Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
II.
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(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
Tenor
I.
Der Beklagte wird verpflichtet, die mit Bescheid vom ... Juni 2013 sichergestellten Gegenstände an den Kläger herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Juli 2000 wegen gemein- schädlicher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 215672/00).
Dem lag zugrunde, dass der Kläger in einer Telefonzelle so lange gegen die Scheiben getreten hatte, bis eine davon heraussprang.
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Mai 2003 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (911 Cs 481 Js 109112/03).
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... November 2007 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 228774/07)
Dieser Verurteilung lag der Diebstahl eines Computers im Wert von 899,- EUR bei der ... GmbH zugrunde.
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Dezember 2007 wegen Sachbeschädigung und Nachstellung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen (840 Cs 232 Js 216247/07)
Dem lag zugrunde, dass der Kläger unbefugt die Wohnung seiner Ex-Freundin betreten, dort eine Tür beschädigt, der Freundin nachgestellt und gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen hatte.
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Januar 2009 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (4 Cs 307 Js 145138/08).
den Bescheid des Kriminalfachdezernats ..., Kommissariat ..., ..., vom ... Juni 2013 aufzuheben, hilfsweise, ihm die am ... Dezember 2011 sichergestellten Gegenstände entsprechend dem angefochtenen Bescheid auszuhändigen.
die Klage abzuweisen,
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Tenor
-
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2012 - VG 19 K 68.12 V - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. März 2013 - OVG 3 M 110.12 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
-
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg wird aufgehoben und die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
-
Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
-
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
-
I.
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in einem aufenthaltsrechtlichen Verfahren.
- 2
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1. Der am 21. März 1976 geborene Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und reiste erstmals im Jahre 1999 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag blieb erfolglos. Er lebte seit dem Jahr 2001 in Bremen mit seiner Lebensgefährtin zusammen, die am 4. November 2001 ein Kind gebar. Am 30. März 2004 wurde ein zweites Kind ebenfalls in Bremen geboren. Für beide Kinder hat der Beschwerdeführer zwischenzeitlich die Vaterschaft anerkannt und mit seiner Lebensgefährtin die gemeinsame elterliche Sorgeerklärung abgegeben. Am 21. Februar 2005 wurde er aus dem Bundesgebiet abgeschoben. Zu diesem Zeitpunkt war seine Lebensgefährtin mit dem dritten Kind schwanger. Dieses wurde in Abwesenheit des Beschwerdeführers am 7. Juni 2005 geboren. Seine Lebensgefährtin ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Die Kinder verfügen über davon abgeleitete Aufenthaltserlaubnisse. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich nicht verurteilt worden.
- 3
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2. Seit dem Jahre 2005 stellte er zahlreiche Visumsanträge bei der Deutschen Botschaft in Lagos, wobei auf Ermittlungsschreiben der Deutschen Botschaft vom 14. August 2007 und vom 20. Oktober 2008 das Oberlandesgericht mit Schreiben vom 7. Mai 2009 die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses erteilte. Mehrere Termine zur Eheschließung waren im Jahr 2009 und 2010 vor dem Standesamt in Bremen bestimmt. Die Ausländerbehörde Bremen stimmte der Visumserteilung nicht zu, so dass die Deutsche Botschaft in Lagos den Antrag auf Erteilung eines Einreisevisums zum Zwecke der Eheschließung ablehnte.
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Am 12. März 2010 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Visumsantrag zur Familienzusammenführung gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG. Mit Bescheid vom 14. September 2011 lehnte die Deutsche Botschaft auch diesen Antrag ab, da der Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Die hiergegen gerichtete Remonstration des Beschwerdeführers wurde ebenfalls abgelehnt.
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3. Am 14. Februar 2012 reichte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht eine beabsichtigte Klage ein und beantragte für diese die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
- 6
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Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12. Oktober 2012 ab. Zwar sei es möglich, für die beabsichtigte Klage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund des rechtzeitig gestellten, aber vor Ablauf der Klagefrist nicht entschiedenen Prozesskostenhilfeantrags zu gewähren. Ein Anspruch des Beschwerdeführers gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, der im Übrigen lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung begründe, scheitere jedoch, da keine außergewöhnliche Härte vorliege. Diese setze gegenüber einer besonderen Härte eine weitere Steigerung voraus, die nicht vorliege. Zwar sei es für die tägliche Betreuung und Versorgung der Kinder des Beschwerdeführers günstiger, wenn auch er bei ihnen lebe. Anhaltspunkte dafür, dass dies etwa zur Abwendung eines sonst drohenden Betreuungsnotstandes unerlässlich sei, bestünden aber nicht. Es bestünden auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Visumserteilung in hohem Maße aus Gründen des Kindeswohls geboten sei. Auch wenn die Kindesmutter einer Erwerbstätigkeit nachgehe, folge daraus nicht, dass die sieben, acht und fast elf Jahre alten Kinder, die der Schulpflicht unterlägen, unverzichtbar oder in bedeutsamen Umfang zu ihrer gedeihlichen Entwicklung des Beistandes ihres seit dem Jahre 2005 nicht mehr im Bundesgebiet aufhältigen Vaters zwingend bedürften. Die Führung einer familiären Lebensgemeinschaft erscheine auch in Nigeria möglich. Etwas anderes ergebe sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch aus Art. 8 EMRK. Auch ein Anspruch auf Visumserteilung zum Zweck der beabsichtigten Eheschließung und der anschließenden Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet komme nicht in Betracht. Zwar könne nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in begründeten Fällen eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen im Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die beabsichtigte Eheschließung sei solch ein Aufenthaltszweck. Es sei jedoch schon unklar, ob die entsprechenden besonderen Erteilungsvoraussetzungen vorlägen. Letztlich bedürfe dies jedoch keiner Entscheidung. Denn der Beschwerdeführer erfülle bereits die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraussetze, dass der Lebensunterhalt gesichert sei. Eine Ausnahme vom Regelerfordernis sei vorliegend nicht angezeigt. Atypische Umstände seien nicht gegeben.
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4. Mit Beschluss vom 6. März 2013 wies das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zurück und lehnte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ab. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht das Bestehen einer außergewöhnlichen Härte verneint. Art. 6 GG gebiete auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen die Visumserteilung nicht bereits dann, wenn das Kindeswohl tangiert sei. Dies gelte vorliegend vor allem deshalb, weil dem Antragsteller und seinen Kindern die erstrebte Führung der familiären Lebensgemeinschaft in Nigeria, dessen Staatsangehörigkeit sie ebenso wie die Mutter der Kinder und Verlobte des Beschwerdeführers besäßen, möglich und zumutbar erscheine. Dem stehe nicht entgegen, dass die sämtlich in Deutschland geborenen Kinder, insbesondere die älteste, im Jahre 2001 geborene Tochter faktische Inländer seien. Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern führe dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilten. In aller Regel erscheine es einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern wieder zu verlassen und sich in dem Herkunftsland seiner Eltern zu integrieren. Es sei auch kein Visum zum Zwecke der Eheschließung zu erteilen. Die Verdienstbescheinigung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers weise für Januar 2013 einen Nettoverdienst von 1.319,82 € aus, der unbeschadet weiterer abzusetzender Beträge deutlich unter dem Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 SGB II für den Beschwerdeführer, seine Verlobte und die drei Kinder liege (1.553 €).
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5. Der Beschwerdeführer hat am 5. April 2013 Verfassungsbeschwerde gegen die gerichtlichen Entscheidungen erhoben. Er rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 4 GG sowie eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Das Gebot der Rechtsschutzgleichheit sei verletzt, da die Gerichte an das Tatbestandsmerkmal der "hinreichenden Erfolgsaussicht" ersichtlich überspannte Anforderungen gestellt hätten. Die Gerichtsentscheidungen meinten, die im Bundesgebiet lebende Familie könne Deutschland verlassen. Die Kindesmutter sei jedoch seit ca. 17 Jahren im Bundesgebiet wohnhaft und im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Die Kinder hätten verfestigte Aufenthaltserlaubnisse und seien strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
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Unabhängig hiervon verletzten die Entscheidungen Art. 6 GG. Die bei der Auslegung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der außergewöhnlichen Härte zu berücksichtigende wertentscheidende Grundnorm des Art. 6 Abs. 1 GG, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern habe, verpflichte in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht zur Berücksichtigung der familiären Bindung. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass es einem zwölfjährigen im Bundesgebiet geborenen und sehr gut integrierten Mädchen nicht mehr möglich sei, in das Heimatland der Eltern zurückzukehren. Es handele sich bei der Tochter um eine faktische Inländerin. Auch § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen. Selbst wenn der Lebensunterhalt nicht gesichert sei, hätte von diesem Regelerteilungsmerkmal abgesehen werden müssen. Hier liege ein atypischer Ausnahmefall aufgrund der Niederlassungserlaubnis der Kindesmutter sowie der deutschen Prägung der Kinder vor. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass die 2005 erfolgte Abschiebung des Beschwerdeführers wegen seiner Kinder mit berechtigtem Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet nicht hätte durchgeführt werden dürfen.
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6. Die Akten des Ausgangsverfahrens und die Ausländerakte des Beschwerdeführers lagen dem Bundesverfassungsgericht vor. Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Berlin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
-
II.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts und der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
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Das Recht auf effektiven und gleichen Rechtsschutz, das für die öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitet wird, gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 78, 104 <117 f.>; 81, 347 <357> m.w.N.). Es ist dabei verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Jedoch überschreiten die Fachgerichte ihren Entscheidungsspielraum, wenn sie die Anforderungen an das Vorliegen einer Erfolgsaussicht überspannen und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>). Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung in einem Verfahren, in dem sie anwaltlich vertreten sind, zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 57/13 -, juris, Rn. 10).
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Nach diesen Maßstäben beruht die Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage auf Erteilung des Visums auf der Verkennung der verfassungsrechtlichen Anforderungen. Das Oberverwaltungsgericht hat schwierige Rechts- und Tatsachenfragen bereits im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden, indem es das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte in der vorliegenden Fallkonstellation allein mit der Erwägung verneint hat, dass es der Familie des Beschwerdeführers zumutbar sei, die Lebensgemeinschaft mit dem Beschwerdeführer im Herkunftsland zu führen. Es sei einem ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern wieder zu verlassen und sich in seinem Herkunftsland zu integrieren. Für besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigten, sei nichts ersichtlich. Mit dieser Begründung entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Prozesskostenhilfeverfahren über eine schwierige Rechts- und Tatsachenfrage zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden. Zwar ist der Begriff der außergewöhnlichen Härte dem Grunde nach in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit langem geklärt (vgl. schon zur Vorgängervorschrift BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 1997 - 1 B 236/96 -, juris, Rn. 8). Danach setzt eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG voraus, dass der schutzbedürftige Familienangehörige ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe dringend angewiesen ist, und dass diese Hilfe in zumutbarer Weise nur in Deutschland erbracht werden kann. Bei der Anwendung dieser Definition der außergewöhnlichen Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG ist jedoch der Einfluss von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK auf das deutsche Ausländerrecht zu beachten (vgl. hierzu Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 36 AufenthG Rn. 47). Ob demnach von einer außergewöhnlichen Härte auszugehen ist, kann nur unter Berücksichtigung aller im Einzelfall relevanten, auf die Notwendigkeit der Herstellung oder Erhaltung der Familiengemeinschaft bezogenen konkreten Umstände beantwortet werden (BVerwGE 147, 278 <282>).
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Die danach aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben erforderliche Betrachtung des Einzelfalls kann in klar gelagerten Fällen ohne weiteres bei der Entscheidung über einen isolierten Antrag auf Prozesskostenhilfe erfolgen. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn bei objektiver Betrachtung ernstzunehmende Anhaltspunkte vorliegen, dass Art. 6 Abs. 1 GG die Erteilung eines Aufenthaltstitels gebieten könnte. Dann muss solchen Anhaltspunkten in einem Hauptsacheverfahren weiter nachgegangen werden. Ob solche Anhaltspunkte vorliegen, hat das erkennende Gericht unter gebührender Würdigung der betroffenen Grundrechte zu beurteilen. Der unbemittelte Verfahrensbeteiligte muss die Möglichkeit haben, sich in diesem Verfahren eines sachkundigen Beistands zu bedienen, der sowohl den Sachvortrag als auch die rechtliche Würdigung des Falles in ihren Wechselwirkungen aufarbeiten und dem Gericht das für einen Prozesserfolg Erforderliche darlegen kann.
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Im vorliegenden Fall waren relevante Anhaltspunkte insbesondere darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer Vater dreier im Bundesgebiet geborener und hier rechtmäßig lebender Kinder ist, mit denen er nach seiner Wiedereinreise in häuslicher Gemeinschaft leben wollte. Weiter wollte er die Mutter der Kinder, die über eine Niederlassungserlaubnis verfügt und hier zwischenzeitlich in Vollzeit berufstätig ist, heiraten. Für zwei der Kinder hatten die Eltern eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben. Das älteste der Kinder besuchte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung wohl die fünfte Klasse. Auf all diese Aspekte, insbesondere die tatsächliche Integration der Familie des Beschwerdeführers und die Frage, ob der ältesten Tochter ein erstmaliger und dauerhafter Aufenthalt in Nigeria noch zumutbar gewesen wäre (vgl. EGMR, Urteil vom 24. November 2009 - 182/08 -, InfAuslR 2010, S. 178 <179> und aus der deutschen Rechtsprechung zu den oftmals schwierigen Abgrenzungsfragen BVerwGE 147, 278 <284> und OVG Saarland, Beschluss vom 26. März 2015 - 2 B 19/15 -, juris, Rn. 6) beziehungsweise inwieweit - wovon das Verwaltungsgericht ausging - ein Verbleib in Deutschland ohne Vater rechtlich möglich war, wäre in einem Hauptsacheverfahren näher einzugehen gewesen.
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Die Beschlüsse verletzen mithin Art. 19 Abs. 4 GG und sind deshalb aufzuheben. Daher bedarf es keiner Entscheidung, ob auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vorliegt.
-
III.
- 17
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Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
- 1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen, - 2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen, - 3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen, - 4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen, - 5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben, - 6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder - 7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.
(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.
(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 36.280 Euro festgesetzt.
Gründe
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird geändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Unter Einbeziehung des unanfechtbar gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Urteils erster Instanz wird die Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst:
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Herausgabe sichergestellten Geldes.
3Am 29. November 2011 um 13:45 Uhr wurde die Klägerin durch Polizeibeamte durchsucht, die zuvor einen Hinweis auf verdächtige Personen im Bereich der M.-------straße in C. erhalten hatten. Bei der Durchsuchung wurden in der linken Außentasche des Mantels der Klägerin ein grauer Beutel sowie zwei Ringe gefunden. Die Klägerin hatte zuvor selbstständig ihre Taschen ausgeleert, die Wertgegenstände aber nicht herausgegeben. In dem Beutel befand sich Bargeld im Wert von 7.100 EUR (14 Scheine zu je 500 EUR und ein Schein zu 100 EUR). In der polizeilichen Strafanzeige heißt es hierzu:
4„[…] Auf Nachfrage nach rechtlicher Belehrung, wem das Geld gehöre und woher das Geld stamme, gab die beschuldigte Frau Y. an, dass es ihrem Sohn gehöre und zeigte dabei eindeutig auf den Zeugen Herrn N. Y. . Auf Nachfrage und den Hinweis auf den Zeugen Herrn N. Y. , bestätigte Frau Y. ihre Aussage. Zu den Ringen befragt, konnte Frau Y. keine Angaben hinsichtlich der Herkunft bzw. der Eigentumsverhältnisse machen.
5Als der Zeuge Herr N. Y. nach rechtlicher Belehrung zu der Herkunft des Geldes befragt werden sollte, gab dieser an, dass ihm das Geld nicht gehöre, das Geld gehöre seiner Mutter. Auf den Einwand hin, dass seine Mutter zuvor ausgesagt habe, dass ihm das Geld gehöre, gab der Zeuge an, dass seine Mutter mehrere Söhne habe und sie einen anderen Bruder gemeint habe. Den Namen des Berechtigten konnte bzw. wollte Herr N. Y. jedoch nicht angeben. […] Auf erneute Nachfrage zu der Herkunft des Geldes bzw. zu den Berechtigungsverhältnissen konnte bzw. wollte Frau Y. keine eindeutigen Angaben machen.
6Da vor Ort nicht eindeutig geklärt werden konnte, woher das Geld und die Ringe stammen bzw. wer Berechtigter des Geldes bzw. der Ringe ist, wurden diese vor Ort durch uns zwecks Klärung der Eigentumsverhältnisse sichergestellt […].“
7Im Anschluss an die Sicherstellung des Bargeldes erschien ein weiterer Sohn der Klägerin, Herr C. K. , auf der Polizeiwache und legte einen handgeschriebenen Zettel vor, wonach er der Eigentümer des Geldes sei und dieses durch ausgezahltes Kindergeld angespart habe. Das Geld sei für seinen Schrotthandel bestimmt gewesen. Weil er „drauf und dran gewesen sei“, in die Spielothek zu gehen, habe seine Mutter ihm das Geld einen Tag zuvor abgenommen.
8Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Januar 2012 ließ die Klägerin gegenüber dem Polizeipräsidium C1. vortragen, dass das Geld nicht von ihr stamme und sie nicht Eigentümerin des Geldes sei.
9Am 7. Oktober 2013 teilte Herr C. K. fernmündlich mit, dass das Geld nicht ihm gehöre. Im Übrigen könne er weder lesen noch schreiben.
10Mit Schreiben vom 10. Januar 2014 trug die Klägerin gegenüber der Staatsanwaltschaft Bielefeld in dem gegen sie, Herrn N. Y. und Herrn C. K. wegen des Verdachtes des Betruges geführten Ermittlungsverfahren (Az.: 301 Js 4340/12) vor, das sichergestellte Geld gehöre zum Teil ihrer Tochter, Frau M. Y. , sowie deren Verlobtem, Herrn O. N1. . Ihre Tochter sowie deren Verlobter hätten das Geld über eine längere Zeit angespart und es ihr zur Aufbewahrung übergeben, da sie dem deutschen Bankensystem misstrauten. Als sich die finanzielle Situation der Tochter und des Verlobten im Jahr 2011 verschlechtert habe, hätten sie das Geld schließlich Ende 2011 von ihr, der Klägerin, zurückgefordert. Zum Zeitpunkt der Sicherstellung des Geldes sei dessen Rückgabe beabsichtigt gewesen.
11Unter dem 21. Januar 2014 stellte die Staatsanwaltschaft Bielefeld das Ermittlungsverfahren wegen Betruges (Az.: 301 Js 4340/12) auch gegen die Klägerin gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachtes ein. Die Staatsanwaltschaft verfügte weiter, dass die sichergestellten Ringe sowie das Geld an die Klägerin zurückzugeben seien. Unter dem 5. Februar 2014 teilte die Staatsanwaltschaft Bielefeld der Klägerin mit, dass von einer Auszahlung des sichergestellten Geldes zunächst abgesehen werde, da derzeit geprüft werde, ob eine Sicherstellung nach dem Polizeigesetz in Betracht komme. Eine Herausgabe des Schmuckes könne dagegen erfolgen.
12Am 5. August 2014 erließ der Beklagte eine schriftliche Verfügung zur Sicherstellung des durch die Staatsanwaltschaft Bielefeld freigegebenen, bei der Klägerin am 29. November 2011 aufgefundenen Geldes. Zur Begründung führte er unter anderem aus, die Sicherstellung diene dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor Verlust seines Eigentums. Im vorliegenden Fall lägen ausreichend Indizien vor, die eine Eigentümerschaft der von der Klägerin benannten M. Y. und des Herrn O. N1. erschütterten. Es sei nicht auszuschließen, dass ein Eigentümer des Geldes noch durch weitere Ermittlungsmaßnahmen festgestellt werden könne oder sich melde. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien vorliegend noch nicht weggefallen. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, Eigentümerin oder berechtigte Besitzerin des Geldes zu sein.
13Am 11. September 2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, das sichergestellte Geld gehöre zum Teil ihrer Tochter, Frau M. Y. , sowie deren Verlobten, Herrn O. N1. . Einen Teil des Geldes habe sie aber auch selbst angespart. Es sei bereits aufgrund des Zeitablaufs im Anschluss an die Sicherstellung am 29. November 2011 auszuschließen, dass ein anderer Eigentümer des Geldes ermittelt werden könne. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass überhaupt noch Ermittlungen in dieser Hinsicht geführt würden.
14Die Klägerin hat beantragt,
15den Bescheid des Beklagten vom 5. August 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den sichergestellten Geldbetrag herauszugeben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung hat er im Wesentlichen Bezug genommen auf die Ausführungen in der schriftlichen Verfügung vom 5. August 2014. Vertiefend hat er ausgeführt, dem mutmaßlichen Willen des bisher unbekannt gebliebenen Geschädigten entspreche es, einen zu seinem Nachteil eingetretenen Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden. Im Übrigen sei noch nicht erschöpfend geklärt worden, ob es andere potentielle Eigentümer gebe. Die Eigentümerfeststellung sei schwierig, da der Geldbetrag offenbar durch mehrere Straftaten erlangt worden sei. Für einen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Geldes habe die Klägerin weiterhin nicht nachgewiesen, rechtmäßige Eigentümerin bzw. Besitzerin des Gelds zu sein.
19Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, die auf Grund des Bescheides vom 5. August 2014 erfolgte Sicherstellung von 7.100 EUR zu beenden und einen Betrag in Höhe von 7.100 EUR an die Klägerin herauszugeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Sicherstellung des Geldes sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach § 43 Nr. 2 PolG NRW seien im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der behördlichen Entscheidung gegeben gewesen. Soweit die Klägerin sinngemäß die Beendigung der Sicherstellung und die Herausgabe des sichergestellten Geldes begehre, sei die Klage dagegen begründet, da ihr im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ein Herausgabeanspruch gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW erwachsen sei. Im Fall einer Sicherstellung nach § 43 Nr. 2 PolG NRW bestehe ausnahmsweise dann ein Herausgabeanspruch, wenn – wie im Streitfall – über einen langen Zeitraum kein weiterer Eigentümer habe ermittelt werden können und sich ein solcher auch nicht gemeldet habe. Bis zum Tag der mündlichen Verhandlung habe das Geld keiner konkreten Straftat zugeordnet werden können.
20Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. März 2016 einen Antrag aufZulassung der Berufung – beschränkt auf den vom Verwaltungsgericht zuerkannten Herausgabeanspruch – gestellt. Zur Begründung der mit Beschluss vom 13. Juli 2016 zugelassenen Berufung trägt er unter Bezugnahme auf sein Berufungszulassungsvorbringen vor: Aufgrund der festgestellten Rechtmäßigkeit der Sicherstellungsanordnung habe die Klägerin weder einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO noch einen Herausgabeanspruch nach § 46 Abs. 1 PolG NRW. Der Schutzzweck des § 43 Nr. 2 PolG NRW dauere ungeachtet dessen fort, dass bislang kein Eigentümer ermittelt worden sei. Aus dem Zeitablauf lasse sich nicht ohne Weiteres ableiten, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Sicherstellung weiterhin dem Willen des rechtmäßigen Eigentümers entspreche. Es sei nicht zu erkennen, weshalb der Eigentümer seine Rechte an dem Geld aufgegeben haben sollte. Daran ändere nichts, dass dieser mittlerweile nicht mehr mit einer Rückgabe rechne bzw. aufgrund tatsächlicher Schwierigkeiten nicht mehr ermittelt werden könne. Das Herausgabeverlangen sei überdies rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin könne nicht nachweisen, Eigentümerin bzw. berechtigte Besitzerin des Geldes zu sein. Der Herausgabeanspruch sei schon tatbestandlich ausgeschlossen, wenn die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB widerlegt sei. Eine andere Sichtweise führe dazu, dass die Vermutung des § 1006 BGB trotz deren Widerlegung bzw. Nichtanwendbarkeit doch wieder gelte, wenn nach einem gewissen Zeitablauf kein Berechtigter ermittelt werden könne. Damit habe es ein Kläger letztlich in der Hand, das Verfahren in die Länge zu ziehen, um nach einem bestimmten Zeitablauf die Herausgabe der sichergestellten Sachen an sich verlangen zu können.
21Der Beklagte beantragt,
22das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden zu ändern, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
23Die Klägerin beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht die Klägerin geltend, dem Wortlaut des § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW sei nicht zu entnehmen, dass sie für einen Herausgabeanspruch ihre Berechtigung nachzuweisen habe. Danach sei die Sache nach Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden sei.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs des Beklagten, der auch eine Kopie der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte (Staatsanwaltschaft Bielefeld 301 Js 4340/12) enthält, Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
29Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht begründet worden (§ 124a Abs. 3 Satz 3 bis 5, Abs. 6 VwGO). Sie ist auch begründet, denn das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben.
30Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Geldes.
31Ein solcher ergibt sich zunächst nicht aus einem Folgenbeseitigungsanspruch, der mit dem Annexantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO verfolgt werden könnte. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Sicherstellungsanordnung des Beklagten vom 5. August 2014 rechtmäßig war und die Klägerin deren Aufhebung daher nicht mit Erfolg verlangen kann. Insoweit ist die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen. Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Der allgemeine (Vollzugs-)Folgenbeseitigungs-anspruch ist damit, soweit sein Erfolg – wie hier – von der gerichtlichen Aufhebung des den Eingriff rechtfertigenden Verwaltungsakts abhängig ist, von vornherein ausgeschlossen.
32Vgl. hierzu auch Hess. VGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 8 A 103/15 –, juris, Rn. 29; Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113, Rn. 194.
33Die Klägerin kann den geltend gemachten Herausgabeanspruch auch nicht auf § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW stützen. Nach dieser Vorschrift sind die Sachen an diejenige Person, bei der sie sichergestellt worden sind, herauszugeben, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Dieser spezialgesetzlich geregelte Folgenbeseitigungsanspruch greift ein, wenn die Sicherstellungsvoraussetzungen zunächst vorgelegen haben, aber im Nachhinein weggefallen sind. Er ist materiell-rechtlich nicht von einer vorherigen Aufhebung einer – rechtmäßig – erfolgten Sicherstellung abhängig und damit prozessual mit einem eigenständigen Leistungsantrag – nicht als Annexantrag zur Anfechtungsklage – verfolgbar.
34Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 8 A 103/15 –, juris, Rn. 31.
35Die Voraussetzungen für eine auf § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW gestützte Herausgabe des nach § 43 Nr. 2 PolG NRW sichergestellten Geldes an die Klägerin sind im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht gegeben. Die Klägerin kann sich weiterhin nicht zu ihren Gunsten bzw. zugunsten ihrer Tochter und deren Verlobten auf die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 3 BGB stützen (dazu unten 1.). Aus dem Umstand, dass ein Eigentümer bzw. die Eigentümer des sichergestellten Geldes (bislang) nicht ermittelt werden konnte bzw. konnten, ist nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen (dazu unten 2.). Ungeachtet dessen ist das Herausgabever-langen der Klägerin rechtsmissbräuchlich (dazu unten 3.)
361. Die Klägerin, die das sichergestellte Geld zu einem Teil selbst angespart und zu einem anderen Teil für ihre Tochter und deren Lebensgefährten verwahrt haben will, kann sich weiterhin nicht zu ihren Gunsten auf die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 3 BGB stützen. Das Verwaltungsgericht hat im Urteil vom 19. Februar 2016 unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 27. April 2015 zutreffend ausgeführt, dass die zugunsten der Klägerin oder ihrer Angehörigen wirkende Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB, selbst wenn die Klägerin sich auf letztere berufen könnte, durch entgegenstehende Beweisanzeichen widerlegt ist, so dass das Eigentum eines Dritten wahrscheinlicher ist als die behauptete Berechtigung der Klägerin bzw. ihrer Angehörigen. Alle Indizien – bezogen auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung – sprechen dafür, dass die Klägerin bzw. ihre Angehörigen nicht Eigentümer des sichergestellten Geldes sind, sondern dass es sich um Geld handelt, das einem Dritten oder Dritten abhanden gekommen ist. Die Auffindesituation, das (Aussage-)Verhalten der Klägerin gegenüber der Polizei, insbesondere das Verstecken des Geldes, die Höhe des sichergestellten Bargeldbetrages und die fehlende Darlegung eines mit Blick auf die finanziellen Verhältnisse nachvollziehbaren Eigentumserwerbs an dem Geld sind geeignet, die an den Besitz des Geldes anknüpfende Eigentumsvermutung zu erschüttern. Der Vortrag der Klägerin ist wegen zahlreicher Ungereimtheiten, die vor allem den Umstand betreffen, dass immer wieder andere Personen als Eigentümer des Geldes bezeichnet wurden, gänzlich unglaubhaft. Auch eine umfangreiche Beweisaufnahme durch Vernehmung der Frau M. Y. , des Herrn O. N1. und des Herrn B. L. als Zeugen in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts konnte die Widersprüchlichkeit der hierzu in der Vergangenheit gemachten Angaben nicht ausräumen.
37Die Klägerin hat auch bis zuletzt keine überzeugenden Erklärungen abgegeben, die einen rechtmäßigen Erwerbsvorgang auch nur im Ansatz als hinreichend plausibel erscheinen lassen und den Schluss auf ihre Berechtigung bzw. die ihrer Angehörigen rechtfertigen könnten. Diese lässt sich nicht allein mit dem Hinweis darauf begründen, der Beklagte habe seinerseits in der Zeit seit der Sicherstellung den „wahren“ Eigentümer nicht gefunden. Anders als die Klägerin offenbar im Hinblick auf die widerlegte Eigentumsvermutung des § 1006 BGB meint, gilt sie nicht etwa solange als Berechtigte, bis es dem Beklagten gelingt, den berechtigten Dritten zu ermitteln.
38Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2013 – 5 A 1092/12 –, juris, Rn. 4.
39In Ermangelung eines schlüssigen Vortrags der Klägerin zu einem rechtmäßigen Eigentumserwerb bestand für den Senat auch keine Veranlassung zu einer erneuten Beweiserhebung durch eine Vernehmung der bereits durch das Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen.
402. Aus dem Umstand, dass ein Eigentümer bzw. die Eigentümer des sichergestellten Geldes (bislang) nicht ermittelt werden konnte bzw. konnten, ist nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen. Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach § 43 Nr. 2 PolG NRW zum Schutz privater Rechte tätig wird und ihr nach § 1 Abs. 2 PolG NRW der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1999 – 3 B 48.99 –, BayVBl. 2000, 380 = juris, Rn. 3; OVG Sachsen, Beschluss vom 11. August 2015 – 3 A 224/14 –, NJW 2016, 181, 182 = juris, Rn. 7; Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, Kommentar, 10. Aufl. 2011, § 43, Rn. 14.
42Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er nicht als Berechtigter ermittelt wird bzw. ermittelt werden kann.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2007 – 5 A 1056/06 –, juris, Rn. 7; Bay. VGH, Beschluss vom 19. November 2010 – 10 ZB 10.1707 –, BayVBl. 2011, 312 = juris, Rn. 20.
44Umstände, die im Streitfall das maßgebliche objektive Interesse des Berechtigten am Schutz seines Eigentums entfallen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.
45Ob der Schutzzweck der Sicherstellung auch dann noch fortdauert, wenn der Eigentümer der (sichergestellten) Sache tatsächlich ermittelt worden ist, aber seine durch § 43 Nr. 2 PolG NRW geschützten Rechte nicht geltend gemacht hat oder erkennbar nicht geltend machen will, kann hier dahinstehen.
46So aber Bay. VGH, Beschluss vom 17. März 2010 – 10 C 09.3011 u.a. –, juris, Rn. 15; VG München, Urteile vom 14. Januar 2015 – M 7 K 13.3043 –, juris, Rn. 38, und vom 10. Dezember 2014 – M 7 K 12.4367 –, juris, Rn. 31.
47Ein derartiger „Rechtsverzicht“ eines – tatsächlich ermittelten – Berechtigten liegt hier nicht vor. Ein solcher kann nicht allein aus dem Umstand geschlossen werden, dass sich bisher beim Beklagten kein Eigentümer gemeldet und Ansprüche auf das sichergestellte Geld erhoben hat. Der Beklagte hat zu Recht auf die tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des wahren Berechtigten an den sichergestellten Banknoten hingewiesen, die darin bestehen, dass Geld regelmäßig nicht einem einzelnen Delikt zugeordnet werden kann.
483. Ungeachtet dessen ist das Herausgabeverlangen der Klägerin vorliegend rechtsmissbräuchlich. Da weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie bzw. ihre Angehörigen, von denen sie ihren Besitz ableitet, Eigentümer des sichergestellten Geldes sind, kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, ein berechtigter Dritter sei bislang nicht ermittelt worden.
49Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 11. August 2011 – 5 A 298/09 –, juris, Rn. 45, und vom 12. Februar 2007 – 5 A 1056/06 –, juris, Rn. 9, jeweils m. w. N.
50Zwar wäre die sichergestellte Sache gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW – den Wegfall der Voraussetzungen für die Sicherstellung unterstellt – grundsätzlich an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden ist. Der Polizei soll danach nicht zugemutet werden, die Berechtigung (Eigentum bzw. Besitz) an der Sache zu prüfen. Eines Eigentumsnachweises bedarf es grundsätzlich nicht.
51Vgl. LT-Drs. 8/3130, S. 75 zu § 26 PolRVereinhG NW; OVG Bremen, Urteil vom 19. April 2016 – 1 LB 200/15 –, juris, Rn. 53.
52Etwas anderes gilt aber dann, wenn für die Nichtberechtigung desjenigen, bei dem die Sache sichergestellt worden ist, konkrete Anhaltspunkte vorliegen.
53Vgl. OVG Bremen, Urteil vom 19. April 2016 – 1 LB 200/15 –, juris, Rn. 53; Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, Kommentar, 10. Aufl. 2011, § 46, Rn. 2; Tetsch/Baldarelli, PolG NRW, Kommentar, 2011, § 46, 1.6, S. 810.
54Das ist hier der Fall. Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB streitet weiterhin nicht für die Klägerin bzw. ihre Angehörigen.
55Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2010 – 5 A 298/09 –, juris, Rn. 45; Hess. VGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 8 A 103/15 –, juris, Rn. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 19. November 2010 – 10 ZB 10.1707 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 21. Januar 2008 – 10 A 2695/05 –, juris, Rn. 46.
56Insoweit kann sich die Klägerin gerade nicht auf ein Eigentumsrecht bzw. sonstige subjektive Rechtspostionen zur Begründung eines Herausgabeanspruchs berufen.
57Offen gelassen BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. Oktober 2011 – 1 BvR 732/11 –, NVwZ 2012, 239 = juris, Rn. 15.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
59Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Der Beklagte wird verpflichtet, die mit Bescheid vom ... Juni 2013 sichergestellten Gegenstände an den Kläger herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Juli 2000 wegen gemein- schädlicher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 215672/00).
Dem lag zugrunde, dass der Kläger in einer Telefonzelle so lange gegen die Scheiben getreten hatte, bis eine davon heraussprang.
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Mai 2003 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (911 Cs 481 Js 109112/03).
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... November 2007 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 228774/07)
Dieser Verurteilung lag der Diebstahl eines Computers im Wert von 899,- EUR bei der ... GmbH zugrunde.
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Dezember 2007 wegen Sachbeschädigung und Nachstellung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen (840 Cs 232 Js 216247/07)
Dem lag zugrunde, dass der Kläger unbefugt die Wohnung seiner Ex-Freundin betreten, dort eine Tür beschädigt, der Freundin nachgestellt und gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen hatte.
- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Januar 2009 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (4 Cs 307 Js 145138/08).
den Bescheid des Kriminalfachdezernats ..., Kommissariat ..., ..., vom ... Juni 2013 aufzuheben, hilfsweise, ihm die am ... Dezember 2011 sichergestellten Gegenstände entsprechend dem angefochtenen Bescheid auszuhändigen.
die Klage abzuweisen,
Gründe
(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.
(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Unter Abänderung der Nr. III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Dezember 2013 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 88.325,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird geändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Unter Einbeziehung des unanfechtbar gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Urteils erster Instanz wird die Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst:
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Herausgabe sichergestellten Geldes.
3Am 29. November 2011 um 13:45 Uhr wurde die Klägerin durch Polizeibeamte durchsucht, die zuvor einen Hinweis auf verdächtige Personen im Bereich der M.-------straße in C. erhalten hatten. Bei der Durchsuchung wurden in der linken Außentasche des Mantels der Klägerin ein grauer Beutel sowie zwei Ringe gefunden. Die Klägerin hatte zuvor selbstständig ihre Taschen ausgeleert, die Wertgegenstände aber nicht herausgegeben. In dem Beutel befand sich Bargeld im Wert von 7.100 EUR (14 Scheine zu je 500 EUR und ein Schein zu 100 EUR). In der polizeilichen Strafanzeige heißt es hierzu:
4„[…] Auf Nachfrage nach rechtlicher Belehrung, wem das Geld gehöre und woher das Geld stamme, gab die beschuldigte Frau Y. an, dass es ihrem Sohn gehöre und zeigte dabei eindeutig auf den Zeugen Herrn N. Y. . Auf Nachfrage und den Hinweis auf den Zeugen Herrn N. Y. , bestätigte Frau Y. ihre Aussage. Zu den Ringen befragt, konnte Frau Y. keine Angaben hinsichtlich der Herkunft bzw. der Eigentumsverhältnisse machen.
5Als der Zeuge Herr N. Y. nach rechtlicher Belehrung zu der Herkunft des Geldes befragt werden sollte, gab dieser an, dass ihm das Geld nicht gehöre, das Geld gehöre seiner Mutter. Auf den Einwand hin, dass seine Mutter zuvor ausgesagt habe, dass ihm das Geld gehöre, gab der Zeuge an, dass seine Mutter mehrere Söhne habe und sie einen anderen Bruder gemeint habe. Den Namen des Berechtigten konnte bzw. wollte Herr N. Y. jedoch nicht angeben. […] Auf erneute Nachfrage zu der Herkunft des Geldes bzw. zu den Berechtigungsverhältnissen konnte bzw. wollte Frau Y. keine eindeutigen Angaben machen.
6Da vor Ort nicht eindeutig geklärt werden konnte, woher das Geld und die Ringe stammen bzw. wer Berechtigter des Geldes bzw. der Ringe ist, wurden diese vor Ort durch uns zwecks Klärung der Eigentumsverhältnisse sichergestellt […].“
7Im Anschluss an die Sicherstellung des Bargeldes erschien ein weiterer Sohn der Klägerin, Herr C. K. , auf der Polizeiwache und legte einen handgeschriebenen Zettel vor, wonach er der Eigentümer des Geldes sei und dieses durch ausgezahltes Kindergeld angespart habe. Das Geld sei für seinen Schrotthandel bestimmt gewesen. Weil er „drauf und dran gewesen sei“, in die Spielothek zu gehen, habe seine Mutter ihm das Geld einen Tag zuvor abgenommen.
8Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Januar 2012 ließ die Klägerin gegenüber dem Polizeipräsidium C1. vortragen, dass das Geld nicht von ihr stamme und sie nicht Eigentümerin des Geldes sei.
9Am 7. Oktober 2013 teilte Herr C. K. fernmündlich mit, dass das Geld nicht ihm gehöre. Im Übrigen könne er weder lesen noch schreiben.
10Mit Schreiben vom 10. Januar 2014 trug die Klägerin gegenüber der Staatsanwaltschaft Bielefeld in dem gegen sie, Herrn N. Y. und Herrn C. K. wegen des Verdachtes des Betruges geführten Ermittlungsverfahren (Az.: 301 Js 4340/12) vor, das sichergestellte Geld gehöre zum Teil ihrer Tochter, Frau M. Y. , sowie deren Verlobtem, Herrn O. N1. . Ihre Tochter sowie deren Verlobter hätten das Geld über eine längere Zeit angespart und es ihr zur Aufbewahrung übergeben, da sie dem deutschen Bankensystem misstrauten. Als sich die finanzielle Situation der Tochter und des Verlobten im Jahr 2011 verschlechtert habe, hätten sie das Geld schließlich Ende 2011 von ihr, der Klägerin, zurückgefordert. Zum Zeitpunkt der Sicherstellung des Geldes sei dessen Rückgabe beabsichtigt gewesen.
11Unter dem 21. Januar 2014 stellte die Staatsanwaltschaft Bielefeld das Ermittlungsverfahren wegen Betruges (Az.: 301 Js 4340/12) auch gegen die Klägerin gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachtes ein. Die Staatsanwaltschaft verfügte weiter, dass die sichergestellten Ringe sowie das Geld an die Klägerin zurückzugeben seien. Unter dem 5. Februar 2014 teilte die Staatsanwaltschaft Bielefeld der Klägerin mit, dass von einer Auszahlung des sichergestellten Geldes zunächst abgesehen werde, da derzeit geprüft werde, ob eine Sicherstellung nach dem Polizeigesetz in Betracht komme. Eine Herausgabe des Schmuckes könne dagegen erfolgen.
12Am 5. August 2014 erließ der Beklagte eine schriftliche Verfügung zur Sicherstellung des durch die Staatsanwaltschaft Bielefeld freigegebenen, bei der Klägerin am 29. November 2011 aufgefundenen Geldes. Zur Begründung führte er unter anderem aus, die Sicherstellung diene dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor Verlust seines Eigentums. Im vorliegenden Fall lägen ausreichend Indizien vor, die eine Eigentümerschaft der von der Klägerin benannten M. Y. und des Herrn O. N1. erschütterten. Es sei nicht auszuschließen, dass ein Eigentümer des Geldes noch durch weitere Ermittlungsmaßnahmen festgestellt werden könne oder sich melde. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien vorliegend noch nicht weggefallen. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, Eigentümerin oder berechtigte Besitzerin des Geldes zu sein.
13Am 11. September 2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, das sichergestellte Geld gehöre zum Teil ihrer Tochter, Frau M. Y. , sowie deren Verlobten, Herrn O. N1. . Einen Teil des Geldes habe sie aber auch selbst angespart. Es sei bereits aufgrund des Zeitablaufs im Anschluss an die Sicherstellung am 29. November 2011 auszuschließen, dass ein anderer Eigentümer des Geldes ermittelt werden könne. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass überhaupt noch Ermittlungen in dieser Hinsicht geführt würden.
14Die Klägerin hat beantragt,
15den Bescheid des Beklagten vom 5. August 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den sichergestellten Geldbetrag herauszugeben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung hat er im Wesentlichen Bezug genommen auf die Ausführungen in der schriftlichen Verfügung vom 5. August 2014. Vertiefend hat er ausgeführt, dem mutmaßlichen Willen des bisher unbekannt gebliebenen Geschädigten entspreche es, einen zu seinem Nachteil eingetretenen Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden. Im Übrigen sei noch nicht erschöpfend geklärt worden, ob es andere potentielle Eigentümer gebe. Die Eigentümerfeststellung sei schwierig, da der Geldbetrag offenbar durch mehrere Straftaten erlangt worden sei. Für einen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Geldes habe die Klägerin weiterhin nicht nachgewiesen, rechtmäßige Eigentümerin bzw. Besitzerin des Gelds zu sein.
19Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, die auf Grund des Bescheides vom 5. August 2014 erfolgte Sicherstellung von 7.100 EUR zu beenden und einen Betrag in Höhe von 7.100 EUR an die Klägerin herauszugeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Sicherstellung des Geldes sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach § 43 Nr. 2 PolG NRW seien im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der behördlichen Entscheidung gegeben gewesen. Soweit die Klägerin sinngemäß die Beendigung der Sicherstellung und die Herausgabe des sichergestellten Geldes begehre, sei die Klage dagegen begründet, da ihr im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ein Herausgabeanspruch gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW erwachsen sei. Im Fall einer Sicherstellung nach § 43 Nr. 2 PolG NRW bestehe ausnahmsweise dann ein Herausgabeanspruch, wenn – wie im Streitfall – über einen langen Zeitraum kein weiterer Eigentümer habe ermittelt werden können und sich ein solcher auch nicht gemeldet habe. Bis zum Tag der mündlichen Verhandlung habe das Geld keiner konkreten Straftat zugeordnet werden können.
20Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. März 2016 einen Antrag aufZulassung der Berufung – beschränkt auf den vom Verwaltungsgericht zuerkannten Herausgabeanspruch – gestellt. Zur Begründung der mit Beschluss vom 13. Juli 2016 zugelassenen Berufung trägt er unter Bezugnahme auf sein Berufungszulassungsvorbringen vor: Aufgrund der festgestellten Rechtmäßigkeit der Sicherstellungsanordnung habe die Klägerin weder einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO noch einen Herausgabeanspruch nach § 46 Abs. 1 PolG NRW. Der Schutzzweck des § 43 Nr. 2 PolG NRW dauere ungeachtet dessen fort, dass bislang kein Eigentümer ermittelt worden sei. Aus dem Zeitablauf lasse sich nicht ohne Weiteres ableiten, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Sicherstellung weiterhin dem Willen des rechtmäßigen Eigentümers entspreche. Es sei nicht zu erkennen, weshalb der Eigentümer seine Rechte an dem Geld aufgegeben haben sollte. Daran ändere nichts, dass dieser mittlerweile nicht mehr mit einer Rückgabe rechne bzw. aufgrund tatsächlicher Schwierigkeiten nicht mehr ermittelt werden könne. Das Herausgabeverlangen sei überdies rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin könne nicht nachweisen, Eigentümerin bzw. berechtigte Besitzerin des Geldes zu sein. Der Herausgabeanspruch sei schon tatbestandlich ausgeschlossen, wenn die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB widerlegt sei. Eine andere Sichtweise führe dazu, dass die Vermutung des § 1006 BGB trotz deren Widerlegung bzw. Nichtanwendbarkeit doch wieder gelte, wenn nach einem gewissen Zeitablauf kein Berechtigter ermittelt werden könne. Damit habe es ein Kläger letztlich in der Hand, das Verfahren in die Länge zu ziehen, um nach einem bestimmten Zeitablauf die Herausgabe der sichergestellten Sachen an sich verlangen zu können.
21Der Beklagte beantragt,
22das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden zu ändern, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
23Die Klägerin beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht die Klägerin geltend, dem Wortlaut des § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW sei nicht zu entnehmen, dass sie für einen Herausgabeanspruch ihre Berechtigung nachzuweisen habe. Danach sei die Sache nach Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden sei.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs des Beklagten, der auch eine Kopie der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte (Staatsanwaltschaft Bielefeld 301 Js 4340/12) enthält, Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
29Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht begründet worden (§ 124a Abs. 3 Satz 3 bis 5, Abs. 6 VwGO). Sie ist auch begründet, denn das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben.
30Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Geldes.
31Ein solcher ergibt sich zunächst nicht aus einem Folgenbeseitigungsanspruch, der mit dem Annexantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO verfolgt werden könnte. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Sicherstellungsanordnung des Beklagten vom 5. August 2014 rechtmäßig war und die Klägerin deren Aufhebung daher nicht mit Erfolg verlangen kann. Insoweit ist die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen. Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Der allgemeine (Vollzugs-)Folgenbeseitigungs-anspruch ist damit, soweit sein Erfolg – wie hier – von der gerichtlichen Aufhebung des den Eingriff rechtfertigenden Verwaltungsakts abhängig ist, von vornherein ausgeschlossen.
32Vgl. hierzu auch Hess. VGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 8 A 103/15 –, juris, Rn. 29; Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 4. Aufl. 2014, § 113, Rn. 194.
33Die Klägerin kann den geltend gemachten Herausgabeanspruch auch nicht auf § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW stützen. Nach dieser Vorschrift sind die Sachen an diejenige Person, bei der sie sichergestellt worden sind, herauszugeben, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Dieser spezialgesetzlich geregelte Folgenbeseitigungsanspruch greift ein, wenn die Sicherstellungsvoraussetzungen zunächst vorgelegen haben, aber im Nachhinein weggefallen sind. Er ist materiell-rechtlich nicht von einer vorherigen Aufhebung einer – rechtmäßig – erfolgten Sicherstellung abhängig und damit prozessual mit einem eigenständigen Leistungsantrag – nicht als Annexantrag zur Anfechtungsklage – verfolgbar.
34Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 8 A 103/15 –, juris, Rn. 31.
35Die Voraussetzungen für eine auf § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW gestützte Herausgabe des nach § 43 Nr. 2 PolG NRW sichergestellten Geldes an die Klägerin sind im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht gegeben. Die Klägerin kann sich weiterhin nicht zu ihren Gunsten bzw. zugunsten ihrer Tochter und deren Verlobten auf die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 3 BGB stützen (dazu unten 1.). Aus dem Umstand, dass ein Eigentümer bzw. die Eigentümer des sichergestellten Geldes (bislang) nicht ermittelt werden konnte bzw. konnten, ist nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen (dazu unten 2.). Ungeachtet dessen ist das Herausgabever-langen der Klägerin rechtsmissbräuchlich (dazu unten 3.)
361. Die Klägerin, die das sichergestellte Geld zu einem Teil selbst angespart und zu einem anderen Teil für ihre Tochter und deren Lebensgefährten verwahrt haben will, kann sich weiterhin nicht zu ihren Gunsten auf die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 3 BGB stützen. Das Verwaltungsgericht hat im Urteil vom 19. Februar 2016 unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 27. April 2015 zutreffend ausgeführt, dass die zugunsten der Klägerin oder ihrer Angehörigen wirkende Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB, selbst wenn die Klägerin sich auf letztere berufen könnte, durch entgegenstehende Beweisanzeichen widerlegt ist, so dass das Eigentum eines Dritten wahrscheinlicher ist als die behauptete Berechtigung der Klägerin bzw. ihrer Angehörigen. Alle Indizien – bezogen auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung – sprechen dafür, dass die Klägerin bzw. ihre Angehörigen nicht Eigentümer des sichergestellten Geldes sind, sondern dass es sich um Geld handelt, das einem Dritten oder Dritten abhanden gekommen ist. Die Auffindesituation, das (Aussage-)Verhalten der Klägerin gegenüber der Polizei, insbesondere das Verstecken des Geldes, die Höhe des sichergestellten Bargeldbetrages und die fehlende Darlegung eines mit Blick auf die finanziellen Verhältnisse nachvollziehbaren Eigentumserwerbs an dem Geld sind geeignet, die an den Besitz des Geldes anknüpfende Eigentumsvermutung zu erschüttern. Der Vortrag der Klägerin ist wegen zahlreicher Ungereimtheiten, die vor allem den Umstand betreffen, dass immer wieder andere Personen als Eigentümer des Geldes bezeichnet wurden, gänzlich unglaubhaft. Auch eine umfangreiche Beweisaufnahme durch Vernehmung der Frau M. Y. , des Herrn O. N1. und des Herrn B. L. als Zeugen in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts konnte die Widersprüchlichkeit der hierzu in der Vergangenheit gemachten Angaben nicht ausräumen.
37Die Klägerin hat auch bis zuletzt keine überzeugenden Erklärungen abgegeben, die einen rechtmäßigen Erwerbsvorgang auch nur im Ansatz als hinreichend plausibel erscheinen lassen und den Schluss auf ihre Berechtigung bzw. die ihrer Angehörigen rechtfertigen könnten. Diese lässt sich nicht allein mit dem Hinweis darauf begründen, der Beklagte habe seinerseits in der Zeit seit der Sicherstellung den „wahren“ Eigentümer nicht gefunden. Anders als die Klägerin offenbar im Hinblick auf die widerlegte Eigentumsvermutung des § 1006 BGB meint, gilt sie nicht etwa solange als Berechtigte, bis es dem Beklagten gelingt, den berechtigten Dritten zu ermitteln.
38Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2013 – 5 A 1092/12 –, juris, Rn. 4.
39In Ermangelung eines schlüssigen Vortrags der Klägerin zu einem rechtmäßigen Eigentumserwerb bestand für den Senat auch keine Veranlassung zu einer erneuten Beweiserhebung durch eine Vernehmung der bereits durch das Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen.
402. Aus dem Umstand, dass ein Eigentümer bzw. die Eigentümer des sichergestellten Geldes (bislang) nicht ermittelt werden konnte bzw. konnten, ist nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen. Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach § 43 Nr. 2 PolG NRW zum Schutz privater Rechte tätig wird und ihr nach § 1 Abs. 2 PolG NRW der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1999 – 3 B 48.99 –, BayVBl. 2000, 380 = juris, Rn. 3; OVG Sachsen, Beschluss vom 11. August 2015 – 3 A 224/14 –, NJW 2016, 181, 182 = juris, Rn. 7; Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, Kommentar, 10. Aufl. 2011, § 43, Rn. 14.
42Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er nicht als Berechtigter ermittelt wird bzw. ermittelt werden kann.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2007 – 5 A 1056/06 –, juris, Rn. 7; Bay. VGH, Beschluss vom 19. November 2010 – 10 ZB 10.1707 –, BayVBl. 2011, 312 = juris, Rn. 20.
44Umstände, die im Streitfall das maßgebliche objektive Interesse des Berechtigten am Schutz seines Eigentums entfallen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.
45Ob der Schutzzweck der Sicherstellung auch dann noch fortdauert, wenn der Eigentümer der (sichergestellten) Sache tatsächlich ermittelt worden ist, aber seine durch § 43 Nr. 2 PolG NRW geschützten Rechte nicht geltend gemacht hat oder erkennbar nicht geltend machen will, kann hier dahinstehen.
46So aber Bay. VGH, Beschluss vom 17. März 2010 – 10 C 09.3011 u.a. –, juris, Rn. 15; VG München, Urteile vom 14. Januar 2015 – M 7 K 13.3043 –, juris, Rn. 38, und vom 10. Dezember 2014 – M 7 K 12.4367 –, juris, Rn. 31.
47Ein derartiger „Rechtsverzicht“ eines – tatsächlich ermittelten – Berechtigten liegt hier nicht vor. Ein solcher kann nicht allein aus dem Umstand geschlossen werden, dass sich bisher beim Beklagten kein Eigentümer gemeldet und Ansprüche auf das sichergestellte Geld erhoben hat. Der Beklagte hat zu Recht auf die tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des wahren Berechtigten an den sichergestellten Banknoten hingewiesen, die darin bestehen, dass Geld regelmäßig nicht einem einzelnen Delikt zugeordnet werden kann.
483. Ungeachtet dessen ist das Herausgabeverlangen der Klägerin vorliegend rechtsmissbräuchlich. Da weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie bzw. ihre Angehörigen, von denen sie ihren Besitz ableitet, Eigentümer des sichergestellten Geldes sind, kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, ein berechtigter Dritter sei bislang nicht ermittelt worden.
49Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 11. August 2011 – 5 A 298/09 –, juris, Rn. 45, und vom 12. Februar 2007 – 5 A 1056/06 –, juris, Rn. 9, jeweils m. w. N.
50Zwar wäre die sichergestellte Sache gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW – den Wegfall der Voraussetzungen für die Sicherstellung unterstellt – grundsätzlich an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden ist. Der Polizei soll danach nicht zugemutet werden, die Berechtigung (Eigentum bzw. Besitz) an der Sache zu prüfen. Eines Eigentumsnachweises bedarf es grundsätzlich nicht.
51Vgl. LT-Drs. 8/3130, S. 75 zu § 26 PolRVereinhG NW; OVG Bremen, Urteil vom 19. April 2016 – 1 LB 200/15 –, juris, Rn. 53.
52Etwas anderes gilt aber dann, wenn für die Nichtberechtigung desjenigen, bei dem die Sache sichergestellt worden ist, konkrete Anhaltspunkte vorliegen.
53Vgl. OVG Bremen, Urteil vom 19. April 2016 – 1 LB 200/15 –, juris, Rn. 53; Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, Kommentar, 10. Aufl. 2011, § 46, Rn. 2; Tetsch/Baldarelli, PolG NRW, Kommentar, 2011, § 46, 1.6, S. 810.
54Das ist hier der Fall. Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB streitet weiterhin nicht für die Klägerin bzw. ihre Angehörigen.
55Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2010 – 5 A 298/09 –, juris, Rn. 45; Hess. VGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 8 A 103/15 –, juris, Rn. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 19. November 2010 – 10 ZB 10.1707 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 21. Januar 2008 – 10 A 2695/05 –, juris, Rn. 46.
56Insoweit kann sich die Klägerin gerade nicht auf ein Eigentumsrecht bzw. sonstige subjektive Rechtspostionen zur Begründung eines Herausgabeanspruchs berufen.
57Offen gelassen BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. Oktober 2011 – 1 BvR 732/11 –, NVwZ 2012, 239 = juris, Rn. 15.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
59Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.