfahrensgarantien und der verbesserten Aufnahme von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, bei der Entwicklung von Trainings für Dolmetscher, sowie bei der Aus- oder Weiterbildung von Entscheidern und von Angehörigen der Justiz (vgl. ausführlich zu den geplanten Maßnahmen EASO vom 05.12.2014). Die Umsetzung des Plans wird in Kooperation und mit Unterstützung des UNHCR erfolgen.
61 
Ob insbesondere die Darstellung von EASO zu den Verbesserungen in der bulgarischen Asyl- und Aufnahmepraxis mit Blick auf den von PRO ASYL im April 2015 veröffentlichen Bericht „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“, möglicherweise einer kritischen Nachfrage bzw. genaueren Prüfung bedürfte, kann dahingestellt bleiben. Der Bericht, der allerdings primär Ereignisse aus dem Jahre 2013 dokumentiert, ist dem Senat erst am 13.05.2015 zugegangen und kann im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden. Zu diesem Zeitpunkt war der unterschriebene Urteilstenor zum Zwecke der Bekanntgabe an die Beteiligten auf Nachfrage bereits seit dem 07.04.2015 auf der Geschäftsstelle niedergelegt. Eine Änderung der Entscheidung des Senats bzw. - dem vorgeschaltet - eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist dann nicht mehr zulässig (Senatsurteil vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - juris; Bader, u.a. VwGO, 6. Aufl. 2014, § 116 Rn. 10 - jew. m.w.N.).
62 
Auf der Grundlage der von ihm herangezogenen Erkenntnisquellen geht der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet ist und derzeit nicht - wie 2013 - befürchtet werden muss, dass die Verfahrens- und Aufnahmebedingungen nicht den Anforderungen genügen. Für den Kläger folgt daraus, dass eine Überstellung nach Bulgarien weiter möglich ist. Als "Dublin-Rückkehrer" hat er erst recht keine menschenunwürdige Behandlung zu befürchten.
63 
Die Erkenntnisse über die Behandlung und die Situation von so genannten "Dublin-Rückkehrern", von denen der Senat bislang ausgegangen ist (vgl. dazu Auszug aus dem Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, 77, oben), werden mit der Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt. Danach wird in allen Dublin-Verfahren eine Anhörung durchgeführt, "wenn notwendig". Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus im Fall der "Wiederaufnahme" - also bei Antragstellern, welche in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben - ist prinzipiell davon abhängig, welchen Stand der frühere Asylantrag in Bulgarien gehabt hat bzw. hat. Ist über diesen noch nicht (sachlich) entschieden worden, wird in Bulgarien eine Entscheidung gefällt. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird es wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann "objektive Gründe" für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich kann der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellen; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft.
64 
Für Dublin-Rückkehrer gilt nach dieser Stellungnahme des UNHCR allerdings weiter (siehe bereits UNHCR vom April 2014) die Besonderheit, dass das Asylverfahren generell wiedereröffnet wird, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Nach UNHCR ist damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller wird abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet wurde, wird in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung (über die Gründe für die Asylantragstellung) geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden hat. Ist hingegen über den Asylanspruch in der Sache bereits abschließend negativ entschieden worden, wird zwar die betreffende Person wieder ins Land gelassen, aber ebenso behandelt wie ein Asylbewerber, dessen Ersuchen um internationalen Schutz bestandskräftig abgelehnt wurde. Sie können dann mit dem Ziel einer Abschiebung in einer Haftanstalt festgehalten werden, welche der Abteilung für Migration unterstellt ist. Etwas anders gilt wiederum, wenn der Betreffende einen Folgeantrag einreicht. Dann wird er nicht inhaftiert. Er kann dann in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden oder unter einer "externen Anschrift" wohnhaft sein.
65 
Das bedeutet für den Kläger, der zwar einen Asylantrag gestellt, aber nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Bulgarien noch nicht zu seinen Asylgründen angehört worden ist, dass sein Asylverfahren in Bulgarien fortgeführt wird. Der Senat ist der Überzeugung, dass dieser Vortrag des Klägers, es habe keine Anhörung zu den Gründen gegeben, warum er sein Heimatland verlassen hat, zutreffend ist. Seine Schilderungen auf die Fragen des Senats sind insgesamt nachvollziehbar und stimmig gewesen. Dass Bulgarien ohne nähere Begründung unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 lit. e) Dublin II-VO der Übernahme des Klägers zugestimmt hat, steht dem nicht entgegen. Denn diese Vorschrift kann auch bei einer rein verfahrensmäßigen Beendigung des Asylverfahrens genannt werden.
66 
Soweit der Kläger bei der Anhörung durch das Bundesamt auf den Vorhalt einer Asylantragstellung in Bulgarien angegeben hatte, es habe lediglich eine Anhörung gegeben, sie hätten auf seine drei schriftlichen Bitten nicht reagiert, er sei vier Monate obdachlos gewesen, ohne dass es eine Entscheidung gegeben habe, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Das Bundesamt hat ausweislich der Niederschrift über die Befragung vom 20.09.2013 hierzu keine Nachfragen gestellt. Es ist durchaus möglich, dass der Kläger lediglich eine allgemeine Gelegenheit zur Äußerung aus anderen Gründen gemeint hat, wie etwa im unmittelbaren Zusammenhang mit der Asylantragstellung aus dem Gefängnis heraus, oder schlicht in der konkreten Befragungssituation übertrieben hat. Selbst wenn man im Übrigen entgegen seinen Angaben in der Berufungsverhandlung unterstellen würde, es habe bereits eine abschließende negative Sachentscheidung gegen ihn gegeben, könnte er einen Folgeantrag stellen.
67 
Unter diesen Umständen bestehen insbesondere keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei einer Überstellung nach Bulgarien in Haft genommen und dort menschenrechtswidrig behandelt werden könnte. Die Gefahr einer Inhaftnahme lässt sich auch nicht aus dem Umstand folgern, dass er seinen Angaben zufolge direkt nach seiner Einreise nach Bulgarien inhaftiert und zunächst in einem Gefängnis festgehalten wurde. Denn damals war er illegal nach Bulgarien eingereist. Soweit der Kläger geltend macht, er werde inhaftiert, weil er keinen Platz in einer SAR-Einrichtung finden könne, ist das durch nichts untermauert. Ungeachtet dessen wäre die Möglichkeit eines Fehlverhalten der zuständigen Behörden im Einzelfall mit Blick auf die Anforderungen an das Vorliegen einer so genannten "systemischen Schwachstelle" und das für die Annahme einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK erforderliche Beweismaß der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bzw. des "real risk" (siehe dazu oben 2a) nicht relevant. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27.01.2015 (Nr. 36925/10 u.a., Neshkov u.a.), auf welches er bezüglich der Art. 3 ERMK verletzenden Haftbedingungen verwiesen hat, betrifft im Übrigen eine Strafhaft. Entsprechendes gilt für den von ihm angeführten Beschluss des OLG Celle vom 16.12.2014 (1 Ausl 33/14 - juris), in dem ausgeführt ist, dass eine Inhaftierung in der Vollzugsanstalt Varna nicht mit den Vorgaben der EMRK in Einklang zu bringen ist.
68 
(2.) Der Kläger ist in dem für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht in einer Weise erkrankt, die dem Senat Veranlassung geben könnte, die in seinem Urteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) offen gelassene Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen mit Blick auf Defizite in der medizinischen Versorgung in Bulgarien von einem systemischen (oder jedenfalls die Überstellung im konkreten Einzelfall hindernden) Mangel auszugehen sein könnte (solches verneinend Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 04.03.2015 - W192 2100103-1, a.a.O.).
69 
Beim Kläger liegt ein „Zustand nach kutaner Leishmaniose rechter Unterarm“ vor (vgl. ärztliches Attest Dr. Sch. - Facharzt für Allgemeinmedizin vom 03.03.2015 und Schreiben Dr. R.-B. und Dr. R - Fachärzte für HNO vom 13.03.2015). Kutane Leishmaniose ist eine durch Parasiten, die insbesondere durch Sandmücken übertragen werden, ausgelöste und mit Geschwürbildung einhergehende Hauterkrankung (vgl. im Einzelnen Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 265. Aufl. 2014, S. 1200 f.). Die Geschwüre auf dem Unterarm des Klägers sind durch eine ambulante Operation im Februar 2014 entfernt worden (vgl. verschiedene Schreiben des Klinikums S. vom 13.12.2013, 18.12.2013, 22.01.2014). Die im Vorfeld der Operation erfolgten Untersuchungen eines Gewebestücks haben keinen Anhalt für Malignität oder Hinweise auf Pilze ergeben (siehe näher den histologischen Befund vom 13.08.2013); auch besondere mikrobiologische oder tropenmedizinische Auffälligkeiten wurden nicht festgestellt (vgl. die Befunde vom 04.09. und 09.09.2013). Aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass heute noch eine Behandlungsbedürftigkeit des Klägers mit Blick auf die Leishmaniose bestehen würde, insbesondere sind ihnen auch keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass beim Kläger eine schwere Form der Leishmaniose vorliegen würde, bei der innere Organe in Mitleidenschaft gezogen werden (Pschyrembel, a.a.O.).
70 
Nachdem der Kläger bereits vom 26. bis 30.08.2014 wegen Analfissur und thrombosiertem Hämorrhoidalknoten in stationärer Behandlung war, erfolgte am 14.11.2014 erneut ein operativer Eingriff wegen einer akuten Analfissur. Nach dem Bericht der Klinik vom 15.11.2014 war der postoperative Verlauf komplikationslos. Die bei Entlassung am 17.11.2014 eingesetzte Medikation bestand aus Schmerzmittel (Ibuprofen 600), Magenschutz (Pantozol), Abführmittel (Lactulose MB) und schmerzstillender Salbe (Dolo posterine). Nach den allgemeinen ärztlichen Empfehlungen muss der Kläger viel trinken, bestimmte Speisen wie scharfes Essen vermeiden und auf eine peinliche Hygiene im Analbereich achten (vgl. etwa Arztbrief vom 28.08.2014). Aus dem (hausärztlichen) Attest vom 03.03.2015 ergibt sich nicht, dass der Kläger derzeit noch Medikamente nehmen würde. Soweit Dr. Sch. in diesem Attest schreibt, die Analfissur befinde sich in einem labilen Zustand und sei nur durch weichen Stuhlgang erträglich, beruht dies allein auf der insoweit wiedergegebenen Äußerung des Klägers. Es ist daher nicht ersichtlich, dass es sich bei den Problemen im Analbereich um ein ausgeprägtes Krankheitsbild handelt, das zwingend eine durchgängige ärztliche Versorgung erforderlich machen würde.
71 
Eine wegen aktueller Schmerzen im Bauch am 02.03.2015 durchgeführte Sonographie des Abdomens zeigte keine behandlungsbedürftigen Erkrankungen (vgl. den Arztbrief des Internisten Dr. H. vom 02.03.2015). Weder aus den vorgelegten Befundberichten an den Hausarzt zu Untersuchungen des Blutes vom 02.03.2015, nach denen bis auf Eisen und Thrombozyten die Messwerte im Referenzbereich liegen; noch aus dem Attest des Hausarztes vom 03.03.2015 ergeben sich zureichende Hinweise auf eine aktuell zwingend behandlungsbedürftige Erkrankung. Was die Auffälligkeiten im Mund anbelangt, wie etwa das seit einem Jahr an der Unterlippe bestehende Fibrom, so ist den hierzu vorliegenden ärztlichen Aussagen (vgl. Attest Dr. Sch. vom 03.03.2015, Schreiben der HNO-Praxis Dr. R. vom 13.03.2015) nicht zu entnehmen, dass ein Unterbleiben der Behandlung mit gravierenden Nachteilen für die Gesundheit des Klägers verbunden wäre; abgesehen davon war ein Termin zur Entfernung des Fibroms am 07.04.2015 vorgesehen.
72 
Vor diesem Hintergrund bestand für den Senat auch keine Veranlassung, der mit Schriftsatz vom 23.03.2015 unterbreiteten Anregung zu folgen, den Hausarzt des Klägers, Dr. Sch., in der mündlichen Verhandlung anzuhören.
73 
Bei der derzeit gegebenen gesundheitlichen Situation würden den Kläger etwaige Mängel im bulgarischen Gesundheitssystem nicht treffen. Soweit für ihn eine Regulierung der Verdauung auch unter Zuhilfenahme von Arzneimitteln (wie etwa Lactulose) vorteilhaft ist, können ihm im Übrigen anlässlich der Überstellung Medikamente für die ersten Monate mitgegeben werden. Dadurch kann auch eine mögliche Übergangszeit überbrückt werden, bis der Kläger Zugang zu der in Bulgarien auch für Asylsuchende jedenfalls vorhandenen einfachen ärztlichen Basisversorgung hätte.
II.
74 
Unter diesen Umständen lässt sich auch die Abschiebungsanordnung rechtlich nicht beanstanden. Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die vom Bundesamt zu prüfen wären (siehe dazu Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 - InfAuslR 2011, 310; Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - InfAuslR 2014, 451), sind nicht ersichtlich.
C)
75 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung werden abgelehnt.

Gründe

1. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) liegt nicht vor.

Die Kläger messen der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob der Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG für den Fall zwingend sei, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag gemäß § 26a Abs. 1 AsylVfG allein aufgrund einer bereits erlangten Schutzgewährung des Ausländers in einem sicheren Drittstaat ablehne, oder ob das Bundesamt auch eine Ausreiseaufforderung mit Fristsetzung und Abschiebungsandrohung gestützt auf § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG und/oder § 34 Abs. 1 AsylVfG erlassen könne. Die aufgeworfene Frage rechtfertigt schon mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Berufung. Sie lässt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz dahingehend beantworten, dass unter den Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG eine Abschiebungsanordnung zwingend zu erlassen ist.

Das Bundesamt hat die Asylanträge der Kläger mit Bescheid vom 10. Februar 2015 als unzulässig abgelehnt und in den Gründen des Bescheids unter Verweis auf § 26a AsylVfG ausgeführt, die Unzulässigkeit der Anträge ergebe sich aus dem Schutzstatus in einem sicheren Drittstaat (Bulgarien); insoweit werde nach § 34a AsylVfG grundsätzlich die Abschiebung angeordnet, allerdings sei eine Abschiebungsandrohung als milderes Mittel ebenfalls zulässig.

Hat ein Ausländer in einem Drittstaat internationalen Schutz erhalten und reist er aus diesem Drittstaat nach Deutschland ein, kann sein Asylantrag zutreffend nach §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG abgelehnt werden (vgl. OVG NRW, B. v. 8.6.2015 - 14 A 1233/15.A - juris). Zwischen der Ablehnung des Asylantrags, die - wie hier - allein auf die Einreise aus einem sicheren Drittstaat im Sinn des § 26a AsylVfG gestützt wird, und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat besteht jedoch ein untrennbarer Zusammenhang (vgl. OVG NRW, U. v. 30.9.1996 - 25 A 790/96.A - NVwZ 1997, 1141; Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 34a Rn. 2). Das folgt aus dem Zusammenspiel des § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG mit den Regelungen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG und des § 34 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG.

Für den Fall, dass ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden soll, bestimmt § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, dass das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald deren Durchführbarkeit feststeht. Damit gibt diese Regelung dem Bundesamt in den Fällen des § 26a AsylVfG als aufenthaltsbeendende Maßnahme lediglich die Abschiebungsanordnung an die Hand. Das verdeutlicht auch § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, wonach es einer Abschiebungsandrohung nicht bedarf. Folgerichtig ordnet § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG an, dass die Entscheidung zusammen mit der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG dem Ausländer selbst zuzustellen ist, wenn der Asylantrag nur nach § 26a AsylVfG abgelehnt wird.

Das entspricht auch dem Regelungswillen des Gesetzgebers. Dieser hielt es für erforderlich, von einer Abschiebungsandrohung abzusehen, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückreise in den Drittstaat im Allgemeinen nicht besteht (vgl. BT-Drs. 12/4450 Begr. S. 23). Diese Erwägungen sind im Übrigen auch hier nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Das bulgarische Ministerium für Innere Angelegenheiten hat der Wiederaufnahme der Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2015 auf der Grundlage des deutsch-bulgarischen Abkommens über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen vom 1. Februar 2006 (Rückübernahmeabkommen) zugestimmt. Das Abkommen sieht vor, dass die Übernahme der betroffenen Personen durch die ersuchte Vertragspartei unverzüglich erfolgt, spätestens jedoch innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat (Art. 7 Abs. 3 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens). Diese Frist wird auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei (nur) im Falle rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse für die Übergabe verlängert (Art. 7 Abs. 3 Satz 2 des Rückübernahmeabkommens). Die betroffenen Personen haben kein individuelles Einreiserecht. Sie werden vielmehr in der Regel auf dem Luftweg rückgeführt (Art. 9 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens).

Nach allem kommt es nicht mehr darauf an, ob die aufgeworfene Grundsatzfrage etwa deshalb nicht klärungsfähig ist, weil die Abschiebungsandrohung im Falle eines Berufungsverfahrens unter Rückgriff auf andere Rechtsgrundlagen aufrechtzuerhalten wäre.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert bemisst sich nach § 30 RVG.

3. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren sind abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

4. Mit der Ablehnung der Anträge wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. Juli 2015 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Gründe

I

1

Der Kläger, nach eigenem Vortrag ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im August 2013 zusammen mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern nach Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zuvor war der Familie bereits in Ungarn subsidiärer Schutz gewährt worden. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2013 entschied das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass der Asylantrag des Klägers nach § 27a AsylVfG unzulässig ist (Ziffer 1) und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2).

2

Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen erhobenen Anfechtungsklage stattgegeben. Mit "Ergänzungsbescheid" vom 28. April 2015 hat das Bundesamt Ziffer 2 des Bescheids vom 13. Dezember 2013 in eine Abschiebungsandrohung nach Ungarn geändert. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Anschlussberufung des Klägers mit Urteil vom 29. April 2015 festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheids erledigt hat, und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Begründet hat er dies damit, dass die ursprüngliche Verantwortlichkeit Ungarns zur Prüfung des Asylantrags des Klägers nicht mehr fortbestehe, nachdem das Bundesamt bezüglich der weiteren Familienangehörigen von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht habe. Die Entscheidung des Bundesamts würde sich auch nicht auf einer anderen Rechtsgrundlage als im Ergebnis zutreffend darstellen, insbesondere sei die Beklagte nicht wegen der subsidiären Schutzgewährung in Ungarn an einer erneuten Sachentscheidung gehindert. Der Antrag sei als Folgeschutzgesuch zu werten, das die Beklagte nach § 71a AsylVfG prüfen müsse. Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung habe sich der Rechtsstreit mit dem "Ergänzungsbescheid" der Beklagten erledigt. Dieser enthalte nicht nur eine inhaltliche Modifikation, sondern stelle einen neuen Verwaltungsakt dar, der den früheren jedenfalls konkludent ersetze.

3

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der diese die Zulassung der Revision erstrebt.

II

4

Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 (BVerwGE 150, 29) liegt nicht vor. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur gegeben, wenn die Vorinstanz einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz widerspricht.

6

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Asylantrag des Klägers nicht schon deshalb unzulässig ist, weil ihm in einem anderen Mitgliedstaat subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Dies steht nicht in Widerspruch zu der von der Beschwerde herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieser lag eine andere Fallkonstellation zugrunde, da der Kläger im dortigen Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannt worden war. Eine solche ausländische Flüchtlingsanerkennung hat zur Folge, dass der Betroffene nach § 60 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG kraft nationalen Rechts nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden darf; einen Anspruch auf eine (neuerliche) Statusanerkennung durch das Bundesamt hat er nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG aber nicht. Dies gilt über § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auch in Bezug auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes. Vorliegend geht es hingegen um die Konsequenzen, die sich aus der Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei gleichzeitiger Gewährung subsidiären Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat für einen erneuten Asylantrag im Bundesgebiet ergeben. Hierzu sind der von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine tragenden Rechtssätze zu entnehmen, von denen das Berufungsgericht abgewichen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung insbesondere nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass jede Form einer im Ausland bereits erfolgten Zuerkennung internationalen Schutzes den Ausschluss einer nochmaligen materiellen Prüfung im Bundesgebiet zur Folge hat. Die Entscheidung verhält sich insbesondere nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage, ob die Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat auch einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht.

7

2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110).

8

a) Die Beschwerde hält zunächst - für den Fall, dass es an einer höchstrichterlichen Klärung fehlt - für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob infolge der Regelung in § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG) jede Form einer im Ausland bereits erfolgten Zuerkennung internationalen Schutzes für das Bundesgebiet zur Folge hat, dass ein Anspruch auf ein nochmaliges materielles Prüfverfahren zu internationalem Schutz insgesamt ausgeschlossen ist."

9

Dazu führt sie ergänzend aus, dass die vom Berufungsgericht hierzu vertretenen Rechtsgrundsätze in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten seien und sich weder unmittelbar noch mit Hilfe anerkannter Auslegungsgrundsätze aus dem Gesetz ergäben. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine entscheidungserhebliche klärungsbedürftige Frage auf, die eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigt.

10

Soweit die Beschwerde auf die ihrer Auffassung nach divergierende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs München in seinen Beschlüssen vom 16. Juni 2015 - 20 B 15.50058 - (juris) und vom 18. Juni 2015 - 20 B 15.300117 - (juris) verweist, betrafen beide Verfahren die (nochmalige) Zuerkennung subsidiären Schutzes für eine in einem anderen Mitgliedstaat bereits als schutzberechtigt anerkannte Person, während der Kläger mit seinem Asylantrag vorliegend (auch) die - von den ungarischen Behörden abgelehnte - Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und damit eine Aufstockung seines Schutzes begehrt.

11

Soweit die Beschwerde im Übrigen hinsichtlich des Umfangs der aus § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abzuleitenden Unzulässigkeit eines materiellen Prüfverfahrens darauf hinweist, dass die Ablehnung der Durchführung eines erneuten Asylverfahrens wegen der Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 S. 60) - Asylverfahrensrichtlinie n.F. - entspreche, wonach die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den Dublin-Bestimmungen einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig betrachten dürfen, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat, übersieht sie die Übergangsregelung in Art. 52 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2013/32/EU. Danach wenden die Mitgliedstaaten die in Umsetzung dieser Richtlinie nach Art. 51 Abs. 1 erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf förmlich gestellte Anträge auf internationalem Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher an; für vor diesem Datum gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften "nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG" (Asylverfahrensrichtlinie a.F.). Zu den dieser Übergangsregelung unterfallenden Bestimmungen zählt auch die Ermächtigung in Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU, die regelt, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Dublin-Verordnungen ein Antrag nicht geprüft wird, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen Unzulässigkeit nicht prüfen müssen. Folglich darf ein - wie hier - vor dem Stichtag (20. Juli 2015) gestellter Asylantrag nur nach Maßgabe der Regelung in Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG als unzulässig betrachtet werden. Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG können die Mitgliedstaaten einen Asylantrag wegen Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat aber nur als unzulässig betrachten, wenn der andere Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat. Daran fehlt es hier.

12

Da es sich bei der den Mitgliedstaaten in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten - und gegenüber der Vorgängerregelung erweiterten - Option um eine den Antragsteller belastende Änderung handelt, ermöglicht auch die Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 der Richtlinie 2013/32/EU keine vorzeitige Anwendung der Änderung auf vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge. Damit steht im vorliegenden Verfahren Unionsrecht der von der Beklagten angenommenen Auslegung des § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG entgegen, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

13

b) Des Weiteren hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob sich die Abschiebungsanordnung als spezielle Ausformung der Abschiebungsandrohung darstellt bzw. jedenfalls insoweit teilidentisch ist, als unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung des Charakters als Ausreiseverfügung bei gleichbleibendem Zielstaatsbezug eine Abänderung in eine Abschiebungsandrohung möglich ist oder es sich dabei um völlig unterschiedliche Regelungen handelt, die nicht einmal teilidentisch sind, so dass die erfolgte Abänderung zur vollständigen Erledigung der verfügten Abschiebungsanordnung führt."

14

In diesem Zusammenhang verweist sie darauf, dass beide Maßnahmen der Umsetzung einer festgestellten Ausreiseverpflichtung dienten, der Prüfungsinhalt jedenfalls insoweit identisch sei, als es um die zielstaatsbezogene Gefährdungslage gehe und nach dem das Asylverfahren in besonderer Weise prägenden Grundsatz der Verfahrenskonzentration und -beschleunigung es zielführender wäre, abschichtbare Regelungsbereiche - wie etwa die Frage einer zielstaatsbezogenen Gefährdungslage - umfassend bereits in einem anhängigen Streitverfahren einer Überprüfung zu unterziehen, anstatt sie mit neu ausgelösten Rechtsmittelfristen einer Überprüfung in einem eigenständigen und späteren Gerichtsverfahren zu überantworten.

15

Auch dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, da die aufgeworfene Rechtsfrage ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens anhand des Gesetzes beantwortet werden kann. Das Bundesamt hat die auf § 34a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung durch den "Ergänzungsbescheid" inhaltlich nicht lediglich modifiziert, sondern durch eine andere Regelung, nämlich eine Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG ersetzt. Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung stellen unterschiedliche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung dar, die nicht teilidentisch sind. Insbesondere stellt sich eine Abschiebungsanordnung nicht als spezielle Ausformung einer Abschiebungsandrohung dar und ist eine Abschiebungsandrohung nicht als Minus in jeder Abschiebungsanordnung mitenthalten. Auch der Umstand, dass beide Maßnahmen auf das gleiche Ziel gerichtet sind, nämlich auf eine Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet, und teilweise identische Prüfungsinhalte bestehen, begründet keine Teilidentität in dem Sinne, dass die Ersetzung einer (rechtswidrigen) Abschiebungsanordnung durch eine Abschiebungsandrohung nicht zur (vollständigen) Erledigung der Abschiebungsanordnung führt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Abschiebungsandrohung einer Fristsetzung bedarf. Außerdem soll in einer Abschiebungsandrohung zwar der Staat bezeichnet werden, in den der Betroffene abgeschoben werden soll; soweit keine Abschiebungsverbote bestehen, kann er auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung aber auch in jeden anderen Staat abgeschoben werden, in den er ausreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (§ 34 AsylVfG i.V.m. § 59 Abs. 2 und 3 AufenthG). Die Abschiebungsanordnung bedarf hingegen nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keiner vorherigen Androhung und Fristsetzung, darf aber nur in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat angeordnet werden und setzt voraus, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann.

16

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2015 wird in Ziffer 2 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Jeder Beteiligte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und ihm die Abschiebung nach Bulgarien angedroht wurde.

Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit, reiste am 26. April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 2. Juni 2014 einen Asylantrag. Beim Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 2. Juni 2014, bei dem er seinen Personalausweis, sein Wehrdienstheft und sein Familienbuch vorlegte, gab der Kläger im Wesentlichen an, dass sich seine Ehefrau noch in seinem Heimatort, einem Dorf bei Al Rakka in Syrien befinde. Gleiches gelte für seine drei ..., ... und ... geborenen Söhne. Er habe am 4. Februar 2013 sein Heimatland mit einem PKW in die Türkei verlassen und sei dort neun Monate geblieben. Dann habe er zu Fuß die bulgarische Grenze überquert und sei dort sieben Monate in Sofia geblieben. Anschließend sei er mit einem PKW nach Österreich und sofort per Zug weiter nach Deutschland gereist. Einen Asylantrag habe er in einem anderen Staat nicht gestellt. In Bulgarien sei er am 15. Oktober 2013 erkennungsdienstlich behandelt worden. Er wolle nicht in einen anderen Staat überstellt werden, er wolle in Deutschland bleiben, da die Situation in Bulgarien sehr schlecht sei. Bei der Befragung zur Identitätsklärung durch die Zentrale Rückführungsstelle Nordbayern am 13. Mai 2014 gab der Kläger an, dass er in Bulgarien Asyl beantragt habe und als Flüchtling anerkannt worden sei.

Das Bundesamt stellte am 24. September 2014 ein Übernahmeersuchen an Bulgarien auf der Grundlage der Dublin-III-Verordnung. Bulgarien erklärte mit einem nicht datierten Schreiben, dass dem Kläger am 20. Januar 2014 in Bulgarien der subsidiäre Schutzstatus gewährt worden sei, und eine Rückübernahme nach den Regelungen der Dublin-III-Verordnung nicht erfolgen könne. Daneben wurde die für eine Rückübernahme des Klägers zuständige bulgarische Behörde genannt.

Mit Bescheid vom 28. Januar 2015 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1.) und forderte ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung, zuvorderst nach Bulgarien angedroht. Eine Abschiebung nach Syrien sei verboten (Ziffer 2.). Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.

Der Bescheid wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 4. Februar 2015 zugestellt.

Hiergegen ließ der Kläger mit am 18. Februar 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 6. Februar 2015 die vorliegende Klage erheben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte in ihrem Bescheid auf den gewährten subsidiären Schutz verweise, den der Kläger wohl auf dem Papier in Bulgarien erhalten habe. Leider nicht mehr. Dem Kläger sei zu keinem Zeitpunkt Wohnung, Essen, ärztliche Versorgung zur Verfügung gestellt worden. Er sei in der ganzen Zeit obdachlos gewesen. Dies stelle einen Verstoß gegen die Aufnahmerichtlinien dar. Diese gälten ebenfalls für die „Papierschutzberechtigten“ nach bulgarischem Verständnis. Hierzu wurde auf ein Urteil des VG München vom 19. September 2014 (Az. M 24 K 14.50343) verwiesen, in dem das VG München systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Dublin-III-VO feststellte. Daneben war eine umfangreiche Liste mit Gerichtsentscheidungen verschiedener Verwaltungsgerichte mit Datum und Aktenzeichen, die vom 24. November 2014 datierte und von einem Rechtsanwalt W... stammte, beigefügt.

Der Kläger beantragt:

Der Bescheid des Bundesamtes vom 28. Januar 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schreiben vom 18. März 2015 legte der Bevollmächtigte des Klägers einen Beschluss des VG Oldenburg vom 27. Januar 2015, Aktenzeichen 12 B 245/15, vor. Dieser gehe davon aus, dass Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus in Bulgarien derzeit wegen fehlendem Integrationsprogramm im Hinblick auf Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und fehlende Bildungsmöglichkeit sich in einer nahezu ausweglosen Lage befänden. Damit verstoße Bulgarien gegen die Aufnahmerichtlinien und die Qualifikationsrichtlinien und damit den völkervertraglichen Schutzstandard. Daneben werde auf ein Urteil des VG Ansbach vom 21. Januar 2015 (AN 3 K 14.50104) verwiesen, aus dem sich ergebe, dass zu der Frage des Bestehens systemischer Mängel in Bulgarien auch hier die erforderliche Sachaufklärung durch das Bundesamt fehle.

Mit Schreiben vom 29. September 2015 wies das Gericht darauf hin, dass im streitgegenständlichen Bescheid als Rechtsgrundlage für die Ziffer 2 (Abschiebungsandrohung nach Bulgarien) § 34a AsylVfG genannt sei. Dieser verlange als Tatbestandsvoraussetzung unter anderem, dass feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Dies bedeute insbesondere, dass die Übernahmebereitschaft des Mitgliedstaates, in den abgeschoben werden solle, abschließend geklärt sei (vgl. nur Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 34, Rn. 20 m. w. N.). Den Behördenakten sei nicht zu entnehmen, dass bzw. wie Bulgarien seine Übernahmebereitschaft bezüglich des Klägers erklärt habe. Um Stellungnahme werde gebeten.

Die Beklagte nahm hierzu mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2015 dahingehend Stellung, dass eine Abschiebungsandrohung ausgesprochen worden sei. § 34a AsylVfG fordere das Vorliegen des Einverständnisses des Mitgliedstaates mit der Rücküberstellung vor Erlass einer Abschiebungsanordnung. Vorliegend sei als milderes Mittel „lediglich“ eine Abschiebungsandrohung ausgesprochen worden. Eine solche könne ohne Vorliegen eines Nachweises, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne, ausgesprochen werden. Bei der Abschiebungsandrohung liege die Zuständigkeit für die Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse (z. B. Reisefähigkeit) nicht beim Bundesamt, sondern bei der zuständigen Ausländerbehörde. Somit könne das Bundesamt im Zeitpunkt der Bescheiderstellung nicht beurteilen, ob die angedrohte Abschiebung tatsächlich vollzogen werden könne. Dies werde unter anderem auch dadurch deutlich, dass die Absprache der Modalitäten und die Organisation einer gegebenenfalls tatsächlich durchzuführenden Abschiebung ausschließlich zwischen der zuständigen Ausländerbehörde und der Bundespolizei erfolge. Eine Mitwirkung des Bundesamtes sei nicht vorgesehen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die erhobene Anfechtungsklage hier die statthafte Klageart, obwohl das Rechtsschutzbegehren des Klägers letztendlich darauf abzielt, eine materielle Entscheidung über den gestellten Asylantrag zu erlangen. Denn durch die Aufhebung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag wie vorliegend nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt wurde, wird das Verfahren in den Zustand vor Erlass des Bescheides zurückversetzt (so die obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. nur BayVGH, U. v. 13.4.2015, 11 B 15.50031, juris Rn. 18 m. w. N.). Diese Rechtsprechung ist auch auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar, obwohl sie streng genommen für Bescheide auf der Grundlage der Dublin-II- oder -III-VO ergangen ist. Jedoch ist die diesbezügliche Begründung für die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage auf den vorliegenden „Drittstaatenbescheid“ übertragbar (ebenso VG Berlin, U. v. 4.6.2015, Az. 23 K 906.14 A, juris Rn. 14 m. w. N.).

Die Klage ist auch fristgerecht erhoben worden. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 1. Halbsatz AsylVfG von zwei Wochen. Ein Fall der einwöchigen Klagefrist nach § 74 Abs. 1, 2. Halbsatz AsylVfG liegt weder nach § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG vor, da vorliegend kein unbeachtlicher Asylantrag im Sinne von § 29 Abs. 1 AsylVfG vorliegt, noch nach § 34a Abs. 2 AsylVfG, da das Bundesamt eine Abschiebungsanordnung gerade nicht getroffen hat. Der Bescheid wurde ausweislich der Bundesamtsakten am 4. Februar 2015 mit Postzustellungsurkunde zugestellt, die Klageerhebung am 18. Februar 2015 erfolgte daher fristgerecht.

Die Klage ist jedoch nur im Umfang des Tenors begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts vom 28. Januar 2015 ist, was seine Ziffer 1 (Ablehnung des Asylantrags als unzulässig) angeht, rechtmäßig. Er verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, weshalb die Klage insoweit nach dem Maßstab des § 113 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als unbegründet abzuweisen war. Ziffer 2 des Bescheides (Abschiebungsandrohung bezüglich Bulgariens) ist jedoch rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Klage ist daher insoweit begründet.

1.

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgelehnt.

Allerdings kann das Bundesamt sich zur Begründung dieser Entscheidung entgegen der Bescheidsbegründung nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 (Az. 10 C 7/13) stützen. Denn diese Entscheidung betraf einen im Vergleich zum Fall des Klägers anders gelagerten Fall. Während der Kläger nämlich in Bulgarien lediglich subsidiären Schutz im Sinne von Art. 2f der Richtlinie 2011/95/EU erhalten hat, hatte der Kläger in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 2d der Richtlinie 2011/95/EU zuerkannt erhalten. Auf dieser Grundlage gelangte das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Urteil (juris, Rn. 28) zu dem Ergebnis, dass die Geltendmachung eines Anspruchs auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG aufgrund § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung unzulässig sei, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden sei. Diesen Status hat der Kläger im vorliegenden Verfahren allerdings in Bulgarien nicht zuerkannt bekommen. Die vom Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung angeführten Absätze 2, Satz 2 und 1, Satz 3 des § 60 AufenthG treffen schon aufgrund ihres Wortlauts keine Aussage für den hier vorliegenden Fall, dass einem Ausländer in einem anderen Mitgliedstaat die Rechtsstellung eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er gleichwohl mit einem Asylantrag in Deutschland den höherwertigen Status eines Flüchtlings begehrt. Dementsprechend lässt sich das Ergebnis der Unzulässigkeit des Asylantrags des Klägers nicht unter Bezugnahme auf die genannte Entscheidung begründen.

Die Entscheidung ist jedoch gleichwohl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn Bulgarien, das Land, in dem der Kläger den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erhalten hat, ist sicherer Drittstaat nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, Art. 16a Abs. 2 GG, da es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union handelt. Reist ein Ausländer aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland ein wie im vorliegenden Fall, so prüft das Bundesamt grundsätzlich weder die Voraussetzungen der Asylberechtigung noch des Flüchtlingsstatus noch das Vorliegen der subsidiären Schutzberechtigung oder von Abschiebungsverboten (so Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 31, Rn. 30). Dies ist letztlich im System der Drittstaatenregelung begründet. Allerdings hat das Bundesamt ein Verfahrensermessen dahingehend, dass es freiwillig eine Prüfung der Voraussetzungen des Flüchtlingsstatus, des subsidiären Schutzes und von Abschiebungsverboten durchführen kann. Allein eine Prüfung, ob Asylberechtigung im Sinn des Art. 16a GG besteht, ist dem Bundesamt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 16a GG bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht möglich (vgl. zum Ganzen Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 31, Rn. 31; Hailbronner, AuslR., § 31 AsylVfG Rn. 58). Eine Verpflichtung des Bundesamtes, bei der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 31 Abs. 4, § 26a AsylVfG vorzugehen, besteht aber gerade nicht (so auch Hailbronner, AuslR., § 31 AsylVfG, Rn. 58). Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung der genannten Vorschriften (BT-Drs. 12/450, 23), wo von einer Wahlmöglichkeit des Bundesamts die Rede ist. Daneben spricht für eine derartige Auslegung im Sinne einer Wahlmöglichkeit des Bundesamtes auch der Zweck der Beschleunigung und der Praktikabilität des Asylverfahrens: Auch bei Einreise über einen sicheren Drittstaat widerspräche es dem Sinn des Gesetzes, das Bundesamt in derartigen Fällen immer auf eine mögliche, unter Umständen aber mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbundene Abschiebung in den sicheren Drittstaat festzulegen (Hailbronner a. a. O.; ebenso OVG NRW vom 30.9.1996, 25 A 790/96.A, NVwZ 1997, 1141; VGH Baden-Württemberg vom 14.6.1994, 14 S 476/94).

Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides zwar in der Begründung des Bescheides nur auf den Ausschluss einer Prüfung des subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AufenthG gestützt. In der Sache hat es damit aber zu erkennen gegeben, dass es nicht gewillt ist, eine sachliche Entscheidung auch über den bisher erlangten Schutzstatus hinausgehenden Schutzstatus als anerkannter Flüchtling nach der Genfer Konvention zu treffen. Konkret wird dies auf Seite 2 des Bescheides dadurch ausgedrückt, dass eine materielle Prüfung des Asylantrags nicht erfolgt. Im Ergebnis ist dies die gleiche Folge, wie wenn sich das Bundesamt von vornherein auf die Einreise aus dem sicheren Drittstaat beruft und auf eine Prüfung des Asylantrags in materieller Hinsicht verzichtet.

Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist auch nicht aus dem Grunde rechtswidrig, dass eine Ausnahme von dem der Drittstaatenregelung zugrunde liegenden Konzept der normativen Vergewisserung hier vorliegen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (U. v. 14.5.1996, 2 BvR 1938.93, 2 BvR 2315.93, juris Rn. 189) kann das Konzept der normativen Vergewisserung grundsätzlich im Einzelfall oder für bestimmte Personengruppen durchbrochen werden. Das Bundesverfassungsgericht nennt in der genannten Entscheidung auch mehrere Fallgruppen, in denen eine solche Durchbrechung denkbar ist. Von diesen fünf Fallgruppen (vgl. hierzu auch Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR., § 31 AsylVfG, Rn. 14 m. w. N.) ist im vorliegenden Fall allenfalls diejenige vorstellbar, dass der Drittstaat (hier also Bulgarien) selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK greift und dadurch selbst zum Verfolgerstaat wird. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers auf das vorgelegte Urteil des VG München vom 19. September 2014 (Az. M 24 K 14.50343) verweist, geht dies bereits dem Ansatz nach fehl. Denn dieses Urteil betrifft die Frage, ob im bulgarischen Asylsystem systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Dublin-III-VO vorliegen. Der Kläger hat jedoch in Bulgarien bereits subsidiären Schutz erhalten. Er ist damit kein Asylantragsteller mehr und unterliegt damit auch nicht der Dublin-III-VO. Gleiches gilt für das ebenfalls zur Begründung angeführte Urteil des VG Ansbach Az. AN 3 K 14.50104, das ebenfalls die Dublin-III-VO betrifft. Maßgeblich für die vorliegend interessierende Frage, ob eine Durchbrechung des Konzepts der normativen Vergewisserung angezeigt ist, ist aber nicht die tatsächliche Situation der Asylantragsteller in Bulgarien und die Frage, ob insoweit systemische Mängel im dargestellten Sinne vorliegen, sondern die tatsächliche Situation von Personen, denen schon internationaler Schutz, insbesondere subsidiärer Schutz zuerkannt wurde. Damit kommt es darauf an, ob in Bulgarien der gebotene Inhalt des dem Kläger zuerkannten Schutzstatus hinreichend eingehalten wird, oder ob für ihn als subsidiär Schutzberechtigten insoweit eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (ebenso VG Berlin, U. v. 4.6.2015, Az. 23 K 906.14 A, juris, Rn. 23 unter Verweis auf VG Düsseldorf, U. v. 10.3.2015, Az. 17 K 3135/14.A, juris Rn. 24 und VG Magdeburg, B. v. 4.12.2014, Az. 9 B 438.14, juris Rn. 16).

Der insoweit maßgebliche Schutzstatus, dessen Einhaltung in Bulgarien zu überprüfen ist, ist ausschließlich der EMRK zu entnehmen. Nicht überzeugen kann der Ansatz des VG Oldenburg in dem vom Bevollmächtigten des Klägers übersandten Beschluss vom 27. Januar 2015 (Az. 12 B 245/15, juris, insbesondere Leitsatz 1 und Rn. 15), wonach die in der Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96) und der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011) genannten Anforderungen den Schutzstandard nach Art. 3 der EMRK erweitern. Diese Forderung wird in dem genannten Beschluss vom VG Oldenburg nicht nähergehend begründet, sondern postuliert. Bezug wird insoweit auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10. November 2014 (Az. A 11 S 1778/14) genommen, das aber gerade keinen mit dem vorliegenden Fall oder dem vom VG Oldenburg entschiedenen Fall vergleichbaren Fall betraf. Vielmehr handelt es sich dort um einen nach der Dublin-II-VO zu beurteilenden Fall, bei dem dem dortigen Kläger ein Schutzstatus in einem anderen Mitgliedstaat noch nicht gewährt worden war und er dementsprechend den Regelungen der Dublin-VO unterlag. Die rechtlichen Maßstäbe sind mit den hier geltenden aber grundsätzlich nicht vergleichbar. Für die Frage, ob systemische Mängel im Sinne der Dublin-II- oder -III-VO vorliegen, sind die Aufnahmerichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie selbstverständlich maßgeblich. Für die hier interessierende Frage, ob dem Kläger in Bulgarien trotz seines subsidiären Schutzstatus eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht, haben sie jedoch keine Bedeutung.

Die Kammer schließt sich nach Auswertung der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) vorliegenden Erkenntnismittel hinsichtlich der Situation von subsidiär Schutzberechtigten in Bulgarien der Einschätzung verschiedener anderer Gerichte (VG Berlin, U. v. 4.6.2015, Az. 23 K 906.14 A, juris; OVG Nordrhein-Westphalen, B. v. 13.5.2015, Az. 14 B 525/15.A, juris Rn. 6 ff., und v. 29.1.2015, Az. 14 A 134/15.A, juris Rn. 8 ff.) an, dass die Lebensbedingungen in Bulgarien zwar für Personen mit internationalem Schutzstatus sehr schwierig sein mögen, dass allerdings keine derart handgreiflich eklatanten Missstände herrschen, die den Schluss zuließen, anerkannt subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt. Die Probleme resultieren letztendlich aus dem enorm gestiegenen Zustrom von Schutzsuchenden seit 2013, der Bulgarien jedenfalls zeitweise überfordert hat. Allerdings geht das Land diese Probleme mit Unterstützung europäischer Institutionen offensiv an. Dies ergibt sich aus den folgenden Überlegungen:

Der Bericht von Amnesty International (AI) vom Februar 2015 (Missing the point - Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria) betrifft allgemein die Situation von Minderheiten, also nicht nur der Gruppe, zu der der Kläger gehört. Vielmehr untersucht er allgemein die Diskriminierung von Minderheiten in Bulgarien. Darüber hinaus kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass das bulgarische Recht, insbesondere die Strafgesetzgebung, grundsätzlich Schutz vor rassistisch motivierten oder fremdenfeindlichen Straftaten bietet (dort Seite 41) und stellt auch die tatsächliche Einleitung von Ermittlungs- und Strafverfahren durch die bulgarischen Behörden als solches nicht grundsätzlich in Frage. Dementsprechend lässt sich für die hier interessierende Frage daraus nichts Wesentliches ableiten. Ähnliches gilt für die Dokumentation von Pro Asyl „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015: Die dort skizzierten Einzelfallschicksale stammen, was die Verhältnisse in Bulgarien angeht, bereits aus dem Jahr 2013. Darüber hinaus betreffen sie vor allem die Situation in laufenden Asylverfahren, nicht jedoch die hier interessierende Lage anerkannter Schutzberechtigter wie des Klägers. Ungeachtet dessen lässt sich insbesondere aufgrund der zwischen der bulgarischen Regierung und dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) vereinbarten Programme zur Verbesserung der Situation für Asylsuchende und Asylberechtigte nicht feststellen, dass das Land der Situation der anerkannt Schutzberechtigten gleichgültig gegenübersteht. So hat Bulgarien im Juli 2014 eine „nationale Strategie zur Integration von international Schutzberechtigten in Bulgarien“ für die Jahre 2014 bis 2020 entwickelt (vgl. den genannten Bericht von Pro Asyl auf S. 32 und den „Special Support Plan to Bulgaria“ der EASO vom 5.12.2014, S. 11). Eines der zentralen Ziele dieser nationalen Strategie ist es danach, das Problem der Obdachlosigkeit durch die Schaffung von Wohnraum zu bekämpfen (EASO a. a. O., S. 17). Auch wenn die konkrete Umsetzung dieser Pläne derzeit noch nicht absehbar ist, lässt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht feststellen, dass der bulgarische Staat die Umsetzung von vornherein nicht ernsthaft beabsichtigt. Gegen eine derartige Annahme spricht insbesondere, dass Bulgarien bereits im Jahr 2014 mit der Unterstützung der EASO und anderer internationaler Organisationen wie dem UNHCR die Situation der Asylantragsteller maßgeblich verbessern konnte (EASO a. a. O. S. 11).

Außerdem lässt sich aus den vorliegenden Berichten keine Verletzung der aus Art. 3 EMRK folgenden Schutzpflichten durch den bulgarischen Staat ableiten. Ein Verstoß gegen die Pflicht, Schutz vor Angriffen auf die körperliche Unversehrtheit zu gewähren, liegt nicht vor, da rassistisch motivierte Gewalttaten an Asylantragstellern und Flüchtlingen grundsätzlich dokumentiert werden (so der Bericht von AI, S. 18 und 39; ebenso der Bericht von Pro Asyl auf S. 16, 21 und 30 ff.). Ein strukturelles Versagen der bulgarischen staatlichen Behörden hinsichtlich der Strafverfolgung ist daher nicht erkennbar, auch wenn Missstände vorliegen mögen. Auch die mit einiger Wahrscheinlichkeit anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien drohende Obdachlosigkeit stellt als solche keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Seiten des bulgarischen Staates dar. Diese bleiben nach der Anerkennung in der Regel nur 14 Tage in den Aufnahmeeinrichtungen für Asylantragsteller, nur in Ausnahmefällen können besonders Schutzbedürftige bis zu sechs Monate nach der Anerkennung dort wohnen bleiben (vgl. den Bericht von Pro Asyl, S. 33 ff.). In Obdachlosenunterkünften oder Sozialwohnungen können sie zwar kein Obdach finden, da hierfür Voraussetzung die bulgarische Staatsbürgerschaft mindestens eines Familienmitgliedes ist. Allerdings vermittelt Art. 3 EMRK nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedenfalls keinen Anspruch auf ein Obdach. Ebenso wenig begründet dieser eine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, B. v. 2.4.2013, 27725.10, juris, insb. Leitsatz 1). Das Land bietet international Schutzberechtigten Sozialhilfeleistungen, wobei der monatliche Leistungssatz der Mindestsozialhilfe, die auch bulgarische Staatsangehörige erhalten, entspricht (vgl. den Bericht von AIDA (Asylum Information Database), Länderreport Bulgarien, Stand Januar 2015, S. 41). Nach dem genannten Bericht von Pro Asyl werden diese Sozialleistungen auch tatsächlich ausgezahlt (dort S. 35) auch wenn es im Einzelfall für nicht mit den örtlichen Verhältnissen vertraute Flüchtlinge schwierig sein mag, die Auszahlung zu erreichen. Auch die unabdingbare medizinische Grundversorgung wird durch Bulgarien für anerkannte Schutzberechtigte gewährleistet. Diese sind auch im nationalen Gesundheitssystem versichert. Voraussetzung hierfür ist wie bei bulgarischen Staatsangehörigen die Zahlung eines monatlichen Beitrags in Höhe von 8,70 EUR (UNHCR, Bulgarien als Asylland, Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation und Bulgarien, Stand April 2014, S. 12). Dieser Beitrag kann jedenfalls theoretisch mit den gewährten Sozialhilfeleistungen bestritten werden. Das durch Art. 3 EMRK gebotene lebenserhaltende Niveau ist damit gewährleistet.

Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist daher rechtmäßig. Die Klage ist insoweit abzuweisen.

2.

Dagegen ist die Anfechtungsklage gegen Ziffer 2 des Bescheides begründet. Die dort geregelte Abschiebungsandrohung nach Bulgarien ist rechtswidrig (hierzu a)) und verletzt den Kläger auch in seinen Rechten (hierzu b)).

a) Die Abschiebungsandrohung ist mangels einer einschlägigen Rechtsgrundlage rechtswidrig. In der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides (dort S. 3) ist noch § 34a AsylVfG erwähnt, ohne dass klar ausgedrückt wird, dass die Abschiebungsandrohung auf diese Bestimmung gestützt wird. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2015 hat das Bundesamt auf die entsprechende Anfrage des Gerichts klar zu erkennen gegeben, dass es sich als Rechtsgrundlage nicht auf § 34a AsylVfG berufen will, da es die danach notwendige Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse (wie z. B. die Reisefähigkeit), anders als nach § 34a AsylVfG notwendig, selbst nicht vornehmen will. Eine anderweitige Rechtsgrundlage für Ziffer 2 des Bescheides ist jedoch nicht ersichtlich.

Als „milderes Mittel“ im Vergleich zur Abschiebungsanordnung wäre eine Abschiebungsandrohung denkbar, wenn § 34a AsylVfG tatbestandsmäßig erfüllt wäre. Die Voraussetzungen des § 34a AsylVfG liegen hier nicht vor. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist Tatbestandsvoraussetzung, dass „feststeht, dass sie (die Abschiebung) durchgeführt werden kann“. Zu prüfen ist daher grundsätzlich die Übernahmebereitschaft des jeweiligen Drittstaats, welche abschließend geklärt sein muss (vgl. nur VG Gelsenkirchen, U. v. 8.5.2015, Az. 18a K 3619/14, juris Rn. 57; OVG Hamburg, B. v. 3.12.2010, Az. 4 Bs 223/10, juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 1.2.2012, Az. 2 S 6.12, juris Rn. 4; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 34a AsylVfG, Rn. 20; Hailbronner, AuslR., § 34a AsylVfG, Rn. 16; Pietz in: Kluth/Heusch, Beck-OK AuslR., § 34a AsylVfG, Rn. 12). Eine derartige Klärung lässt sich der Bundesamtsakte nicht entnehmen. Insoweit kann auch nicht die abschlägige Antwort Bulgariens auf die Anfrage um Übernahme des Klägers nach den Vorschriften der Dublin-III-VO herangezogen werden. Denn daraus ergibt sich eindeutig die Notwendigkeit einer erneuten Anfrage an eine andere, hierfür zuständige bulgarische Behörde (vgl. Bl. 92 der Bundesamtsakte).

Damit liegen aber die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34a AsylVfG nicht vor. Die Abschiebungsandrohung konnte damit auf diese Bestimmung auch nicht im Sinne eines milderen Mittels gestützt werden, da sich diese Frage erst stellen würde, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen würden.

Es lässt sich aber auch keine andere Rechtsgrundlage für die in Ziffer 2 verfügte Abschiebungsandrohung finden. Insbesondere können hier nicht § 34 AsylVfG und §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG herangezogen werden. Denn das Bundesamt ist im vorliegenden Fall für eine Abschiebungsandrohung nicht zuständig. § 34 AsylVfG regelt in Abs. 1 Satz 1 unter Bezugnahme auf den für ausländerrechtliche Abschiebungsandrohungen geltenden § 59 AufenthG die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der asylrechtlichen Abschiebungsandrohung (Pietz in: Beck-OK AuslR., § 34 AsylVfG, vor Rn. 1). Danach ist materielle Voraussetzung für eine Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt, dass die in Ziffern 1 bis 4 genannten Voraussetzungen (keine Zuerkennung eines Schutzstatus) erfüllt sind. Erforderlich ist damit, dass eine inhaltliche Prüfung des Asylantrags durchgeführt wurde. Wie bereits oben ausführlich dargestellt wurde, ist dies im vorliegenden Fall, da der Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt wurde, gerade nicht erfolgt. Daher ist das Bundesamt hier für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG gerade nicht zuständig. Es kann sich daher als Rechtsgrundlage der in Ziffer 2 verfügten Abschiebungsandrohung auch nicht auf die ausländerrechtlichen Bestimmungen der §§ 59 und 60 AufenthG berufen.

Nachdem eine anderweitige Rechtsgrundlage weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, ist Ziffer 2 mangels einer Rechtsgrundlage objektiv rechtswidrig.

b) Der Kläger wird hierdurch auch in eigenen Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt. Wie das VG Berlin in dem bereits zitierten Urteil vom 4. Juni 2015 (Az. 23 K 906.14 A, juris) zutreffend entschieden hat, entzieht sich das Bundesamt durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung seinem ihm gesetzlich zugewiesenen Prüfungsauftrag hinsichtlich des Bestehens inländischer Abschiebungshindernisse gerade in den von § 34a AsylVfG erfassten Fällen einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat. Während derartige Vollstreckungshindernisse beim Erlass einer Abschiebungsanordnung unmittelbar vom Bundesamt geprüft werden müssen, nimmt das Bundesamt, wie es in seiner Stellungnahme an das Gericht vom 1. Oktober 2015 ausdrücklich klargestellt hat, diese Prüfung nicht vor, und zwar nach eigenen Angaben auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt. Falls solche Hindernisse später vorliegen, kann der betroffene Asylsuchende dies nur gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen und vorläufigen Rechtsschutz im Streitfall nur nach § 123 Abs. 1 VwGO erreichen. Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Ausländers sind daher insoweit empfindlich eingeschränkt. Darüber hinaus soll § 34a AsylVfG auch bezüglich Abschiebungshindernissen in Bezug auf den sicheren Drittstaat eine einheitliche Prüfung durch das gesetzlich hierfür vorgesehene Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gewährleisten. Aufgrund der Handlungsweise des Bundesamtes käme es demgegenüber zu einer Zersplitterung der Zuständigkeiten auf sämtliche Ausländerbehörden der Länder. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Länder auch ansonsten für die Abwicklung von Abschiebungen und für die Prüfung etwaiger Abschiebungshindernisse außerhalb eines Asylverfahrens zuständig sind. Denn der Gesetzgeber hat hier im Rahmen des § 34a AsylVfG gerade ein abweichendes Verfahren vorgesehen. Diesem gesetzlichen Auftrag kann sich das Bundesamt nicht mit der Argumentation, es werde hier ein milderes Mittel angewandt, entziehen. Das Bundesamt unterliegt somit auch hier der Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) und besitzt nicht die Kompetenz, unter Nichtausübung der ihm obliegenden Aufgabe deren tatsächliche Verlagerung auf Ausländerbehörden mit der Erfüllung durch diese zu bewirken, wodurch im Übrigen die Gefahr einer gegen Art. 3 GG verstoßenden Ungleichbehandlung bei einer Vielzahl an Ausländerbehörden anstelle der seitens des Gesetzgebers gewünschten Konzentration beim Bundesamt einträte. Die Bundesbehörde kann also nicht die ihr obliegende Aufgabe auf Länderbehörden/Kommunen delegieren. Abgesehen davon ergäbe sich auch das prozessuale Problem bei Akzeptanz der hiesigen Entscheidungsweise des Bundesamtes, dass dieses einen einen Dritten belastenden Bescheid erlässt, ohne dass der jeweilige Träger der Ausländerbehörde im bisherigen (insofern rechtswidrigen) Behördenverfahren involviert gewesen wäre; hier wäre im Gerichtsverfahren dann eine (notwendige) Beiladung des Trägers der Ausländerbehörde zu dessen Rechts- und Interessenwahrung verankert. Es drängt sich beim Blick in das Gesetz auf, dass der Gesetzgeber - auch angesichts des Beschleunigungsgrundsatzes - eine solche - auch prozessuale - Konstruktion nicht gewollt hat, weshalb auch mangels Lücke ein Analogieverbot insofern gilt. Eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten liegt daher vor.

Somit ergibt sich die Verletzung des Klägers in eigenen Rechten auch daraus, dass es sich bei der Abschiebungsandrohung um eine durch eine unzuständige Behörde getroffene, ihn belastende Regelung handelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83b AsylVfG.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, Abschiebungsmaßnahmen aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 sowie aus der Zurückschiebungsverfügung der Bundespolizeiinspektion R. vom 2. Dezember 2013 bzw. Abschiebungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin bis zur Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus ihrem Vorbringen nicht ergibt, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung oder Zurückschiebung zusteht.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Vollziehung der Abschiebung aus der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 zu untersagen, bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist

die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf vorläufige Aussetzung der mit Bescheid vom 20. Januar 2014 angeordneten Abschiebung ist allerdings unzulässig. Für den vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG verweist § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist somit gemäß § 123 Abs. 5 VwGO nicht statthaft. Die Antragstellerin kann insoweit im noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (Az. M 12 S7 14.30364) effektiven Rechtsschutz erlangen. In diesem Verfahren macht die Antragstellerin ebenfalls geltend, dass in ihrer Person sowohl inlandsbezogene als auch zielstaats-bezogene Abschiebungshindernisse vorliegen. Käme das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren bei summarischer Prüfung zum Ergebnis, dass die geltend gemachten Abschiebungshindernisse vorlägen, so hätte es die aufschiebende Wirkung der Klage (M 12 K 14.30132) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 anzuordnen, so dass die Abschiebungsanordnung bis zu einer anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollziehbar wäre. Damit hätte die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Vollzugsmaßnahmen aus der Abschiebungsanordnung vom 20. Januar 2014 zu unterlassen, vollständig erreicht.

Im Übrigen handelt es sich bei einer Rechtsstreitigkeit über die Entscheidung des Bundesamtes nach § 34a Abs. 1 AsylVfG um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit i. S. d. § 80 AsylVfG, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, Abschiebungsmaßnahmen aus der Zurückschiebungsverfügung vom 2. Dezember 2013 durchzuführen, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Für eine diesbezügliche einstweilige Anordnung fehlt (wohl schon) das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Zurückschiebungsverfügung durch die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 auf andere Weise erledigt hat (s. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Eine Zurückschiebungsanordnung auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG stellt einen belastenden anfechtbaren Verwaltungsakt dar (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthaltsG, Stand August 2013, § 57 Rn. 17), der durch die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz am 13. Januar 2014 und die Entscheidung des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 obsolet geworden ist und sich deshalb dadurch erledigt hat. Rechtsgrundlage für eine mögliche Abschiebung der Antragstellerin nach Ungarn ist damit ausschließlich die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zurückschiebungsanordnung noch Rechtswirkungen entfaltet, hätte es die Antragstellerin versäumt, gegen die Zurückschiebungsverfügung als belastenden Verwaltungsakt entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Rechtsmittel einzulegen, so dass die Zurückschiebungsverfügung bestandskräftig geworden wäre. Vorläufigen Rechtsschutz hätte die Antragstellerin im Übrigen auch nur im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zurückschiebungsverfügung erlangen können. Daher stünde auch § 123 Abs. 5 VwGO einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO entgegen.

Soweit das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 20. Februar 2014 davon ausgegangen sein sollte, dass der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung unabhängig von der asylverfahrensrechtlichen Streitigkeit aus § 34a AsylVfG als (zusätzliche) ausländerrechtliche Streitigkeit auf Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG zu behandeln sei, hilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG gerichtete Eilantrag in einem solchen Fall gegen den Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde und nicht gegen die Antragsgegnerin zu richten gewesen wäre. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.