vorgehend
Verwaltungsgericht Würzburg, W 6 K 17.30381, 25.01.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).

Der Kläger begehrt die Klärung der Frage, ob Homosexuelle, die ihre sexuelle Orientierung öffentlich leben, in der Ukraine mit politischer Verfolgung zu rechnen haben, und führt dazu aus, es seien hierzu keine Rechtsprechung und kaum Erkenntnismittel vorhanden. Die vorhandenen Erkenntnisse hätten sich in der Praxis noch nicht bewährt bzw. widersprächen sich und ließen durchaus die Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung Homosexueller erkennen. Auf ihrer Grundlage habe sich noch keine einheitliche oder obergerichtliche Rechtsprechung aufgebaut. Der jüngste Lagebericht des Auswärtigen Amtes gehe von gelegentlichen Übergriffen, insbesondere in den von Separatisten kontrollierten Konfliktgebieten, aus, der Europarat von einer Zunahme gewalttätiger Übergriffe gegenüber Homosexuellen in den Jahren 2011 bis 2017. Die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexuellen, Transvestiten und transsexuellen Personen sei sehr gering. Solche Einstellungen veränderten sich nur langsam. Es sei nicht erwiesen, dass gesetzliche Verbesserungen in der Praxis umgesetzt worden seien. Der vom Gericht verwertete Artikel der Organisation Nash Mir belege, dass polizeilicher Schutz nicht zu erlangen sei. Für den Fall, dass die gestellte Frage verneint werde, sei zu klären, ob und unter welchen Vorgaben, insbesondere aufgrund von einer Herkunft aus dem Donezk-Gebiet sowie der „Volkszugehörigkeit“ (im Falle des Klägers jüdisch) eine individuelle konkrete Gefährdung einzelner homosexueller Männer in der Ukraine bestehe und – falls ja – ob für Homosexuelle aus dem Donezk-Gebiet eine inländische Fluchtalternative bestehe.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ, a.a.O. § 124a Rn. 72; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 124a Rn. 102 ff.; Berlit in GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 78 Rn. 88 m.w.N.). Eine Tatsachenfrage ist grundsätzlich nicht berufungsgerichtlich klärungsbedürftig, wenn das Verwaltungsgericht die verfügbaren Informationen herangezogen, aufbereitet und sachgerecht bewertet hat, ohne dass gegen diese Bewertung beachtliche Zweifel erkennbar sind und wenn keine gewichtigen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse im Ergebnis unzutreffend beurteilt hat (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 139 f.). Es genügt also nicht, die gerichtlichen Feststellungen zu den Gegebenheiten im Herkunftsland des Asylsuchenden bloß in Zweifel zu ziehen oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr muss durch Benennung bestimmter Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür dargelegt werden, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Antragsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (OVG NW, B.v. 14.3.2018 – 13 A 341/18.A – juris Rn. 5 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 22.2.2018 – 20 ZB 17.30393 – juris Rn. 11; NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 2 LA 1784/17 – juris Rn. 4). Das Verlangen nach bloßer Neubewertung unveränderter Tatsachen- oder Erkenntnisquellen rechtfertigt die Berufungszulassung grundsätzlich nicht (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 609).

Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger hat für die von ihm behauptete Gruppenverfolgung Homosexueller in der Ukraine keine Erkenntnismittel benannt, die beachtliche Zweifel an der erstinstanzlichen Bewertung begründen könnten. Mit den rechtlichen Anforderungen an die Annahme einer Gruppenverfolgung setzt sich der Zulassungsantrag gar nicht auseinander. Das Gericht hat seine Entscheidung auf die verfügbaren, auch die von Klägerseite beigebrachten Erkenntnisse gestützt, hauptsächlich auf den aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. Februar 2017 und den Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats vom 19. September 2017. Die weiteren Informationen von Klägerseite geben wieder, was auch in diesen Berichten ausgeführt wird, nämlich dass Homosexualität in der Ukraine auf starke gesellschaftliche Vorbehalte stößt und es Straftaten gegen Homosexuelle gibt, teilweise auch, weil sie Kriminellen als besonders geeignete Opfer für Raub und Erpressung erscheinen (so der Artikel von Nash Mir), andererseits aber auch, dass 2016 mit staatlichen Reformen in Gesetzgebung und Polizei begonnen wurde, die die Situation zum Positiven veränderten. Die in dem Bericht von ECRI wiedergegebenen Zahlen nicht benannter Nichtregierungsorganisationen zu gegen Homosexuelle gerichteten Übergriffen erreichen jedoch (ohne Angabe von Bezugsgrößen) ganz offensichtlich bei weitem nicht die für eine Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigen würde (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 10 C 11/08 – NVwZ 2009, 1237 = juris Rn. 15 ff.; U.v. 18.7.2006 – 1 C 15/05 – NVwZ 2006, 1420 = juris Rn. 20) und stellen damit keinen Anhaltspunkt für eine unzutreffende Einschätzung der Verhältnisse durch das Verwaltungsgericht dar. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass das Auswärtige Amt ohne konkrete Zahlenangaben meint, dass die Übergriffe mit abnehmender politischer Instrumentalisierung „zurückzugehen schienen“, während die von ECRI befragten Nichtregierungsorganisationen bezogen auf die Jahre 2014 und 2015 von einer bedeutsamen Zunahme von gewalttätigen Angriffen ausgingen (vgl. Bericht vom 19.9.2017, Nr. 50). Entgegen der Behauptung des Klägers hat ECRI die Einschätzung der Nichtregierungsorganisationen nicht als eigene bezogen auf den Berichtszeitraum 2011 – 2017 wiedergegeben. Der im Zulassungsantrag in Anführungszeichen gesetzte Vortrag ist in dem Bericht so nicht vorhanden und stellt offenbar eine Interpretation des Klägers dar. Im Übrigen widersprechen die Feststellungen von ECRI denen des Auswärtigen Amts („gelegentliche Angriffe“) nicht. Die vom Kläger angeführte Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die gerichtliche Auslegung von Art. 161 des ukrainischen Strafgesetzbuchs, einer Hasskriminalität unter Strafe stellenden Vorschrift, nicht gesichert ist, gibt den von ECRI gesehenen Reformbedarf wieder (vgl. Bericht vom 19.9.2017, Nr. 114), beinhaltet aber nicht die Feststellung, dass Straftaten gegen Homosexuelle nicht nach den allgemeinen Strafvorschriften verfolgt würden und ist daher auch kein Beweis für einen fehlenden staatlichen Schutzwillen. Der Vortrag, dass sich gesellschaftliche Einstellungen nur langsam verändern würden, lässt keinen Bezug zu den rechtlichen Anforderungen an die Annahme einer Gruppenverfolgung erkennen. Ferner hat der Kläger auch nicht dargelegt oder ist sonst ersichtlich, dass die aufgeworfene Tatsachenfrage in der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt würde (vgl. BVerfG, B.v. 14.11.2016 – 2 BvR 31/14 – NVwZ 2017, 231 = juris Rn. 11). Allein der Umstand, dass es noch keine obergerichtliche Rechtsprechung zu einer Frage gibt, führt noch nicht dazu, dass die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen wäre. Auch aus seinem eigenen Erleben hat der Kläger, der sein Heimatland unverfolgt verlassen hat und nach dem geschilderten Vorfall aus dem Jahr 2010 von seinen Auslandsreisen bzw. Kreuzfahrten mehrmals in die Ukraine zurückgekehrt ist, keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass er in seinem Heimatland verfolgt würde oder ihm dort ein ernsthafter Schade droht.

Abgesehen davon, dass hierfür nichts ersichtlich ist, könnte die klägerische Kritik, das Gericht habe nicht auf hinreichend breiter Tatsachengrundlage entschieden, als materielle Frage der Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) oder des Gebots der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (vgl. BayVGH, B.v. 13.7.2017 – 20 ZB 17.30575 – juris Rn. 3; B.v. 16.1.2013 – 13a ZB 12.30425 – juris Rn. 7) grundsätzlich auch nicht mit der Verfahrensrüge gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO angegriffen werden.

Weiter fehlt es auch hinsichtlich der hilfsweise gestellten Fragen, die der Sache nach darauf abzielen, den individuellen Einzelfall des Klägers zu klären, an der Angabe von Erkenntnismitteln und der Darlegung einer gewissen Wahrscheinlichkeit dafür, dass die gerichtlichen Feststellungen und Einschätzungen unzutreffend sind. Auch aus dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Lagebericht des Auswärtigen Amts (vgl. Seite 8) und dem Bericht von ECRI (vgl. Nr. 48, 103 ff.) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine asylrelevante Behandlung oder Gefährdung von jüdischen Religionszugehörigen, aus der Ostukraine stammender Juden oder Ostukrainern allgemein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Rechtsmittels war auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 ZPO) abzulehnen.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

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Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

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Tenor 1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Dezember 2013 - 14 A 2663/13.A - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4
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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag der Klägerin

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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 6. März 2017 (Az. B 3 K 16.31155) ist bereits unzulässig. Denn der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) wurde nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechenden Weise dargelegt.

1. Die Kläger werfen zunächst folgende Frage als grundsätzlich bedeutsam auf:

„ob es im Irak generell eine inländische Fluchtalternative gibt oder ob nur dann eine inländische Fluchtalternative überhaupt in Erwägung gezogen werden kann, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die betroffene Person im dortigen Gebiet über ausreichende soziale und familiäre Verbindungen verfügt, die ein Überleben ermöglichen.“

Insoweit ist die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt. Denn diese Darlegung erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist. Ferner muss dargelegt werden, weshalb der Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). „Darlegen“ bedeutet schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis. Etwas „darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 2.10.1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90/91; B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – NJW 1993, 2825). Der Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung, mit der sich die Begründung des Zulassungsantrags substantiiert auseinandersetzen muss (BVerfG, B.v. 2.3.2006 – 2 BvR 767/02 – NVwZ 2006, 683). Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Kläger im Zulassungsantrag nicht gerecht. Es fehlt an einer Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage. Denn das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zunächst auf den Bescheid des Bundesamtes Bezug genommen, den Vortrag der Kläger aber als wahr unterstellt. Sodann hat es unter ausführlicher und differenzierter Würdigung des individuellen Vortrags zu den persönlichen Verhältnissen und den Lebensverhältnissen der aus der Provinz bzw. Stadt Sulaymaniya stammenden Kläger begründet, dass diesen in einer anderen Provinz der Kurdischen Autonomieregion im Nordirak eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative (interner Schutz) im Sinne des § 3e AsylG zur Verfügung stehe (UA S. 7/8). Das Verwaltungsgericht hat auch ausgeführt, dass den Klägern wegen ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit sowie ihrer Herkunft aus diesen Gebieten dort auch die Einreise erlaubt werden würde (UA S. 8). Mit diesen einzelfallbezogenen, schlüssigen und nachvollziehbaren Erwägungen des Verwaltungsgerichts setzen sich die Kläger in ihrem Zulassungsantrag nicht substantiiert auseinander. Damit ist nicht dargelegt, dass es auf die zur grundsätzlichen Klärung gestellte, sehr allgemein formulierte Frage ankommt.

2. Im Hinblick auf die hilfsweise begehrte Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG haben die Kläger die Entscheidungserheblichkeit der o.g. Frage ebenfalls nicht dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung insoweit auf den Umstand gestützt, dass in den Provinzen Erbil und Dohuk kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG vorliege. Damit hat die Vorinstanz bereits die erste Tatbestandsvoraussetzung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG verneint, so dass es insoweit nicht entscheidungserheblich auf den gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG beim subsidiären Schutz entsprechend anzuwendenden § 3e AsylG ankam.

3. Des Weiteren halten die Kläger die Frage für grundsätzlich bedeutsam,

„ob Zivilpersonen, die sich einer Verfolgung – auch durch nicht staatliche Organisationen – ausgesetzt sehen, sich an staatliche Stellen wenden können, damit ihnen Schutz gewährt wird oder ob der irakische Staat überhaupt nicht in der Lage und/oder Willens ist, Schutz zu bieten.“

Die Kläger haben jedoch die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht dargelegt. Denn das Verwaltungsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung darauf gestützt, dass die Kläger insbesondere in den größeren Städten Erbil oder Dohuk in der kurdischen Autonomieregion wegen der dort herrschenden Anonymität vor etwaigen Verfolgern sicher wären. Damit war die von den Klägern aufgeworfene Frage nach der Schutzfähigkeit und Schutzbereitschaft staatlicher Behörden im Irak für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Die Kläger haben demgegenüber nicht aufgezeigt, weshalb sich diese Frage dennoch in einem Berufungsverfahren entscheidungserheblich stellen würde.

4. Soweit die Kläger schließlich die Frage für grundsätzlich bedeutsam halten,

„ob nicht die Situation im Irak zwischenzeitlich sich derart verschlechtert hat, dass ein Konflikt – sowohl zwischen den Glaubensrichtungen, als auch zwischen Regionalfürsten und Stammesfürsten, als auch gegenüber völlig unparteiischen Personen – vorliegt, wie er typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen zu finden ist.“

haben sie die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass in den Provinzen Erbil und Dohuk, die zum kurdischen Autonomiegebiet gehören, ein innerstaatlicher Konflikt nicht vorliege, und hat seine Auffassung eingehend sowie unter Bezugnahme auf die Auskunftslage begründet (UA S. 8/9). Damit setzen sich die Kläger nicht substantiiert auseinander. Zur Darlegung einer Grundsatzfrage, die im Berufungsverfahren anders als vom Verwaltungsgericht beantwortet werden soll, gehört es jedoch, dass sich der Antrag auf Zulassung der Berufung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts substantiell auseinandersetzt und eine gewisse Wahrscheinlichkeit aufzeigt, dass die Frage anders zu beantworten ist als vom Verwaltungsgericht. Daran fehlt es hier jedoch. Des Weiteren übersehen die Kläger, dass allein die Feststellung eines bewaffneten innerstaatlichen Konfliktes im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht ausreicht. Vielmehr bedarf es dann der zusätzlichen Feststellung, dass bei einer quantitativen und qualitativen Betrachtung die vorhandene Gefahrendichte so hoch ist, dass diese für die Annahme einer individuellen konkreten Gefährdung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG auch ohne besondere gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers ausreicht. Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht anhand einer quantitativen Betrachtung (sog. „Bodycount“) dargelegt, dass es jedenfalls an der für die Feststellung einer individuellen Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderlichen Gefahrendichte fehle, weil die Kläger als Zivilpersonen nicht allein aufgrund ihres Aufenthaltes in diesem Gebiet Gefahr liefen, Opfer willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes zu werden (UA S. 9/10). Des Weiteren hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass persönliche gefahrerhöhende Umstände bei den Klägern nicht ersichtlich seien (UA S. 8). Mit diesen Erwägungen setzen sich die Kläger in ihrem Zulassungsvorbringen jedoch nicht auseinander.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Dezember 2013 - 14 A 2663/13.A - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

2. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

3. Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführern die ihnen im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Die am 1. Januar 1978 geborene Beschwerdeführerin zu 1. und ihre beiden Kinder, die am 9. Oktober 2008 und am 1. Januar 2011 geborenen Beschwerdeführer zu 2. und 3., sind syrische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik beantragten sie hier Asyl. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 28. März 2013 den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab und stellte das Vorliegen eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG fest. Bei einer Rückkehr nach Syrien sei mit einer Rückkehrerbefragung zu rechnen, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung in Form menschenrechtswidriger Behandlung bis hin zur Folter auslöse.

2

2. a) Die Beschwerdeführer klagten gegen diesen Bescheid. Sie beriefen sich auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt und einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg. Nach diesen Entscheidungen begründe die erwartbare Folter in den vom syrischen Regime durchgeführten Rückkehrerbefragungen die Flüchtlingseigenschaft.

3

b) In der mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin zu 1. persönlich angehört und gab an, dass sie zwischenzeitlich auf Internetseiten der syrischen Opposition zwei regimekritische Artikel veröffentlicht habe, in denen sie das Regime unter anderem wegen der Ermordung von Kindern und des Einsatzes von Giftgas kritisiert habe. Als Kurden würden sie und ihre Kinder in Syrien sowohl von den Islamisten als auch von der Regierung verfolgt.

4

c) Mit Urteil vom 8. Oktober 2013 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Anerkennung der Beschwerdeführer als Asylberechtigte scheide schon aufgrund der nicht erwiesenen Einreise auf dem Luftweg aus. Die exilpolitischen Aktivitäten der Beschwerdeführerin zu 1. seien zu unwesentlich, um eine Verfolgungswahrscheinlichkeit für die Beschwerdeführerin zu 1. zu begründen; derartige Aktivitäten seien derzeit bei einer großen Anzahl bisher unpolitischer syrischer Staatsangehöriger zu beobachten und dienten zum Teil ausschließlich zur Schaffung eines Nachfluchtgrundes. Im Übrigen fordere die Beschwerdeführerin zu 1. nicht explizit den Sturz des derzeitigen Regimes, so dass der syrische Geheimdienst hier von einer irrelevanten Aktivität ausgehen werde. Weiterhin sei in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen geklärt, dass die zu erwartende Rückkehrerbefragung lediglich ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG begründe. Es sei fernliegend anzunehmen, dass die um ihr Überleben kämpfenden syrischen Machthaber jeden einzelnen Rückkehrer aus dem Ausland verfolgten, der dort einen Asylantrag gestellt habe.

5

3. a) Die Beschwerdeführer beantragten gegen dieses Urteil die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Die Frage, ob Rückkehrern die Flüchtlingseigenschaft oder nur ein Abschiebungsverbot zuzuerkennen sei, habe grundsätzliche Bedeutung und werde in der zwischenzeitlich überwiegenden Rechtsprechung zu ihren Gunsten entschieden. Weiterhin habe das Gericht gegen die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verstoßen. Es sei nicht erkennbar, woher es die Erkenntnis bezogen habe, dass sich nunmehr viele bislang unpolitische Syrer zur Erlangung des Flüchtlingsstatus exilpolitisch betätigten. Im Übrigen sei das rechtliche Gehör auch dadurch verletzt, dass der Inhalt der Artikel der Beschwerdeführerin zu 1. nicht zur Kenntnis genommen worden sei.

6

b) Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 ab. Die von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen seien in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts im Sinne der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geklärt. Die Artikel der Beschwerdeführerin zu 1. habe das Verwaltungsgericht zur Kenntnis genommen, und die Tatsache der exilpolitischen Aktivitäten durch bisher unpolitische Syrer sei allgemeinkundig.

II.

7

1. Die Beschwerdeführer haben am 6. Januar 2014 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie eine Verletzung des Rechts aus Art. 16a Abs. 1 GG, des Rechts aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG rügen. Die Würdigung des Verwaltungsgerichts, die exilpolitischen Aktivitäten der Beschwerdeführer seien nicht ausreichend, um eine Furcht vor politischer Verfolgung zu begründen, entspreche nicht der Sachlage. Das syrische Regime verfolge jeden, der sich kritisch zu Assad geäußert habe. Das Gericht widerspreche sich selbst, wenn es auf der einen Seite davon ausgehe, dass bei der Rückkehrerbefragung jeder Rückkehrer gefoltert werden könne, zugleich aber meine, dass die syrischen Geheimdienste relevante von irrelevanter Exilopposition unterschieden. Die Verletzung des Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folge daraus, dass das Verwaltungsgericht nicht auf einer hinreichend sicheren tatsächlichen Grundlage entschieden habe. Schließlich sei Art. 19 Abs. 4 GG durch die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht verletzt. Diese habe schon angesichts der Vielzahl abweichend entscheidender Verwaltungsgerichte erfolgen müssen. Allein eine Klärung für das Land Nordrhein-Westfalen reiche nicht aus.

8

2. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt.

III.

9

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwer-de ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer eröffnenden Sinn offensichtlich begründet.

10

1. Die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Dieses gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Einrichtung eines bestimmten Rechtszuges (vgl. BVerfGE 92, 365 <410>; 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 84, 366 <369 f.>; 125, 104 <137>). Das gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier der § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft (vgl. zuletzt BVerfGE 125, 104 <137> m.w.N.). Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG beziehungsweise § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 78 Abs. 3 AsylG beziehungsweise § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfGK 5, 369 <375 f.>; 10, 208 <213>; 15, 37 <46 f.>).

11

Von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des - hier in Rede stehenden - Zulassungsgrundes nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist eine Rechtssache, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung und Anwendung geboten erscheint (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>; BVerfGK 10, 208 <214>). Vom Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung ist regelmäßig dann auszugehen, wenn eine bundesrechtliche Rechtsfrage in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte uneinheitlich beurteilt wird und es an einer Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht fehlt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Januar 1993 - 2 BvR 1058/92, 2 BvR 1059/92 -, NVwZ 1993, S. 465 f.). Bei Tatsachenfragen kommt es regelmäßig nur auf die Klärung des im Instanzenzug übergeordneten Oberverwaltungsgerichts an, weil wegen der Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, § 137 Abs. 2 VwGO, eine weitergehende Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht ausscheidet.

12

2. Gemessen an diesen Maßstäben hat das Oberverwaltungsgericht das Vorliegen einer klärungsbedürftigen grundsätzlichen Frage zu Unrecht verneint. Es ist - wie sich auch aus seinem in Bezug genommenen Beschluss vom 27. Juni 2013 (14 A 1517/13.A -, juris, Rn. 8 ff.) ergibt - davon ausgegangen, dass lediglich eine tatsächliche Frage im Raum stehe. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wirft die Zulassungsschrift die Rechtsfrage auf, ob auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 14. Februar 2012 (14 A 2708/10.A, juris, Rn. 36 ff.) subsidiärer Schutz - so das Oberverwaltungsgericht - oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG (heute § 3 AsylG) - so der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Beschluss vom 19. Juni 2013 - A 11 S 927/13 -, juris, Rn. 4) - zu gewähren ist. In seinem Urteil vom 14. Februar 2012 ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen davon ausgegangen, dass nicht nur politisch Verdächtigen, sondern allen nach Syrien zurückkehrenden Asylbewerbern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Verhör unter Anwendung von gravierender Folter drohe. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg begründet seine - bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage - vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen abweichende Rechtsauffassung mit einer eingehenden Auswertung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der es unerheblich ist, ob der Asylbewerber tatsächlich politisch aktiv war, soweit nur die Behörden des Heimatstaats von einer solchen Betätigung ausgingen (vgl. Beschluss vom 19. Juni 2013 - A 11 S 927/13 -, juris, Rn. 12). Damit stand eine bundesrechtliche Rechtsfrage im Raum, die nicht - jedenfalls nicht im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen - geklärt war. Ihre Einstufung als - zudem geklärte - Tatsachenfrage erschwert den Zugang zur Berufungsinstanz in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise.

13

3. Ist der Verfassungsbeschwerde schon aus diesem Grund stattzugeben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, so bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den weiteren Rügen der Beschwerdeführer.

IV.

14

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Er ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe schon nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargelegt sind.

1. Der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 VwGO) wurde nicht substantiiert dargelegt. Der Kläger lässt geltend machen, dass das Verwaltungsgericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger detailreich, nachvollziehbar und glaubwürdig geschildert habe, dass er aufgrund von erlittener Verfolgung durch die Al-Shabaab-Milizen sein Heimatland verlassen musste. Das Verwaltungsgericht habe die Auffassung vertreten, dass die Verfolgung durch Al-Shabaab nicht zur Anerkennung als Flüchtling führen könne, da diese Bedrohung nicht an ein flüchtlingsschutzrelevantes Merkmal anknüpfe. Der Kläger habe jedoch glaubwürdig geschildert, dass er dadurch, dass er ein Videostudio geführt habe, als unrein gegolten habe. Es hätte seitens des Gerichts zumindest geprüft werden müssen, ob der Kläger durch seine Tätigkeit, die nach außen eine bestimmte Geisteshaltung, nämlich Weltoffenheit und Ablehnung der seitens der Al-Shabaab propagierten Ablehnung und Bekämpfung einer offenen Gesellschaft, als Zugehöriger einer sozialen Gruppe i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG zu betrachten sei. Dazu sei das Gericht aber aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes verpflichtet gewesen, insbesondere hätte es in den Entscheidungsgründen zumindest auf den Vortrag des Klägers im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Heimatland eingehen müssen.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen. Eine Versagung des rechtlichen Gehörs i.S.d. § 138 Nr. 3 VwGO kann auch in der Verletzung von Verfahrensvorschriften liegen, die der Wahrung des rechtlichen Gehörs dienen. Hierzu gehören allerdings regelmäßig nicht Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht des Gerichts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder gegen das Gebot der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zur Sachaufklärungspflicht und freien Beweiswürdigung zählt grundsätzlich auch die Frage, ob das Gericht auf hinreichend breiter Tatsachengrundlage entschieden hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann bei solchen Mängeln im Einzelfall allenfalls bei gravierenden Verstößen verletzt sein (BVerfG, B.v. 8.4.2004 – 2 BvR 743/03 – NJW-RR 2004, 1150), oder wenn es sich um gewichtige Verstöße gegen Beweiswürdigungsgrundsätze handelt, beispielsweise weil die Beteiligten mit der vom Gericht vorgenommenen Würdigung ohne ausdrücklichen Hinweis nicht rechnen mussten (vgl. BVerfG, B.v. 12.6.2003 – 1 BvR 2285/02 – NJW 2003, 2524) oder weil die Würdigung willkürlich erscheint oder gegen die Denkgesetze verstößt (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1995 – 9 B 710.94 – NVwZ-RR 1996, 359). Derartige gravierende Mängel sind hier nicht dargelegt. Der Kläger verkennt, dass das Erstgericht seinen Vortrag bereits als unglaubwürdig eingestuft hat, teilweise unter Bezugnahme auf die insoweit ausführliche Begründung im Bescheid des Bundesamtes, welches nach persönlicher Anhörung des Klägers dieselbe Einschätzung vertreten hat. Nach diesem – für das Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S.d. § 138 VwGO maßgeblichen – Standpunkt des Erstgerichts kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob er wegen des Betreibens eines Videostudios vor seiner ersten Ausreise und der nach seiner ersten Rückkehr angeblich gegenüber Al-Shabaab-Kämpfern geäußerten Absicht, dieses wieder zu eröffnen, in Anknüpfung an ein Merkmal i.S.d. § 3 Abs. 1, 3b AsylG verfolgt wurde bzw. ihm bei erneuter Rückkehr eine solche Verfolgung droht, mangels Glaubhaftigkeit des vorgetragenen Geschehens nicht an.

2. Soweit das Verwaltungsgericht zusätzlich, d.h. selbständig tragend die Auffassung vertreten hat, dass die vorgetragene Gefahr der Zwangsrekrutierung durch Al-Shabaab nicht an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal anknüpfe, wurde ebenfalls kein Zulassungsgrund dargelegt. Wird die angefochtene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungselemente gestützt, so ist aber in Bezug auf jedes dieser Begründungselemente ein Zulassungsgrund darzulegen, sofern nicht ausnahmsweise ein Fall der Rechtskrafterstreckung vorliegt (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2016 – 3 B 38.16 – juris). Soweit mit der – allerdings im Zusammenhang der Geltendmachung des o.g. Verfahrensverstoßes aufgeworfenen – Frage, „ob die Tatsache, ein weltoffen, westlich ausgerichtetes Gewerbe zu führen, als Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG definiert werden“ könne, eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht werden soll, fehlt es an der erforderlichen Darlegung gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Die Darlegung einer Grundsatzfrage i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist. Ferner muss dargelegt werden, weshalb der Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Die gegebene Begründung geht aber nicht darauf ein, weshalb es sich um eine in einem Berufungsverfahren entscheidungserhebliche und damit klärungsfähige Rechtsfrage handelt. Denn das Verwaltungsgericht hat den individuellen Vortrag des Klägers als unglaubhaft eingestuft. Lediglich hinsichtlich der vom Kläger über seine individuellen Gründe hinaus befürchteten Zwangsrekrutierung durch Al-Shabaab hat es die Auffassung vertreten, dass es an dem (für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG erforderlichen) Anknüpfen an ein Merkmal i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 3b AsylG fehle. Insoweit aber hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dargelegt. Denn das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung nachvollziehbar ausgeführt, warum die Zwangsrekrutierungen durch Al-Shabaab nicht an ein bestimmtes Merkmal anknüpfen (vgl. dazu auch die Rechtsprechung des Senats, BayVGH, U.v. 26.1.2012 – 20 B 11.30468 – juris Rn. 25). Damit setzt sich die Begründung des Zulassungsantrags nicht konkret auseinander. Sie übt vielmehr Kritik an der Sachverhaltsermittlung und rechtlichen Würdigung durch das Verwaltungsgericht im Einzelfall und zielt damit (sinngemäß) auf die Geltendmachung ernstlicher Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ab. Letztere kommen aber nach der abschließenden Sondervorschrift des § 78 Abs. 3 AsylG im Asylprozess als Zulassungsgrund nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylG.

Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.