Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2018 - 19 CE 18.51

bei uns veröffentlicht am22.01.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Bayreuth, B 6 E 17.980, 27.12.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 27. Dezember 2017 in Nrn. 1 und 2 geändert. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, den Antragsteller abzuschieben.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein am … … 1991 geborener afghanischer Staatsangehöriger, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Absicht des Antragsgegners, seinen Aufenthalt zu beenden.

Der Antragsteller reiste am 16. Oktober 2015 in das Bundesgebiet ein; sein Asylverfahren blieb – auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – erfolglos (ablehnender Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22.7.2016; in Rechtskraft erwachsenes klageabweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16.3.2017). Alias-Schreibweisen der Personalien (ggf. aufgrund von Transkriptionsfehlern) wurden auf Hinweis des Antragstellers im Asylerstverfahren berichtigt. Ein am 30. Mai 2017 gestellter Asylfolgeantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 2. Juni 2017 abgelehnt; der dagegen gerichtete Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 3. Juli 2017 abgelehnt; die Klage ist noch vor dem Verwaltungsgericht anhängig. Der Antragsteller ist seit dem 8. Juni 2017 vollziehbar ausreisepflichtig.

Bei der Anhörung im Asylerstverfahren am 28. Juni 2016 hat der Antragsteller die Kopie einer Tazkira vorgelegt, in der die Personalien jedoch nicht lesbar waren. Der Antragsteller wurde durch die Ausländerbehörde mehrfach auf die Pass- und Mitwirkungspflicht hingewiesen. Am 7. August 2017 sprach der Antragsteller bei der Ausländerbehörde vor, teilte die beabsichtigte Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung zum Ernährungsberater mit und beantragte eine Ausbildungsduldung. Ausweislich des darüber gefertigten Aktenvermerks „wurden alle Unterlagen, die die Stelle beschreiben, abgegeben“. Mit Schreiben vom 6. September 2017 an die Zentrale Ausländerbehörde O. veranlasste die Ausländerbehörde die Einleitung eines Verfahrens zur Beschaffung von Passersatzpapieren. Der Antragsteller beantragte (erneut) mit Schreiben vom 7. September 2017 – eingegangen bei der Ausländerbehörde am 12. September 2017 - die Erteilung einer Ausbildungsduldung für eine zweijährige schulische Ausbildung als Assistent für Ernährung und Versorgung. Den am 12. September 2017 unterzeichneten Schulvertrag ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 24. Oktober 2017 vorlegen.

Nachdem der Antragsteller mit Bescheid des Antraggegners vom 29. September 2017 zur Vorsprache bei der afghanischen Botschaft zum Zwecke der Identitätsklärung verpflichtet worden war, sprach der Antragsteller am 4. Oktober 2017 im afghanischen Generalkonsulat vor. Aufgrund der Bestätigung der afghanischen Staatsangehörigkeit wurde ein Heimreisedokument ausgestellt. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2017 wandte sich der Antragsteller durch einen Bevollmächtigten an zwei Rechtsanwälte in Kabul mit der Bitte um Unterstützung bei der Beschaffung von Identitätspapieren. Der Antragsteller war für eine Sammelabschiebung im Dezember 2017 vorgesehen; ein deswegen gestellter Antrag auf Ausreisegewahrsam nach § 62b AufenthG wurde durch Beschluss des Amtsgerichts L. vom 28. November 2017 mit der Begründung zurückgewiesen, die fehlende Vorlage von Reisedokumenten durch den Antragsteller trage nicht die Prognose, dass er seine Abschiebung erschweren oder vereiteln werde. Die mangelnde Mitwirkung des Antragstellers liege im unteren Bereich und begründe kein besonderes Maß an Unzuverlässigkeit. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde des Antragsgegners wies das Landgericht C. mit Beschluss vom 30. November 2017 zurück. Da der Antragsteller am 6. Dezember 2017 für die am selben Tag geplante Sammelabschiebung nicht aufgegriffen werden konnte, beantragte der Antragsgegner mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 Abschiebungshaft (Sicherungshaft), was durch Beschluss des Amtsgerichts L. vom 7. Dezember 2017 mit Wirkung bis längstens 31. Januar 2018 angeordnet wurde.

Mit Bescheid vom 14. November 2017 wurde die beantragte Ausbildungsduldung abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, es liege ein Ausschlussgrund nach § 60a Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 AufenthG vor, weil der Antragsteller wegen nicht geklärter Identität das Ausreisehindernis selbst zu vertreten habe. Darüber hinaus stünden konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung der Erteilung einer Ausbildungsduldung entgegen. Den dagegen gerichteten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Dezember 2017 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die am 5. Januar 2018 beim Verwaltungsgericht eingelegte Beschwerde.

Der Beschwerdeführer trägt vor, die bei Beantragung der Ausbildungsduldung eingeleiteten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung seien rechtwidrig gewesen, weil nach Mitteilung des Bundesministeriums des Innern und des Auswärtigen Amtes vom 1. Juni 2017 Rückführungen nach Afghanistan nur in besonderen Fällen bei den Personengruppen der Straftäter, der Gefährder und der hartnäckigen Identitätsverweigerer durchgeführt werden dürften. Beim Antragsteller handle es sich jedoch nicht um einen Identitätsverweigerer. Er habe sofort bei der Anhörung im Asylerstverfahren eine Kopie seiner Tazkira vorgelegt, noch nie in irgendeiner Weise über seine Identität getäuscht und habe der Botschaftsvorführung Folge geleistet, bei der seine Staatsangehörigkeit und Identität hätten bestätigt werden können. Der Antragsteller habe somit hinreichend mitgewirkt, sei kein Identitätsverweigerer, weshalb er aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nach Afghanistan abgeschoben werden könne. Da der Antragsgegner auch in der Öffentlichkeit darauf hinweise, dass lediglich bestimmte Personengruppen derzeit nach Afghanistan abgeschoben werden könnten, liege bezüglich der weiteren afghanischen Staatsangehörigen ein Abschiebestopp vor, der zur Erteilung einer Duldung führen müsse. Dem Antragsteller sei zusätzlich hierzu nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG eine Duldung zu erteilen, da die konkreten Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung rechtswidrig seien und nicht im Einklang mit den vorgegebenen Weisungen stünden.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 27. Dezember 2017 den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller eine Duldung zu erteilen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Erteilung einer Ausbildungsduldung stehe entgegen, dass zum Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung durch Einleitung des Passersatzpapierverfahrens entgegen gestanden hätten. Auf die Vorsprache am 7. August 2017 und die mündlich beantragte Ausbildungsduldung komme es nicht an, da weder ein Schulvertrag noch eine Bestätigung der Schule vorgelegt worden sei. Der Schulvertrag sei erst einen Monat nach Unterzeichnung desselben (am 24.10.2017) vorgelegt worden. Auch habe sich der Antragsteller trotz behördlicher Hinweise hartnäckig geweigert, an der Identitätsfeststellung mitzuwirken; er habe sich insbesondere nicht eigeninitiativ an die afghanische Auslandsvertretung gewandt. Die Schreiben des Antragstellers an afghanische Rechtsanwälte seien nicht geeignet, eine eigene erfolgsversprechende Initiative des Antragstellers zu belegen. Der Antragsteller werde als hartnäckiger Identitätsverweigerer angesehen und gehöre daher zu den Personen, die nach gegenwärtiger Behördenpraxis nach Afghanistan abgeschoben werden könnten.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.

Der Senat hält den Erlass einer einstweiligen Anordnung für erforderlich, um den in der Hauptsache geltend gemachten Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Ausbildungsduldung für die im September 2017 aufgenommene schulische Ausbildung zum staatlich geprüften Helfer für Ernährung und Versorgung zu sichern.

Wegen der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung kann nur durch den Erlass der einstweiligen Anordnung und der vorläufigen Untersagung der Abschiebung vermieden werden, dass irreparable Nachteile zu Lasten des Betroffenen eintreten, da mit der Abschiebung nach Afghanistan die Fortsetzung der Ausbildung sowie die mögliche Verpflichtung zur Erteilung einer Ausbildungsduldung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren (Az. B 6 K 17.981) vereitelt würde. Ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 VwGO liegt somit vor.

Der Antragsteller hat auch den für den Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Gewichtige Anhaltspunkte sprechen für einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG (1.). Aufgrund der Sach- und Rechtslage hinsichtlich dieses bundesrechtlichen Anspruchs kommt es im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr auf die Frage an, ob die Aufenthaltsbeendigung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil sich die Verwaltung mit dem Begriff des „hartnäckigen Identitätsverweigerers“ selbst gebunden habe in Richtung einer Beschränkung auf diese Gruppe bei Aufenthaltsbeendigungen (2.).

1. Nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 dieser Vorschrift nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. Nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG darf einem Ausländer die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können. Gemäß § 60a Abs. 6 Satz 2 AufenthG hat ein Ausländer die Gründe insbesondere zu vertreten, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt.

a) Mit der Voraussetzung, dass konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen, sollen die Fälle aus dem Anwendungsbereich des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsduldung ausgenommen werden, in denen die Abschiebung bereits konkret vorbereitet wird, wobei die Gesetzesbegründung die Beantragung eines Pass(ersatz) papiers, die Terminierung der Abschiebung oder den Lauf eines Verfahrens zur Dublin-Überstellung als Beispiele aufführt (BT-Drs. 18/9090 S. 25; vgl. auch BayVGH, B.v. 24.7.2017 – 19 CE 17.1079 – juris Rn. 8; B.v. 15.12.2016 – 19 CE 16.2025 – juris Rn. 19). In den Fällen, in denen die Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung absehbar ist, soll daher der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden (BT-Drs. 18/9090 S. 25). Die Gesetzformulierung „Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ ist bewusst weiter gefasst als die eigentliche Aufenthaltsbeendigung durch Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung, die der Antragsteller im Blick hat; andernfalls hätte die Verwendung des Begriffs Aufenthaltsbeendigung als gemeinsamer Oberbegriff genügt (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2016– 19 CE 16.2025 – juris Rn. 19). Für den Ausschluss einer Duldung zu Ausbildungszwecken kommt es nicht darauf an, dass der Betroffene Kenntnis von den konkret bevorstehenden Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung hat (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2017 – 19 CE 17.1031 – juris).

Für die Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG gilt, dass die Voraussetzungen grundsätzlich zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung bzw. bei einem dagegen gerichteten Rechtsschutz zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müssen (vgl. OVG NRW, B.v. 13.3.2017 – 18 B 148/17 –juris Rn. 23; OVG RhPf, B.v. 11.7.2017 – 7 B 11079/17 – juris Rn. 35). Abweichendes gilt jedoch für die Frage, ob der Versagungsgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung einer Ausbildungsduldung entgegensteht. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Unrecht darauf abgestellt, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Abschiebehaft beantragt war und daher kein vernünftiger Zweifel an bevorstehenden aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bestehen könne. Würde hinsichtlich des Ausschlussgrundes der bevorstehenden konkreten Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Ausländerbehörde oder auf den des Gerichts abgestellt, so hätte es die Ausländerbehörde sogar nach einem (rechtmäßigen) Beginn der Ausbildung in der Hand, durch Einleitung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Entstehung des Anspruchs zu verhindern (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2016 – 11 S 1991/16 – juris Rn. 19; OVG Berlin-Bbg, B.v. 22.11.2016 – OVG 12 S 61.16 – juris Rn. 9; NdsOVG, B.v. 9.12.2016 – 8 ME 184/16 – juris Rn. 8; OVG NRW, B.v. 13.3.2017 – 18 B 148/17 – juris Rn. 23; OVG Rh-Pf, B.v. 11.7.2017 – 7 B 11079/17 – juris Rn. 36). Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob der Versagungsgrund der konkret bevorstehenden Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung einer Ausbildungsduldung entgegensteht, wird in der Rechtsprechung daher zu Recht überwiegend auf den Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung abgestellt, wobei im Einzelnen unterschiedliche Anforderungen gestellt werden, was mit dem Antrag an die Ausländerbehörde vorzutragen oder vorzulegen ist, damit dieser hinreichend konkret ist. Die Spanne reicht insoweit von einer Mitteilung des (konkreten) Ausbildungsverhältnisses (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2016 – 11 S 1991/16 – juris Rn. 19; zum zusätzlich erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Aufnahme der Ausbildung VGH BW, B.v. 27.6.2017 – 11 S 1067/17 – juris Rn. 16 ff.) über eine Vorlage des bereits abgeschlossenen Ausbildungsvertrages, der sich zumindest auf das unmittelbar bevorstehende Ausbildungsjahr beziehen muss und in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem steht (vgl. OVG NRW, B.v. 13.3.2017 – 18 B 148/17 – juris Rn. 25) bis zur Forderung nach einem Antrag auf Eintragung des Ausbildungsverhältnisses in ein Verzeichnis nach § 34 Abs. 2 BBiG (vgl. dazu VG Neustadt an der Weinstraße, B.v. 12.10.2016 – 2 L 680/16.NW – juris Rn. 8; kritisch: OVG NRW, B.v. 13.3.2017 – 18 B 148/17 – juris Rn. 25). Der Senat teilt in Weiterentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung, dass hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen, maßgeblich auf den Zeitpunkt der Beantragung einer zeitnah aufzunehmenden, konkret bezeichneten Berufsausbildung unter Vorlage geeigneter Nachweise abzustellen ist (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 31.7.2017 – 19 CE 17.1032 - juris; B.v. 24.4.2017 – 19 CE 17.619 – juris Rn. 17, bei denen es auf eine Differenzierung nach den möglichen maßgeblichen Zeitpunkt nicht ankam).

Bei der vom Antragsteller im September 2017 aufgenommenen zweijährigen schulischen Berufsausbildung zum staatlich geprüften Assistenten für Ernährung und Versorgung handelt es sich um eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG i.V.m. § 6 BeschV; dem Antragsteller steht zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Fortführung der Ausbildung auch noch offen.

Vorliegend hat der Antragsteller, der vor Aufnahme der streitgegenständlichen Berufsausbildung einen Lehrgang zur Berufsbezogenen Sprachförderung vom 13. Dezember 2016 bis zum 18. Juli 2017 als Kursbester mit Erlangung von Sprachkenntnissen im B2-Niveau absolviert hat, im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 7. August 2017 mitgeteilt, ab September 2017 eine schulische Ausbildung zum Ernährungsberater machen zu wollen, und eine Ausbildungsduldung beantragt. Ausweislich eines über die Vorsprache gefertigten Aktenvermerkes wurden „alle Unterlagen, die die Stelle beschreiben, abgegeben“ (vgl. AS 175 der Verwaltungsakte). In der Verwaltungsakte finden sich die im Aktenvermerk erwähnten, übergebenen Schriftstücke jedoch nicht. Auch lässt sich dem Aktenvermerk nicht entnehmen, dass die Vorlage eines Schulbzw. Ausbildungsvertrags oder sonstiger Nachweise angesprochen worden ist. Mit Schreiben vom 7. September hat der Antragsteller die Erteilung einer Ausbildungsduldung schriftlich beantragt und darauf hingewiesen, dass der Schulvertrag erst in ca. zwei Wochen ausgehändigt werde. Den am 12. September 2017 (Unterrichts- und Ausbildungsbeginn) unterzeichneten Schulvertrag hat der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 24. Oktober 2017 nachreichen lassen.

Bei dieser Sachlage besteht ein hinreichend enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der beantragten Erteilung der Ausbildungsduldung im Rahmen der Vorsprache am 7. August 2017 und der beabsichtigten Aufnahme der Ausbildung im September 2017. Auch wurde ausweislich des über die Vorsprache gefertigten Aktenvermerks seitens des Antragstellers das beabsichtigte Ausbildungsverhältnis unter Vorlage aller beschreibenden Unterlagen konkret bezeichnet. Damit ist im notwendig summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon auszugehen, dass nicht nur eine vage Absichtsbekundung hinsichtlich der Aufnahme einer Ausbildung in (ferner) Zukunft vorlag, die der Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wohl nicht entgegengehalten werden könnte, sondern die auch in engem zeitlichen Zusammenhang nachfolgend aufgenommene schulische Ausbildung konkret benannt wurde. Hinsichtlich der Frage der hinreichenden Konkretisierung des beabsichtigten Ausbildungsverhältnisses, der vorgelegten Unterlagen und der dem Antragsteller zumutbar beizubringenden Nachweise bedarf es gegebenenfalls einer weitergehenden Aufklärung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren.

Zum Zeitpunkt der Vorsprache und Beantragung der Ausbildungsduldung am 7. August 2017 standen konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung (noch) nicht bevor.

Der Antragsteller wurde im Rahmen seiner Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 6. Juli 2017 zwar auf die nach Abschluss des Asylerstverfahrens bestehende Ausreisepflicht hingewiesen. Das im Rahmen dieser Vorsprache geführte „Ausreisegespräch“ weist indes noch keinen konkreten Bezug zu bevorstehenden aufenthaltsbeendenden Maßnahmen auf. Zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Erlangung von Passersatzpapieren am 7. September 2017 als konkret bevorstehende Vorbereitungsmaßnahme zur Aufenthaltsbeendigung hatte der Antragsteller jedoch bereits unter hinreichender Konkretisierung des Ausbildungsverhältnisses in der Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 7. August 2017 eine Ausbildungsduldung beantragt.

b) Der Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG steht nach Auffassung des Senats voraussichtlich auch nicht entgegen, dass die Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vorliegen, wonach die Erteilung einer Ausbildungsduldung ausscheidet, wenn bei dem Antragsteller aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden konnten.

Neben den in § 60a Abs. 6 Satz 2 AufenthG beispielhaft aufgeführten Fällen der Täuschung und Falschangaben kann zwar in der unzureichenden Mitwirkung bei der Passbeschaffung grundsätzlich ein Versagungsgrund nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu sehen sein, der ein absolutes Erwerbstätigkeitsverbot und einen Versagungsgrund für die Ausbildungsduldung begründet (vgl. zu § 11 BeschV a.F. SächsOVG, B.v. 7.3.2013 – 3 A 495/11 – juris Rn. 7). Auch ist ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer im Rahmen seiner ihm obliegenden Mitwirkungspflichten gefordert, bezüglich seiner Identität und Staatsangehörigkeit zutreffende Angaben zu machen, an allen zumutbaren Handlungen mitzuwirken, die die Behörden von ihm verlangen, und darüber hinaus eigeninitiativ ihm mögliche und bekannte Schritte in die Wege zu leiten, die geeignet sind, seine Identität und Staatsangehörigkeit zu klären und die Passlosigkeit zu beseitigen. Zu den denkbaren Schritten kann auch die Beschaffung von Identitätsnachweisen über Dritte (beispielsweise beauftragte Rechtsanwälte) im Herkunftsland gehören (vgl. OVG MV, U.v. 24.6.2014 – 2 L 192/10 – juris). Die Verletzung von gesetzlichen Mitwirkungspflichten nach § 48 Abs. 3 und § 82 Abs. 1 AufenthG durch Unterlassen steht nicht per se eigenen Falschangaben oder Täuschungshandlungen gleich (vgl. BVerwG, U.v. 14.5.2013 – 1 C 17/12 – BVerwGE 146, 281-293, Rn. 17). Unter Berücksichtigung der genannten Regelbeispiele muss eine mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreichen, so dass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen (vgl. für § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG BVerwG, U.v. 26.10.2010 - 1 C 18/09 - NVwZ-RR 2011, 210). Wenngleich dem Ausländer mithin eine Initiativpflicht obliegt, ist diese durch die Ausländerbehörde dergestalt zu aktualisieren, dass sie den Ausländer unter konkreter Benennung des Abschiebungshindernisses zu dessen Beseitigung auffordert, wobei ein allgemeiner Hinweis auf die Passpflicht sowie allgemeine Belehrungen nur bei Offensichtlichkeit der einzuleitenden Schritte genügen dürften (vgl. Röder/Wittmann, Aktuelle Rechtsfragen der Ausbildungsduldung, ZAR 2017, 345/351). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten beispielsweise zur Beschaffung von Identitätspapieren konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können (vgl. für § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG BVerwG, U.v. 26.10.2010 – 1 C 18/09 – juris Rn. 17).

Vorliegend wurde der Antragsteller im Rahmen eines Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis mit Schreiben des Antragsgegners vom 5. Oktober 2016 auf die Passpflicht und darauf hingewiesen, dass er an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken und alle Urkunden und sonstigen Unterlagen, die für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein könnten und in deren Besitz er sei, vorzulegen habe (vgl. AS 88 der Verwaltungsakte). Abgesehen davon, dass zu diesem Zeitpunkt das Asylerstverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, wurde mit diesem Schreiben die Mitwirkungspflicht des Antragstellers nicht dahingehend konkretisiert, bei der Auslandsvertretung einen Pass zu beantragen, was zu diesem Zeitpunkt möglicherweise auch nicht zumutbar gewesen wäre (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl. 2018, § 15 AsylG Rn. 11). Mit weiterem Schreiben des Antragsgegners vom 28. Juni 2017 wurde auf die Erfüllung der Passpflicht hingewiesen (vgl. AS 133 der Verwaltungsakte); im Rahmen der Vorsprache am 6. Juli 2017 wurden dem Antragsteller Belehrungen über gesetzliche Regelungen, u.a. über die Passpflicht ausgehändigt. Entgegen der Ausführungen des Antragsgegners wurde die Mitwirkungsverpflichtung des Antragstellers – abgesehen von der angeordneten Botschaftsvorführung mit Bescheid vom 29. September 2017, der der Antragsteller Folge leistete – nicht dahingehend konkretisiert, dass er zum Zwecke der Passbeschaffung bei der Auslandsvertretung einen Pass beantragen müsse. Es ist dem Antragsteller bei dieser Sachlage daher nicht anzulasten, dass er zunächst den Weg einer Dokumentenbeschaffung über einen in Afghanistan beauftragten Anwalt gewählt hat (vgl. Schreiben des Antragstellerbevollmächtigten vom 24.10.2017, AS 226). Dass dieser Weg nach Identitätsklärung im Rahmen der Botschaftsvorsprache und Ausstellung eines Reisedokumentes nach der Rückmeldung des kontaktierten Anwaltes vom 10. Dezember 2017 nicht weiterverfolgt wurde, ist dem Antragsteller auch nicht als kausale Mitwirkungspflichtverletzung anzulasten. Schließlich können der Erteilung nur solche Gründe entgegengehalten werden, die aktuell den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen hindern. Gründe, die den Vollzug ausschließlich in der Vergangenheit verzögert oder behindert haben, sind unbeachtlich (vgl. BayVGH, B. v. 28.04.2011 – 19 ZB 11.875 – juris Rn. 5 zu § 11 BeschVerfV a.F.).

2. Aufgrund der Sach- und Rechtslage hinsichtlich des bundesrechtlichen Anspruchs nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG kommt es im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr auf die Frage an, ob die Aufenthaltsbeendigung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil sich die Verwaltung mit dem Begriff des „hartnäckigen Identitätsverweigerers“ selbst gebunden habe in Richtung einer Beschränkung auf diese Gruppe bei Aufenthaltsbeendigungen.

Nach dem Anschlag auf die Deutsche Botschaft in Kabul haben sich die Bundesminister des Innern und des Auswärtigen in einem Schreiben vom 8. August 2017 darauf verständigt, dass „bis auf Weiteres Straftäter, Gefährder sowie Personen, die sich hartnäckig der Identitätsfeststellung verweigern, zurückgeführt werden können“ und dieses Schreiben den Bundesländern zugeleitet. Auf eine Landtagsanfrage hin hat das Bayerische Staatsministerium des Innern im Juli 2017 unter Bezugnahme auf die Verständigung der Bundesminister mitgeteilt, Rückführungen von afghanischen Staatsangehörigen sollten auf der Basis einer zuvor erfolgten Einzelfallprüfung auf Straftäter, Gefährder und Ausreisepflichtige, die hartnäckig ihre Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern, beschränkt bleiben. Die Einordnung in die Gruppe der „hartnäckigen Identitätsverweigerer“ erfordere in jedem Einzelfall eine besondere Beharrlichkeit der Verweigerung der Mitwirkung bei der individuellen Identitätsklärung. Diese zeige sich für die Ausländerbehörden insbesondere an der aktenkundig festgehaltenen besonderen Gleichgültigkeit des nicht identifizierten ausländischen Staatsangehörigen gegenüber seiner gesetzlichen Verpflichtung, an der Klärung seiner Identität mitzuwirken. Dies lasse sich dadurch feststellen, dass der ausländische Staatsangehörige trotz des ausländerbehördlichen Hinweises bereits zuvor mindestens einmal vorsätzlich gegen seine Mitwirkungsverpflichtung an seiner Identitätsklärung verstoßen habe (vgl. LT-Drs. 17/17864, S. 10).

Im vorliegenden Fall vertritt der Antragsgegner die Auffassung, der Antragsteller, der zwar auf allgemeine Hinweise der Ausländerbehörde hin nicht eigeninitiativ bei der Auslandsvertretung einen Pass beantragt hat, der aber im Asylerstverfahren sowohl auf eine Berichtigung der Schreibweise seines Namens hingewirkt als auch eine Kopie der Tazkira – wenngleich mit unleserlichen Personalien - vorgelegt hat, der sich zum Zwecke der Dokumentenbeschaffung eigeninitiativ an einen Rechtsanwalt in Afghanistan gewandt und der auch der Botschaftsvorführung Folge geleistet hat, sei ein „hartnäckiger Identitätsverweigerer“.

Die Verständigung der Bundesminister – außerhalb der Form des § 23 Abs. 2 AufenthG – hat keine bindende Wirkung gegenüber den Bundesländern, sondern stellt sich als Empfehlung für die Vollzugspraxis der Bundesländer dar. Da diese Vollzugspraxis wegen des Föderalismusprinzips unterschiedlich sein kann, kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die bayerische Behördenpraxis sei gleichheitswidrig angesichts der Praxis anderer Bundesländer. Die gerichtliche Nachprüfung, ob dem Anspruch auf Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes entsprochen worden ist, ist auf den Bereich des Beklagten beschränkt (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2000, a.a.O.; zur bundesuneinheitlichen Praxis der Rückführungen nach Afghanistan vgl. den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages vom 29.3.2017 – WD 3-3000-074/17). Bei dieser Sachlage ist selbst dann, wenn – wofür viel spricht – die Auslegung, die die bayerischen Behörden dem Begriff des „hartnäckigen Identitätsverweigerers“ angedeihen lassen, deutlich mehr Personen erfasst als der von den Bundesministern eingeführte (nicht abweichend vom allgemeinen Sprachverständnis definierte) Begriff, ein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; in vorläufigen Rechtsschutzverfahren wird der Hauptsachestreitwert halbiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 23 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen; Neuansiedlung von Schutzsuchenden


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergrup

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 104a Altfallregelung


(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen K

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 158


(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. (2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 82 Mitwirkung des Ausländers


(1) Der Ausländer ist verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlich

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 48 Ausweisrechtliche Pflichten


(1) Ein Ausländer ist verpflichtet, 1. seinen Pass, seinen Passersatz oder seinen Ausweisersatz und2. seinen Aufenthaltstitel oder eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebungauf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten B

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 34 Einrichten, Führen


(1) Die zuständige Stelle hat für anerkannte Ausbildungsberufe ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzurichten und zu führen, in das der Berufsausbildungsvertrag einzutragen ist. Die Eintragung ist für Auszubildende gebührenfrei. (

Beschäftigungsverordnung - BeschV 2013 | § 6 Beschäftigung in ausgewählten Berufen bei ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung


Die Zustimmung kann Ausländerinnen und Ausländern für eine qualifizierte Beschäftigung in Berufen auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft erteilt werden, wenn die Ausländerin ode

Beschäftigungsverordnung - BeschV 2013 | § 11 Sprachlehrerinnen und Sprachlehrer, Spezialitätenköchinnen und Spezialitätenköche


(1) Die Zustimmung kann für Lehrkräfte zur Erteilung muttersprachlichen Unterrichts in Schulen unter Aufsicht der jeweils zuständigen berufskonsularischen Vertretung mit einer Geltungsdauer von bis zu fünf Jahren erteilt werden. (2) Die Zustimmung k

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62b Ausreisegewahrsam


(1) Unabhängig von den Voraussetzungen der Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3, insbesondere vom Vorliegen der Fluchtgefahr, kann ein Ausländer zur Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung auf richterliche Anordnung bis zu zehn Tage in Gewahrsam

Referenzen - Urteile

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2018 - 19 CE 18.51 zitiert oder wird zitiert von 25 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2018 - 19 CE 18.51 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Dez. 2016 - 19 CE 16.2025

bei uns veröffentlicht am 15.12.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragssteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - 19 CE 17.1079

bei uns veröffentlicht am 24.07.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2017 - 19 CE 17.1032

bei uns veröffentlicht am 31.07.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerde-verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 1.250,00 Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antrag

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2017 - 19 CE 17.619

bei uns veröffentlicht am 24.04.2017

Tenor I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen. II. Die Antragsteller tragen die Kosten der Beschwerdeverfahren. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt. Gründe

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 11. Juli 2017 - 7 B 11079/17

bei uns veröffentlicht am 11.07.2017

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2017 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Besc

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 13. Okt. 2016 - 11 S 1991/16

bei uns veröffentlicht am 13.10.2016

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2016 - 6 K 4795/16 - geändert. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Antragsteller abzuschieben.Der

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 12. Okt. 2016 - 2 L 680/16.NW

bei uns veröffentlicht am 12.10.2016

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.875,- € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung g

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Juni 2014 - 2 L 192/10

bei uns veröffentlicht am 24.06.2014

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts B-Stadt - 6. Kammer - vom 23. Juni 2010 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckba

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 14. Mai 2013 - 1 C 17/12

bei uns veröffentlicht am 14.05.2013

Tatbestand 1 Die nach eigenen Angaben 1993 geborene Klägerin begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut in

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Okt. 2010 - 1 C 18/09

bei uns veröffentlicht am 26.10.2010

Tatbestand 1 Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
15 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2018 - 19 CE 18.51.

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 29. Jan. 2019 - Au 6 E 19.112

bei uns veröffentlicht am 29.01.2019

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Gründe Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsangeh

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. Aug. 2018 - Au 6 E 18.1332

bei uns veröffentlicht am 22.08.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Der am ... 1999 in Afghanistan geborene

Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. März 2019 - M 25 E 19.520

bei uns veröffentlicht am 07.03.2019

Tenor I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache (M 25 K …) eine Duldung zur Ausbildung zum zahnmedizinischen Fachangestellten bei der Praxis … zu erteilen. II.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2019 - 19 CE 18.1725

bei uns veröffentlicht am 30.01.2019

Tenor I. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 26. Juli 2018 in den Nrn. I und II wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. II. Der Antragssteller trägt die Kosten des Verfahrens i

Referenzen

(1) Unabhängig von den Voraussetzungen der Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3, insbesondere vom Vorliegen der Fluchtgefahr, kann ein Ausländer zur Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung auf richterliche Anordnung bis zu zehn Tage in Gewahrsam genommen werden, wenn

1.
die Ausreisefrist abgelaufen ist, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich,
2.
feststeht, dass die Abschiebung innerhalb dieser Frist durchgeführt werden kann und
3.
der Ausländer ein Verhalten gezeigt hat, das erwarten lässt, dass er die Abschiebung erschweren oder vereiteln wird. Das wird vermutet, wenn er
a)
seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten verletzt hat,
b)
über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht hat,
c)
wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen außer Betracht bleiben oder
d)
die Frist zur Ausreise um mehr als 30 Tage überschritten hat.
Von der Anordnung des Ausreisegewahrsams ist abzusehen, wenn der Ausländer glaubhaft macht oder wenn offensichtlich ist, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will.

(2) Der Ausreisegewahrsam wird im Transitbereich eines Flughafens oder in einer Unterkunft, von der aus die Ausreise des Ausländers ohne Zurücklegen einer größeren Entfernung zu einer Grenzübergangsstelle möglich ist, vollzogen.

(3) § 62 Absatz 1 und 4a sowie § 62a finden entsprechend Anwendung.

(4) Die für den Antrag nach Absatz 1 zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung des Ausreisegewahrsams nach Absatz 1 nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung des Ausreisegewahrsams entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung des Ausreisegewahrsams vorzuführen.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, dem Antragsgegner, der mit Bescheid vom 5. April 2017 eine Beschäftigungserlaubnis für eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau sowie eine diesbezügliche Ausbildungsduldung abgelehnt hat, vorläufig Abschiebungsmaßnahmen gegen den Antragsteller zu untersagen.

Seine Beschwerde hat der Antragsteller, ein armenischer Staatsangehöriger, damit begründet, dass er asylrechtlich noch nicht ausreisepflichtig sei, dass seine Ehefrau aus gesundheitlichen Gründen nicht abgeschoben werden könne und dass ihm eine Ausbildungsduldung zu erteilen sei. Dieser Vortrag verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

1. Der Einwand des Antragstellers, er sei asylrechtlich noch nicht vollziehbar ausreisepflichtig, ist nicht zutreffend, weil das Verwaltungsgericht nicht nur den vorläufigen Rechtsschutzantrag gegen den in vollem Umfang negativen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Juni 2016 (das Asylbegehren ist als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden) abschlägig verbeschieden hat, sondern zwischenzeitlich auch die Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO mit Beschlüssenvom 2. Juni 2017 (W 7 S. 17.32392) und 5. Juli 2017 (W 7 S. 17.32591). Die Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG) erlischt, wenn – wie hier – die nach dem Asylgesetz erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist (§ 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylG). Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse ist nach § 42 Satz 1 AsylG im ausländerrechtlichen Verfahren bindend.

2. Der im Schriftsatz vom 27. Juni 2017 außerhalb der zweiwöchigen Beschwerdebegründungsfrist (§ 146 Abs. 1 Satz 1 VwGO, hier abgelaufen am 19.6.2017) erstmals thematisierte Gesundheitszustand der Ehefrau des Antragstellers begründet ebenfalls kein Abschiebungshindernis, nachdem eine schwerwiegende, die Abschiebung ausschließende Erkrankung trotz schriftlicher Belehrungen durch die Ausländerbehörde am 19. Januar und 20. März 2017 bislang nicht geltend gemacht worden ist. In der dem Senat vorliegenden Ausländerakte der Ehefrau finden sich weder Angaben zu Erkrankungen noch diesbezügliche Nachweise. Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde hierzu nichts Konkretes vorgetragen. Trotz mehrseitiger rechtlicher Ausführungen zu § 60a AufenthG wird vom Antragsteller eine Erkrankung seiner Ehefrau weder dargelegt noch nachgewiesen.

3. Der Vortrag, der Antragsteller könne eine Ausbildungsduldung nach § 60a AufenthG beanspruchen, erweist sich ebenfalls als nicht berechtigt und begründet deshalb kein Hindernis für die Abschiebung des Antragstellers.

3.1 Für die Aufnahme der zum 1. September 2017 angebotenen Ausbildung zum Landschaftsgärtner bedarf der Antragsteller der Erlaubnis der Ausländerbehörde nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 10 CE 16.2342 – juris Rn. 1 m.w.N.). Diese hat die Erteilung der Erlaubnis mit Bescheid vom 5. April 2017 abgelehnt. Die zentrale Ausländerbehörde U. ist angesichts der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und der Bestätigung dieser Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch den unanfechtbaren Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. Januar 2017 zutreffend von der Ausreisepflicht des Antragstellers ausgegangen und hat in gemäß § 114 VwGO nicht zu beanstandender Weise dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Rückkehr des Antragstellers in sein Heimatland Vorrang vor den privaten Interessen des Antragstellers an der Aufnahme einer Ausbildung eingeräumt.

3.2 Eine Ausbildungsduldung, die mit Bescheid vom 5. April 2017 ebenfalls abgelehnt wurde, ist nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nur zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, Ausschlussgründe nach § 60a Abs. 6 AufenthG nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. Die Ausbildungsduldung kommt jedoch nur in Betracht, wenn die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung vorliegen und die Aufnahme der Ausbildung zeitlich unmittelbar bevorsteht (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 27.6.2017 – 11 S 1076/17 – juris Rn. 18 und 20), denn eine Duldung zur zeitlich wesentlich späteren Aufnahme einer Ausbildung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, ist nicht zu beanstanden. Dem Antragsteller wurde zwar mit Schreiben vom 8. Februar 2017 ein Ausbildungsplatz als Landschaftsgärtner angeboten, doch soll die Ausbildung erst zum 1. September 2017 beginnen; zwischen dem Ausbildungsangebot und der Aufnahme der Ausbildung liegt folglich ein Zeitraum von mehr als 6 Monaten, in dem der Antragsteller zur Ausreise verpflichtet ist.

Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Berufsausbildung am 1. September 2017 sind die Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nicht erfüllt. Die am 13. Februar 2017 eingeleitete Beschaffung von Passersatzpapieren stellt eine konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung dar, die den Anspruch auf eine Ausbildungsduldung ausschließt. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers will diese Ausschlussregelung die Fälle aus dem Anwendungsbereich des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsduldung ausnehmen, in denen die Abschiebung bereits konkret vorbereitet wird, wobei die Gesetzesbegründung die Beantragung eines Pass(ersatz) papiers, die Terminierung der Abschiebung oder den Lauf eines Verfahrens zur Dublin-Überstellung als Beispiele aufführt (BT-Drs. 18/9090 S. 25; vgl. auch BayVGH, B.v. 15.12.2016 – 19 CE 16.2025 – juris Rn. 19). Dass die Beschaffung von Passersatzpapieren tatsächlich länger dauert als behördlich angenommen, ist unschädlich, denn die Ausstellung der Passersatzpapiere liegt ausschließlich in der Verantwortung des Herkunftsstaates. Anzeichen für eine offensichtliche Aussichtslosigkeit der Rückführungsbemühungen sind nicht ersichtlich. Somit kann der Antragsteller keine Duldung für die Aufnahme der Ausbildung verlangen, auch wenn ein Ausschlussgrund im Sinn des § 60a Abs. 6 AufenthG nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der sogenannte Auffangstreitwert halbiert wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragssteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Der Asylantrag des am 15. August 2012 ins Bundesgebiet eingereisten Antragstellers, der Identitätspapiere nicht vorlegte und angab, am 25. Januar 1991 geboren und pakistanischer Staatsangehöriger zu sein, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. August 2014 als offensichtlich unbegründet abgelehnt; der Bescheid ist seit 29. August 2014 bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 wies die Ausländerbehörde den Antragsteller auf seine Ausreisepflicht und Passpflicht sowie auf die in diesem Zusammenhang bestehenden Handlungspflichten hin; die Belehrung wurde am 5. Juli 2016 wiederholt. Ab dem 29. Dezember 2014 wurden dem Antragsteller Duldungen - mit dem Zusatz „Erwerbstätigkeit nicht gestattet“ - erteilt. Die angestrebte Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wurde nicht gestattet. Nach eigenen Angaben sprach der Antragsteller am 6. und am 16. Juni 2016 jeweils beim Konsulat seines Heimatlandes vor. Ein Nachweis über die Beantragung eines Passes liegt nicht vor.

Am 17. Juni 2016 beantragte der Antragsteller bei der Ausländerbehörde des Landratsamtes A. die Erlaubnis zur Ausbildung als Fachkraft im Gastgewerbe (ein schriftlicher Berufsausbildungsvertrag zur Fachkraft im Gastgewerbe mit Ausbildungsbeginn zum 1. September 2016 wurde im Juli 2016 geschlossen). Bei Gelegenheit seiner Vorsprache an diesem Tag wurden Unterlagen für die behördliche Passbeschaffung erstellt und von der Ausländerbehörde an die Zentrale Passbeschaffung Bayern bei der Regierung von O. weitergeleitet. Aus deren Verfahrens-Informationen zu Pakistan geht hervor, dass die Bearbeitung ohne Vorlage von Originaldokumenten 3 bis 8 Monate dauert und nach erfolgter Identifizierung die persönliche Vorstellung beim pakistanischen Generalkonsulat in Frankfurt notwendig ist.

Mit Bescheid vom 26. August 2016 lehnte die nunmehr zuständige zentrale Ausländerbehörde der Regierung von U. den Antrag ab und verwies im Rahmen ihrer Ermessensausübung auf die vollziehbare Ausreisepflicht und eine mangelnde Bleibeperspektive sowie das am 17. Juni 2016 eingeleitete Verfahren zur Beschaffung von Heimreisedokumenten. Der Aufforderung zur Passbeschaffung vom 18. Dezember 2014 sei der Antragsteller nicht nachgekommen. Wegen konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung stehe dem Antragsteller auch keine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu.

Durch Klage gegen den Bescheid verfolgte der Antragsteller sein Ziel weiter. Zusätzlich beantragte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel einer vorläufigen Erlaubnis zur Aufnahme der Ausbildung. Dies lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. September 2016 ab. Der Antrag ziele auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache ab und der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Gestattung der Ausbildung. Die Entscheidung liege vielmehr im Ermessen der Behörde. Ein Anspruch auf eine Ausbildungsduldung bestehe nicht, weil konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorgestanden hätten.

Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller geltend, sein Ausbildungsplatz gehe unwiederbringlich verloren, wenn er die Stelle nicht antrete und die Berufsschule nicht besuche. Er könne weder davon ausgehen, dass ihm der Ausbildungsplatz reserviert werde, noch davon, dass er einen anderen Ausbildungsplatz finden werde. Von einer rein zeitlichen Verzögerung der Ausbildung könne deshalb nicht gesprochen werden. Die Möglichkeit einer Rückführung nach Pakistan sei nicht absehbar. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf die Erlaubnis zur Ausbildung, der sich aus § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ergebe; der gesetzliche Ausschlussgrund, wenn konkrete Maßnahmen zu Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, liege nicht vor.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung den Antragsgegner vorläufig zur Gestattung der Ausbildung des Antragsteller zur Fachkraft im Gastgewerbe zu verpflichten.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus seiner Sicht bedeute die begehrte vorläufige Gestattung eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache und eine Verfestigung des Aufenthalts. Die wirtschaftliche Existenz des Antragstellers sei durch öffentliche Leistungen gesichert und die Ausbildung könne auch noch zu einem späteren Zeitpunkt begonnen werden. Die Ausländerbehörde habe über die Zulassung der Ausbildung ermessensfehlerfrei entschieden; eine Ausbildungsduldung könne der Antragsteller nicht beanspruchen, weil bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorgestanden hätten.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis zur Aufnahme der Berufsausbildung und zum Berufsschulbesuch abgelehnt hat.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich die Gestattung einer Erwerbstätigkeit nicht - wie im angefochtenen Bescheid angenommen - nach § 61 Abs. 2 AsylG i. V. m. § 32 BeschV, sondern nach §§ 4 Abs. 3 Satz 3, 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG i. V. m. §§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 32 BeschV richtet. Es ist deshalb zutreffend vom Vorliegen einer Ermessensentscheidung ausgegangen, aber auch davon, dass das einstweilige Rechtsschutzbegehren erfolglos bleibt, weil eine Ermessensreduzierung auf Null nicht zu erkennen ist; insoweit kann auf den angefochtenen Beschluss nach § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen werden.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass die Anwendung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG hinsichtlich der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im vorliegenden Fall nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null führt.

Nach der Vorschrift ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.

Die Voraussetzung, dass konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen, ist jedoch beim Antragsteller nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat bei der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung abgestellt und zutreffend festgestellt, dass das zuständige Landratsamt bereits am 17. Juni 2016 das Verfahren zur Beschaffung eines Passersatzpapiers als konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet hat.

Auch ein Abstellen auf einen früheren Zeitpunkt (vgl. hierzu VGH BW, B.v. 13.10.2016 - 11 S 1991/16) würde zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis führen. Bei dem Inkrafttreten der Neufassung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG am 6. August 2016 (vgl. Art. 5 Nr. 8 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016, BGBl I S. 1939) war das Verfahren zur Beschaffung des Passersatzpapiers bereits eingeleitet. Im Zeitpunkt der Antragstellung beanspruchte die Einschränkung der Vorschrift über die Ausbildungsduldung auf Fälle, in denen konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen, noch keine Geltung, hatte aber die Ausländerbehörde durch wiederholte Belehrung über die Ausreisepflicht, die konsequente Ablehnung der vom Antragsteller angestrebten Erwerbstätigkeit in den Duldungsverfahren und letztlich durch die Einleitung des Verfahrens zur Beschaffung von Passersatzpapieren hinreichend zum Ausdruck gebracht, die Ausreisepflicht des Antragstellers tatsächlich durchsetzen zu wollen. Nach dem rechtskräftigen Abschluss des erfolglosen Asylverfahrens (Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet) war dem Antragsteller bereits seit Dezember 2014 bewusst, dass er zur Ausreise verpflichtet ist und das Bundesgebiet wieder verlassen muss.

Die Voraussetzung, dass „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“ (eine inhaltsgleiche Formulierung findet sich in § 61 Abs. 1c Nr. 3 AufenthG) soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Fälle aus dem Anwendungsbereich des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsduldung ausnehmen, in denen die Abschiebung bereits konkret vorbereitet wird, wobei die Gesetzesbegründung die Beantragung eines Pass(ersatz)papiers, die Terminierung der Abschiebung oder den Lauf eines Verfahrens zur Dublin-Überstellung als Beispiele aufführt. Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren zur Ausstellung eines Passersatzpapiers am 17. Juni 2016 von der zuständigen Ausländerbehörde auf den Weg gebracht. Nachdem der Gesetzgeber in der Gesetzbegründung das Verfahren zur Beschaffung eines Passersatzpapiers ausdrücklich als Beispiel für eine „bevorstehende Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung“ genannt hat (vgl. BT-Drs. 18/9090 S. 25), überzeugen die dagegen gerichteten Einwände des Antragstellers nicht. Die Gesetzformulierung „Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ ist bewusst weiter gefasst als die eigentliche Aufenthaltsbeendigung durch Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung, die der Antragsteller im Blick hat; andernfalls hätte die Verwendung des Begriffs Aufenthaltsbeendigung als gemeinsamer Oberbegriff genügt. Im vorliegenden Fall besteht nicht nur die vollziehbare Ausreisepflicht; die Ausländerbehörde hat, nachdem der Antragsteller über einen längeren Zeitraum seiner gesetzlichen Passpflicht, über die er mehrmals schriftlich belehrt wurde, nicht genügt hat, mit dem Verfahren zur Beschaffung eines Passersatzpapiers konkrete eigene Schritte zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet. Dass ein derartiges Verfahren eine gewisse Zeit (im vorliegenden Fall bis zu 8 Monate) in Anspruch nimmt, entwertet diese Schritte nicht, denn die Ausstellung entsprechender Unterlagen liegt in der Hoheit des jeweiligen Herkunftsstaates. Bereits vor diesem Hintergrund sind die Überlegungen des Antragstellers zur Anwendung der nur innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU geltenden „Dublin-III-Verordnung“ fernliegend.

Angesichts der beim Antragsgegner vorliegenden Informationen über das Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren für Pakistan ist dessen Verlauf sowohl in prozeduraler als auch in zeitlicher Hinsicht absehbar. Anhaltspunkte dafür, dass ein ernsthaft (ohne Signale für ein gegenteiliges Interesse) gestellter Antrag auf Erteilung eines Passersatzpapiers von den Behörden des Herkunftsstaates überhaupt nicht bearbeitet wird und eine Aufenthaltsbeendigung deshalb von vorneherein nicht in Betracht kommt, legt der Antragsteller nicht dar. Der vom Antragsteller geforderten Eingangsbestätigung für den Antrag durch die Behörden des Heimatstaates bedarf es nicht.

§ 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ist als Maßstab zur Beurteilung der Absehbarkeit von konkreten Maßnahmen ungeeignet. Er dient, worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat, der zeitlichen Begrenzung von Sicherungshaft, die einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG darstellt, und ist deshalb untauglich, einen in jeder Hinsicht verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken zum Ausdruck zu bringen. Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9090, S. 25) bietet für den Fall des Antragstellers bereits eine ausreichende Auslegungsgrundlage. In den Fällen, in denen die Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung absehbar ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden. Eine Duldung zum Zweck der Berufsausbildung darf dann nicht erteilt werden. Dass der Antragsteller nicht aus einem Herkunftsstaat nach § 29a AsylG stammt, hat lediglich zur Folge, dass er als Geduldeter nicht von jeglicher Erwerbstätigkeit ausgeschlossen ist; es bedeutet jedoch nicht, dass ihm (im Umkehrschluss) generell ein Anspruch auf eine Ausbildungsduldung zustehen würde.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der sogenannte Auffangstreitwert halbiert wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

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Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird, zugleich unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2017, für beide Rechtszüge auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerinnen (geboren am … 1980 und … 2009) sind armenische Staatsangehörige. Sie reisten zunächst am 6. März 2013 mit Schengen-Visa auf dem Luftweg nach Italien ein. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Die ursprünglich bis zum 4. April 2013 gültigen Schengen-Visa wurden am 19. März 2013 durch die Niederlande bis zum 20. April 2013 verlängert. Unter Vorlage einer auf den 15. April 2013 datierten Heiratsurkunde aus Dänemark begehrte die Antragstellerin zu 1. unter Hinweis auf ihre Eheschließung mit einem niederländischen Staatsangehörigen und den inzwischen in Ausübung der Freizügigkeit des Ehemanns genommen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland die Erteilung eines Aufenthaltstitels.

2

Mit Schreiben vom 4. November 2013 hörte die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt Aachen die Antragstellerin zu 1. zur beabsichtigten Versagung einer Aufenthaltserlaubniskarte gemäß § 5 Abs. 1 FreizügG/EU und Abschiebungsandrohung an, nachdem der Ehemann der Antragstellerin zu 1. am 30. September 2013 eine Selbstanzeige wegen Eingehung einer Scheinehe erstattet und diesbezüglich bei der Ausländerbehörde später persönlich vorgesprochen hatte. Die melderechtliche Abmeldung des Ehemanns, der angegeben hatte, zu keinem Zeitpunkt unter der gemeinsamen Adresse in Deutschland wirklich gewohnt zu haben, erfolgte zum 2. Oktober 2013.

3

Die Antragstellerinnen meldeten sich am 5. März 2014 als Asylsuchende und stellten am 14. März 2014 einen Asylantrag. Infolgedessen wurden die Akten zuständigkeitshalber abgegeben und das mit der Anhörung eingeleitete ausländerrechtliche Verfahren im Zusammenhang mit dem Verdacht der Scheinehe nicht fortgeführt. Bei der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – BAMF – am 12. Mai 2015 erklärte die Antragstellerin zu 1., sie habe mit ihrem Ehemann zusammen in Deutschland gewohnt. Er habe sie reingelegt und sie nach der Eheschließung – so im September/Oktober 2013 – verlassen. Die Antragstellerinnen wurden dem Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners zugeteilt und die Ausländerakte wurde dorthin abgegeben.

4

Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 28. Dezember 2016 den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt und festgestellt, dass Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Bl. 397 ff. der Verwaltungsakte der Antragstellerin zu 1. – VA –). Gleichzeitig wurde den Antragstellern eine Frist zur freiwilligen Ausreise gesetzt und für den Fall der Nichtausreise die Abschiebung nach Armenien angedroht. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Trier mit Beschluss vom 25. Januar 2017 – 2 L 264/17.TR – abgelehnt (Bl. 421 ff. VA). Das Hauptsacheverfahren ist ebenfalls anhängig und wird inzwischen unter dem Aktenzeichen 8 K 263/17.TR geführt.

5

Während des Asylverfahrens wurde den Antragstellern zunächst vom Bundesamt, später vom Antragsgegner eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens erteilt und mehrfach verlängert. Während des Asylverfahrens beantragte die Antragstellerin zu 1., ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu erlauben. Nachdem die Antragstellerin zu 1. mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 einen Berufsausbildungsvertrag im Hotelfach mit dem Ausbildungsbetrieb „F. Parkhotel GmbH“ vorgelegt hatte (vgl. Bl. 387 VA), erteilte ihr der Antragsgegner unter dem 19. Oktober 2015 eine „Arbeitserlaubnis (gilt nur in Verbindung mit einer gültigen Aufenthaltsgestattung“ für die Tätigkeit „Ausbildung im Hotelfach“ bei dem Arbeitgeber „F. Parkhotel GmbH“ bis „Ende Ausbildung oder Aufhebung Ausbildungsvertrag“ (vgl. Bl. 388 VA). Unter Bemerkung ist neben dem Ausschluss einer Tätigkeit als Leiharbeitnehmer aufgeführt, dass „Diese Arbeitserlaubnis […] ebenfalls gültig [ist] für eine zeitweise Tätigkeit im H.“ (Bl. 388 VA).

6

Wie inzwischen bekannt ist, beendete die Antragstellerin zu 1. ihre im Oktober 2015 aufgenommene Ausbildung im Hotelfach bei dem Ausbildungsbetrieb „F. Parkhotel GmbH“ im Sommer 2016. Nach einer eigenen Angaben zufolge zweimonatigen Unterbrechung der betrieblichen Ausbildung setzte die Antragstellerin zu 1., wie sich aus dem im gerichtlichen Eilverfahren schließlich vorgelegten Berufsausbildungsvertrag ergibt (Bl. 6 der Gerichtsakte – GA –), ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau sodann ab dem 17. Oktober 2016 beim Ausbildungsbetrieb „B. Hotel GmbH“ fort. Eine Anzeige des Wechsels der Ausbildungsstätte gegenüber dem Antragsgegner erfolgte seinerzeit nicht. Ebenso wenig wurde für die damals weiterhin eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens besitzende Antragstellerin zu 1. eine Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bei dem neuen Ausbildungsbetrieb beantragt oder erteilt.

7

Nachdem der Antragsgegner von dem Bescheid des Bundesamtes vom 28. Dezember 2016 Kenntnis erlangt hatte, holte er Informationen über den Stand der Ausbildung der Antragstellerin zu 1. bei dem ihm angezeigten und bekannten Ausbildungsbetrieb „F. Parkhotel GmbH“ ein und erhielt die Mitteilung, dass die Antragstellerin zu 1. die Ausbildung abgebrochen habe (vgl. Vermerk vom 5. Januar 2017, Bl. 418 GA).

8

Im Anschluss an die Übersendung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Trier vom 25. Januar 2017, mit dem der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesamtes vom 28. Dezember 2016 abgelehnt wurde, leitete der Antragsgegner am 31. Januar 2017 die Passersatzpapierbeschaffung für die Antragstellerinnen ein (Bl. 425 VA). Die Passersatzpapiere wurden von der armenischen Botschaft in Berlin am 13. März 2017 ausgestellt und dem Antragsgegner von der Zentralstelle für Rückführungsangelegenheiten mit Schreiben vom 3. April 2017 übersandt (Bl. 435 f. VA). Parallel dazu wurden für die Antragstellerinnen mit E-Mail vom 28. März 2017 Plätze für einen avisierten Charterflug nach Armenien reserviert (Bl. 431 VA) und die Buchung letztlich bestätigt (Bl. 449 VA).

9

Die letzte den Antragstellern erteilte Aufenthaltsgestattung vom 29. September 2016 war längstens bis zum 28. März 2017 gültig (Bl. 433 VA). Die erste Duldung wurden den Antragstellern unter dem 30. März 2017 mit einer Gültigkeit bei zum 29. Juni 2017 und der Nebenbestimmung erteilt, dass die Duldung automatisch mit Bekanntgabe des Rückführungstermins bzw. mit Beginn der Rückführung erlösche und eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet sei (Bl. 441 VA).

10

Mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 5. Mai 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen, dem Antragsgegner aufzugeben, die für denselben Tag vorgesehene und bereits eingeleitete Abschiebung einzustellen und einstweilen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Der Flug vom Flughafen Frankfurt nach Armenien stehe unmittelbar bevor. Zur Begründung eines Anordnungsanspruchs wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Antragstellerin zu 1. angesichts ihrer Ausbildung, die sie im ersten Lehrjahr im Hotel F. und seit dem zweiten Ausbildungsjahr im B. Hotel absolviere, Anspruch auf eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 1. den Wechsel des Ausbildungsbetriebs nicht angezeigt und damit die Formalitäten zur Erteilung einer Ausbildungsduldung nicht eingehalten habe. Das Festhalten an einer „Förmelei“ sei angesichts der existenziellen Konsequenzen der Abschiebung unverhältnismäßig. Der aufgrund der Eilbedürftigkeit telefonisch angehörte Antragsgegner hat gegenüber dem Verwaltungsgericht unter anderem erklärt, dass die Ausländerbehörde keine Kenntnis von der Ausbildung der Antragstellerin zu 1. gehabt habe (vgl. Vermerk Bl. 11 GA).

11

Mit Beschluss vom 5. Mai 2017 – 3 L 475/17.KO – hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Bl. 12 f. GA). Die Antragstellerinnen hätten keinen Anordnungsanspruch dargetan. Es fehle insbesondere an der Glaubhaftmachung, dass der Antragstellerin zu 1. ein Anspruch auf eine Ausbildungsduldung zustehe. Es sei zwar zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 1. tatsächlich eine Ausbildung aufgenommen habe. Sie habe allerdings nicht substantiiert vorgebracht, dass sie die Ausländerbehörde hierüber in Kenntnis gesetzt hätte und zur Aufnahme der Ausbildung befugt gewesen sei. Die Abschiebung der Antragstellerinnen nach Armenien wurde am gleichen Tag, am 5. Mai 2017, vollzogen.

12

Mit der Beschwerde machen die Antragstellerinnen – weiterhin gestützt auf den Anspruch der Antragstellerin zu 1. auf eine Ausbildungsduldung – nunmehr die Rechtswidrigkeit der am 5. Mai 2017 erfolgten Abschiebung geltend. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass die Ausländerbehörde der Antragstellerin zu 1. eine Arbeitserlaubnis bis zum Ende der Ausbildung erteilt habe. Das Ausbildungsende sei noch nicht erreicht, die Antragstellerin zu 1. stehe nach wie vor in einem ungekündigten Ausbildungsverhältnis. Die Erlaubnis sei auch nicht auf einen bestimmten Arbeitgeber beschränkt gewesen. Die Benennung der Ausbildungsstelle in die Erlaubnis habe nur deklaratorische Gründe. Dementsprechend sei die im Oktober 2016 bei einem anderen Arbeitgeber fortgesetzte Ausbildung auch nicht illegal gewesen. Außerdem seien keine Gründe ersichtlich, weshalb sich der Antragsgegner einer Übertragung der Arbeitserlaubnis auf einen anderen Arbeitgeber hätte verschließen sollen. Es erscheine daher ausgeschlossen, dass die Ausländerbehörde in Kenntnis der gesamten Umstände eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG verweigert hätte. Wenn bereits die beabsichtigte Aufnahme einer Berufsausbildung zu einem Bleiberecht führe, müsse das erst recht für eine begonnene und bereits im fortgeschrittenen Stadium des zweiten Lehrjahres befindliche Ausbildung gelten. Die Antragstellerin zu 1. habe die Ausbildung im Vertrauen darauf begonnen, dass ihr die Ausländerbehörde einen Aufenthalt bis zum Abschluss der Ausbildung ermögliche. Die Ausländerbehörde habe diesen Vertrauenstatbestand durch die Erteilung der Arbeitserlaubnis selbst geschaffen. Sich im Zeitpunkt der Aufenthaltsbeendigung auf den nicht angezeigten Wechsel des Ausbildungsbetriebs zu berufen, sei treuwidrig und eine reine Förmelei. Die Erteilung einer Duldung setzte keinen Antrag voraus und könne – was hier angezeigt gewesen wäre – auch von Amts wegen erfolgen. Dementsprechend bestehe ein Anspruch auf eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG.

13

Nachdem die Antragstellerinnen beim Verwaltungsgericht noch eine Sicherungsanordnung zur Einstellung der Abschiebung beantragt haben, beantragen sie und unter Hinweis darauf, dass sich der ursprüngliche Antrag durch die Vollziehung erledigt habe, nunmehr

14

1. festzustellen, dass ihre Abschiebung am 5. Mai 2017 rechtswidrig war,

15

2. den Antragsgegner anzuweisen, zur Beseitigung der rechtswidrigen Folgen zu ihren Lasten sie unverzüglich in das Bundegebiet zurückzuführen.

16

Der Antragsgegner beantragt,

17

die Beschwerde zurückzuweisen,

18

und führt zur Begründung aus: Die Antragstellerin zu 1. habe ihre Ausbildung abgebrochen und die Neuaufnahme nicht angezeigt, so dass eine ausländerrechtliche Genehmigung für die Neuaufnahme nicht vorlag. Selbst wenn der Bevollmächtigte oder die Antragstellerin zu 1. bereits im Februar 2017 den Wunsch der Aufnahme einer Ausbildung ordnungsgemäß angezeigt und eine Ausbildungsduldung beantragt hätten, so wäre die Erteilung aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen. Denn eine Ausbildungsduldung dürfe nicht erteilt werden, wenn – wie hier seit dem 31. Januar 2017 – konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstünden.

II.

19

Die Beschwerde der Antragstellerinnen hat keinen Erfolg. Der Antrag zu Nr. 1 ist unzulässig, der Antrag zu Nr. 2 jedenfalls unbegründet.

20

1. Der Antrag, im Verfahren nach § 123 VwGO die Rechtswidrigkeit der Abschiebung vom 5. Mai 2017 festzustellen, ist unzulässig.

21

Die Umstellung des ursprünglichen Antrags auf Erlass einer Sicherungsanordnung zur Einstellung und Aussetzung der Abschiebung auf eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der zwischenzeitlich vollzogenen Abschiebung – jeweils gestützt auf den geltend gemachten Anspruch auf eine Ausbildungsduldung – stellt gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zwar keine Antragsänderung im Sinne des § 91 VwGO dar. Der Feststellungsantrag ist jedoch unzulässig, weil er in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht statthaft ist. Das Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, kann in einem Eilverfahren nicht befriedigt werden, in dem nur eine vorläufige, nicht jedoch eine endgültige und verbindliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit getroffen werden könnte. Eine verbindliche Entscheidung über diese Frage ist allein in einem Hauptsacheverfahren möglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1995 – 7 VR 16/94 –, juris, Rn. 27; OVG RP, Beschluss vom 16. September 2016 – 7 B 10718/16.OVG –; W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 131 und § 123 Rn. 9 m.w.N.).

22

2. Der Antrag zu Nr. 2, der darauf gerichtet ist, die eingetretenen Folgen der am 5. Mai 2017 vollzogenen Abschiebung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu beseitigen, ist jedenfalls unbegründet.

23

a. Der im Beschwerdeverfahren unter Nr. 2 gestellte Antrag begründet eine Antragsänderung im Sinne des § 91 VwGO. Während die Einbeziehung einer Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Verbindung lediglich eine Erweiterung des ursprünglichen Begehrens und damit gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO keine Antragsänderung darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 1965 – V C 100.64 –, juris, Rn. 17 = BVerwGE 22, 314, zur parallelen Situation bei § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO), fehlt es im hier betroffenen Verfahren nach § 123 VwGO an einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Verknüpfung, da die einen Annexcharakter begründende Regelung des § 80 Abs. 5 Satz 3 weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar ist (vgl. VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 6). Der Übergang auf den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO kommt im Verfahren nach § 123 VwGO nicht in Betracht (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Oktober 2015, § 81 Rn. 190, m.w.N.). Mithin ist das Begehren auf Rückgängigmachung der Vollziehung durch einen eigenen, unmittelbar hierauf gerichteten Anordnungsantrag gemäß § 123 VwGO zu verfolgen (zur Zulässigkeit und den Voraussetzungen isolierter Anträge auf vorläufige Folgenbeseitigung im Verfahren nach § 123 VwGO vgl. SaarlOVG, Beschluss vom 18. Oktober 2005 – 2 W 15/05 –, juris; VGH BW, Beschluss vom 11. März 2008 – 13 S 418/08 –, juris), der im laufenden Verfahren gestellt eine Antragsänderung im Sinne des § 91 VwGO begründet (vgl. VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 6).

24

Im Hinblick auf die Antragsänderung ist zu beachten, dass diese im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO regelmäßig unzulässig ist (vgl. vgl. VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 6 f.; BayVGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 11 CE 16.219 –, juris, Rn. 17; OVG RP, Beschluss vom 5. Januar 2017 – 7 B 11589/16 –, juris, Rn. 10; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 91 Rn. 92, jeweils m.w.N.).

25

Dabei kann es vorliegend dahinstehen, ob hier mit der Antragsänderung auch eine – einer zulässigen Antragsänderung entgegenstehende – wesentliche Änderung der zu prüfenden Gesichtspunkte einhergeht (bejahend für den hier gegenständlichen Wechsel von Anträgen auf Aussetzung der Abschiebung auf Rückgängigmachung der Abschiebung VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 7; in diese Richtung auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. Juni 2016 – 2 M 37/16 –, juris, Rn. 8 ff., m.w.N.) oder ob ausnahmsweise eine zulässige Antragsänderung anzunehmen ist (so im Ergebnis wohl SaarlOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 –, juris, ohne jedoch das Problem der Zulässigkeit der Antragsänderung zu thematisieren). Denn die Beschwerde bliebe selbst dann ohne Erfolg, wenn man eine entsprechende Antragsänderung im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO hier ausnahmsweise als zulässig erachten würde. Es fehlt jedenfalls an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.

26

b. Aus demselben Grund bedarf es keiner Entscheidung, inwieweit der gestellte Antrag auf Rückgängigmachung der Vollziehung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO den engen Zulässigkeitsvoraussetzungen genügt, die gelten, wenn – wie hier – mit der Rückgängigmachung der Vollziehung im Verfahren nach § 123 VwGO eine Vorwegnahme der Hauptsache einhergeht (vgl. SaarlOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 –, juris, Rn. 26; VGH BW, Beschluss vom 11. März 2008 – 13 S 418/08 –, juris, Rn. 7; eine Vorwegnahme verneinend: Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Oktober 2015, § 81 Rn. 191).

27

Eine über eine vorläufige Regelung hinausgehende Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich unzulässig. Dies gilt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur dann nicht, wenn die begehrte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und deshalb die Gefahr besteht, dass ohne eine vorläufige Regelung wesentliche Nachteile für den Antragsteller eintreten, und diese nur durch die vorläufige Entscheidung des Gerichts abgewendet werden können. Gleichzeitig kann eine einstweilige Anordnung, mit deren Erlass die Hauptsache vorweggenommen würde, nur ergehen, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. nur W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 14, m.w.N). Offen bleiben kann insbesondere, ob hier – was mindestens fraglich ist – zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes überhaupt eine Vorwegnahme der Hauptsache angezeigt ist, denn im Gegensatz zu anderen Fällen, in denen eine zulässige Vorwegnahme der Hauptsache angenommen wurde (vgl. SaarlOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 –, juris, Trennung der familiären Lebensgemeinschaft), sind durch die Vollziehung der Abschiebung hier keine besonders geschützten verfassungsrechtlichen Belange betroffen.

28

c. Der Antrag zu Nr. 2 ist jedenfalls unbegründet.

29

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO).

30

Die Antragstellerinnen haben keinen Anordnungsanspruch in diesem Sinne glaubhaft gemacht. Voraussetzung für die begehrte Folgenbeseitigung ist unter anderem die Rechtswidrigkeit der vollzogenen Abschiebung. Die Antragstellerinnen waren – dies wird nicht in Frage gestellt – seit der Bekanntgabe des ablehnenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts Trier vom 25. Januar 2017 – 2 L 264/17.TR – gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, nachdem zwar schon die angegriffene Verfügung des Bundesamtes vom 28. Dezember 2016 sofort vollziehbar gewesen ist (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG), der gestellte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG bis zur Entscheidung hierüber einer Abschiebung jedoch entgegenstand. Den erhobenen Einwand der Rechtswidrigkeit der Abschiebung stützen die Antragstellerinnen auf einen Anspruch der Antragstellerin zu 1. auf Erteilung einer Ausbildungsduldung.

31

Aus dem Vorbringen der Antragstellers im Beschwerdeverfahren, auf welches sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – beschränkt, ergeben sich keine Gründe, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts – konkret zum Fehlen eines glaubhaft gemachten Anspruchs auf eine Ausbildungsduldung – abzuändern oder aufzuheben ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), um darauf gestützt einen Anordnungsanspruch für die begehrte Folgenbeseitigung annehmen zu können.

32

aa. Gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung (BGBl. I 2016 S. 1939) ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach § 60a Abs. 6 AufenthG nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.

33

Der Ausschlussgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung liegt vor, wenn die Maßnahmen bei typisierender Betrachtung in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zu einer beabsichtigten Abschiebung stehen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 21; NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 19). Dies erfordert nicht, dass konkrete Maßnahmen bereits angeordnet oder ausgeführt worden sind. Es genügt vielmehr, dass die Abschiebung durch die Ausländerbehörde oder eine andere für die Aufenthaltsbeendigung zuständige Behörde vorbereitet wird und diese absehbar durchgeführt werden soll. Ausweislich der Gesetzesbegründung genügt es, wenn z.B. ein Pass(ersatz)papier beantragt worden ist oder die Abschiebungen terminiert sind oder ein Verfahren zur Dublin-Überstellung läuft (vgl. BT-Drucks. 18/9090, S. 25). Mithin soll nach dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Willen in Fällen, in denen die Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung absehbar ist, der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden. Eine Duldung zum Zweck der Berufsausbildung darf dann nicht erteilt werden (vgl. BT-Drucks. 18/9090, S. 25; vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 5. Januar 2017 – 7 B 11589/16.OVG –, juris, Rn. 7).

34

Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9/12 –, juris, Rn. 11 = BVerwGE 146, 189, zur Erteilung eines Aufenthaltstitels). Für die Entscheidung über das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs kommt es demnach grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an (vgl. W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 27). Etwas Anderes gilt nur dann, wenn das materielle Recht, insbesondere der Zweck der gesetzlichen Vorschrift, ausnahmsweise gebietet, auf einen anderen Zeitpunkt, z.B. auf den der Antragstellung, abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9/12 –, juris, Rn. 18 = BVerwGE 146, 189).

35

Für die Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG gilt, dass die Voraussetzungen grundsätzlich zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung bzw. bei einem dagegen gerichteten Rechtsschutz zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müssen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 23).

36

Etwas anderes gilt ausnahmsweise für den Versagungsgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung. Hier scheidet aus Gründen des materiellen Rechts ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung oder denjenigen der Behördenentscheidung aus. Bei einem Abstellen auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Ausländerbehörde oder auf den des Gerichts hätte es ansonsten letztlich die Ausländerbehörde in der Hand, durch die Einleitung von Abschiebemaßnahmen – die nach dem Gesetzeswortlaut selbst im Fall einer bereits aufgenommenen Ausbildung die Duldungserteilung hindern – die Entstehung des Anspruchs zu verhindern (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2016 – OVG 12 S 61.16 –, juris, Rn. 9; NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 23).

37

Gleichzeitig ist auch nicht auf den Zeitpunkt allein der tatsächlichen Aufnahme einer qualifizierten Ausbildung abzustellen. Zum einen dürften der Ausländerbehörde solche privatrechtlichen Akte nicht ohne weiteres bekannt sein (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2016 – OVG 12 S 61.16 –, juris, Rn. 10). Zum anderen ist es erforderlich, dass die Ausbildung nach Maßgabe der zu beachtenden aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig erfolgt. Dies setzt insbesondere voraus, dass dem Ausländer eine nach § 4 Abs. 2 Satz 3, § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BeschV erforderliche Beschäftigungserlaubnis erteilt worden ist, für die bei der Aufnahme einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf lediglich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit entbehrlich ist, das Erfordernis einer Erlaubnis jedoch uneingeschränkt besteht (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 6, m.w.N.; BayVGH, Beschluss vom 24. April 2017 – 19 CE 17.619 –, juris, Rn. 18 aE). Nach den Gesetzesmaterialien zielt die Neuregelung in § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG nur darauf ab, für die Dauer einer – im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen aufgenommenen – Berufsausbildung mehr Rechtssicherheit für Geduldete und Ausbildungsbetriebe zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 18/8615, S. 26). Ein eigenmächtiges und damit rechtswidriges Verhalten sollte durch diese Regelung nicht begünstigt werden (BayVGH, Beschluss vom 24. April 2017 – 19 CE 17.619 –, juris, Rn. 21).

38

Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob der Versagungsgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung einer Ausbildungsduldung entgegensteht – und nur dafür –, wird deshalb in der Rechtsprechung auf den Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung abgestellt (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2016 – OVG 12 S 61.16 –, juris, Rn. 11; NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 23), wobei im Einzelnen unterschiedliche Anforderungen gestellt werden, was mit dem Antrag vorzutragen oder vorzulegen ist, damit dieser hinreichend konkret ist. Die Spanne reicht insoweit von einem Antrag unter Mitteilung des (konkreten) Ausbildungsverhältnisses (VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; zum zusätzlich erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Aufnahme der Ausbildung VGH BW, Beschluss vom 27. Juni 2017 – 11 S 1067/17 –, juris, Rn. 16 ff.), über einen Antrag unter Vorlage des bereits abgeschlossenen Ausbildungsvertrages, der sich zumindest auf das unmittelbar bevorstehende Ausbildungsjahr beziehen muss und in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem steht (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 25), bis hin zu der Überlegung, dass neben dem Antrag und dem Ausbildungsvertrag auch bereits die Eintragung in die Lehrlingsrolle erfolgt bzw. beantragt sein muss oder auf den Zeitpunkt der Eintragung in die Lehrlingsrolle abzustellen sei (vgl. dazu VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 12. Oktober 2016 – 2 L 680/16.NW –, juris, Rn. 8; ablehnend: OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 25).

39

bb. Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung und damit fehlt es an einem Anordnungsanspruch.

40

Dem geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung der Antragstellerin zu 1. für die seit Oktober 2016 tatsächlich betriebene Ausbildung zur Hotelfachfrau beim B. Hotel GmbH steht der Versagungsgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG entgegen.

41

Der Antragsgegner hat am 31. Januar 2017 durch die Beantragung von Passersatzpapieren für die Antragstellerinnen eine Maßnahme ergriffen, mit der die in absehbarer Zeit durchzuführende und letztlich auch durchgeführte Abschiebung am 5. Mai 2017 vorbereitet wurde. Inwieweit allein die Beantragung von Passersatzpapieren für die Annahme das Ausschlussgrundes genügt, wenn es an einem zeitlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Abschiebung fehlt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil hier der zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Antrag vom 31. Januar 2017 und der beabsichtigen, am 5. Mai 2017 durchgeführten Abschiebung in jedem Fall gegeben ist.

42

Soweit der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorliegen, zugunsten des Ausländers auf den Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung unter im Einzelnen umstrittenen Anforderungen an die Konkretisierung des Ausbildungsverhältnisses vorverlegt wird und es nicht auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung bzw. der Entscheidung des Gerichts ankommt (s.o.), räumt die Antragstellerin zu 1. selbst ein, den Wechsel der Ausbildungsstelle nicht angezeigt und – jedenfalls vor dem 31. Januar 2017 – eine Ausbildungsduldung nicht beantragt zu haben.

43

Mangels Antragstellung kann es dahinstehen, welche Anforderungen im Einzelnen daneben erforderlich sind (dazu oben), um den maßgeblichen Zeitpunkt für die Frage festzulegen, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen. Der Vortrag im Beschwerdeverfahren, sie, die Antragstellerin zu 1., habe bei ihrer Vorsprache wegen der zu erteilenden Duldung die von ihr betriebene Ausbildung angesprochen, vermag daran nichts zu ändern. Denn zum einen wird – auch unter Einbeziehung ihrer eidesstattlichen Versicherung (vgl. Bl. 78 GA) – nicht deutlich, ob die Antragstellerin zu 1. auch den Wechsel des Ausbildungsbetriebes offenbart hat. Zum anderen datiert die in der eidesstattlichen Versicherung konkret vorgetragene Vorsprache auf den 21. April 2017, mithin auf einen Zeitpunkt, zu dem bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstanden und der Antragsgegner auch bereits Plätze für den Flug nach Armenien reserviert hatte.

44

Keiner weiteren Aufklärung bedarf es, ob die Antragstellerin zu 1., wie sie selbst angibt, bei ihrer Vorsprache am 21. April 2017 auf Nachfrage die – ansonsten in keiner Weise mit dem Akteninhalt in Übereinstimmung zu bringende – mündliche Auskunft erhalten hat, sie habe durch die auf drei Monate befristete Duldung keine Probleme und könne ruhig ihre Ausbildung weiter machen. Eine rechtliche Position zu ihren Gunsten lässt sich, da die Voraussetzungen einer Zusicherung jedenfalls nicht vorliegen, daraus nicht herleiten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen durch eine etwaige fehlerhafte Auskunft zu diesem Zeitpunkt – selbst wenn man diese als erfolgt unterstellen würde – keine rechtlichen Nachteile erlitten haben, da – wie ausgeführt – eine Ausbildungsduldung nach dem 31. Januar 2017 nicht mehr erteilt werden durfte.

45

Der mit der Beschwerde geltend gemachte Einwand, eine Duldung könne nicht nur auf Antrag erteilt werden, sondern auch von Amts wegen, ist zwar zutreffend, verhilft der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg. Bei einer von Amts wegen zu erteilenden Ausbildungsduldung stellte sich nämlich zunächst die Frage, ob mangels einer den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt bestimmenden Antragstellung eine zeitliche Vorverlagerung für die Prüfung des Ausschlussgrundes, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, überhaupt erfolgt. Die Frage bedarf vorliegend indes keiner Entscheidung, weil eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunktes bei einer von Amts wegen zu erteilenden Ausbildungsduldung zumindest voraussetzen würde, dass diejenigen Umstände, die ansonsten mit der Antragstellung mitzuteilen sind, amtsbekannt sind und etwaig erforderliche Nachweise vorliegen. Ein entsprechender Kenntnis- und Informationsstand des Antragsgegners vor dem 31. Januar 2017 scheidet jedoch schon deshalb aus, weil ihm seinerzeit nicht einmal bekannt war, dass die Antragstellerin zu 1. eine Ausbildung zur Hotelfachfrau bei der B. Hotel GmbH gemacht hat.

46

Die Kenntnis des Antragsgegners von der vorangehenden Ausbildung der Antragstellerin zu 1. bei der F. Parkhotel GmbH, für die ihr in Abhängigkeit von ihrer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG) durch den Antragsgegner eine Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG erteilt worden ist, bietet keine Grundlage für eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Prüfung des Ausschlussgrundes konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung. Aus der vorangehenden, von Oktober 2015 bis Sommer 2016 betriebenen Ausbildung kann die Antragstellerin zu 1. für die nunmehr beanspruchte Ausbildungsduldung nichts herleiten, die sie für ihre im Oktober 2016 bei einer anderen Ausbildungsstätte aufgenommene Ausbildung begehrt.

47

Die unter dem 19. Oktober 2015 erteilte Beschäftigungserlaubnis für die Ausbildung im Hotelfach bei dem Arbeitgeber F. Parkhotel GmbH (vgl. Bl. 388 VA) war entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen auf die Ausbildung bei dem konkret benannten Ausbildungsbetrieb beschränkt und umfasste deshalb trotz gleichbleibenden Ausbildungsziels nicht den Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber. Dass die Benennung des Ausbildungsbetriebs in der Erlaubnis vom 19. Oktober 2015 nicht nur deklaratorischer Natur war, ergibt sich schon aus der „Arbeitserlaubnis“ selbst, die als Bemerkung den Zusatz enthält, dass die Erlaubnis ebenfalls für eine zeitweise Tätigkeit im H. gültig ist (vgl. Bl. 388 VA). Der Aufnahme einer außerhalb des Ausbildungsbetriebs zulässigen Tätigkeit bei einem ebenfalls namentlich benannten Betrieb hätte es nicht bedurft, wenn die Erlaubnis ohne Bindung an die konkrete Ausbildungsstätte allein auf das Ausbildungsziel Hotelfachfrau gerichtet erteilt worden wäre. Die gemäß § 61 Abs. 2 AsylG erlaubte Erwerbstätigkeit hat danach mit dem Abbruch der dortigen Ausbildung im Sommer 2016 ihre Wirksamkeit verloren.

48

Die Beschäftigungserlaubnis vom 19. Oktober 2015 lässt sich deshalb insbesondere nicht als Erlaubnisgrundlage für die am 17. Oktober 2016 bei einem anderen Ausbildungsbetrieb fortgesetzte Ausbildung zur Hotelfachfrau heranziehen und begründet auch keinen Vertrauenstatbestand zugunsten der Antragstellerin zu 1. dafür, die Ausbildung bei einem anderen Ausbildungsbetrieb beenden zu können. Auch der Hinweis, die erste Ausbildung sei aus einem staatlich geförderten Bleiberechtsprojekt heraus aufgenommen worden, aus dessen Teilnehmerbedingungen sich ergebe, dass durch die Bleiberechtsprojekte eine Prüfung und die erforderliche Abstimmung (auch) mit den Ausländerbehörden erfolgten, begründet keinen Vertrauensschutz. In diesem Zusammenhang tragen die Antragstellerinnen schon nicht vor, das der Wechsel des Ausbildungsbetriebs in Abstimmung mit dem Bleiberechtsprojekt erfolgt sei, das seinerseits bei der Ausländerbehörde das Erforderliche hätte in die Wege leiten können oder müssen.

49

Die Antragstellerin zu 1. kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe seinerzeit schon einen Anspruch auf eine Ausbildungsduldung gehabt mit der Folge, dass das Ermessen bezüglich der Beschäftigungserlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG aufgrund des Zusammenhangs mit dem gebundenen Anspruch auf eine Ausbildungsduldung regelmäßig reduziert sei (vgl. dazu Allgemeine Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zur Duldungserteilung nach § 60a Aufenthaltsgesetz, S. 11). Denn die Antragstellerin zu 1. war damals noch im Besitz einer Aufenthaltsgestattung, so dass die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im nicht in einer besonderen Weise vorgeprägten oder reduzierten Ermessen des Antragsgegners gemäß § 61 Abs. 2 AsylG gestanden hätte. Die Antragstellerin zu 1. hat durch ihren nicht angezeigten Wechsel der Ausbildungsstelle dem Antragsgegner die Möglichkeit genommen, dass ihm in § 61 Abs. 2 AsylG eingeräumte Ermessen pflichtgemäß auszuüben und über die Frage der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis auf Basis der damaligen Gegebenheiten zu entscheiden. Die erforderliche Anzeige des Wechsels und die erst damit eröffnete Möglichkeit, über eine Beschäftigungserlaubnis in dem neuen Betrieb zu entscheiden, sind – entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen – auch keine Förmelei, sondern bildet die notwendige Grundlage zur Verwirklichung des gesetzlichen Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Ohne eine entsprechende Anzeige eines Wechsels kann die Ausländerbehörde schon nicht prüfen, ob der konkrete Arbeitgeber und die dort angestrebte Tätigkeit die Voraussetzungen erfüllen, um hierfür eine Beschäftigungserlaubnis erteilen zu können oder ob andere Umstände vorliegen, die eine Erlaubniserteilung ausschließen oder ihr – im Rahmen der Ermessensausübung – entgegenstehen. Überdies hätte es einer Beschäftigungserlaubnis für den neuen Ausbildungsbetrieb auch bedurft, damit dieser seinen Verpflichtungen aus § 4 Abs. 3 Satz 4 AufenthG genügt. Danach obliegt die Prüfung, ob der Ausländer eine Berechtigung zur Erwerbstätigkeit besitzt, auch dem Arbeitgeber. Hier hätte eine Prüfung ergeben müssen, dass die ausdrücklich für die Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber ausgestellte Erlaubnis für den anderen Ausbildungsbetrieb nicht gilt; zumindest hätte es einer Nachfrage bei der zuständigen Ausländerbehörde bedurft.

50

Die Aufnahme der Ausbildung im Oktober 2016 erfolgte danach ohne die erforderliche Beschäftigungserlaubnis, war damit rechtswidrig und scheidet als Anknüpfungsmoment für eine zeitliche Vorverlagerung der Prüfung des hier entscheidenden Ausschlussgrundes aus.

51

Soweit mit der Beschwerde versucht wird, die Bedeutung der Anzeige des Arbeitgeberwechsels zu bagatellisieren, übersehen die Antragstellerinnen, dass mit der fehlenden Anzeige die (mögliche) Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis als notwendige Grundlage für eine rechtmäßige Beschäftigung selbst vereitelt wurde und gleichzeitig die wegen des zeitlichen Ablaufs letztlich wichtige Festlegung des maßgeblichen Zeitpunktes für die Frage, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, versäumt wurde, so dass die am 31. Januar 2017 eingeleiteten Maßnahmen die Erteilung einer Ausbildungsduldung ausschließen.

52

Nach dem Vorstehenden bedarf es, da es zu diesem Zeitpunkt bereits an einer legalen Beschäftigung fehlte, keiner Erörterung, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine im Asylverfahren mit Aufenthaltsgestattung und Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG aufgenommene Ausbildung nach dem Erlöschen der Aufenthaltsgestattung (vgl. insbesondere § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG) und dem Wegfall der akzessorischen Erlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG im Rahmen einer Ausbildungsduldung und einer Beschäftigungserlaubnis gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG fortgesetzt werden kann. Jedenfalls hat der Antragsgegner durch seine Erkundigungen zum Stand der ihm bekannten und von ihm genehmigten Ausbildung durchaus zu erkennen gegeben, dass er bereit und willens war, eine legale Ausbildung aus dem Asylverfahren bei der Prüfung des zuzusprechenden Status nach dem Aufenthaltsgesetz zu berücksichtigen. Im Anschluss an die Mitteilung über den Abbruch dieser Ausbildung und ohne Kenntnis von einer anderweitigen Ausbildung war der Antragsgegner gehalten, die Ausreisepflicht der Antragstellerinnen durchzusetzen, und hatte insbesondere keinen Anlass, die Antragstellerinnen hierzu anzuhören (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG).

53

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

54

Die Entscheidung über die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169). Ungeachtet der prozessualen Einkleidung in einen Folgenbeseitigungsanspruchs dient der einstweilige Rechtsschutz hier der Sicherung der begehrten Ausbildungsduldung für die Antragstellerin zu 1. Aufgrund der mit einer Ausbildungsduldung zu erlangenden Position, die deutlich über diejenige einer Aussetzung der Abschiebung hinausgeht, legt der Senat insoweit einen Hauptsachestreitwert in Höhe von 5.000,00 € zugrunde (vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 16. Juni 2017 – 7 B 10927/17.OVG –), der aufgrund der inhaltlichen Anknüpfung auch für die Duldung der Antragstellerin zu 2. heranzuziehen ist. Wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einerseits und der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache andererseits sind hiervon nach ständiger Rechtsprechung des Senats in vergleichbaren Fällen drei Viertel anzusetzen. Ausgehend von einem Hauptsachestreitwert von zusammen 10.000,00 € beträgt der Streitwert danach 7.500,00 €. Soweit das Verwaltungsgericht einen anderen Streitwert zugrunde gelegt hat, wird die Festsetzung des Streitwerts gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2016 - 6 K 4795/16 - geändert. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Antragsteller abzuschieben.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der Senat entscheidet mit Rücksicht auf die für Montag, den 17.10.2016 ab 3 Uhr morgens beginnende Abschiebung vor Ablauf der gesetzlichen Beschwerdebegründungsfrist nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO über die am 13.10.2016 bei ihm eingegangene und mit einer Begründung versehenen Beschwerde. Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Der Senat hält den Erlass einer einstweiligen Anordnung für erforderlich, um das Verfahren des Antragstellers in der Hauptsache auf Erteilung einer Duldung zur Aufnahme einer Ausbildung als Bäcker bei der Bäckerei A. in M. zu sichern. Nur hierdurch kann vermieden werden, dass irreparable Nachteile zu Lasten des Betroffenen eintreten, da mit dem Vollzug der Ausreisepflicht künftig kein Raum mehr für die Erteilung einer Duldung wäre. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat unter dem 09.09.2016 die durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 21.07.2016 beantragte Duldung zur Durchführung der Ausbildung als Bäcker abgelehnt. Zwar hat der Antragsteller - soweit ersichtlich - bislang keine Klage in der Hauptsache erhoben; dies hindert den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO jedoch nicht. Denn allein schon aufgrund dessen, dass dem ablehnenden Schreiben des Antragsgegners keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt wurde, ist nicht von einem dem Duldungsbegehren des Antragstellers entgegenstehenden bestandskräftigen Bescheid auszugehen.
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtslage ist für das durch die einstweilige Anordnung zu sichernde Verpflichtungsbegehren die Entscheidung des Gerichts, so dass § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl I, 1939) zur Anwendung kommt. Nach dieser seit 06.08.2016 geltenden Regelung ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von Satz 3 zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen des Absatzes 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.
Während der ursprüngliche Gesetzentwurf zum Integrationsgesetz eine Duldung dann vorsah, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat und die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen (BT-Drs.18/8615, S. 15, 48), wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Soziales dieser Duldungsanspruch durch ein in der Formulierung weites und nicht näher bestimmtes negatives Tatbestandsmerkmal eingeschränkt. Hiernach besteht der Duldungsanspruch nur dann, wenn „konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“. In der Begründung wurde hierzu ausgeführt (BT-Drs. 18/9090, S. 25 f.):
„Der Gesetzentwurf sieht vor, die Erteilung einer Duldung bei Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung künftig als gebundene Entscheidung auszugestalten. Durch die Duldungserteilung kann sich ein Vollzugshindernis für Abschiebungen auch dann ergeben, wenn Abschiebungen bereits konkret vorbereitet werden, z. B. wenn ein Pass(ersatz)papier beantragt worden ist, oder die Abschiebungen terminiert sind oder ein Verfahren zur Dublin-Überstellung läuft. Die Ausländerbehörde könnte aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht durchführen, sobald eine Ausländerin oder ein Ausländer einen die rechtlichen Bedingungen erfüllenden Berufsausbildungsvertrag vorlegt und die Berufsausbildung aufnimmt. In den Fällen, in denen die Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung absehbar ist, soll daher der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden. Eine Duldung zum Zweck der Berufsausbildung darf dann nicht erteilt werden. Da die Aufnahme einer Berufsausbildung nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit unterliegt, ist die zuständige Kammer die einzige Stelle, die eine Prüfung der Vertragsinhalte des Berufsausbildungsvertrags auf formelle und rechtliche Richtigkeit vornimmt, was auch die Prüfung umfasst, ob die Ausbildungsstätte zur Berufsausbildung berechtigt ist. Diese Prüfungen werden vor Eintrag in die Lehrlingsrolle vorgenommen. Ein Nachweis über das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen hinsichtlich der Duldung zur Berufsausbildung kann deshalb zuverlässig nur dann geführt werden, wenn ein Nachweis über den Eintrag in die Lehrlingsrolle vorgelegt wird.
Die Ausländerin bzw. der Ausländer nimmt die Berufsausbildung auf, in dem er zu dem Zweck der im Berufsausbildungsvertrag bezeichneten Ausbildung die Tätigkeit bei der Ausbildungsstätte beginnt. Die Variante „aufgenommen hat“ ist für die Fallgestaltungen zutreffend, in denen die Berufsausbildung mit einem anderen aufenthaltsrechtlichen Status wie z. B. einer Aufenthaltsgestattung begonnen wurde oder die Ausländerin bzw. der Ausländer eine Duldung aus anderen Gründen besessen hat.
Die Formulierung entspricht im Übrigen § 61 Absatz 1c Nummer 3 des Aufenthaltsgesetzes.“
Mit Eingang dieses ordnungspolitisch motivierten negativen Tatbestandsmerkmals in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG wurde aber die grundsätzliche Ausrichtung des Integrationsgesetzes im Sinne des Prinzips „Fördern und Fordern“, das nicht zuletzt auch wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik und den Bedarf des deutschen Arbeitsmarkt an einer Vielzahl von Fachkräften im Blick hat (vgl. so ausdrücklich die Begründung des Gesetzesentwurfs BT-Drs.18/8615, S. 1; siehe auch v. Harbou, Das Integrationsgesetz - Meilenstein oder Etikettenschwindel?, NVwZ 2016, 1193; ders., Unterstützen und Strafen: Das Integrationsgesetz, NJW 2016, 2700), nicht angetastet.
2. Die Auffassung des Antragsgegners, wonach im vorliegenden Fall die Erteilung einer Duldung eindeutig nicht in Betracht komme, weil der Tatbestand des Bevorstehens konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung erfüllt sei, teilt der Senat nicht. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung einer „Ausbildungsduldung“ hat.
10 
a.) Die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG scheitert nicht am Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 6. Nach § 60a Abs. 6 Satz 1 AufenthG darf einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn (1.) er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, (2.) aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder (3.) er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde.
11 
Der im Juli 1992 geborene und am 08.10.2012 in das Bundesgebiet eingereiste Antragsteller ist zwar serbischer Staatsangehöriger und damit Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a AsylG. Sein Asylantrag ist jedoch vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden. Der Antragsteller wurde seit dem rechtskräftig gewordenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16.11.2012, mit dem sein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, geduldet. Auflösende Bedingungen waren der Duldung seit 07.10.2013 mit Blick auf die Erkrankung seines Vaters nicht mehr beigegeben (vgl. das Bearbeitungsblatt des Landratsamts Karlsruhe vom 12.07.2016). Der Antragsteller war in der Vergangenheit und ist auch aktuell im Besitz eines gültigen Reisepasses. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der Fälle von Nr. 1 oder Nr. 2 des Absatzes 6 im Übrigen sind weder derzeit noch für einen möglichen früheren Zeitpunkt ersichtlich.
12 
b.) Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist weiterhin, dass der Antragsteller eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf, für deren Erlaubnis es nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf, im Bundesgebiet aufnimmt oder aufgenommen hat. Auch diese Voraussetzung dürfte bejaht werden können.
13 
Nach der oben dargestellten Begründung aus dem Gesetzgebungsverfahren liegt der Regelung die Auffassung zugrunde, dass die Berufsausbildung dann aufgenommen ist, wenn der Ausländer zum Zweck der im Berufsausbildungsvertrag bezeichneten Ausbildung die Tätigkeit bei der Ausbildungsstätte tatsächlich beginnt bzw. in der Variante des „aufgenommen hat“ die Berufsausbildung bereits mit einem anderen aufenthaltsrechtlichen Status (wie Aufenthaltsgestattung oder Duldung aus anderen Gründen) begonnen wurde. Der Nachweis über die Erteilungsvoraussetzungen für die Duldung sei über den Nachweis des Eintrags in der Lehrlingsrolle zu erbringen.
14 
Würde man der Ansicht folgen, die „Aufnahme“ wäre ausnahmslos erst dann zu bejahen, wenn tatsächlich die Tätigkeit im Ausbildungsbetrieb begonnen worden wäre, würde die Vorschrift insoweit weitgehend leerlaufen. Der Ausbildende, d.h. hier die Bäcker A. als Arbeitgeber, darf den Antragsteller bei fehlender Duldung und Erlaubnis zur Beschäftigung nicht beschäftigen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, vgl. näher GK-AufenthG, § 4 Rn. 143 ). § 4 Abs. 3 Satz 5 AufenthG bestimmt ferner, dass derjenige, der im Bundesgebiet einen Ausländer beschäftigt, für die Dauer der Beschäftigung eine Kopie des Aufenthaltstitels oder der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung oder über die Aussetzung der Abschiebung des Ausländers in elektronischer Form oder in Papierform aufbewahren muss. Diese nicht genügend durchdachte und praxisfremde gesetzgeberische Vorstellung würde darauf hinauslaufen, dass es ohne tatsächliche Aufnahme der Berufungsausbildung keine Duldung zu Ausbildungszwecken nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG geben darf, während gleichzeitig ohne Duldung die Aufnahme einer Beschäftigung - und auch eine Ausbildung ist ein Unterfall der Beschäftigung - nicht möglich wäre. In den Genuss der neuen Ausbildungsduldung kämen dann letztlich nur diejenigen Ausländer, die bereits unter Inanspruchnahme einer Duldung aus anderen Gründen eine Ausbildung aufgenommen haben.
15 
Der Wortlaut des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG („aufnimmt“) zwingt nicht zu dem Verständnis, die Ausbildung müsse bereits tatsächlich in der Weise begonnen sein, dass sich die Betroffenen an ihrem Ausbildungsplatz eingefunden haben. Auch der Abschluss des Ausbildungsvertrags lässt sich begrifflich hierunter fassen. Darüber hinaus spricht die Intention des Gesetzes, mit der speziellen Ausbildungsduldung geduldeten Ausländern im geordneten Rahmen eine neue Perspektive zu eröffnen und zudem der Wirtschaft zusätzliche Fachkräfte zukommen zu lassen (hierzu auch Kluth, in: Beck’scher Online-Kommentar, AuslR, Kluth/Heusch, Stand 15.08.2016, § 60a Rn. 26), gegen eine restriktive Auslegung. Ausgehend hiervon dürfte es daher genügen, dass (nur) ein Ausbildungsvertrag vorliegt.
16 
Der Berufungsausbildungsvertrag im Sinne des § 10 des Berufsbildungsgesetzes begründet die Verpflichtung des Ausbildenden zur Ausbildung, die des Auszubildenden zum Erlernen des Ausbildungsberufs. Der Vertrag ist nicht formgebunden; hieran ändert auch die Pflicht nach § 11 Abs. 1 BBiG, nach der der Ausbildende unverzüglich nach Abschluss des Berufsbildungsvertrag, spätestens vor Beginn der Berufsausbildung die wesentlichen Inhalte des Vertrags schriftlich niederzulegen hat, nichts (Schlachter, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl. 2016 § 10 BBiG Rn. 3a). Denkbar ist es insbesondere, dass ein solcher Vertrag unter der Bedingung geschlossen wird, dass ausländerrechtlich die Ausbildung zulässig ist (allg. zur Zulässigkeit der Vereinbarung von Bedingungen in einem Ausbildungsvertrag etwa LAG Hamm, Urteil vom 12.09.2006 - 9 Sa 2313/05 -, juris Rn. 56 ff.; Urteil vom 10.07.2003 - 17 Sa 514/03 -, juris). Lässt man für die Tatbestandsvoraussetzung „eine qualifizierte Berufsausbildung…aufnimmt“ schon den ggfs. nach § 158 BGB bedingten und mündlichen Vertragsschluss zwischen Ausländer und Ausbildungsbetrieb genügen, so mangelt es zu diesem Zeitpunkt grds. noch an einer Eintragung in die Lehrlingsrolle. Durch die Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse nach §§ 34 ff. BBiG (sog. Lehrlingsrolle) wird bestätigt, dass es sich um einen ordnungsgemäßen Ausbildungsvertrag in einem nach § 4 BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handelt (Schlachter, a.a.O., § 34 Rn. 1; § 35 Rn. 2 ff.). Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Ausländerbehörde - fehlt es an einem solchen Eintrag - außerstande wäre, diese Voraussetzungen selbst zu prüfen. In Zweifelsfällen steht ihr die Möglichkeit offen, im Wege der Amtshilfe fachkundige Stellen zu befragen.
17 
Im Fall des Antragstellers dürfte wohl spätestens seit Anfang Juli 2016 ein solcher mündlicher Vertrag gegeben sein. Mit Blick auf das erfolgreiche Betriebspraktikum des Antragstellers bei der Bäckerei A. in M. ist es zudem nicht ausgeschlossen, dass eine entsprechende Einigung zwischen den Beteiligten noch früher erfolgt ist, hierauf deuten auch die Äußerungen im Schriftsatz vom 13.10.2016 hin; dies kann allerdings in diesem Verfahrensstadium nicht aufgeklärt werden. Aus diesem Schriftsatz ergibt sich ferner, dass der Ausbildungsplatz in der Bäckerei für den Antragsteller nach wie vor zur Verfügung steht.
18 
Der Antragsteller erhielt unter dem 18.07.2016 das Abschlusszeugnis des Vorqualifizierungsjahres Arbeit/Beruf der A.-E-Schule ausgestellt, das dem Hauptschulabschluss entspricht. In den Fächern Englisch und Deutsch weist das Zeugnis die Note „befriedigend“, in Mathematik und Fachrechnen sowie in den übrigen Fächern die Note „gut“ aus. Es vermerkt weiter die Absolvierung eines ganzjährigen Betriebs-Tagespraktikums. Wie der Antragsteller nochmals mit Schriftsatz vom 13.10.2016 vorgetragen hat, ist unmittelbar nach Beendigung des Schulpraktikums seitens der Bäckerei bei der Ausländerbehörde angerufen worden, welche Schritte notwendig sind, um den Antragsteller als Auszubildenden einstellen zu können. Die unter dem 09.07.2016 auf dem Formblatt Stellenbeschreibung zur Vorlage im Verfahren der Zulassung ausländischer Arbeitnehmer zum deutschen Arbeitsmarkt gegenüber der Bundesagentur für Arbeit gemachten Angaben verdeutlichen, dass die Wahl des Arbeitgebers (Bäckerei A.) zur Besetzung des Ausbildungsplatzes bereits auf den Antragsteller gefallen war. Aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 21.07.2016 ergibt sich zudem, dass der Antragsteller diese Stellenbeschreibung am 12.07.2016 bei der unteren Ausländerbehörde mit der Bitte um Weiterleitung vorgelegt hat. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war auch die Ausländerbehörde darüber informiert, dass zwischen dem Antragsteller und der Bäckerei A. eine Einigung über die Aufnahme einer Ausbildung zustande gekommen ist. Es spricht alles dafür, dass man in dem Eingang dieser Information bei der Ausländerbehörde einen konkludenten Antrag auf Ausbildungsduldung sehen könnte (so GK-AufenthG, § 60a Rn. 288.3 im Erscheinen), der allerdings noch der Weiterleitung an das insoweit zuständige Regierungspräsidium bedurft hätte.
19 
c) Ein Rechtsanspruch auf die Ausbildungsduldung setzt schließlich voraus, dass konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. Im Rahmen der Frage, welches der maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen dieser Voraussetzung ist, scheiden aus Gründen des materiellen Rechts der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung und derjenige der Behördenentscheidung aus. Bei einer anderen Sichtweise würde man ggfs. der Ausländerbehörde die Möglichkeit einräumen, selbst nach Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung noch Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht in die Wege zu leiten und auf diese Weise einen Anspruch wieder entfallen zu lassen; das ist aber nicht Intention des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG. Maßgeblich dürfte auch nicht allein der Zeitpunkt Aufnahme der Berufsausbildung sein, zumal der Ausländerbehörde solche privatrechtlichen Akte nicht ohne weiteres bekannt sind. Am ehesten dürfte bzgl. dieser Tatbestandvoraussetzung auf die Sachlage im Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung unter Mitteilung des Ausbildungsverhältnisses abzustellen sein. Hierfür spricht, dass dies letztlich der Kern des Rechtsanspruch ist und hierauf bezogene Einschränkungen nur dann geeignet sind, diesen Rechtsanspruch nicht entstehen zu lassen, wenn sie vorher auf den Weg gebracht worden sind. Wohl nur diese Sichtweise trägt dem wohlverstandenen, vom Gesetzgeber grundsätzlich anerkannten Interessen von Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden angemessen Rechnung und ermöglicht einen sachgerechten Interessensausgleich zwischen dem getätigten Vertrauen von Ausbildern und Auszubildenden einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung andererseits.
20 
Der Tatbestand „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“ soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Fälle aus dem Anwendungsbereich des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsduldung ausnehmen, in denen die Abschiebung bereits konkret vorbereitet wird, wobei die Gesetzesbegründung die Beantragung eines Pass(ersatz)papiers, die Terminierung der Abschiebung oder der Lauf eines Verfahrens zur Dublin-Überstellung als Beispiele aufführt. Alle diese Bespiele treffen im Fall des Antragstellers nicht zu, insbesondere ist die für den 17.10.2016 vorgesehene Abschiebung (erst) am 13.09.2016 - und damit nach Beantragung der Ausbildungsduldung - terminiert worden. Soweit die Gesetzbegründung weiter darauf verweist, die Formulierung entspreche im Übrigen § 61 Abs. 1c Nr. 3 AufenthG, ergeben sich hieraus keine zwingenden Vorgaben für die Auslegung dieser Bestimmung in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG. Die Nummer 3 des § 61 Abs. 1 c AufenthG ist dort positiv als eine der Voraussetzungen normiert, unter denen eine räumliche Beschränkung ergehen kann, die der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung dient (siehe im Übrigen näher GK-AufenthG, § 61 Rn. 38 ). In § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist die Formulierung jedoch ein zwingendes negatives, einen Rechtsanspruch ausschließendes Tatbestandsmerkmal, das zudem in eine gesetzliche Regelung eingebettet ist, die gegenüber § 61 AufenthG andere Zwecke verfolgt.
21 
Im Rahmen des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG legen Wortlaut und gesetzgeberische Intention die Auffassung nahe, dass hierunter alle Maßnahmen fallen, die nach typisierender Betrachtung prognostisch bereits in einem engen sachlichen und vor allem zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung selbst stehen. Hierzu gehören etwa die Buchung des Ausländers auf einen bestimmten Flug, mit dem die Abschiebung erfolgen soll, oder die Erteilung des Vollzugsauftrags gegenüber der Polizei. Allein die konkrete Ausgestaltung einer Duldung, wie etwa deren Befristung oder die - im Falle des Antragstellers am 14.07.2016 - erfolgte Beifügung einer auflösenden Bedingung, fällt für sich allein nicht hierunter, weil dem jedenfalls in der Regel der zeitliche Bezug zur Aufenthaltsbeendigung fehlen wird, jedenfalls soweit nicht weitere konkrete Maßnahmen ins Werk gesetzt werden. Eine Befristungsentscheidung, die als gesetzlicher Regelfall ohnehin gemeinsam mit der Abschiebungsandrohung zu erlassen ist (§ 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG), hat nicht diesen typischen Charakter.
22 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
23 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG.
24 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird, zugleich unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2017, für beide Rechtszüge auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerinnen (geboren am … 1980 und … 2009) sind armenische Staatsangehörige. Sie reisten zunächst am 6. März 2013 mit Schengen-Visa auf dem Luftweg nach Italien ein. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Die ursprünglich bis zum 4. April 2013 gültigen Schengen-Visa wurden am 19. März 2013 durch die Niederlande bis zum 20. April 2013 verlängert. Unter Vorlage einer auf den 15. April 2013 datierten Heiratsurkunde aus Dänemark begehrte die Antragstellerin zu 1. unter Hinweis auf ihre Eheschließung mit einem niederländischen Staatsangehörigen und den inzwischen in Ausübung der Freizügigkeit des Ehemanns genommen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland die Erteilung eines Aufenthaltstitels.

2

Mit Schreiben vom 4. November 2013 hörte die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt Aachen die Antragstellerin zu 1. zur beabsichtigten Versagung einer Aufenthaltserlaubniskarte gemäß § 5 Abs. 1 FreizügG/EU und Abschiebungsandrohung an, nachdem der Ehemann der Antragstellerin zu 1. am 30. September 2013 eine Selbstanzeige wegen Eingehung einer Scheinehe erstattet und diesbezüglich bei der Ausländerbehörde später persönlich vorgesprochen hatte. Die melderechtliche Abmeldung des Ehemanns, der angegeben hatte, zu keinem Zeitpunkt unter der gemeinsamen Adresse in Deutschland wirklich gewohnt zu haben, erfolgte zum 2. Oktober 2013.

3

Die Antragstellerinnen meldeten sich am 5. März 2014 als Asylsuchende und stellten am 14. März 2014 einen Asylantrag. Infolgedessen wurden die Akten zuständigkeitshalber abgegeben und das mit der Anhörung eingeleitete ausländerrechtliche Verfahren im Zusammenhang mit dem Verdacht der Scheinehe nicht fortgeführt. Bei der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – BAMF – am 12. Mai 2015 erklärte die Antragstellerin zu 1., sie habe mit ihrem Ehemann zusammen in Deutschland gewohnt. Er habe sie reingelegt und sie nach der Eheschließung – so im September/Oktober 2013 – verlassen. Die Antragstellerinnen wurden dem Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners zugeteilt und die Ausländerakte wurde dorthin abgegeben.

4

Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 28. Dezember 2016 den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt und festgestellt, dass Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Bl. 397 ff. der Verwaltungsakte der Antragstellerin zu 1. – VA –). Gleichzeitig wurde den Antragstellern eine Frist zur freiwilligen Ausreise gesetzt und für den Fall der Nichtausreise die Abschiebung nach Armenien angedroht. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Trier mit Beschluss vom 25. Januar 2017 – 2 L 264/17.TR – abgelehnt (Bl. 421 ff. VA). Das Hauptsacheverfahren ist ebenfalls anhängig und wird inzwischen unter dem Aktenzeichen 8 K 263/17.TR geführt.

5

Während des Asylverfahrens wurde den Antragstellern zunächst vom Bundesamt, später vom Antragsgegner eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens erteilt und mehrfach verlängert. Während des Asylverfahrens beantragte die Antragstellerin zu 1., ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu erlauben. Nachdem die Antragstellerin zu 1. mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 einen Berufsausbildungsvertrag im Hotelfach mit dem Ausbildungsbetrieb „F. Parkhotel GmbH“ vorgelegt hatte (vgl. Bl. 387 VA), erteilte ihr der Antragsgegner unter dem 19. Oktober 2015 eine „Arbeitserlaubnis (gilt nur in Verbindung mit einer gültigen Aufenthaltsgestattung“ für die Tätigkeit „Ausbildung im Hotelfach“ bei dem Arbeitgeber „F. Parkhotel GmbH“ bis „Ende Ausbildung oder Aufhebung Ausbildungsvertrag“ (vgl. Bl. 388 VA). Unter Bemerkung ist neben dem Ausschluss einer Tätigkeit als Leiharbeitnehmer aufgeführt, dass „Diese Arbeitserlaubnis […] ebenfalls gültig [ist] für eine zeitweise Tätigkeit im H.“ (Bl. 388 VA).

6

Wie inzwischen bekannt ist, beendete die Antragstellerin zu 1. ihre im Oktober 2015 aufgenommene Ausbildung im Hotelfach bei dem Ausbildungsbetrieb „F. Parkhotel GmbH“ im Sommer 2016. Nach einer eigenen Angaben zufolge zweimonatigen Unterbrechung der betrieblichen Ausbildung setzte die Antragstellerin zu 1., wie sich aus dem im gerichtlichen Eilverfahren schließlich vorgelegten Berufsausbildungsvertrag ergibt (Bl. 6 der Gerichtsakte – GA –), ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau sodann ab dem 17. Oktober 2016 beim Ausbildungsbetrieb „B. Hotel GmbH“ fort. Eine Anzeige des Wechsels der Ausbildungsstätte gegenüber dem Antragsgegner erfolgte seinerzeit nicht. Ebenso wenig wurde für die damals weiterhin eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens besitzende Antragstellerin zu 1. eine Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bei dem neuen Ausbildungsbetrieb beantragt oder erteilt.

7

Nachdem der Antragsgegner von dem Bescheid des Bundesamtes vom 28. Dezember 2016 Kenntnis erlangt hatte, holte er Informationen über den Stand der Ausbildung der Antragstellerin zu 1. bei dem ihm angezeigten und bekannten Ausbildungsbetrieb „F. Parkhotel GmbH“ ein und erhielt die Mitteilung, dass die Antragstellerin zu 1. die Ausbildung abgebrochen habe (vgl. Vermerk vom 5. Januar 2017, Bl. 418 GA).

8

Im Anschluss an die Übersendung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Trier vom 25. Januar 2017, mit dem der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesamtes vom 28. Dezember 2016 abgelehnt wurde, leitete der Antragsgegner am 31. Januar 2017 die Passersatzpapierbeschaffung für die Antragstellerinnen ein (Bl. 425 VA). Die Passersatzpapiere wurden von der armenischen Botschaft in Berlin am 13. März 2017 ausgestellt und dem Antragsgegner von der Zentralstelle für Rückführungsangelegenheiten mit Schreiben vom 3. April 2017 übersandt (Bl. 435 f. VA). Parallel dazu wurden für die Antragstellerinnen mit E-Mail vom 28. März 2017 Plätze für einen avisierten Charterflug nach Armenien reserviert (Bl. 431 VA) und die Buchung letztlich bestätigt (Bl. 449 VA).

9

Die letzte den Antragstellern erteilte Aufenthaltsgestattung vom 29. September 2016 war längstens bis zum 28. März 2017 gültig (Bl. 433 VA). Die erste Duldung wurden den Antragstellern unter dem 30. März 2017 mit einer Gültigkeit bei zum 29. Juni 2017 und der Nebenbestimmung erteilt, dass die Duldung automatisch mit Bekanntgabe des Rückführungstermins bzw. mit Beginn der Rückführung erlösche und eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet sei (Bl. 441 VA).

10

Mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 5. Mai 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen, dem Antragsgegner aufzugeben, die für denselben Tag vorgesehene und bereits eingeleitete Abschiebung einzustellen und einstweilen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Der Flug vom Flughafen Frankfurt nach Armenien stehe unmittelbar bevor. Zur Begründung eines Anordnungsanspruchs wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Antragstellerin zu 1. angesichts ihrer Ausbildung, die sie im ersten Lehrjahr im Hotel F. und seit dem zweiten Ausbildungsjahr im B. Hotel absolviere, Anspruch auf eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 1. den Wechsel des Ausbildungsbetriebs nicht angezeigt und damit die Formalitäten zur Erteilung einer Ausbildungsduldung nicht eingehalten habe. Das Festhalten an einer „Förmelei“ sei angesichts der existenziellen Konsequenzen der Abschiebung unverhältnismäßig. Der aufgrund der Eilbedürftigkeit telefonisch angehörte Antragsgegner hat gegenüber dem Verwaltungsgericht unter anderem erklärt, dass die Ausländerbehörde keine Kenntnis von der Ausbildung der Antragstellerin zu 1. gehabt habe (vgl. Vermerk Bl. 11 GA).

11

Mit Beschluss vom 5. Mai 2017 – 3 L 475/17.KO – hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Bl. 12 f. GA). Die Antragstellerinnen hätten keinen Anordnungsanspruch dargetan. Es fehle insbesondere an der Glaubhaftmachung, dass der Antragstellerin zu 1. ein Anspruch auf eine Ausbildungsduldung zustehe. Es sei zwar zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 1. tatsächlich eine Ausbildung aufgenommen habe. Sie habe allerdings nicht substantiiert vorgebracht, dass sie die Ausländerbehörde hierüber in Kenntnis gesetzt hätte und zur Aufnahme der Ausbildung befugt gewesen sei. Die Abschiebung der Antragstellerinnen nach Armenien wurde am gleichen Tag, am 5. Mai 2017, vollzogen.

12

Mit der Beschwerde machen die Antragstellerinnen – weiterhin gestützt auf den Anspruch der Antragstellerin zu 1. auf eine Ausbildungsduldung – nunmehr die Rechtswidrigkeit der am 5. Mai 2017 erfolgten Abschiebung geltend. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass die Ausländerbehörde der Antragstellerin zu 1. eine Arbeitserlaubnis bis zum Ende der Ausbildung erteilt habe. Das Ausbildungsende sei noch nicht erreicht, die Antragstellerin zu 1. stehe nach wie vor in einem ungekündigten Ausbildungsverhältnis. Die Erlaubnis sei auch nicht auf einen bestimmten Arbeitgeber beschränkt gewesen. Die Benennung der Ausbildungsstelle in die Erlaubnis habe nur deklaratorische Gründe. Dementsprechend sei die im Oktober 2016 bei einem anderen Arbeitgeber fortgesetzte Ausbildung auch nicht illegal gewesen. Außerdem seien keine Gründe ersichtlich, weshalb sich der Antragsgegner einer Übertragung der Arbeitserlaubnis auf einen anderen Arbeitgeber hätte verschließen sollen. Es erscheine daher ausgeschlossen, dass die Ausländerbehörde in Kenntnis der gesamten Umstände eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG verweigert hätte. Wenn bereits die beabsichtigte Aufnahme einer Berufsausbildung zu einem Bleiberecht führe, müsse das erst recht für eine begonnene und bereits im fortgeschrittenen Stadium des zweiten Lehrjahres befindliche Ausbildung gelten. Die Antragstellerin zu 1. habe die Ausbildung im Vertrauen darauf begonnen, dass ihr die Ausländerbehörde einen Aufenthalt bis zum Abschluss der Ausbildung ermögliche. Die Ausländerbehörde habe diesen Vertrauenstatbestand durch die Erteilung der Arbeitserlaubnis selbst geschaffen. Sich im Zeitpunkt der Aufenthaltsbeendigung auf den nicht angezeigten Wechsel des Ausbildungsbetriebs zu berufen, sei treuwidrig und eine reine Förmelei. Die Erteilung einer Duldung setzte keinen Antrag voraus und könne – was hier angezeigt gewesen wäre – auch von Amts wegen erfolgen. Dementsprechend bestehe ein Anspruch auf eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG.

13

Nachdem die Antragstellerinnen beim Verwaltungsgericht noch eine Sicherungsanordnung zur Einstellung der Abschiebung beantragt haben, beantragen sie und unter Hinweis darauf, dass sich der ursprüngliche Antrag durch die Vollziehung erledigt habe, nunmehr

14

1. festzustellen, dass ihre Abschiebung am 5. Mai 2017 rechtswidrig war,

15

2. den Antragsgegner anzuweisen, zur Beseitigung der rechtswidrigen Folgen zu ihren Lasten sie unverzüglich in das Bundegebiet zurückzuführen.

16

Der Antragsgegner beantragt,

17

die Beschwerde zurückzuweisen,

18

und führt zur Begründung aus: Die Antragstellerin zu 1. habe ihre Ausbildung abgebrochen und die Neuaufnahme nicht angezeigt, so dass eine ausländerrechtliche Genehmigung für die Neuaufnahme nicht vorlag. Selbst wenn der Bevollmächtigte oder die Antragstellerin zu 1. bereits im Februar 2017 den Wunsch der Aufnahme einer Ausbildung ordnungsgemäß angezeigt und eine Ausbildungsduldung beantragt hätten, so wäre die Erteilung aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen. Denn eine Ausbildungsduldung dürfe nicht erteilt werden, wenn – wie hier seit dem 31. Januar 2017 – konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstünden.

II.

19

Die Beschwerde der Antragstellerinnen hat keinen Erfolg. Der Antrag zu Nr. 1 ist unzulässig, der Antrag zu Nr. 2 jedenfalls unbegründet.

20

1. Der Antrag, im Verfahren nach § 123 VwGO die Rechtswidrigkeit der Abschiebung vom 5. Mai 2017 festzustellen, ist unzulässig.

21

Die Umstellung des ursprünglichen Antrags auf Erlass einer Sicherungsanordnung zur Einstellung und Aussetzung der Abschiebung auf eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der zwischenzeitlich vollzogenen Abschiebung – jeweils gestützt auf den geltend gemachten Anspruch auf eine Ausbildungsduldung – stellt gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zwar keine Antragsänderung im Sinne des § 91 VwGO dar. Der Feststellungsantrag ist jedoch unzulässig, weil er in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht statthaft ist. Das Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, kann in einem Eilverfahren nicht befriedigt werden, in dem nur eine vorläufige, nicht jedoch eine endgültige und verbindliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit getroffen werden könnte. Eine verbindliche Entscheidung über diese Frage ist allein in einem Hauptsacheverfahren möglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1995 – 7 VR 16/94 –, juris, Rn. 27; OVG RP, Beschluss vom 16. September 2016 – 7 B 10718/16.OVG –; W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 131 und § 123 Rn. 9 m.w.N.).

22

2. Der Antrag zu Nr. 2, der darauf gerichtet ist, die eingetretenen Folgen der am 5. Mai 2017 vollzogenen Abschiebung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu beseitigen, ist jedenfalls unbegründet.

23

a. Der im Beschwerdeverfahren unter Nr. 2 gestellte Antrag begründet eine Antragsänderung im Sinne des § 91 VwGO. Während die Einbeziehung einer Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Verbindung lediglich eine Erweiterung des ursprünglichen Begehrens und damit gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO keine Antragsänderung darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 1965 – V C 100.64 –, juris, Rn. 17 = BVerwGE 22, 314, zur parallelen Situation bei § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO), fehlt es im hier betroffenen Verfahren nach § 123 VwGO an einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Verknüpfung, da die einen Annexcharakter begründende Regelung des § 80 Abs. 5 Satz 3 weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar ist (vgl. VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 6). Der Übergang auf den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO kommt im Verfahren nach § 123 VwGO nicht in Betracht (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Oktober 2015, § 81 Rn. 190, m.w.N.). Mithin ist das Begehren auf Rückgängigmachung der Vollziehung durch einen eigenen, unmittelbar hierauf gerichteten Anordnungsantrag gemäß § 123 VwGO zu verfolgen (zur Zulässigkeit und den Voraussetzungen isolierter Anträge auf vorläufige Folgenbeseitigung im Verfahren nach § 123 VwGO vgl. SaarlOVG, Beschluss vom 18. Oktober 2005 – 2 W 15/05 –, juris; VGH BW, Beschluss vom 11. März 2008 – 13 S 418/08 –, juris), der im laufenden Verfahren gestellt eine Antragsänderung im Sinne des § 91 VwGO begründet (vgl. VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 6).

24

Im Hinblick auf die Antragsänderung ist zu beachten, dass diese im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO regelmäßig unzulässig ist (vgl. vgl. VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 6 f.; BayVGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 11 CE 16.219 –, juris, Rn. 17; OVG RP, Beschluss vom 5. Januar 2017 – 7 B 11589/16 –, juris, Rn. 10; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 91 Rn. 92, jeweils m.w.N.).

25

Dabei kann es vorliegend dahinstehen, ob hier mit der Antragsänderung auch eine – einer zulässigen Antragsänderung entgegenstehende – wesentliche Änderung der zu prüfenden Gesichtspunkte einhergeht (bejahend für den hier gegenständlichen Wechsel von Anträgen auf Aussetzung der Abschiebung auf Rückgängigmachung der Abschiebung VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 11 S 1455/05 –, juris, Rn. 7; in diese Richtung auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. Juni 2016 – 2 M 37/16 –, juris, Rn. 8 ff., m.w.N.) oder ob ausnahmsweise eine zulässige Antragsänderung anzunehmen ist (so im Ergebnis wohl SaarlOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 –, juris, ohne jedoch das Problem der Zulässigkeit der Antragsänderung zu thematisieren). Denn die Beschwerde bliebe selbst dann ohne Erfolg, wenn man eine entsprechende Antragsänderung im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO hier ausnahmsweise als zulässig erachten würde. Es fehlt jedenfalls an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.

26

b. Aus demselben Grund bedarf es keiner Entscheidung, inwieweit der gestellte Antrag auf Rückgängigmachung der Vollziehung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO den engen Zulässigkeitsvoraussetzungen genügt, die gelten, wenn – wie hier – mit der Rückgängigmachung der Vollziehung im Verfahren nach § 123 VwGO eine Vorwegnahme der Hauptsache einhergeht (vgl. SaarlOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 –, juris, Rn. 26; VGH BW, Beschluss vom 11. März 2008 – 13 S 418/08 –, juris, Rn. 7; eine Vorwegnahme verneinend: Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Oktober 2015, § 81 Rn. 191).

27

Eine über eine vorläufige Regelung hinausgehende Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich unzulässig. Dies gilt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur dann nicht, wenn die begehrte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und deshalb die Gefahr besteht, dass ohne eine vorläufige Regelung wesentliche Nachteile für den Antragsteller eintreten, und diese nur durch die vorläufige Entscheidung des Gerichts abgewendet werden können. Gleichzeitig kann eine einstweilige Anordnung, mit deren Erlass die Hauptsache vorweggenommen würde, nur ergehen, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. nur W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 14, m.w.N). Offen bleiben kann insbesondere, ob hier – was mindestens fraglich ist – zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes überhaupt eine Vorwegnahme der Hauptsache angezeigt ist, denn im Gegensatz zu anderen Fällen, in denen eine zulässige Vorwegnahme der Hauptsache angenommen wurde (vgl. SaarlOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 –, juris, Trennung der familiären Lebensgemeinschaft), sind durch die Vollziehung der Abschiebung hier keine besonders geschützten verfassungsrechtlichen Belange betroffen.

28

c. Der Antrag zu Nr. 2 ist jedenfalls unbegründet.

29

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO).

30

Die Antragstellerinnen haben keinen Anordnungsanspruch in diesem Sinne glaubhaft gemacht. Voraussetzung für die begehrte Folgenbeseitigung ist unter anderem die Rechtswidrigkeit der vollzogenen Abschiebung. Die Antragstellerinnen waren – dies wird nicht in Frage gestellt – seit der Bekanntgabe des ablehnenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts Trier vom 25. Januar 2017 – 2 L 264/17.TR – gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, nachdem zwar schon die angegriffene Verfügung des Bundesamtes vom 28. Dezember 2016 sofort vollziehbar gewesen ist (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG), der gestellte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG bis zur Entscheidung hierüber einer Abschiebung jedoch entgegenstand. Den erhobenen Einwand der Rechtswidrigkeit der Abschiebung stützen die Antragstellerinnen auf einen Anspruch der Antragstellerin zu 1. auf Erteilung einer Ausbildungsduldung.

31

Aus dem Vorbringen der Antragstellers im Beschwerdeverfahren, auf welches sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – beschränkt, ergeben sich keine Gründe, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts – konkret zum Fehlen eines glaubhaft gemachten Anspruchs auf eine Ausbildungsduldung – abzuändern oder aufzuheben ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), um darauf gestützt einen Anordnungsanspruch für die begehrte Folgenbeseitigung annehmen zu können.

32

aa. Gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung (BGBl. I 2016 S. 1939) ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach § 60a Abs. 6 AufenthG nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.

33

Der Ausschlussgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung liegt vor, wenn die Maßnahmen bei typisierender Betrachtung in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zu einer beabsichtigten Abschiebung stehen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 21; NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 19). Dies erfordert nicht, dass konkrete Maßnahmen bereits angeordnet oder ausgeführt worden sind. Es genügt vielmehr, dass die Abschiebung durch die Ausländerbehörde oder eine andere für die Aufenthaltsbeendigung zuständige Behörde vorbereitet wird und diese absehbar durchgeführt werden soll. Ausweislich der Gesetzesbegründung genügt es, wenn z.B. ein Pass(ersatz)papier beantragt worden ist oder die Abschiebungen terminiert sind oder ein Verfahren zur Dublin-Überstellung läuft (vgl. BT-Drucks. 18/9090, S. 25). Mithin soll nach dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Willen in Fällen, in denen die Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung absehbar ist, der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden. Eine Duldung zum Zweck der Berufsausbildung darf dann nicht erteilt werden (vgl. BT-Drucks. 18/9090, S. 25; vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 5. Januar 2017 – 7 B 11589/16.OVG –, juris, Rn. 7).

34

Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9/12 –, juris, Rn. 11 = BVerwGE 146, 189, zur Erteilung eines Aufenthaltstitels). Für die Entscheidung über das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs kommt es demnach grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an (vgl. W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 27). Etwas Anderes gilt nur dann, wenn das materielle Recht, insbesondere der Zweck der gesetzlichen Vorschrift, ausnahmsweise gebietet, auf einen anderen Zeitpunkt, z.B. auf den der Antragstellung, abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9/12 –, juris, Rn. 18 = BVerwGE 146, 189).

35

Für die Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG gilt, dass die Voraussetzungen grundsätzlich zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung bzw. bei einem dagegen gerichteten Rechtsschutz zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müssen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 23).

36

Etwas anderes gilt ausnahmsweise für den Versagungsgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung. Hier scheidet aus Gründen des materiellen Rechts ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung oder denjenigen der Behördenentscheidung aus. Bei einem Abstellen auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Ausländerbehörde oder auf den des Gerichts hätte es ansonsten letztlich die Ausländerbehörde in der Hand, durch die Einleitung von Abschiebemaßnahmen – die nach dem Gesetzeswortlaut selbst im Fall einer bereits aufgenommenen Ausbildung die Duldungserteilung hindern – die Entstehung des Anspruchs zu verhindern (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2016 – OVG 12 S 61.16 –, juris, Rn. 9; NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 23).

37

Gleichzeitig ist auch nicht auf den Zeitpunkt allein der tatsächlichen Aufnahme einer qualifizierten Ausbildung abzustellen. Zum einen dürften der Ausländerbehörde solche privatrechtlichen Akte nicht ohne weiteres bekannt sein (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2016 – OVG 12 S 61.16 –, juris, Rn. 10). Zum anderen ist es erforderlich, dass die Ausbildung nach Maßgabe der zu beachtenden aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig erfolgt. Dies setzt insbesondere voraus, dass dem Ausländer eine nach § 4 Abs. 2 Satz 3, § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BeschV erforderliche Beschäftigungserlaubnis erteilt worden ist, für die bei der Aufnahme einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf lediglich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit entbehrlich ist, das Erfordernis einer Erlaubnis jedoch uneingeschränkt besteht (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 6, m.w.N.; BayVGH, Beschluss vom 24. April 2017 – 19 CE 17.619 –, juris, Rn. 18 aE). Nach den Gesetzesmaterialien zielt die Neuregelung in § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG nur darauf ab, für die Dauer einer – im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen aufgenommenen – Berufsausbildung mehr Rechtssicherheit für Geduldete und Ausbildungsbetriebe zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 18/8615, S. 26). Ein eigenmächtiges und damit rechtswidriges Verhalten sollte durch diese Regelung nicht begünstigt werden (BayVGH, Beschluss vom 24. April 2017 – 19 CE 17.619 –, juris, Rn. 21).

38

Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob der Versagungsgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung einer Ausbildungsduldung entgegensteht – und nur dafür –, wird deshalb in der Rechtsprechung auf den Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung abgestellt (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2016 – OVG 12 S 61.16 –, juris, Rn. 11; NdsOVG, Beschluss vom 9. Dezember 2016 – 8 ME 184/16 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 23), wobei im Einzelnen unterschiedliche Anforderungen gestellt werden, was mit dem Antrag vorzutragen oder vorzulegen ist, damit dieser hinreichend konkret ist. Die Spanne reicht insoweit von einem Antrag unter Mitteilung des (konkreten) Ausbildungsverhältnisses (VGH BW, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – 11 S 1991/16 –, juris, Rn. 19; zum zusätzlich erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Aufnahme der Ausbildung VGH BW, Beschluss vom 27. Juni 2017 – 11 S 1067/17 –, juris, Rn. 16 ff.), über einen Antrag unter Vorlage des bereits abgeschlossenen Ausbildungsvertrages, der sich zumindest auf das unmittelbar bevorstehende Ausbildungsjahr beziehen muss und in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem steht (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 25), bis hin zu der Überlegung, dass neben dem Antrag und dem Ausbildungsvertrag auch bereits die Eintragung in die Lehrlingsrolle erfolgt bzw. beantragt sein muss oder auf den Zeitpunkt der Eintragung in die Lehrlingsrolle abzustellen sei (vgl. dazu VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 12. Oktober 2016 – 2 L 680/16.NW –, juris, Rn. 8; ablehnend: OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 – 18 B 148/17 –, juris, Rn. 25).

39

bb. Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung und damit fehlt es an einem Anordnungsanspruch.

40

Dem geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung der Antragstellerin zu 1. für die seit Oktober 2016 tatsächlich betriebene Ausbildung zur Hotelfachfrau beim B. Hotel GmbH steht der Versagungsgrund konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG entgegen.

41

Der Antragsgegner hat am 31. Januar 2017 durch die Beantragung von Passersatzpapieren für die Antragstellerinnen eine Maßnahme ergriffen, mit der die in absehbarer Zeit durchzuführende und letztlich auch durchgeführte Abschiebung am 5. Mai 2017 vorbereitet wurde. Inwieweit allein die Beantragung von Passersatzpapieren für die Annahme das Ausschlussgrundes genügt, wenn es an einem zeitlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Abschiebung fehlt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil hier der zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Antrag vom 31. Januar 2017 und der beabsichtigen, am 5. Mai 2017 durchgeführten Abschiebung in jedem Fall gegeben ist.

42

Soweit der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorliegen, zugunsten des Ausländers auf den Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung unter im Einzelnen umstrittenen Anforderungen an die Konkretisierung des Ausbildungsverhältnisses vorverlegt wird und es nicht auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung bzw. der Entscheidung des Gerichts ankommt (s.o.), räumt die Antragstellerin zu 1. selbst ein, den Wechsel der Ausbildungsstelle nicht angezeigt und – jedenfalls vor dem 31. Januar 2017 – eine Ausbildungsduldung nicht beantragt zu haben.

43

Mangels Antragstellung kann es dahinstehen, welche Anforderungen im Einzelnen daneben erforderlich sind (dazu oben), um den maßgeblichen Zeitpunkt für die Frage festzulegen, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen. Der Vortrag im Beschwerdeverfahren, sie, die Antragstellerin zu 1., habe bei ihrer Vorsprache wegen der zu erteilenden Duldung die von ihr betriebene Ausbildung angesprochen, vermag daran nichts zu ändern. Denn zum einen wird – auch unter Einbeziehung ihrer eidesstattlichen Versicherung (vgl. Bl. 78 GA) – nicht deutlich, ob die Antragstellerin zu 1. auch den Wechsel des Ausbildungsbetriebes offenbart hat. Zum anderen datiert die in der eidesstattlichen Versicherung konkret vorgetragene Vorsprache auf den 21. April 2017, mithin auf einen Zeitpunkt, zu dem bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstanden und der Antragsgegner auch bereits Plätze für den Flug nach Armenien reserviert hatte.

44

Keiner weiteren Aufklärung bedarf es, ob die Antragstellerin zu 1., wie sie selbst angibt, bei ihrer Vorsprache am 21. April 2017 auf Nachfrage die – ansonsten in keiner Weise mit dem Akteninhalt in Übereinstimmung zu bringende – mündliche Auskunft erhalten hat, sie habe durch die auf drei Monate befristete Duldung keine Probleme und könne ruhig ihre Ausbildung weiter machen. Eine rechtliche Position zu ihren Gunsten lässt sich, da die Voraussetzungen einer Zusicherung jedenfalls nicht vorliegen, daraus nicht herleiten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen durch eine etwaige fehlerhafte Auskunft zu diesem Zeitpunkt – selbst wenn man diese als erfolgt unterstellen würde – keine rechtlichen Nachteile erlitten haben, da – wie ausgeführt – eine Ausbildungsduldung nach dem 31. Januar 2017 nicht mehr erteilt werden durfte.

45

Der mit der Beschwerde geltend gemachte Einwand, eine Duldung könne nicht nur auf Antrag erteilt werden, sondern auch von Amts wegen, ist zwar zutreffend, verhilft der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg. Bei einer von Amts wegen zu erteilenden Ausbildungsduldung stellte sich nämlich zunächst die Frage, ob mangels einer den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt bestimmenden Antragstellung eine zeitliche Vorverlagerung für die Prüfung des Ausschlussgrundes, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, überhaupt erfolgt. Die Frage bedarf vorliegend indes keiner Entscheidung, weil eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunktes bei einer von Amts wegen zu erteilenden Ausbildungsduldung zumindest voraussetzen würde, dass diejenigen Umstände, die ansonsten mit der Antragstellung mitzuteilen sind, amtsbekannt sind und etwaig erforderliche Nachweise vorliegen. Ein entsprechender Kenntnis- und Informationsstand des Antragsgegners vor dem 31. Januar 2017 scheidet jedoch schon deshalb aus, weil ihm seinerzeit nicht einmal bekannt war, dass die Antragstellerin zu 1. eine Ausbildung zur Hotelfachfrau bei der B. Hotel GmbH gemacht hat.

46

Die Kenntnis des Antragsgegners von der vorangehenden Ausbildung der Antragstellerin zu 1. bei der F. Parkhotel GmbH, für die ihr in Abhängigkeit von ihrer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG) durch den Antragsgegner eine Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG erteilt worden ist, bietet keine Grundlage für eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Prüfung des Ausschlussgrundes konkret bevorstehender Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung. Aus der vorangehenden, von Oktober 2015 bis Sommer 2016 betriebenen Ausbildung kann die Antragstellerin zu 1. für die nunmehr beanspruchte Ausbildungsduldung nichts herleiten, die sie für ihre im Oktober 2016 bei einer anderen Ausbildungsstätte aufgenommene Ausbildung begehrt.

47

Die unter dem 19. Oktober 2015 erteilte Beschäftigungserlaubnis für die Ausbildung im Hotelfach bei dem Arbeitgeber F. Parkhotel GmbH (vgl. Bl. 388 VA) war entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen auf die Ausbildung bei dem konkret benannten Ausbildungsbetrieb beschränkt und umfasste deshalb trotz gleichbleibenden Ausbildungsziels nicht den Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber. Dass die Benennung des Ausbildungsbetriebs in der Erlaubnis vom 19. Oktober 2015 nicht nur deklaratorischer Natur war, ergibt sich schon aus der „Arbeitserlaubnis“ selbst, die als Bemerkung den Zusatz enthält, dass die Erlaubnis ebenfalls für eine zeitweise Tätigkeit im H. gültig ist (vgl. Bl. 388 VA). Der Aufnahme einer außerhalb des Ausbildungsbetriebs zulässigen Tätigkeit bei einem ebenfalls namentlich benannten Betrieb hätte es nicht bedurft, wenn die Erlaubnis ohne Bindung an die konkrete Ausbildungsstätte allein auf das Ausbildungsziel Hotelfachfrau gerichtet erteilt worden wäre. Die gemäß § 61 Abs. 2 AsylG erlaubte Erwerbstätigkeit hat danach mit dem Abbruch der dortigen Ausbildung im Sommer 2016 ihre Wirksamkeit verloren.

48

Die Beschäftigungserlaubnis vom 19. Oktober 2015 lässt sich deshalb insbesondere nicht als Erlaubnisgrundlage für die am 17. Oktober 2016 bei einem anderen Ausbildungsbetrieb fortgesetzte Ausbildung zur Hotelfachfrau heranziehen und begründet auch keinen Vertrauenstatbestand zugunsten der Antragstellerin zu 1. dafür, die Ausbildung bei einem anderen Ausbildungsbetrieb beenden zu können. Auch der Hinweis, die erste Ausbildung sei aus einem staatlich geförderten Bleiberechtsprojekt heraus aufgenommen worden, aus dessen Teilnehmerbedingungen sich ergebe, dass durch die Bleiberechtsprojekte eine Prüfung und die erforderliche Abstimmung (auch) mit den Ausländerbehörden erfolgten, begründet keinen Vertrauensschutz. In diesem Zusammenhang tragen die Antragstellerinnen schon nicht vor, das der Wechsel des Ausbildungsbetriebs in Abstimmung mit dem Bleiberechtsprojekt erfolgt sei, das seinerseits bei der Ausländerbehörde das Erforderliche hätte in die Wege leiten können oder müssen.

49

Die Antragstellerin zu 1. kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe seinerzeit schon einen Anspruch auf eine Ausbildungsduldung gehabt mit der Folge, dass das Ermessen bezüglich der Beschäftigungserlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG aufgrund des Zusammenhangs mit dem gebundenen Anspruch auf eine Ausbildungsduldung regelmäßig reduziert sei (vgl. dazu Allgemeine Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zur Duldungserteilung nach § 60a Aufenthaltsgesetz, S. 11). Denn die Antragstellerin zu 1. war damals noch im Besitz einer Aufenthaltsgestattung, so dass die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im nicht in einer besonderen Weise vorgeprägten oder reduzierten Ermessen des Antragsgegners gemäß § 61 Abs. 2 AsylG gestanden hätte. Die Antragstellerin zu 1. hat durch ihren nicht angezeigten Wechsel der Ausbildungsstelle dem Antragsgegner die Möglichkeit genommen, dass ihm in § 61 Abs. 2 AsylG eingeräumte Ermessen pflichtgemäß auszuüben und über die Frage der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis auf Basis der damaligen Gegebenheiten zu entscheiden. Die erforderliche Anzeige des Wechsels und die erst damit eröffnete Möglichkeit, über eine Beschäftigungserlaubnis in dem neuen Betrieb zu entscheiden, sind – entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen – auch keine Förmelei, sondern bildet die notwendige Grundlage zur Verwirklichung des gesetzlichen Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Ohne eine entsprechende Anzeige eines Wechsels kann die Ausländerbehörde schon nicht prüfen, ob der konkrete Arbeitgeber und die dort angestrebte Tätigkeit die Voraussetzungen erfüllen, um hierfür eine Beschäftigungserlaubnis erteilen zu können oder ob andere Umstände vorliegen, die eine Erlaubniserteilung ausschließen oder ihr – im Rahmen der Ermessensausübung – entgegenstehen. Überdies hätte es einer Beschäftigungserlaubnis für den neuen Ausbildungsbetrieb auch bedurft, damit dieser seinen Verpflichtungen aus § 4 Abs. 3 Satz 4 AufenthG genügt. Danach obliegt die Prüfung, ob der Ausländer eine Berechtigung zur Erwerbstätigkeit besitzt, auch dem Arbeitgeber. Hier hätte eine Prüfung ergeben müssen, dass die ausdrücklich für die Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber ausgestellte Erlaubnis für den anderen Ausbildungsbetrieb nicht gilt; zumindest hätte es einer Nachfrage bei der zuständigen Ausländerbehörde bedurft.

50

Die Aufnahme der Ausbildung im Oktober 2016 erfolgte danach ohne die erforderliche Beschäftigungserlaubnis, war damit rechtswidrig und scheidet als Anknüpfungsmoment für eine zeitliche Vorverlagerung der Prüfung des hier entscheidenden Ausschlussgrundes aus.

51

Soweit mit der Beschwerde versucht wird, die Bedeutung der Anzeige des Arbeitgeberwechsels zu bagatellisieren, übersehen die Antragstellerinnen, dass mit der fehlenden Anzeige die (mögliche) Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis als notwendige Grundlage für eine rechtmäßige Beschäftigung selbst vereitelt wurde und gleichzeitig die wegen des zeitlichen Ablaufs letztlich wichtige Festlegung des maßgeblichen Zeitpunktes für die Frage, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, versäumt wurde, so dass die am 31. Januar 2017 eingeleiteten Maßnahmen die Erteilung einer Ausbildungsduldung ausschließen.

52

Nach dem Vorstehenden bedarf es, da es zu diesem Zeitpunkt bereits an einer legalen Beschäftigung fehlte, keiner Erörterung, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine im Asylverfahren mit Aufenthaltsgestattung und Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG aufgenommene Ausbildung nach dem Erlöschen der Aufenthaltsgestattung (vgl. insbesondere § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG) und dem Wegfall der akzessorischen Erlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG im Rahmen einer Ausbildungsduldung und einer Beschäftigungserlaubnis gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG fortgesetzt werden kann. Jedenfalls hat der Antragsgegner durch seine Erkundigungen zum Stand der ihm bekannten und von ihm genehmigten Ausbildung durchaus zu erkennen gegeben, dass er bereit und willens war, eine legale Ausbildung aus dem Asylverfahren bei der Prüfung des zuzusprechenden Status nach dem Aufenthaltsgesetz zu berücksichtigen. Im Anschluss an die Mitteilung über den Abbruch dieser Ausbildung und ohne Kenntnis von einer anderweitigen Ausbildung war der Antragsgegner gehalten, die Ausreisepflicht der Antragstellerinnen durchzusetzen, und hatte insbesondere keinen Anlass, die Antragstellerinnen hierzu anzuhören (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG).

53

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

54

Die Entscheidung über die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169). Ungeachtet der prozessualen Einkleidung in einen Folgenbeseitigungsanspruchs dient der einstweilige Rechtsschutz hier der Sicherung der begehrten Ausbildungsduldung für die Antragstellerin zu 1. Aufgrund der mit einer Ausbildungsduldung zu erlangenden Position, die deutlich über diejenige einer Aussetzung der Abschiebung hinausgeht, legt der Senat insoweit einen Hauptsachestreitwert in Höhe von 5.000,00 € zugrunde (vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 16. Juni 2017 – 7 B 10927/17.OVG –), der aufgrund der inhaltlichen Anknüpfung auch für die Duldung der Antragstellerin zu 2. heranzuziehen ist. Wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einerseits und der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache andererseits sind hiervon nach ständiger Rechtsprechung des Senats in vergleichbaren Fällen drei Viertel anzusetzen. Ausgehend von einem Hauptsachestreitwert von zusammen 10.000,00 € beträgt der Streitwert danach 7.500,00 €. Soweit das Verwaltungsgericht einen anderen Streitwert zugrunde gelegt hat, wird die Festsetzung des Streitwerts gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2016 - 6 K 4795/16 - geändert. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Antragsteller abzuschieben.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der Senat entscheidet mit Rücksicht auf die für Montag, den 17.10.2016 ab 3 Uhr morgens beginnende Abschiebung vor Ablauf der gesetzlichen Beschwerdebegründungsfrist nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO über die am 13.10.2016 bei ihm eingegangene und mit einer Begründung versehenen Beschwerde. Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Der Senat hält den Erlass einer einstweiligen Anordnung für erforderlich, um das Verfahren des Antragstellers in der Hauptsache auf Erteilung einer Duldung zur Aufnahme einer Ausbildung als Bäcker bei der Bäckerei A. in M. zu sichern. Nur hierdurch kann vermieden werden, dass irreparable Nachteile zu Lasten des Betroffenen eintreten, da mit dem Vollzug der Ausreisepflicht künftig kein Raum mehr für die Erteilung einer Duldung wäre. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat unter dem 09.09.2016 die durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 21.07.2016 beantragte Duldung zur Durchführung der Ausbildung als Bäcker abgelehnt. Zwar hat der Antragsteller - soweit ersichtlich - bislang keine Klage in der Hauptsache erhoben; dies hindert den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO jedoch nicht. Denn allein schon aufgrund dessen, dass dem ablehnenden Schreiben des Antragsgegners keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt wurde, ist nicht von einem dem Duldungsbegehren des Antragstellers entgegenstehenden bestandskräftigen Bescheid auszugehen.
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtslage ist für das durch die einstweilige Anordnung zu sichernde Verpflichtungsbegehren die Entscheidung des Gerichts, so dass § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl I, 1939) zur Anwendung kommt. Nach dieser seit 06.08.2016 geltenden Regelung ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von Satz 3 zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen des Absatzes 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.
Während der ursprüngliche Gesetzentwurf zum Integrationsgesetz eine Duldung dann vorsah, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat und die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen (BT-Drs.18/8615, S. 15, 48), wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Soziales dieser Duldungsanspruch durch ein in der Formulierung weites und nicht näher bestimmtes negatives Tatbestandsmerkmal eingeschränkt. Hiernach besteht der Duldungsanspruch nur dann, wenn „konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“. In der Begründung wurde hierzu ausgeführt (BT-Drs. 18/9090, S. 25 f.):
„Der Gesetzentwurf sieht vor, die Erteilung einer Duldung bei Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung künftig als gebundene Entscheidung auszugestalten. Durch die Duldungserteilung kann sich ein Vollzugshindernis für Abschiebungen auch dann ergeben, wenn Abschiebungen bereits konkret vorbereitet werden, z. B. wenn ein Pass(ersatz)papier beantragt worden ist, oder die Abschiebungen terminiert sind oder ein Verfahren zur Dublin-Überstellung läuft. Die Ausländerbehörde könnte aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht durchführen, sobald eine Ausländerin oder ein Ausländer einen die rechtlichen Bedingungen erfüllenden Berufsausbildungsvertrag vorlegt und die Berufsausbildung aufnimmt. In den Fällen, in denen die Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung absehbar ist, soll daher der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden. Eine Duldung zum Zweck der Berufsausbildung darf dann nicht erteilt werden. Da die Aufnahme einer Berufsausbildung nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit unterliegt, ist die zuständige Kammer die einzige Stelle, die eine Prüfung der Vertragsinhalte des Berufsausbildungsvertrags auf formelle und rechtliche Richtigkeit vornimmt, was auch die Prüfung umfasst, ob die Ausbildungsstätte zur Berufsausbildung berechtigt ist. Diese Prüfungen werden vor Eintrag in die Lehrlingsrolle vorgenommen. Ein Nachweis über das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen hinsichtlich der Duldung zur Berufsausbildung kann deshalb zuverlässig nur dann geführt werden, wenn ein Nachweis über den Eintrag in die Lehrlingsrolle vorgelegt wird.
Die Ausländerin bzw. der Ausländer nimmt die Berufsausbildung auf, in dem er zu dem Zweck der im Berufsausbildungsvertrag bezeichneten Ausbildung die Tätigkeit bei der Ausbildungsstätte beginnt. Die Variante „aufgenommen hat“ ist für die Fallgestaltungen zutreffend, in denen die Berufsausbildung mit einem anderen aufenthaltsrechtlichen Status wie z. B. einer Aufenthaltsgestattung begonnen wurde oder die Ausländerin bzw. der Ausländer eine Duldung aus anderen Gründen besessen hat.
Die Formulierung entspricht im Übrigen § 61 Absatz 1c Nummer 3 des Aufenthaltsgesetzes.“
Mit Eingang dieses ordnungspolitisch motivierten negativen Tatbestandsmerkmals in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG wurde aber die grundsätzliche Ausrichtung des Integrationsgesetzes im Sinne des Prinzips „Fördern und Fordern“, das nicht zuletzt auch wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik und den Bedarf des deutschen Arbeitsmarkt an einer Vielzahl von Fachkräften im Blick hat (vgl. so ausdrücklich die Begründung des Gesetzesentwurfs BT-Drs.18/8615, S. 1; siehe auch v. Harbou, Das Integrationsgesetz - Meilenstein oder Etikettenschwindel?, NVwZ 2016, 1193; ders., Unterstützen und Strafen: Das Integrationsgesetz, NJW 2016, 2700), nicht angetastet.
2. Die Auffassung des Antragsgegners, wonach im vorliegenden Fall die Erteilung einer Duldung eindeutig nicht in Betracht komme, weil der Tatbestand des Bevorstehens konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung erfüllt sei, teilt der Senat nicht. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung einer „Ausbildungsduldung“ hat.
10 
a.) Die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG scheitert nicht am Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 6. Nach § 60a Abs. 6 Satz 1 AufenthG darf einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn (1.) er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, (2.) aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder (3.) er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde.
11 
Der im Juli 1992 geborene und am 08.10.2012 in das Bundesgebiet eingereiste Antragsteller ist zwar serbischer Staatsangehöriger und damit Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a AsylG. Sein Asylantrag ist jedoch vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden. Der Antragsteller wurde seit dem rechtskräftig gewordenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16.11.2012, mit dem sein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, geduldet. Auflösende Bedingungen waren der Duldung seit 07.10.2013 mit Blick auf die Erkrankung seines Vaters nicht mehr beigegeben (vgl. das Bearbeitungsblatt des Landratsamts Karlsruhe vom 12.07.2016). Der Antragsteller war in der Vergangenheit und ist auch aktuell im Besitz eines gültigen Reisepasses. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der Fälle von Nr. 1 oder Nr. 2 des Absatzes 6 im Übrigen sind weder derzeit noch für einen möglichen früheren Zeitpunkt ersichtlich.
12 
b.) Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist weiterhin, dass der Antragsteller eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf, für deren Erlaubnis es nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf, im Bundesgebiet aufnimmt oder aufgenommen hat. Auch diese Voraussetzung dürfte bejaht werden können.
13 
Nach der oben dargestellten Begründung aus dem Gesetzgebungsverfahren liegt der Regelung die Auffassung zugrunde, dass die Berufsausbildung dann aufgenommen ist, wenn der Ausländer zum Zweck der im Berufsausbildungsvertrag bezeichneten Ausbildung die Tätigkeit bei der Ausbildungsstätte tatsächlich beginnt bzw. in der Variante des „aufgenommen hat“ die Berufsausbildung bereits mit einem anderen aufenthaltsrechtlichen Status (wie Aufenthaltsgestattung oder Duldung aus anderen Gründen) begonnen wurde. Der Nachweis über die Erteilungsvoraussetzungen für die Duldung sei über den Nachweis des Eintrags in der Lehrlingsrolle zu erbringen.
14 
Würde man der Ansicht folgen, die „Aufnahme“ wäre ausnahmslos erst dann zu bejahen, wenn tatsächlich die Tätigkeit im Ausbildungsbetrieb begonnen worden wäre, würde die Vorschrift insoweit weitgehend leerlaufen. Der Ausbildende, d.h. hier die Bäcker A. als Arbeitgeber, darf den Antragsteller bei fehlender Duldung und Erlaubnis zur Beschäftigung nicht beschäftigen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, vgl. näher GK-AufenthG, § 4 Rn. 143 ). § 4 Abs. 3 Satz 5 AufenthG bestimmt ferner, dass derjenige, der im Bundesgebiet einen Ausländer beschäftigt, für die Dauer der Beschäftigung eine Kopie des Aufenthaltstitels oder der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung oder über die Aussetzung der Abschiebung des Ausländers in elektronischer Form oder in Papierform aufbewahren muss. Diese nicht genügend durchdachte und praxisfremde gesetzgeberische Vorstellung würde darauf hinauslaufen, dass es ohne tatsächliche Aufnahme der Berufungsausbildung keine Duldung zu Ausbildungszwecken nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG geben darf, während gleichzeitig ohne Duldung die Aufnahme einer Beschäftigung - und auch eine Ausbildung ist ein Unterfall der Beschäftigung - nicht möglich wäre. In den Genuss der neuen Ausbildungsduldung kämen dann letztlich nur diejenigen Ausländer, die bereits unter Inanspruchnahme einer Duldung aus anderen Gründen eine Ausbildung aufgenommen haben.
15 
Der Wortlaut des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG („aufnimmt“) zwingt nicht zu dem Verständnis, die Ausbildung müsse bereits tatsächlich in der Weise begonnen sein, dass sich die Betroffenen an ihrem Ausbildungsplatz eingefunden haben. Auch der Abschluss des Ausbildungsvertrags lässt sich begrifflich hierunter fassen. Darüber hinaus spricht die Intention des Gesetzes, mit der speziellen Ausbildungsduldung geduldeten Ausländern im geordneten Rahmen eine neue Perspektive zu eröffnen und zudem der Wirtschaft zusätzliche Fachkräfte zukommen zu lassen (hierzu auch Kluth, in: Beck’scher Online-Kommentar, AuslR, Kluth/Heusch, Stand 15.08.2016, § 60a Rn. 26), gegen eine restriktive Auslegung. Ausgehend hiervon dürfte es daher genügen, dass (nur) ein Ausbildungsvertrag vorliegt.
16 
Der Berufungsausbildungsvertrag im Sinne des § 10 des Berufsbildungsgesetzes begründet die Verpflichtung des Ausbildenden zur Ausbildung, die des Auszubildenden zum Erlernen des Ausbildungsberufs. Der Vertrag ist nicht formgebunden; hieran ändert auch die Pflicht nach § 11 Abs. 1 BBiG, nach der der Ausbildende unverzüglich nach Abschluss des Berufsbildungsvertrag, spätestens vor Beginn der Berufsausbildung die wesentlichen Inhalte des Vertrags schriftlich niederzulegen hat, nichts (Schlachter, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl. 2016 § 10 BBiG Rn. 3a). Denkbar ist es insbesondere, dass ein solcher Vertrag unter der Bedingung geschlossen wird, dass ausländerrechtlich die Ausbildung zulässig ist (allg. zur Zulässigkeit der Vereinbarung von Bedingungen in einem Ausbildungsvertrag etwa LAG Hamm, Urteil vom 12.09.2006 - 9 Sa 2313/05 -, juris Rn. 56 ff.; Urteil vom 10.07.2003 - 17 Sa 514/03 -, juris). Lässt man für die Tatbestandsvoraussetzung „eine qualifizierte Berufsausbildung…aufnimmt“ schon den ggfs. nach § 158 BGB bedingten und mündlichen Vertragsschluss zwischen Ausländer und Ausbildungsbetrieb genügen, so mangelt es zu diesem Zeitpunkt grds. noch an einer Eintragung in die Lehrlingsrolle. Durch die Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse nach §§ 34 ff. BBiG (sog. Lehrlingsrolle) wird bestätigt, dass es sich um einen ordnungsgemäßen Ausbildungsvertrag in einem nach § 4 BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handelt (Schlachter, a.a.O., § 34 Rn. 1; § 35 Rn. 2 ff.). Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Ausländerbehörde - fehlt es an einem solchen Eintrag - außerstande wäre, diese Voraussetzungen selbst zu prüfen. In Zweifelsfällen steht ihr die Möglichkeit offen, im Wege der Amtshilfe fachkundige Stellen zu befragen.
17 
Im Fall des Antragstellers dürfte wohl spätestens seit Anfang Juli 2016 ein solcher mündlicher Vertrag gegeben sein. Mit Blick auf das erfolgreiche Betriebspraktikum des Antragstellers bei der Bäckerei A. in M. ist es zudem nicht ausgeschlossen, dass eine entsprechende Einigung zwischen den Beteiligten noch früher erfolgt ist, hierauf deuten auch die Äußerungen im Schriftsatz vom 13.10.2016 hin; dies kann allerdings in diesem Verfahrensstadium nicht aufgeklärt werden. Aus diesem Schriftsatz ergibt sich ferner, dass der Ausbildungsplatz in der Bäckerei für den Antragsteller nach wie vor zur Verfügung steht.
18 
Der Antragsteller erhielt unter dem 18.07.2016 das Abschlusszeugnis des Vorqualifizierungsjahres Arbeit/Beruf der A.-E-Schule ausgestellt, das dem Hauptschulabschluss entspricht. In den Fächern Englisch und Deutsch weist das Zeugnis die Note „befriedigend“, in Mathematik und Fachrechnen sowie in den übrigen Fächern die Note „gut“ aus. Es vermerkt weiter die Absolvierung eines ganzjährigen Betriebs-Tagespraktikums. Wie der Antragsteller nochmals mit Schriftsatz vom 13.10.2016 vorgetragen hat, ist unmittelbar nach Beendigung des Schulpraktikums seitens der Bäckerei bei der Ausländerbehörde angerufen worden, welche Schritte notwendig sind, um den Antragsteller als Auszubildenden einstellen zu können. Die unter dem 09.07.2016 auf dem Formblatt Stellenbeschreibung zur Vorlage im Verfahren der Zulassung ausländischer Arbeitnehmer zum deutschen Arbeitsmarkt gegenüber der Bundesagentur für Arbeit gemachten Angaben verdeutlichen, dass die Wahl des Arbeitgebers (Bäckerei A.) zur Besetzung des Ausbildungsplatzes bereits auf den Antragsteller gefallen war. Aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 21.07.2016 ergibt sich zudem, dass der Antragsteller diese Stellenbeschreibung am 12.07.2016 bei der unteren Ausländerbehörde mit der Bitte um Weiterleitung vorgelegt hat. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war auch die Ausländerbehörde darüber informiert, dass zwischen dem Antragsteller und der Bäckerei A. eine Einigung über die Aufnahme einer Ausbildung zustande gekommen ist. Es spricht alles dafür, dass man in dem Eingang dieser Information bei der Ausländerbehörde einen konkludenten Antrag auf Ausbildungsduldung sehen könnte (so GK-AufenthG, § 60a Rn. 288.3 im Erscheinen), der allerdings noch der Weiterleitung an das insoweit zuständige Regierungspräsidium bedurft hätte.
19 
c) Ein Rechtsanspruch auf die Ausbildungsduldung setzt schließlich voraus, dass konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. Im Rahmen der Frage, welches der maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen dieser Voraussetzung ist, scheiden aus Gründen des materiellen Rechts der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung und derjenige der Behördenentscheidung aus. Bei einer anderen Sichtweise würde man ggfs. der Ausländerbehörde die Möglichkeit einräumen, selbst nach Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung noch Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht in die Wege zu leiten und auf diese Weise einen Anspruch wieder entfallen zu lassen; das ist aber nicht Intention des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG. Maßgeblich dürfte auch nicht allein der Zeitpunkt Aufnahme der Berufsausbildung sein, zumal der Ausländerbehörde solche privatrechtlichen Akte nicht ohne weiteres bekannt sind. Am ehesten dürfte bzgl. dieser Tatbestandvoraussetzung auf die Sachlage im Zeitpunkt der Beantragung der Ausbildungsduldung unter Mitteilung des Ausbildungsverhältnisses abzustellen sein. Hierfür spricht, dass dies letztlich der Kern des Rechtsanspruch ist und hierauf bezogene Einschränkungen nur dann geeignet sind, diesen Rechtsanspruch nicht entstehen zu lassen, wenn sie vorher auf den Weg gebracht worden sind. Wohl nur diese Sichtweise trägt dem wohlverstandenen, vom Gesetzgeber grundsätzlich anerkannten Interessen von Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden angemessen Rechnung und ermöglicht einen sachgerechten Interessensausgleich zwischen dem getätigten Vertrauen von Ausbildern und Auszubildenden einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung andererseits.
20 
Der Tatbestand „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“ soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Fälle aus dem Anwendungsbereich des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsduldung ausnehmen, in denen die Abschiebung bereits konkret vorbereitet wird, wobei die Gesetzesbegründung die Beantragung eines Pass(ersatz)papiers, die Terminierung der Abschiebung oder der Lauf eines Verfahrens zur Dublin-Überstellung als Beispiele aufführt. Alle diese Bespiele treffen im Fall des Antragstellers nicht zu, insbesondere ist die für den 17.10.2016 vorgesehene Abschiebung (erst) am 13.09.2016 - und damit nach Beantragung der Ausbildungsduldung - terminiert worden. Soweit die Gesetzbegründung weiter darauf verweist, die Formulierung entspreche im Übrigen § 61 Abs. 1c Nr. 3 AufenthG, ergeben sich hieraus keine zwingenden Vorgaben für die Auslegung dieser Bestimmung in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG. Die Nummer 3 des § 61 Abs. 1 c AufenthG ist dort positiv als eine der Voraussetzungen normiert, unter denen eine räumliche Beschränkung ergehen kann, die der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung dient (siehe im Übrigen näher GK-AufenthG, § 61 Rn. 38 ). In § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist die Formulierung jedoch ein zwingendes negatives, einen Rechtsanspruch ausschließendes Tatbestandsmerkmal, das zudem in eine gesetzliche Regelung eingebettet ist, die gegenüber § 61 AufenthG andere Zwecke verfolgt.
21 
Im Rahmen des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG legen Wortlaut und gesetzgeberische Intention die Auffassung nahe, dass hierunter alle Maßnahmen fallen, die nach typisierender Betrachtung prognostisch bereits in einem engen sachlichen und vor allem zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung selbst stehen. Hierzu gehören etwa die Buchung des Ausländers auf einen bestimmten Flug, mit dem die Abschiebung erfolgen soll, oder die Erteilung des Vollzugsauftrags gegenüber der Polizei. Allein die konkrete Ausgestaltung einer Duldung, wie etwa deren Befristung oder die - im Falle des Antragstellers am 14.07.2016 - erfolgte Beifügung einer auflösenden Bedingung, fällt für sich allein nicht hierunter, weil dem jedenfalls in der Regel der zeitliche Bezug zur Aufenthaltsbeendigung fehlen wird, jedenfalls soweit nicht weitere konkrete Maßnahmen ins Werk gesetzt werden. Eine Befristungsentscheidung, die als gesetzlicher Regelfall ohnehin gemeinsam mit der Abschiebungsandrohung zu erlassen ist (§ 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG), hat nicht diesen typischen Charakter.
22 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
23 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG.
24 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die zuständige Stelle hat für anerkannte Ausbildungsberufe ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzurichten und zu führen, in das der Berufsausbildungsvertrag einzutragen ist. Die Eintragung ist für Auszubildende gebührenfrei.

(2) Die Eintragung umfasst für jedes Berufsausbildungsverhältnis

1.
Name, Vorname, Geburtsdatum, Anschrift der Auszubildenden,
2.
Geschlecht, Staatsangehörigkeit, allgemeinbildender Schulabschluss, vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung, vorherige Berufsausbildung sowie vorheriges Studium, Anschlussvertrag bei Anrechnung einer zuvor absolvierten dualen Berufsausbildung nach diesem Gesetz oder nach der Handwerksordnung einschließlich Ausbildungsberuf,
3.
Name, Vorname und Anschrift der gesetzlichen Vertreter und Vertreterinnen,
4.
Ausbildungsberuf einschließlich Fachrichtung,
5.
Berufsausbildung im Rahmen eines ausbildungsintegrierenden dualen Studiums,
6.
Tag, Monat und Jahr des Abschlusses des Ausbildungsvertrages, Ausbildungsdauer, Dauer der Probezeit, Verkürzung der Ausbildungsdauer, Teilzeitberufsausbildung,
7.
die bei Abschluss des Berufsausbildungsvertrages vereinbarte Vergütung für jedes Ausbildungsjahr,
8.
Tag, Monat und Jahr des vertraglich vereinbarten Beginns und Endes der Berufsausbildung sowie Tag, Monat und Jahr einer vorzeitigen Auflösung des Ausbildungsverhältnisses,
9.
Art der Förderung bei überwiegend öffentlich, insbesondere auf Grund des Dritten Buches Sozialgesetzbuch geförderten Berufsausbildungsverhältnissen,
10.
Name und Anschrift der Ausbildenden, Anschrift und amtliche Gemeindeschlüssel der Ausbildungsstätte, Wirtschaftszweig, Betriebsnummer der Ausbildungsstätte nach § 18i Absatz 1 oder § 18k Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst,
11.
Name, Vorname, Geschlecht und Art der fachlichen Eignung der Ausbilder und Ausbilderinnen.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.875,- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, vor einer Entscheidung über die vom Antragsteller erhobene Klage auf Erteilung einer Duldung nach der Vorschrift des § 60 a Abs. 2 Satz 3 und 4 AufenthG in der Fassung von Art. 5 Nr. 8 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, ist zulässig, aber unbegründet.

2

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das zuständige Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Für eine derartige Anordnung ist erforderlich, dass sich der Antragsteller auf einen Anordnungsanspruch berufen kann und darüber hinaus ein Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis gerade für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes, besteht. Beide Voraussetzungen sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO), müssen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mithin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfüllt sein. Gemessen an diesen Voraussetzungen kann die beantragte Entscheidung nicht ergehen. Der Antragsteller hat nicht in einer den Anforderungen des § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO entsprechenden Art und Weise glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf Erteilung der angestrebten Duldung zustünde.

3

§ 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG sieht vor, dass einem Ausländer eine Duldung erteilt werden kann, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Nach § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von Satz 3 zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen – Ausbildungsduldung –.

4

Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung setzt zunächst voraus, dass der Ausländer im Besitze einer gültigen Duldung ist. Zwar ergibt sich dieses Erfordernis nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 60 a Abs. 2 AufenthG. Das Bestehen einer Duldung wird aber nach Sinn und Zweck der Regelung, die von einem geduldeten Ausländer begonnenen Integrationsbemühungen in ein Ausbildungsverhältnis zu überführen, vorausgesetzt. Zudem bezieht sich § 32 Abs. 2 Nr. 2 der BeschäftigungsverordnungBeschV –, wonach die Erteilung einer Erlaubnis zur Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf, als Ausnahmeregelung zu § 32 Abs. 1 BeschV auf Ausländerinnen und Ausländer, die eine Duldung besitzen. Der Antragsteller ist seit dem 21. Juni 2016 nicht mehr im Besitz einer Duldung, weil die ihm zuletzt bis zum 20. August 2016 verlängerte Duldung mit dem Ergehen des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Juni 2016 in dem seine Mutter betreffenden Beschwerdeverfahren 7 B 10430/16.OVG erloschen ist.

5

Hinzu tritt, dass der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass er – wie angekündigt – tatsächlich am 1. September 2016 eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf aufgenommen hätte. Zwar trägt er vor, mit dem Betreiber des Eiscafés, in welchem er beschäftigt ist, einen Vertrag über eine Ausbildung zur Restaurantfachkraft geschlossen zu haben. Hierzu hat er die Kopie eines am 10. August 2016 unterzeichneten Vertrags vorgelegt, der den Beginn seiner Ausbildung auf den 1. September 2016 bestimmt. Es fehlt jedoch der Nachweis dass er die persönlichen Voraussetzungen zur Aufnahme dieser Ausbildung erfüllt und der Ausbilder sowie die Ausbildungsstätte für seine Ausbildung zur Restaurantfachkraft geeignet sind. Zwar könnte hiervon auszugehen sein, wenn der Ausbildungsvertrag vom 10. August 2016 in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (sog. Lehrlingsrolle, vgl. §§ 34 bis 36 des BerufsbildungsgesetzesBBiG –) eingetragen worden sein sollte. Dass dies der Fall wäre, ist aber weder dargetan noch sonst ersichtlich. Das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen einer Ausbildungsduldung kann indessen nur dann zuverlässig festgestellt werden, wenn der Ausländerbehörde oder dem Gericht ein Nachweis über den Eintrag des Ausbildungsverhältnisses in die Lehrlingsrolle vorliegt. Die Lehrlingsrolle ist das zentrale Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse und dient deren Regelung, Überwachung und Förderung, insbesondere zur Sicherung der fachlichen Qualität der Ausbildung. Da nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV die Aufnahme einer Berufsausbildung, wie dargelegt, nicht der Zustimmung der Arbeitsagentur bedarf und das Ausbildungsverhältnis eines ausreisepflichtigen Ausländers auch ohne Mitwirkung der Ausländerbehörde begründet werden kann, ist allein die für den jeweiligen Beruf zuständige Kammer die Stelle, welche eine Prüfung des Inhalts eines Berufsausbildungsvertrages auf formelle und inhaltliche Richtigkeit vornehmen kann. Diese umfasst insbesondere die Prüfung, ob die Berechtigung besteht, den betroffenen Ausländer an der gewählten Ausbildungsstätte durch die vorgesehenen Personen auszubilden (vgl. BT-Drucksache 18/9090, S. 26 zu § 60 a AufenthG und Fehrenbacher, HTK-AuslR, § 60 a AufenthG zu Abs. 2 Satz 4, Nr. 2.1). Zudem ist die Eintragung des Ausbildungsverhältnisses in die Lehrlingsrolle berufsrechtliche Voraussetzung für die Zulassung zur Abschlussprüfung (vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 3 BBiG). Nach § 60 a Abs. 2 Satz 9 AufenthG erlischt die einem Ausländer erteilte Ausbildungsduldung bei einem Nichterreichen des Ausbildungsziels. Hieraus folgt zugleich, dass ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung von vornherein nicht besteht, wenn ein qualifizierter Berufsabschluss nicht erreicht werden kann, weil dem Betroffenen mangels einer Eintragung seines Ausbildungsvertrags in die Lehrlingsrolle die Teilnahme an der Abschlussprüfung nicht möglich wäre. Den hieraus folgenden Darlegungslasten hat der Antragsteller mit der Vorlage einer – zudem nur unvollständig lesbaren – Kopie des am 10. August 2016 unterzeichneten Ausbildungsvertrags nicht entsprochen.

6

Unabhängig davon hat der Antragsteller weder nachgewiesen, dass er – sollte er berufsschulpflichtig sein (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Berufsschulverordnung) – seit dem Beginn dieses Schuljahres regelmäßig die Schule besucht, noch glaubhaft gemacht, dass er der Schulpflicht nicht (mehr) unterläge.

7

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch nicht insoweit zu entsprechen, als dem Antragsgegner aufzugeben wäre, aufenthaltsbeendende Maßnahmen jedenfalls bis zum Ergehen einer Entscheidung der Industrie- und Handelskammer (IHK) über die Eintragungsfähigkeit des von dem Antragsteller vorgelegten Ausbildungsvertrags zurückzustellen. Denn der gesetzliche Anspruch des § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG setzt weiter voraus, dass „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“. Ziel dieser Regelung ist es, der Durchsetzung der Ausreisepflicht dann den Vorrang einzuräumen, wenn eine Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung des Betroffenen absehbar ist. Für diese Einschränkung hat der Gesetzgeber ein Bedürfnis gesehen, weil sich wegen der Ausgestaltung des § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG als Anspruchsnorm ein Vollzugshindernis auch dann ergäbe, wenn eine Abschiebung, Zurückschiebung oder Überstellung bereits konkret vorbereitet worden ist, z. B. durch die Beantragung eines Pass(ersatz)papiers, die Terminierung der Abschiebung oder die Einleitung einer Dublin-Überstellung. In einem solchen Fall dürfte eine Aufenthaltsbeendigung nicht erfolgen, sobald der Betroffene einen die rechtlichen Bedingungen für die Aufnahme eines Berufsausbildungsverhältnisses erfüllenden Vertrag vorlegt und die Berufsausbildung beginnt (vgl. BT-Drucksache 18/9090, a.a.O.). Mit der Herausnahme von Fällen einer konkret absehbaren Aufenthaltsbeendigung aus dem Anwendungsbereich von § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass in erster Linie Ausbildungsverhältnisse geschützt werden sollen, die sich als Folge einer bereits begonnenen Integration darstellen. Demgegenüber sollen Ausbildungsverhältnisse, die erst im Lichte einer drohenden Aufenthaltsbeendigung nach dem Entfallen oder der Feststellung des Fehlens von Abschiebungshindernissen kurzfristig angestrebt oder aufgenommen werden, einen Anspruch auf einen Verbleib im Bundesgebiet nicht vermitteln können. Das wirtschaftliche Interesse daran, aus dem Kreis ausreisepflichtiger Ausländer Auszubildende gewinnen zu können, muss in diesen Fällen zurücktreten.

8

Für die Beurteilung der Frage, ob konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, ist angesichts der vorstehenden gesetzgeberischen Ziele maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Ausbildungsvertrags bei der zuständigen Kammer – wenn nicht sogar auf den späteren Zeitpunkt der Eintragung des Ausbildungsverhältnisses in die Lehrlingsrolle – abzustellen. Demgegenüber begründet die Unterzeichnung des Ausbildungsvertrags oder gar die bloße Zusicherung oder Bekundung der Absicht, künftig einen Berufsausbildungsvertrag abzuschließen, einen Duldungsanspruch nach § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG noch nicht. Nichts anderes ergibt sich aus der in § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG aufgenommenen Wendung, dass eine Duldung (außer in den Fällen einer bereits aufgenommenen Ausbildung) auch dann zu erteilen ist, wenn der Ausländer eine Ausbildung (erst) „aufnimmt“. Denn damit wird nur dem Umstand Rechnung getragen, dass zwischen der Einreichung des Ausbildungsvertrags bei der Kammer und dem nächstmöglichen Beginn der Ausbildung nicht selten eine längere Zeit verstreicht. Diese Wartezeit soll sich nicht zu Lasten des Ausländers auswirken.

9

Der Begriff der „Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ ist auch nicht gleichzusetzen mit Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs. Vielmehr ist er in einem weiteren Sinne zu verstehen und umfasst – wie sich aus den Regelbeispielen in der Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt – auch Vorbereitungshandlungen, die die Durchsetzung der Ausreisepflicht zum Gegenstand haben. Hierunter fallen namentlich die Einräumung einer mit einer Abschiebungsankündigung verbundenen letztmaligen Frist zur freiwilligen Ausreise oder vergleichbare behördliche Handlungen, denen zu entnehmen ist, dass der weitere Aufenthalt nicht mehr hingenommen und eine Aufenthaltsbeendigung aktuell angestrebt wird. „Konkret“ im Sinne von § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist eine solche Maßnahme, wenn die Behörde dem Betroffenen in individualisierter Weise zu erkennen gibt, dass sie seinen Aufenthalt in naher Zukunft zwangsweise beenden wird. Nicht erforderlich ist, dass ein Termin für die Aufenthaltsbeendigung bereits feststeht und dem Ausländer mitgeteilt wurde. Gegenteiliges lässt sich auch der Begründung des Gesetzesentwurfs nicht entnehmen. Die dort genannten Beispiele, welche eine bevorstehende Aufenthaltsbeendigung umschreiben, schließen vielmehr einen Rechtsanspruch auch in der häufig langandauernden Spanne zwischen der Beschaffung eines Rückreisepapiers oder der Erwirkung einer Übernahmezusage bis zur Abschiebung oder Überstellung aus. Andererseits entspräche es nicht dem Regelungszweck des § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG, Integrationsleistungen, die der Ausländer bis zum Eintritt der Rückführungsmöglichkeit erreicht hat, nur deshalb unbeachtet zu lassen, weil sich die Behörde bereits in der Vergangenheit um die eine Aufenthaltsbeendigung bemüht hat. Ab welchem Zeitpunkt Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinreichend konkret sind, um den Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung auszuschließen, kann letztlich nicht in allgemeingültiger Weise, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

10

Auch danach steht dem Antragsteller ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nicht zu. Denn er hat das Ausbildungs-verhältnis – wenn überhaupt – wirksam erst in einem Zeitpunkt begründet, als der Antragsgegner bereits konkrete Maßnahmen für eine Aufenthaltsbeendigung veranlasst hatte. Nach dem Ergehen des aufenthaltsbeendenden Bescheids vom 20. November 2015 war sein Aufenthalt zu einem verfahrensrechtlichen Zweck, nämlich um ihm und seiner Mutter die Durchführung eines Eilrechtsschutzverfahrens zu ermöglichen, geduldet worden. Dieser Duldungsgrund war, wie dargelegt, mit dem Ergehen des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Juni 2016 in dem seine Mutter betreffenden Beschwerdeverfahren 7 B 10430/16.OVG erloschen. Danach hat Antragsgegner das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (erneut) eingeleitet, indem er dem Antragsteller mit Schreiben vom 4. August 2016 eine Nachfrist zur freiwilligen Ausreise bis zum 15. August 2016 gesetzt und ihm und seiner Mutter die Abschiebung für den Fall angekündigt, dass eine freiwillige Ausreise nicht erfolge. Damit war es für den Antragsteller bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Ausbildungsvertrags am 10. August 2016, jedenfalls aber bei der Einreichung des Vertrages bei der IHK am 15. August 2016 erkennbar, dass der Antragsgegner seinen Aufenthalt nach dem 15. August 2016 zwangsweise beenden würde, zumal ein gültiger Reisepass für ihn vorlag.

11

Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass der Antragsteller im Vorgriff auf die ihm bekannte Änderung des § 60 a Abs. 2 AufenthG bereits in seinem Duldungsantrag vom 2. Augst 2016 den Antragsgegner auf den bevorstehenden Abschluss eines Ausbildungsvertrags hingewiesen hatte. Ein gesetzliches Vollstreckungshindernis, welches aufenthaltsbeendenden Maßnahmen am 4. August 2016 entgegengestanden hätte, ist hierin nicht zu sehen. Denn ein Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung wäre frühestens mit dem Inkrafttreten des § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG am 6. August 2016 entstanden. Im Übrigen muss der Antragsgegner von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen auch nicht deshalb absehen, weil der Antragsteller am 2. August 2016 eine Versicherung seines Arbeitgebers vorgelegt hatte, ihn ab dem 1. September 2016 als Auszubildenden einstellen zu wollen. Denn der Duldungsanspruch nach § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG entsteht, wie dargelegt, frühestens mit der Einreichung des Ausbildungsvertrags bei der zuständigen Kammer. Diese erfolgte hier am 15. August 2016 und damit erst zu einem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller mit der Aufenthaltsbeendigung bereits konkret rechnen musste.

12

Dem Antragssteller ist der beantragte Abschiebungsschutz schließlich nicht etwa deshalb einzuräumen, weil der Antragsgegner mit Blick auf die Regelung des § 60 a Abs. 2 Satz 12 i.V.m. § 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG über den Antrag vom 2. August 2016 hilfsweise nach Ermessen hätte entscheiden müssen. Soweit § 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung als dringenden persönlichen Grund im Sinne von § 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG wertet, der unter weiteren Voraussetzungen (fehlendes Bevorstehen konkreter Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung und Nichterfüllung der Tatbestände des § 60 a Abs. 6 AufenthG) zur Entstehung eines Anspruchs auf Erteilung einer Duldung führt, hat der Gesetzgeber eine abschließende Regelung getroffen, neben der für die Erteilung einer Ausbildungsduldung nach Ermessen kein Raum bleibt. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass es einer (hilfsweisen) Ermessensbetätigung des Antragsgegners schon deshalb nicht bedurfte, weil der Antragsteller die tatbestandliche Erteilungsvoraussetzung der Aufnahme einer Berufsausbildung nicht glaubhaft gemacht hat.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 GKG i.V.m. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (LKRZ 2014, 169 ff.).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerde-verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 1.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein am 10. November 2010 eingereister afghanischer Staatsangehöriger, begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, seine vom Antragsgegner beabsichtigte Abschiebung nach Afghanistan zu untersagen.

Sein Asylverfahren ist rechtskräftig negativ abgeschlossen (Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14.10.2011, Klageabweisung des Verwaltungsgerichts B. durch Urteil vom 2.12.2012, Folgeantrag vom 3.3.2017 abgelehnt durch Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7.3.2017). Ab dem 5. Februar 2013 erhielt der Antragsteller Duldungen (teilweise mit Berechtigung zur Erwerbstätigkeit); mit Duldung vom 24. August 2015 und nachfolgend vom 27. Juni 2016 wurde die Ausbildung zum Anlagenmechaniker gestattet. Der Antragsteller hat am 1. September 2015 ein Berufsausbildungsverhältnis als Anlagentechniker für Sanitär- und Heizungstechnik aufgenommen.

Der Antragsteller wurde am 4. Februar 2013 und mit Schreiben vom 15. November 2013 zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung aufgefordert. Die am 11. März 2013 dem Antragsteller ausgehändigten Anträge auf Ausstellung von Reisedokumenten wurden vom Antragsteller nicht ausgefüllt. Am 5. Dezember 2016 weigerte sich der Antragsteller, ein Antragsformular für Passersatzpapiere auszufüllen.

Mit Strafbefehl vom 3. Februar 2015 wurde der Antragsteller wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 21. Dezember 2015, rechtskräftig seit dem 27. Januar 2016, wurde der Antragsteller wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller sind wegen Körperverletzung (2013, Az. 230 Js 2247/13, eingestellt nach § 170 Abs. 2 StPO), wegen Betrugs (2014, Az. 230 Js 429/14, eingestellt nach § 153 Abs. 1 StPO, und 2015, Az. 230 Js 5330/15, eingestellt nach § 154 Abs. 1 StPO), wegen gefährlicher Körperverletzung (2014, Az. 252 Js 6206/14 jug., eingestellt nach § 154 Abs. 1 StPO), sowie wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person (2016, Az. 211 Js 13328/16, eingestellt nach § 170 Abs. 2 StPO) geführt worden.

Mit Bescheid vom 30. Januar 2017 hat der Antragsgegner die Feststellung ausgesprochen, dass die erteilte Duldung kraft Gesetzes erloschen sei (Nr. 1), und hilfsweise die erteilte Duldung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung widerrufen (Nr. 2, 4). Die Gestattung der Berufsausbildung wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ebenfalls widerrufen (Nr. 3, 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe seien mit dem Abschiebeabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Heimatstaat entfallen (§ 60a Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Weitere Gründe, die eine Aussetzung der Abschiebung aus anderen Gründen rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Die Erlaubnis der Berufsausbildung sei in rechtswidriger Weise erteilt worden, da bei dem Antragsteller aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen, die er selbst zu vertreten habe, nicht vollzogen werden konnten (§ 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AufenthG, § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeschV a.F.). Gegen diesen Bescheid wurden keine Rechtsmittel eingelegt.

Einen am 22. Mai 2017 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine am 31. Mai 2017 geplante Abschiebung hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 29. Mai 2017 abgelehnt mit der Begründung, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG zur Fortführung seiner am 1. September 2015 begonnenen Berufsausbildung als Anlagenmechaniker im Bereich Sanitär- und Heizungstechnik. Der Erteilung stehe bereits § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG entgegen, weil der Antragsteller mit Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 21. Dezember 2015, rechtskräftig seit 27. Januar 2016, wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen verurteilt worden sei. Darüber hinaus stünden bevorstehende, konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung seit der Vorsprache bei der Regierung von O. am 5. Dezember 2016, bei der der Antragsteller die Mitwirkung bei der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat, der Erteilung einer Ausbildungsduldung entgegen. Die Erteilung einer Ausbildungsduldung scheitere auch daran, dass der Antragsteller keine Beschäftigungserlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV besitze. Die Entbehrlichkeit einer Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV beziehe sich nur auf Personen mit Duldung, wozu der Antragsteller nicht (mehr) zähle. § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG finde keine Anwendung, da die Geltungsdauer der Duldung bereits abgelaufen gewesen sei.

Mit seiner am 29. Mai 2017 erhobenen Beschwerde macht der Antragsteller geltend, er sei gut integriert und bringe sich in die Gesellschaft und das öffentliche Leben ein. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG; § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG stehe der Erteilung einer Ausbildungsduldung nicht entgegen, da zum Zeitpunkt der strafrechtlichen Verurteilung diese Norm noch nicht in Kraft gewesen sei. Rechtmäßige, konkret bevorstehende aufenthaltsbeendende Maßnahmen könnten der Erteilung der Ausbildungsduldung ebenfalls nicht entgegengehalten werden. Auf die Weigerung des Antragstellers zur Beantragung von Passersatzpapieren am 5. Dezember 2016 könne es nicht ankommen, da die Abschiebung im Hinblick auf das schutzwürdige Vertrauen, die laufende Berufsausbildung abschließen zu können, nicht absehbar gewesen sei. Sowohl der Antragsteller als auch sein Arbeitgeber hätten bereits eineinhalb Jahre in die Ausbildung investiert. Der Gesetzeszweck, Vertrauensschutz zu schaffen, nicht nur für geduldete Ausländer in Ausbildung, sondern gerade auch für Ausbildungsbetriebe, stehe einer Verweigerung der Erteilung einer Ausbildungsduldung entgegen. Es sei angesichts dieses Gesetzeszweckes rechtsmissbräuchlich, dem Vollzug der Ausreisepflicht nach eineinhalb Jahren Ausbildungszeit Vorrang einzuräumen mit dem Ziel, die Ausbildung zu unterbrechen und den Antragsteller abzuschieben. Die Ausländerbehörde habe die konkret bevorstehenden aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wegen des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG rechtswidrig herbeigeführt. Sehe man bereits im Bemühen der Ausländerbehörde um die Beschaffung von Passersatzpapieren eine konkrete aufenthaltsbeendende Maßnahme, werde der Anwendungsbereich des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG auf faktische Bedeutungslosigkeit reduziert. Wegen der bevorstehenden Abschiebung liege auch ein Anordnungsgrund nach § 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO vor. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei wegen der ansonsten entstehenden schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteile zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes geboten. Im Falle einer Abschiebung würde eine zeitnahe Wiederaufnahme der Ausbildung faktisch unmöglich gemacht.

Der Antragsteller beantragt bei sachdienlicher Auslegung,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung den Antragsgegner vorläufig zur Aussetzung der Abschiebemaßnahmen zu verpflichten.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Antragsteller befinde sich seit dem bestandskräftigen Widerruf der Beschäftigungserlaubnis derzeit nicht in einem Ausbildungsverhältnis, auch wenn eine Bereitschaft zur Fortführung des begonnenen Beschäftigungsverhältnisses bestehen möge. Die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers liege deutlich über der Bagatellgrenze des § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 60a Abs. 2 Satz 4 bis 6 AufenthG sei der Antragsteller bereits rechtskräftig verurteilt gewesen, so dass die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausbildungsduldung zu keinem Zeitpunkt, auch nicht bis zum Widerruf der Ausbildungserlaubnis vorgelegen hätten. Der vorgebrachten guten Integration stehe die nicht unerhebliche strafrechtliche Verurteilung gegenüber, weshalb auch die Härtefallkommission eine Befassung abgelehnt habe (§ 5 Nr. 3 HFKomV). Darüber hinaus seien bereits zum Zeitpunkt, als die dem Antragsteller gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilte Duldung endete, konkrete Schritte zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet worden. Der Antragsteller habe die Mitwirkung im Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren am 5. Dezember 2016 verweigert. Diese Verweigerung stelle ein absolutes Erteilungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 4, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG dar. Der Antragsteller habe sich seit der Vollziehbarkeit seiner Ausreisepflicht Anfang 2013 über Jahre hinweg und trotz mehrfacher Belehrungen über seine Mitwirkungspflicht geweigert, an einer Passbeschaffung mitzuwirken, was letztlich auch Anlass für die Rücknahme der Beschäftigungserlaubnis gewesen sei. Der Antragsteller könne sich nicht auf Gründe des Vertrauensschutzes berufen. Die ihm ursprünglich erteilte Beschäftigungserlaubnis sei unanfechtbar widerrufen, weswegen auch die Ausbildung nicht habe fortgeführt werden können. Im Falle einer Neuerteilung bzw. Verlängerung einer Duldung müsse stets das weitere Vorliegen von Gründen für eine Aussetzung der Abschiebung festgestellt werden, die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausbildungsduldung lägen indes nicht vor.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht eine Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Erteilung einer Duldung oder zum vorläufigen Absehen von einer Abschiebung abgelehnt hat.

Der mit Schriftsatz vom 29. Mai 2017 formulierte Antrag des Beschwerdeführers, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, war unter Berücksichtigung des weiteren Beschwerdevorbringens, das auf einen Antrag nach § 123 VwGO gerichtet ist, und der erstinstanzlich gestellten Anträge in sachdienlicher Weise gemäß § 88 VwGO in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO umzudeuten.

Der Antragsteller hat den für den Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG zusteht.

Nach der Vorschrift ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 dieser Vorschrift nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. Nach § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG wird eine Duldung nach Satz 4 nicht erteilt und erlischt eine nach Satz 4 erteilte Duldung, wenn der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen grundsätzlich außer Betracht bleiben können. Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können (§ 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).

Der Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 steht hier entgegen, dass die Voraussetzungen des § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vorliegen, weil bei dem Antragsteller aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden konnten. Neben den in § 60a Abs. 6 Satz 2 AufenthG beispielhaft aufgeführten Fällen der Täuschung und Falschangaben ist in der unzureichenden Mitwirkung bei der Passbeschaffung grundsätzlich ein Versagungsgrund nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu sehen, der ein absolutes Erwerbstätigkeitsverbot begründet (vgl. zu § 11 BeschV a.F. SächsOVG, B.v. 7.3.2013 – 3 A 495/11 – juris Rn. 7). Der Antragsteller hat trotz mehrfacher Aufforderungen durch die Ausländerbehörde, die damit ihre in Fällen der vorliegenden Art bestehenden Hinweis- und Anstoßpflicht (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2016 – 10 C 16.1790 – juris Rn. 9 m.w.N.) erfüllt hat, keinerlei Bemühungen unternommen, seinen Mitwirkungspflichten bei der Ausstellung eines Passes oder Passersatzes durch seinen Heimatstaat nachzukommen (vgl. § 48 Abs. 3 Satz 1, § 3 Abs. 1 AufenthG). Zuletzt hat er sich am 5. Dezember 2016 geweigert, ein Formular zur Ausstellung von Reisedokumenten auszufüllen. Die fehlende Mitwirkung war angesichts des bestehenden Rückübernahmeabkommens mit Afghanistan auch kausal dafür, dass die Ausreisepflicht nicht vollzogen werden konnte.

§ 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG steht daher der Erteilung einer erforderlichen Beschäftigungserlaubnis zur Fortführung der Berufsausbildung entgegen. Ungeachtet der vom Ausbildungsbetrieb geäußerten Bereitschaft, das Ausbildungsverhältnis fortzuführen, kann der Antragsteller die infolge des bestandskräftig gewordenen Widerrufs der Duldung mit der Beschäftigungserlaubnis vom 30. Januar 2017 beendete Berufsausbildung nicht in rechtmäßiger Weise, d.h. in Übereinstimmung mit den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen, wieder aufnehmen, da er über keinen Aufenthaltstitel verfügt, der eine Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beinhaltet (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG), die erteilte Beschäftigungserlaubnis mit Bescheid vom 30. Januar 2017 bestandskräftig widerrufen worden ist und der erneuten Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG entgegen steht. Die in §§ 4 Abs. 2 Satz 3, 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG i.V.m. § 32 Abs. 1 und 2 Nr. 2 BeschV geregelte Freiheit von der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit dispensiert nicht von der erforderlichen Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde, da insoweit nicht anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber abweichend vom Grundsatz des § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG einen unreglementierten Zugang zu Ausbildung eröffnen wollte (vgl. NdsOVG, B.v. 9.12.2016 – 8 ME 184/16 – juris Rn. 6). § 32 BeschV befasst sich nur mit der Frage, ob eine Beschäftigungserlaubnis, die die Ausländerbehörde nach § 4 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG erteilen will, der vorherigen Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf oder aber ohne diese Zustimmung erteilt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2016 – 10 C 16.1790 – juris Rn. 14).

Das Verwaltungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass schon wegen der begangenen vorsätzlichen Straftat eine Ausbildungsduldung nicht erteilt werden kann (vgl. § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG), und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG jedenfalls seit dem im Dezember 2016 eingeleiteten Verfahren zur Passbeschaffung und fraglos auch im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bevorstehen. Es hat – für diesen Zeitpunkt – zutreffend festgestellt, dass die zuständige Ausländerbehörde bereits am 5. Dezember 2016 das Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren als konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet hat. Die Einleitung eines solchen Verfahrens genügt für den Anspruchsausschluss wegen des Bevorstehens konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2016 – 19 CE 16.2025 – juris).

Demgegenüber kann der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen, die begangene vorsätzliche Straftat habe außer Betracht zu bleiben, weil § 60a Abs. 2 Satz 6 AufenthG zum Zeitpunkt der Begehung bzw. Verurteilung noch nicht in Kraft gewesen sei, und die Berufung auf bevorstehende aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG sei im Hinblick auf die seit eineinhalb Jahren absolvierte Berufsausbildung rechtsmissbräuchlich, nicht durchdringen.

Der Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung gemäß der Neufassung des § 60a Abs. 2 Satz 4 bis 6 AufenthG kann für den Antragsteller frühestens mit Inkrafttreten der Regelung am 6. August 2016 entstanden sein (vgl. Art. 5 Nr. 8 des Integrationsgesetzes vom 31.7.2016, BGBl I S. 1939). Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG am 6. August 2016 war der Antragsteller jedoch bereits rechtskräftig wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 15 Euro, mithin zu mehr als dem Doppelten der im Gesetz vorgesehenen Bagatellgrenze, verurteilt, so dass zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf Ausbildungsduldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4, 6 AufenthG entstehen konnte. Nach der gesetzgeberischen Intention soll eine Duldung zur Berufsausbildung nicht erteilt werden bzw. erlöschen, wenn die oder der Auszubildende wegen einer vorsätzlichen Straftat oberhalb der im Gesetz vorgesehenen strafrechtlichen Bagatellgrenze verurteilt wurde (vgl. BT-Drs. 18/8615 S. 48). Damit wird an in der Vergangenheit liegende strafrechtliche Verurteilungen angeknüpft. Indem der Gesetzgeber auch strafrechtliche Verurteilungen nach Aufnahme der Berufsausbildung als rechtsvernichtend ausgestaltet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass das Fehlen von (nicht nur geringfügiger) Straffälligkeit als konstitutive Voraussetzung der Erteilung einer Ausbildungsduldung anzusehen ist.

Der Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG steht auch entgegen, dass spätestens mit den behördlichen Schritten zur Ausstellung von Passersatzpapieren im Dezember 2016 aufenthaltsbeendende Maßnahmen konkret bevorstanden, worüber der Antragsteller ausweislich der Niederschrift vom 5. Dezember 2016 auch belehrt worden ist. Die Tatbestandsvoraussetzung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG, dass „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen“ dürfen, soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Fälle aus dem Anwendungsbereich des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsduldung ausnehmen, in denen die Abschiebung konkret vorbereitet wird, wobei die Gesetzesbegründung die Beantragung eines Pass(ersatz) papiers, die Terminierung der Abschiebung oder ein laufendes Verfahrens zur Dublin-Überstellung als Beispiele aufführt (vgl. BT-Drs. 18/9090 S. 25). Im Falle der Absehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen soll der Durchsetzung der Ausreisepflicht Vorrang eingeräumt werden. Für den Ausschluss einer Duldung zu Ausbildungszwecken kommt es nicht darauf an, dass der Betroffene Kenntnis von den konkret bevorstehenden Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung hat (vgl. OVG Rh-Pf, B.v. 5.1.2017 – 7 B 11589/16 – juris Rn. 7). Dabei kann hier dahinstehen, ob hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts für die Frage, ob Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung konkret bevorstehen, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2016 – 19 CE 16.2025 – juris) oder den der Beantragung der Ausbildungsduldung (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2016 – 11 S. 1991.16 – juris Rn. 19; B.v. 4.1.2017 – 11 S 2301/16 – juris Rn. 17; OVG Berl-Bbg, B.v. 22.11.2016 – OVG 12 S. 61.16 – juris Rn.9) abzustellen ist. Die letztgenannte Auffassung, die mit der Überlegung begründet wird, es entspreche nicht der Intention des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG, der Behörde durch Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu ermöglichen, den Anspruch auf eine Ausbildungsduldung auch längere Zeit nach Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung ohne weiteres durch Einleitung von Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht wieder entfallen zu lassen (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2016, a.a.O, juris Rn. 19; OVG Berl-Bbg, B.v. 22.11.2016, a.a.O., juris Rn. 9), kommt vorliegend deshalb nicht zum Tragen, weil ein Anspruch auf Ausbildungsduldung bereits wegen der strafrechtlichen Verurteilung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen im Januar 2016 – wie ausgeführt – zu keinem Zeitpunkt vorlag. Die behördlichen Schritte vom Dezember 2016 zur Aufenthaltsbeendigung im Wege der Beantragung von Passersatzpapieren haben trotz bereits aufgenommener Berufsausbildung einen Anspruch des Antragstellers auf eine Ausbildungsduldung nicht entfallen lassen und erweisen sich daher auch nicht als rechtsmissbräuchlich. Überdies hat der Antragsteller schon in den Vorjahren an der Passbeschaffung nicht mitgewirkt.

Eine Absehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen war bei dem Antragsteller, der nach Abschluss des Asylerstverfahrens wegen fehlender Identitätspapiere und Reisedokumente jeweils befristete Duldungen nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erhalten hat, spätestens mit der Aufforderung der Behörde zur Beschaffung von Passersatzpapieren am 5. Dezember 2016 gegeben. Der Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen durch die behördlichen Schritte zur Beschaffung von Passersatzpapieren am 5. Dezember 2016 hat kein schutzwürdiges Vertrauen des Antragstellers wegen seines Besitzes einer Verfahrensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG mit der Nebenbestimmung der Gestattung einer Berufsausbildung entgegen gestanden. Die Duldung ist nicht erteilt worden, um dem Antragsteller eine Ausbildung zu ermöglichen, sondern um der tatsächlichen Unmöglichkeit seiner Abschiebung Rechnung zu tragen. Die durch eine Nebenbestimmung zur Duldung erteilte Ausbildungserlaubnis ist vom Bestand der Duldung – und damit vom Fortbestehen des Duldungsgrundes – abhängig gewesen. Der (bestandskräftig gewordene) Widerrufsbescheid vom 30. Januar 2017 hat der Erkenntnis Rechnung getragen, dass die Abschiebung nicht an einer tatsächlichen Unmöglichkeit, sondern an der mangelnden Mitwirkung des Antragstellers bei der Beschaffung von Heimreisepapieren scheitert. Insgesamt ist es auch unter Berücksichtigung der Frage schutzwürdigen Vertrauens nicht zu beanstanden, dass die Behörde dem Vollzug der Ausreisepflicht durch Beschaffung von Passersatzpapieren Vorrang eingeräumt hat, zumal mit dem Rückführungsabkommen der Europäischen Union mit der Islamischen Republik Afghanistan vom 2. Oktober 2016 der Grund der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung für die bislang erteilte Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG entfallen war und Anhaltspunkte für eine aus anderen Gründen zu erteilende Duldung nicht vorlagen.

Vor Inkrafttreten der Neuregelung hat die Vorgängerregelung aufgrund des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 1. August 2015 (BGBl I S. 1386) gegolten. Diese hat eine Ausbildungsduldung nur vor der Vollendung des 21. Lebensjahres vorgesehen. Der Antragsteller hat eine solche Ausbildungsduldung nicht erhalten, denn er war bei Aufnahme seiner Berufsausbildung bereits 23 Jahre alt. Im Übrigen stand die Ausbildungsduldung nach der Vorgängerregelung im Ermessen der Behörde („kann“). Bei einer Entscheidung über eine Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG a.F. wegen dringender persönlicher Gründe – das Interesse des Antragstellers am Abschluss einer Berufsausbildung hätte als dringender persönlicher Grund bewertet werden können – hätte die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers gleichermaßen Berücksichtigung finden müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; in vorläufigen Rechtsschutzverfahren wird der Hauptsachestreitwert halbiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten der Beschwerdeverfahren.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind kosovarische Staatsangehörige albanischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet am ... 2015 stellten die Antragsteller zu 1, 2 und 4 am ... 2015 Asylanträge; die Antragstellerin zu 3 wurde am ... 2016 im Bundesgebiet geboren. Ihre zwischenzeitlich abgeschlossenen Asylverfahren bzw. Asylfolgeverfahren blieben ebenso erfolglos wie eine gegen ihre Abschiebung gerichtete Petition beim ... Landtag.

Mit Bescheiden vom 18. März 2016 wurden die Antragsteller verpflichtet, in der Aufnahmeeinrichtung O. in B. Wohnsitz zu nehmen. Trotz erfolgloser Klagen hiergegen (rechtskräftiges klageabweisendes Urteil v. 3.5.2016) wurde den Antragstellern zu 1 und 2 vom Antragsgegner zur Erlangung von bevorstehenden Schulabschlüssen bis zum 31. Juli 2016 ein weiterer Aufenthalt in G. zugestanden; das Zugeständnis galt auch für die minderjährigen Antragsteller zu 3 und 4.

Die Antragsteller verblieben - ohne behördliche Zustimmung - über den 31. Juli 2016 hinaus in G.; der Antragsteller zu 1 setzte seine am 15. September 2015 an der Altenpflegeakademie B.W. begonnene zweijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Sozialbetreuer fort (vorauss. Ausbildungsende am 31.7.2017). Die Ausbildung umfasst theoretischen Unterricht, Deutschunterricht und in die schulische Ausbildung integrierte Praktika in sozialen Einrichtungen, die unentgeltlich absolviert werden. Die Antragstellerin zu 2 beendete zum 13. Juni 2016 den gemeinsam mit ihrem Ehemann begonnenen Ausbildungsgang zur staatlich geprüften Sozialbetreuerin und begann ab dem 13. September 2016 eine Teilzeitausbildung zur staatlich geprüften Altenpflegefachhelferin (vorauss. Ende am 31.7.2018).

Unter Hinweis auf die laufenden Ausbildungen zu Sozialbetreuern beantragten die Antragsteller zu 1 und 2 mit Schreiben vom 28. März 2016 bei der Ausländerbehörde des Landratsamtes die Erteilung von Duldungen. Nach einem Zuständigkeitswechsel wiederholten sie die Antragstellung am 21. November 2016 gegenüber der Regierung von O.. Die Ausländerbehörde leitete am 28. November 2016 ein Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren ein.

Nach einem (wegen zufälliger Ortsabwesenheit der Antragsteller) erfolglosen Abschiebungsversuch suchten die Antragsteller beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach und beriefen sich zur Begründung auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ausbildungsduldung.

Das Verwaltungsgericht lehnte den vorläufigen Rechtsschutzantrag durch Beschluss vom 9. März 2017 mit der Begründung ab, ein Anspruch auf Ausbildungsduldung sei ausgeschlossen, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorgestanden hätten.

Mit ihrer Beschwerde machen die Antragsteller geltend, es sei nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Anträge auf Duldung seien am 26. März 2016 beim Landratsamt und am 21. November 2016 bei der Regierung gestellt worden. Das Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren sei erst am 28. November 2016 eingeleitet worden; das Petitionsverfahren und das Asylverfahren der Antragstellerin zu 4 seien erst am 7. Dezember 2016 abgeschlossen worden.

Die Antragsteller beantragen,

unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung den Antragstellern vorläufig eine Duldung zu erteilen, und hilfsweise, von Abschiebemaßnahmen Abstand zu nehmen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Aus seiner Sicht können die Antragsteller zu 1 und 2 eine Ausbildungsduldung nicht beanspruchen, weil bei Antragstellung bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorgestanden haben. Der Antrag sei erst am 4. Dezember 2016 und damit nach Einleitung der Beschaffung von Passersatzpapieren bei der Regierung eingegangen.

II.

Die zulässigen Beschwerden haben keinen Erfolg.

Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht eine Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Erteilung einer Duldung oder zum vorläufigen Absehen von einer Abschiebung abgelehnt hat.

Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung von Ausbildungsduldungen nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nicht vorliegen.

Nach der Vorschrift ist eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 dieser Vorschrift nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen und hat bei der Beurteilung dieser Frage auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung abgestellt. Es hat - für diesen Zeitpunkt - zutreffend festgestellt, dass die zuständige Ausländerbehörde bereits am 28. November 2016 das Verfahren zur Beschaffung von Passersatzpapieren als konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet hat. Die Einleitung eines solchen Verfahrens genügt für den Anspruchsausschluss wegen des Bevorstehens konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2016 - 19 CE 16.2025 - juris). Der ausschließlich erhobene Einwand der Antragsteller, es müsse für die Ausbildungsduldung auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt werden, greift dem gegenüber nicht durch.

1. Der Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung kann für den Antragsteller zu 1 frühestens mit Inkrafttreten der Neufassung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG am 6. August 2016 (vgl. Art. 5 Nr. 8 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016, BGBl I S. 1939) entstanden sein, denn nach der Vorgängerfassung aufgrund des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 1. August 2015 (BGBl I S. 1386) ist die Ausbildungsduldung nur vor der Vollendung des 21. Lebensjahres möglich gewesen (der Antragsteller zu 1 war jedoch bereits bei der Einreise 39 Jahre alt). Zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller zu 1 seine Ausbildung bereits aufgenommen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Ausbildung an der Altenpflegeakademie keiner Genehmigung durch die Ausländerbehörde bedurfte (vgl. BA S. 8, Nr. II.1.b). Allein die erfolgte Aufnahme einer Ausbildung auf der Grundlage eines Ausbildungsvertrages genügt jedoch nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass die Ausbildung nach Maßgabe der zu beachtenden aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig erfolgt (vgl. NdsOVG, B.v. 9.12.2016 - 8 ME 184/16 - juris Rn. 6 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

Die Weiterführung der Ausbildung über den 31. Juli 2016 hinaus (bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Regierung einem weiteren Verbleib der Antragsteller in G. zugestimmt) erfolgte nicht rechtmäßig, sondern unter vorsätzlicher Missachtung des ausländerrechtlichen Bescheides der Regierung von O. vom 18. März 2016 und des diesen bestätigenden Urteils des Verwaltungsgerichts R. vom 22. Juni 2016 (Az. RN 4 K 16.30685).

Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem die Klage gegen den Umverteilungsbescheid abweisenden Urteil ausdrücklich mit dem Vorbringen beschäftigt, dass die Antragsteller die Altenpflegeausbildungen absolvieren wollen, und dieses Argument als einer Umverteilung nicht entgegenstehend beurteilt; mit diesem Inhalt ist das Urteil rechtskräftig geworden. Allein der Umstand, dass die Ausländerbehörde den bestandskräftigen Bescheid anschließend nicht - wie im Bescheid angedroht - durch unmittelbaren Zwang vollstreckt hat, macht die Ausbildung ausländerrechtlich nicht rechtmäßig. Durch die behördliche Hinnahme des Aufenthalts in G. nur bis zum 31. Juli 2016 hat der Antragsgegner erkennen lassen, dass er danach auf einer Aufenthaltsbeendigung bestehen wird.

Nach den Gesetzesmaterialien zielt die Neuregelung in § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG nur darauf ab, für die Dauer einer - im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen aufgenommenen - Berufsausbildung mehr Rechtssicherheit für Geduldete und Ausbildungsbetriebe zu schaffen (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Integrationsgesetzes, BT-Drs. 18/8615, S. 26). Ein eigenmächtiges und damit rechtswidriges Verhalten sollte durch diese Regelung nicht begünstigt werden.

2. Bei der Antragstellerin zu 2 liegt nach dem Abbruch der Ausbildung zur Sozialbetreuerin zum 13. Juni 2016 und der Aufnahme einer Teilzeitausbildung zur staatlich geprüften Altenpflegefachhelferin ab dem 13. September 2016 bereits keine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf vor, denn eine solche setzt nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Beschäftigungsverordnung eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren voraus (vgl. hierzu VGH BW, B.v. 20.12.2016 - 11 S 2516/16 - m.w.N.). Nach § 3 Abs. 3 der Schulordnung für die Fachschulen für Altenpflege, für Altenpflegehilfe und für Familienpflege vom 7. November 1985 (GVBl S. 595) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Schulordnung für die Fachschulen für Alten- und Familienpflege vom 12. August 1991 (GVBl S. 310) dauert die Ausbildung in der Altenpflegehilfe in Bayern lediglich 12 Monate.

Dass die Antragstellerin zu 2 ihre Ausbildung in Form der Teilzeit über einen Zeitraum von 2 Jahren absolviert, genügt zur Erfüllung der Voraussetzungen für eine Ausbildungsduldung nicht. Im Übrigen erfolgt auch die Ausbildung der Antragstellerin zu 2 ausländerrechtlich unrechtmäßig, weil sie zur Wohnsitznahme in B. verpflichtet ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Die Zustimmung kann Ausländerinnen und Ausländern für eine qualifizierte Beschäftigung in Berufen auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft erteilt werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer eine durch in den letzten sieben Jahren erworbene, mindestens dreijährige Berufserfahrung nachgewiesene vergleichbare Qualifikation besitzt, die Höhe des Gehalts mindestens 60 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung beträgt und die Ausländerin oder der Ausländer über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt. § 9 Absatz 1 findet keine Anwendung. Im begründeten Einzelfall kann auf den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse verzichtet werden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt das Mindestgehalt nach Satz 1 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. Dezember des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Die Zustimmung kann für Lehrkräfte zur Erteilung muttersprachlichen Unterrichts in Schulen unter Aufsicht der jeweils zuständigen berufskonsularischen Vertretung mit einer Geltungsdauer von bis zu fünf Jahren erteilt werden.

(2) Die Zustimmung kann mit Vorrangprüfung für Spezialitätenköchinnen und Spezialitätenköche für die Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung in Spezialitätenrestaurants mit einer Geltungsdauer von bis zu vier Jahren erteilt werden. Die erstmalige Zustimmung wird längstens für ein Jahr erteilt.

(3) Für eine erneute Beschäftigung nach den Absätzen 1 und 2 darf die Zustimmung nicht vor Ablauf von drei Jahren nach Ablauf des früheren Aufenthaltstitels erteilt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts B-Stadt - 6. Kammer - vom 23. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenschuld abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

2

Die Klägerin ist nach eigenen Angaben aserbaidschanische Staatsangehörige armenischer Volkszugehörigkeit.

3

Ihren Asylantrag lehnte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 24.10.2002 als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen. Diese Entscheidungen sind mit dem Beschluss des OVG M-V vom 17. Juni 2005 (Az.: 3 L 571/04) über die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Schwerin vom 29. Oktober 2004 (Az.: 9 A 2948/02) bestandskräftig geworden.

4

Mit Schreiben vom 29. Juni 2005 beantragte die Klägerin bei dem Landrat des damaligen Landkreises A-Stadt (nachfolgend Beklagter) die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Zur Begründung führte sie unter Verweis auf Art. 6 Abs. 1 GG aus, ihrem Ehemann, Herrn D A., sei der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung eines Asylverfahrens gestattet. Außerdem sei wegen ihrer Herkunft eine Aufenthaltsbeendigung aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht möglich. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle ein nicht zu beendender Aufenthalt durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geregelt werden.

5

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 12. Dezember 2005 ab. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2006 zurück.

6

Die Klägerin hatte bereits zuvor mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2005 Untätigkeitsklage erhoben.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 12. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2006 zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Juni 2010 - 6 A 2137/05 - abgewiesen.

12

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 S. 1 AufenthG. Der Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis stehe § 25 Abs. 5 S. 3 AufenthG entgegen. Die Klägerin habe nicht alles in ihrer Kraft Stehende und ihr Zumutbare unternommen, um Pässe zu bekommen sowie ihre Identität und Staatsangehörigkeit zu klären. So habe die Klägerin in ihrem (behaupteten) Herkunftsstaat einen Rechtsanwalt beauftragen können, für sie Nachforschungen anzustellen und zu versuchen, Geburtsurkunden, Meldebescheinigungen, Schulbescheinigungen, Schulzeugnisse u. ä. zu erhalten. Derartige Bemühungen würden sich nicht als von vornherein aussichtslos und deshalb schlechthin unzumutbar erweisen. Es verhalte sich so, dass die Klägerin weder ihre Identität, noch ihre Staatsangehörigkeit durch Vorlage entsprechender Dokumente belegen könne und sie bislang ihren Mitwirkungs- und Initiativpflichten zur Beschaffung entsprechender Unterlagen nicht nachgekommen sei. Ausländer, die diesen Obliegenheiten und Mitwirkungspflichten nicht nachkommen würden, hätten die sich aus ihrem Verhalten ergebenden Nachteile grundsätzlich hinzunehmen und könnten nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten.

13

Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet sich die Klägerin mit ihrer durch den ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses ihres Bevollmächtigten am 28. November 2012 zugestellten Beschluss des Senats vom 20. November 2012 zugelassenen Berufung.

14

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte zuvor mit Bescheid vom 5. Januar 2012 festgestellt, dass für den Ehemann der Klägerin wegen dessen Erkrankung die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Armenien und Aserbaidschan vorliegen und den Bescheid des damaligen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 24.10.2002 insoweit aufgehoben. Dem Ehemann der Klägerin war daraufhin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt worden.

15

Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin im Wesentlichen aus, sie habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Jedenfalls habe sie Anspruch darauf, ermessensfehlerfrei beschieden zu werden. Sie lebe mit ihrem schwer kranken Ehemann, der sich erlaubt in Deutschland aufhalte, in ehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Hieraus ergebe sich ein rechtliches Ausreisehindernis aus Art. 6 Abs. 1 GG, 8 Abs. 1 EMRK. Dieses Ausreisehindernis habe die Klägerin nicht zu vertreten. Ihr und ihrem Ehemann könne auch nicht angesonnen werden, die eheliche Lebensgemeinschaft in Armenien oder Aserbaidschan zu führen. Das festgestellte Abschiebungsverbot führe auch dazu, dass eine freiwillige Ausreise dorthin als nicht zumutbar anzusehen sei.

16

Auch § 5 AufenthG stehe dem nicht entgegen. Im vorliegenden Fall liege eine atypische Konstellation vor, die bereits zur Unanwendbarkeit des § 5 Abs. 1 AufenthG insgesamt führe. Selbst wenn § 5 AufenthG anwendbar wäre, so führe die nicht abschließend dokumentierte Identität der Klägerin nicht dazu, dass von der Aufenthaltserlaubniserteilung abgesehen werden könne. Wenn der Beklagte meine, konkrete Handlungspflichten diesbezüglich auferlegen zu wollen, so sei dies durch gesonderte Verfügung festsetzbar und gegebenenfalls zu vollstrecken. Die abstrakte Möglichkeit, in Aserbaidschan einen Rechtsanwalt zu beauftragen, sei nicht zielführend. Vielmehr müsse exakt angegeben werden, mit welchem konkreten Auftrag dann ein solcher Rechtsanwalt betraut werden solle.

17

Die Klägerin beantragt,

18

das Urteil des Verwaltungsgerichts B-Stadt vom 23. Juni 2010 - 6 A 2137/05 – abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landrates des Landkreises A-Stadt vom 12. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2006 zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Er hält auch nach der Feststellung eines Abschiebungshindernisses in Bezug auf den Ehemann der Klägerin und der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG an diesen an seiner Entscheidung über die Ablehnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis fest und weist unter Verweis auf seine Ausführungen im Berufungszulassungsverfahren u. a. darauf hin, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG nicht vorlägen. Entsprechend § 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG könne in Fällen der Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen in atypischen Fällen abgesehen werden. Aus diesem Grund erscheine auch das Beharren auf der Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wegen des Alters der Klägerin und der Tatsache, dass sie ihren Ehemann pflege, als nicht sachgerecht, so dass im Rahmen des eingeräumten Ermessens davon abgesehen werden könne. Nach wie vor sei jedoch auch die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG nicht erfüllt, weil die Identität der Klägerin nicht geklärt sei. Es seien keine Bemühungen nachgewiesen, die belegten, dass eine Identitätsklärung vorangetrieben werde. Derartige Bemühungen seien der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihres Alters zumutbar, da sie sich insoweit Hilfen bedienen könne. Der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und damit dem auf Grund des Abschiebungsschutzes des Ehemannes gewünschten Aufenthalt der Klägerin werde dadurch Rechnung getragen, dass von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen werde und der Klägerin großzügig Duldungen ausgestellt würden.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens, der beigezogenen Akten des Asylverfahrens des Ehemannes der Klägerin, VG Schwerin, Az.: 9 A 2795/02 As, den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2014 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung hat keinen Erfolg.

24

Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründung ist am 27. Dezember 2012 fristgerecht eingegangen; sie enthält einen bestimmten Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 a Abs. 3 S. 3 bis 5, Abs. 6 VwGO).

25

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu Recht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerin greifen - auch nachdem ihrem Ehemann nach § 25 Abs. 3 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist - nicht durch. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz noch darauf, dass der Beklagte über ihren Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).

26

Als mögliche Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin kommt die Vorschrift des § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht. Danach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis (aus humanitären Gründen) erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt. Diese Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis liegen bei der Klägerin unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes ihres Ehemannes zwar vor. Die vollziehbar ausreisepflichtige Klägerin ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unverschuldet an der Ausreise gehindert, weil sowohl ihrer Abschiebung als auch ihrer freiwilligen Ausreise rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen oder als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 –, zit. n. juris, Rn. 15 ff.). Zu derartigen Ausreisehindernissen zählen auch inlandsbezogene Abschiebungsverbote, die sich aus Verfassungsrecht oder aus Völkervertragsrecht herleiten. Bei der Klägerin ist die Abschiebung bzw. ihre freiwillige Ausreise mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 8 EMRK unzumutbar.

27

Hierzu hat der BayVGH in seinem Urteil vom 11. März 2014 - 10 B 11.978 -, zit. n. juris, Rn. 41 folgendes ausgeführt:

28

„Allerdings gewährt weder das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG noch das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK einen unmittelbaren Anspruch eines Ausländers auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Jedoch verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V. mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1.12.2008 – 2 BvR 1830/08 –, zit. n. juris, Rn. 26). Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalls geboten. Kann die bereits im Bundesgebiet gelebte Lebensgemeinschaft zwischen dem Ausländer und seinem Kind aber nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, weil weder dem Kind noch seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück (BVerfG, B.v. 23.1.2006 – 2 BvR 1935/05 – juris Rn. 17)“.

29

Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Angewendet auf den vorliegenden Fall ergibt die vorzunehmende Einzelfallprüfung, dass die Klägerin an der Ausreise gehindert ist. Die Klägerin lebt in ehelicher Lebensgemeinschaft mit ihrem schwer erkrankten Ehemann zusammen, für den das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland wegen der Gefahr einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung unzumutbar ist. Ausweislich der vorliegenden medizinischen Unterlagen leidet der Ehemann u. a. an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung mit chronischer respiratorischer Insuffizienz sowie an einem Gehirnblutgefäßtumor. Neben der Einnahme von Medikamenten ist er auf eine Sauerstofflangzeittherapie und nächtliche Bipap-Maskenbeatmung angewiesen. Mangels anderweitiger Erkenntnisse geht der Senat davon aus, dass der Ehemann tägliche Unterstützung durch die Klägerin bei der Bewältigung der Folgen seiner Erkrankung erfährt und dieser Unterstützung auch bedarf. Auch der Beklagte geht offensichtlich davon aus, dass die Klägerin ihren Ehemann pflegt, weshalb er eine Verpflichtung der Klägerin zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verneint. In Anbetracht dieser Situation und des fortgeschrittenen Alters der Eheleute - 71 und 73 Jahre – erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass sich der Gesundheitszustand des Ehemannes auch bei einer nur vorübergehenden Trennung der Eheleute nachhaltig verschlechtern könnte. Die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann kann deshalb derzeit nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden. Mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Senats in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Damit ist die Unzumutbarkeit der Ausreise nicht nur als vorübergehend anzusehen.

30

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG kommt dann nicht in Betracht, wenn der Ausländer verschuldet an der Ausreise gehindert ist (vgl. § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG). Verschuldet im Sinne eines pflichtwidrigen Fehlverhaltens der Klägerin ist das oben dargestellte Ausreisehindernis nicht, unabhängig davon, dass bei der Klägerin ein weiteres Ausreisehindernis wegen ihrer Passlosigkeit vorliegt, welches sie zu vertreten hat.

31

Gleichwohl hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Voraussetzung dafür wäre u. a. das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist, 1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, 2. kein Ausweisungsgrund vorliegt, 3. soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und 4. die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung darauf hingewiesen, dass die Identität/Staatsangehörigkeit der Klägerin nicht geklärt ist. Die Klägerin erfüllt derzeit mehrere Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nicht.

32

Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliegt sie auch dem persönlichen Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 AufenthG. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf ihre besondere Lebenssituation verweist, ist dies im Rahmen des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu würdigen.

33

Nach dieser Vorschrift kann von den Voraussetzungen das § 5 Abs. 1 AufenthG im Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG abgesehen werden. Der Beklagte hat von dem ihm insoweit zustehenden Ermessen für ein Absehen von den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Beklagte hat zunächst mit Blick auf die familiäre Situation der Klägerin auf die Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts durch die Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verzichtet. Er weist aber zutreffend darauf hin, dass die Identität, Staatsangehörigkeit und Herkunft der Klägerin nicht geklärt ist und keinerlei Mitwirkung der Klägerin an der Identitätsklärung erkennbar ist. Zu den von dem Ausländer geforderten Mitwirkungshandlungen gehört es, dass er bezüglich seiner Identität und Staatsangehörigkeit zutreffende Angaben macht, an allen (zumutbaren) Handlungen mitwirkt, die die Behörden von ihm verlangen und ihm mögliche und bekannte Schritte in die Wege leitet, die geeignet sind, seine Identität und Staatsangehörigkeit nachzuweisen, auch wenn die Ausländerbehörde ihm dies nicht konkret vorgibt (Mitwirkungs- und Initiativpflicht). Zu den hier denkbaren Pflichten gehört etwa die Beschaffung von Identitätsnachweisen im Ausland über Dritte, wie z. B. über einen Rechtsanwalt im Herkunftsland (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschl. v. 23.10.2008 - 2 L 222/07 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 10.03.2009 - 1 B 4/09 -; Beschl. v. 18.03.2010 - 2 O 140/09 -, zit. n. juris; Beschl. v. 27.12.2010 - 2 L 56/09 -, zit. n. juris; Urt. v. 26.03.2014 - 2 L 128/11 -). Das Vorliegen von Identitätsnachweisen ist regelmäßig Voraussetzung zur Erlangung der für eine Ausreise notwendigen Reisedokumente bei den Auslandsvertretungen der jeweiligen Heimatstaaten und darüber hinaus gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG entgegen der Auffassung der Klägerin auch für den Fall des § 25 Abs. 5 AufenthG Regelerteilungsvoraussetzung für einen Aufenthaltstitel (vgl. BVerwG, Beschl. V. 07.05.2013 - 1 B 2/13 -, zit. n. juris). Diesen Mitwirkungspflichten zur Feststellung ihrer Identität und Staatsangehörigkeit ist die Klägerin bisher nicht nachgekommen, obwohl dazu Veranlassung bestanden hätte, weil - wie die Klägerin selbst ausführt - ihre Identität und Staatsangehörigkeit bisher nicht dokumentiert ist. Solche Bemühungen wären für die Klägerin auch zumutbar, weil sie auch die Hilfe des Beklagten dafür in Anspruch nehmen könnte. Aus diesem Grund ist die Entscheidung des Beklagten, der Klägerin trotz des Vorliegens eines von ihr nicht zu vertretenden Abschiebungshindernisses keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG unter Verzicht auf die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG zu erteilen, nicht zu beanstanden. Das Grundrecht der Klägerin auf Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG und das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK werden durch diese Entscheidung nicht verletzt, weil die Abschiebung der Klägerin gemäß § 60 a Abs. 2 S. 1 AufenthG auszusetzen ist, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Das Recht der Klägerin auf Wahrung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft wird so gewahrt. Erfüllt die Klägerin zukünftig die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG oder hat sie die Nichterfüllung nicht (mehr) zu vertreten, so wird ihr bei im Übrigen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen die begehrte Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen sein.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

36

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Ein Ausländer ist verpflichtet,

1.
seinen Pass, seinen Passersatz oder seinen Ausweisersatz und
2.
seinen Aufenthaltstitel oder eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung
auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist. Ein deutscher Staatsangehöriger, der zugleich eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, ist verpflichtet, seinen ausländischen Pass oder Passersatz auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, wenn
1.
ihm nach § 7 Absatz 1 des Passgesetzes der deutsche Pass versagt, nach § 8 des Passgesetzes der deutsche Pass entzogen worden ist oder gegen ihn eine Anordnung nach § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes ergangen ist, wenn Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer beabsichtigt, das Bundesgebiet zu verlassen oder
2.
die Voraussetzungen für eine Untersagung der Ausreise nach § 10 Absatz 1 des Passgesetzes vorliegen und die Vorlage, Aushändigung und vorübergehende Überlassung des ausländischen Passes oder Passersatzes zur Durchführung oder Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich sind.

(2) Ein Ausländer, der einen Pass oder Passersatz weder besitzt noch in zumutbarer Weise erlangen kann, genügt der Ausweispflicht mit der Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung, wenn sie mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen und als Ausweisersatz bezeichnet ist.

(3) Besitzt der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken sowie alle Urkunden, sonstigen Unterlagen und Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Kommt der Ausländer seiner Verpflichtung nicht nach und bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist, können er und die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden. Der Ausländer hat die Maßnahme zu dulden.

(3a) Die Auswertung von Datenträgern ist nur zulässig, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat nach Maßgabe von Absatz 3 erforderlich ist und der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch die Auswertung von Datenträgern allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. Der Ausländer hat die notwendigen Zugangsdaten für eine zulässige Auswertung von Datenträgern zur Verfügung zu stellen. Die Datenträger dürfen nur von einem Bediensteten ausgewertet werden, der die Befähigung zum Richteramt hat. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch die Auswertung von Datenträgern erlangt werden, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen.

(4) Wird nach § 5 Abs. 3 oder § 33 von der Erfüllung der Passpflicht (§ 3 Abs. 1) abgesehen, wird ein Ausweisersatz ausgestellt. Absatz 3 bleibt hiervon unberührt.

(1) Der Ausländer ist verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse, sonstige erforderliche Bescheinigungen und Erlaubnisse sowie sonstige erforderliche Nachweise, die er erbringen kann, unverzüglich beizubringen. Die Ausländerbehörde kann ihm dafür eine angemessene Frist setzen. Sie setzt ihm eine solche Frist, wenn sie die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen fehlender oder unvollständiger Angaben aussetzt, und benennt dabei die nachzuholenden Angaben. Nach Ablauf der Frist geltend gemachte Umstände und beigebrachte Nachweise können unberücksichtigt bleiben. Der Ausländer, der eine ICT-Karte nach § 19b beantragt hat, ist verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde jede Änderung mitzuteilen, die während des Antragsverfahrens eintritt und die Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Erteilung der ICT-Karte hat.

(2) Absatz 1 findet im Widerspruchsverfahren entsprechende Anwendung.

(3) Der Ausländer soll auf seine Pflichten nach Absatz 1 sowie seine wesentlichen Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz, insbesondere die Verpflichtungen aus den §§ 44a, 48, 49 und 81 hingewiesen werden. Im Falle der Fristsetzung ist er auf die Folgen der Fristversäumung hinzuweisen.

(4) Soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, kann angeordnet werden, dass ein Ausländer bei der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint sowie eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit durchgeführt wird. Kommt der Ausländer einer Anordnung nach Satz 1 nicht nach, kann sie zwangsweise durchgesetzt werden. § 40 Abs. 1 und 2, die §§ 41, 42 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Bundespolizeigesetzes finden entsprechende Anwendung.

(5) Der Ausländer, für den nach diesem Gesetz, dem Asylgesetz oder den zur Durchführung dieser Gesetze erlassenen Bestimmungen ein Dokument ausgestellt werden soll, hat auf Verlangen

1.
ein aktuelles Lichtbild nach Maßgabe einer nach § 99 Abs. 1 Nr. 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung vorzulegen oder bei der Aufnahme eines solchen Lichtbildes mitzuwirken und
2.
bei der Abnahme seiner Fingerabdrücke nach Maßgabe einer nach § 99 Absatz 1 Nummer 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung mitzuwirken.
Das Lichtbild und die Fingerabdrücke dürfen in Dokumente nach Satz 1 eingebracht und von den zuständigen Behörden zur Sicherung und einer späteren Feststellung der Identität verarbeitet werden.

(6) Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 3 oder 4 sind, sind verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis mitzuteilen, dass die Ausbildung oder die Erwerbstätigkeit, für die der Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet wurde. Der Ausländer ist bei Erteilung des Aufenthaltstitels über seine Verpflichtung nach Satz 1 zu unterrichten.

Tatbestand

1

Die nach eigenen Angaben 1993 geborene Klägerin begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden).

2

Der Vater der Klägerin kam im Jahr 2000 nach Deutschland. Die Klägerin, ihre Mutter und ein Bruder folgten Anfang 2002. 2006 wurde im Bundesgebiet ein weiterer Bruder geboren. Asylanträge, die damit begründet wurden, dass die Familie aus Aserbaidschan stamme, sie teils armenischer, teils aserischer Volkszugehörigkeit seien und nach mehrjährigem Zwischenaufenthalt in Georgien nunmehr im Bundesgebiet Schutz suchten, blieben ohne Erfolg. Eine vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegen die Klägerin verfügte Abschiebungsandrohung wurde im Klageverfahren aufgehoben, soweit ihr die Abschiebung nach Aserbaidschan angedroht worden war.

3

Nach Abschluss der Asylverfahren wurde die Familie wegen ungeklärter Identität und Staatsangehörigkeit im Bundesgebiet geduldet. 2009 wurde der Vater der Klägerin zu einer Geldstrafe verurteilt, weil eine von ihm vorgelegte Geburtsurkunde nach den Ermittlungen der Ausländerbehörde für eine andere, in Armenien lebende Person ausgestellt worden war. Im November 2006 stellten die Klägerin und ihre Familie Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und erhoben im Dezember 2007 Untätigkeitsklagen.

4

Mit Urteil vom 18. August 2011 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a Abs. 1 AufenthG zu erteilen; die Klagen der übrigen Familienangehörigen wurden rechtskräftig abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 27. März 2012 die die Klägerin betreffende Entscheidung geändert und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden; im Übrigen hat es ihre Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klägerin habe nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Ihr vor Inkrafttreten des § 25a AufenthG gestellter und in der mündlichen Verhandlung wiederholter Antrag erfasse auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift. Diese bilde zusammen mit der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG einen einheitlichen Streitgegenstand. Die Klägerin erfülle zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Auch stehe § 25a Abs. 1 Satz 3 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen. Täuschungshandlungen ihrer Eltern dürften der Klägerin bei § 25a Abs. 1 AufenthG nicht zugerechnet werden. Eine eigene Täuschung über ihre Identität und Staatsangehörigkeit liege nicht vor. Die Verletzung eigener Mitwirkungspflichten nach Eintritt der Volljährigkeit könne nur im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden. Die Klägerin erfülle aber nicht die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG (Klärung der Identität und Staatsangehörigkeit) und des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (Passpflicht). Weder dem Wortlaut noch dem Normzweck des § 25a AufenthG sei zu entnehmen, dass von diesen Voraussetzungen generell suspendiert werde. Das Ziel des Gesetzgebers, gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden unter bestimmten Voraussetzungen einen legalen Aufenthalt zu ermöglichen, stelle nicht das öffentliche Interesse an der Klärung der Identität und der Staatsangehörigkeit sowie an der Erfüllung der Passpflicht in Frage. Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Die Klägerin mache lediglich geltend, die Eltern hätten ihre Identität und ihre Personalien korrekt angegeben, was offensichtlich nicht zutreffe. Bei humanitären Aufenthaltstiteln könne nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aber im Ermessenswege von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen abgesehen werden. Diesbezüglich habe der Beklagte bislang keine Entscheidung getroffen. Die Ermessensbetätigung sei weder zu Gunsten noch zu Lasten der Klägerin vorgezeichnet. Eine Ermessensreduzierung zu ihren Gunsten ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 8 EMRK. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Recht auf Familien- und Privatleben liege nicht vor. Die Klägerin habe die ersten Jahre ihrer Kindheit nicht in Deutschland verbracht. Sie habe als Muttersprache Armenisch gelernt und könnte im Familienverband zurückkehren. Eine fehlende Mitwirkung der Klägerin seit Volljährigkeit dürfe der Beklagte im Grundsatz in die Ermessenserwägungen mit einstellen. Diese wiege aber nicht so schwer, dass die Entscheidung zu Lasten der Klägerin vorgezeichnet wäre. Bei der Ermessensausübung sei auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht gehindert wäre, die Ausreisepflicht der übrigen Familienmitglieder durchzusetzen. Vor allem sei aber die beachtliche Integrationsleistung der Klägerin mit dem gerade im Rahmen von § 25a AufenthG bedeutsamen Gewicht zu würdigen. Sie habe, obwohl sie bei Einreise über keine Deutschkenntnisse verfügt habe, den Weg von der Grundschule über die Realschule bis ins Gymnasium geschafft. Neben dem Realschulabschluss könne sie exzellente Deutschkenntnisse vorweisen. Nach ihrem Vorbringen besuche sie weiterhin das Gymnasium, um dieses mit dem Abitur abzuschließen. Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG fehle es hingegen schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen.

5

Die Klägerin begehrt mit der vom Senat zugelassenen Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Zur Begründung macht sie geltend, bei § 25a Abs. 1 AufenthG handele es sich um eine abschließende Sonderregelung, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG fänden daher keine Anwendung. Das in § 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG eröffnete Ermessen sei zu ihren Gunsten reduziert, weil ihr die Vorlage eines gültigen Reisepasses ohne Mitwirkung der Eltern nicht möglich sei.

6

Der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verteidigen die angegriffene Entscheidung.

7

Während des Revisionsverfahrens hat das armenische Außenministerium die armenische Staatsangehörigkeit der Familie bestätigt und ihrer Rückübernahme nach Armenien zugestimmt. Mit Bescheid vom 10. Mai 2012 hat der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG abgelehnt.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Begehren der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG. Bei sachdienlicher Auslegung erfasste der im November 2006 bei der Ausländerbehörde gestellte Antrag alle in Betracht kommenden Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen). Damit erstreckte er sich - unter den hier gegebenen Umständen - nicht nur auf § 25 Abs. 5 AufenthG, sondern auch auf die während des gerichtlichen Verfahrens in Kraft getretene Regelung in § 25a Abs. 1 AufenthG, ohne dass es insoweit - wie vom Berufungsgericht vorsorglich veranlasst - einer erneuten Antragstellung bedurfte.

10

Die Klägerin hat ihre Revision aber nur damit begründet, dass sie hinsichtlich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG nicht lediglich einen Bescheidungs-, sondern einen Erteilungsanspruch habe. Soweit das Berufungsgericht einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG abgelehnt hat, wurde dies mit der Revision nicht angegriffen. Insoweit ist das Urteil des Berufungsgerichts in Rechtskraft erwachsen. Da sich beide Aufenthaltstitel in den Rechtsfolgen unterscheiden, handelt es sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - um unterschiedliche Streitgegenstände (so im Ergebnis auch Senatsurteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 22.09 - BVerwGE 138, 336 = Buchholz 402.242 § 104a AufenthG Nr. 7 jeweils Rn. 20 zum Verhältnis der Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu den übrigen Aufenthaltserlaubnissen nach Kapitel 2 Abschnitt 5).

11

Aufenthaltsrechtliche Unterschiede ergeben sich vor allem bei einer späteren Verlängerung. Auf diese finden nach § 8 Abs. 1 AufenthG dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung. Da beide Aufenthaltstitel eigenen Tatbestandsvoraussetzungen unterliegen, hängt damit auch eine spätere Verlängerung von unterschiedlichen Voraussetzungen ab. Die Klägerin könnte nach Ablauf der Gültigkeit des einen Aufenthaltstitels statt dessen Verlängerung auch nicht die Erteilung des anderen Aufenthaltstitels beantragen. Denn die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG setzt die vollziehbare Ausreisepflicht des Ausländers voraus und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG kann nur einem geduldeten Ausländer erteilt werden. Ein späterer Wechsel von dem einen auf den anderen Aufenthaltstitel ist damit ausgeschlossen. Außerdem kann der Aufenthalt von Familienangehörigen des Ausländers nur bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG unter den erleichterten Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 und 3 AufenthG legalisiert werden. Zudem haben beide Aufenthaltstitel unterschiedliche sozialrechtliche Wirkungen. Der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhält Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG). Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG ist hingegen in § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG nicht erwähnt und vermittelt damit eine Leistungsberechtigung nach dem SGB II oder XII. Damit stellt die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG wegen ihrer - regelmäßig günstigeren - Rechtsfolgen gegenüber der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG einen eigenständigen Streitgegenstand dar.

12

2. Die Klägerin hat - über den vom Berufungsgericht zugesprochenen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hinaus - keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG.

13

Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr, vgl. Urteile vom 16. Juni 2004 - BVerwG 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88> = Buchholz 402.240 § 19 AuslG Nr. 10 S. 4 f. m.w.N. und vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 = Buchholz 402.242 § 32 AufenthG Nr. 4 jeweils Leitsatz 3 und Rn. 37 ff.). Spätere Rechtsänderungen sind im Revisionsverfahren zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.> = Buchholz § 73 AsylVfG Nr. 15 S. 32). Das Begehren der Klägerin ist daher an dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86) zu messen. Hierdurch haben sich die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften aber nicht geändert.

14

Nach § 25a Abs. 1 AufenthG kann einem geduldeten Ausländer, der in Deutschland geboren wurde oder vor Vollendung des 14. Lebensjahres eingereist ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn (1.) er sich seit sechs Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält, (2.) er seit sechs Jahren erfolgreich im Bundesgebiet eine Schule besucht oder in Deutschland einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat und (3.) der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird, sofern gewährleistet erscheint, dass er sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Solange sich der Jugendliche oder der Heranwachsende in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung oder einem Hochschulstudium befindet, schließt die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht aus. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist zu versagen, wenn die Abschiebung aufgrund eigener falscher Angaben des Ausländers oder aufgrund seiner Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit ausgesetzt ist.

15

a) Die Klägerin erfüllt nach den - von den Beteiligten nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Klarstellend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass es für eine Antragstellung innerhalb des Zeitfensters des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ausreicht, wenn der Betroffene - wie hier - vor Vollendung des 15. Lebensjahres einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gestellt hat und das Verfahren über dieses Begehren bei Vollendung des 21. Lebensjahres noch nicht abgeschlossen war. In diesem Fall gibt der Ausländer mit der Fortführung des Verfahrens zu erkennen, dass er an seinem Antrag festhält und sich dieser - nach Inkrafttreten der Neuregelung - nunmehr auch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG erstreckt, ohne dass es einer erneuten Antragstellung bedarf.

16

b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der zwingende Versagungsgrund des § 25a Abs. 1 Satz 3 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegensteht. Er erfasst nur Fälle, in denen die Abschiebung ausgesetzt ist, weil der Ausländer selbst falsche Angaben gemacht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht hat. Täuschungsverhalten der Eltern wird nicht zugerechnet (BTDrucks 17/5093 S. 16). Erforderlich ist ein aktives Handeln; allein das passive Fortwirkenlassen früherer Angaben der Eltern durch Schweigen oder eine Verletzung gesetzlicher Mitwirkungspflichten reicht nicht aus, ist von der Ausländerbehörde aber im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen. Das Handeln muss zudem schuldhaft sein, also auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen, und für die Aussetzung der Abschiebung ursächlich sein.

17

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin nicht selbst über ihre Identität und ihre Staatsangehörigkeit getäuscht, insbesondere hat sie die durch die Täuschung ihres Vaters bewirkte Unklarheit über ihre Identität und Staatsangehörigkeit nach Eintritt der Volljährigkeit nicht durch eigenes aktives Handeln aufrechterhalten. Ihr ist lediglich vorzuwerfen, dass sie auf die Aufforderung des Beklagten, bis zum 30. Dezember 2011 einen gültigen Reisepass vorzulegen, nicht reagiert und nicht nachvollziehbar dargelegt hat, warum sie diese Aufforderung nicht erfüllen kann und zumutbare Maßnahmen zur Klärung ihrer Identität und Staatsangehörigkeit nicht zur Verfügung stehen. Diese Verletzung ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflichten nach § 48 Abs. 3 und § 82 Abs. 1 AufenthG steht eigenen Falschangaben oder Täuschungshandlungen nicht gleich.

18

c) Die Klägerin erfüllt im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Berufungsgericht aber nicht die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a und 4 AufenthG. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass die Identität und, falls der Ausländer nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit geklärt ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG) und die Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllt wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG). Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass nach der Erklärung des armenischen Außenministeriums inzwischen zumindest eine Rückkehrberechtigung in einen anderen Staat besteht, fehlt es weiterhin an der Klärung ihrer Identität und der Erfüllung der Passpflicht. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a und 4 AufenthG auch bei der Erteilung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG Anwendung finden.

19

aa) Gegenteiliges ist dem Wortlaut des § 25a Abs. 1 AufenthG nicht zu entnehmen. In § 25a Abs. 1 Satz 2 AufenthG findet sich lediglich hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts eine - den Ausländer begünstigende - Sonderregelung gegenüber § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Diese gilt auch nur in bestimmten Sachverhaltskonstellationen. Schließt die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG nicht aus, solange sich der Jugendliche oder der Heranwachsende in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung oder einem Hochschulstudium befindet, spricht dies im Umkehrschluss dafür, dass es im Übrigen bei der allgemeinen Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und damit bei der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen verbleibt.

20

Auch der Regelung in § 25a Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist nicht zu entnehmen, dass zumindest § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG verdrängt wird. § 25a Abs. 1 Satz 3 AufenthG statuiert bei einem bestimmten, dem Ausländer vorwerfbaren Verhalten einen zwingenden Versagungsgrund, der weder in Ausnahmefällen noch im Ermessenswege überwunden werden kann. Demgegenüber finden sich in § 5 Abs. 1 AufenthG allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, an deren Einhaltung grundsätzlich bei jeder Aufenthaltslegalisierung ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Feststellung der Identität, mit der sowohl eine entsprechende Aufklärungspflicht der Ausländerbehörde (§ 49 Abs. 3 AufenthG) als auch eine entsprechende Mitwirkungspflicht des Ausländers (§ 48 Abs. 3 AufenthG) korrespondiert. Denn es besteht ein gewichtiges staatliches Interesse an der Individualisierung der Personen, denen ein Aufenthaltstitel erteilt wird. § 25a Abs. 1 Satz 3 AufenthG führt gegenüber § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG insofern zu einer Verschärfung als in Fällen, in denen die Abschiebung aufgrund eigener Falschangaben oder Täuschungshandlungen des Ausländers ausgesetzt ist, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG zwingend zu versagen ist. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass in allen anderen Fällen, in denen die Identität oder Staatsangehörigkeit des Jugendlichen oder des Heranwachsenden ungeklärt ist, § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG keine Anwendung finden soll.

21

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass § 25a Abs. 2 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Eltern oder einen allein personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG besitzt, (u.a.) davon abhängig macht, das der Lebensunterhalt der Eltern bzw. des Elternteils eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert ist (§ 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Dem ist lediglich zu entnehmen, dass die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts durch Erwerbstätigkeit bei der Erstreckung der Aufenthaltslegalisierung auf die Eltern des Ausländers nach § 25a Abs. 2 AufenthG eine zwingende Erteilungsvoraussetzung darstellt, von der weder über § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bei Vorliegen eines Ausnahmefalls abzusehen ist noch über § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege abgesehen werden kann. Aus dieser Verschärfung bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG kann nicht auf eine Absicht des Gesetzgebers geschlossen werden, er habe in allen anderen von § 25a AufenthG geregelten Fällen auf die Anwendung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gänzlich verzichten wollen. Erst recht ergibt sich aus dieser Regelung nichts für eine Nichtanwendung der weiteren in § 5 AufenthG enthaltenen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen.

22

bb) Enthält § 25a AufenthG keinen eindeutigen Hinweis für eine Suspendierung von den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a und 4 AufenthG, sprechen vor allem systematische Gründe für deren Anwendung bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG. § 5 AufenthG findet sich im Zweiten Kapitel (Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet) im Ersten Abschnitt unter der Überschrift "Allgemeines". Nach der Konzeption des Aufenthaltsgesetzes enthält die Vorschrift allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, die von so grundlegendem staatlichen Interesse sind (BTDrucks 15/420 S. 69 f.), dass der Gesetzgeber sie "vor die Klammer" gezogen hat. Sie gelten für alle weiteren Abschnitte des Zweiten Kapitels und damit für jede Erteilung eines Aufenthaltstitels. Fälle, in denen von der Anwendung ganz oder zumindest hinsichtlich einzelner Erteilungsvoraussetzungen zwingend abzusehen ist oder im Ermessenswege abgesehen werden kann, hat der Gesetzgeber beim jeweiligen Aufenthaltstitel ausdrücklich kenntlich gemacht (vgl. § 18a Abs. 3, § 27 Abs. 3 Satz 2, § 28 Abs. 1 Satz 2 bis 4, § 29 Abs. 2 und 4 Satz 1, § 30 Abs. 3, § 33 Satz 1, § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1, § 38 Abs. 3, § 104a Abs. 1 Satz 1 und § 104b AufenthG). Gleichzeitig hat er in § 5 Abs. 1 AufenthG bestimmt, dass die dort genannten Voraussetzungen (nur) in der Regel vorliegen müssen. Außerdem hat er in § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG Sonderregelungen getroffen, wann bei einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 von der Anwendung des § 5 Abs. 1 AufenthG insgesamt oder zumindest hinsichtlich einzelner Erteilungsvoraussetzungen abgesehen werden muss oder im Ermessenswege abgesehen werden kann. Mit diesen Sonderregelungen hat er dem Umstand Rechnung getragen, dass bei der Aufenthaltsgewährung aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen die Erteilung eines Aufenthaltstitel in bestimmten Fällen typischerweise nicht von der Einhaltung aller Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG abhängig gemacht werden kann, und in allen anderen Fällen die Ausländerbehörden über die Möglichkeit, im Ermessenswege von der Einhaltung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen abzusehen, zu einer Einzelfallwürdigung verpflichtet. Dies lässt ein ausdifferenziertes und damit abschließendes Regelungswerk erkennen und zeigt, dass der Gesetzgeber auch hinsichtlich der Anwendbarkeit der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen auf humanitäre Aufenthaltstitel, zu denen die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG gehört, eine in sich geschlossene Regelung geschaffen hat (vgl. Urteil vom 22. Mai 2012 - BVerwG 1 C 8.11 - BVerwGE 143, 138 = Buchholz 402.242 § 5 AufenthG Nr. 10 jeweils Rn. 16).

23

cc) Auf dieses Regelungssystem hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien bei § 25a Abs. 1 AufenthG zurückgegriffen. Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften vom 23. Juni 2011 (BGBl I S. 1266) mit Wirkung zum 1. Juli 2011 nachträglich in das Aufenthaltsgesetz eingefügt. Sie geht zurück auf einen Änderungsantrag des Bundesrats (BRDrucks 704/10 S. 1), der vom Innenausschuss des Bundestags aufgegriffen wurde (BTDrucks 17/5093 S. 6). Dabei ging der Innenausschuss in der Begründung der von ihm empfohlenen - und später Gesetz gewordenen - Änderung davon aus, dass auch bei diesem Aufenthaltstitel die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG grundsätzlich erfüllt sein müssen. Es sollte lediglich von der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts während der Zeit der schulischen und beruflichen Ausbildung oder des Studiums abgesehen werden. Hinsichtlich der hier streitigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a und 4 AufenthG wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch in Fällen, in denen kein eigenes Täuschungsverhalten des Geduldeten und damit kein zwingender Versagungsgrund vorliege, die Titelerteilung entsprechend den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen davon abhänge, dass die Identität des Ausländers geklärt sei und der Passpflicht nachkommen werde (BTDrucks 17/5093 S. 15 f.).

24

dd) Sinn und Zweck des § 25a Abs. 1 AufenthG stehen der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a und 4 AufenthG nicht entgegen. § 25a Abs. 1 AufenthG eröffnet geduldeten Jugendlichen und Heranwachsenden eine eigene gesicherte Aufenthaltsperspektive, wenn sie sich in Deutschland gut integriert haben (BTDrucks 17/5093 S. 15). Das Aufenthaltsrecht kann bereits vor Erreichen der Volljährigkeit geltend gemacht werden und hängt nicht von der aufenthaltsrechtlichen Stellung der Eltern ab. Anders als bei § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK erfolgt eine isolierte Betrachtung allein des Integrationsgrades des ganz oder teilweise in Deutschland aufgewachsenen Kindes ohne Rücksicht auf das Verhalten der übrigen Familienangehörigen. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG stehen daher nur eigene Falschangaben und Täuschungshandlungen - zwingend - entgegen. Dies ändert aber nichts daran, dass auch bei dem durch § 25a Abs. 1 AufenthG begünstigten Personenkreis ein grundlegendes öffentliches Interesse an der Einhaltung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen besteht. Dies gilt insbesondere für die Regelerteilungsvoraussetzung geklärter Identität in § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG. Sie ist Ausdruck eines gewichtigen öffentlichen Interesses an der Identifizierung eines Ausländers vor Legalisierung seines Aufenthalts. Das sicherheitsrechtlich motivierte Anliegen dieser Erteilungsvoraussetzung kommt im Gesetzgebungsverfahren deutlich zum Ausdruck. Denn zur Begründung des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG wurde im Innenausschuss des Bundestags darauf abgestellt, dass es nicht zuletzt vor dem Hintergrund weltweiter Terrorismusgefahren nicht angehen könne, dass Personen, die an der Klärung ihrer Identität nicht mitwirkten, der Zugang zu einem Aufenthaltstitel geebnet werde (BTDrucks 15/955 S. 7). Die grundsätzliche Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen hat bei der Aufenthaltsgewährung nach § 25a Abs. 1 AufenthG auch nicht zur Folge, dass bei ungeklärter Identität eine Legalisierung des Aufenthalts automatisch ausscheidet. Denn von den Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG ist - abgesehen von der Privilegierung in § 25a Abs. 1 Satz 2 AufenthG hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts - bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG nicht nur in Ausnahmefällen abzusehen. Vielmehr bedarf es auch in Regelfällen über § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG stets einer Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde und damit einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Dies gibt der Ausländerbehörde hinreichend Gelegenheit zur angemessenen Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Dabei hat sie insbesondere die Gründe, auf denen das Nichtvorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen beruht, aber auch das private Interesse des Ausländers und das öffentliche Interesse an der Legalisierung des Aufenthalts gut integrierter Jugendlicher und Heranwachsender zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.

25

ee) Angesichts dieses Auslegungsbefunds überzeugt den Senat die Auffassung der Klägerin nicht, bei § 25a Abs. 1 AufenthG handele es sich hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzungen um eine gesetzlich normierte Ausnahme vom Regelfall, mit der Folge, dass § 5 Abs. 1 AufenthG bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG generell keine Anwendung finde. Mit dem in § 5 Abs. 1 AufenthG normierten Regel-/Ausnahmeverhältnis soll vor allem atypischen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen werden. Fälle, in denen nach Auffassung des Gesetzgebers bei der Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis typischerweise die Einhaltung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht geboten ist, finden sich nach der Gesetzessystematik in § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Der Gesetzgeber hat bei Schaffung des § 25a Abs. 1 AufenthG aber davon abgesehen, die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf dieses neue humanitäre Aufenthaltsrecht zu erstrecken.

26

d) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a und 4 AufenthG kein Ausnahmefall vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Senats können bei den Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG neben atypischen Umständen des Einzelfalls, die so bedeutsam sind, das sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, auch verfassungs-, unions- oder völkerrechtliche Gewährleistungen eine Ausnahme vom Regelfall rechtfertigen. Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, unterliegt keinem Einschätzungsspielraum der Behörde, sondern ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (vgl. Urteil vom 22. Mai 2012 - BVerwG 1 C 6.11 - BVerwGE 143, 150 = Buchholz 402.242 § 28 AufenthG Nr. 3 jeweils Rn. 11 m.w.N.).

27

aa) Für eine Atypik ist vorliegend - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht und auf der Grundlage seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatrichterlichen Feststellungen - nichts ersichtlich. Danach hat die Klägerin zwar nicht selbst getäuscht, ist aber auch nicht ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen.

28

bb) Art. 6 GG und Art. 8 EMRK gebieten bei der inzwischen volljährigen Klägerin ebenfalls kein Absehen von den Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1a und 4 AufenthG. Insoweit kann auf die Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin - im Lichte des Rechts auf Achtung des Familien- und des Privatlebens nach Art. 8 EMRK und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR - ein Verlassen Deutschlands zusammen mit ihren ebenfalls ausreisepflichtigen Eltern und Geschwistern unter den hier gegebenen Umständen (Einreise erst mit acht Jahren, armenische Muttersprache, Rückkehr im Familienverband) unzumutbar und damit unverhältnismäßig wäre.

29

e) Bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG kann von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG aber über § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege abgesehen werden.

30

Von dieser Ermächtigung hatte der Beklagte im hier maßgeblichen Zeitpunkt keinen Gebrauch gemacht. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass unter den hier gegebenen Umständen die Voraussetzungen für eine Ermessensverdichtung zu Gunsten der Klägerin trotz ihres privaten Interesses und des öffentlichen Interesses an der Legalisierung des Aufenthalts gut integrierter Jugendlicher und Heranwachsender nicht vorliegen. Denn es besteht grundsätzlich auch ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Identifizierung eines Ausländers vor der Legalisierung seines Aufenthalts und an der Erfüllung diesbezüglicher Mitwirkungspflichten.

31

Auch wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Beklagten nur zur Bescheidung zu verpflichten, damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, weist der Senat mit Blick auf die zwischenzeitliche Antragsablehnung durch die Ausländerbehörde, die allerdings nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten darauf hin, dass bei der Entscheidung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG über ein Absehen von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen im Ermessenswege - wie vom Berufungsgericht zutreffend angenommen - alle für und gegen eine Aufenthaltslegalisierung sprechenden Umstände umfassend zu würdigen sind. Dies gilt gleichermaßen für das der Ausländerbehörde nach § 25a Abs. 1 AufenthG selbst bei Vorliegen sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen verbleibende (Rest-)Ermessen. Dabei sind gerade bei der Entscheidung über eine Aufenthaltsgewährung nach § 25a Abs. 1 AufenthG die bisherigen Integrationsleistungen des Ausländers und alle weiteren für eine Aufenthaltslegalisierung sprechenden Umstände zu berücksichtigen und zu gewichten. Insoweit ist es allerdings Aufgabe des Ausländers, seine persönlichen Belange und alle für ihn günstigen Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder der Ausländerbehörde bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände geltend zu machen und erforderliche Nachweise vorzulegen (§ 82 Abs. 1 AufenthG). Bei der Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG sind von der Ausländerbehörde in die Abwägung auch die Gründe einzustellen, aufgrund derer die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Dabei dürfen dem Ausländer wegen der gesetzgeberischen Wertung in § 25a Abs. 1 Satz 3 AufenthG etwaige Falschangaben und Täuschungen seiner Eltern und/oder Dritter nicht zugerechnet werden. Eigene Verstöße gegen seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten sind aber beachtlich und entsprechend zu gewichten.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

2

Die nach eigenen Angaben 1968 in Casablanca geborene Klägerin zu 1 reiste im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein; die Klägerin zu 2 wurde hier am 31. Mai 2000 geboren. Die Klägerinnen beantragten Asyl, weil sie Repressalien seitens ihrer Familie befürchteten. Die ledige Klägerin zu 1 gab an, wegen ihrer Schwangerschaft von ihrem Stiefvater und ihren Brüdern geschlagen worden zu sein. Von den marokkanischen Behörden habe sie keine Hilfe erhalten. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. August 2000 ab. Im Anschluss an das erfolglose Klageverfahren wurde der weitere Aufenthalt der Klägerinnen geduldet.

3

Den am 3. März 2004 gestellten Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. März 2004 ab. Die auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. November 2005 ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Auch ein weiterer Asylfolgeantrag vom März 2006 blieb erfolglos.

4

Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals aufgefordert, ein Formular zur Beantragung von Passersatzpapieren auszufüllen. Das lehnte die Klägerin sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch später ab.

5

Am 5. Februar 2007 beantragten die Klägerinnen beim Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung des IMK-Beschlusses vom 17. November 2006. Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 15. August 2007 ab, da die Klägerinnen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert und behindert hätten. Die Klägerin zu 1 habe das ihr mehrfach vorgelegte Antragsformular auf Erteilung eines marokkanischen Passersatzpapiers nicht ausgefüllt. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie auch keine Identitätsnachweise aus Marokko vorgelegt. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2007 zurück.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 28. Oktober 2008 ab. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2009 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG, denn sie hätten den Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse auch ein Verhalten, das sich in der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erschöpfe. Außer Betracht blieben nur gering gewichtige Pflichtverletzungen, wenn z.B. der Ausländer seinen Verpflichtungen später nachgekommen sei oder die Ausländerbehörde es versäumt habe, diese zu konkretisieren. Daran gemessen hätten die Klägerinnen ihre Mitwirkungspflichten nachhaltig und andauernd verletzt; das Verhalten der Klägerin zu 1 sei ihrer minderjährigen und von ihr vertretenen Tochter zuzurechnen. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerinnen griffen nicht durch. Die Klägerin zu 1 brauche keinen Pass ausgestellt zu bekommen, sondern könne zur Beschaffung von Identitätsnachweisen wie z.B. einer Abschrift ihrer Geburtsurkunde etc. einen Rechtsanwalt einschalten. Sie habe aber keinerlei Bemühungen in dieser Richtung entfaltet. Unerheblich sei, ob dem Beklagten alle für die Passbeantragung notwendigen Angaben bekannt seien. Jedenfalls fehle weiterhin die Unterschrift der Klägerin auf dem Antragsformular. Aufgrund der von ihr angeführten Bemühungen des Caritasverbands hätte nicht ernsthaft mit der Ausstellung von Personalpapieren gerechnet werden können, denn in dem Schreiben vom 29. Mai 2007 seien nicht einmal die Namen der Klägerinnen genannt worden. Die Motive der Klägerinnen minderten das Gewicht ihres Verhaltens nicht, denn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer dürfe seine Mitwirkung nicht unter Berufung auf zielstaatsbezogene Umstände verweigern, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen eines Abschiebungsverbots verneint habe. Für die notwendige Kausalität reiche es aus, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung eine Aufenthaltsbeendigung unmöglich gewesen wäre. Nicht erforderlich seien Konsequenzen für bereits eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Der Ausschlussgrund greife trotz der geäußerten Bedenken an der marokkanischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. Es sei davon auszugehen, dass sie diese bereits mit Geburt gemäß Art. 6 des marokkanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1958 erworben habe. Andernfalls wäre sie inzwischen, seit Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007, marokkanische Staatsangehörige.

8

Wegen ihrer beharrlichen Weigerung, an der Passbeschaffung mitzuwirken, hätten die Klägerinnen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Bleiberechtsanordnung. Insofern könne dahinstehen, ob die Bleiberechtsanordnung aus dem Jahr 2006 noch anwendbar sei. Schließlich stehe den Klägerinnen auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnten sie gegenwärtig ohne Pass oder Passersatzpapier nicht freiwillig nach Marokko ausreisen. Bei ernsthafter Mitwirkung der Klägerin zu 1 sei jedoch mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen, sodass sie nicht unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert seien. Der Klägerin zu 2 sei auch kein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu erteilen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise und Abschiebung im Hinblick auf den Schutz ihre Privatlebens könne jedenfalls für ausländische Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren in Deutschland geduldeten Eltern lebten, nicht allein aus ihrem langjährigen Aufenthalt in Deutschland und ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse abgeleitet werden.

9

Hiergegen richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Klägerinnen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerinnen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen in Übereinstimmung mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt. Ihrem Begehren steht mit Blick auf die Anspruchsgrundlagen sowohl des § 104a AufenthG (1.) als auch des § 25 Abs. 5 AufenthG (2.) entgegen, dass die Klägerin zu 1 die gebotene und zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat.

12

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG haben, da sie den in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 der Vorschrift enthaltenen Versagungstatbestand erfüllen. Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der gesetzlichen Altfallregelung nur möglich, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat.

13

a) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt voraus, dass die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall. Sämtliche Asylanträge der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Hat das Bundesamt festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 AufenthG nicht bestehen, ist sowohl die Ausländerbehörde im Aufenthaltserlaubnisverfahren wie auch das Gericht in einem sich daran anschließenden Prozess an diese Entscheidung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG; vgl. dazu Urteil vom 27. Juni 2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 Rn. 12 und 17). Die Verwaltungsgerichte haben gegenüber den Klägerinnen mehrfach rechtskräftig festgestellt, dass ihrer Abschiebung nach Marokko keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen. Daher kann ihr Vorbringen, die Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung sei bislang nicht geprüft worden, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass keine inlandsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Entgegen dem Vorbringen der Revision lässt sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK kein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin zu 2 ableiten. Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (Urteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 21; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 946 <947>; EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 - Maslov - InfAuslR 2008, 333). Ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20; offengelassen in: EGMR, Urteile vom 16. September 2004 - 11103/03 - Ghiban - NVwZ 2005, 1046 und vom 8. April 2008 - 21878/06 - Nnyanzi - ZAR 2010, 189 <190 f.>). Da der Klägerin zu 2 - wie ihrer Mutter - ausschließlich asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen erteilt worden sind, wurde ihr zu keiner Zeit ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, das ein berechtigtes Vertrauen auf Fortbestand hätte begründen können. Der Beklagte hat den Klägerinnen nie eine Verfestigung ihres Aufenthalts in Aussicht gestellt; vielmehr hat er seit Abschluss des ersten Asylverfahrens konsequent auf die Beendigung ihres Aufenthalts hingewirkt.

15

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin zu 2 unterstellt, dass die Beendigung des Aufenthalts in ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen würde, wäre der Eingriff gerechtfertigt (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Die Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 2 steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erweist sich mit Blick darauf als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" und verhältnismäßig. Zwar ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts neun Jahre alte Klägerin zu 2 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Aber auch wenn die Jahre der Kindheit die Persönlichkeit in besonderer Weise prägen, kann in diesem Alter angesichts des fortschreitenden Sozialisationsprozesses noch nicht von einer irreversiblen Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Insoweit räumt die Revision selbst ein, dass die Klägerin zu 2 rudimentär arabisch spricht; zudem lässt sich in ihrem Alter Sprachkompetenz gut erwerben. Im Rahmen der Abwägung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Minderjährigen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern im Vordergrund steht. Die von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Beziehung zwischen Eltern und Kindern führt dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilen. In aller Regel - und so auch hier - erscheint es selbst einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem asylverfahrensbedingtem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil wieder zu verlassen und sich in dem Land seiner Staatsangehörigkeit zu integrieren. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auf der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu 1 bei der Passbeschaffung beruht; dieses Verhalten ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin muss sich die Klägerin zu 2 zurechnen lassen.

16

b) Der objektive Tatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG knüpft an aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Vorschrift nicht voraus, dass eine behördliche Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret eingeleitet worden war (so aber Fränkel, in: HK-AuslR, § 104a AufenthG Rn. 13). Andernfalls würde dieser Ausschlussgrund in besonders qualifizierten Fällen, wenn der ausreisepflichtige Ausländer z.B. noch vor der Möglichkeit einer Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen untergetaucht ist, nicht greifen. Diese Auffassung verfehlt den Zweck der Vorschrift, aufenthaltsrechtliche Pflichtverletzungen des Ausländers nicht durch die Gewährung eines Bleiberechts zu honorieren.

17

c) Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt kein aktives Tun des Ausländers voraus. Vielmehr greift der Ausschlusstatbestand grundsätzlich auch dann, wenn die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verweigert wird und die mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreicht, sodass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen. Allerdings muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (BA S. 16 f.) festgestellt, dass die Klägerin zu 1 seitens des Beklagten aufgefordert worden ist, Pass- bzw. Passersatzpapieranträge zu unterschreiben und ihre Mitwirkung andauernd verletzt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann konkret er die Klägerin zur Unterschrift aufgefordert habe, vermag die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht erfolgreich infrage zu stellen.

18

Die konkret eingeforderte Mitwirkungshandlung muss rechtmäßig, insbesondere dem Betroffenen zumutbar gewesen sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08 - BVerwGE 135, 219 Rn. 20). Der Umstand, dass die Klägerinnen sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote berufen, stellt die Zumutbarkeit der geforderten Mitwirkungshandlungen nicht infrage. Denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Feststellungsbescheide des Bundesamtes gebunden.

19

d) Die Revision wendet ein, dass auch dann, wenn die Klägerin zu 1 das Antragsformular unterschrieben hätte, zumindest für die Klägerin zu 2 keine Papiere ausgestellt worden wären. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts erweise sich als nicht verifizierbare Annahme. Mit diesem Vorbringen stellt die Revision infrage, dass die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung auf dem Verhalten der Klägerin zu 1 beruht; sie verfehlt jedoch den Maßstab, nach dem sich die Kausalität beurteilt.

20

Im Ansatz trifft es zu, dass die Tatbestandsmerkmale "hinauszögern" und "behindern" eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Ausländers und dem Misserfolg der behördlichen Aufenthaltsbeendigung voraussetzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Aufenthaltsbeendigung möglich ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen (BA S. 8). Das entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, derzufolge dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden dürfen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind (Beschlüsse vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - und vom 10. März 2009 - BVerwG 1 B 4.09 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 und 11 zu § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers (vgl. auch Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 20).

21

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerinnen die tatsächliche Kausalitätsvermutung nicht widerlegt haben. Ihre Einwände, die sie gegen die ausführliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Erwerb der marokkanische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2 (BA S. 19 ff.) erheben, greifen nicht durch. Zum einen wiederholt die Revision nur ihr Berufungsvorbringen, ohne sich mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen. Zum anderen übersieht sie, dass die Anwendung ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung zählt (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist, wenn keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

e) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt subjektiv ein vorsätzliches Verhalten des Ausländers voraus. Eine wissentliche und willentliche Behinderung oder Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheblichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert (Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 21). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 aufgefordert hat, das Antragsformular zur Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Dem hat sich die Klägerin zu 1 verweigert. Ihre Motive sind, da sie sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, aufenthaltsrechtlich unbeachtlich, da (mehrfach) rechtskräftig festgestellt worden ist, dass keines der in § 60 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote greift. Im Übrigen schließt die gesetzliche Ausreisepflicht die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist ein ausreisepflichtiger Ausländer gehalten, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern auch an darauf zielenden Maßnahmen mitzuwirken (vgl. Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 14). Mit ihrem Verhalten, das sich die Klägerin zu 2 als gesetzlich Vertretene zurechnen lassen muss, hat die Klägerin zu 1 die Ausstellung von Passersatzpapieren vorsätzlich vereitelt.

23

f) Da bereits § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, wie sich die Regelung des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf den Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Begehren auswirkt. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung nur mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt werden. Diese Vorschrift schließt die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a AufenthG für einen nach dem 31. Dezember 2009 liegenden Zeitraum aus. Die Konsequenzen aus der zeitlichen Beschränkung der erstrebten Rechtsfolge, die während des Revisionsverfahrens aktuell geworden ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen (vgl. aber Urteil vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 19.09 -).

24

2. Ein Anspruch der Klägerinnen nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

25

Die Klägerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, weil dann eine freiwillige Rückkehr grundsätzlich unzumutbar ist. Aber auch bei der Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist die Ausländerbehörde bei ehemaligen Asylbewerbern gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes gebunden (Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Demzufolge kann die Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote auch insoweit der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Damit erscheint ihre Ausreise derzeit und auf absehbare Zeit unmöglich.

26

Die Klägerinnen sind allerdings nicht unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, da die Klägerinnen zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses vorsätzlich nicht erfüllt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG). Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen werden.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

2

Die nach eigenen Angaben 1968 in Casablanca geborene Klägerin zu 1 reiste im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein; die Klägerin zu 2 wurde hier am 31. Mai 2000 geboren. Die Klägerinnen beantragten Asyl, weil sie Repressalien seitens ihrer Familie befürchteten. Die ledige Klägerin zu 1 gab an, wegen ihrer Schwangerschaft von ihrem Stiefvater und ihren Brüdern geschlagen worden zu sein. Von den marokkanischen Behörden habe sie keine Hilfe erhalten. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. August 2000 ab. Im Anschluss an das erfolglose Klageverfahren wurde der weitere Aufenthalt der Klägerinnen geduldet.

3

Den am 3. März 2004 gestellten Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. März 2004 ab. Die auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. November 2005 ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Auch ein weiterer Asylfolgeantrag vom März 2006 blieb erfolglos.

4

Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals aufgefordert, ein Formular zur Beantragung von Passersatzpapieren auszufüllen. Das lehnte die Klägerin sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch später ab.

5

Am 5. Februar 2007 beantragten die Klägerinnen beim Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung des IMK-Beschlusses vom 17. November 2006. Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 15. August 2007 ab, da die Klägerinnen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert und behindert hätten. Die Klägerin zu 1 habe das ihr mehrfach vorgelegte Antragsformular auf Erteilung eines marokkanischen Passersatzpapiers nicht ausgefüllt. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie auch keine Identitätsnachweise aus Marokko vorgelegt. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2007 zurück.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 28. Oktober 2008 ab. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2009 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG, denn sie hätten den Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse auch ein Verhalten, das sich in der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erschöpfe. Außer Betracht blieben nur gering gewichtige Pflichtverletzungen, wenn z.B. der Ausländer seinen Verpflichtungen später nachgekommen sei oder die Ausländerbehörde es versäumt habe, diese zu konkretisieren. Daran gemessen hätten die Klägerinnen ihre Mitwirkungspflichten nachhaltig und andauernd verletzt; das Verhalten der Klägerin zu 1 sei ihrer minderjährigen und von ihr vertretenen Tochter zuzurechnen. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerinnen griffen nicht durch. Die Klägerin zu 1 brauche keinen Pass ausgestellt zu bekommen, sondern könne zur Beschaffung von Identitätsnachweisen wie z.B. einer Abschrift ihrer Geburtsurkunde etc. einen Rechtsanwalt einschalten. Sie habe aber keinerlei Bemühungen in dieser Richtung entfaltet. Unerheblich sei, ob dem Beklagten alle für die Passbeantragung notwendigen Angaben bekannt seien. Jedenfalls fehle weiterhin die Unterschrift der Klägerin auf dem Antragsformular. Aufgrund der von ihr angeführten Bemühungen des Caritasverbands hätte nicht ernsthaft mit der Ausstellung von Personalpapieren gerechnet werden können, denn in dem Schreiben vom 29. Mai 2007 seien nicht einmal die Namen der Klägerinnen genannt worden. Die Motive der Klägerinnen minderten das Gewicht ihres Verhaltens nicht, denn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer dürfe seine Mitwirkung nicht unter Berufung auf zielstaatsbezogene Umstände verweigern, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen eines Abschiebungsverbots verneint habe. Für die notwendige Kausalität reiche es aus, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung eine Aufenthaltsbeendigung unmöglich gewesen wäre. Nicht erforderlich seien Konsequenzen für bereits eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Der Ausschlussgrund greife trotz der geäußerten Bedenken an der marokkanischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. Es sei davon auszugehen, dass sie diese bereits mit Geburt gemäß Art. 6 des marokkanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1958 erworben habe. Andernfalls wäre sie inzwischen, seit Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007, marokkanische Staatsangehörige.

8

Wegen ihrer beharrlichen Weigerung, an der Passbeschaffung mitzuwirken, hätten die Klägerinnen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Bleiberechtsanordnung. Insofern könne dahinstehen, ob die Bleiberechtsanordnung aus dem Jahr 2006 noch anwendbar sei. Schließlich stehe den Klägerinnen auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnten sie gegenwärtig ohne Pass oder Passersatzpapier nicht freiwillig nach Marokko ausreisen. Bei ernsthafter Mitwirkung der Klägerin zu 1 sei jedoch mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen, sodass sie nicht unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert seien. Der Klägerin zu 2 sei auch kein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu erteilen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise und Abschiebung im Hinblick auf den Schutz ihre Privatlebens könne jedenfalls für ausländische Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren in Deutschland geduldeten Eltern lebten, nicht allein aus ihrem langjährigen Aufenthalt in Deutschland und ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse abgeleitet werden.

9

Hiergegen richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Klägerinnen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerinnen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen in Übereinstimmung mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt. Ihrem Begehren steht mit Blick auf die Anspruchsgrundlagen sowohl des § 104a AufenthG (1.) als auch des § 25 Abs. 5 AufenthG (2.) entgegen, dass die Klägerin zu 1 die gebotene und zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat.

12

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG haben, da sie den in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 der Vorschrift enthaltenen Versagungstatbestand erfüllen. Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der gesetzlichen Altfallregelung nur möglich, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat.

13

a) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt voraus, dass die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall. Sämtliche Asylanträge der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Hat das Bundesamt festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 AufenthG nicht bestehen, ist sowohl die Ausländerbehörde im Aufenthaltserlaubnisverfahren wie auch das Gericht in einem sich daran anschließenden Prozess an diese Entscheidung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG; vgl. dazu Urteil vom 27. Juni 2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 Rn. 12 und 17). Die Verwaltungsgerichte haben gegenüber den Klägerinnen mehrfach rechtskräftig festgestellt, dass ihrer Abschiebung nach Marokko keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen. Daher kann ihr Vorbringen, die Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung sei bislang nicht geprüft worden, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass keine inlandsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Entgegen dem Vorbringen der Revision lässt sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK kein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin zu 2 ableiten. Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (Urteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 21; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 946 <947>; EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 - Maslov - InfAuslR 2008, 333). Ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20; offengelassen in: EGMR, Urteile vom 16. September 2004 - 11103/03 - Ghiban - NVwZ 2005, 1046 und vom 8. April 2008 - 21878/06 - Nnyanzi - ZAR 2010, 189 <190 f.>). Da der Klägerin zu 2 - wie ihrer Mutter - ausschließlich asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen erteilt worden sind, wurde ihr zu keiner Zeit ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, das ein berechtigtes Vertrauen auf Fortbestand hätte begründen können. Der Beklagte hat den Klägerinnen nie eine Verfestigung ihres Aufenthalts in Aussicht gestellt; vielmehr hat er seit Abschluss des ersten Asylverfahrens konsequent auf die Beendigung ihres Aufenthalts hingewirkt.

15

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin zu 2 unterstellt, dass die Beendigung des Aufenthalts in ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen würde, wäre der Eingriff gerechtfertigt (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Die Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 2 steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erweist sich mit Blick darauf als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" und verhältnismäßig. Zwar ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts neun Jahre alte Klägerin zu 2 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Aber auch wenn die Jahre der Kindheit die Persönlichkeit in besonderer Weise prägen, kann in diesem Alter angesichts des fortschreitenden Sozialisationsprozesses noch nicht von einer irreversiblen Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Insoweit räumt die Revision selbst ein, dass die Klägerin zu 2 rudimentär arabisch spricht; zudem lässt sich in ihrem Alter Sprachkompetenz gut erwerben. Im Rahmen der Abwägung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Minderjährigen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern im Vordergrund steht. Die von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Beziehung zwischen Eltern und Kindern führt dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilen. In aller Regel - und so auch hier - erscheint es selbst einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem asylverfahrensbedingtem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil wieder zu verlassen und sich in dem Land seiner Staatsangehörigkeit zu integrieren. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auf der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu 1 bei der Passbeschaffung beruht; dieses Verhalten ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin muss sich die Klägerin zu 2 zurechnen lassen.

16

b) Der objektive Tatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG knüpft an aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Vorschrift nicht voraus, dass eine behördliche Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret eingeleitet worden war (so aber Fränkel, in: HK-AuslR, § 104a AufenthG Rn. 13). Andernfalls würde dieser Ausschlussgrund in besonders qualifizierten Fällen, wenn der ausreisepflichtige Ausländer z.B. noch vor der Möglichkeit einer Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen untergetaucht ist, nicht greifen. Diese Auffassung verfehlt den Zweck der Vorschrift, aufenthaltsrechtliche Pflichtverletzungen des Ausländers nicht durch die Gewährung eines Bleiberechts zu honorieren.

17

c) Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt kein aktives Tun des Ausländers voraus. Vielmehr greift der Ausschlusstatbestand grundsätzlich auch dann, wenn die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verweigert wird und die mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreicht, sodass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen. Allerdings muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (BA S. 16 f.) festgestellt, dass die Klägerin zu 1 seitens des Beklagten aufgefordert worden ist, Pass- bzw. Passersatzpapieranträge zu unterschreiben und ihre Mitwirkung andauernd verletzt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann konkret er die Klägerin zur Unterschrift aufgefordert habe, vermag die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht erfolgreich infrage zu stellen.

18

Die konkret eingeforderte Mitwirkungshandlung muss rechtmäßig, insbesondere dem Betroffenen zumutbar gewesen sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08 - BVerwGE 135, 219 Rn. 20). Der Umstand, dass die Klägerinnen sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote berufen, stellt die Zumutbarkeit der geforderten Mitwirkungshandlungen nicht infrage. Denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Feststellungsbescheide des Bundesamtes gebunden.

19

d) Die Revision wendet ein, dass auch dann, wenn die Klägerin zu 1 das Antragsformular unterschrieben hätte, zumindest für die Klägerin zu 2 keine Papiere ausgestellt worden wären. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts erweise sich als nicht verifizierbare Annahme. Mit diesem Vorbringen stellt die Revision infrage, dass die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung auf dem Verhalten der Klägerin zu 1 beruht; sie verfehlt jedoch den Maßstab, nach dem sich die Kausalität beurteilt.

20

Im Ansatz trifft es zu, dass die Tatbestandsmerkmale "hinauszögern" und "behindern" eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Ausländers und dem Misserfolg der behördlichen Aufenthaltsbeendigung voraussetzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Aufenthaltsbeendigung möglich ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen (BA S. 8). Das entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, derzufolge dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden dürfen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind (Beschlüsse vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - und vom 10. März 2009 - BVerwG 1 B 4.09 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 und 11 zu § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers (vgl. auch Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 20).

21

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerinnen die tatsächliche Kausalitätsvermutung nicht widerlegt haben. Ihre Einwände, die sie gegen die ausführliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Erwerb der marokkanische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2 (BA S. 19 ff.) erheben, greifen nicht durch. Zum einen wiederholt die Revision nur ihr Berufungsvorbringen, ohne sich mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen. Zum anderen übersieht sie, dass die Anwendung ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung zählt (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist, wenn keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

e) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt subjektiv ein vorsätzliches Verhalten des Ausländers voraus. Eine wissentliche und willentliche Behinderung oder Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheblichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert (Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 21). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 aufgefordert hat, das Antragsformular zur Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Dem hat sich die Klägerin zu 1 verweigert. Ihre Motive sind, da sie sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, aufenthaltsrechtlich unbeachtlich, da (mehrfach) rechtskräftig festgestellt worden ist, dass keines der in § 60 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote greift. Im Übrigen schließt die gesetzliche Ausreisepflicht die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist ein ausreisepflichtiger Ausländer gehalten, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern auch an darauf zielenden Maßnahmen mitzuwirken (vgl. Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 14). Mit ihrem Verhalten, das sich die Klägerin zu 2 als gesetzlich Vertretene zurechnen lassen muss, hat die Klägerin zu 1 die Ausstellung von Passersatzpapieren vorsätzlich vereitelt.

23

f) Da bereits § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, wie sich die Regelung des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf den Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Begehren auswirkt. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung nur mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt werden. Diese Vorschrift schließt die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a AufenthG für einen nach dem 31. Dezember 2009 liegenden Zeitraum aus. Die Konsequenzen aus der zeitlichen Beschränkung der erstrebten Rechtsfolge, die während des Revisionsverfahrens aktuell geworden ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen (vgl. aber Urteil vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 19.09 -).

24

2. Ein Anspruch der Klägerinnen nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

25

Die Klägerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, weil dann eine freiwillige Rückkehr grundsätzlich unzumutbar ist. Aber auch bei der Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist die Ausländerbehörde bei ehemaligen Asylbewerbern gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes gebunden (Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Demzufolge kann die Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote auch insoweit der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Damit erscheint ihre Ausreise derzeit und auf absehbare Zeit unmöglich.

26

Die Klägerinnen sind allerdings nicht unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, da die Klägerinnen zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses vorsätzlich nicht erfüllt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG). Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.