Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Oktober 2018 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 27. August 2018 (M 21 K 17.43581) abgewiesen.

Die Abschiebung des Antragstellers war ursprünglich für den 26. Februar 2019 geplant. Seinen Antrag, die Ausländerbehörde zu verpflichten, der die Abschiebung durchführenden Bundespolizei mitzuteilen, dass die Abschiebung abzubrechen ist, lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 26. Februar 2019 (M 12 E 19.892) ab. Duldungsgründe im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG lägen nicht vor. Der Kläger habe keine den Anforderungen des § 60 Abs. 2c Satz 3 AufenthG genügende Bestätigung vorgelegt. Im Hinblick auf die familiäre Beziehung zu seinen Kindern sei bereits nicht glaubhaft gemacht, dass er tatsächlich deren Vater sei. Der Antragsteller habe die Mutter der 6 bzw. 12 Jahre alten Kinder erst am 25. November 2017, d.h. lange nach deren Geburt, geheiratet. Eine Urkunde über eine Vaterschaftsanerkennung sei ebenso wenig vorgelegt worden wie ein Nachweis über eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Zudem sei bereits nicht glaubhaft gemacht worden, dass sich die Ehefrau und deren Kinder berechtigterweise im Bundesgebiet aufhielten. Zwar seien diese im Besitz einer italienischen Aufenthaltserlaubnis zum Daueraufenthalt/EU. Diese berechtige jedoch zunächst nur zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet für Besuchsaufenthalte von bis zu 3 Monaten. Für einen darüber hinausgehenden Aufenthalt bedürfe es einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG. Abgesehen davon sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller, seiner Ehefrau und den Kindern nur in der Bundesrepublik stattfinden könne.

Die geplante Abschiebung wurde nicht vollzogen. Der Beschluss vom 26. Februar 2019 wurde der Bevollmächtigten des Antragstellers am 12. März 2019 zugestellt.

Am 25. März 2019 beantragte der Antragsteller erneut, die für diesen Tag vorgesehene Abschiebung vorläufig auszusetzen. Er legte ein fachärztliches Attest vom 20. März 2019 vor, das ihm Reiseunfähigkeit bescheinigte. Mit Beschluss vom 25. März 2019 (M 12 E 19.1413) lehnte das Verwaltungsgericht München auch diesen Antrag ab. Beim Antragsteller liege weder eine Reiseunfähigkeit im engeren noch im weiteren Sinne vor. Auch aus Art. 6 GG ergebe sich kein Abschiebungshindernis.

Der Antragsteller wurde am 25. März 2019 nach Nigeria abgeschoben. Am 26. März 2019 legte er gegen den Beschluss vom 26. Februar 2019 (Az. M 12 E 19.892) Beschwerde ein. Er beantragt,

I.

Der Beschluss vom 26. Februar 2019 wird aufgehoben.

II.

Es wird festgestellt, dass der Antragsteller einen Duldungsanspruch gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG hat.

III.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers rückgängig zu machen und ihm eine Duldungsbescheinigung gemäß § 60a Abs. 4 AufenthG auszustellen.

Das Gericht gehe von falschen Tatsachen aus. Die Vaterschaft des Antragstellers sei bereits durch die Geburtsurkunde für das am 6. Juni 2012 geborene Kind nachgewiesen. Die Familie habe bis zur Abschiebung des Antragstellers am 25. März 2019 in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt. Die Führung der familiären Lebensgemeinschaft in Nigeria sei der Ehefrau und dem Sohn des Antragstellers nicht zumutbar. Es werde nicht möglich sein, sich in Nigeria eine Existenzgrundlage zu schaffen. Für den Sohn sei der Antragsteller eine zentrale Bezugsperson, eine Trennung von ihm sei kindeswohlgefährdend. Auch die Führung einer familiären Lebensgemeinschaft in Italien sei de facto nicht möglich. Nach dem gescheiterten Abschiebungsversuch am 26. Februar 2019 habe der Antragsteller eine psychische Krise erlitten und sei daher am 7. März 2019 in das I.-A.-Klinikum aufgenommen worden, wo er bis 22. März 2019 stationär psychiatrisch behandelt worden sei.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz decke sich weitgehend mit dem erstinstanzlichen Vortrag des Antragstellers aus dem zweiten Eilverfahren (M 12 E 19.1413), in dem der Antragsteller die vorläufige Aussetzung seiner für den 25. März 2019 geplanten und schließlich vollzogen Abschiebung nach Nigeria habe erreichen wollen. Das Verwaltungsgericht München habe diesen Antrag nach § 123 VwGO mit Beschluss vom 25. März 2019 abgelehnt. Dementsprechend stehe dem Antragsteller kein Recht auf Rückgängigmachung der vollzogenen Abschiebung aus dem allgemeinen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch zu. Die Ehefrau werde am 8. Juni 2019 freiwillig nach Italien ausreisen. Angesichts des Beschlusses vom 25. März 2019 bestünden bereits Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis der vorliegenden Beschwerde. Schließlich werde noch darauf hingewiesen, dass die vorgelegte italienische Geburtsbescheinigung vom 19. Januar 2015 bereits nach ihrem Inhalt nicht zur Vorlage bei Organen der öffentlichen Verwaltung genutzt werden könne.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 12 E 19.892 und M 12 E 19.1413, verwiesen.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 26. Februar 2019 ist unzulässig und daher zu verwerfen. Zwar wurde die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 VwGO beim Verwaltungsgericht eingelegt. Der vollständige, d.h. mit Gründen versehene, Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 26. Februar 2019 wurde der Bevollmächtigten des Antragstellers ausweislich des Empfangsbekenntnisses erst am 12. März 2019 zugestellt, so dass die Beschwerde am 26. März 2019 fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt wurde (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO sowie § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Mit der Zustellung des Entscheidungstenors per Telefax am 26. Februar 2019 hat die Beschwerdefrist noch nicht zu laufen begonnen (Kaufmann in BeckOK, VwGO, Stand 1.1.2019, § 147 Rn. 4). Es fehlt jedoch am Rechtsschutzbedürfnis für die erst am 26. März 2019 nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2019 und der am selben Tag vollzogenen Abschiebung des Antragstellers nach Nigeria eingelegte Beschwerde.

Dies ergibt sich aus folgendem:

Der Antragsteller hat nach dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss vom 26. Februar 2019 einen weiteren Antrag auf „vorläufige Aussetzung der Abschiebung“ nach § 123 VwGO gestellt, den er - wie schon den Antrag, der zum Beschluss vom 25. Februar 2019 geführt hat - mit dem Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft mit seinem Sohn und seiner Ehefrau begründet hat. Zudem hat er erstmals eine posttraumatische Belastungsstörung und eine Selbstmordgefährdung als weitere Abschiebungshindernisse geltend gemacht. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. März 2019 abgelehnt und in der Sache zu den vorgebrachten Abschiebungshindernissen entschieden. Soweit ersichtlich ist gegen diesen Beschluss bislang keine Beschwerde eingelegt worden.

Stellt ein Antragsteller nach einer gerichtlichen Entscheidung, die seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ablehnt, einen weiteren Antrag (hier am 25.3.2019), so handelt es sich nach überwiegender Auffassung in der Kommentarliteratur (Kuhla in BeckOK, VwGO, Stand 1.7.2018, § 123 Rn. 182; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 123 Rn. 175) und in der Rechtsprechung (vgl. OVG RhPf, B.v. 1.7.2015 - 2 B 10498/15.OVG - juris; NdsOVG, B.v. 24.4.2013 - 4 MC 56/13 - juris, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen) um einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO analog auf Abänderung der ursprünglichen Entscheidung (a.A. für die Abänderung einer den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnenden Entscheidung: Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 81). Trotz fehlender ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ist auch im System der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO angesichts der dringenden praktischen Notwendigkeit hierfür ein Abänderungsverfahren statthaft. Ein derartiger Antrag auf Abänderung der gerichtlichen Entscheidung ist auch nicht ausgeschlossen, wenn der gerichtliche Beschluss - wie hier - noch nicht in formeller Rechtskraft erwachsen ist und eine Änderung der Sachlage auch noch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden könnte (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 146 Rn. 13c m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Antragsteller sich auf geänderte Umstände berufen kann. Nur wenn der Antragsteller vor Stellung des weiteren Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz am 25. März 2019 gegen den Beschluss vom 26. Februar 2019 bereits Beschwerde eingelegt hätte, wäre ein Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO unzulässig (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018; § 123 Rn. 130).

Hat das Gericht über den vom Antragsteller am 25. März 2019 sinngemäß (§ 88 VwGO) gestellten Antrag auf Abänderung der Entscheidung vom 26. Februar 2019 durch Beschluss vom 25. März 2019 über eine Aussetzung der Abschiebung neu entschieden, ist der Beschluss vom 26. Februar 2019 obsolet geworden, weil er durch den Beschluss vom 25. März 2019 ersetzt worden ist. Das Abänderungsverfahren ist ein gegenüber dem vorangegangenen Verfahren neues, selbständiges Verfahren. Im Abänderungsverfahren wird die „Fortdauer“ der im vorangegangenen Verfahren getroffenen Entscheidung geprüft, so dass die Rechtswirkungen (für die Zukunft) nur mehr von der Abänderungsentscheidung ausgehen (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 183).

Durch den Beschluss vom 26. Februar 2019 ist der Antragsteller folglich nicht mehr beschwert. Die Aufhebung des Beschlusses in einem Beschwerdeverfahren würde für ihn keine rechtlichen Vorteile bringen, weil der zeitlich und inhaltlich aktuelle Beschluss vom 25. März 2019 weiterhin Bestand hätte. Folglich fehlt ihm für die am 26. März 2019 gegen den Beschluss vom 26. Februar 2019 eingelegte Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis.

Ist die Beschwerde somit bereits unzulässig, kommt es nicht mehr darauf an, ob die erst nach der durchgeführten Abschiebung erhobene Beschwerde mit der Änderung des ursprünglichen Antrags auf Aussetzung der Abschiebung in einen Antrag auf Rückgängigmachung der Abschiebung zulässig ist (zum Meinungsstand: OVG RhPf, B.v. 11.7.2017 - 7 B 11079/17 - juris; B.v. 5.1.2017 - 7 B 11589/16 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 28.1.2016 - 10 CE 15.2653 - juris, B.v. 21.6.2007 - 19 ZB 06.3373 -juris; B.v. 18.12.2017 - 19 CE 17.1541 - juris Rn. 9; B.v. 30.7.2018 - 10 CE 18.769 - juris Rn. 15; B.v. 3.3. 2016 - 11 CE 16.219 - juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 9.3.2007 - 18 B 2533/06 - juris; B.v. 18.7.2006 - 18 B 1324/06 - juris; OVG LSA, B.v. 6.6.2016 - 2 M 37/16 - juris; B.v. 26.9.2008 - 2 M 188/08 - juris; OVG Bremen, B.v. 19.5.2017 - 1 B 47/17 - juris; SächsOVG, B.v. 14.12.2011 - 3 B 244/11 - juris; OVG Saarl, B.v. 18.10.2005 - 2 W 15/05 - juris, B.v. 24.1.2003 - 9 W 50/02 - juris; Ham OVG, B.v. 6.7.2018 - 3 Bs 97/18 - juris Rn. 20). Auch über die Zulässigkeit des Antrags auf Feststellung, dass ein Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 AufenthG besteht, braucht nicht mehr entschieden zu werden.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2, § 39 GKG, wobei für den Feststellungsantrag und für den Antrag auf Folgenbeseitigung jeweils ein Streitwert von 1.250,- Euro festgesetzt wird, da es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 147


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 57


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

Zivilprozessordnung - ZPO | § 187 Veröffentlichung der Benachrichtigung


Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 63


Beteiligte am Verfahren sind 1. der Kläger,2. der Beklagte,3. der Beigeladene (§ 65),4. der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 38a Aufenthaltserlaubnis für in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union langfristig Aufenthaltsberechtigte


(1) Einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten wil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 188 Zeitpunkt der öffentlichen Zustellung


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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger, der am heutigen Tag um 15.30 Uhr nach Nigeria abgeschoben werden soll.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 26. Februar 2019, bei Gericht am selben Tag vollständig um 14.50 Uhr eingegangen, hat der Antragsteller gem. § 123 VwGO beantragt,

die Ausländerbehörde zu verpflichten, der die Abschiebung durchführenden Bundespolizei mitzuteilen, dass die Abschiebung abzubrechen ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die geplante Abschiebung sei aus gesundheitlichen und familiären Gründen unverzüglich auszusetzen. Der Antragsteller lebe mit seiner Ehefrau S. und seinen zwei minderjährigen Kindern im Alter von zwölf und sechs Jahren in familiärer Lebensgemeinschaft zusammen. Er übe die elterliche Sorge für beide Kinder gemeinsam mit der Mutter aus. Mutter und Kinder verfügten über ein Daueraufenthaltsrecht/EU in Italien. Sie seien zur Ausreise aufgefordert und werden am 7. März 2019 nach Italien ausreisen. Die Abschiebung des Antragstellers würde zu einer dauerhaften Trennung der Familie führen. Dieser verfüge in Italien über kein Aufenthaltsrecht. Auch und besonders unter Kindeswohlgesichtspunkten sei die dauerhafte Trennung der minderjährigen Kinder, insbesondere des sechsjährigen E., von seinem Vater nicht zumutbar. Für diesen sei der Antragsteller zentrale Bezugsperson. Eine Trennung wäre nicht nur unverständlich, sondern kindeswohlgefährdend und könnte erhebliche Entwicklungsstörungen hervorrufen. Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen sei maßgeblich auch auf die Sicht und das Wohl des Kindes abzustellen und die im Einzelfall bestehende persönliche Verbundenheit mit dem betroffenen Elternteil, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Es sei davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienten. Je kleiner das Kind sei, desto entscheidender sei die Nähe und der kontinuierliche Umgang des Kindes zu seinem Vater für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung. Die Mutter und die Kinder würden in Italien keine Sozialleistungen, geschweige denn eine Unterkunft, erhalten. Der Kindsmutter werde es auf absehbare Zeit nicht gelingen, den Lebensunterhalt für sich und die Kinder zu sichern. Abgesehen von fehlenden Arbeitsplätzen stünden erforderliche Kinderbetreuungsmöglichkeiten einer Familie von Drittstaatsangehörigen, die sich vier Jahre in Deutschland aufgehalten habe, in Italien nicht zur Verfügung. Auf die Rechtsprechung zur Aufnahme von Familien mit kleinen Kindern in Italien werde hingewiesen. Danach könnten Familien mit kleinen Kindern nicht mehr ohne ausdrückliche individuelle und konkrete Zusage der adäquaten Unterbringung und Versorgung durch die dortigen Behörden nicht mehr nach Italien rücküberstellt werden. Die Familien seien in Italien ansonsten durch die bestehenden Verhältnisse einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK ausgesetzt. Aufgrund dieser Verhältnisse habe die Mutter mit ihren Kindern 2014 Italien verlassen müssen. Dennoch bestehe der Antragsgegner auf der Ausreise der Kindsmutter mit den Kindern. Aufgrund der zu erwartenden Lebensumstände der Familie in Italien sei es aus realistischer Sicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller im Wege des Visumverfahrens zu seiner Familie nach Italien kommen könne. Aufgrund des hohen Schutzguts des Kindeswohls und der Familieneinheit wäre eine Abschiebung nur aufgrund der Tatsache, dass die Vaterschaft des Antragstellers nicht beurkundet sei, rechtswidrig, da sie die verfassungsmäßigen Rechte des Antragstellers und des Kindes verletze. Zudem leide der Antragsteller seit mehr als zwei Monaten unter aggravierenden schweren Kopfschmerzen, weswegen er sich vergangene Woche akut in neurologische Behandlung habe begeben müssen. Da die Kopfschmerzen auf einen erlittenen Unfall zurückzuführen seien bzw. auf einen Tumor hinweisen könnten, sei ein MRT angeordnet worden. Eine Flugreise könne unabsehbare schwere, möglicherweise irreversible Gesundheitsbeeinträchtigungen nach sich ziehen.

Der Tenor der Entscheidung wurde der Bevollmächtigten bereits zuvor gefaxt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht als Vorsitzendenentscheidung (§ 123 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 80 Abs. 8 VwGO). Die Dringlichkeit liegt vor.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Ob der Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unter dem Gesichtspunkt der verzögerten Antragstellung bereits unzulässig ist, kann offen bleiben. Anhaltspunkte hierfür sind, dass die Bevollmächtigte des Antragstellers mindestens bereits seit 29. Januar 2019 mit dessen Vertretung mandatiert war und die nunmehr geltend gemachten familiären Gründe bereits zu dieser Zeit vorlagen. Auch die geltend gemachten gesundheitlichen Gründe sind ausweislich der vorgelegten Unterlagen bereits seit 22. Februar 2019 bekannt. Vor diesem Hintergrund deutet die Übermittlung der Antragsschrift, die vollständig erst eine gute halbe Stunde vor der geplanten Abschiebung bei Gericht eingegangen ist, zumindest darauf hin, dass mit der Übermittlung der Antragsschrift möglicherweise zugewartet wurde, um dadurch eine sachliche Prüfung zeitbedingt zu verhindern und deswegen die Aussetzung der Abschiebung zu erreichen.

Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder wenn andere Gründe vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO.

Der Antragsteller hat den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus den vorgebrachten Gründen nicht mit der für die Glaubhaftmachung erforderlichen Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung besteht.

Der Antragsteller hat nichts dahingehend vorgetragen, dass die Voraussetzungen für eine Abschiebung nach § 58 Abs. 1 AufenthG nicht vorlägen, sondern hat lediglich einen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung aus gesundheitlichen und familiären Gründen geltend gemacht.

Einen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Derartige Gründe sind nicht glaubhaft gemacht worden.

Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Will der Ausländer diese gesetzliche Vermutung widerlegen, muss er nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG).

Eine derartige qualifizierte ärztliche Bescheinigung wurde nicht vorgelegt. Der vorgelegte Überweisungsschein stellt keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung i.S.d. § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Er enthält weder Angaben zum Schweregrad der Erkrankung noch zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG).

Der Antragsteller hat auch kein rechtliches Abschiebungshindernis aus Art. 6 GG glaubhaft gemacht. Er macht insoweit die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau sowie die familiäre Beziehung zu deren Kindern, deren Vater er sei, geltend.

Im Hinblick auf die familiäre Beziehung zu den im Antragsschriftsatz genannten Kindern ist aber bereits nicht glaubhaft gemacht worden, dass der Antragsteller tatsächlich deren Vater ist. Vater eines Kindes ist nach § 1592 BGB der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist. Nichts davon trifft auf den Antragsteller zu. Ausweislich der vorgelegten Heiratsurkunde hat der Antragsteller die Mutter der sechs- bzw. zwölfjährigen Kinder erst am 25. November 2017, d.h. lange nach deren Geburt, geheiratet. Eine Urkunde über eine Vaterschaftsanerkennung wurde ebenso wenig vorgelegt wie ein Nachweis über eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Die gesetzliche Bestimmung der Vaterschaft ist konstitutiv für die Möglichkeit, als Elternteil überhaupt für ein Kind tatsächlich umfassend Sorge zu tragen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 20.3.2018 - 1 Bs 25/18 - juris Rn. 11 m.w.N. zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Sie eröffnet den Zugang zur Elternverantwortung und ist Voraussetzung für die Wahrnehmung der grundrechtlich geschützten Elternposition. Dass nach nigerianischem Recht anderes gelten würde (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Selbst wenn man von einer Vaterschaft des Antragstellers ausginge, hätte er einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zwar verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach der der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles. Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit hat oder ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Dies kann selbst dann gelten, wenn der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat (BVerfG, B.v. 30.1.2002 - 2 BvR 231/00 - juris). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Bei einer Vater-Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich wird, sondern eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben kann (vgl. BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 -juris). Bei der Auslegung und Anwendung der ausländerrechtlichen Vorschriften ist auch angemessen zu berücksichtigen, dass durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) die Rechtspositionen des Kindes und seiner Eltern sowohl hinsichtlich des gemeinsamen Sorgerechts als auch hinsichtlich des Umgangsrechts gestärkt worden sind. Seither ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange der Eltern und des Kindes im Einzelfall umfassend zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris; BVerwG, U.v. 20.2.2003 - 1 C 13/02 - juris).

Im vorliegenden Fall ist bereits nicht glaubhaft gemacht worden, dass sich die Ehefrau und deren Kinder berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten. Zwar sind diese im Besitz einer italienischen Aufenthaltserlaubnis zum Daueraufenthalt/EU. Diese berechtigt jedoch zunächst nur zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet für Besuchsaufenthalte von bis zu drei Monaten. Für einen darüber hinausgehenden Aufenthalt bedarf es einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 38a AufenthG. Nach eigenen Angaben im Antragsschriftsatz befinden sich die Ehefrau und die Kinder bereits seit 2014 im Bundesgebiet. Der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis wurde nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr wurde für die Ehefrau des Antragstellers eine Grenzübertrittsbescheinigung vorgelegt.

Abgesehen davon ist auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft zwischen einem Antragsteller, seiner Ehefrau und den Kindern nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden könnte. Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG gebieten es regelmäßig nicht, dem Wunsch eines Ausländers nach familiärem Zusammenleben im Bundesgebiet zu entsprechen, wenn ein solches Zusammenleben auch im Heimatland des Ausländers oder eines Familienangehörigen zumutbar möglich ist (vgl. BVerfG, B.v. 12.5.1987 2 BvR 1226/83 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris Rn. 53 jeweils m.w.N.; OVG Lüneburg, 2.2.2011 - 8 ME 305/10 - juris). Bei der Ehefrau und den Kindern handelt es sich wie auch beim Antragsteller um nigerianische Staatsangehörige. Der Antragsteller kann die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft daher ohne weiteres in Nigeria führen. Dass der Ehefrau und den Kindern eine Rückkehr nach Nigeria nicht zumutbar wäre, etwa weil diesen internationaler Schutz zuerkannt worden wäre, ist nicht glaubhaft gemacht worden. Vielmehr ergibt sich aus der Heiratsurkunde, dass die Ehe am 25. November 2017 in Nigeria geschlossen wurde, zumal unter Angabe einer nigerianischen Wohnanschrift, so dass sogar davon auszugehen ist, dass sie sich vor nicht allzu langer Zeit in Nigeria aufgehalten haben. Auch aus der italienischen Erlaubnis zum Daueraufenthalt/EU der Ehefrau und der Kinder ergibt sich keine Unzumutbarkeit der Rückkehr nach Nigeria, da diese von dem Aufenthaltsrecht keinen Gebrauch machen müssen. Die Trennung des Antragstellers von seiner Ehefrau und den Kindern beruht somit auf der autonomen Entscheidung der Eheleute bzw. der Ehefrau des Antragstellers, nicht mit diesem nach Nigeria zurückkehren, sondern laut Angaben im Antragsschriftsatz am 7. März 2019 nach Italien auszureisen.

Darüber hinaus könnte die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft auch in Italien geführt werden. Die Ehefrau des Antragstellers und die Kinder sind im Besitz einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt/EU. Grundsätzlich besteht europarechtlich ein Recht auf Familienzusammenführung (vgl. Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht zur Familienzusammenführung). Es liegt in der Verantwortung des Antragstellers und seiner Ehefrau, die hierfür nach den italienischen gesetzlichen Bestimmungen zulässigerweise geforderten Erteilungsvoraussetzungen, wie etwa die Sicherung des Lebensunterhalts, zu erfüllen. Dass dies dem erwerbsfähigen Antragsteller und seiner Ehefrau durch Aufnahme einer Arbeit nicht möglich sein sollte, ist reine Spekulation und wurde in keiner Weise glaubhaft gemacht. Insbesondere sind die Kinder bereits im schulpflichtigen Alter, so dass der Ehefrau des Antragstellers unabhängig von einem Betreuungsplatz zumindest eine Teilzeitbeschäftigung möglich ist.

Ein Abschiebungshindernis aus Art. 6 GG ergibt sich schließlich auch nicht aus der mit der Abschiebung des Antragstellers verbundenen vorübergehenden Trennung des Antragstellers von den Kindern. Zwar kann eine Trennung von noch sehr kleinen Kindern im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG unzumutbar sein kann, wenn diese den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung nicht begreifen und die Trennung rasch als endgültigen Verlust erfahren (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - a.a.O.). Bei sechs- bzw. zwölfjährigen Kindern kann jedoch erwartet werden, dass sie den vorübergehenden Charakter der Trennung begreifen, so dass auch eine längerfristige, vorübergehende Trennung zumutbar ist.

Nach alledem war der Antrag mit der Rechtsfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten will. § 8 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Ausländer, die

1.
von einem Dienstleistungserbringer im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung entsandt werden,
2.
sonst grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen wollen oder
3.
sich zur Ausübung einer Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer im Bundesgebiet aufhalten oder im Bundesgebiet eine Tätigkeit als Grenzarbeitnehmer aufnehmen wollen.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Absatz 3 zugestimmt hat; die Zustimmung wird mit Vorrangprüfung erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, wenn die in § 21 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wird der Aufenthaltstitel nach Absatz 1 für ein Studium oder für sonstige Ausbildungszwecke erteilt, sind die §§ 16a und 16b entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 16a wird der Aufenthaltstitel ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt.

(4) Eine nach Absatz 1 erteilte Aufenthaltserlaubnis darf nur für höchstens zwölf Monate mit einer Nebenbestimmung nach § 34 der Beschäftigungsverordnung versehen werden. Der in Satz 1 genannte Zeitraum beginnt mit der erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1. Nach Ablauf dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger, der am heutigen Tag um 15.30 Uhr nach Nigeria abgeschoben werden soll.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 26. Februar 2019, bei Gericht am selben Tag vollständig um 14.50 Uhr eingegangen, hat der Antragsteller gem. § 123 VwGO beantragt,

die Ausländerbehörde zu verpflichten, der die Abschiebung durchführenden Bundespolizei mitzuteilen, dass die Abschiebung abzubrechen ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die geplante Abschiebung sei aus gesundheitlichen und familiären Gründen unverzüglich auszusetzen. Der Antragsteller lebe mit seiner Ehefrau S. und seinen zwei minderjährigen Kindern im Alter von zwölf und sechs Jahren in familiärer Lebensgemeinschaft zusammen. Er übe die elterliche Sorge für beide Kinder gemeinsam mit der Mutter aus. Mutter und Kinder verfügten über ein Daueraufenthaltsrecht/EU in Italien. Sie seien zur Ausreise aufgefordert und werden am 7. März 2019 nach Italien ausreisen. Die Abschiebung des Antragstellers würde zu einer dauerhaften Trennung der Familie führen. Dieser verfüge in Italien über kein Aufenthaltsrecht. Auch und besonders unter Kindeswohlgesichtspunkten sei die dauerhafte Trennung der minderjährigen Kinder, insbesondere des sechsjährigen E., von seinem Vater nicht zumutbar. Für diesen sei der Antragsteller zentrale Bezugsperson. Eine Trennung wäre nicht nur unverständlich, sondern kindeswohlgefährdend und könnte erhebliche Entwicklungsstörungen hervorrufen. Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen sei maßgeblich auch auf die Sicht und das Wohl des Kindes abzustellen und die im Einzelfall bestehende persönliche Verbundenheit mit dem betroffenen Elternteil, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Es sei davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienten. Je kleiner das Kind sei, desto entscheidender sei die Nähe und der kontinuierliche Umgang des Kindes zu seinem Vater für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung. Die Mutter und die Kinder würden in Italien keine Sozialleistungen, geschweige denn eine Unterkunft, erhalten. Der Kindsmutter werde es auf absehbare Zeit nicht gelingen, den Lebensunterhalt für sich und die Kinder zu sichern. Abgesehen von fehlenden Arbeitsplätzen stünden erforderliche Kinderbetreuungsmöglichkeiten einer Familie von Drittstaatsangehörigen, die sich vier Jahre in Deutschland aufgehalten habe, in Italien nicht zur Verfügung. Auf die Rechtsprechung zur Aufnahme von Familien mit kleinen Kindern in Italien werde hingewiesen. Danach könnten Familien mit kleinen Kindern nicht mehr ohne ausdrückliche individuelle und konkrete Zusage der adäquaten Unterbringung und Versorgung durch die dortigen Behörden nicht mehr nach Italien rücküberstellt werden. Die Familien seien in Italien ansonsten durch die bestehenden Verhältnisse einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK ausgesetzt. Aufgrund dieser Verhältnisse habe die Mutter mit ihren Kindern 2014 Italien verlassen müssen. Dennoch bestehe der Antragsgegner auf der Ausreise der Kindsmutter mit den Kindern. Aufgrund der zu erwartenden Lebensumstände der Familie in Italien sei es aus realistischer Sicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller im Wege des Visumverfahrens zu seiner Familie nach Italien kommen könne. Aufgrund des hohen Schutzguts des Kindeswohls und der Familieneinheit wäre eine Abschiebung nur aufgrund der Tatsache, dass die Vaterschaft des Antragstellers nicht beurkundet sei, rechtswidrig, da sie die verfassungsmäßigen Rechte des Antragstellers und des Kindes verletze. Zudem leide der Antragsteller seit mehr als zwei Monaten unter aggravierenden schweren Kopfschmerzen, weswegen er sich vergangene Woche akut in neurologische Behandlung habe begeben müssen. Da die Kopfschmerzen auf einen erlittenen Unfall zurückzuführen seien bzw. auf einen Tumor hinweisen könnten, sei ein MRT angeordnet worden. Eine Flugreise könne unabsehbare schwere, möglicherweise irreversible Gesundheitsbeeinträchtigungen nach sich ziehen.

Der Tenor der Entscheidung wurde der Bevollmächtigten bereits zuvor gefaxt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht als Vorsitzendenentscheidung (§ 123 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 80 Abs. 8 VwGO). Die Dringlichkeit liegt vor.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Ob der Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unter dem Gesichtspunkt der verzögerten Antragstellung bereits unzulässig ist, kann offen bleiben. Anhaltspunkte hierfür sind, dass die Bevollmächtigte des Antragstellers mindestens bereits seit 29. Januar 2019 mit dessen Vertretung mandatiert war und die nunmehr geltend gemachten familiären Gründe bereits zu dieser Zeit vorlagen. Auch die geltend gemachten gesundheitlichen Gründe sind ausweislich der vorgelegten Unterlagen bereits seit 22. Februar 2019 bekannt. Vor diesem Hintergrund deutet die Übermittlung der Antragsschrift, die vollständig erst eine gute halbe Stunde vor der geplanten Abschiebung bei Gericht eingegangen ist, zumindest darauf hin, dass mit der Übermittlung der Antragsschrift möglicherweise zugewartet wurde, um dadurch eine sachliche Prüfung zeitbedingt zu verhindern und deswegen die Aussetzung der Abschiebung zu erreichen.

Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder wenn andere Gründe vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO.

Der Antragsteller hat den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus den vorgebrachten Gründen nicht mit der für die Glaubhaftmachung erforderlichen Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung besteht.

Der Antragsteller hat nichts dahingehend vorgetragen, dass die Voraussetzungen für eine Abschiebung nach § 58 Abs. 1 AufenthG nicht vorlägen, sondern hat lediglich einen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung aus gesundheitlichen und familiären Gründen geltend gemacht.

Einen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Derartige Gründe sind nicht glaubhaft gemacht worden.

Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Will der Ausländer diese gesetzliche Vermutung widerlegen, muss er nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG).

Eine derartige qualifizierte ärztliche Bescheinigung wurde nicht vorgelegt. Der vorgelegte Überweisungsschein stellt keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung i.S.d. § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Er enthält weder Angaben zum Schweregrad der Erkrankung noch zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG).

Der Antragsteller hat auch kein rechtliches Abschiebungshindernis aus Art. 6 GG glaubhaft gemacht. Er macht insoweit die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau sowie die familiäre Beziehung zu deren Kindern, deren Vater er sei, geltend.

Im Hinblick auf die familiäre Beziehung zu den im Antragsschriftsatz genannten Kindern ist aber bereits nicht glaubhaft gemacht worden, dass der Antragsteller tatsächlich deren Vater ist. Vater eines Kindes ist nach § 1592 BGB der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist. Nichts davon trifft auf den Antragsteller zu. Ausweislich der vorgelegten Heiratsurkunde hat der Antragsteller die Mutter der sechs- bzw. zwölfjährigen Kinder erst am 25. November 2017, d.h. lange nach deren Geburt, geheiratet. Eine Urkunde über eine Vaterschaftsanerkennung wurde ebenso wenig vorgelegt wie ein Nachweis über eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Die gesetzliche Bestimmung der Vaterschaft ist konstitutiv für die Möglichkeit, als Elternteil überhaupt für ein Kind tatsächlich umfassend Sorge zu tragen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 20.3.2018 - 1 Bs 25/18 - juris Rn. 11 m.w.N. zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Sie eröffnet den Zugang zur Elternverantwortung und ist Voraussetzung für die Wahrnehmung der grundrechtlich geschützten Elternposition. Dass nach nigerianischem Recht anderes gelten würde (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Selbst wenn man von einer Vaterschaft des Antragstellers ausginge, hätte er einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zwar verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach der der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles. Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit hat oder ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Dies kann selbst dann gelten, wenn der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat (BVerfG, B.v. 30.1.2002 - 2 BvR 231/00 - juris). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Bei einer Vater-Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich wird, sondern eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben kann (vgl. BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 -juris). Bei der Auslegung und Anwendung der ausländerrechtlichen Vorschriften ist auch angemessen zu berücksichtigen, dass durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) die Rechtspositionen des Kindes und seiner Eltern sowohl hinsichtlich des gemeinsamen Sorgerechts als auch hinsichtlich des Umgangsrechts gestärkt worden sind. Seither ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange der Eltern und des Kindes im Einzelfall umfassend zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris; BVerwG, U.v. 20.2.2003 - 1 C 13/02 - juris).

Im vorliegenden Fall ist bereits nicht glaubhaft gemacht worden, dass sich die Ehefrau und deren Kinder berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten. Zwar sind diese im Besitz einer italienischen Aufenthaltserlaubnis zum Daueraufenthalt/EU. Diese berechtigt jedoch zunächst nur zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet für Besuchsaufenthalte von bis zu drei Monaten. Für einen darüber hinausgehenden Aufenthalt bedarf es einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 38a AufenthG. Nach eigenen Angaben im Antragsschriftsatz befinden sich die Ehefrau und die Kinder bereits seit 2014 im Bundesgebiet. Der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis wurde nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr wurde für die Ehefrau des Antragstellers eine Grenzübertrittsbescheinigung vorgelegt.

Abgesehen davon ist auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft zwischen einem Antragsteller, seiner Ehefrau und den Kindern nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden könnte. Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG gebieten es regelmäßig nicht, dem Wunsch eines Ausländers nach familiärem Zusammenleben im Bundesgebiet zu entsprechen, wenn ein solches Zusammenleben auch im Heimatland des Ausländers oder eines Familienangehörigen zumutbar möglich ist (vgl. BVerfG, B.v. 12.5.1987 2 BvR 1226/83 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris Rn. 53 jeweils m.w.N.; OVG Lüneburg, 2.2.2011 - 8 ME 305/10 - juris). Bei der Ehefrau und den Kindern handelt es sich wie auch beim Antragsteller um nigerianische Staatsangehörige. Der Antragsteller kann die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft daher ohne weiteres in Nigeria führen. Dass der Ehefrau und den Kindern eine Rückkehr nach Nigeria nicht zumutbar wäre, etwa weil diesen internationaler Schutz zuerkannt worden wäre, ist nicht glaubhaft gemacht worden. Vielmehr ergibt sich aus der Heiratsurkunde, dass die Ehe am 25. November 2017 in Nigeria geschlossen wurde, zumal unter Angabe einer nigerianischen Wohnanschrift, so dass sogar davon auszugehen ist, dass sie sich vor nicht allzu langer Zeit in Nigeria aufgehalten haben. Auch aus der italienischen Erlaubnis zum Daueraufenthalt/EU der Ehefrau und der Kinder ergibt sich keine Unzumutbarkeit der Rückkehr nach Nigeria, da diese von dem Aufenthaltsrecht keinen Gebrauch machen müssen. Die Trennung des Antragstellers von seiner Ehefrau und den Kindern beruht somit auf der autonomen Entscheidung der Eheleute bzw. der Ehefrau des Antragstellers, nicht mit diesem nach Nigeria zurückkehren, sondern laut Angaben im Antragsschriftsatz am 7. März 2019 nach Italien auszureisen.

Darüber hinaus könnte die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft auch in Italien geführt werden. Die Ehefrau des Antragstellers und die Kinder sind im Besitz einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt/EU. Grundsätzlich besteht europarechtlich ein Recht auf Familienzusammenführung (vgl. Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht zur Familienzusammenführung). Es liegt in der Verantwortung des Antragstellers und seiner Ehefrau, die hierfür nach den italienischen gesetzlichen Bestimmungen zulässigerweise geforderten Erteilungsvoraussetzungen, wie etwa die Sicherung des Lebensunterhalts, zu erfüllen. Dass dies dem erwerbsfähigen Antragsteller und seiner Ehefrau durch Aufnahme einer Arbeit nicht möglich sein sollte, ist reine Spekulation und wurde in keiner Weise glaubhaft gemacht. Insbesondere sind die Kinder bereits im schulpflichtigen Alter, so dass der Ehefrau des Antragstellers unabhängig von einem Betreuungsplatz zumindest eine Teilzeitbeschäftigung möglich ist.

Ein Abschiebungshindernis aus Art. 6 GG ergibt sich schließlich auch nicht aus der mit der Abschiebung des Antragstellers verbundenen vorübergehenden Trennung des Antragstellers von den Kindern. Zwar kann eine Trennung von noch sehr kleinen Kindern im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG unzumutbar sein kann, wenn diese den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung nicht begreifen und die Trennung rasch als endgültigen Verlust erfahren (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - a.a.O.). Bei sechs- bzw. zwölfjährigen Kindern kann jedoch erwartet werden, dass sie den vorübergehenden Charakter der Trennung begreifen, so dass auch eine längerfristige, vorübergehende Trennung zumutbar ist.

Nach alledem war der Antrag mit der Rechtsfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

Das Schriftstück gilt als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist. Das Prozessgericht kann eine längere Frist bestimmen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller‚ eine vierköpfige Familie mazedonischer Staatsangehörigkeit‚ verfolgen mit der Beschwerde ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Aussetzung der Abschiebung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihre am 18. Juni 2015 gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen weiter.

Mit Bescheiden vom 24. Oktober 2012 - rechtskräftig seit 23. August 2013 - lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Durchführung weiterer Asylverfahren der Antragsteller zu 1 und 2 sowie die Anträge ihrer Kinder, der Antragsteller zu 3 und 4, auf Anerkennung als Asylberechtigte ab‚ in Bezug auf letztere als offensichtlich unbegründet‚ und drohte ihnen die Abschiebung nach Mazedonien oder in ein anderen aufnahmebereiten Staat an‚ sollten sie nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung das Bundesgebiet verlassen. Im Folgenden erhielten sie jeweils verlängerte Grenzübertrittsbescheinigungen und Duldungen‚ zuletzt gültig bis 9. Juni 2015. Nach Stellung der Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen vom 18. Juni 2015 erhielten die Antragsteller vom Landratsamt ... bis 31. Dezember 2015 gültige Bescheinigungen nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG.

Nachdem eine amtsärztliche Untersuchung am 22. Oktober 2015 die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1 ergeben hatte‚ betrieb der Beklagte die Abschiebung weiter. Mit Bescheid vom 7. Dezember 2015 nahm das Landratsamt ohne vorherige Anhörung der Antragsteller die Fiktionsbescheinigungen zurück. Am 9. Dezember 2015 wurden die Antragsteller um 12:00 Uhr vom Flughafen München aus abgeschoben. Mit Telefax vom gleichen Tag um 10:13 Uhr hatten die Antragsteller beantragt, ihre Abschiebung im Wege einer einstweiligen Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anträge auf Aufenthaltserlaubnis auszusetzen.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO mit der Begründung ab‚ der Antragsgegner habe den Bescheid‚ mit dem die Fiktionsbescheinigungen aufgehoben worden seien‚ der Bevollmächtigten per Telefax spätestens am Tag der Abschiebung um 11:47 Uhr bekannt gegeben. Einen Befangenheitsantrag der Antragsteller vom 10. Dezember 2015 wies das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 zurück.

Mit ihrer Beschwerde vom 9. Dezember 2015 beantragen die Antragsteller‚

den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und festzustellen‚ dass die Anordnung der Abschiebung rechtswidrig war und die Antragsteller nach Deutschland zurückzuführen sind.

Der Beschluss sei schon wegen der Befangenheit der Richter der 24. Kammer des Verwaltungsgerichts München aufzuheben‚ denn wegen der im Befangenheitsantrag vom 10. Dezember 2015 aufgeführten Gründe sei die Kammer in dieser Besetzung nicht mehr zur Entscheidung befugt gewesen. Der Abschiebung fehle die Rechtsgrundlage‚ weil die Erlaubnisfiktionen bis 31. Dezember 2015 gültig gewesen seien. Die Rücknahme dieser Fiktionen sei ohne vorherige Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgt; der Bescheid sei bis zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht bekannt gegeben worden. Die Abschiebung sei vor einer Entscheidung über die Anträge auf Aufenthaltserlaubnis nicht zulässig gewesen. Außerdem sei den Antragstellern infolge der Überraschungsentscheidung die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise genommen worden.

Am 17. Dezember 2015 erhoben die Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht München gegen den Rücknahmebescheid mit dem Ziel seiner Aufhebung und der Feststellung‚ dass die Fiktionsbescheinigungen über den 31. Dezember 2015 hinweg fortbestehen. Außerdem erhoben sie Feststellungsklage mit dem Ziel‚ die Wirkung der Abschiebung mit einer zeitlichen Befristung auf Null festzustellen.

Der Beklagte beantragt‚

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach Beendigung einer Instanz könne ein Richter dieser Instanz grundsätzlich nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Der Antrag auf Aufenthaltserlaubnis könne keine Fiktionswirkung haben. Die fehlerhaft ausgestellten Bescheinigungen stellten keine Verwaltungsakte dar‚ sondern dienten lediglich der Dokumentation des bestehenden Rechtszustandes. Wegen der auch der Bevollmächtigten bekannten Vorladung der Antragsteller zum örtlichen Gesundheitsamt am 22. Oktober 2015 sei klar gewesen‚ dass bei Feststellung der Reisefähigkeit aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Nach dem Vollzug der Abschiebung der Antragsteller am 9. Dezember 2015 hat sich der vor dem Verwaltungsgericht gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO mit seinem ursprünglichen Begehren erledigt‚ weil die Aussetzung der Abschiebung nach ihrer Durchführung am 9. Dezember 2015 objektiv unmöglich geworden ist. Dementsprechend haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren ihren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in zweierlei Hinsicht „erweitert“: zum einen um das Begehren der Feststellung‚ dass die Abschiebung rechtswidrig war, und zum anderen um den Antrag‚ sie in das Bundesgebiet zurückzuführen.

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist unzulässig, soweit mit ihm nun unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Feststellung der Rechtswidrigkeit der vollzogenen Abschiebung nach Mazedonien begehrt wird (1.1). Im Hinblick auf das geänderte Antragsbegehren, den Antragstellern die (vorläufige) Rückkehr in das Bundesgebiet zu ermöglichen, erscheint die Zulässigkeit des Antrags auf einstweilige Anordnung zweifelhaft (1.2); der Antrag ist jedenfalls unbegründet (2.).

1.1 Hinsichtlich des Feststellungsantrags ist schon nicht dargetan oder erkennbar‚ welches subjektiv-öffentliche Recht der Antragsteller durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorläufig gesichert werden müsste‚ um der Gefahr einer Veränderung des bestehenden Zustandes zu begegnen (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht im Wege der Abschiebung kann bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses nach § 43 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nur in einem Klageverfahren erreicht werden. Die Rechtmäßigkeit der Abschiebung kann darüber hinaus inzident im Rahmen eines anderen Klageverfahrens als Vorfrage geprüft werden, etwa des bereits beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens, das die Frage zum Gegenstand hat, ob durch die Abschiebung die Wirkungen des § 11 Abs. 1 AufenthG ausgelöst wurden und wie sie ggf. nach § 11 Abs. 2 AufenthG zu befristen sind. Die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung - wie beantragt - würde für sich allein im Übrigen auch nicht ausreichen, einen mit Hilfe von § 123 Abs. 1 VwGO u.U. sicherungsfähigen Anspruch auf Rückführung in das Bundesgebiet zu begründen, denn ein solcher Anspruch würde das Vorliegen eines durch den zwangsweisen Vollzug der Ausreisepflicht verletzten Duldungsanspruchs voraussetzen (dazu 2.1).

1.2 Auch der Antrag auf einstweilige Anordnung mit dem Ziel, die Antragsteller (vorläufig) in das Bundesgebiet zurückzuführen, dürfte nicht zulässig sein.

Die Antragsteller begehren nicht mehr - wie noch vor dem Verwaltungsgericht - den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO‚ mit deren Hilfe ihr tatsächlicher Status im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen die ihnen drohende Abschiebung vorläufig erhalten werden sollte. Ziel des Beschwerdeverfahrens ist vielmehr der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO‚ mit der sie eine Veränderung ihres Status als abgeschobene Ausländer durch vorläufige Einräumung einer nicht mehr bestehenden tatsächlichen Position erreichen wollen (vgl. Funke-Kaiser‚ GK-AufenthG‚ a. a. O., § 81 Rn. 180‚ 181). Der Sache nach erheben die Antragsteller damit einen Folgenbeseitigungsanspruch, indem sie die Rückgängigmachung der Folgen eines behördlichen Handelns - hier: der Abschiebung als Realakt - begehren. Für das Verfahren nach § 123 VwGO fehlt jedoch eine § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechende Regelung; diese Bestimmung bietet eine prozessuale Anknüpfung an die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage gegen eine Abschiebungsandrohung. Im vorliegenden Fall geht es aber gerade nicht um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen die (hier im Übrigen bestandskräftige) Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid des Bundesamts vom 25. Oktober 2012, sondern unmittelbar um die Rückgängigmachung der Folgen eines Realaktes. Außerdem dient das Beschwerdeverfahren ausschließlich der rechtlichen Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung und eröffnet grundsätzlich keinen Raum‚ über in erster Instanz nicht gestellte Anträge zu entscheiden (OVG NW‚ B.v. 9.3.2007 - 18 B 2533/06 - juris Rn. 31 f.; Funke-Kaiser in GK-AufenthG‚ Stand: Oktober 2015‚ § 81 Rn. 190).

2. Die Beschwerde bliebe jedenfalls auch dann ohne Erfolg‚ wenn man die Zulässigkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung im Falle einer bereits zwangsweise vollzogenen Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände aus dem Grundsatz der Gesetz- und Rechtmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG anerkennen (so OVG Saarl‚ B.v. 18.10.2005 - 2 W 15/05 - juris; B.v. 24.1.2003 - 9 W 50/02 juris; VG Gießen‚ B.v. 30.10.2006 - 7 G 439/06 - juris) und eine entsprechende Antragsänderung für zulässig erachten wollte (§ 91 Abs. 1 VwGO entspr.). Ein Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO ist hier nämlich nicht glaubhaft gemacht.

Unter Berücksichtigung der allein maßgeblichen‚ von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben sie jedoch den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch im Hinblick auf ihr Ziel‚ eine (vorläufige) Rückkehr in das Bundesgebiet zu erreichen‚ nicht glaubhaft gemacht. Denn aus den dargelegten Gründen ergibt sich nicht‚ dass ihnen vor ihrer Abschiebung ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 AufenthG zugestanden hatte‚ der durch die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht zunichte gemacht worden sein und aus dem sich u.U. ein Rückführungsanspruch ergeben könnte.

Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausschließlich geprüft‚ ob die Fiktionsbescheinigungen, deren Bestand mangels wirksamer Rücknahme als einziger Hinderungsgrund für die Abschiebung geltend gemacht worden war, rechtzeitig vor der Abschiebung vom Antragsgegner zurückgenommen wurden‚ und diese Frage bejaht, ohne auf das Vorliegen von Duldungsgründen nach § 60a Abs. 2 AufenthG einzugehen. Die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes ist gleichwohl zutreffend gewesen‚ weil weder aus den vom Antragsgegner noch nicht beschiedenen Anträgen auf Aufenthaltserlaubnis (2.1) noch aus dem sich aus den bis 31. Dezember 2015 gültigen Fiktionsbescheinigungen ergebenden Rechtsschein (2.2) oder aus sonstigen Vorschriften (2.3) ein zu einem Duldungsanspruch führendes rechtliches Abschiebungshindernis im Sinn von § 60a Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG resultierte‚ das durch die Abschiebung zunichte gemacht wurde und dem nun im Beschwerdeverfahren unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nur dadurch Rechnung getragen werden könnte‚ dass den Antragstellern eine vorläufige Rückkehr ins Bundesgebiet ermöglicht wird.

2.1 Den Antragstellern stand im Zeitpunkt ihrer Abschiebung nach summarischer Beurteilung kein sicherungsfähiger Duldungsanspruch im Hinblick auf die bisher nicht beschiedenen Anträge auf Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 25 Abs. 5 AufenthG) zu (vgl. HessVGH‚ B.v. 4.4.1993 - 13 TA 2186/91 - juris; Funke-Kaiser‚ GK-AufenthG‚ a. a. O. § 81 Rn. 187).

Ob die materielle Beurteilung dieses Anspruchs‚ der durch die einstweilige Anordnung gesichert werden soll und grundsätzlich durch Zulassung der Rückkehr in das Bundesgebiet auch gesichert werden könnte‚ voraussetzt‚ dass für den Erfolg der Hauptsacheklage mehr spricht als für ihren Misserfolg‚ oder ob eine Anordnung schon bei nur offenen Erfolgsaussichten in Betracht kommt‚ kann im vorliegenden Fall dahinstehen (vgl. zum Meinungsstreit: Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u. a., VwGO‚ 6. Aufl. 2014‚ § 123 Rn. 22 m. w. N.). Denn es kann hier bereits nicht von offenen Erfolgsaussichten der Klagen auf Aufenthaltserlaubnisse in der Hauptsache ausgegangen werden kann. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung spricht alles dafür, dass das in der Person der Antragstellerin zu 1 geltend gemachte (inlandsbezogene) Abschiebungshindernis in Form des Bestehens einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung nicht vorlag. Das die Erkrankung benennende fachpsychiatrische Attest vom 12. Mai 2015 verneint nur - entgegen dem überzeugenden Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung vom 22. Oktober 2015 - die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1, belegt jedoch nicht, dass die Erkrankung einen Grad erreicht hat‚ der eine Ausreise unzumutbar macht‚ weil etwa eine bereits begonnene‚ auf Dauer angelegte Psychotherapie mit der Folge einer gravierenden Verschlimmerung der diagnostizierten Belastungsstörung abgebrochen werden müsste. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, die sich etwa aus der Frage Behandelbarkeit der Erkrankung in Mazedonien ergeben könnten, bleiben hier im Rahmen des von der Ausländerbehörde durchzuführenden Abschiebungs- und Duldungsverfahren außer Betracht, weil das Bundesamt im Bescheid vom 24. Oktober 2012 mit Bindungswirkung für der Ausländerbehörde (vgl. § 24 Abs. 2, § 42 AsylG) festgestellt hat‚ dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Ist aber für den Zeitpunkt der Abschiebung kein Duldungsanspruch glaubhaft gemacht‚ so kommt es nicht darauf an‚ ob die Durchführung der Abschiebung aus sonstigen Gründen rechtswidrig war (s. 2.2); mit ihnen kann ein mit der begehrten Anordnung durchzusetzender Rückkehranspruch in das Bundesgebiet nicht begründet werden. Die summarische Bewertung des Senats, dass ein rechtliches Ausreisehindernis im Zeitpunkt der Abschiebung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht vorgelegen hat, lässt im Übrigen den Umstand bedeutungslos werden, dass zum Zeitpunkt dieses Beschlusses das für § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erforderliche Tatbestandsmerkmal der vollziehbaren Ausreisepflicht infolge der Abschiebung entfallen ist und bereits aus diesem Grund eine Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift ohne vorherige Wiedereinreise nicht erteilt werden kann.

Vor dem dargestellten Hintergrund kommt eine Rückgängigmachung der Abschiebung der Antragsteller in ihr Heimatland wegen der noch anhängigen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nicht in Betracht.

2.2 Auch im Hinblick auf die ihnen nach § 81 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 AufenthG erteilten Bescheinigungen war die Abschiebung der Antragsteller nicht auszusetzen.

Die Bescheinigungen waren zu Unrecht ausgestellt worden, weil sie nicht der Rechtslage entsprachen. Nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gilt nämlich nur der Aufenthalt eines rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Ausländers, dessen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis noch nicht beschieden wurde, bis zur Entscheidung hierüber als erlaubt; die Antragsteller waren jedoch nach bestandskräftiger Ablehnung ihrer Asyl- und Asylfolgeanträge ausreisepflichtig und konnten daher keinen rechtmäßigen Aufenthalt nachweisen, an dem die ausgestellten Fiktionsbescheinigungen hätten anknüpfen können. An der bestehenden Ausreisepflicht haben sie nichts zu ändern vermocht, denn Fiktionsbescheinigungen besitzen lediglich deklaratorischen Charakter, ohne konstitutiv einen bestimmten Rechtsstatus festzustellen (BVerwG, U.v. 3.6.1997 - 1 C 7.97 - InfAuslR 1997, 391; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, a. a. O., § 81 Rn.115). Eine nicht der Rechtslage entsprechende Bescheinigung ist nicht geeignet‚ die rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung des Inhabers der Bescheinigung und infolgedessen einen Duldungsanspruch zu begründen.

Deshalb kommt es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht darauf an‚ ob die Rücknahme der Bescheinigungen mit Bescheid vom 7. Dezember 2015 noch vor der Durchführung der Abschiebung bekannt gegeben worden war, und ebenso wenig darauf, dass - worauf die Antragsteller hinweisen - der Rücknahmebescheid im Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht bestandskräftig war. Offenbleiben kann auch‚ ob eine derartige Rücknahme durch Verwaltungsakt überhaupt geboten war, um den mit den Bescheinigungen gesetzten Rechtsschein zu beseitigen und ob durch die Bescheinigungen bei den Antragstellern ein Vertrauen dahingehend erzeugt wurde‚ sie würden zumindest bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bescheinigungen nicht abgeschoben werden und hätten weiterhin die Möglichkeit, von ihrem Recht auf freiwillige Ausreise nach Fristsetzung unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. Art. 7‚ 8 Richtlinie 2008/115/EG) zur Vermeidung einer zwangsweise Beendigung ihres Aufenthalts Gebrauch zu machen. All diese Fragen sind nicht Gegenstand des Verfahrens des einstweiligen Rechtschutzes‚ sondern derjenigen Verfahren‚ die sich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Durchführung der Abschiebung (ungeachtet eines Duldungsanspruchs) befassen‚ also etwa dem Verfahren um die Sperrwirkung der Abschiebung und ggf. ihrer Befristung‚ oder im Zusammenhang mit den Fragen‚ ob die Erstattung der Abschiebungskosten nach § 66 Abs. 1 AufenthG verlangt werden kann oder ggf. Schadensersatzansprüche der Antragsteller bestehen. Im Hinblick auf das Bestehen eines sicherungsfähigen Anspruchs auf (vorläufige) Rückführung in das Bundesgebiet ist hingegen nur maßgeblich‚ dass die Wirkungen des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch die Stellung der Anträge auf Aufenthaltserlaubnis im Juni 2015‚ wie dargelegt, nicht eingetreten sind.

2.3 Es bestand auch kein Duldungsanspruch aus Art. 6 Abs. 1 GG‚ der die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen zur Berücksichtigung bestehender familiärer Bindungen verpflichtet hätte; in diesem Zusammenhang könnte sich insbesondere eine längere Trennung von Kindern auch nur von einem Elternteil als im Sinne von Art. 6 Abs. 2 GG unzumutbar und unverhältnismäßig erweisen (vgl. BVerfG‚ B.v. 31.8.1999 - 2 BvR 1523/99 - NVwZ 2000‚ 59 f.). Im vorliegenden Fall ist die Abschiebung jedoch unter Wahrung der Familieneinheit vorgenommen worden‚ so dass eine Verletzung der Grundrechte der Antragsteller aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht in Rede steht.

Schließlich lagen auch keine Gründe für die Erteilung einer Duldung aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen (§ 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG) vor‚ da entsprechende Anhaltspunkte weder ersichtlich sind noch etwas in dieser Richtung vorgetragen wurde.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 8.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit‚ so dass für jeden Antragsteller ein Streitwert in Höhe von 1.250‚- Euro anzusetzen war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Mit ihren am 3. August 2017 eingelegten Beschwerden verfolgen die Antragsteller – eine Familie kosovarischer Staats- und albanischer Volkszugehörigkeit – nach erfolglosem Asylverfahren (der Bundesamtsbescheid vom 26.1.2016 ist bestandskräftig geworden) sowie Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht und Durchführung ihrer Abschiebung am 20. Juli 2017 in den Kosovo im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung und die Rückführung der Antragsteller in das Bundesgebiet.

Nach dem Vollzug der Abschiebung der Antragsteller am 20. Juli 2017 kann der vor dem Verwaltungsgericht noch gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO im Beschwerdeverfahren nicht weiterverfolgt werden‚ weil die Aussetzung der Abschiebung durch ihre Durchführung objektiv unmöglich geworden ist. Dementsprechend haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren ihren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in zweierlei Hinsicht neu gefasst: zum einen begehren sie die Feststellung‚ dass die Abschiebung rechtswidrig war, und zum anderen stellen sie den Antrag‚ sie in das Bundesgebiet zurückzuführen.

Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.

Die Beschwerdeführer rügen die Rechtswidrigkeit der Abschiebung wegen fehlender Reisefähigkeit der Antragstellerinnen zu 1 und 4 sowie die Verletzung rechtlichen Gehörs, da die Schutzschrift des Antragsgegners und die Feststellungen des die Reisefähigkeit vor der Abschiebung untersuchenden Arztes vor der Entscheidung nicht zu einer Stellungnahme zur Verfügung gestellt worden seien. Das Verwaltungsgericht habe wesentliche ärztliche Atteste unberücksichtigt gelassen, insbesondere die Arztberichte der Spezialkliniken in H … und D … sowie die ärztliche Bescheinigung die Antragstellerin zu 4 betreffend. Die Antragstellerin zu 4 leide unter einer Hüftgelenksdysplasie und einer dem Morbus Perthes ähnlichen Hüftnekrose; im Falle einer nicht fachgerechten Behandlung drohe der Verlust der Gehfähigkeit. Die Antragstellerin zu 4 sei bereits vor der Einreise im Kosovo erfolglos behandelt worden; in der Bundesrepublik seien Behandlungen in Spezialkliniken erfolgt. Für die Antragstellerin zu 4 sei eine dauerhafte medizinische und physiotherapeutische Behandlung erforderlich. Bei der Antragstellerin zu 4 bestehe auch eine posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Zuständen nebst Verdacht auf eine psychische Deprivation mit Wahrnehmungsstörung. Die Feststellung der Reisefähigkeit sei weder durch einen Facharzt für Kinderorthopädie noch für Psychiatrie erfolgt. Auch sei der die Reisefähigkeit beurteilende Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B. von unvollständigen ärztlichen Attesten ausgegangen. Eine dringend erforderlich medizinische Behandlung und Versorgung der Antragstellerin zu 4 könne im Heimatland nicht erfolgen, da die dortigen medizinischen Möglichkeiten ausgereizt seien. Der Antragstellerin zu 4 drohe der Verlust der Gehfähigkeit, wenn die Behandlung und Operation nicht durchgeführt werde. Ausweislich des Attestes einer orthopädischen Fachklinik im Kosovo vom 28. Juli 2017 könne dort die für die Antragstellerin zu 4 erforderliche Repetitionsbehandlung und Operation (dreifacher Beckeneingriff und Umstellungsostetomie am Oberschenkel) nicht durchgeführt werden. Die Antragstellerin zu 2 leide unter einer depressiven Erkrankung mit akuter Suizidgefahr. Die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 2 sei nicht fachärztlich festgestellt worden. Es werde mit zweierlei Maß gemessen, wenn seitens der Antragsteller qualifizierte fachärztliche Atteste gefordert würden, seitens des Antragsgegners aber die Feststellungen eines Allgemeinmediziners und der persönliche Eindruck fachpsychiatrisch nicht ausgebildeter Personen ausreichten. Die Antragstellerinnen zu 2 und 4 befänden sich im Kosovo in absolut desolatem Zustand. Der Antrag, eine Wiedereinreise der gesamten Familie zu ermöglichen, werde im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten.

Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu beschränken hat, rechtfertigen keine Beschwerdestattgabe. Die geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung erweist sich als unzulässig (1.). Die Zulässigkeit der erstmaligen Geltendmachung eines Folgebeseitigungsanspruchs im Wege der Regelungsanordnung im Beschwerdeverfahren erscheint zweifelhaft (2.), kann jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben, da ein Aufenthaltsrecht oder ein Anspruch auf vorläufiges weiteres Verbleiben im Bundesgebiet nicht glaubhaft gemacht wird (3.).

1. Der Antrag, im Verfahren nach § 123 VwGO die Rechtswidrigkeit der Abschiebung vom 20. Juli 2017 festzustellen, ist unzulässig.

Dahinstehen kann, ob die Umstellung des ursprünglichen Antrags auf Erlass einer Sicherungsanordnung zur Einstellung und Aussetzung der Abschiebung auf eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der zwischenzeitlich vollzogenen Abschiebung – jeweils gestützt auf eine fehlende Reisefähigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und 4 –den Bestimmungen in § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO, § 91 VwGO genügt. Der Feststellungsantrag ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil er in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht statthaft ist.

Hinsichtlich des Feststellungsantrags ist schon nicht dargetan oder erkennbar‚ welches subjektiv-öffentliche Recht der Antragsteller durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorläufig gesichert werden soll‚ um der Gefahr einer Veränderung des bestehenden Zustandes zu begegnen (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, kann in einem Eilverfahren nicht Rechnung getragen werden, in dem nur eine vorläufige, nicht jedoch eine endgültige und verbindliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit getroffen werden kann. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht im Wege der Abschiebung kann grundsätzlich nur in einem Klageverfahren erreicht werden (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2016 – 10 CE 15.2653 – juris Rn. 16; OVG Rh-Pf, B.v. 11.7.2017 – 7 B 11079/17 – juris Rn. 21). Die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung würde auch noch keinen (im Wege des § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähigen) Anspruch auf Rückführung in das Bundesgebiet begründen, denn ein solcher Anspruch würde einen durch den zwangsweisen Vollzug der Ausreisepflicht verletzten Duldungsanspruchs voraussetzen (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 19 CE 16.2507).

2. Die Frage, ob ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO mit dem Ziel, den Ausländer (vorläufig) in das Bundesgebiet zurückzuführen bzw. ihm die Wiedereinreise zu ermöglichen, zulässig ist, und ob dies gegebenenfalls auch dann der Fall ist, wenn erstinstanzlich (vor der Abschiebung) noch die Aussetzung der Abschiebung begehrt worden war und erst im Beschwerdeverfahren die einstweilige Rückführung begehrt wird (der Antrag umgestellt wird), wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. In den insoweit ablehnenden Entscheidungen (vgl. insbesondere OVG RhPf, B.v. 11.7.2017 – 7 B 11079/17 – juris; BayVGH, B.v. 28.1.2016 – 10 CE 15.2653 – juris und B.v. 21.6.2007 – 19 ZB 06.3373 – juris; OVG NRW‚ B.v. 9.3.2007 – 18 B 2533/06 – juris und B.v. 18.7.2006 – 18 B 1324/06 – juris; VGH BW, B.v. 24.3.2006 – 11 S 325/06 – HTK-AuslR; OVG LSA, B.v. 6.6.2016 – 2 M 37/16 – juris und B.v. 26.9.2008 – 2 M 188/08 – juris; in allen diesen Entscheidungen ist hilfsweise auch auf die Begründetheit des Antrags eingegangen worden) wird vor allem in den Vordergrund gestellt, dass es um einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch geht und im Verfahren nach § 123 VwGO eine der Bestimmung des § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechende Regelung fehlt sowie dass die Sicherung eines Rückführungsanspruchs im einstweiligen Rechtsschutz einen anderen Streitgegenstand darstellt als das Rechtsschutzbegehren, das auf Verhinderung der Abschiebung gerichtet war. Die Gegenmeinung (vgl. insbesondere OVG Bremen, B.v. 19.5.2017 – 1 B 47/17 – juris; SächsOVG, B.v. 14.12.2011 – 3 B 244/11 – juris; OVG Saarl, B.v. 18.10.2005 – 2 W 15/05 – juris; vgl. auch Funke-Kaiser in GK-AufenthG‚ Stand Oktober 2015‚ § 81 Rn. 190 und Stand 10/2016, § 59 AufenthG Rn. 240 ff.) verweist auf die Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz durch Art. 20 Abs. 3 GG, die bei einem noch andauernden rechtswidrigen Zustand aufgrund eines hoheitlichen Eingriffs in ein subjektives Recht betroffen ist, auf die weitgehende Identität des Streitstoffs bei dem Antrag auf Aussetzung der Abschiebung und bei dem Antrag auf Ausgestaltung der Wiedereinreise, auf die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO in Fällen einer erheblichen Sachverhaltsänderung nach Ablauf der Darlegungsfrist sowie darauf, dass eine zwangsweise Abschiebung nicht zu einer Erledigung wegen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses führt (vgl. insoweit auch BVerwG, B.v. 13.09.2005 – 1 VR 5/05, 1 VR 5/05/1 C 7/01 C 7/04 – InfAuslR 2005, 462, juris Rn. 2).

Vorliegend sieht sich der Senat nicht veranlasst, zum Streitstand Stellung zu nehmen, weil der Antrag auf Gestattung der Wiedereinreise im Falle seiner Zulässigkeit nicht begründet wäre (vgl. Nr. 3).

3. Die Beschwerde bliebe auch dann ohne Erfolg, wenn die Zulässigkeit einer einstweiligen Regelungsanordnung mit dem Ziel, nach einer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erstinstanzlich gebilligten und vollzogenen Abschiebung die Rückführung der Antragsteller in das Bundesgebiet im Wege eines im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs zu ermöglichen, anzuerkennen wäre.

Die von den Antragstellern erstrebte Verpflichtung des Antragsgegners nach § 123 VwGO stellt sich als eine Vorwegnahme der Hauptsache dar. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll hier grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Daher könnte in Fällen der hier vorliegenden Art dem Eilantrag nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist. Dies setzt hohe Erfolgsaussichten, also eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache oder eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung voraus (vgl. VGH BW, B.v. 11.3.2008 – 13 S 418/08 – juris Rn. 7; NdsOVG, B.v. 2.2.2007 – 13 ME 362/06 – juris), was jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn nach einer Rückkehr erneut eine vollziehbare Ausreisepflicht besteht und ein Bleibeanspruch nicht glaubhaft gemacht ist.

Vorliegend ist eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache nicht ersichtlich. Weder erweist sich die vollzogene Abschiebung als offensichtlich rechtswidrig noch haben die Antragsteller ein (vorläufiges) Bleiberecht aufgrund einer geltend gemachten Reiseunfähigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und 4 glaubhaft gemacht.

Dahinstehen kann, ob im Rahmen der Vollziehung der Aufenthaltsbeendigung ein von den Antragstellern geltend gemachter Gehörsverstoß vorgelegen hat. Verfahrensrechtliche Verstöße sind nicht geeignet, einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch auf Wiedereinreise bzw. Rückführung der Ausländer zu begründen, da es für den Erfolg eines Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs nicht nur auf den Vorgang der Abschiebung, sondern auf das Fortbestehen eines rechtswidrigen Zustandes ankommt, was nur dann gegeben ist, wenn den Antragstellern durch die Abschiebung ein ihnen zustehendes Bleiberecht vorenthalten wird (vgl. für eine fehlende Abschiebungsandrohung VG Schleswig, B.v. 19.12.2002 – 14 B 86/02 – juris Rn. 19). Im Übrigen hatten die Antragsteller im Beschwerdeverfahren Gelegenheit, sich voll umfänglich zu den von ihnen erwähnten Unterlagen zu äußern.

Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 10 CE 17.349 – juris Rn. 17; B.v. 21.10.2016 – 19 CE 16.1953; B.v. 31.5.2016 – 10 CE 16.838 – juris Rn. 7; VGH BW, B.v. 1.6.2017 – 11 S 658/17 – juris Rn. 3; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). Wegen der Bindungswirkung nach § 42 AsylG an die Entscheidung des Bundesamtes oder des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG kommen nur inlands- und nicht zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 21.10.2016 – 19 CE 16.1953). Eine bestehende Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zweierlei Hinsicht begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie – außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris Rn. 3 m.w.N.). Im Falle einer bereits vollzogenen und unbeschadet überstandenen Abschiebungsmaßnahme kann ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen der Abschiebung wegen eines bei der Abschiebung bestehenden Abschiebungshindernisses der Reiseunfähigkeit nur in Betracht kommen, wenn eine abschiebungsbedingte erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes in einem unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang zu besorgen ist.

Nach der Bestimmung des mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 – BGBl I S. 390) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände enthalten, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte vor, sind diese zum Beweis für ein Abschiebungshindernis nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben, wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten. Insbesondere ist es dem Arzt, der ein Attest ausstellt, untersagt, etwaige rechtliche Folgen seiner fachlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen oder sich mit einer rechtlichen Frage auseinanderzusetzen (BayVGH, B.v. 18.10.2013 – 10 CE 13.1890 – juris Rn. 21; VGH BW, B.v. 10.7.2003 – 11 S 2262/02 – juris Rn. 12). Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zu den prognostizierten Folgerungen kommt und welche Tatsachen dieser Einschätzung zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 10 CE 17.349 – juris Rn. 19; B.v. 5.1.2017 – 10 CE 17.30 – juris Rn. 7).

Vorliegend ist der auf Rückgängigmachung der Abschiebung durch Wiedereinreise und Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (wegen Reiseunfähigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und 4) gerichtete Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) nicht glaubhaft gemacht. Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) der Antragstellerinnen zu 2 und 4 ist durch die bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten fachärztliche Atteste der Orthopädischen Klinik W. vom 2. September 2016, das formularmäßige Attest der Orthopädischen Klinik W. vom 20. Oktober 2016 und der Altonaer Kinderklinik vom 2. November 2016 und das im Beschwerdeverfahrens vorgelegte Attest eines Kinder- und Jugendarztes vom 20. Juli 2017 (bzgl. Antragstellerin zu 4 vgl. nachfolgend 3.1) sowie der bezüglich der Antragstellerin zu 2 vorgelegten Atteste der Ärztin für Psychiatrie Dr. R.-M. vom 25. November 2016, vom 29. Mai 2017 und vom 20. Juli 2017 (bzgl. der Antragstellerin zu 2 vgl. nachfolgend 3.2) nicht widerlegt.

3.1. Die zahlreichen für die Antragstellerin zu 4 vorgelegten Befundberichte und ärztlichen Bescheinigungen belegen eine seit Geburt bestehende Hüftdysplasie und Hüftkopfnekrose rechts, die ausweislich der Angaben im Asylverfahren den Grund der Einreise bildete und im Bundesgebiet behandelt wurde. Zur Frage der Reisefähigkeit verhalten sich die ärztlichen Befunde überwiegend nicht. Lediglich die fachärztlichen Atteste der Orthopädischen Klinik W. vom 2. September 2016 und vom 20. Oktober 2016, das Attest der Altonaer Kinderklinik vom 2. November 2016 und das ärztliche Attest vom 20. Juli 2017 beinhalten Aussagen zur Reisefähigkeit.

Die ärztlichen Atteste der Orthopädischen Klinik W. vom 2. September 2016 und das formularmäßige Attest vom 20. Oktober 2016, in denen ausgeführt wird, eine zeitnahe Abschiebung könne den Therapieerfolg gefährden und zu einer bleibenden körperlichen Behinderung führen, sind im Zusammenhang mit einem am 25. August 2016 erfolgten operativen Eingriff bei der Antragstellerin zu 4 erstellt worden und enthalten mangels Aktualität zum Zeitpunkt der Abschiebung am 20. Juli 2017 keine verwertbare Aussage zum Vorliegen der Reisefähigkeit. Die formularmäßige Bescheinigung der Abteilung Kinder- und Jugendpsychosomatik der Altonaer Kinderklinik vom 2. November 2016 genügt nicht den Anforderungen nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG, da sich aus dem Schriftstück schon nicht ergibt, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, welche Methode der Tatsachenerhebung angewendet wurde und aufgrund welcher Befunde sich die gestellte Diagnose ergibt. Ausweislich des Schriftstücks wurde die Untersuchung durch einen Diplompsychologen im psychosomatischen Konsildienst und somit nicht durch einen Facharzt durchgeführt. Auch wird zur Methode der Tatsachenerhebung lediglich „Gespräch mit der Tante und dem Kind“ angegeben, während zu den Inhalten des Gesprächs und der sonstigen Befunderhebung keine Angaben gemacht werden. Die formularmäßig attestierte Diagnose einer „Posttraumatischen Belastungsstörung mit dissoziativen Zuständen“ ohne weitere Angaben zu Verursachung, Symptomatik und Methode der Tatsachenerhebung stellt keine fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes dar und verhält sich nicht zum Schweregrad.

Im Attest des Kinder- und Jugendarztes Dr. H. vom 20. Juli 2017 wird eine Reiseunfähigkeit mit der Erforderlichkeit einer weiteren Behandlung der Hüfterkrankung begründet. Auch diese Bescheinigung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG.

Nach der gesetzgeberischen Intention zur Neuregelung des § 60a Abs. 2c AufenthG sollen lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern können (vgl. BT-Drs. 18/7538, zu Art. 2 S. 18). Damit wird noch einmal klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen (die Entwurfsbegründung bezieht sich hier auf § 60 Abs. 7 AufenthG). Die Abschiebung darf nicht dazu führen, dass sich eine schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht. Es wird jedoch nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig ist.

Ebenso wie das ärztliche Attest vom 20. Juli 2017, das auf den weiteren Behandlungsbedarf verweist, zielt die vorgelegte Bescheinigung der Orthopädischen Fachklinik in P., wonach die in der Dortmunder Klinik in Frage kommende Behandlung (laut Arztbrief der dortigen Klinik vom 16.6.2017 – ausdrücklich zur Einholung einer Zweitmeinung konsultiert – solle zur Entscheidungsfindung eine Arthrographie des Hüftgelenks erfolgen, davon abhängig könne „perspektivisch“ eine 3-fach Beckenosteotomie oder Acetabuloplastik mit Umstellungsosteotomie „in Frage kommen“) im Kosovo nicht möglich sei, auf die generelle und langfristige Behandelbarkeit der Erkrankung im Heimatstaat ab. Ob – und gegebenenfalls wann – diese Behandlungen tatsächlich erforderlich werden, ist ihnen nicht zu entnehmen. Ein Verlust der Gehfähigkeit durch den Abschiebungsvorgang ist auch mit dem weiteren Beschwerdevorbringen vom 29. November 2017 nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen sind sie bereits deshalb nicht geeignet, eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu 4 in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang zu belegen, weil es bei der Frage einer langfristigen („perspektivischen“) Behandelbarkeit im Heimatland um zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geht. Wegen der Bindungswirkung (gemäß § 42 AsylG) der Feststellungen des Bundesamtes zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Bescheid vom 26. Januar 2016, in dem ausführlich die Hüfterkrankung der Antragstellerin zu 4 gewürdigt wurde, vermögen die erörterten Fragen einer Behandelbarkeit der Erkrankung der Antragstellerin zu 4 im Kosovo der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der staatlichen Schutzpflicht hat der Antragsgegner durch die Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung am Abschiebetag und einer medizinischen Begleitung des Abschiebungsvorgangs genügt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 10). Liegen hinreichende Indizien für eine schwerwiegende Erkrankung vor, wird regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung oder die Einholung einer ergänzenden ärztlichen Stellungnahme angezeigt sein, da der Ausländerbehörde die erforderliche medizinische Sachkunde zur Beurteilung einer mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahr und auch der Frage fehlen dürfte, mit welchen Vorkehrungen diese Gefahr ausgeschlossen oder gemindert werden könnte (vgl. VGH BW, B.v. 6.2.2008, a.a.O.; OVG LSA, B.v. 21.6.2016 – 2 M 16/16 – juris).

Nach Auffassung des Senates sind an die behördlicherseits veranlasste (amts-) ärztliche Feststellung der Reisefähigkeit nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Widerlegung der in § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG normierten gesetzlichen Vermutung des Fehlens gesundheitlicher Gründe, die der Abschiebung entgegenstehen (zu weitgehend insoweit VGH BW, B.v. 10.8.2017 – 11 S 1724/17 – juris Rn. 22). Regelungsgrund für die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit waren große Herausforderungen und zeitliche Verzögerungen in der Abschiebungspraxis wegen geltend gemachter (schwer diagnostizierbarer und überprüfbarer) Erkrankungen und der Missbrauchsgefahr einer Bevorratung mit ärztlichen Attesten (vgl. BT-Drs. 18/7538 S. 18 ff.), was auch der Erfahrung des Senats entspricht. Ein vergleichbares Missbrauchsrisiko bei ärztlichen Stellungnahmen auf Veranlassung der Behörde ist weder nach der Erfahrung des Gesetzgebers noch nach der des Senats gegeben, wenngleich auch diese einer kritischen Würdigung nicht entzogen sind. Während nach der gesetzlichen Intention die Vermutung des Fehlens entgegenstehender gesundheitlicher Gründe nur durch eine qualifizierte Bescheinigung einer gravierenden Erkrankung widerlegt werden kann, die wegen ihrer Schwere eine fachärztliche Expertise voraussetzt, kommt es bei der Feststellung der aktuell am Abschiebungstag gegebenen Reisefähigkeit weniger auf eine fachärztliche Expertise hinsichtlich der Behandelbarkeit der Erkrankung an als auf eine – insoweit eher notfallmedizinische – Einschätzung, die bestehende fachärztliche Vorbefunde selbstverständlich miteinzubeziehen hat. Einem Facharzt für Allgemeinmedizin (vorliegend mit Zusatzbezeichnung Psychosomatische Medizin und Notfallmedizin) ist die Sachkunde zur Beurteilung der mit einer Erkrankung zusammenhängenden und im Falle der Abschiebung drohenden Gesundheitsgefahren nicht von vornherein abzusprechen. Gleichwohl müssen auch die Ausführungen des beurteilenden Arztes erkennen lassen, weshalb sie eine medizinische Frage in bestimmter Weise beurteilen (können), insbesondere wenn dies in Auseinandersetzung mit bereits vorliegenden fachärztlichen Befundberichten oder Gutachten geschieht (vgl. OVG Berl-Bbg, B.v. 8.10.2015 – OVG 12 S. 60.15 – juris Rn. 3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass amtsärztlichen Zeugnissen grundsätzlich ein höherer Beweiswert zuzuschreiben ist als einem Privatgutachten (BayVGH, B.v. 27.2.2007 Az. 24 ZB 07.367 m.w.N.). Die Neutralität und Unabhängigkeit verleiht – neben dem speziellen Sachverstand – der Beurteilung durch den Amtsarzt ein höheres Gewicht. Widerspricht eine amtsärztliche Feststellung den Feststellungen von Privatärzten, kann sich das Tatsachengericht dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes bestehen, seine Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht und in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt. Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes (vgl. BVerwG, B.v. 28.12.2012 – 2 B 105/11 – juris Rn. 8).

Nach diesen Maßstäben liegt ein Widerspruch der behördlicherseits beauftragten ärztlichen Feststellungen zu den Vorbefunden nicht vor. Am Tag der Abschiebung wurde die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 4 in Kenntnis der bis Ende 2016 vorliegenden Befunde durch den Facharzt für Allgemeinmedizin, Diabetologie, Betriebsmedizin, Verkehrsmedizin, Psychosomatische Medizin und Notfallmedizin, der auch als Honorararzt für das staatliche Gesundheitsamt tätig ist, positiv festgestellt. Der Arzt würdigt die Grunderkrankung der Antragstellerin zu 4, die im Bundesgebiet erfolgte Behandlung (Weichteileingriff) und physiotherapeutische Nachbehandlung, stellt eine zwischenzeitlich eingetretene Konsolidierung fest und hält besondere therapeutische Maßnahmen über den bisherigen erfolgreichen Verlauf der in Deutschland ergriffenen Behandlungsmaßnahmen nicht für erforderlich. Wie für das Verwaltungsgericht bestehen auch für den Senat keine Zweifel an der zur Beurteilung der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 4 erforderlichen Fachkunde des Arztes. Die getroffenen Feststellungen des behördlicherseits beauftragten Arztes stehen auch nicht im Widerspruch zum Bericht der Orthopädischen Klinik Dortmund vom 16. Juni 2017, die von der Tante der Antragstellerin zu 4 zur Einholung einer Zweitmeinung konsultiert wurde. Im dortigen Bericht wird – abhängig vom Ergebnis einer durchzuführenden Arthrographie – perspektivisch eine Beckenosteotomie oder Acetabuloplastik ggf. mit intertochanträrer Umstellungsosteotomie als in Frage kommende Therapie aufgeführt. Die unmittelbare Erforderlichkeit einer solchen Therapie, die einer Reisefähigkeit entgegenstehen könnte, wird nicht dargelegt.

3.2. Auch bezüglich der Antragstellerin zu 2 ist die Vermutung eines Fehlens gesundheitlicher Gründe gegen die Abschiebung durch die vorgelegten Atteste der Ärztin für Psychiatrie Dr. R.-M. vom 25. November 2016, vom 29. Mai 2017 und vom 20. Juli 2017 nicht widerlegt. Die ärztlichen Bescheinigungen genügen nicht den Anforderungen an § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG. Dem ärztlichen Attest vom 25. November 2016 fehlt bereits die Aktualität, um Aussagen zur Reisefähigkeit am 20. Juli 2017 zu treffen. Im Befundbericht vom 29. Mai 2017 wird ausgeführt, wegen einer unzureichenden Behandlung der Tochter im Kosovo sei mit einer erheblichen Verschlechterung der depressiven Symptomatik, mit ausgeprägten Ängsten und psychosomatischen Beschwerden zu rechnen. Eine Gesundheitsgefährdung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang wird damit nicht dargetan. Auch das ärztliche Attest vom 20. Juli 2017, in dem unter Verweis auf die Verschlimmerung des Krankheitsbildes nach dem Termin vor dem Verwaltungsgericht eine Reisefähigkeit wegen akuter Suizidgefahr pauschal negiert wird, lässt nicht erkennen, weshalb die depressive Störung mit den aufgeführten Symptomen eine Transportunfähigkeit (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) – trotz begleitender Vorsorgemaßnahmen – bewirken soll, und setzt sich nicht mit einer naheliegenden Instrumentalisierung des Krankheitsbildes zur Vermeidung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auseinander. Selbst wenn eine Suizidgefahr nicht auszuschließen wäre, läge nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr handelt es sich bei einer möglicherweise aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Suizidgefahr um einen Umstand, der eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindert (vgl. BVerfG, B.v. 26.2.1998 – 2 BvR 185/98 – juris Rn. 3). Die Abschiebung ist von der Ausländerbehörde dann so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 16.4.2002 – 2 BvR 553/02 – juris; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 10 CE 15.2784 – juris Rn. 16). Dem hat der Antragsgegner durch Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung am Abschiebetag zur Feststellung der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 2 durch Dr. B., der Flug- und Reisefähigkeit mangels der Thematisierung suizidaler Absichten positiv festgestellt hat, und einer medizinischen Begleitung des Abschiebungsvorgangs hinreichend Rechnung getragen. Über die Deutsche Botschaft wurde darüber hinaus dafür gesorgt, dass die Antragsteller im Heimatland von Ärzten in Empfang genommen wurden. Eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu 2 in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens mit Schriftsatz vom 29. November 2017 nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Eine Pflicht, Vorkehrungen für eine dauernde ärztliche Versorgung im Zielstaat der Abschiebung zu treffen, besteht darüber hinaus nicht (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand 2/2016, § 60a AufenthG Rn. 63). Hinsichtlich der Frage der Behandelbarkeit einer depressiven Symptomatik im Sinne eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses wird auf die bindenden Feststellungen des Bundesamts im Bescheid vom 26. Januar 2016 verwiesen.

Wegen mangelnder Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung entspricht § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.1.3, 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller möchte erreichen, dass der Taxistandplatz am Marienplatz im Stadtgebiet der Antragsgegnerin bestehen bleibt.

In der Sitzung vom 19. November 2015 stimmte die Vollversammlung des Stadtrats der Antragsgegnerin dem Umsetzungskonzept und der Fahrradroutenfestlegung für die Nord-Süd-Querung (NSQ) in der Altstadt unter der Maßgabe der Erweiterung und Umgestaltung zu einer reinen Fußgängerzone am Marienplatz und einer Verbesserung der Möglichkeiten für die zukünftige Gestaltung des Max-Joseph-Platzes zu (Nr. 2 der Anträge). Das Baureferat und das Kreisverwaltungsreferat wurden beauftragt, in Abstimmung mit dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung das Gesamtverkehrskonzept NSQ baulich und verkehrsrechtlich umzusetzen (Nr. 3 der Anträge). Nach Abschluss der Bauarbeiten am Anwesen Marienplatz 22 soll die Erweiterung und Umgestaltung zu einer reinen Fußgängerzone am Marienplatz bis zur Landschaftsstraße, dem Tal und der Marienplatz-Großgarage am Rindermarkt umgesetzt werden (Nr. 5 der Anträge). Der Taxistandplatz am Marienplatz soll aufgelöst werden (Nr. 10 der Anträge).

Am 31. Dezember 2015 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München, der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Taxistandplatz am Marienplatz aufzuheben und sie zu verpflichten, eine Zufahrt zu diesem Platz zu ermöglichen.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27. Januar 2016 ab. Der Antrag sei unzulässig, da dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Er sei nicht selbst Inhaber einer Taxikonzession, sondern nur als Taxifahrer angestellt. Es sei ihm darüber hinaus zumutbar, die abschließende Verwaltungsentscheidung abzuwarten und dagegen mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzugehen. Darüber hinaus sei weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein subjektives Recht auf vorbeugendes Unterlassen der baustellenbedingten straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen sei weder einfachgesetzlich noch grundrechtlich gegeben und auch nicht dargelegt.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt. Er beantragt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Januar 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, wegen der Bauarbeiten am Marienplatz 22 im voraussichtlichen Zeitraum von Februar 2016 bis Mai 2017 den Taxistandplatz am Marienplatz aufzuheben sowie die Zufahrt während der genannten Bauarbeiten zum Taxistandplatz am Marienplatz, vorzugsweise über die Dienerstraße oder beidspurig durch das Alte Rathaus, zu ermöglichen. Hilfsweise, falls ein Verwaltungsakt mit Sofortvollzug erlassen werde, sei die aufschiebende Wirkung gegen die streitgegenständlichen Maßnahmen anzuordnen.

Der Antragsteller macht geltend, aus dem Gebot der Prozessökonomie und seiner Schadensminimierungspflicht sei ein Abwarten der verkehrsrechtlichen Anordnungen nicht geboten. Vor dem Vollzug könnten noch Handlungsalternativen geprüft werden. Wenn durch das Aufstellen eines Krans für die Baustelle am Anwesen Marienplatz 22 die Durchfahrt vom Rindermarkt nicht möglich sei, müsse eine andere Zufahrtsmöglichkeit geschaffen werden. Er sei auch antragsbefugt, da in seine Rechte als angestellter Taxifahrer eingegriffen werde. Mit der Ausweisung von Taxistandplätzen im Stadtgebiet mache die Antragsgegnerin die Ausübung seines Berufs erst möglich. Als Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) müsse die Antragsgegnerin aus dem Nahverkehrsplan nach § 8 Abs. 3 PBefG im Rahmen der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des ÖPNV sicherstellen. Dazu gehöre auch die Ausweisung ausreichender Taxistandplätze, so dass die verschiedenen Verkehrsmittel gut miteinander vernetzt seien und damit der freiwillige Verzicht auf den privaten Kraftfahrzeugverkehr gefördert werde.

Das Verwaltungsgericht verkenne, dass im Verwaltungsprozess grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz gelte. Er sei daher nicht verpflichtet, Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen, sondern das Gericht müsse den Sachverhalt von Amts wegen erforschen.

Die Maßnahmen der Antragsgegnerin seien rechtswidrig, da sie eine Gestaltung des ÖPNV-Netzes entgegen den gesetzgeberischen Zielen darstellten und eine Einziehung der Ortsstraße „Marienplatz“ entgegen den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 BayStrWG bedeuteten. Die Baumaßnahmen am Marienplatz 22 seien nur ein Vorwand für das eigentliche Ziel der Umgestaltung des Marienplatzes und des ÖPNV-Netzes. Nach dem Stadtratsbeschluss vom 19. November 2015 solle der gesamte Fahrzeugverkehr aus dem Marienplatz herausverlagert und dort eine Fußgängerzone verwirklicht werden. Damit würden Taxis entgegen den gesetzlichen Vorgaben bewusst verdrängt und die Bürger sollten sich zwischen U-Bahn, S-Bahn oder Fahrrad entscheiden. Gerade am Marienplatz sei eine Umsteigemöglichkeit auf ein Taxi aber sehr wichtig. Die Bürger würden die weiteren Wege zu den anderen vorhandenen Taxistandplätzen nicht in Kauf nehmen und die Taxis würden damit aus der Innenstadt verdrängt. Nach Art. 2 Abs. 1 BayÖPNVG solle der ÖPNV eine vollwertige Alternative zum privaten Personenkraftwagen darstellen. Dieses Ziel sei gefährdet. Die Voraussetzungen für eine Einziehung des Marienplatzes nach Art. 8 Abs. 1 BayStrWG seien nicht gegeben, denn es lägen weder ein Verlust jeder Verkehrsbedeutung noch überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls vor.

Mit Bescheid vom 12. Februar 2016 erteilte die Antragsgegnerin der P. AG auf deren Antrag vom 18. November 2015 für die Durchführung von Bauarbeiten an dem Anwesen Marienplatz 22 vom 15. Februar 2016 bis 14. März 2016 eine Ausnahmegenehmigung zur Aufstellung von vier Schuttcontainern, einem Gerüst, Material, Baumaschinen und einem Bau-WC innerhalb eines geschlossenen Holzzauns gemäß Plan (Nr. 1 des Bescheids). Die Arbeitsstelle ist nach Maßgabe der Anordnungen unter Nr. 5 bis 7 des Bescheids mit Verkehrszeichen abzusperren und zu kennzeichnen, sowie der Verkehr zu regeln und zu führen (Nr. 2). Nach Nr. 5.3 des Bescheids sind zahlreiche Umbeschilderungen vorzunehmen, die nach Vorlage einer Kostenübernahmeerklärung des Adressaten des Bescheids auf Veranlassung des Kreisverwaltungsreferates durch das Baureferat ausgeführt werden. Unter anderem ist im Rindermarkt Höhe Hausnummer 16 (Parkhaus) beidseitig ein Zeichen 250 StVO mit Zusatz „Durchfahrt Marienplatz gesperrt“ sowie weiteren Zusätzen hinsichtlich Liefer- und Fahrradverkehr aufzustellen und die Beschilderung des Taxistandplatzes vor dem Gebäude Marienplatz 11 zu entfernen. Zugleich ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Ziffern I.1 bis I.8 des Bescheids an (Nr. 9).

Zur Begründung des Bescheids ist ausgeführt, Rechtsgrundlage für die verkehrsrechtliche Anordnung sei § 45 Abs. 1 bis 3 und 6 StVO. Die verkehrsrechtlichen Anordnungen seien unter Abwägung der widerstreitenden Interessen geeignet, erforderlich und angemessen, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs während der Baumaßnahme zu gewährleisten. Alle Optionen, die Baustellenfläche zu verkleinern, seien erschöpfend untersucht worden. Die Straßenverkehrsbehörde sehe keine Möglichkeiten, Fahrverkehr vom Rindermarkt zum Marienplatz zusätzlich zu dem Fußgängerverkehr neben der Baustelle zu führen. Fahrradverkehr und Lieferverkehr würden nur sehr eingeschränkt zugelassen. Hinsichtlich des Taxistandplatzes sei geprüft worden, ob entweder eine Verlegung oder eine alternative Zufahrt realisiert werden könne. Dies sei aber nicht der Fall, denn die Dienerstraße müsse sonst für den Fahrradverkehr gesperrt werden. Dies sei kein milderes Mittel gegenüber der Schließung des Taxistandplatzes. In allen umliegenden Straßen (Rindermarkt, Dienerstraße, Tal und Viktualienmarkt) seien Taxistandplätze vorhanden, die von den Bauarbeiten nicht tangiert würden. Es würden am Marienplatz entsprechende Hinweisschilder auf diese Taxistandplätze angebracht, damit die Fahrgäste diese Standorte leicht finden könnten.

Am 15. Februar 2016 entfernte die Antragsgegnerin die Verkehrsschilder Zeichen 229 der StVO (Taxenstand) am Marienplatz und brachte ein Hinweisschild auf andere Taxistandplätze an. Zugleich stellte sie die Zeichen 250 der StVO (Verbot für Fahrzeuge aller Art) mit verschiedenen Zusatzzeichen am Rindermarkt auf Höhe der Hausnummer 16 auf.

Mit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (29.2.2016) eingegangenem Schriftsatz vom 1. März 2016 vertiefte der Antragsteller seinen Vortrag. Mit der Maßnahme sei beabsichtigt, den Umbau des Marienplatzes zu einer vollständigen Fußgängerzone vorwegzunehmen. Im Nahverkehrsplan der Antragsgegnerin würden nur die Interessen des Eigenbetriebes MVG berücksichtigt und gefördert. Die Bedeutung des Marienplatzes als Bushaltestelle werde nicht berücksichtigt. Nebenstraßen würden entgegen ihrer verkehrsrechtlichen Funktion für den Autoverkehr faktisch zu Fahrradstraßen umgewidmet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die vom postulationsfähigen Antragsteller (§ 67 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 VwGO) im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung der Entscheidung.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO hinsichtlich der Aufhebung des Taxistandplatzes zu Recht als unzulässig abgelehnt, da der Antrag diesbezüglich nicht statthaft ist. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § 123 Abs. 5 VwGO nur statthaft, wenn kein Fall der §§ 80 und 80a VwGO vorliegt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 39). Im vorliegenden Fall kann gegen die mittlerweile erlassene und sofort vollziehbare verkehrsrechtliche Anordnung, die durch Entfernung der Zeichen 229 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (StVO, BGBl I S. 367), zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. September 2015 (BGBl I S. 1573), am vormaligen Taxistandplatz bekannt gegeben wurde (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 41 StVO Rn. 247; VGH BW, B.v. 29.12.1977 - V 1132/77 - NJW 1978, 1279), aber Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt werden.

Der Antrag ist auch nicht ausnahmsweise in Form eines vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutzes zulässig. Ein Antrag nach § 123 VwGO kann ausnahmsweise zulässig sein, wenn der Bürger sonst gegen eine Vielzahl zu erwartender Verwaltungsakte klagen müsste, die ihm ggf. nicht einmal bekannt gegeben werden (vgl. Happ in Eyermann a. a. O. Rn. 37; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Vorb § 40 Rn. 34; BVerwG, U.v. 7.5.1996 - 1 C 10/95 - BVerwGE 101, 157; BayVGH, U.v. 22.12.1992 - 20 B 92.3332 - DVBl 93, 741). Sinngemäß möchte der Antragsteller zwar wohl insgesamt verhindern, dass das vom Stadtrat der Antragsgegnerin beschlossene neue Verkehrskonzept für den Marienplatz nach Abschluss der Bauarbeiten am Anwesen Marienplatz 22 umgesetzt wird und dazu die erforderlichen Verwaltungsakte erlassen werden. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Vielzahl zu erwartender Verwaltungsakte i. S. d. oben genannten Rechtsprechung, sondern nur um mehrere verkehrsrechtliche Anordnungen in Form von Allgemeinverfügungen sowie um eine Umwidmung. Es ist nicht unzumutbar und macht den Rechtsschutz nicht unmöglich, diese Verwaltungsentscheidungen nach deren Erlass jeweils gesondert anzugreifen.

2. Der Antrag ist hinsichtlich der Aufhebung des Taxistandplatzes auch nicht als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig. Zwar ist eine Änderung des gestellten Antrags nach § 91 VwGO im Beschlussverfahren grundsätzlich möglich (Rennert in Eyermann, VwGO, § 91 Rn. 7). Eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren ist jedoch regelmäßig nicht zulässig (vgl. Happ in Eyermann a. a. O. § 146 Rn. 25; Kopp/Schenke, VwGO, § 146 Rn. 33; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 91 Rn. 90 ff.). Das folgt aus der auf die Entlastung des zweiten Rechtszuges abzielenden Regelung des § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO und gilt jedenfalls dann, wenn mit der Antragserweiterung eine wesentliche Änderung der zu prüfenden Gesichtspunkte einhergeht, das Verwaltungsgericht in dem ersten Rechtszug die dort gestellten Anträge vollständig beschieden hat und das Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, nichts anderes gebietet (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2006 - 11 CE 06.2649 - juris Rn. 37; OVG LSA, B.v. 19.4.2010 - 4 M 73/10 - juris Rn. 3; NdsOVG, B.v. 15.10.2009 - 2 ME 307/09 - NVwZ-RR 2010, 63 = juris Rn. 28 m. w. N.). Hier ist der Antrag nach § 123 VwGO gegen die Aufhebung des Taxistandplatzes nach § 123 Abs. 5 VwGO von Anfang an nicht statthaft gewesen, da Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO möglich ist. Eine Umstellung während des erstinstanzlichen Verfahrens kam nicht in Betracht, da die Antragsgegnerin die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung auf den Antrag des Bauunternehmers erst am 12. Februar 2016 erlassen und am 15. Februar 2016 durch Entfernen der Schilder bekannt gemacht hat. Mit der Antragsänderung würde daher eine wesentliche Änderung der zu prüfenden Gesichtspunkte einhergehen und die Vorschrift des § 123 Abs. 5 VwGO umgangen. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller mittlerweile Klage gegen die Aufhebung des Taxistandplatzes erhoben hat. Nur in diesem Fall wäre ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO aber überhaupt zulässig.

3. Die Beschwerde wäre hinsichtlich der Aufhebung des Taxistandplatzes aber unabhängig davon auch nicht begründet, denn es ist bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass der Antragsteller einen Anspruch darauf haben könnte, dass der Taxistandplatz am Marienplatz nicht aufgehoben wird. Die diesbezügliche verkehrsrechtliche Anordnung der Antragsgegnerin ist voraussichtlich rechtmäßig.

Die Einrichtung von Taxistandplätzen ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht (Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl. 2013, § 47 PBefG Rn. 2). Die Gemeinden sind dabei nach § 47 des Personenbeförderungsgesetzes vom 8. August 1990 (PBefG, BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl I S. 1474), im öffentlichen Interesse verpflichtet, ausreichende Taxistandplätze einzurichten (vgl. VG Hannover, U.v. 1.3.2011 - 7 A 3545/10 - juris Rn. 33). § 47 Abs. 1 Satz 1 PBefG gewährt zwar einen Rechtsanspruch des Taxifahrers auf Benutzung der behördlich eingerichteten Taxistandplätze (vgl. Wüstenberg, Der öffentlich-rechtliche Benutzungsanspruch von Taxiunternehmern, NZV 14, 551). Es lässt sich daraus aber weder für einen Taxiunternehmer noch für einen angestellten Taxifahrer ein subjektives Recht ableiten, dass an einer bestimmten Stelle ein Taxistandplatz errichtet wird oder bestehen bleibt. Ein solches Recht ergibt sich auch nicht aus Art. 12 des Grundgesetzes (GG). Art. 12 GG umfasst die Berufswahlfreiheit und Berufsausübungsfreiheit. Die Berufsausübung kann dabei nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz geregelt werden und gebietet es allenfalls, dass in einer größeren Gemeinde überhaupt Taxistandplätze eingerichtet werden, damit die Taxiunternehmer ihrer Betriebspflicht nach § 21 PBefG nicht nur vom Betriebssitz, sondern auch von einem Taxistandplatz aus nachkommen können. Im vorliegenden Fall sind rund um den Marienplatz verschiedene andere Taxistandplätze eingerichtet (derzeit Dienerstraße, Tal, Viktualienmarkt und Rindermarkt). Damit sind ausreichend Taxistandplätze vorhanden.

Darüber hinaus lassen sich auch weder aus dem Verkehrsentwicklungsplan und dem Nahverkehrsplan der Antragsgegnerin noch aus dem regionalen Nahverkehrsplan nach § 8 Abs. 3 Satz 2 PBefG und Art. 13 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern vom 30. Juli 1996 (BayÖPNVG, GVBl S. 336), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), subjektive Rechte des Antragstellers ableiten. Die Verkehrsplanung dient der Daseinsvorsorge und der Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr (vgl. Art. 13 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayÖPNVG). Sie erfolgt im öffentlichen Interesse und besitzt keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit gegenüber Dritten (Recht des ÖPNV, Hrsg. Hubertus Baumeister, 1. Aufl. 2013, S. 619). Die vorhandenen Unternehmer sind dabei zu beteiligen und ihre Interessen angemessen und diskriminierungsfrei zu berücksichtigen (§ 8 Abs. 3 Satz 6 und 7 PBefG, Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayÖPNVG). Ansprüche auf die Einrichtung oder Beibehaltung von Taxistandplätzen an konkreten Orten folgen daraus nicht.

Dabei kann offen bleiben, inwieweit der Verkehr mit Taxis im Innenstadtbereich der Antragsgegnerin überhaupt nach § 8 Abs. 2 PBefG zum öffentlichen Personennahverkehr zu rechnen ist. Nach der Definition in § 8 Abs. 1 Satz 1 PBefG, § 2 Satz 1 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs vom 27. Dezember 1993 (Regionalisierungsgesetz - RegG, BGBl I S. 2378), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2015 (BGBl I S. 2322), und Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayÖPNVG ist öffentlicher Personennahverkehr die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr. Nach § 8 Abs. 2 PBefG und Art. 1 Abs. 3 BayÖPNVG ist öffentlicher Personennahverkehr darüber hinaus auch der Verkehr mit Taxen oder Mietwagen, der die in Abs. 1 der jeweiligen Vorschrift genannten Linienverkehre ersetzt, ergänzt oder verdichtet. Allgemeiner Taxiverkehr ist daher nicht als öffentlicher Personennahverkehr anzusehen (vgl. Recht des ÖPNV, Hrsg. Hubertus Baumeister, S. 248). Taxiverkehr, der im Innenstadtbereich der Antragsgegnerin zusätzlich zu dem dort vorhandenen breiten Angebot an Linienverkehren durch S-Bahn, U-Bahn, Bus und Straßenbahn stattfindet, ist danach wohl nicht zum öffentlichen Personennahverkehr zu zählen. Ob der Taxiverkehr eine konkrete Linie substituieren (so Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl. 2013, § 8 PefG Rn. 2) oder nur eine konkrete Verkehrsrelation (Linie oder Linienteile) ergänzen, ersetzen oder verdichten muss (vgl. Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsgesetz, 2. Aufl. 2014, § 8 Rn. 8; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, EL 2/15, Stand 29.1.2015, § 8 Abs. 2 PBefG), um als öffentlicher Personennahverkehr angesehen zu werden, kann hier dahinstehen.

4. Die Beschwerde hinsichtlich des Erlasses einer verkehrsrechtlichen Anordnung im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, mit der dem Antragsteller die Zufahrt mit einem Taxi zum Marienplatz über die Dienerstraße oder durch das Alte Rathaus ermöglicht wird, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Dazu ist er entgegen seiner Auffassung nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO jedoch verpflichtet. Auf der Grundlage der von ihm glaubhaft zu machenden Tatsachen ermittelt das Gericht den Sachverhalt. Der Mitwirkungspflicht des Antragstellers kommt im Verfahren nach § 123 VwGO dabei besondere Bedeutung zu (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 123 Rn. 53 und 56), da nach § 294 Abs. 2 ZPO im Rahmen der Glaubhaftmachung eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, nicht statthaft ist.

Die verkehrsrechtliche Anordnung, mit der die Einfahrt durch das Alte Rathaus in Richtung Marienplatz untersagt wird (Zeichen 267 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO), besteht schon lange und ist gegenüber dem Antragsteller bestandskräftig. Auch die Anordnung einer Fußgängerzone in der Dienerstraße (Zeichen 242.1 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO mit verschiedenen Zusatzzeichen) besteht schon seit Jahren und kann vom Antragsteller nicht mehr angefochten werden. Nachdem die Antragsgegnerin den Taxistandplatz am Marienplatz voraussichtlich rechtsfehlerfrei aufgehoben hat, ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen dem Antragsteller die Zufahrt zum Marienplatz mit einem Taxi entgegen den bestehenden verkehrsrechtlichen Anordnungen ermöglicht werden müsste. Die Antragsgegnerin hat diese Alternativen in dem an die P. AG gerichteten Bescheid vom 12. Februar 2016 geprüft und ist nach summarischer Prüfung ermessensfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass solche Zufahrtsmöglichkeiten zum Marienplatz nicht eröffnet werden müssen und der Taxistandplatz entfernt werden kann.

5. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, Anh. § 164 Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

2

I. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde (noch) zulässig ist.

3

Der ursprünglich gestellte Antrag des Antragstellers,

4

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegen ihn vorläufig keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten bzw. durchzuführen und ihm wenigstens bis zum 31.07.2016 eine Duldung mit der folgenden Wohnsitzauflage zu erteilen: "Haus M.", (A.) e.V., A-Straße, A-Stadt,

5

hilfsweise,

6

gegen ihn vorläufig, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Aufnahme einer Berufsausbildung als Informatikkaufmann in der Beschäftigungsförderungs-, Qualifizierungs- und Innovationsgesellschaft mbH A-Stadt am 01.08.2016, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten bzw. durchzuführen,

7

hat sich nach seiner Abschiebung nach Albanien am 28.04.2016 erledigt, da die begehrte vorläufige Aussetzung der Abschiebung nach ihrer Durchführung objektiv unmöglich geworden ist.

8

Auch die im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 03.05.2016 erfolgte Antragsänderung und der nunmehr – sinngemäß – gestellte Antrag,

9

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Betretenserlaubnis zu erteilen,

10

dürfte unzulässig sein. Der Antragsteller begehrt nach der Umstellung seines Antrags nicht mehr – wie noch vor dem Verwaltungsgericht – den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO‚ mit deren Hilfe sein tatsächlicher Status im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen die ihm drohende Abschiebung vorläufig erhalten werden soll. Ziel des Beschwerdeverfahrens ist vielmehr der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO‚ mit der er eine Veränderung seines Status als abgeschobener Ausländer durch vorläufige Einräumung einer nicht mehr bestehenden tatsächlichen Position erreichen will. Der Sache nach erhebt der Antragsteller damit einen Folgenbeseitigungsanspruch, indem er die Rückgängigmachung der Folgen eines behördlichen Handelns – hier: der Abschiebung als Realakt – begehrt. Für das Verfahren nach § 123 VwGO fehlt jedoch eine § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechende Regelung. Der Übergang auf den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO kommt im Verfahren nach § 123 VwGO nicht in Betracht (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Oktober 2015, § 81 RdNr. 190). Außerdem dürfte das Beschwerdeverfahren ausschließlich der rechtlichen Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung dienen und grundsätzlich keinen Raum eröffnen‚ über in erster Instanz nicht gestellte Anträge zu entscheiden (vgl. ThürOVG, Beschl. v. 27.06.2006 – 3 EO 354/06 –, juris RdNr. 4; OVG NW, Beschl. v. 18.07.2006 – 18 B 1324/06 –, juris RdNr. 6; Beschl. v. 09.03.2007 – 18 B 2533/06 –, juris RdNr. 33; BayVGH, Beschl. v. 28.01.2016 – 10 CE 15.2653 –, juris RdNr. 18; a.A. SaarlOVG, Beschl. v. 24.01.2003 – 9 W 50/02 –, juris RdNr. 25; SächsOVG, Beschl. v. 14.12.2011 – 3 B 244/11 –, juris RdNr. 5).

11

II. Die Beschwerde bliebe selbst dann ohne Erfolg, wenn man die Zulässigkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung, gerichtet auf Rückgängigmachung der Abschiebung bzw. Ermöglichung der Wiedereinreise, im Falle einer bereits vollzogenen Abschiebung ausnahmsweise anerkennen (vgl. SaarlOVG‚ Beschl. v. 18.10.2005 – 2 W 15/05 –, juris RdNr. 5; VGH BW, Beschl. v. 11.03.2008 – 13 S 418/08 –, juris RdNr. 7) und eine entsprechende Antragsänderung im Beschwerdeverfahren entsprechend § 91 VwGO für zulässig erachten würde. Ein entsprechender Anordnungsanspruch ist nämlich nicht glaubhaft gemacht.

12

Unter Berücksichtigung der allein maßgeblichen‚ von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) hat er den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch im Hinblick auf sein Ziel‚ eine (vorläufige) Rückkehr in das Bundesgebiet zu erreichen‚ nicht glaubhaft gemacht. Aus den dargelegten Gründen ergibt sich nicht‚ dass die Abschiebung (offensichtlich) rechtswidrig gewesen ist.

13

Entgegen der Auffassung des Antragstellers war die Antragsgegnerin für seine Abschiebung örtlich zuständig. Örtlich zuständige Ausländerbehörde ist gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a VwVfG diejenige Behörde, in deren Bezirk der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. In Anlehnung an die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (vgl. Urt. d. Senats v. 15.05.2014 – 2 L 136/12 –, juris RdNr. 24). Hiernach war die Antragsgegnerin die für den Antragsteller zuständige Ausländerbehörde, da dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt – in Übereinstimmung mit der Zuweisungsentscheidung der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) vom 26.08.2015 – in der Gemeinschaftsunterkunft Am C. 31 in C-Stadt hatte. Zwar war der Antragsteller seit dem 23.09.2015 durch das Jugendamt C-Stadt in der integrativen Kinder- und Jugendeinrichtung in der A-Straße in A-Stadt untergebracht. Hierbei handelte es sich jedoch lediglich um eine vorübergehende Unterbringung, da in C-Stadt weder in der Clearingstelle noch im Kinder- und Jugendnotdienst ein Platz vorhanden war. Ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt wurde mit der Unterbringung des Antragstellers in A-Stadt nicht begründet. Die Vorläufigkeit der Unterbringung des Antragstellers in A-Stadt wird auch dadurch deutlich, dass die Antragsgegnerin seit dem Eintritt der Volljährigkeit des Antragstellers am (…).03.2016 bestrebt war, diesen in die Gemeinschaftsunterkunft D-Straße 50 nach C-Stadt zurück zu verlegen.

14

Die Abschiebung erfolgte auch nicht unter Verletzung eines Duldungsanspruchs des Antragstellers. Insbesondere stand dem Antragsteller kein Anspruch auf eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 und 4 AufenthG wegen des von ihm mit der Beschäftigungsförderungs-, Qualifizierungs- und Innovationsgesellschaft A-Stadt mbH abgeschlossenen Berufsausbildungsvertrages über eine am 01.08.2016 beginnende Ausbildung im Ausbildungsberuf Informatikkaufmann zu. Zwar kann einem Ausländer gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Dringende persönliche Gründe im Sinne von Satz 3 können gemäß § 60a Abs. 3 Satz 4 AufenthG insbesondere vorliegen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in Deutschland vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufnimmt oder aufgenommen hat und nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a des Asylgesetzes stammt. Hiernach kam eine Duldung des Antragstellers wegen dringender persönlicher Gründe – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht in Betracht, weil er aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG stammt. Die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 und 4 AufenthG wegen Aufnahme einer Berufsausbildung ist ausgeschlossen, wenn der Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (Hailbronner, AuslR, Stand: Februar 2016, § 60a AufenthG RdNr. 101). Das ist bei dem aus Albanien stammenden Antragsteller der Fall. Albanien ist nach Anlage II zu § 29a AsylG ein sicherer Herkunftsstaat. Unerheblich ist, dass der Antragsteller ursprünglich am 14.07.2015 als unbegleiteter Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sein Herkunftsstaat zum Zeitpunkt der Einreise noch nicht als sicherer Herkunftsstaat i.S.d. § 29a AsylG eingestuft war (a.A. Bruns, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 60a AufenthG RdNr. 31), denn derartige Vorbehalte sind der gesetzlichen Regelung in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nicht zu entnehmen.

15

Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG bestehen nicht. Insbesondere liegt in dem Ausschluss von Ausländern aus sicheren Herkunftsstaaten kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Vielmehr ist der Senat – mit dem Verwaltungsgericht – der Ansicht, dass sich für diese Differenzierung ein sachlicher Grund anführen lässt. Dieser kann darin gesehen werden, dass von Integrationsmaßnahmen wie dem Zugang zu einer Berufsausbildung solche Personen ausgeschlossen werden sollen, die von vornherein keine Aussicht auf eine internationale Schutzberechtigung haben und daher auf reguläre im Aufenthaltsgesetz vorgesehene Zugangsmöglichkeiten zur beruflichen Ausbildung zu verweisen sind (vgl. Hailbronner, a.a.O.). Die Auffassung, der Ausschluss ehemaliger Asylbewerber, die aus sicheren Herkunftsstaaten kämen, sei mit dem Gleichheitsgebot nicht zu vereinbaren, weil dieses Kriterium für den migrationspolitischen Zweck der Norm völlig irrelevant sei (vgl. Bruns, a.a.O.), teilt der Senat nicht. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner verfassungskonformen Auslegung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG, etwa in Anlehnung an die Stichtagsregelung des § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.

16

Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Antragsgegnerin gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG über die Erteilung einer Ermessensduldung. Zwar deutet das Wort „insbesondere“ in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG darauf hin, dass auch in anderen Fällen dringende persönliche Gründe vorliegen können (vgl. VG Halle, Beschl. v. 31.05.2016 – 5 B 341/16 HAL –). Aus § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ergibt sich nach Auffassung des Senats jedoch eindeutig, dass Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten von der Erteilung einer Ermessensduldung wegen der Aufnahme einer Berufsausbildung ausgeschlossen sind.

17

Ein Anspruch auf eine Duldung ergibt sich auch nicht aus einer aufenthaltsrechtlichen Vorwirkung des am 25.05.2016 beschlossenen Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Integrationsgesetz, dessen § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG-E einen Ausschluss von Ausländern aus sicheren Herkunftsstaaten nicht (mehr) vorsieht. Zwar hat der Senat im Hinblick auf die seinerzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche Vorschrift des § 25b AufenthG-E für nachhaltig integrierte Ausländer eine aufenthaltsrechtliche Vorwirkung in dem Sinne in Erwägung gezogen, dass Ausländer, denen nach dieser Regelung voraussichtlich eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, einen dringenden persönlichen Grund i.S.d. § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG geltend machen können (vgl. Beschl. d. Senats v. 31.03.2015 – 2 M 17/15 –, juris RdNr. 5). Ob etwas Vergleichbares auch mit Blick auf § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG-E anzunehmen ist, bedarf keiner Vertiefung, denn eine Reduzierung des Ermessens der Ausländerbehörde dahin, dass nur die Erteilung einer Duldung ermessensfehlerfrei wäre, ist auch in diesem Fall nicht anzunehmen (vgl. Beschl. d. Senats v. 31.03.2015 – 2 M 17/15 –, a.a.O. RdNr. 8). Die Möglichkeit der Erteilung einer im Ermessen der Antragsgegnerin stehenden Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG stand einer Abschiebung des Antragstellers nicht entgegen. Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG begründet noch keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Inhalt einer vorläufige Aussetzung der Abschiebung (vgl. Beschl. d. Senats v. 31.03.2015 – 2 M 17/15 –, a.a.O. RdNr. 8).

18

Die Abschiebung des Antragstellers war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin den „Primat des Kinder- und Jugendhilferechts“ nicht berücksichtigt hätte. Insoweit ist bereits unklar, was der Antragsteller damit meint. Soweit der von ihm verwendete Begriff dahin zu verstehen sein sollte, dass eine Abschiebung eines Ausländers unzulässig sei, solange diesem Leistungen nach dem SGB VIII gewährt werden oder hätten gewährt werden müssen, besteht hierfür im AufenthG keine gesetzliche Grundlage.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

20

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

21

Rechtsmittelbelehrung

22

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30. Juni 2005 – 6 F 39/05 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und unter entsprechender Abänderung der Festsetzung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss auch für die erste Instanz auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des am 19.5.2005 in die Türkische Republik abgeschobenen Antragstellers, eines türkischen Staatsangehörigen, der aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung an einer geistigen Behinderung leidet, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30.6.2005 – 6 F 39/05 – muss erfolglos bleiben. Mit dieser Entscheidung wurde der Antrag zurückgewiesen,

„dem Antragsteller vorläufig das Betreten der Bundesrepublik Deutschland vorübergehend zu erlauben,

die von der Bundesrepublik Deutschland her möglichen Voraussetzungen für eine Rückschaffung des Antragstellers unter Übernahme der Reisekosten ab Istanbul binnen 3 Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu schaffen, und

dem Antragsteller über seinen Prozessbevollmächtigten unverzüglich nach Herstellung der Rückschaffungsvoraussetzungen unter Fristsetzung Gelegenheit zur Wiedereinreise in das Bundesgebiet einzuräumen“.

Das den Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts abschließend bestimmende Vorbringen im Beschwerdeverfahren (§146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt keine andere Entscheidung. Insoweit ist davon auszugehen, dass sich im Falle bereits vollzogener Vollstreckungsmaßnahmen – hier in Form der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung durch Abschiebung eines Ausländers – aus dem Grundsatz der Gesetz- und Rechtmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) unter ganz besonderen Umständen eine vorläufig über §123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähiger Folgenbeseitigungsanspruch ergeben kann, wenn durch den hoheitlichen Eingriff ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt wurde, und hierdurch ein noch andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist. Die nach der Rechtsprechung hierfür geltenden strengen Voraussetzungen liegen hier allerdings nicht vor.

Der Antragsteller beanstandet eine Nichtbeachtung „seiner Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 GG und seiner Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK, weiterhin im Familienverband seines Onkels und Betreuers leben zu dürfen, wo er bis zu seiner Abschiebung 9 Jahre lebte“. Das Verwaltungsgericht habe wie bereits in dem der Abschiebung vorausgegangenen Eilverfahren erneut keinen Anlass gesehen, auf diese Argumentation einzugehen. Er – der Antragsteller – habe ausdrücklich auf eine Entscheidung des VGH Mannheim hingewiesen, der in einem „fast identisch gelagerten Fall“ einen Aufenthaltsanspruch zur Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft bejaht habe. Demgegenüber sei von ihm nie – wie das Verwaltungsgericht unterstellt habe – vorgetragen worden, dass „die notwendige Lebenshilfe gerade nur durch seinen in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Onkel erbracht werden könnte“. Dieses Vorbringen lässt keine von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichende Beurteilung des Rechtsschutzersuchens des Antragstellers zu.

Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG sowie der in diesem Anwendungsbereich einen entsprechenden Schutz vermittelnde Art. 8 EMRK verpflichten die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen bestehende familiäre Bindungen des Ausländers zu berücksichtigen, so dass sich im Einzelfall eine ausländerbehördlich bewirkte längere Trennung von Familienmitgliedern, insbesondere kleinen Kindern von den Eltern oder gegebenenfalls auch nur von einem Elternteil im Sinne des Art. 6 Abs. 2 GG als unzumutbar und eine Abschiebung daher als unverhältnismäßig erweisen kann. Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden. Vorliegend ist bereits der Schutzbereich der genannten Grundrechtsnorm nicht betroffen. Der mit seiner Familie in B. lebende Onkel des Antragstellers, Herr AA., bei dem der Antragsteller über Jahre hinweg gelebt hat, ist vom Amtsgericht B-Stadt im Jahre 2004 nach Maßgabe des §1896 Abs. 1 BGB zum ehrenamtlichen Betreuer bestimmt worden, nachdem er zuvor bereits die Vormundschaft des Antragstellers wahrgenommen hatte. Das Betreuungsverhältnis ist indes, wie schon die Überschrift vor §1896 ff. BGB ausdrücklich klarstellt, vom Gesetzgeber auf eine rechtliche Betreuung reduziert worden. Rechtlich gesehen kann daher, auch wenn dies im konkreten Fall faktisch weitergehend gewesen sein dürfte, nicht von einer dem Schutzbereich des Art. 6 GG unterfallenden familiären Beziehung zwischen dem betreuten Antragsteller und seinem zum Betreuer bestellten Onkel aufgrund dieser Bestellung ausgegangen werden. Darin liegt auch der wesentliche Unterschied zu dem der Entscheidung des VGH Mannheim zugrunde liegenden Sachverhalt. In dem dortigen Fall hatte der Onkel der zunächst auch über eine Vormundschaft verstärkten faktisch bestehenden „Eltern-Kind-Beziehung“ durch eine Adoption des Neffen in rechtlicher Hinsicht Rechnung getragen. Dort stand daher eine durch die Abschiebung der früheren Neffen zu befürchtende Trennung von Adoptiveltern beziehungsweise Vater und Sohn in Rede. Das unterscheidet sich entgegen der Ansicht des Antragstellers ganz wesentlich von seinem Fall, in welchem demnach nicht von einer durch die Rückführung in die Türkei zerstörten rechtlich „schutzwürdigen familiären Lebensgemeinschaft“ auszugehen ist. Der Betroffenheit des Aufgabenkreises seines Betreuers, der unter anderem die Aufenthaltsbestimmung umfasste, wurde im konkreten Fall dadurch Rechnung getragen, dass der Betreuer in dem im Zusammenhang mit der Beendigung seines Aufenthalts in Deutschland eingeleiteten gerichtlichen Verfahren in seiner Stellung berücksichtigt und in den einschlägigen Entscheidungen als solcher aufgeführt worden ist.

Ansonsten macht der Antragsteller in der Beschwerdebegründung geltend, das Verwaltungsgericht habe „die Grundsätze über das Erfordernis der Glaubhaftmachung … auf den Kopf gestellt.“ Er – der Antragsteller - habe vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, dass er in Istanbul „nicht irgendwelchen Familienangehörigen übergeben, sondern einfach auf die Straße gesetzt“ worden und jetzt nur vorübergehend bei dem Bruder eines Bekannten untergebracht sei. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss darauf verwiesen, dass der Antragsteller nicht substantiiert in Abrede gestellt habe, dass die Angaben des Antragsgegners beziehungsweise des türkischen Generalkonsulats in Mainz nicht richtig seien, wonach im Vorfeld der Rückführung des Antragstellers seine Familie habe ausfindig gemacht werden können, die sich bereit erklärt habe, ihn in Empfang zu nehmen und in deren „Kreis“ er letztendlich auch gelangt sei.

Dem muss aus Anlass der vorliegenden Entscheidung nicht weiter nachgegangen werden. Welche der beiden extrem unterschiedlichen Schilderungen hinsichtlich der Abläufe bei der Rückkehr des Antragstellers in die Türkei auch zutrifft, so steht jedenfalls fest, dass sich – selbst wenn man die an telefonische Auskünfte anknüpfenden Behauptungen des Onkels des Antragstellers und des Herrn EB zugrunde legt – der Antragsteller sich offensichtlich gegenwärtig nicht in einer existenziellen Notsituation befindet, die eine weitere Prüfung rechtfertigen könnte, ob dies Folge einer rechtswidrigen Abschiebung sein könnte, welche dann seine Rückschaffung nach Deutschland gebieten könnte. Insofern wären im Übrigen weitere Ermittlungen vor Ort, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme der Deutschen Auslandsvertretung in der Türkei anzustellen. Was allerdings – selbst im schlimmsten Fall, auch wenn die Darstellung des Antragsgegners völlig falsch wäre – verhindern sollte, dass der Antragsteller einer notwendigen Obhut einer Betreuungseinrichtung in der Türkei zugeführt wird, ist nicht ersichtlich.

Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen: Was erstens den Vollstreckungsablauf (Abschiebung) als solchen angeht, so steht nach dem Akteninhalt außer Frage, dass der Antragsgegner nach den in der Ausländerakte befindlichen Unterlagen alles Erdenkliche unternommen hat, um eine ausreichend betreute Rückführung in die Türkei sicherzustellen. Die Rückführungsmaßnahme selbst war ärztlich begleitet und für die Inempfangnahme des Antragstellers in Istanbul durch einen Vertrauensarzt der deutschen Botschaft wurde alles Mögliche getan. Zweitens ist der Antragsteller nochmals darauf zu verweisen, dass er als ehemaliger Asylbewerber zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (§60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, früher §53 Abs. 6 AuslG) gegenüber dem Antragsgegner als Ausländerbehörde mit Blick auf die dem §42 AsylVfG zu entnehmende Bindungswirkung der diesbezüglich negativen Entscheidung des Bundesamtes nicht mit Erfolg geltend machen kann. In dem Zusammenhang spricht alles dafür, dass es sich bei den von dem Antragsteller beziehungsweise dem Onkel behaupteten Problemen und Folgen einer mangelhaften Betreuung in der Türkei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat wurzelnde Gefahren handeln würde, da sie – und das trägt der Antragsteller selbst vor - nicht aus dem Wegfall einer nicht ersetzbaren in Deutschland befindlichen Betreuungsperson resultieren würden, sondern aus der Nichteinschaltung einer benötigten – generell vorhandenen – Betreuungseinrichtung im Heimatland. Von daher konsequent und richtig wurde auch im Rahmen des Asylverfahrens des Antragstellers unter dem Aspekt des Vorliegens von Abschiebungshindernissen die Frage seiner Möglichkeiten, den Eintritt existenzieller Gefährdungen bei Rückkehr durch die Inanspruchnahme von Sozialeinrichtungen zu vermeiden, in den Blick genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG 2004, wobei hier die Halbierung des Auffangstreitwerts nicht gerechtfertigt erscheint.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 8. Mai 2018 geändert.

Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm unter sofortiger Aufhebung der Sperrwirkung der Abschiebung / des Wiedereinreiseverbots die unverzügliche Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen und ihm vorübergehend, jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsache-/Klageverfahrens (15 K 514/18) eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) auszustellen, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ... bewilligt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Wiedereinreise ins Bundesgebiet.

2

Der am ... Dezember 1995 geborene Antragsteller hat die serbische Staatsangehörigkeit. Er reiste erstmals im Jahr 2012 als Minderjähriger zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern ohne Visum in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Später erhielten die Mutter und seine Geschwister Aufenthaltserlaubnisse. Dem Antragsteller, der inzwischen volljährig war, wurde keine Aufenthaltserlaubnis erteilt. In der Folgezeit wurde er geduldet.

3

Der Antragsteller ist in den Jahren 2013 und 2014 mehrfach strafrechtlich wegen Diebstahls, Beförderungserschleichung und Sachbeschädigung in Erscheinung getreten. Die Schule besuchte er nur unregelmäßig, einen Schulabschluss erlangte er – soweit ersichtlich – nicht. Der Antragsteller bezog zuletzt Sozialleistungen.

4

Mit Verfügung vom 27. November 2014 kündigte die Antragsgegnerin an, den Antragsteller abzuschieben, und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf zwei Jahre ab der Abschiebung. Ein hiergegen eingelegter Widerspruch wurde bestandskräftig mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2015 zurückgewiesen. Bereits am 2. Dezember 2014 wurde der Antragsteller nach Serbien abgeschoben.

5

Am 24. Dezember 2014 wurde D. H. geboren, die die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Mit Beschluss vom 13. August 2015 stellte das Amtsgericht H.-St. G. fest, dass der Antragsteller der Vater des Kindes ist. Der Antragsteller ist nicht sorgeberechtigt.

6

Zu einem dem Gericht nicht bekannten Zeitpunkt im Jahr 2015 reiste der Antragsteller wieder in das Bundesgebiet ein.

7

In der Zeit vom 25. Oktober 2015 bis zum 6. April 2016 fanden 19 (begleitete) Umgangskontakte zwischen dem Antragsteller und seiner Tochter statt. Mitte April 2016 brach die Kindsmutter die Umgänge ab. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt wurden die Umgangskontakte wieder aufgenommen. Am 1. November 2016 wurde vor dem Amtsgericht-H. St. G. – Familiengericht – die angeordnete Umgangspflegschaft um sechs Monate verlängert und die (begleiteten) Umgänge auf drei Stunden wöchentlich ausgedehnt. Nach eigenen Angaben des Antragstellers brachen die Umgangskontakte im Herbst/Winter 2017 erneut ab.

8

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2018 zurück.

9

Unter dem 10. Januar 2018 erkannte der Antragsteller vorgeburtlich die Vaterschaft für das von der mazedonischen Staatsangehörigen, Frau D. Z., erwartete Kind an. Frau Z., die in Villingen-Schwenningen lebt, stimmte der Anerkennung der Vaterschaft zu. Frau Z. besaß eine bis zum 29. März 2018 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG.

10

Am 18. Januar 2018 hat der Antragsteller Klage (15 K 514/18) gegen die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis erhoben und den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

11

Am 21. Februar 2018 haben die Kindesmutter und der Antragsteller in einer nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts H.-B. – Familiengericht – vereinbart, dass der Antragsteller wieder wöchentlichen – zunächst begleiteten – Umgang erhalten soll.

12

Am 22. Februar 2018 hat die Antragsgegnerin den Antragsteller nach Serbien abgeschoben und ihm die bereits am 23. Januar 2018 verfügte Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf vier Jahre Auslandsaufenthalt ab dem Zeitpunkt der Abschiebung übergeben.

13

Das Amtsgericht H.-B. – Familiengericht – hat mit Beschluss vom 12. März 2018 die zwischen dem Antragsteller und der Kindesmutter vergleichsweise getroffene Umgangsregelung gebilligt.

14

Mit Beschluss vom 8. Mai 2018 hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin auf den am 3. Mai 2018 eingegangenen, auf die Ermöglichung der Wiedereinreise gerichteten Antrag im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller umgehend die Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen und ihm nach erfolgter Einreise zur Wiederaufnahme von Umgangskontakten mit seiner Tochter D. zunächst für sechs Monate eine Duldung zu erteilen. Die Umstellung des Antragsbegehrens begegne mit Blick auf § 91 Abs. 1 VwGO keinen Bedenken. Ein Anordnungsgrund liege vor. Ohne ein Recht auf umgehende Wiedereinreise sei es dem Antragsteller unmöglich, den vom Familiengericht gebilligten schützenswerten Umgang mit seiner Tochter in angemessener, dem Kindeswohl entsprechender Zeit erneut wahrnehmen zu können. Die Abschiebung des Antragstellers sei auch mit hoher Wahrscheinlichkeit materiell rechtswidrig gewesen. Bereits vor der Abschiebung habe ihm ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG i. V. m. Art. 6 Abs. 1 GG zugestanden. Es liege eine schützenswerte Beziehung zwischen dem Antragsteller und seiner Tochter vor, deren Aufrechterhaltung sowohl im Interesse des Antragstellers als auch im Kindeswohlinteresse liege. Zwar lebe die Tochter bei der allein sorgeberechtigten Mutter und ein Umgang finde seit Herbst/Winter 2017 nicht mehr statt. Allerdings habe zuvor ein regelmäßiger persönlicher Kontakt stattgefunden. Werde dem Antragsteller durch Abschiebung die Möglichkeit genommen, eine väterliche Bindung zu seinem Kind aufzubauen und zu verfestigen, wäre das Vater-Kind-Verhältnis voraussichtlich auf Dauer zerstört.

15

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

16

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

17

1. Die Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO) gibt Anlass, die Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung umfassend zu prüfen. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass angesichts der abgebrochenen Umgangskontakte Zweifel am Bestehen eines Abschiebungsverbots bestünden.

18

Das nach Antragsänderung weiterverfolgte einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers hat keinen Erfolg.

19

2. Die Antragsänderung ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig.

20

Einer Antragsänderung steht nicht entgegen, dass § 123 VwGO keine § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechende Regelung eines Folgenbeseitigungsanspruchs enthält (in diese Richtung wohl VGH München, Beschl. v. 28.1.2016, 10 CE 15.2653, juris Rn. 18; OVG Münster‚ Beschl. v. 9.3.2007, 18 B 2533/06, NVwZ-RR 2007, 492, juris Rn. 35; VGH Mannheim, Beschl. v. 24.3.2006, 11 S 325/06, HTK-AuslR; OVG Magdeburg, Beschl. v. 6.6.2016, 2 M 37/16, juris Rn. 10, wobei in diesen Fällen erst im Beschwerdeverfahren die einstweilige Rückführung begehrt und der Antrag umgestellt wurde). § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO hat – wie auch § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO – nur verfahrensrechtliche Bedeutung und erleichtert eine prozessuale Geltendmachung mit der Folge, dass die Einbeziehung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO lediglich eine Erweiterung des ursprünglichen Begehrens und damit gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO keine Antragsänderung darstellen dürfte (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 11.7.2017, 7 B 11079/17, Asylmagazin 2017, 414, juris Rn. 23). Hiervon unbenommen besteht auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO die Möglichkeit zur Antragsänderung, die sodann den engen Voraussetzungen des § 91 VwGO genügen muss (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 11.7.2017, 7 B 11079/17, a. a. O., juris Rn. 23; OVG Bremen, Beschl. v. 19.5.2017, 1 B 47/17, AuAS 2017, 148, juris Rn. 19).

21

Die Antragsänderung ist vorliegend zulässig. Zwar hat die Antragsgegnerin – auch mit der Beschwerdebegründung – in die Antragsänderung nicht eingewilligt. Die Antragsänderung erweist sich aber als sachdienlich i. S. d. § 91 Abs. 1 VwGO. Sachdienlichkeit ist dann anzunehmen, wenn auch für den geänderten Antrag der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Antragsänderung die endgültige Beilegung des Streites fördert und dazu beiträgt, dass ein weiterer sonst zu erwartender Prozess vermieden wird (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 91 Rn. 19). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar war für den ursprünglich als Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Aussetzung der Abschiebung auszulegenden Antrag anders als für den nunmehr geltend gemachten Vollzugsfolgenbeseitigungsantrag eine etwaige Sperrwirkung der Abschiebung – als einer der Folgenbeseitigung entgegenstehendes rechtliches Hindernis – irrelevant. Gleichwohl ist der Streitstoff im Wesentlichen derselbe geblieben. Hier wie dort ist in erster Linie entscheidungserheblich, ob der Abschiebung rechtliche Abschiebungshindernisse - namentlich aus Art. 6 GG – entgegenstanden. Würde eine Sachdienlichkeit verneint, wäre der Antragsteller gehalten, ggf. einen neuen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Wiedergestattung der Einreise zu stellen. Unerheblich für die Frage der Sachdienlichkeit ist hingegen, ob der Antrag in der geänderten Form zulässig ist und Aussicht auf Erfolg hat (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 91 Rn. 19). Vor diesem Hintergrund ist für die Zulässigkeit der Antragsänderung irrelevant, ob der Antragsteller – wie die Antragsgegnerin meint – richtigerweise auf das Visumverfahren zu verweisen wäre oder keine besondere Eilbedürftigkeit gegeben ist.

22

3. Der Antrag auf Ermöglichung der Wiedereinreise des Antragstellers ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

23

a) Der auf die Ermöglichung der Wiedereinreise gerichtete Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig.

24

Insbesondere besteht für den Antrag noch ein Rechtsschutzbedürfnis. Zwar ist die Befristungsentscheidung – ebenso wie die gleichzeitig getroffene Entscheidung über den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots – vom 23. Januar 2018 nicht gegenüber dem Antragsteller wirksam geworden, so dass ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht durch die Abschiebung am 22. Februar 2018 entstanden ist (hierzu unter aa]). Allerdings entfaltet die Abschiebung am 2. Dezember 2014 noch ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, das mit Verfügung vom 27. November 2014 auf zwei Jahre befristet worden war (hierzu unter bb]).

25

aa) Die Verfügung vom 23. Januar 2018 ist nicht gegenüber dem Antragsteller wirksam geworden.

26

Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist – ebenso wie die gleichzeitig getroffene Entscheidung über den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots – ein Verwaltungsakt. Verwaltungsakte bedürfen, um Wirksamkeit zu erlangen, der Bekanntgabe (vgl. § 41 HmbVwVfG), d. h. der Eröffnung ihres Regelungsgehalts gegenüber dem Betroffenen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 41 Rn. 6). Die Bekanntgabe kann, wie dies in § 41 Abs. 5 HmbVwVfG zum Ausdruck gelangt, im Wege der (förmlichen) Zustellung erfolgen. Hierfür gelten gemäß § 1 Abs. 1 HmbVwZG die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes.

27

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller den Bescheid vom 23. Januar 2018 am 22. Februar 2018 – dem Tag seiner Abschiebung – gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt (§ 5 Abs. 1 VwZG). Der Antragsteller hat den Bescheid auch entgegen genommen (vgl. das unterschriebene Empfangsbekenntnis, Bl. 508 d. A.). Die gegenüber dem Antragsteller vorgenommene Zustellung war indes fehlerhaft, weil an ihn (allein) nicht hätte zugestellt werden dürfen. Denn zum Zeitpunkt der Zustellung hatte der Antragsteller einen Bevollmächtigten, dem gegenüber die Zustellung hätte vorgenommen werden müssen. Zwar regelt § 7 Abs. 1 Satz 1 VwZG, dass Zustellungen an den Bevollmächtigten gerichtet werden „können“, so dass die Zustellung an den Adressaten eines Bescheides daneben zulässig bleibt. Etwas anderes gilt jedoch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG dann, wenn der Bevollmächtigte schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Dies ist vorliegend der Fall. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat sich mit schriftlicher Vollmacht vom 21. März 2017 betreffend den Aufenthalt im Bundesgebiet, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Duldung, pp. (Bl. 353 d. A.), mithin umfassend gegenüber der Antragsgegnerin legitimiert. Dementsprechend ist die Verfügung vom 23. Januar 2018 im Adressfeld auch an den Bevollmächtigten des Antragstellers – per EB – adressiert. Eine Zustellung an den Bevollmächtigten erfolgte indes soweit ersichtlich nicht. In der Sachakte der Antragsgegnerin findet sich weder ein entsprechender Ab-Vermerk noch ein rückläufiges Empfangsbekenntnis.

28

Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot ist damit durch die Abschiebung am 22. Februar 2018 nicht entstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das Beschwerdegericht anschließt (vgl. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 8.5.2018, 3 Bs 46/18, AuAS 2018, 146, juris Rn. 10), ist im – auch vorliegend eröffneten – Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (im Folgenden: Rückführungsrichtlinie) davon auszugehen, dass – erstens – das mit einer Rückkehrentscheidung (vgl. Art. 3 Nr. 4 Rückführungsrichtlinie) einhergehende Einreise- und Aufenthaltsverbot (vgl. Art. 3 Nr. 6 Rückführungsrichtlinie) stets einer behördlichen oder richterlichen Einzelfallentscheidung bedarf, die auch seine Dauer festlegen muss, und dass – zweitens – die danach geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer in unionsrechtskonformer Auslegung des Aufenthaltsgesetzes regelmäßig in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG gesehen wird (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 22.8.2017, 1 A 10.17, NVwZ 2018, 345, juris Rn. 5; Beschl. v. 13.7.2017, 1 VR 3.17, NVwZ 2017, 1531, juris Rn. 72). Folge einer Abschiebung ohne eine vorherige – wirksam gewordene - Entscheidung über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist daher, dass - abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG – das Einreise- und Aufenthaltsverbot durch die Abschiebung allein noch nicht entsteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2017, 1 A 3.17, InfAuslR 2018, 11, juris Rn. 36; siehe auch OVG Hamburg, Beschl. v. 19.1.2018, 1 Bs 78/17, BA S. 3 f.) und dem abgeschobenen Ausländer, der Einreise und/oder Aufenthalt im Bundesgebiet begehrt, nicht entgegen gehalten werden kann.

29

bb) Allerdings entfaltet die Abschiebung am 2. Dezember 2014 noch ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, das mit Verfügung vom 27. November 2014 auf zwei Jahre befristet worden war.

30

Die Verfügung vom 27. November 2014, mit der das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf zwei Jahre nach erfolgter Abschiebung befristet wurde, ist dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 27. November 2014 per Fax-Empfangskenntnis zugestellt worden. Ein hiergegen eingelegter Widerspruch wurde bestandskräftig mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2015, seinem Prozessbevollmächtigten zugestellt am 6. März 2015, zurückgewiesen.

31

Die Verfügung vom 27. November 2014 dürfte auch noch wirksam und der Antragsteller von dem zweijährigen Einreise- und Aufenthaltsverbot zumindest für eine Restlaufzeit von mehr als acht Monaten noch betroffen sein. Zwar ist denkbar, dass die Antragsgegnerin mit der Verfügung vom 23. Januar 2018 die Verfügung vom 27. November 2014 ersetzen wollte. Da der Bescheid vom 23. Januar 2018 nicht wirksam geworden ist, würde eine etwaig darin konkludent enthaltene Aufhebung des Bescheids vom 27. November 2014 jedoch keine Regelungswirkung entfalten. Die Sperrfrist ist auch noch nicht abgelaufen: Der Antragsteller wurde am 2. Dezember 2014 abgeschoben. Im Laufe des Jahres 2015, mithin vor Ablauf der zweijährigen Sperrfrist am 1. Dezember 2016 ist er wieder eingereist. Am 1. August 2015 ist die Regelung in § 11 Abs. 9 Satz 1 AufenthG in Kraft getreten, wonach der Ablauf einer Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt wird, wenn ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet einreist. Dies bedeutet, dass (unerlaubte) Aufenthaltszeiten bis zum 31. Juli 2015 entsprechend der bis dahin geltenden Rechtslage für den Fristablauf weiterhin unerheblich sind, während Aufenthalte im Bundesgebiet, die entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot erfolgen, unabhängig vom Zeitpunkt der (unerlaubten) Wiedereinreise ab dem 1. August 2015 eine Hemmung des Fristablaufs begründen (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 8.11.2016, 7 A 11058/15, juris Rn. 21 m. w. N.). Da der Antragsteller spätestens am 25. Oktober 2015 – hier begannen die Umgangskontakte – wieder ins Bundesgebiet eingereist war, war der Ablauf der Frist jedenfalls vom 25. Oktober 2015 bis zum 22. Februar 2018 – der erneuten Abschiebung – gehemmt. Nach Abzug der im Ausland verbrachten Aufenthaltszeiten läuft die Sperrfrist mithin noch mindestens für mehr als acht Monate. Die Ablaufhemmung ist auch nicht deswegen nicht eingetreten, weil der Antragsteller auf diese Wirkung nicht hingewiesen wurde. Die Ablaufhemmung tritt nach dem klaren Wortlaut von Gesetzes wegen ein. § 11 Abs. 9 Satz 3 AufenthG, der eine Hinweispflicht vorsieht, bezieht sich angesichts des Wortlautes („erstmaligen“), der Gesetzessystematik und ausweislich der Entstehungsgeschichte (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 18/4097, S. 38) nur auf § 11 Abs. 9 Satz 2 AufenthG - nachträgliche Verlängerung der Frist – und nicht auf die in § 11 Abs. 9 Satz 1 AufenthG vorgesehene Ablaufhemmung.

32

b) Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

33

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis möglich, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO, dass der Antragsteller Umstände glaubhaft macht, aufgrund derer er dringend auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen ist (Anordnungsgrund) und aus denen er in der Hauptsache einen Anspruch herleitet (Anordnungsanspruch).

34

In der Sache macht der Antragsteller vorliegend einen sog. Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch geltend. Aus dem Grundsatz der Gesetz- und Rechtmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) kann sich ein Folgenbeseitigungsanspruch ergeben, wenn durch den Vollzug von Vollstreckungsmaßnahmen, hier einer Abschiebung, ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt wird, in dessen Folge ein andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist, und keine der Folgenbeseitigung entgegenstehende rechtliche Hindernisse bestehen. In solchen Fällen kommt eine Folgenbeseitigung in Form der Ermöglichung der Wiedereinreise durch Zustimmung und den darin zugleich liegendem Verzicht auf die Einhaltung der Sperrwirkung der Abschiebung in Betracht (OVG Bautzen, Beschl. v. 14.12.2011, 3 B 244/11, juris Rn. 5; vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 11.3.2008, 13 S 418/08, VBlBW 2009, 149, juris Rn. 7).

35

Die von dem Antragsteller erstrebte Verpflichtung der Antragsgegnerin auf Gestattung der Wiedereinreise stellt sich jedoch als eine Vorwegnahme der Hauptsache dar. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient grundsätzlich nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll hier regelmäßig nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Daher kann in Fällen der hier vorliegenden Art dem Eilantrag nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist. Dies setzt hohe Erfolgsaussichten, also eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache voraus (vgl. VGH München, Beschl. v. 18.12.2017, 19 CE 17.1541, KommunalPraxis BY 2018, 108, juris Rn. 12; VGH Mannheim, Beschl. v. 11.3.2008, 13 S 418/08, VBlBW 2009, 149, juris Rn. 7; OVG Lüneburg, Beschl. v. 2.2.2007, 13 ME 362/06, juris Rn. 9). Die Abschiebung des Antragstellers müsste daher offensichtlich rechtswidrig gewesen sein und ihn noch andauernd mit hoher Wahrscheinlichkeit in seinem Bleiberecht verletzen (OVG Bautzen, Beschl. v. 14.12.2011, 3 B 244/11, juris Rn. 5; VGH Mannheim, Beschl. v. 11.3.2008, 13 S 418/08, VBlBW 2009, 149, juris Rn. 7). Zudem muss das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge haben (BVerwG, Beschl. v. 26.11.2013, 6 VR 3/13, NVwZ-RR 2014, 558, juris Rn. 5; OVG Saarlouis, Beschl. v. 24.1.2003, 9 W 50/02, juris Rn. 26). Diese strengen Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

36

aa) Der Antragsteller hat schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Abschiebung des Antragstellers war nicht offensichtlich rechtswidrig.

37

Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung ist in den Fällen, in denen der Ausländer – wie hier – bereits abgeschoben ist, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Abschiebung (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.3.2018, 1 A 5/17, juris Rn. 17). Auch in Bezug auf die Prüfung von Abschiebungshindernissen kommt es nur darauf an, ob diese zum Zeitpunkt der Abschiebung vorlagen. Nachträgliche Änderungen sind erst in einem (nachgelagerten) Verfahren nach § 11 AufenthG zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.3.2018, 1 A 5/17, juris Rn. 17).

38

Zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt war die Abschiebung des Antragstellers, der gemäß § 58 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig war, nicht nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich. Insbesondere lag kein Abschiebungshindernis aus Art. 6 GG offensichtlich vor.

39

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles (BVerfG, Beschl. v. 9.1.2009, 2 BvR 1064/08, NVwZ 2009, 387, juris Rn. 14 m. w. N.). Allein formal-rechtliche familiäre Bindungen sind hierbei jedoch nicht ausreichend. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern (BVerfG, Beschl. v. 9.1.2009, 2 BvR 1064/08, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Die familiäre (Lebens-) Gemeinschaft zwischen einem Elternteil und seinem minderjährigen Kind ist getragen von tatsächlicher Anteilnahme am Leben und Aufwachsen des Kindes (BVerfG, Beschl. v. 9.1.2009, 2 BvR 1064/08, a. a. O., juris Rn. 16 m. w. N.). In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte (BVerfG, Beschl. v. 9.1.2009, 2 BvR 1064/08, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Auch im Falle eines regelmäßigen Umgangs des ausländischen Elternteils wird in der Regel von einer (schützenswerten) familiären Gemeinschaft auszugehen sein (BVerfG, Beschl. v. 9.1.2009, 2 BvR 1064/08, a. a. O., juris Rn. 16 m. w. N.). Bei Umgangskontakten unterscheidet sich die Eltern-Kind-Beziehung typischerweise deutlich von dem Verhältnis des Kindes zur täglichen Betreuungsperson. Dass der Umgangsberechtigte nur ausschnittsweise am Leben des Kindes Anteil nehmen kann und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft, steht der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft nicht schlechthin entgegen. Die Übernahme von Verantwortung kann auch in den spezifischen Formen, die das Umgangsrecht ermöglicht, vorliegen und verfassungsrechtlichen Schutz gebieten. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob die im Einzelfall vorhandenen Umgangskontakte in ihrer Bedeutung für das Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinem Kind dem auch sonst Üblichen entsprechen und auf diese Weise die Eltern-Kind-Beziehung gelebt wird (BVerfG, Beschl. v. 9.1.2009, 2 BvR 1064/08, a. a. O., juris Rn. 20 m. w. N.).

40

Nach dieser Maßgabe stand Art. 6 GG einer Abschiebung des Antragstellers am 22. Februar 2018 nicht offensichtlich entgegen. Der Antragsteller hat weder das Sorgerecht, noch lebt er mit seiner Tochter in einer Hausgemeinschaft. Zwar hat sich der Antragsteller bereits kurz nach der Geburt mit Hilfe der Gerichte um die Feststellung der Vaterschaft sowie um die Einräumung eines Umgangsrechts bemüht und haben Umgangskontakte in der Zeit von Oktober 2015 bis Herbst/Winter 2017 – wenn auch mit wohl einer Unterbrechung – stattgefunden, so dass von einer gelebten – dem Schutz des Art. 6 GG unterfallenden – Eltern-Kind-Beziehung ausgegangen werden konnte. Jedoch fanden seit Herbst/Winter 2017, d. h. seit mehreren Monaten keinerlei Umgangskontakte mehr statt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abschiebung bestanden mithin keine persönlichen Kontakte im Rahmen des Üblichen mehr, die auf die Übernahme der elterlichen Erziehungs- und Betreuungsverantwortung hätten schließen lassen. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller in dieser Zeit anderweitig am Leben und am Aufwachsen seiner Tochter teilnahm. So trägt der Antragsteller beispielsweise nicht vor, dass er sich bei der Kindesmutter regelmäßig nach seiner Tochter erkundigt hätte. Zwar entfalten sich die Schutzwirkungen des Art. 6 GG nicht erst dann, wenn sonst grundsätzlich zu fordernde regelmäßige persönliche Kontakte im Rahmen des Üblichen bereits tatsächlich bestehen, sondern diese greifen schon dann, wenn der Umgang des ausländischen Elternteils mit seinem Kind zur Verwirklichung des Umgangsrechts in der Aufbauphase erst angebahnt wird. Dies setzt allerdings voraus, dass sich der ausländische Elternteil zur Wahrnehmung seiner elterlichen Verantwortung für sein Kind ernsthaft um Umgang mit diesem bemüht und dem Umgang Gründe des Kindeswohls nicht entgegenstehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2016, OVG 12 S 25.16, juris Rn. 8; OVG Münster, Beschl. v. 31.7.2006, 19 E 1356/05, juris Rn. 7).

41

Eine solche schützenswerte (Wieder-) Aufbauphase zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abschiebung vermag das Beschwerdegericht allerdings nicht zu erkennen. Zum Zeitpunkt der Abschiebung war vielmehr offen, ob der Antragsteller erneut Umgangskontakte zu seiner Tochter in der Zukunft (wieder) haben würde. Zum Zeitpunkt der Abschiebung war die am 21. Februar 2018 getroffene Umgangsregelung, wonach der Antragsteller wieder wöchentlichen – zunächst begleiteten – Umgang erhalten soll, vom Familiengericht noch nicht genehmigt worden. In erster Linie hat das Beschwerdegericht jedoch erhebliche Zweifel daran, dass das erneute familiengerichtliche Verfahren zur Anbahnung eines erneuten Umgangs einem tatsächlichen Interesse des Antragstellers an der Wahrnehmung geschützter Elternrechte geschuldet ist und nicht in erster Linie aufenthaltsrechtliche Wirkungen zeitigen sollte. Der Abbruch der Umgangskontakte fällt zeitlich mit seinem (jedenfalls vorübergehenden) Wegzug nach Villingen-Schwenningen zusammen. Dort lebte der Antragsteller gemeinsam mit seiner neuen Lebensgefährtin, die ein Kind von ihm erwartet. Vor diesem Hintergrund erscheint die Einlassung des Antragstellers, allein die Kindesmutter hätte die Umgangskontakte abgebrochen, nicht glaubhaft. Aber selbst wenn der Abbruch allein von Seiten der Kindesmutter ausgegangen sein sollte, hätte der sich in Villingen-Schwenningen aufhaltende Antragsteller angesichts der erheblichen Entfernung keine persönlichen Kontakte im Rahmen des Üblichen wahrnehmen können. Da der Antragsteller einen Nachsendeauftrag gestellt hat, ist davon auszugehen, dass er auch nicht regelmäßig nach Hamburg gekommen ist. Ferner fällt sein erneuter Antrag auf Regelung des Umgangsrechts zeitlich auffällig mit einer Vorsprache bei der Antragsgegnerin zusammen. Am 15. Januar 2018 erschien der Antragsteller zusammen mit seiner Lebensgefährtin bei der Antragsgegnerin. Ausweislich eines Vermerks der Antragsgegnerin (Bl. 446 d. A.) wurde der Antragsteller nochmals unter Fristsetzung auf die Möglichkeit hingewiesen, Nachweise über das Bestehen einer schützenswerten Beziehung zu seinem deutschen Kind einzureichen. Sowohl der Antragsteller als auch seine Lebensgefährtin hätten hierauf aggressiv reagiert. Die Mutter von D. würde Schwierigkeiten machen, außerdem sei seine Lebensgefährtin nun schwanger und diese hätte einen Aufenthaltstitel. Der Antragsteller habe angegeben, sich in Schwenningen aufzuhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller offenbar nicht vor, sich unter Inanspruchnahme von gerichtlicher Hilfe erneut um Umgangskontakte zu seiner Tochter zu bemühen. Er hatte weder einen entsprechenden Antrag gestellt, noch gab er an, sich um Umgang ernsthaft zu bemühen. Seine Einlassung erweckt eher den Eindruck, als wollte er zu diesem Zeitpunkt mit seiner Lebensgefährtin eine „neue“ Familie aufbauen und hiervon Aufenthaltsrechte ableiten. Erst nach diesem Gespräch stellte er sofort am nächsten Tag unter dem 16. Januar 2018 einen Eilantrag beim Familiengericht. Schließlich ist auch nach den Angaben des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren letztlich ungeklärt, ob er wirklich ernsthaft Interesse an einem weiteren Umgangsrecht hat. Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2018 trug der Antragsteller vor, dass die Frage, wo er und seine Lebensgefährtin nach der Geburt des Kindes in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenleben wollten und dies auch könnten, von ihnen noch nicht entschieden sei. Dies hänge von vielen weiteren, bislang noch ungeklärten, zu gegebener Zeit zu klärenden Faktoren ab, wie z. B. ausländer-/aufenthaltsrechtlichen Genehmigungen, geeignetem bezahlbaren Wohnraum, uneingeschränktem regelmäßigen Umgang mit seiner Tochter etc. Der Antragsteller strebe jedenfalls aktuell keinen Nachzug zu seiner Lebensgefährtin nach Villingen-Schwenningen an. Ein ernsthaftes Bekenntnis zu dem angeblich gewünschten Umgangskontakt zu seiner Tochter ist hierin nicht zu sehen. Eine klare Aussage dahingehend, dass sich der Antragsteller selbstverständlich regelmäßig in Hamburg aufhalten werde, um am Leben und Aufwachsen seiner Tochter tatsächlich teilzunehmen, er sich regelmäßig um Umgang bemühen werde, lässt der Antragsteller vermissen. Im Gegenteil scheint ein regelmäßiger, gelebter Umgang mit seiner Tochter lediglich eine Option für den Antragsteller zu sein. Hierin kann aber kein ernsthaftes, schützenswertes Bemühen um die Wahrnehmung seiner elterlichen Verantwortung gesehen werden.

42

Darüber hinaus dürfte ein der Folgenbeseitigung entgegenstehendes rechtliches Hindernis in dem nach wie vor bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbot bestehen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 9.3.2007, 18 B 2533/06, NVwZ-RR 2007, 492, juris Rn. 11 ff.). Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass auch auf die Einhaltung der Sperrfrist im Rahmen eines Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs verzichtet wird (OVG Bautzen, Beschl. v. 14.12.2011, 3 B 244/11, juris Rn. 5; vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 11.3.2008, 13 S 418/08, VBlBW 2009, 149, juris Rn. 7). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das diesbezügliche Ermessen der Antragsgegnerin vorliegend auf Null reduziert ist. Denn zum einen folgt vorliegend das Einreise- und Aufenthaltsverbot – wie ausgeführt – aus einer vorhergehenden Abschiebung, so dass der Bestand der Sperrwirkung nicht unmittelbar mit der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Abschiebung verknüpft ist. Zum anderen dürfte die Antragsgegnerin im Rahmen dieser Entscheidung berücksichtigen, dass der Antragsteller entgegen dem bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbot erneut in das Bundesgebiet eingereist ist.

43

bb) Schließlich hat der Antragsteller auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn für den Antragsteller besteht die Möglichkeit, zunächst die Aufhebung oder nachträgliche Befristung des aus der früheren Abschiebung folgenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zu beantragen, um sein Elternrecht sodann im Visumverfahren geltend zu machen (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 19.5.2017, 1 B 47/17, AuAS 2017, 148, juris Rn. 23). Dass ein Abwarten für den Antragsteller und seine Tochter schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hat, dürfte der Antragsteller, der seinen Antrag auf Wiedereinreise erst mit Schriftsatz vom 3. Mai 2018, mithin mehrere Wochen nach der erfolgten Abschiebung am 22. Februar 2018 gestellt und damit eine besondere Dringlichkeit der Wiedereinreise durch sein Verhalten selbst widerlegt hat, nicht im Einzelnen dargelegt haben.

44

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts bleibt einer gesonderten Entscheidung vorbehalten, da den Beteiligten zuvor rechtliches Gehör zu gewähren ist.

45

5. Dem Antragsteller ist nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO Prozesskostenhilfe für das Verfahren der zweiten Instanz zu bewilligen, da er in erster Instanz obsiegt hat und nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Beteiligte am Verfahren sind

1.
der Kläger,
2.
der Beklagte,
3.
der Beigeladene (§ 65),
4.
der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch macht.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.