Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522

bei uns veröffentlicht am27.02.2019

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe für seine Klage auf Herausgabe von vier mit polizeilicher Verfügung vom 23. November 2016 sichergestellten Reifensätzen (16 Alufelgen mit Sommerreifen) weiter.

Der Kläger wurde am 23. November 2016 in der Nähe von P. einer verdachtsunabhängigen Kontrolle unterzogen. Er war mit einen Lieferwagen IVECO samt Anhänger unterwegs, auf dem drei Pkws transportiert wurden. In zwei der Pkws fanden die Polizeibeamten die streitgegenständlichen Reifensätze. Zu ihrer Herkunft befragt, gab der Kläger an, dass er sie in L. in der Nähe der französischen Grenze für 1.200,- Euro erworben habe. Er konnte weder den Namen des Verkäufers (ein Autohaus) nennen noch einen Kaufbeleg vorlegen. Da die Reifensätze nach Auffassung der Polizeibeamten einen bedeutend höheren Wiederverkaufswert als den angeblich bezahlten Betrag hatten, verfügten sie eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG a.F.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 forderte die Polizeiinspektion F. den Kläger auf, bis spätestens 7. Januar 2017 eine Rechnung über den Erwerb der Reifen mit Angabe der Verkäufers und des Verkaufspreises vorzulegen.

Der Kläger erhob am 11. Januar 2017 „Beschwerde“ gegen die Sicherstellung. Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 23. Januar 2017 ausgeführt, die Voraussetzungen des Art. 25 Nr. 2 PAG lägen nicht vor. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB sei nicht erschüttert. Die Reifen seinen gemäß Art. 28 PAG herauszugeben, weil die Voraussetzungen für eine Verwertung nicht gegeben seien.

Der Beklagte verwies in seinem Schreiben vom 6. Februar 2017 darauf, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB widerlegt sei. Es lägen hinreichende Indizien dafür vor, dass es sich bei den sichergestellten Reifen um Hehlerware handle. Es gebe keine Kaufbelege, die Anzahl der Reifen gehe über den eigenen Bedarf hinaus, die Angaben des Klägers zum Erwerb und zur Herkunft der Reifen seien zweifelhaft. Es sei noch zu klären, ob sich der Kläger der Hehlerei schuldig gemacht habe.

Mit Verfügung vom 21. Februar 2017 stellte die Staatsanwaltschaft P. das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Hehlerei nach § 170 Abs. 2 StPO ein.

Am 5. April 2017 erhob der Kläger Klage auf Herausgabe der sichergestellten Reifen und beantragte zugleich, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Er verwies auf die Einstellung des Strafverfahrens und darauf, dass er nicht mit einem tschechischen Pkw, wie von der Polizeiinspektion behauptet, unterwegs gewesen sei. Die Voraussetzungen für eine Sicherstellung seien entfallen. Dafür spreche der Zeitablauf und dass keine der durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützten Personen ihre Rechte geltend gemacht habe. Indizien, die die Beweislastregel des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB erschüttern könnten, seien durch den Beklagten nicht vorgetragen und lägen nicht vor.

Mit Beschluss vom 20. November 2018 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ab. Die Voraussetzungen eines Herausgabeanspruchs nach Art. 28 PAG seien nicht gegeben. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB sei widerlegt. Der Kläger könne keinen Erwerbsbeleg für die Reifen vorlegen. Die geschilderte Ankaufssituation erscheine schon wegen der steuerlichen Auswirkungen fraglich. Zudem habe der Kläger keine weiteren Schritte zur Klärung der Eigentumsfrage unternommen. Die geschilderte Konstellation lege vielmehr den Schluss nahe, dass die Reifen dem tatsächlichen Eigentümer abhandengekommen seien und der Kläger kein Eigentum erworben habe. Daran ändere auch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nichts. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien auch nicht deshalb entfallen, weil sich bislang keine Berechtigten gemeldet hätten. Der vorliegende Rechtsstreit werfe auch keine schwierigen oder ungeklärten Fragen auf. Die im Verfahren M 7 K 13.3043 thematisierte Frage sei inzwischen durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren 10 BV 15.1049 geklärt.

Im Beschwerdeverfahren bringt der Kläger vor, dass der Rechtsstreit nicht einfach sei. Dies gelte sowohl für die Aufklärung des Sachverhalts als auch für die Rechtsfolgen. Der Kläger sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an eine Prüfung im summarischen Verfahren. Völlig aus der Luft gegriffen sei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es sei fernliegend, dass der Betriebsinhaber Gegenstände aus dem Betriebsvermögen entnommen und dann privat veräußert habe. Es dürfe auch nicht zu Lasten des Klägers gewertet werden, dass er aus seiner Sicht keinen Beleg für den Kauf gebraucht habe. Falsch sei auch, dass er den Verkäufer nicht genannt habe. Wären die sicherstellenden Beamten den Hinweisen des Klägers nachgegangen, wäre der Verkäufer zeitnah zu ermitteln gewesen. Der Kläger sei auch bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Zudem habe sich der „tatsächliche Eigentümer“ der Reifen nicht gemeldet. Dass der Kläger es unterlassen habe, sein Eigentum zu beweisen, führe nicht dazu, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB widerlegt sei. Anhand der sichergestellten Reifen müsste es auch möglich sein, den ursprünglichen Eigentümer zu ermitteln.

Der Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Dem Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Reifen stehe entgegen, dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden und der Kläger nicht als Berechtigter anzusehen sei. Die Eigentumsvermutung sei widerlegt, da der Vortrag des Klägers, er habe die Reifen von einem Autohaus an der französischen Grenze ohne Beleg erworben, weil ihm bei einem Kauf ohne Beleg ein niedrigerer Preis angeboten worden sei, nicht nachgewiesen sei. Insbesondere habe er das Autohaus nicht benannt. Eine private Veräußerung der Reifen durch den Autohausinhaber scheide schon deshalb aus, weil dem Kläger angeboten worden sei, die Reifen mit oder ohne Beleg zu erwerben. Bezüglich der Einstellung des Strafverfahrens habe das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Anwendung der wesentlich strengeren strafrechtlichen Beweiserfordernisse durch die Strafverfolgungsbehörden keinen Rückschluss darauf zulasse, ob der für die Eigentumsvermutung erforderliche Grad an Gewissheit erreicht sei. Der Aufrechterhaltung der Sicherstellung stehe auch nicht entgegen, dass der wahre Eigentümer bislang nicht habe ermittelt werden können. Eine Herausgabepflicht bestehe nur gegenüber einem Berechtigten. Die Berechtigung habe der Kläger nicht nachgewiesen. Er werde nicht dadurch zum Berechtigten, dass die Polizei trotz entsprechender Bemühungen keinen Berechtigten habe ausfindig machen können.

Der Kläger ergänzte sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 7. Januar 2019 dahingehend, dass geprüft werden müsse, ob die Sicherstellungsmaßnahme nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung überhaupt zulässig gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt seien die Polizeibeamten möglicherweise von der Annahme ausgegangen, dass es sich beim Kläger nicht um einen unbescholtenen Bürger handle, weil damals noch ein Strafbefehl eingetragenen gewesen sei. Ein Protokoll über die Sicherstellung liege nicht vor. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Kläger der deutschen Sprache nicht mächtig sei und die Sicherstellung auf sprachlichen Missverständnissen beruhe. Es sei jedenfalls erforderlich, den Kläger unter Hinzuziehung eines Dolmetschers nochmals zum Erwerbsvorgang zu befragen und sich von seiner Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Die Polizei sei nicht einmal in der Lage gewesen, die Länderkennung des Kennzeichens richtig wiederzugeben. Der Kläger habe den Beamten angeboten, sie zu dem Autohaus in der Nähe der französischen Grenze zu fahren, er habe lediglich das Autohaus nicht mehr namentlich benennen können.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage auf Herausgabe der sichergestellten Reifen an den Kläger keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kein weiterer Sachaufklärungsbedarf besteht und die Rechtssache auch keine ungeklärten schwierigen Rechtsfragen aufwirft.

Es ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf zwar nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung in einem Verfahren, in dem sie anwaltlich vertreten sind, zugeführt werden können. Prozesskostenhilfe ist allerdings nicht bereits zu gewähren, wenn die entscheidungserhebliche Frage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als „schwierig“ erscheint (BVerfG, B.v. 15.11.2017 - 2 BvR 902/17 - juris Rn. 12; B.v. 20.6.2016 - 2 BvR 748/13 - juris Rn. 12). Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gerecht.

Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage besteht der geltend gemachte Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG a.F. nicht. Zugrunde zu legen ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, die regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme eintritt (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2019 - 10 C 18.1641 - Rn. 4 m.w.N.), hier im Juni 2017. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage ist daher noch das Polizeiaufgabengesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl S. 397), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. November 2015 (GVBl S. 410) - PAG a.F.

Nicht entscheidungserheblich ist entgegen der Auffassung des Klägers, ob die polizeiliche verdachtsunabhängige Kontrolle zulässig war und die Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG a.F. zu Recht erfolgt ist. Der Kläger hat mit seiner Klage ausschließlich einen Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 PAG a.F. (und nicht im Wege der Folgenbeseitigung nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 25 Nr. 2 PAG a.F.) geltend gemacht, weil es aus seiner Sicht keiner weiteren Prüfung bedürfe, ob die Sicherstellung rechtmäßig gewesen sei, weil zumindest im Zeitpunkt der Klageerhebung die Voraussetzungen dafür weggefallen seien (Klageschrift Seite 5). Prüfungsgegenstand für den geltend gemachten Herausgabeanspruch ist demnach ausschließlich, ob die Voraussetzungen für die inzwischen bestandskräftig gewordene Sicherstellung entfallen sind und der Kläger Berechtigter i.S.d. Art. 28 Abs. 1 PAG a.F. ist.

Die Sicherstellung der Reifen am 23. November 2016 erfolgte auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG a.F., um deren Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor deren Verlust zu schützen. Die zuständige Polizeiinspektion hat dabei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB als widerlegt und den Kläger somit nicht als Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer der Reifen angesehen. Als Indizien für die Widerlegung der Eigentumsvermutung haben die Polizeibeamten im Zeitpunkt der Sicherstellung die nicht nachgewiesene Herkunft der Reifen, einen fehlenden Kaufbeleg und den Unterschied zwischen dem bezahlten Preis und dem angenommenen Wert herangezogen.

Insoweit sind seither keine Änderungen des Sachverhalts eingetreten, die die bestandskräftige Sicherstellung infrage stellen und den nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen für die Sicherstellung begründen würden. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt keines der die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB widerlegenden Indizien ausgeräumt. Insbesondere hat er keine weiteren Angaben zum Verkäufer gemacht oder nachträglich einen Beleg vorgelegt, der bestätigen würde, dass er die Reifen gegen Zahlung eines Geldbetrages von dem Autohaus erworben hat. Er beschränkt sich auf umfangreiche Ausführungen dazu, weshalb von ihm die Vorlage eines Kaufbelegs bzw. die Angabe des Verkäufers nicht verlangt werden könne und die Nichtvorlage eines Belegs gerade für seine Redlichkeit spreche. Auch die Mutmaßung des Klägers, der Verkäufer könne die Reifen vor dem Verkauf dem Betriebsvermögen entnommen haben und sie sodann als Privatmann verkauft haben, geht ins Leere, weil dem Kläger nach seinen eigenen Angaben die Reifen ja wahlweise zu einem höheren Preis mit Beleg angeboten wurden. Einen Nachweis für sein Vorbringen, er habe die Reifen zu einem günstigen Preis ohne Beleg bei einem Autohaus erworben, stellen die Ausführungen zur Entbehrlichkeit eines Kaufbelegs jedenfalls nicht dar. Auch etwaige Verständigungsprobleme zwischen dem Kläger und den Polizeibeamten bei der Sicherstellung erklären nicht, weshalb er nach der Sicherstellung keinerlei Nachweise für die Richtigkeit seiner Angaben erbracht hat. Er ist inzwischen anwaltlich vertreten, sodass er unter Einschaltung eines Dolmetschers weitere sachdienliche Angaben zur Ermittlung des Autohauses hätte machen bzw. sich selbst um einen entsprechenden Nachweis über den Kauf der Reifen hätte bemühen können. Soweit er sich darauf beruft, dass es wegen der Sprachbarriere bei der Sicherstellung zu Missverständnissen darüber gekommen sei, dass er die genaue Anschrift des Verkäufers nicht gewusst habe (Schriftsatz vom 10.1.2019), setzt sich der Kläger damit in Widerspruch zu seinem eigenen Vorbringen, wonach er das Autohaus namentlich nicht mehr habe benennen können, weil dies nach dem abgeschlossenen Erwerbsvorgang für ihn unerheblich gewesen sei (Schriftsatz vom 7.1.2019). Sein Vorbringen, er habe angeboten, die Polizeibeamten zu dem Autohaus nahe der französischen Grenze zu fahren, ist angesichts einer Entfernung von fast 600 km vom Ort der Sicherstellung, nicht glaubhaft. Auch lässt der Kläger offen, welche Hinweise er den Polizeibeamten angeblich gegeben haben will, aufgrund derer sie das Autohaus hätten ermitteln können. Die Tatsache, dass im Schreiben der Polizeiinspektion F. vom 23. Januar 2017 angegeben wird, der Kläger habe einen tschechischen Lkw mit einem tschechischen Kennzeichen gefahren, obwohl sich aus den Behördenakten (Bl. 3 und 7) eindeutig ergibt, dass es sich um Fahrzeug mit CH-Kennzeichen mit einem Anhänger mit belgischen Kennzeichen gehandelt hat, belegt weder die Richtigkeit der Angaben des Klägers zum Erwerb der Reifen noch sagt sie etwas über etwaige Verständigungsprobleme zwischen ihm und den Polizeibeamten aus. Die Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO wegen besonders schweren Diebstahls durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 8. Februar 2017 führt ebenfalls nicht zu einem nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen für die Sicherstellung, weil das im Zeitpunkt der Sicherstellung noch anhängige Strafverfahren ausweislich der Akten ohnehin nicht als Indiz für eine Widerlegung der Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB gewertet worden war. Auch die Einstellung des Strafverfahrens wegen Hehlerei nach § 170 Abs. 2 StPO sagt nichts darüber aus, ob der Kläger tatsächlich Eigentum an den Reifen erworben hat. Die Anklage wird gemäß § 170 Abs. 1 StPO nur erhoben, wenn gegen den Beschuldigten ein hinreichender Tatverdacht besteht, eine Verurteilung also wahrscheinlich ist (Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, 6. Aufl. 2019, § 170 Rn. 3). Demgegenüber reicht es für die Widerlegung der Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits aus, wenn Indizien oder Erfahrungssätze vorliegen, die mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers weniger wahrscheinlich erscheinen lassen als das Eigentum eines Dritten (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2018 - 10 ZB 18.3 - juris Rn. 9; B.v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 11 m.w.N.). Im Übrigen ist selbst die Staatsanwaltschaft in der Begründung der Einstellungsverfügung aufgrund der Angaben des Klägers davon ausgegangen, dass die Reifen aus einer rechtswidrigen Vortat stammen. Allein der Zeitablauf von fast zweieinhalb Jahren, ohne dass die Polizei seither die Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer der Reifen ausfindig machen konnte, rechtfertigt es nicht, nunmehr den Kläger trotz fortbestehender gegensätzlicher Indizienlage unter Heranziehung von § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgrund seiner bloßen Behauptung als Eigentümer anzusehen. Es ist insbesondere nicht ausgeschlossen, auch nach längerer Zeit noch die Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer ausfindig zu machen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 - juris Rn. 42 ff.). Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Diebstahl bzw. die Hehlerei in Frankreich begangen wurde (es handelt sich überwiegend um Reifensätze eines französischen Automobilherstellers) und die Geschädigten dort zu suchen sind.

Solange somit die Eigentumsfrage nicht geklärt und der wahre Berechtigte gefunden ist, sind die Voraussetzungen der auf Art. 25 Nr. 2 PAG a.F. gestützten Sicherstellung nicht weggefallen, sie würden vielmehr bei einer Herausgabe an den Kläger wieder eintreten (BayVGH, B.v. 11.2.2009 - 10 CE 08.3393 - BayVBl 2009, 569; ähnlich BayVGH, B.v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 18; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 7). Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach Art. 25 Nr. 2 PAG a.F. zum Schutz privater Rechte tätig wurde und ihr nach Art. 2 Abs. 2 PAG der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt. Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er bisher nicht als Berechtigter ermittelt worden ist bzw. ermittelt werden konnte (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 - juris Rn. 43; OVG NW, B.v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris Rn. 38 ff.; OVG NW, B.v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 7).

Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen inzwischen weggefallen sind, weil kein Eigentümer oder rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt, zu dessen Schutz gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG a.F. die Sicherstellung erfolgt ist, mehr ermittelt werden kann, kann jedenfalls der Kläger die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände nicht an sich verlangen.

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG a.F. sind die sichergestellten Sachen zwar grundsätzlich „an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind“. Jedoch besteht die Herausgabepflicht der Polizei nach richtigem Verständnis dieser Bestimmung nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer ist somit ausgeschlossen. Art. 28 Abs. 1 PAG a.F. regelt die Herausgabe der sichergestellten Sache an den Betroffenen, dessen Rechte durch den hoheitlichen Eingriff der Sicherstellung beeinträchtigt wurden bzw. werden. Wie sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG a.F., aber auch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit Art. 27 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2 PAG a.F. ergibt, muss dem von der Sicherstellung Betroffenen für einen Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 PAG a.F. ein Recht an der Sache zustehen, er muss „Berechtigter“ sein, also Eigentümer oder berechtigter Besitzer. Die Herausgabe an jemanden, der den Besitz an der Sache durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt hat, kann nach dieser Rechtsgrundlage nicht gefordert werden (BayVGH, B.v. 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 - juris Rn. 45 unter Verweis auf B.v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20; ähnlich OVG Berlin-Bbg, B.v. 15.6.2016 - OVG 1 S 21.16 - juris Rn. 14; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 12; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: 1.4.2018, Art. 28 Rn. 9). Insofern ist die vom Verwaltungsgericht München im Urteil vom 14. Januar 2015 (M 7 K 13.3043) vertretene Auffassung durch die zitierte Rechtsprechung überholt. Zudem konnte in dem vom Verwaltungsgericht München entschiedenen Fall der Kläger Eigentum an den fraglichen Gegenständen erwerben, weil § 935 BGB - anders als vorliegend - dem Eigentumserwerb nicht entgegen stand.

Der Umstand, dass die Polizei bisher trotz entsprechender Bemühungen keinen „Berechtigten“ für die streitgegenständlichen Reifensätze ausfindig machen konnte und dass dies (möglicherweise) endgültig nicht mehr möglich ist, führt nicht dazu, dass der Kläger allein aus diesem Grund zum „Berechtigten“ wird. Dass der Berechtigte (noch) nicht bekannt ist, steht einer Sicherstellung und deren Aufrechterhaltung grundsätzlich nicht entgegen (BayVGH, B.v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17; BayVGH, B.v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 15; teilw. noch offen lassend: BayVGH, B.v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris, Rn. 15; BayVGH, B.v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17).

Im Übrigen wäre das Herausgabeverlangen des Klägers auch rechtsmissbräuchlich. Da mangels Vorlage entsprechender Nachweise oder Angaben zum Verkäufer weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass er Eigentümer oder berechtigter Besitzer der sichergestellten Reifen ist, kann er sich zur Begründung seines Herausgabeverlangens nicht darauf berufen, dass ein Berechtigter bislang nicht ermittelt worden ist (vgl. OVG NW, B.v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris Rn. 46 ff.; OVG NW, B.v. 11.8.2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 45; OVG NW, B.v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 9).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Strafprozeßordnung - StPO | § 153a Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen


(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen u

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1006 Eigentumsvermutung für Besitzer


(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 935 Kein gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen


(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann,

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 14. Jan. 2015 - M 7 K 13.3043

bei uns veröffentlicht am 14.01.2015

Tenor I. Der Beklagte wird verpflichtet, die mit Bescheid vom ... Juni 2013 sichergestellten Gegenstände an den Kläger herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens werden gegenein

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2019 - 10 C 18.1641

bei uns veröffentlicht am 08.02.2019

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Die Beschwerde des Klägers gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsger

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2016 - 10 BV 15.1049

bei uns veröffentlicht am 15.11.2016

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 wird die Klage abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. III. Die

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2014 - 10 CS 14.47

bei uns veröffentlicht am 06.02.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Unter Abänderung der Nr. III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Dezember 2013

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2018 - 10 ZB 18.3

bei uns veröffentlicht am 29.11.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 36.280 Euro festgesetzt. Gründe

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 13. Sept. 2016 - 5 A 667/16

bei uns veröffentlicht am 13.09.2016

Tenor Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird geändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen. Unter Einbeziehung des unanfechtbar

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 20. Juni 2016 - 2 BvR 748/13

bei uns veröffentlicht am 20.06.2016

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2012 - VG 19 K 68.12 V - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. März 2013 - OVG 3 M 110.12 - verl
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 C 18.2522.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. März 2019 - 10 C 19.68

bei uns veröffentlicht am 27.03.2019

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Mit ihrer Beschwerde verfolgt die am 15. Juni 1949 geborene Klägerin litauischer Staatsangehö

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - 10 C 18.2425

bei uns veröffentlicht am 03.04.2019

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglos gebliebenen Antrag

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2019 - 10 ZB 17.2241

bei uns veröffentlicht am 06.06.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.300,- Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Juni 2019 - 10 C 19.616

bei uns veröffentlicht am 03.06.2019

Tenor Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. März 2019 wird dem Kläger wird für das Klageverfahren Au 6 K 19.79 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T. O., Ulm, bewilligt.

Referenzen

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, die mit Bescheid vom ... Juni 2013 sichergestellten Gegenstände an den Kläger herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine polizeiliche Sicherstellung.

Am ... Dezember 2011 gegen 22:55 Uhr stellten Polizeibeamte beim Kläger anlässlich einer Personenkontrolle nach dem Schengener Übereinkommen in der Schalterhalle des ...-bahnhofs und bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung wegen des Tatverdachts der gewerbsmäßigen Hehlerei insgesamt sechzehn Apple iPads und vier Mobiltelefone der Marken Apple iPhone und Samsung Galaxy sicher. Auf die Frage der Polizeibeamten, ob er in den beiden ersichtlich schweren Reisetaschen verbotene oder gefährliche Gegenstände mit sich führe, gab der Kläger an, es handele sich um Kleidungsstücke. Er sei soeben mit dem Zug aus ... gekommen, wo er sich ein paar Tage aufgehalten habe. Die Durchsuchung der Reisetaschen ergab, dass der Kläger vierzehn originalverpackte Apple iPads mit sich führte. Auf Frage gab er an, er habe diese in einem Laden in ... gekauft; auf weitere Frage nach dem Geschäftsort änderte er seine Angaben dahin ab, dass er sie in einer Gaststätte von einem ihm unbekannten Verkäufer ohne Rechnung für 5.250,- EUR gekauft habe, mit dem er sich am Bahnhof ... getroffen habe. Den Verkäufer namens „...“ habe er über E-Bay-Kleinanzeigen kennen gelernt. Auf die Frage, ob er etwas über die Herkunft der Geräte erfahren habe, erklärte der Kläger, „...“ habe gesagt, er habe Verbindungen nach Kambodscha. Er benötige keine Rechnung, weil man bei Apple eine direkte Garantie habe. Personen- und Kontaktdaten zu „...“ konnte der Kläger nicht nennen, ebenso wenig einen E-Mail-Verkehr nachweisen. Zur beabsichtigten Verwendung befragt, erklärte er, er wolle die Geräte seiner Familie und seinen Bekannten in der Türkei schicken.

Bei einer anschließenden Durchsuchung der Wohnung des Klägers, der er zustimmte, wurden zwei weitere originalverpackte iPads und vier Mobiltelefone der Marken Apple iPhone und Samsung Galaxy aufgefunden. Hierzu gab der Kläger an, die beiden iPads stammten aus einem bereits Monate zurückliegenden E-Bay-Geschäft. Kaufbelege konnte er nicht vorlegen.

Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass die Firma Apple die iPads an die Firma ... GmbH in ... geliefert hatte, welche sie auf der Homepage der Firma ... vertrieb. Die Geräte wurden sodann zwischen dem 15. November und 8. Dezember 2011 an verschiedene Packstationen im Allgäuer Raum versandt, wo verschiedene Personen sie abholten. Die Firma ... beglich die Kaufpreisforderungen der Firma ... GmbH. Bis Sommer 2013 konnte kein Geschädigter, keine Tatzeit, kein Tatort oder weitere Umstände ermittelt werden. Das Kommissariat ... ging davon aus, dass die voraussichtlich geschädigte Firma ... aufgrund ihrer Insolvenz keine Angaben mehr machen würde (Bl. 70 der Behördenakte). Drei der vier in der Wohnung des Klägers aufgefundenen Mobiltelefone waren auf fremde Inhaber registriert, die sich auf ein polizeiliches Schreiben nicht meldeten bzw. angaben, nie im Besitz des Telefons gewesen zu sein bzw. nicht mehr im Besitz des Telefons zu sein. Zu dem Gerät Samsung konnte nichts ermittelt werden.

Im Bundeszentralregister ist der Kläger mit folgenden Einträgen erfasst:

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Juli 2000 wegen gemein- schädlicher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 215672/00).

Dem lag zugrunde, dass der Kläger in einer Telefonzelle so lange gegen die Scheiben getreten hatte, bis eine davon heraussprang.

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Mai 2003 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (911 Cs 481 Js 109112/03).

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... November 2007 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 228774/07)

Dieser Verurteilung lag der Diebstahl eines Computers im Wert von 899,- EUR bei der ... GmbH zugrunde.

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Dezember 2007 wegen Sachbeschädigung und Nachstellung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen (840 Cs 232 Js 216247/07)

Dem lag zugrunde, dass der Kläger unbefugt die Wohnung seiner Ex-Freundin betreten, dort eine Tür beschädigt, der Freundin nachgestellt und gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen hatte.

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Januar 2009 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (4 Cs 307 Js 145138/08).

Im Kriminalaktennachweis ist der Kläger mit 17 Eintragungen erfasst, auf die Bezug genommen wird.

Mit Bescheid vom ... Juni 2013 stellte das Kriminalfachdezernat ..., Kommissariat ... die sechzehn Apple iPads und vier Mobiltelefone der Marken Apple iPhone und Samsung Galaxy nach Art. 25 Nr. 2 PAG im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft... im Verfahren 233 Js 120887/12 sicher (Nummer 1). Unter Nummer 2 des Tenors wurde mit der Sicherstellung und Überführung der Gegenstände in ein öffentlichrechtliches Verwahrungsverhältnis gleichzeitig ein gesetzliches Veräußerungsverbot verfügt. Weiter wurde der Sofortvollzug gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO angeordnet (Nummer 3). In den Gründen ist ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der Auffindesituation, der Anzahl der originalverpackten Geräte, des Fehlens geeigneter Herkunftsnachweise und der zum Teil widersprüchlichen und nicht schlüssigen Angaben davon auszugehen sei, dass der Kläger nicht als Berechtigter anzusehen sei, so dass durch eine Aushändigung das Eigentums- und Besitzrecht zulasten des rechtmäßigen Eigentümers widerrechtlich ausgeübt werde. Die sich aus § 1006 BGB ergebende Eigentumsvermutung sei widerlegt durch die widersprüchlichen Angaben am... Dezember 2011. Allein der Wert der angeblich von „...“ in einer Gaststätte erworbenen Geräte liege weit über 5.000,- EUR, nämlich bei insgesamt 10.086 EUR. Auch später habe der Kläger keine glaubhaften Angaben machen können und die Möglichkeit einer Beschuldigtenvernehmung nicht wahrgenommen. Er sei auch in der Vergangenheit schon strafrechtlich, u. a. wegen Eigentumsdelikten, in Erscheinung getreten. Die Angabe, dass er die Geräte in die Türkei zu seiner Familie und Freunden habe mitnehmen wollen, sei als Schutzbehauptung zu werten. Dass die wahren Eigentümer nur unter großen Schwierigkeiten und möglicherweise gar nicht ermittelt werden könnten, lasse die Sicherstellung nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Sie sei angezeigt und ermessensgerecht (Art. 5 PAG). Die sofortige Vollziehung sei erforderlich, um die wahren Berechtigten vor einem Verlust der sichergestellten Gegenstände zu bewahren. Es lägen eine Vielzahl von Anhaltspunkten für einen unrechtmäßigen Erwerb vor. Die aufschiebende Wirkung einer Klage würde den Zweck der Sicherstellung vereiteln. Es bestehe die Besorgnis, dass ein behördlicher Zugriff auf die Gegenstände bei Herausgabe an den Kläger nicht gewährleistet sei.

Ein gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei (233 Js 120887/12) wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft ... vom ... Juni 2013 gem. § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt, dem Kläger sei eine Hehlerei nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Seine Einlassung zum Erwerb der Gegenstände könne ihm nicht widerlegt werden. Insbesondere habe weder ein Geschädigter noch ein genauer Tatort ermittelt werden können.

Im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Warenkreditbetrugs, die Mobiltelefone zum Gegenstand hatten, gab ein Beschuldigter an, dass der Kläger, mit dem er nachweislich seit dem ... Juni 2013 Kontakt hatte, ihm mehrfach hochpreisige betrügerisch erlangte Mobiltelefone abgenommen habe. Deshalb wurde am ... Juli 2013 die Wohnung des Klägers durchsucht und dabei mehrere Mobiltelefone aufgefunden. Der Kläger gab an, mehrfach Mobiltelefone über Kleinanzeigen erworben zu haben und im Nebenerwerb defekte Geräte zu reparieren. Ansonsten machte er keine Angaben zur Sache. Er hatte selbst mehrere Mobiltelefone in Gebrauch. Da die zunächst bei ihm sichergestellten Mobiltelefone nicht mit den gesuchten Geräten identisch waren, wurden sie ihm am ... Juli 2013 wieder herausgegeben. Das am ... Juli 2013 gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei (814 Ds 248 Js 198161/13) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts ... gem. § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt.

Am ... Juli 2013 erhob der Kläger zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Gerichts Klage, zuletzt mit dem Antrag,

den Bescheid des Kriminalfachdezernats ..., Kommissariat ..., ..., vom ... Juni 2013 aufzuheben, hilfsweise, ihm die am ... Dezember 2011 sichergestellten Gegenstände entsprechend dem angefochtenen Bescheid auszuhändigen.

Gleichzeitig stellte er einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (M 7 S 13.3045).

Das Polizeipräsidium ... beantragte mit Schreiben vom ... September 2013,

die Klage abzuweisen,

und nahm umfangreich zu den Vorfällen Stellung, bei denen der Kläger polizeilich bzw. strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Zur Rechtslage wurde u. a. ausgeführt, dass eine Beschlagnahme der Gegenstände nach §§ 111 b StPO ff. einer nachfolgenden Sicherstellung nach Art. 25 PAG, die ein selbstständiges Rechtsinstitut darstelle, nicht entgegenstehe. Das gleiche gelte für die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, weil sich aus ihr nicht ergebe, dass der Kläger die Gegenstände rechtmäßig erworben habe. Allein aufgrund der verbliebenen Verdachtsmomente könne ein Bedürfnis für die Aufrechterhaltung von polizeilichem Gewahrsam bestehen. Die Beweislastregel des § 1006 BGB könne aufgrund von Indizien und Erfahrungssätzen widerlegt werden, mit der Folge, dass sich die Beweislast umkehre. Der Betroffene habe dann den Nachweis des von ihm behaupteten Eigentums an den sichergestellten Gegenständen zu erbringen, d. h. nach zutreffender Auffassung über die konkreten Erwerbsumstände Auskunft geben. Vorliegend sprächen die Anzahl der originalverpackten Geräte, die widersprüchlichen bzw. nicht schlüssigen Angaben, das Fehlen von Kaufbelegen sowie der behauptete, viel zu niedrige Kaufpreis für die iPads ohne plausible Erklärung gegen das Eigentum des Klägers. Im Rahmen der Bewertung der Glaubwürdigkeit des Klägers bzw. der Glaubhaftigkeit seiner Angaben seien die polizeilichen Vorerkenntnisse zu berücksichtigen. Er sei fähig und bereit, Strafgesetze zu verletzen, um sich Vorteile zu verschaffen. Den Straftaten sei zu entnehmen, dass eine Hemmschwelle gegenüber der Verletzung fremden Vermögens und Eigentums nicht bestehe. Angesichts der Fülle von Beweisanzeichen, die gegen das Eigentum des Klägers sprächen, kehre sich die an sich bei der Behörde liegende materielle Beweislast um, mit der Folge, dass der Kläger seinerseits den Nachweis des von ihm behaupteten Eigentums an den sichergestellten Gegenständen zu erbringen habe. Dies gelte auch für den Fall, dass der wahre Eigentümer oder rechtmäßige Gewahrsamsinhaber nicht ermittelt werden könne. Eine weitere Benutzung durch den Kläger sei jedenfalls missbräuchlich.

Am ... Oktober 2013 wurde gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs (233 Js 213219/13) eingeleitet, nachdem die Polizei bei einem türkischen Kurierfahrer ein iPhone 5 aufgefunden hatte, das zur Fahndung ausgeschrieben war und das dieser nach seinen Angaben über Kleinanzeigen vom Kläger in der Originalverpackung erworben hatte. In diesem Ermittlungsverfahren gab der Kläger am ... November 2013 an, das Mobiltelefon im Juli 2013 auf einem Flohmarkt in ... erworben zu haben. Kaufbelege konnte er nicht vorweisen. Das Verfahren wurde gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Zur Begründung seines Eilantrages ließ der Kläger seine Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom ... Mai 2014 vortragen, dass das Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Da damit kein genügender Anlass zur Erhebung öffentlicher Klage gegeben sei, seien die Voraussetzungen des Art. 25 Nr. 2 PAG nicht erfüllt. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Dezember 2011 - 10 B 11.480 - wurde ausgeführt, dass auch vorliegend zu gelten habe, dass zu voller richterlicher Überzeugung feststehen müsse, dass der Betroffene weder Eigentümer noch rechtmäßiger Besitzer und wahrer Eigentümer ein Dritter sei. Ein Verdacht reiche insoweit nicht aus, zumal dieser sich seit zwei Jahren und fünf Monaten nicht habe erhärten lassen. Aus den Schreiben des Kriminalfachdezernats vom ... Oktober 2012 und ... Mai 2013 ergebe sich, dass alle iPads von der Firma Apple an eine Firma ... GmbH ausgeliefert und dann über die Homepage der Firma ... weiterverkauft worden seien. Die Firma ... GmbH habe den Kaufpreis erhalten. Auch die Firma ... habe den Ermittlungsbehörden keinen Schaden und keine Unstimmigkeiten gemeldet. Bis zum Abschluss der Ermittlungen hätten weder ein Geschädigter, eine Tatzeit, ein Tatort noch weitere Umstände ermittelt werden können. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sämtliche sichergestellten Geräte mit einer Seriennummer versehen seien und daher im Fall eines tatsächlich unrechtmäßigen Erwerbes die vermeintlich wahren Eigentümer hätten festgestellt werden können. Soweit sich der Beklagte auf widersprüchliche Angaben berufe, überzeuge dies nicht. Es sei weder verboten, mehrere gleichartige elektronische Geräte zu erwerben, noch könne von einem günstigen Geschäftsabschluss zwangsläufig auf die Unrechtmäßigkeit dieses Geschäftsabschlusses oder dessen Nichtvorliegen geschlossen werden. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass der Erwerb mehrerer gleichartiger elektronischer Geräte zu einem deutlich günstigeren Preis führe. Es bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung, eine Rechnung vorzulegen. Die Darstellung des Beklagten reduziere sich daher letztlich auf die „polizeilichen Vorerkenntnisse“ über den Kläger. Doch auch hier erschließe sich nicht, warum Vorfälle wie Sachbeschädigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis oder Beleidigung dazu führen sollten, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB widerlegt sei, umso mehr, als diese Vorfälle ganz überwiegend mehrere bis viele Jahre zurücklägen. Außerdem verletze die Sicherstellung das Gebot der Verhältnismäßigkeit, da keine Anhaltspunkte für die Berechtigung Dritter vorlägen und die Geräte zwischenzeitlich bereits erheblich an Wert verloren hätten.

Dazu nahm der Beklagte mit Schreiben vom ... Juni 2014 dahingehend Stellung, dass nach der Rechtsprechung eine Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht ausschließe. Die in diesem Rahmen anzustellende Prognose setze keine strafgerichtliche Verurteilung voraus, nicht einmal ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Die zitierte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes habe die Sicherstellung von Geld betroffen, das anders als andere Gegenstände regelmäßig nicht individualisierbar sei. Gegen das Eigentum des Klägers spreche nicht nur die große Anzahl originalverpackter Geräte, sondern auch, dass er bezüglich der Herkunft keine glaubhaften Angaben habe machen können. Die originalverpackten iPads seien im Rahmen eines Lieferwegs- bzw. Lagerdiebstahls bei einer Firma ... GmbH in ... verschwunden. Bezüglich der iPhones sei anzuführen, dass die wahren Berechtigten keine Anzeige erstattet hätten, so dass die Geräte nicht in der Sachfahndungsdatei der Polizei eingestellt seien. Einschlägige polizeiliche Vorbelastungen seien bei der Bewertung unzweifelhaft zu berücksichtigen. Die umfassende Darstellung aller Erkenntnisse über den Kläger sei deshalb erfolgt, weil aus ihnen deutlich hervorgehe, dass polizeiliche Ermittlungen und Strafverfahren mit Verurteilungen den Kläger nicht abschreckten, weiterhin Straftaten zu begehen. Er sei seit 1990 in vielen strafrechtlichen Bereichen wiederholt in Erscheinung getreten. Dass er zwischen 2007 und der Personenkontrolle 2011 nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, streite nicht für den Kläger. Dies sei auch zwischen 1994 und 2000 schon einmal der Fall gewesen. Kurze Zeit nach Erlass des Sicherstellungsbescheides sei gegen den Kläger erneut ein Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei (248 Js 198161/12) eingeleitet worden. Er stehe im Verdacht, mehrmals Mobiltelefone betrügerisch erlangt zu haben. Am ... Oktober 2013 sei ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Betrugs eingeleitet worden (233 Js 213219/13). Im Rahmen einer Polizeikontrolle von vier Männern sei bei einem von ihnen ein zur Fahndung ausgeschriebenes Mobiltelefon, iPhone 5, festgestellt worden. Der Beschuldigte habe angegeben, das Handy vor einigen Monaten über E-Bay-Kleinanzeigen vom Kläger erhalten zu haben. Dieser wiederum habe angegeben, das Handy auf einem Flohmarkt in ... erworben zu haben. Das Verfahren sei eingestellt worden.

Am ... Juli 2014 legte der Beklagte weitere Akten vor, aus denen hervorgeht, dass die Firma ... GmbH als Warenlieferant der Firma ... die Daten der beim Kläger sichergestellten Apple iPads mittlerweile bestimmten Kunden zuordnen konnte. Nach Einschätzung der Polizei sind die in den Rechnungen der Firma ... angegebenen Wohnadressen der jeweiligen Empfänger nicht mit den Örtlichkeiten der Packstationen stimmig. Kein Kunde würde eine mehrstündige Fahrzeit für den Empfang einer Bestellung akzeptieren. Für vier Kunden hätten Datensätze festgestellt werden können, die auf Computerbetrug mittels Ausspähens von Kreditkartendaten und Hackens von Packstationsdaten, Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten und andere Straftaten im Zeitraum von November und Dezember 2011 hinwiesen. Als Geschädigte werden in den Formularen teilweise die Emittenten der Kreditkarten, Privatpersonen oder die Firma ... bezeichnet.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2015 wurde streitig zur Sache verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, soweit der Kläger einen Herausgabeanspruch zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts geltend macht, im Übrigen unbegründet.

Im maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (OVG NW, B. v. 11. August 2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 26 f. m. w. N.; OVG Bremen, U. v. 24. Juni 2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 25 a.E.; vgl. auch BayVGH, B. v. 18. Oktober 2010 - 10 C 10.2104, 10 CS 110 CS 10.2099 - juris Rn. 22, B. v. 7. Dezember 2009 - 10 ZB 09.1354 - juris Rn. 15 u. U. v. 16. Januar 2001 - 24 B 99.1571 - juris Rn. 28) war der angefochtene Bescheid vom ... Juni 2013 rechtmäßig, so dass der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei der gegen die polizeiliche Sicherstellung statthaften Anfechtungsklage ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nach obergerichtlicher Rechtsprechung im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich (vgl. BVerwG, B. v. 4. Juli 2006 - 5 B 90/05 - juris Rn. 6). Nachdem Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG bei späterem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen einen eigenständigen Herausgabeanspruch normiert (vgl. Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 3. Aufl. 2014, Art. 28 PAG Rn. 10), besteht kein Bedürfnis, diesen Zeitpunkt auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu verlagern. In der Jahresmitte 2013 lagen die Voraussetzungen für die Sicherstellung noch vor, da hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Gegenstände ihrem Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer abhandengekommen waren. Somit kann der Kläger sein Herausgabebegehren nicht auf den Folgenbeseitigungsanspruch gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sondern nur auf den im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machenden Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG stützen (Schmidbauer/Steiner, a. a. O., Art. 28 PAG Rn. 10; vgl. auch BayVGH. U. v. 1. Dezember 2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 23).

1. Nach Art. 25 Nr. 2 PAG kann die Polizei eine Sache - hier sechzehn iPads und vier Mobiltelefone - sicherstellen, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Eigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt die Sache verliert. Davon durfte der Beklagte bei Sicherstellung der Gegenstände ausgehen. Die vom Kläger zur Herkunft der iPads gemachten Angaben waren unglaubhaft. Er hat gegenüber den Polizeibeamten im ...-bahnhof zunächst falsche Angaben darüber gemacht, was er mit sich führte, und dann behauptet, er habe die vierzehn mitgeführten iPads in einem Laden in ... gekauft, nachfolgend dem widersprechend, er habe sie von einem Bekannten gekauft. Weiter waren die Umstände, unter denen der Kläger die iPads erworben hat, dubios. Zunächst konnte er nicht den Namen des Verkäufers, angeblich eines Bekannten, nennen, dann behauptete er, dessen Vorname laute „...“, er habe ihn über eine Ebay-Kleinanzeige kennen gelernt, Belege über die Kontaktanbahnung gebe es nicht, „...“ telefoniere nur mit unterdrückter Nummer. Die Herkunft der originalverpackten iPads erklärte der Kläger nicht nachvollziehbar damit, dass „...“ „Verbindungen nach Kambodscha“ habe. Er erwarb sie zu einem äußerst niedrigen Preis. All dies hätte bereits das Misstrauen eines redlichen Erwerbers wecken müssen. Dessen ungeachtet ließ sich der Kläger keine Rechnung über das Geschäft ausstellen, sondern wickelte es anonym vor einem Pkw ab. Ferner gab er der Wahrheit zuwider an, in seiner Wohnung befänden sich keine weiteren originalverpackten iPads oder neuwertigen elektronischen Geräte, was durch die anschließende Wohnungsdurchsuchung widerlegt wurde. Aus den Umständen, insbesondere der großen Anzahl originalverpackter Geräte, der teils falschen, teils widersprüchlichen oder unglaubhaften Angaben des Klägers zur Herkunft der sichergestellten Gegenstände, ihres niedrigen Kaufpreises und der Häufigkeit, mit der der Kläger polizeilich bzw. strafrechtlich in Erscheinung getreten war sowie der einschlägigen Verurteilung vom ... November 2007 zu einer nicht unerheblichen Geldstrafe von 150 Tagessätzen, durfte ein verständiger Polizeibeamter schließen, dass die iPads deliktischer Herkunft waren und dem wahren Berechtigten im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB abhandengekommen waren, somit der Kläger nicht ihr rechtmäßiger Besitzer war, und dass es zu befürchten stand, dass die Gegenstände bei einem Nichteinschreiten der Polizei dem wahren Berechtigten dauerhaft entzogen würden. Damit war die für das Eigentum des Klägers sprechende Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB erschüttert (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB). Für die Widerlegung dieser gesetzlichen Vermutung reichen nach obergerichtlicher Rechtsprechung Indizien und Erfahrungssätze aus, sofern sie mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers weniger wahrscheinlich erscheinen lassen als das Eigentum eines Dritten oder die vom Besitzer behaupteten Erwerbstatsachen widerlegen (BGH, U. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - juris Rn. 16; BVerwG, U. v. 24. April 2002 - 8 C 9.01 - juris Rn. 15; OVG NW, U. v. 11. August 2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 29 ff.; BayVGH, B. v. 19. November 2010, a. a. O., Rn. 11). Da sich bis zum Erlass des Sicherstellungsbescheides nicht hatte ermitteln lassen, ob der Fa. ... oder sonstigen Personen ein Schaden entstanden ist, bestand die Sachlage bis zu diesem Zeitpunkt unverändert fort.

Ferner war die Eigentumsvermutung auch bezüglich der vier Mobiltelefone erschüttert. Ihre Anzahl sprach gegen die Deckung eines persönlichen Bedarfs. Weiter sind sie mit Ausnahme des Telefons der Marke Samsung von der Herstellerfirma anderen Inhabern zugeordnet worden. Der Kläger hat keinerlei Angaben zu ihrer Herkunft gemacht und keinen einzigen Beleg hierzu beigebracht, was im Hinblick auf die strafrechtlichen Ermittlungen wegen der iPads und den gegen ihn bestehenden dringenden Verdacht des Diebstahls bzw. der Hehlerei elektronischer Geräte angezeigt gewesen wäre. Bis zum Erlass des Sicherstellungsbescheides hat die Polizei in keinem Fall ermittelt können, dass und wie der Kläger in den Besitz der Telefone gelangt ist. Damit aber war das Eigentum Dritter wesentlich wahrscheinlicher als das seine.

Dass die auf Diebstahl bzw. Hehlerei hinweisenden Erkenntnisse sich nachträglich nicht erhärtet haben, sondern dass weitere Ermittlungen aktuell eine anderweitige deliktische Herkunft nahelegen (siehe dazu 2.) ist im Hinblick auf die konkrete Gefahrenlage im Sommer 2013 unschädlich.

2. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hat der Kläger allerdings gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG einen Anspruch darauf, dass ihm die sichergestellten Gegenstände herausgegeben werden. Nach dieser Bestimmung sind die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Letzteres ist der Fall.

Was die iPads anlangt, sind sie den nachträglichen Ermittlungsergebnissen zufolge der Lieferfirma ... GmbH nicht durch Diebstahl oder Unterschlagung im Sinne von § 935 BGB abhandengekommen, sondern aufgrund eines Computerbetrugs gem. § 263 a StGB freiwillig ausgeliefert worden. Da eine durch Betrug erwirkte Übergabe einer Sache den Eigentumsübergang in der Regel nicht ausschließt, ist die für den Kläger sprechende Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht hinreichend erschüttert. Die Ausnahmeregelung des § 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Vermutung nicht gegenüber einem früheren Besitzer, dem die Sache abhanden gekommen ist, gilt, greift nicht. Somit kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger aufgrund der Umstände beim Erwerb der vierzehn iPads insoweit als bösgläubig im Sinne von § 932 BGB anzusehen wäre und ggf. mit bedingtem Vorsatz (dazu BGH, B. v. 13. November 2012 - 3 StR 364/12 - juris Rn. 5) hinsichtlich einer - ihm jedoch nicht nachgewiesenen - Hehlerei gehandelt hätte.

Nach den jüngsten Ermittlungen stellt sich der Geschehensablauf so dar, dass der Fa. ..., einem Kreditkartenemittenten oder einer Privatperson ein Vermögenschaden dadurch entstanden ist, dass das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch die unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflusst worden ist (§ 263 a 3. oder 4. Alt. StGB). Die Auslieferung der iPads ist aufgrund Zahlung mittels ausgespähter Kreditkarten erwirkt worden, was je nach Einzelfall zu einem Vermögensschaden bei dem Kontoinhaber, dem Kreditkartenaussteller oder dem rückbelasteten Lieferanten führen kann. Die Geschädigten konnten nicht ermittelt werden, u. a. deshalb, weil die Fa. ... insolvenzbedingt polizeiliche Anfragen nicht beantwortet hat. Zur Verschleierung wurden die Geräte an fern vom Wohnort der Empfänger liegende Packstationen versandt.

Die Voraussetzungen für die Sicherstellung sind aber auch deshalb weggefallen, weil mittlerweile der Zeitablauf sowie der Umstand, dass keiner der ermittelten, durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützten potentiellen Berechtigten seine Rechte geltend gemacht hat, dafür sprechen, dass sie kein Interesse an der Wiedererlangung der Gegenstände haben oder dass ein anderweitiger Berechtigter endgültig nicht mehr zu ermitteln ist. In so einem Fall ist für die Aufrechterhaltung der Sicherstellung gem. Art. 25 Nr. 2 PAG kein Raum mehr. Denn die Polizei schützt nach Art. 2 Abs. 2 PAG Rechte Privater nur unter der Voraussetzung, dass gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. BayVGH, B. v. 17. März 2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Im Rahmen der Ermessensausübung ist der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten maßgebend (vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, Art. 25 Rn. 21). Ferner fehlt es an der Verhältnismäßigkeit. Nach Art. 4 Abs. 3 PAG ist eine Maßnahme nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.

Allein der zu vermutende deliktische Ursprung der Gegenstände reicht für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht aus. Ihre Rechtmäßigkeit wird zwar grundsätzlich nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolgt, noch unbekannt ist. Insoweit genügt, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht auszuschließen ist. In diesem Fall dient die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor dem Verlust seines Eigentums. Davon kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Firma, die die iPads ausgeliefert hat, hat ihr Eigentum freiwillig aufgegeben und mangels Schadens auch keine anderweitigen Ansprüche gegenüber dem Kläger. Ansprüche der Firma ... gegen den Kläger zeichnen sich aufgrund der vorhandenen Erkenntnisse ebenfalls nicht ansatzweise ab. Ein anderweitiger Berechtigter des Samsung Mobiltelefon war nicht zu ermitteln; die potentiellen Berechtigten an den iPhones haben ihre Berechtigung geleugnet oder kein Interesse an der Wiedererlangung des Telefons gezeigt.

Dem Herausgabebegehren lässt sich nicht entgegenhalten, dass im Rückschluss aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG davon auszugehen sei, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur an einen Berechtigten herausgegeben werden dürfe (vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, Art. 28 Rn. 3). Zunächst spricht wie dargelegt vieles dafür, dass der Kläger sachenrechtlich als Berechtigter anzusehen ist, auch wenn er die Gegenstände möglicherweise unmittelbar von einem Betrüger erworben hat. Ausreichende Indizien, die die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB widerlegen, sind aus heutiger Sicht gerade nicht vorhanden. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Satz geprägt hat, eine Herausgabe an den Dieb oder Hehler sei ausgeschlossen, ist er davon ausgegangen, dass - anders als hier - die Sache abhandengekommen oder der Besitz sonst unrechtmäßig ist (vgl. BayVGH, B. v. 19. November 2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20; ebenso Schmidbauer/Steiner, a. a. O., Art. 28 PAG Rn. 12, der Eigentum, rechtmäßigen Besitz oder ein sonstiges Recht an der Sache, wie z. B. ein Pfandrecht, voraussetzt). Hiervon ist ersichtlich auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - nicht entscheidungserheblich - in Bezug genommenen Beschluss vom 11. August 2010 (- 5 A 298/09 - juris Rn. 45) ausgegangen, in dem es ein derartiges Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich qualifiziert hat. Im Übrigen mag eine Rolle gespielt haben, dass in beiden Entscheidungen die Voraussetzungen für die Sicherstellung im Entscheidungszeitpunkt noch vorlagen. Nicht entschieden worden ist hingegen die Frage, wie es sich bei dem Herausgabeverlangen eines mutmaßlichen Hehlers handelt, wenn es sich bei der Vortat um einen Betrug oder eine sonstige Straftat handelt, die dem Eigentumserwerb des Hehlers nicht entgegensteht (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 259 Rn. 2).

Die Kammer ist der Auffassung, dass in solchen Fällen eine dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG nicht in Betracht kommt. Dies sowie die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat ist Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) und hat in §§ 73 ff. StGB eine abschließende Regelung gefunden (vgl. OVG Bremen, U. v. 24. Juni 2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 26; Anschluss VG München im U. v. 10. Dezember 2014 - M 7 K 12.4367 - unveröffentlicht). Der erweiterte Verfall (§ 73 d StGB) ermöglicht es dem Strafgericht, den Verfall für Gegenstände eines Täters anzuordnen, wenn Umstände die Annahme rechtfertigen, dass diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind (OVG Bremen, a. a. O.). Mit dem erweiterten Verfall werden präventive Ziele dahingehend verfolgt, dass verhindert werden soll, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (BVerfG, B. v. 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95 - juris Rn. 70). Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; dies soll durch die Gewinnabschöpfung verhindert werden (BVerfG, a. a. O. Rn. 70). Zugleich sollen Anreize für gewinnorientierte Delikte reduziert werden (BVerfG, a. a. O. Rn. 72 ff.). Neben den geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung ist eine präventivpolizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig (OVG Bremen, a. a. O. Rn. 46 m. w. N., u. a. auf BVerfG, U. v. 20. März 2002 - 2 BvR 794/95 - juris, das die Vorschriften über die Vermögensstrafe, die keinen Beweis für die deliktische Herkunft der betroffenen Vermögensgegenstände vorsahen, für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat).

Da die iPads und die Mobiltelefone beim Kläger sichergestellt worden sind und ein anderweitiger Berechtigter nicht ersichtlich ist, sind sie nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auch an ihn wieder herauszugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Herausgabe von sichergestellten Schmuckstücken.

Am 24. Mai 2007 wurde die Wohnung des Klägers, der seit 1977 gewerblich als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Flohmarkthändler tätig war, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Raubes und Wohnungseinbrüchen durchsucht und dabei unter anderem eine große Menge Schmuck aufgefunden, der zum Teil beschlagnahmt wurde. Daneben wurden eine halbautomatische Pistole mit eingeführtem Magazin, ein ebenfalls geladener Trommelrevolver und verschiedene Munition gefunden. Nachfolgend wurde gegen den Kläger wegen gewerbsmäßiger Hehlerei und unerlaubten Waffen- und Munitionsbesitzes ermittelt und er mit Urteil des Amtsgerichts München vom 7. Oktober 2008 wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren wegen Hehlerei wurde im Hinblick auf die wegen unerlaubten Waffenbesitzes verhängte Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO unter der Auflage eingestellt, an eine Geschädigte einen Geldbetrag von 2.500,- Euro zu leisten.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 stellte das Kriminalfachdezernat 3 die am 24. Mai 2007 anlässlich der Durchsuchung der klägerischen Wohnung beschlagnahmten Schmuckgegenstände im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG sicher. In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass der Kläger teilweise als Hehler für eine überwiegend in München lebende, aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Einbrecher- und Räuberbande fungiert habe. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung im Mai 2007 sei eine große Menge Schmuck beschlagnahmt worden, der in verschiedenen Taschen von Kleidungsstücken, zwischen der Wäsche, in einer Aktentasche, im Keller und in einem Verkaufsanhänger aufgefunden worden sei, außerdem Bargeld. Bisher hätten fünf Schmuckstücke zugeordnet bzw. durch Geschädigte identifiziert werden können. Eine goldene Damenarmbanduhr stamme aus einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999 in Düsseldorf; die im Sicherstellungsverzeichnis unter Nummern 2 bis 5 beschriebenen Schmuckstücke stammten aus einem Wohnungsraub vom 9. Juni 2006 in München. Der Kläger habe bei seiner Vernehmung am 24. Mai 2007 zunächst den ihn belastenden Aussagen der dieser Tat Beschuldigten widersprochen und angegeben, diese nicht zu kennen, am 23. Oktober 2007 indes eingeräumt, vier Schmuckstücke, die nachweislich aus einem Wohnungsraub stammten, von dem Beschuldigten Z. erworben zu haben. Die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB sei widerlegt durch die Angaben der beiden Beschuldigten - einer von ihnen sei mittlerweile zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden - und den Umstand, dass der Kläger weder Eigentumsnachweise habe vorlegen können noch glaubhafte Angaben zur Herkunft des Schmuckes habe machen können. Es sei nicht erforderlich, dass der rechtmäßige Eigentümer oder Besitzer bekannt sei.

Diesen Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 19. März 2009 vor dem Verwaltungsgericht anfechten (M 7 K 09.1188), mit der Begründung, er sei - mit Ausnahme der im Bescheid unter Nummern 1 bis 5 bezeichneten Gegenstände - Eigentümer der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände. Es handele sich um Familienschmuck mit hohem materiellem und ideellem Wert bzw. um Schmuck, den der Kläger in Ausübung seines Gewerbes als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Schmuck sowie Flohmarkthändler rechtmäßig erworben habe. Für den Kläger spreche die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB, die auch nicht durch die Angaben der Beschuldigten widerlegt werde. Allenfalls für die aus einem Wohnungsraub stammenden Schmuckstücke Nummern 2 bis 5 könne die Vermutung widerlegt sein. Nicht der Kläger sei verpflichtet, sein Eigentum im Einzelnen nachzuweisen. Dies obliege vielmehr der Polizei, die jedoch seit der Beschlagnahme im Mai 2007 keine Geschädigten habe ermitteln können. Wenn die Staatsanwaltschaft den Vorwurf hätte nachwiesen können, wäre es nicht zu Einstellung des Strafverfahrens wegen Hehlerei gemäß § 154 StPO gekommen. Im Übrigen sei die Sicherstellung knapp zwei Jahre nach der Beschlagnahme unverhältnismäßig.

In der (ersten) mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2010 erklärte der Beklagte, eine Anzahl der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände an den Kläger aushändigen zu wollen; insoweit wurde die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Änderungsbescheid vom 6. August 2010 änderte das Kriminalfachdezernat 3 den Bescheid vom 17. Februar 2009 dahin ab, dass die Sicherstellung der im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007 unter Nr. 12 sowie Nrn. 32.4 bis durchgehend 34.16 aufgeführten Gegenstände aufgehoben wurde.

Mit Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) stellte das Gericht das Verfahren ein, soweit die Beteiligten die Streitsache für erledigt erklärt hatten, und wies die Klage im Übrigen ab.

Rechtsgrundlage der Sicherstellung sei Art. 25 Nr. 2 PAG. Dessen Voraussetzungen seien bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung erfüllt gewesen. Aufgrund der Indizienlage sei das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum an den in seinem unmittelbaren Besitz befindlichen Gegenständen gewesen. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift als widerlegt und der Kläger nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. An dieser polizeilichen Einschätzung sei unter Berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung festzuhalten.

Gegen das Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.

Eine zwischen dem 30. Juni und 12. August 2011 ausgehängte öffentliche Bekanntmachung des Polizeipräsidiums München, mit der die tatsächlichen Eigentümer der Schmuckstücke aufgefordert wurden, die ihnen gehörenden Gegenstände abzuholen, blieb ohne Erfolg.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 1. Februar 2012 und 11. Juli 2013 ließ der Kläger beim Kriminalfachdezernat 3 die Aufhebung der Sicherstellung und die Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 28 Abs. 1 PAG bzw. die Freigabe der sichergestellten Schmuckstücke beantragen.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 hörte das Kriminalfachdezernat 3 den Kläger zu der beabsichtigten Verwertung der Schmuckstücke an. Durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19. Februar 2014 und 14. März 2014 widersprach der Kläger dieser Absicht.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 ordnete das Kriminalfachdezernat 3 bezüglich der am 24. Mai 2007 beschlagnahmten und mittels Bescheid vom 17. Februar 2009 in Verbindung mit dem Abänderungsbescheid vom 6. August 2010 sichergestellten Schmuckgegenstände (aufgeführt im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007) die Verwertung dieser sich noch in amtlicher Verwahrung befindlichen Schmuckstücke an. In den Gründen ist angegeben, eine Herausgabe der sichergestellten Gegenstände komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Sicherstellung seien nicht entfallen und es sei keineswegs eine „Verfestigung“ der Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB zugunsten des Klägers erfolgt. Es bestehe keine Herausgabepflicht der Polizei hinsichtlich der sichergestellten Sachen nach Art. 28 Abs. 1 PAG. Zum einen sei der Zweck der polizeilichen Sicherstellung der betreffenden Gegenstände - der Schutz privater Rechte - nicht dadurch entfallen, dass ein berechtigter Dritter bisher nicht ermittelt werden konnte. Zum anderen bestehe die Herausgabepflicht der Polizei nach Art. 28 Abs. 1 PAG nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer sei somit ausgeschlossen (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707). Auch bei Erfolglosigkeit weiterer Ermittlungen zu den Eigentümern der sichergestellten Sachen sei nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen. Vielmehr dauere der Schutzzweck der Sicherstellung fort, weil es dem mutmaßlichen Willen des unbekannt bleibenden Geschädigten entspreche, einen zu seinem Nachteil eingetretenen Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden (OVG NW, B. v. 12.7.2007 - 5 A 1056/06). Rechtsgrundlage für die Anordnung der Verwertung sei Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG. Nach der Feststellung des Verwaltungsgerichts sei aufgrund der Indizienlage das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift widerlegt, und der Kläger sei nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. Bei einer Herausgabe der Schmuckstücke an den Kläger würden die Voraussetzungen für die Sicherstellung erneut eintreten, womit diese gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ausgeschlossen sei. Die Verwertungsanordnung sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht.

Mit Urteil vom 8. April 2015 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Kriminalfachdezernats 3 vom 31. März 2014 auf und verpflichtete den Beklagten, die in der Anlage K 2 zur Klageschrift aufgeführten Schmuckgegenstände an den Kläger herauszugeben.

In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG könnten sichergestellte Sachen verwertet werden, wenn sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Jahresfrist, die mit der Sicherstellung am 19. Februar 2009 zu laufen begonnen habe, sei abgelaufen. Streitig sei allein, ob die Schmuckstücke nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Aus dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung sei zu schließen, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung im Zeitpunkt des Erlasses der Verwertungsanordnung noch vorliegen müssten.

Das Gericht gehe sowohl davon aus, dass der Kläger als Berechtigter im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen sei, als auch davon, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung bei Erlass der Verwertungsanordnung entfallen gewesen seien.

Nach dem Vollzugshinweis zum Polizeiaufgabengesetz Nr. 27.3 sei Berechtigter jeder, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Davon, dass dem Kläger ein derartiges Recht zustehe, sei das Gericht aus den im Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) bereits dargelegten Gründen indes nicht überzeugt, vielmehr davon, dass er den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Allerdings könne er im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Herausgabeanspruch gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG geltend machen. Um einen Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG zu vermeiden - nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs -, sei nach Auffassung des Gerichts der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 auszulegen.

Danach seien die Sachen zunächst an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG), und nur, wenn dies nicht möglich ist, an eine andere Person (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG). Auch seien die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorliegend entfallen. Denn trotz der Bemühungen des Beklagten habe sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke gefunden (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB), der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, so dass davon auszugehen sei, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Damit sei für die Aufrechterhaltung der Sicherstellung gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG kein Raum mehr. Die Polizei schütze nach Art. 2 Abs. 2 PAG Rechte Privater nur unter der Voraussetzung, dass gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen sei und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Im Rahmen der Ermessensausübung sei der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten maßgebend. Ferner fehle es an der Verhältnismäßigkeit; nach Art. 4 Abs. 3 PAG sei eine Maßnahme nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht sei oder sich zeige, dass er nicht erreicht werden könne.

Allein der zu vermutende deliktische Ursprung der Gegenstände reiche für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht aus. Ihre Rechtmäßigkeit werde zwar grundsätzlich nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolge, noch unbekannt sei. Insoweit genüge, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht auszuschließen sei. In diesem Fall diene die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor dem Verlust seines Eigentums. Davon könne aber dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn aufgrund des Zeitablaufs und der behördlichen Bemühungen zur Ermittlung eines anderweitigen Berechtigten der Schmuckstücke ein solcher endgültig nicht zu ermitteln sei. Dem Herausgabebegehren lasse sich dann nicht entgegenhalten, dass im Rückschluss aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG davon auszugehen sei, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur an einen Berechtigten herausgegeben werden dürfe. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Satz geprägt habe, eine Herausgabe an den Dieb oder Hehler sei ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 10), sei er davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung im Entscheidungszeitpunkt noch vorgelegen hätten. Dasselbe gelte für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - nicht entscheidungserheblich - in Bezug genommenen Beschluss vom 11. August 2010 (5 A 298/09 - juris Rn. 45), in dem ein derartiges Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich qualifiziert worden sei. Die Kammer sei der Auffassung, dass bei Herausgabeverlangen eines mutmaßlichen Diebs oder Hehlers eine dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG nicht in Betracht komme. Dies sowie die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat sei Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) und habe in diesen Vorschriften eine abschließende Regelung gefunden. Neben diesen geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung sei eine präventivpolizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig. Vor diesem Hintergrund sei ein Herausgabeverlangen des von der Sicherstellung Betroffenen auch nicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Da die streitgegenständlichen Schmuckstücke beim Kläger sichergestellt worden seien und ausgeschlossen werden könne, dass sich noch ein anderweitiger Berechtigter finde, seien sie nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auch an ihn wieder herauszugeben. Damit aber hätten im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses die Voraussetzungen für eine Verwertungsanordnung nicht mehr vorgelegen, so dass diese aufzuheben gewesen sei.

Zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Berufung führt der Beklagte im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG lägen vor; die Sicherstellungsvoraussetzungen seien weiterhin gegeben. Das Verwaltungsgericht gehe zu Recht gerade nicht davon aus, dass dem Kläger ein Recht zum Besitz der Sachen zustehe, da es überzeugt sei, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Es verhalte sich aber widersprüchlich, wenn es annehme, der Kläger sei als Berechtigter im Sinn des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen, aber gleichzeitig davon überzeugt sei, dem Kläger stehe kein derartiges Recht zu. Soweit das Verwaltungsgericht dies mit einem zu vermeidenden Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG begründe, weshalb der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auszulegen sei, verstehe das Gericht den Begriff des Berechtigten über die eigentliche Definition hinausgehend. Hierfür gebe es jedoch weder eine rechtliche Grundlage noch bedürfe es einer erweiterten Auslegung; ein Wertungswiderspruch zwischen diesen Normen existiere nicht, der Begriff des Berechtigten sei in Art. 28 ebenso wie in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG auszulegen. Es sei vielmehr zu differenzieren zwischen dem von der Sicherstellung „Betroffenen“ und dem „Berechtigten“. Einen Herausgabeanspruch habe ein von der Sicherstellung „Betroffener“, bei dem die Sache sichergestellt wurde, nur dann, wenn er auch „Berechtigter“ sei. Dies ergebe sich aus dem Sinn und zugleich aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aus der dem Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG zugrundeliegenden Logik und aus dem systematischen Zusammenhang des Art. 28 Abs. 1 PAG mit Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 (und 5) sowie Abs. 2 PAG. Dem Betroffenen im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG müsse ein Recht an der Sache zustehen, er dürfe gerade nicht den Besitz durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt haben (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20). Zwar bleibe in dieser Entscheidung die Frage offen, ab welchem Zeitpunkt ein Berechtigter endgültig nicht mehr ermittelt werden könne. Jedoch sei nicht nachvollziehbar, warum sich an dieser Auslegung allein aus Gründen des Zeitablauf etwas ändern sollte. Diese Argumentation finde auch weitere Unterstützung in der Rechtsprechung. Es bedürfe somit für den Begriff des Berechtigten im Sinn des Herausgabeanspruchs nach Art. 28 keiner anderen Definition als im Art. 27 PAG. Berechtigter im Sinn beider Vorschriften sei der, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Eigentum und Recht zum Besitz an den sichergestellten Gegenständen habe das Verwaltungsgericht aber in Bezug auf den Kläger eindeutig und fehlerfrei verneint.

Die Voraussetzungen der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG würden zudem bei Herausgabe an den Kläger erneut eintreten und seien nicht entfallen. Das Vorliegen der Sicherstellungsvoraussetzungen nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei zunächst rechtskräftig mitUrteil vom 16. November 2011 (M 7 K 09.1188) für den damaligen Zeitpunkt festgestellt worden. Notwendig für den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen sei regelmäßig eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhalts. Allein das zeitliche Moment stelle insoweit noch keine ausreichende Änderung dar. Aus dem Umstand, dass bislang keine weiteren tatsächlichen Eigentümer oder sonst Berechtigte hätten ermittelt werden können, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Unzweifelhaft bestünden noch - nicht ermittelte - Berechtigte, deren Eigentum bzw. Besitzrecht durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützt werden könne. So gehe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nicht weggefallen seien, solange die Eigentumsfrage nicht geklärt sei.

Die polizeiliche Sicherstellung einer Sache zum Eigentumsschutz nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 766 ff. BGB) gerechtfertigt, wenn diese dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspreche. Bei einem Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludenten Willensäußerung entscheide der mutmaßliche Wille und mangels Anhaltpunkten hierfür der Wille, der dem Interesse des Berechtigten entspreche. Der mutmaßliche Wille sei nicht derjenige, den der Geschäftsführer subjektiv annehme, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme geäußert haben würde. Mit der Unverbrüchlichkeit und Gerechtigkeit der Rechtsordnung sei es nicht zu vereinbaren, dass eine Rückgabe der Gegenstände an denjenigen erfolge, der sie unrechtmäßig erworben habe. Vielmehr sei es sachgerecht, dass in dem Fall, dass der wahre Eigentümer/Berechtigte einer Sache nicht mehr zu ermitteln sei, eine Verwertung der Sache zu erfolgen habe. Diese Auffassung entspreche auch dem mutmaßlichen Willen bzw. dem Interesse des wahren Eigentümers/Berechtigten.

Die Verwertungsanordnung sei auch nach Art. 4 PAG geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Begriff der „Präventiven Gewinnabschöpfung“ passe in Konstellationen wie der vorliegenden nicht. Zielrichtung der Aufrechterhaltung der Sicherstellung statt der Herausgabe sei nicht, etwas beim Kläger abzuschöpfen, sondern eine Perpetuierung einer feststehenden Rechtsgutsverletzung beim wahren Eigentümer zu vermeiden. Aus der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Freistaats Bayern für präventivpolizeiliche Maßnahmen folge, dass die Vorschriften der bundesgesetzlichen §§ 73 ff. StGB keine Sperrwirkung gegenüber dem PAG entfalten könnten.

Der Beklagte stellt den Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei rechtmäßig, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe der noch sichergestellten Schmuckstücke zu.

Der Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG habe Vorrang gegenüber einer Verwertung nach Art. 27 PAG. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien weggefallen. Das Verwaltungsgericht habe richtig festgestellt, dass trotz der Bemühungen des Beklagten sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke, der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, gefunden habe. Es sei daher davon auszugehen, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne.

Auch die Herausgabe an den Kläger sei möglich. Er sei sowohl Betroffener als auch Berechtigter. Der Beklagte habe bisher nicht nachweisen können, dass eine Drittberechtigung anderer Personen vorliegen könne. Die Feststellungslast trage der Beklagte. Der Kläger sei Eigentümer der sichergestellten Gegenstände (mit Ausnahme der seinerzeit unter Nrn. 1 bis 5 des Sicherstellungsverzeichnisses aufgeführten Gegenstände). Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) ändere daran nichts. Damals sei die Eigentumslage noch nicht geklärt gewesen. Jetzt handele es sich um die Herausgabe der damals sichergestellten Gegenstände nach über sechs Jahren. Es habe kein wahrer Eigentümer der Schmuckstücke ermittelt werden können. Nach alldem stehe nach jetziger Sachlage fest, dass der Kläger der wahre Eigentümer der streitgegenständlichen sichergestellten Schmuckstücke sei. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB sei nach jetziger Sach- und Rechtslage gegeben. Es sei nämlich nicht erwiesen, dass die sichergestellten Schmuckstücke gestohlen worden, verloren gegangen oder einem sonstigen früheren Besitzer abhanden gekommen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 ist begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände gegen den Beklagten zu (1.), und durch die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckgegenstände wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (2.). Daher war das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Die Klage auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände ist zulässig, aber unbegründet.

1.1 Die Klage ist zulässig. Da aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) feststeht, dass die Sicherstellung der streitgegenständlichen Schmuckstücke jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Maßnahme rechtmäßig war, kann der Kläger nicht mehr im Wege einer Anfechtungsklage gegen die Sicherstellungsverfügung deren Aufhebung (ex tunc) und unter Anwendung des in § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO enthaltenen Folgenbeseitigungsanspruchs die Herausgabe verlangen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 10). Er hat daher zu Recht eine allgemeine Leistungsklage erhoben (Schmidbauer/Steiner, a. a. O.; allgemein Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2016, § 42 Rn. 150). Unschädlich ist, dass das Verwaltungsgericht die Klage insoweit (offenbar) als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) angesehen hat (vgl. UA S. 8 mit dem Verweis auf § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); Zulässigkeitsbedenken wären im Übrigen auch in diesem Fall nicht erkennbar.

1.2. Die Klage ist nicht begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Herausgabe der streitgegenständlichen Schmuckstücke hat.

a) Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ist die Herausgabe jedoch ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für die Sicherstellung eintreten würden.

b) Die begehrte Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke an den Kläger kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen der Sicherstellung noch nicht weggefallen sind und weil der Kläger auch kein Berechtigter im Sinn dieser Vorschrift ist.

Die Sicherstellung der Schmuckstücke durch Bescheid vom 17. Februar 2009 erfolgte auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG, um deren Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor deren Verlust zu schützen. Die Sicherstellungsverfügung wurde durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) für die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke bestätigt. Das Gericht hat dabei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB als widerlegt und den Kläger somit nicht als Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer der Schmuckstücke angesehen. Als Indizien für die Widerlegung der Eigentumsvermutung hat das Gericht damals die nachweisbare Herkunft eines Teils der aufgefundenen Schmuckstücke aus einem Raub bzw. Diebstahl, den Kontakt des Klägers zu den Tätern und deren Aussagen zum Kläger, das Missverhältnis des hohen Wertes der Schmuckstücke zur Einkommenssituation des Klägers, den Umstand, dass der Kläger keinerlei Herkunftsbelege gerade für die hochwertigen Stücke besaß, den Umstand, dass der Kläger zur Herkunft gar keine oder nur vage und widersprüchliche Angaben machen konnte, sowie die Auffindungssituation der Schmuckstücke herangezogen.

Die Rechtskraft des Urteils (§ 121 VwGO) vom 16. März 2011 muss sich der Kläger entgegenhalten lassen; damit steht fest, dass die angefochtene Sicherstellung nicht rechtswidrig erfolgte und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzte. Die dabei getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorgelegen haben, ist für die vorliegende Entscheidung präjudiziell (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 24; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand Oktober 2016, § 121 Rn. 19).

Insoweit sind seither auch keine Änderungen des Sachverhalts eingetreten, die den von der Rechtskraft erfassten Streitgegenstand verändern und den nachträglichen Wegfall der anfänglich vorliegenden Voraussetzungen für die Sicherstellung begründen würden (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 72; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: Oktober 2016, § 121 Rn. 54). Zu keinem der Gesichtspunkte, die im Urteil vom 16. März 2011 für die Überzeugung des Verwaltungsgerichts leitend waren, dass der Kläger nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer sei, hat der Kläger etwas vorgetragen, das die damalige Würdigung nunmehr in neuem Licht erscheinen lassen könnte, noch ist sonst etwas für eine dahingehende Änderung der Sach- und Rechtslage ersichtlich. Allein der Zeitablauf von (weiteren) fünf Jahren, ohne dass die Polizei seither (weitere) Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer der Schmuckstücke ausfindig machen konnte, rechtfertigt es nicht, nunmehr den Kläger trotz fortbestehender gegensätzlicher Indizienlage unter Heranziehung von § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß seiner bloßen Behauptung als Eigentümer anzusehen. Auch das Verwaltungsgericht war im Übrigen in der angefochtenen Entscheidung vom 8. April 2015 weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben hat (UA S. 9).

Nach Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) kann nicht, wie das Verwaltungsgericht annimmt, von einem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen ausgegangen werden, weil nicht mehr erwartet werden könne, in Bezug auf die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke einen Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer ausfindig zu machen. Es ist zunächst keineswegs ausgeschlossen, dass auch nach mehr als 9 Jahren noch ein solcher Berechtigter ermittelt werden kann. Insoweit hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass eine am 24. Mai 2007 beim Kläger aufgefundene goldene Armbanduhr einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999, also 8 Jahre vorher, zugeordnet werden konnte.

Solange jedoch somit die Eigentumsfrage nicht geklärt und der wahre Berechtigte gefunden ist, sind die Voraussetzungen der auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützten Sicherstellung nicht weggefallen, sie würden vielmehr bei einer Herausgabe an den Kläger wieder eintreten (BayVGH, B. v. 11.2.2009 - 10 CE 08.3393 - BayVBl 2009, 569, Rn. 16; ähnlich BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 18; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 7). Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach Art. 25 Nr. 2 PAG zum Schutz privater Rechte tätig wurde und ihr nach Art. 2 Abs. 2 PAG der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt. Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er bisher nicht als Berechtigter ermittelt worden ist bzw. ermittelt werden konnte (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 38 ff.; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 7).

Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen weggefallen sind, weil kein Eigentümer oder rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt, zu dessen Schutz gemäß Art. 25 Abs. 2 PAG die Sicherstellung erfolgt ist, mehr ermittelt werden kann, kann jedenfalls der Kläger nicht die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände an sich verlangen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG hält einer Überprüfung nicht stand.

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind die sichergestellten Sachen zwar grundsätzlich „an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind“. Jedoch besteht die Herausgabepflicht der Polizei nach richtigem Verständnis dieser Bestimmung nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer ist somit ausgeschlossen. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG regelt die Herausgabe der sichergestellten Sache nach der Beendigung des polizeilichen Gewahrsams und der amtlichen Verwahrung an den Betroffenen, dessen Rechte durch den hoheitlichen Eingriff der Sicherstellung beeinträchtigt wurden bzw. werden. Wie sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit Art. 27 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2 PAG ergibt, muss dem von der Sicherstellung Betroffenen für einen Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG ein Recht an der Sache zustehen, er muss „Berechtigter“ sein, also Eigentümer oder berechtigter Besitzer. Die Herausgabe an jemanden, der den Besitz an der Sache durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt hat, kann nach dieser Rechtsgrundlage nicht gefordert werden (so schon BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; ähnlich OVG Berlin-Bbg, B. v. 15.6.2016 - OVG 1 S 21.16 - juris Rn. 14; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 12; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz. Handkommentar, 20. Auflage 2010, Art. 28 Rn. 3; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 28 Rn. 9).

Der Umstand, dass die Polizei bisher trotz entsprechender Bemühungen keinen „Berechtigten“ für die streitgegenständlichen Schmuckstücke ausfindig machen konnte und dass dies (möglicherweise) endgültig nicht mehr möglich ist, führt nicht dazu, dass der Kläger, der zur vollen Überzeugung des Verwaltungsgerichts wie auch des erkennenden Senats nicht der Eigentümer oder berechtigte Besitzer ist, allein aus diesem Grund zum „Berechtigten“ wird. Dies hat auch nicht zur Folge - wie das Verwaltungsgericht meint - dazu, dass deswegen „endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden kann“ (UA S. 9), sondern lediglich dazu, dass die Identität des zu Schützenden unbekannt bleibt. Dass der Berechtigte (noch) nicht bekannt ist, steht jedoch einer Sicherstellung und deren Aufrechterhaltung grundsätzlich nicht entgegen (BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17; BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 15; teilw. noch offen lassend: BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris, Rn. 15; BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17).

Insoweit besteht auch kein Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG, „nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs“, wie das Verwaltungsgericht meint (UA. S. 9). Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG setzt nämlich gerade voraus, dass die sichergestellte Sache nicht herausgegeben werden kann, mithin dass die Sicherstellungsvoraussetzungen noch fortbestehen (Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 27 Rn. 6; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4). Entsteht ein Herausgabeanspruch erst nach der Verwertung, ist nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 PAG der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so ist der Erlös gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 PAG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Angesichts dieser gesetzlichen Regelungssystematik besteht kein Grund, einen Nicht-Berechtigten im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG doch als Berechtigten anzusehen, wenn ein „wahrer“ Berechtigter „endgültig“ nicht mehr ermittelt werden kann.

Im Übrigen ist das Herausgabeverlangen des Klägers auch rechtsmissbräuchlich. Da weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass er Eigentümer oder berechtigter Besitzers der sichergestellten Gegenstände ist, kann er sich zur Begründung seines Herausgabeverlangens nicht darauf berufen, dass ein Berechtigter bislang nicht ermittelt worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 46 ff.; OVG NW, B. v. 11.8.2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 45; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 9).

Diese Auslegung der Vorschriften der präventivpolizeilichen Sicherstellung steht auch nicht im Konflikt mit der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB, insbesondere dem erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. Zwar verfolgt auch diese Vorschrift einen präventiven Zweck: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (so BVerfG, B. v. 14.1.2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1, Rn. 70). § 73d StGB ermöglicht es, dem Betroffenen einen Teil seines Vermögens wegzunehmen, soweit es deliktisch erlangt worden ist, und zwar auch dann, wenn es der Betroffene zivilrechtlich wirksam erlangt hat (BVerfG, a. a. O., Rn. 71, 88). Der Grundsatz, sichergestellte Gegenstände nicht an einen Nicht-Berechtigten herausgeben, hat dagegen eine andere Zielrichtung: es wird damit verhindert, dass eine Person, die nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer ist, eine Sache allein deswegen (zurück-) erhält, weil der wahre Berechtigte nicht ausfindig gemacht werden konnte bzw. kann, und dass damit der nicht der Rechtsordnung entsprechende Zustand wiederhergestellt oder verlängert wird. Es wird damit nicht etwas bei einem Betroffenen „abgeschöpft“, sondern er erhält etwas nicht zurück, was ihm nicht zusteht. Die Regelung im Strafgesetzbuch „sperrt“ damit nicht eine entsprechende Regelung präventivpolizeilicher Eingriffsermächtigungen zur Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung aufgrund des landesrechtlichen Polizeiaufgabengesetzes. Bei der vom Kläger gerügten Anwendung dieser Bestimmungen in seinem Fall handelt es sich im Ergebnis letztlich ebenfalls um eine systemkonforme Auswirkung des „alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatzes, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist“ (BVerfG, a. a. O., Rn. 76).

2. Die Klage gegen die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke in dem Bescheid vom 31. März 2014 ist zulässig, aber unbegründet.

2.1 Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere liegt beim Kläger eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) vor, da der Bescheid an ihn gerichtet ist und er geltend macht, der Eigentümer der Schmuckstücke zu sein; die abschließende Bewertung der Eigentumslage ist Sache der Begründetheit.

2.2 Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil die Anordnung der Verwertung jedenfalls den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG ist die Verwertung einer sichergestellten Sache zulässig, wenn sie nach einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Vorschrift geht davon aus, dass die Sicherstellungsgründe fortbestehen, weil nur dann eine Herausgabe ausscheidet (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand Juni 2016, Art. 27 Rn. 6).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie oben dargelegt, können die sichergestellten Schmuckstücke nicht herausgegeben werden, weil der Kläger nicht Berechtigter ist und ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist. Da der Kläger nicht Berechtigter (Eigentümer oder berechtigter Besitzer) ist, kann er auch nicht eigenen Rechten verletzt sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2012 - VG 19 K 68.12 V - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. März 2013 - OVG 3 M 110.12 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg wird aufgehoben und die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in einem aufenthaltsrechtlichen Verfahren.

2

1. Der am 21. März 1976 geborene Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und reiste erstmals im Jahre 1999 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag blieb erfolglos. Er lebte seit dem Jahr 2001 in Bremen mit seiner Lebensgefährtin zusammen, die am 4. November 2001 ein Kind gebar. Am 30. März 2004 wurde ein zweites Kind ebenfalls in Bremen geboren. Für beide Kinder hat der Beschwerdeführer zwischenzeitlich die Vaterschaft anerkannt und mit seiner Lebensgefährtin die gemeinsame elterliche Sorgeerklärung abgegeben. Am 21. Februar 2005 wurde er aus dem Bundesgebiet abgeschoben. Zu diesem Zeitpunkt war seine Lebensgefährtin mit dem dritten Kind schwanger. Dieses wurde in Abwesenheit des Beschwerdeführers am 7. Juni 2005 geboren. Seine Lebensgefährtin ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Die Kinder verfügen über davon abgeleitete Aufenthaltserlaubnisse. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich nicht verurteilt worden.

3

2. Seit dem Jahre 2005 stellte er zahlreiche Visumsanträge bei der Deutschen Botschaft in Lagos, wobei auf Ermittlungsschreiben der Deutschen Botschaft vom 14. August 2007 und vom 20. Oktober 2008 das Oberlandesgericht mit Schreiben vom 7. Mai 2009 die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses erteilte. Mehrere Termine zur Eheschließung waren im Jahr 2009 und 2010 vor dem Standesamt in Bremen bestimmt. Die Ausländerbehörde Bremen stimmte der Visumserteilung nicht zu, so dass die Deutsche Botschaft in Lagos den Antrag auf Erteilung eines Einreisevisums zum Zwecke der Eheschließung ablehnte.

4

Am 12. März 2010 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Visumsantrag zur Familienzusammenführung gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG. Mit Bescheid vom 14. September 2011 lehnte die Deutsche Botschaft auch diesen Antrag ab, da der Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Die hiergegen gerichtete Remonstration des Beschwerdeführers wurde ebenfalls abgelehnt.

5

3. Am 14. Februar 2012 reichte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht eine beabsichtigte Klage ein und beantragte für diese die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

6

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12. Oktober 2012 ab. Zwar sei es möglich, für die beabsichtigte Klage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund des rechtzeitig gestellten, aber vor Ablauf der Klagefrist nicht entschiedenen Prozesskostenhilfeantrags zu gewähren. Ein Anspruch des Beschwerdeführers gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, der im Übrigen lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung begründe, scheitere jedoch, da keine außergewöhnliche Härte vorliege. Diese setze gegenüber einer besonderen Härte eine weitere Steigerung voraus, die nicht vorliege. Zwar sei es für die tägliche Betreuung und Versorgung der Kinder des Beschwerdeführers günstiger, wenn auch er bei ihnen lebe. Anhaltspunkte dafür, dass dies etwa zur Abwendung eines sonst drohenden Betreuungsnotstandes unerlässlich sei, bestünden aber nicht. Es bestünden auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Visumserteilung in hohem Maße aus Gründen des Kindeswohls geboten sei. Auch wenn die Kindesmutter einer Erwerbstätigkeit nachgehe, folge daraus nicht, dass die sieben, acht und fast elf Jahre alten Kinder, die der Schulpflicht unterlägen, unverzichtbar oder in bedeutsamen Umfang zu ihrer gedeihlichen Entwicklung des Beistandes ihres seit dem Jahre 2005 nicht mehr im Bundesgebiet aufhältigen Vaters zwingend bedürften. Die Führung einer familiären Lebensgemeinschaft erscheine auch in Nigeria möglich. Etwas anderes ergebe sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch aus Art. 8 EMRK. Auch ein Anspruch auf Visumserteilung zum Zweck der beabsichtigten Eheschließung und der anschließenden Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet komme nicht in Betracht. Zwar könne nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in begründeten Fällen eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen im Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die beabsichtigte Eheschließung sei solch ein Aufenthaltszweck. Es sei jedoch schon unklar, ob die entsprechenden besonderen Erteilungsvoraussetzungen vorlägen. Letztlich bedürfe dies jedoch keiner Entscheidung. Denn der Beschwerdeführer erfülle bereits die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraussetze, dass der Lebensunterhalt gesichert sei. Eine Ausnahme vom Regelerfordernis sei vorliegend nicht angezeigt. Atypische Umstände seien nicht gegeben.

7

4. Mit Beschluss vom 6. März 2013 wies das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zurück und lehnte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ab. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht das Bestehen einer außergewöhnlichen Härte verneint. Art. 6 GG gebiete auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen die Visumserteilung nicht bereits dann, wenn das Kindeswohl tangiert sei. Dies gelte vorliegend vor allem deshalb, weil dem Antragsteller und seinen Kindern die erstrebte Führung der familiären Lebensgemeinschaft in Nigeria, dessen Staatsangehörigkeit sie ebenso wie die Mutter der Kinder und Verlobte des Beschwerdeführers besäßen, möglich und zumutbar erscheine. Dem stehe nicht entgegen, dass die sämtlich in Deutschland geborenen Kinder, insbesondere die älteste, im Jahre 2001 geborene Tochter faktische Inländer seien. Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern führe dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilten. In aller Regel erscheine es einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern wieder zu verlassen und sich in dem Herkunftsland seiner Eltern zu integrieren. Es sei auch kein Visum zum Zwecke der Eheschließung zu erteilen. Die Verdienstbescheinigung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers weise für Januar 2013 einen Nettoverdienst von 1.319,82 € aus, der unbeschadet weiterer abzusetzender Beträge deutlich unter dem Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 SGB II für den Beschwerdeführer, seine Verlobte und die drei Kinder liege (1.553 €).

8

5. Der Beschwerdeführer hat am 5. April 2013 Verfassungsbeschwerde gegen die gerichtlichen Entscheidungen erhoben. Er rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 4 GG sowie eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Das Gebot der Rechtsschutzgleichheit sei verletzt, da die Gerichte an das Tatbestandsmerkmal der "hinreichenden Erfolgsaussicht" ersichtlich überspannte Anforderungen gestellt hätten. Die Gerichtsentscheidungen meinten, die im Bundesgebiet lebende Familie könne Deutschland verlassen. Die Kindesmutter sei jedoch seit ca. 17 Jahren im Bundesgebiet wohnhaft und im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Die Kinder hätten verfestigte Aufenthaltserlaubnisse und seien strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

9

Unabhängig hiervon verletzten die Entscheidungen Art. 6 GG. Die bei der Auslegung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der außergewöhnlichen Härte zu berücksichtigende wertentscheidende Grundnorm des Art. 6 Abs. 1 GG, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern habe, verpflichte in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht zur Berücksichtigung der familiären Bindung. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass es einem zwölfjährigen im Bundesgebiet geborenen und sehr gut integrierten Mädchen nicht mehr möglich sei, in das Heimatland der Eltern zurückzukehren. Es handele sich bei der Tochter um eine faktische Inländerin. Auch § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen. Selbst wenn der Lebensunterhalt nicht gesichert sei, hätte von diesem Regelerteilungsmerkmal abgesehen werden müssen. Hier liege ein atypischer Ausnahmefall aufgrund der Niederlassungserlaubnis der Kindesmutter sowie der deutschen Prägung der Kinder vor. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass die 2005 erfolgte Abschiebung des Beschwerdeführers wegen seiner Kinder mit berechtigtem Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet nicht hätte durchgeführt werden dürfen.

10

6. Die Akten des Ausgangsverfahrens und die Ausländerakte des Beschwerdeführers lagen dem Bundesverfassungsgericht vor. Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Berlin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

11

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts und der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

12

Das Recht auf effektiven und gleichen Rechtsschutz, das für die öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitet wird, gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 78, 104 <117 f.>; 81, 347 <357> m.w.N.). Es ist dabei verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Jedoch überschreiten die Fachgerichte ihren Entscheidungsspielraum, wenn sie die Anforderungen an das Vorliegen einer Erfolgsaussicht überspannen und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>). Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung in einem Verfahren, in dem sie anwaltlich vertreten sind, zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 57/13 -, juris, Rn. 10).

13

Nach diesen Maßstäben beruht die Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage auf Erteilung des Visums auf der Verkennung der verfassungsrechtlichen Anforderungen. Das Oberverwaltungsgericht hat schwierige Rechts- und Tatsachenfragen bereits im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden, indem es das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte in der vorliegenden Fallkonstellation allein mit der Erwägung verneint hat, dass es der Familie des Beschwerdeführers zumutbar sei, die Lebensgemeinschaft mit dem Beschwerdeführer im Herkunftsland zu führen. Es sei einem ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern wieder zu verlassen und sich in seinem Herkunftsland zu integrieren. Für besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigten, sei nichts ersichtlich. Mit dieser Begründung entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Prozesskostenhilfeverfahren über eine schwierige Rechts- und Tatsachenfrage zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden. Zwar ist der Begriff der außergewöhnlichen Härte dem Grunde nach in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit langem geklärt (vgl. schon zur Vorgängervorschrift BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 1997 - 1 B 236/96 -, juris, Rn. 8). Danach setzt eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG voraus, dass der schutzbedürftige Familienangehörige ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe dringend angewiesen ist, und dass diese Hilfe in zumutbarer Weise nur in Deutschland erbracht werden kann. Bei der Anwendung dieser Definition der außergewöhnlichen Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG ist jedoch der Einfluss von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK auf das deutsche Ausländerrecht zu beachten (vgl. hierzu Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 36 AufenthG Rn. 47). Ob demnach von einer außergewöhnlichen Härte auszugehen ist, kann nur unter Berücksichtigung aller im Einzelfall relevanten, auf die Notwendigkeit der Herstellung oder Erhaltung der Familiengemeinschaft bezogenen konkreten Umstände beantwortet werden (BVerwGE 147, 278 <282>).

14

Die danach aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben erforderliche Betrachtung des Einzelfalls kann in klar gelagerten Fällen ohne weiteres bei der Entscheidung über einen isolierten Antrag auf Prozesskostenhilfe erfolgen. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn bei objektiver Betrachtung ernstzunehmende Anhaltspunkte vorliegen, dass Art. 6 Abs. 1 GG die Erteilung eines Aufenthaltstitels gebieten könnte. Dann muss solchen Anhaltspunkten in einem Hauptsacheverfahren weiter nachgegangen werden. Ob solche Anhaltspunkte vorliegen, hat das erkennende Gericht unter gebührender Würdigung der betroffenen Grundrechte zu beurteilen. Der unbemittelte Verfahrensbeteiligte muss die Möglichkeit haben, sich in diesem Verfahren eines sachkundigen Beistands zu bedienen, der sowohl den Sachvortrag als auch die rechtliche Würdigung des Falles in ihren Wechselwirkungen aufarbeiten und dem Gericht das für einen Prozesserfolg Erforderliche darlegen kann.

15

Im vorliegenden Fall waren relevante Anhaltspunkte insbesondere darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer Vater dreier im Bundesgebiet geborener und hier rechtmäßig lebender Kinder ist, mit denen er nach seiner Wiedereinreise in häuslicher Gemeinschaft leben wollte. Weiter wollte er die Mutter der Kinder, die über eine Niederlassungserlaubnis verfügt und hier zwischenzeitlich in Vollzeit berufstätig ist, heiraten. Für zwei der Kinder hatten die Eltern eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben. Das älteste der Kinder besuchte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung wohl die fünfte Klasse. Auf all diese Aspekte, insbesondere die tatsächliche Integration der Familie des Beschwerdeführers und die Frage, ob der ältesten Tochter ein erstmaliger und dauerhafter Aufenthalt in Nigeria noch zumutbar gewesen wäre (vgl. EGMR, Urteil vom 24. November 2009 - 182/08 -, InfAuslR 2010, S. 178 <179> und aus der deutschen Rechtsprechung zu den oftmals schwierigen Abgrenzungsfragen BVerwGE 147, 278 <284> und OVG Saarland, Beschluss vom 26. März 2015 - 2 B 19/15 -, juris, Rn. 6) beziehungsweise inwieweit - wovon das Verwaltungsgericht ausging - ein Verbleib in Deutschland ohne Vater rechtlich möglich war, wäre in einem Hauptsacheverfahren näher einzugehen gewesen.

16

Die Beschlüsse verletzen mithin Art. 19 Abs. 4 GG und sind deshalb aufzuheben. Daher bedarf es keiner Entscheidung, ob auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vorliegt.

III.

17

Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. Juli 2018 ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. An dieser Voraussetzung fehlt es hier.

1. Soweit der Kläger im Wege einer Anfechtungsklage die Aufhebung des mit Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2018 verfügten Widerrufs der ihm am 9. Mai 2017 erteilten und bis 15. August 2018 gültigen Duldung begehrt, ist das Verwaltungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für den Widerruf der Duldung nach § 60a Abs. 5 Satz 2 AufenthG aufgrund des Entfallens der Passlosigkeit des Klägers und mangels Vorliegens anderweitiger Duldungsgründe gegeben sind.

Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist insofern grundsätzlich der Zeitpunkt der Bewilligungs- und Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (stRspr; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 16.11.2018 - 10 C 18.2094 - juris Rn. 9; B.v. 10.1.2016 - 10 C 15.724 - juris Rn. 14 m.w.N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme oder Abgabe einer Stellungnahme ein (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BVerwG, B.v. 12.9.2007- 10 C 39.07 u.a. - juris Rn. 1; BayVGH, B.v. 10.1.2016 - 10 C 15.724 - juris Rn. 14). Etwas anderes in Bezug auf den maßgeblichen Zeitpunkt ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass ausnahmsweise dann nicht der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, sondern der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über diesen Antrag für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten maßgeblich ist, wenn sich nach dem Eintritt der Bewilligungsreife die Sach- und Rechtslage zugunsten des Klägers geändert hat und die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung infolge dieser Änderung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2018 - 10 C 17.322 - juris Rn. 6 m.w.N.). Denn beim Widerruf einer zeitlich befristeten Duldung ist wie im Falle eines Widerrufs oder einer Rücknahme eines zeitlich befristeten Aufenthaltstitels für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt des Ablaufs der ursprünglichen Geltungsdauer des (befristeten) Aufenthaltstitels bzw. hier der (befristeten) Duldung abzustellen (zum maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtlichen Überprüfung des Widerrufs einer befristeten Aufenthaltserlaubnis vgl. bereits BayVGH, U.v. 29.11.2016 - 10 B 14.2060 - juris Rn. 18 m.w.N.; B.v. 16.8.2011 - 10 CS 11.432 - juris Rn. 30; BVerwG, B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - juris Rn. 6). Einer Einbeziehung tatsächlicher Entwicklungen nach Erlass des angegriffenen Verwaltungsaktes bedarf es nicht, wenn die nachträglich eingetretenen Tatsachen sich auf den angegriffenen Verwaltungsakt nicht mehr auswirken können, sondern Bedeutung lediglich für die Neuerteilung oder Verlängerung der abgelaufenen Duldung haben (zum Fall einer nachträglichen Verkürzung der Geltungsdauer eines Aufenthaltstitels vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2013 - 1 B 25.12 - juris --Ls-; Rn. 6 m.w.N.).

So liegt der Fall hier: Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Duldung am 15. August 2018 eingetretene Umstände - wie hier die Geburt eines weiteren Kindes deutscher Staatsangehörigkeit am 23. September 2018 - können keine Berücksichtigung mehr finden. Mit Ablauf der Geltungsdauer trat Erledigung ein (vgl. Bruns in NK-Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 60a Rn. 47). Ausgehend hiervon hat das Verwaltungsgericht zutreffend befunden, dass keine sonstigen Duldungsgründe nach § 60a Abs. 2 AufenthG gegeben sind. Zwar ist nach Lage der Akten vom Bestehen einer familiären Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem minderjährigen Kind sowie seiner Verlobten auszugehen. Auch hat der Kläger am 24. Mai 2018 eine Sorgerechtserklärung für das erstgeborene Kind abgegeben. Dennoch ist er auf die Durchführung des Visumverfahrens zu verweisen, wozu er als erfolgloser Asylbewerber grundsätzlich verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.12.2018 - 10 CE 18.2177 - juris Rn. 26 m.w.N.). Allein der Umstand, dass Familienangehörige eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des Visumverfahrens hinnehmen müssten, würde für eine Unzumutbarkeit auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Familie durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK noch nicht ausreichen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 19.6.2018 - 10 CE 18.993, 10 C10 C 18.994 - juris Rn. 5; B.v. 21.7.2015 - 10 CS 15.859 u.a. - juris Rn. 67; zum Ehegattennachzug BVerwG, Vorlagebeschluss v. 26.1.2017 - 1 C 1.16 - juris Rn. 36).

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall weder die Dauer des Visumverfahrens von Pakistan aus noch die vorübergehende Trennung des Klägers von seinem minderjährigen Kind und seiner Verlobten als besondere Umstände des Einzelfalls zu werten sind, die die Nachholung des Visumverfahrens unzumutbar machten. Es hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es im Verantwortungsbereich des Klägers liege, die Ausreisemodalitäten und den Ausreisezeitpunkt in Absprache mit der zuständigen Ausländerbehörde so familienverträglich wie möglich zu gestalten. Die Beklagte hat insofern eine entsprechende Hilfestellung in Aussicht gestellt. Bezüglich der Dauer des Visumverfahrens und der Wartezeiten beispielsweise für eine Terminbestätigung der deutschen Botschaft in Pakistan befindet sich der Kläger im Übrigen in keiner anderen Situation als andere Betroffene, die in Fällen der Familienzusammenführung das Visumverfahren ordnungsgemäß vom Ausland aus durchführen müssen (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2018 - 10 CE 18.993, 10 C10 C 18.944 - juris Rn. 5), wobei nach dem Vortrag der Beklagten eine relativ kurzfristige Terminvereinbarung zur Vorsprache bei der deutschen Auslandsvertretung in Pakistan (hier: zwei Monate) realistisch erscheint. Demzufolge kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, dass die Trennungszeit für die Durchführung des Visumverfahrens nicht absehbar sei bzw. über einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum hinausginge.

2. Die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat ebenfalls keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

a) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge für einen minderjährigen ledigen Deutschen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG steht die Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegen. Danach darf einem Ausländer, dessen Asylantrag - wie im Falle des Klägers - unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnittes 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden. Dem Kläger kommt vorliegend auch nicht die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 AufenthG zugute, wonach im Falle eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG keine Anwendung findet. Denn ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in diesem Sinne setzt einen strikten Rechtsanspruch voraus, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben muss. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (BVerwG, U.v. 12.7.2018 - 1 C 16.17 - juris Rn. 27 m.w.N.).

Ein solcher strikter Rechtsanspruch steht dem Kläger aber nicht zur Seite, da er ohne das erforderliche Visum eingereist ist und demzufolge die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2018 - 10 C 18.1497 - juris Rn. 19). Zwar kann hiervon gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden. Da diese Entscheidung aber im Ermessenswege zu treffen ist, liegt kein gebundener Anspruch im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG vor.

Darüber hinaus spricht vorliegend auch viel dafür, dass in der Person des Klägers ein Ausweisungsinteresse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 54 Abs. 2 Nr. 9 i.V.m. § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG besteht. Er hat unrichtige Personalangaben zur Erlangung einer Duldung sowie wahrheitswidrige Angaben bezüglich des (Nicht-) Vorliegens eines Passes zum Abwenden des Erlöschens, hier des Widerrufs, seiner Duldung gemacht (vgl. BGH, B.v. 2.9.2009 - 5 StR 266/09 - juris Rn. 19, 22; Hohoff in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand 1.11.2018, Rn. 91; Hörich in Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Auflage 2016, § 95 Rn. 235). Auf die Passpflicht wurde der Kläger nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens mit Schreiben der Ausländerbehörde vom 16. November 2012 hingewiesen (Bl. 121 der Behördenakte). Er hat die Beklagte aber erst, nachdem er sie am 2. Dezember 2016 über seine wahre Identität in Kenntnis gesetzt hatte, mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 27. Januar 2017 darüber informiert, dass er einen mittlerweile „abgelaufenen“ pakistanischen Pass gehabt hätte, den er Verwandten vor seiner Ausreise aus Griechenland zur Verwahrung überlassen habe. Ausgehend von einer absoluten Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4, § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB bestehen im Hinblick auf das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung von Verstößen gegen die Vorlage- und Aushändigungspflichten in asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Verfahren (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2018 - 1 C 16.17 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 28.12.2018 - 10 ZB 18.1154 - juris 9) keine durchgreifenden Zweifel an der Aktualität des Ausweisungsinteresses.

b) Nachdem, wie dargelegt, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG nicht gegeben sind, scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG ebenfalls aus (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2018 - 10 C 18.1782 - juris Rn. 7; B.v. 24.1.2019 - 10 CE 18.1871, 10 C 1810 C 18.1874 - Rn. 25; Maaßen/Kluth in BeckOK, Ausländerrecht, Kluth/ Heusch, Stand 1.11.2018, § 25 Rn. 148), und zwar unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob § 25 Abs. 5 AufenthG als Auffangvorschrift für ein sich aus Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK ergebendes Ausreisehindernis herangezogen werden kann, wenn die Erteilungsvoraussetzungen der für die genannten Aufenthaltszwecke bestehenden Normen nicht erfüllt sind (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2018 - 10 C 18.1782 - juris Rn. 7; NdsOVG, U.v. 8.2.2018 - 13 LB 43/17 - ZAR 2018, 176; OVG Bremen, U.v. 16.3.2017 - 1 B 21/17 - BeckRS 2017, 105559; VGH BW, U.v. 13.12.2010 - 11 S 2359/10 - InfAuslR 2011, 250).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 36.280 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch liegt ein beachtlicher Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

1.1. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Sicherstellung von Geldmitteln in Höhe von insgesamt 36.280 EUR rechtmäßig sei, da bei der Erlass der Sicherstellungsanordnung hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass nicht der Kläger, sondern ein unbekannter Dritter Eigentümer des Geldes sei. Aufgrund der unsubstantiierten, zögerlichen und damit unglaubwürdigen Erklärungen über die Herkunft und weitere Verwendung des hohen Geldbetrages sei die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB widerlegt. Konkrete Nachweise zum Beleg seines Vortrags habe der Kläger nicht beigebracht.

Demgegenüber wendet der Kläger ein, dass er sich hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 30.000 EUR nicht auf die Eigentumsvermutung aus § 1006 BGB berufen habe, sondern rechtmäßiger Fremdbesitzer des Geldes sei. Dieses habe er von dem Bekannten S. erhalten, um dessen Liquidität gegenüber einem potentiellen Verkäufer einer Immobilie nachzuweisen. Bezüglich der restlichen 6.280 EUR greife hingegen die Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 BGB. Der Kläger habe dargelegt, dass dieser Betrag für private Zwecke wie Autokauf, Führerscheinfinanzierung und als Haushaltsgeld habe verwendet werden sollen. Insofern habe er eine der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Erklärung für den Besitz des Geldbetrages abgegeben. Ferner ergebe sich aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen, dass das Verwaltungsgericht Parteivortrag vermengt und damit nicht richtig erfasst habe. Schließlich sei der Amtsermittlungsgrundsatz verletzt worden, da die Anhörung bzw. Zeugeneinvernahme des Bekannten unterblieben sei.

1.2. Soweit der Kläger geltend macht, hinsichtlich des Teilbetrages in Höhe von 30.000 EUR rechtmäßiger Fremdbesitzer zu sein, werden damit keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (a.F.) nur möglich ist, wenn derjenige, bei dem die Sache sichergestellt werden soll, weder Eigentümer noch zum Besitz berechtigt ist (UA S. 8). Es gelangte unter Würdigung und Berücksichtigung insbesondere des Aussageverhaltens des Klägers und der objektiven Tatumstände zum Zeitpunkt der Sicherstellung zu dem Ergebnis, dass ein unbekannter Dritter und damit auch nicht - wie vom Kläger zuletzt dargestellt - die kreditgebende Bank (hier: Sparkasse N.) Eigentümer des Geldes sei. Die Rechtsmäßigkeit der Sicherstellung wird nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung (zum maßgeblichen Zeitpunkt s. BayVGH, U.v. 22.5.2017 - 10 B 17.83 - juris Rn. 25 m.w.N.) die Eigentümer, zu deren Schutz die Maßnahme erfolgt ist, unbekannt waren und auch derzeit noch sind. Denn die Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG (a.F.) dient insoweit dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers oder anderen Berechtigten vor Verlust (BayVGH, B.v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 15 m.w.N.; B.v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - juris Rn. 17 m.w.N.).

Die vom Erstgericht in den Einlassungen des Klägers erkannten Widersprüche und die daraus abgeleitete Bewertung seines Vorbringens insgesamt als nicht glaubhaft vermag der Kläger auch mit der Zulassungsbegründung nicht zu entkräften. Der Kläger legt weiterhin keine Unterlagen, Nachweise etc. vor, welche die behauptete Anbahnung eines Immobilienverkaufs eines Dritten an den Bekannten und damit das von diesem abgeleitete Besitzrecht als Fremdbesitzer belegen oder zumindest plausibel erscheinen lassen könnten. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen zu Recht davon ausgegangen, dass schon Zweifel daran bestehen, dass der Bekannte Besitzer der 30.000 EUR gewesen war, bevor er sie angeblich dem Kläger übergeben habe. Der zeitliche Ablauf bleibt weiterhin im Unklaren, da der Darlehensvertrag des Bekannten mit der Sparkasse N. vom 17. Mai 2016 datiert und er den Betrag nach einer Einzelumsatzanzeige bereits am 24. Mai 2016 einem Dritten überwiesen hat. Der Kläger bleibt weiterhin eine schlüssige Erklärung schuldig, weshalb und wann der Empfänger diesen Betrag wieder zurück an den Bekannten gegeben haben soll. Es fehlen auch konkrete Angaben zum Zeitpunkt der Übergabe des Geldes vom Bekannten an den Kläger und der geplanten Veräußerung der Immobilie, bzw. jene erweisen sich etwa in Bezug auf die Rückzahlungsmodalitäten als widersprüchlich (siehe Klagebegründung v. 5.4.2017, Bl. 4/14 der GA; Sitzungsniederschrift v. 26.9.2017, Bl. 58 der GA).

Auch bleibt der Kläger weiterhin eine schlüssige Erklärung für sein zögerliches Aussageverhalten schuldig, insbesondere weshalb er erst im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgetragen habe, lediglich Fremdbesitzer der 30.000 EUR zu sein. Die diesbezüglichen Erklärungsversuche in der Zulassungsbegründung überzeugen nicht. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Dritter (hier: der Kläger) für die Anbahnung eines Wohnungskaufs dem Verkäufer zum Nachweis der Liquidität des Kaufinteressenten (hier: des Bekannten) Bargeld als diesem gehörig vorgezeigt. Nicht gefolgt werden kann schließlich auch dem klägerischen Vortrag in der Zulassungsbegründung, dass der Kläger nicht behauptet habe, Eigentümer der 30.000 EUR zu sein. Eine dahingehende Frage eines die Durchsuchung durchführenden Beamten wurde (zunächst) noch bejaht. Erst auf Nachfrage, woher das Geld stamme, gab der Kläger an, sich ohne Dolmetscher nicht verständigen zu können (s. Bl. 18 der BA).

Da zugunsten des Fremdbesitzers die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB nicht greift (vgl. BGH NJW, U.v. 21.12.1960 - VIII ZR 145/59 - juris Rn. 14; U.v. 16.10.2003 - IX ZR 55/02 - juris Rn. 22 f. m.w.N.; BayVGH, U.v. 1.12.2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 30; Gursky in Staudinger, BGB, 12. Auflage 2012, § 1006 Rn. 6; Baldus in Münchner Kommentar, BGB, 7. Auflage 2017, § 1006 Rn. 21, 37 m.w.N.), trifft den Kläger die volle Beweislast dafür, dass er rechtmäßiger Besitzer (§ 872 BGB) ist. Nachdem - wie oben ausgeführt - der Senat die Bewertung des Verwaltungsgerichts zur Glaubhaftigkeit der vorgebrachten Erklärungen des Klägers über Herkunft und weitere Verwendung des Geldes durch das Zulassungsvorbringen als nicht ernstlich in Zweifel gezogen sieht, kann aufgrund der erhöhten Darlegungserfordernisse erst Recht nicht davon ausgegangen werden, dass durch die im Zulassungsverfahren vorgebrachten Argumente und Einwände der Beweis für das vom Kläger behauptete (Fremd-)Besitzrecht geführt worden wäre. Demzufolge bestehen jedenfalls keine ernstlichen Zweifel am Entscheidungsergebnis. Insoweit ist es auch ohne Belang, wenn im Urteil des Verwaltungsgerichts von einer „Klageerwiderung durch seine Prozessbevollmächtigten“ die Rede ist und der Vortrag des Klägers zum beabsichtigten Immobilienverkauf unpräzise wiedergegeben wird (s. UA S. 9). Denn das Gericht hat jedenfalls das Kernelement des diesbezüglichen Vortrags, nämlich dass das Geld dem Liquiditätsnachweis zum Erwerb der Immobilie diene, richtig erfasst und in nicht zu beanstandender Weise rechtlich bewertet.

1.3. Hinsichtlich des Teilbetrags in Höhe von 6.280 EUR ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass gewichtige Indizumstände vorliegen, die geeignet sind, mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB zu widerlegen. Nach der Rechtsprechung des Senats reicht es aus, die gesetzliche Eigentumsvermutung mit Hilfe von Indizien und Erfahrungstatsachen zu widerlegen, wenn diese mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad der Gewissheit das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers weniger wahrscheinlich sein lassen als das Eigentum eines Dritten (BayVGH, U.v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 11 m.w.N.; B.v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - juris Rn. 18).

Das Verwaltungsgericht hat diese Maßstäbe für eine Widerlegung der Eigentumsvermutung nicht verkannt und anhand hinreichender Anhaltspunkte zu Recht festgestellt, dass der Kläger nicht Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer dieses Teilbetrags war bzw. ist. Es hat unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und vor allem des Aussageverhaltens des Klägers mit wechselnden und widersprüchlichen Angaben und Einlassungen bei der Befragung durch die Polizeibeamten und während des gerichtlichen Verfahrens in nicht zu beanstandender Weise den gesamten Vortrag als unsubstantiiert, widersprüchlich und damit als nicht glaubwürdig bewertet.

Die hiergegen im Zulassungsverfahren vorgebrachten Argumente und Rügen greifen nicht durch. Der Kläger wiederholt insofern im Kern seinen Vortrag im Klageverfahren, den Betrag für private Zwecke über einen längeren Zeitraum angespart, ohne dies gegenüber seiner Ehefrau erwähnt zu haben. Die vom Erstgericht auch in den diesbezüglichen Einlassungen des Klägers erkannten Widersprüche sowie Ungereimtheiten und die daraus abgeleitete Bewertung des Vortrags als insgesamt nicht glaubhaft hat der Kläger damit nicht auszuräumen vermocht. Auch insofern hat der Kläger im Zulassungsverfahren keinerlei Nachweise oder Unterlagen vorgelegt, welche etwa den beabsichtigten Führerschein- und Fahrzeugerwerb belegen oder zumindest plausibel erscheinen lassen könnten.

1.4. Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung wird nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht dadurch berührt, dass die von den Polizeibehörden eingeleitete Überprüfung durch das zuständige Finanzamt ergebnislos blieb, da in diesem Zusammenhang zivilrechtliche Fragen nach Eigentum und Besitzverhältnisse nicht inmitten stehen. Die Vorschrift des § 88 Abs. 1 Satz 1 AO, welche in engem Zusammenhang mit den in § 85 AO normierten Besteuerungsgrundsätzen steht, gebietet vom Grundsatz her die Ermittlung des für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalts durch die Finanzbehörden (Wünsch in König, AO, 3. Auflage 2014, § 88 Rn. 1 und 9).

1.5. Ausgehend von der Rechtsmäßigkeit der streitbefangenen Sicherstellung hat der Kläger keinen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Geldbetrages gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. BayVGH, U.v. 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 - juris Rn. 35; U.v. 22.5.2017 - 10 B 17.83 - juris Rn. 23). Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, U.v. 22.5.2017 - 10 BV 17.83 - juris Rn. 25 m.w.N.) ist weder im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG (in der Fassung vom 18.5.2018) bislang der Zweck der polizeilichen Sicherstellung erreicht noch (nachträglich) weggefallen. Zum anderen besteht die Herausgabepflicht nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe an den unrechtmäßigen Besitzer ist damit ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 19.11.2010 - 10 ZB 1707 - juris Rn. 20). Ein Herausgabeanspruch (eines Teils) der Geldmittel an einen Dritten, hier den Bekannten, scheidet mangels Aktivlegitimation des Klägers von vornherein aus.

2. Ein Verfahrensmangel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht seiner Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO nachgekommen. Die Amtsermittlungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO beschränkt sich auf den rechtlich relevanten, entscheidungserheblichen Sachverhalt (Geiger in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 86 Rn. 27; Rixen in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 86 Rn. 11). Es entscheidet daher alleine das Gericht darüber, welche Tatsachen zur Entscheidung des konkreten Streitfalls nach seiner Rechtsauffassung aufklärungsbedürftig sind (BayVGH, B.v. 22.4.2016 - 10 ZB 15.2018 - juris Rn. 31).

Das Verwaltungsgericht hat nicht deswegen gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, weil es der Beweisanregung des Klägers, seinen Bekannten zur Frage, dass dieser Eigentümer/Besitzer der 30.000 EUR sei, und zu den Umständen des beabsichtigten Immobilienerwerbs anzuhören bzw. als Zeugen einzuvernehmen, nicht nachgekommen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht förmlich beantragt hat (vgl. BVerwG, v. 26.6.1975 - VI B 4.75 - juris; B.v. 2.6.1981 - 6 C 16.81 - juris Rn. 6). Eine lediglich schriftsätzliche Beweisanregung ist kein förmlicher Beweisantrag.

Eine weitere Sachaufklärung musste sich auf Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts diesem auch nicht aufdrängen (vgl. BVerwG, B.v. 18.4.2016 - 8 B 7.16 - juris Rn. 6; B.v. 29.7.2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 7 m.w.N.). Das Gericht hat eingehend begründet, warum es aufgrund des Akteninhalts, insbesondere aber wegen der Einlassungen des Klägers und des Bekannten gegenüber der Polizei, davon ausgeht, dass das sichergestellte Geld im Eigentum eines noch unbekannten Dritten steht. Es hat dabei neben den Aussagen des Bekannten (vgl. UA S. 9; siehe hierzu Aktenvermerk v. 25.3.2017, S. 2, 3. Absatz, Behördenakte Bl. 21) auch die diesen betreffenden Bankunterlagen gewürdigt. Mit einem insoweit gegenteiligen bzw. abweichenden Vorbringen hätte sich der Bekannte jedenfalls in Widerspruch zu seinen bisherigen Angaben gesetzt. Soweit der Kläger rügt, eine Einvernahme des Bekannten hätte die von der Klagepartei vorgetragenen Besitzverhältnisse bestätigt und das Gericht hätte sich ein Bild von dessen Glaubwürdigkeit machen können, greift er in Wahrheit die dem sachlichen Recht zuzuordnende Tatsachen- und Beweiswürdigung des Gerichts an, mit der ein Verfahrensmangel nicht begründet werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 18.4.2016 - 8 B 7.16 - juris Rn. 7; B.v. 18.4.2008 - B 105.07 - juris Rn. 10).

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Herausgabe von sichergestellten Schmuckstücken.

Am 24. Mai 2007 wurde die Wohnung des Klägers, der seit 1977 gewerblich als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Flohmarkthändler tätig war, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Raubes und Wohnungseinbrüchen durchsucht und dabei unter anderem eine große Menge Schmuck aufgefunden, der zum Teil beschlagnahmt wurde. Daneben wurden eine halbautomatische Pistole mit eingeführtem Magazin, ein ebenfalls geladener Trommelrevolver und verschiedene Munition gefunden. Nachfolgend wurde gegen den Kläger wegen gewerbsmäßiger Hehlerei und unerlaubten Waffen- und Munitionsbesitzes ermittelt und er mit Urteil des Amtsgerichts München vom 7. Oktober 2008 wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren wegen Hehlerei wurde im Hinblick auf die wegen unerlaubten Waffenbesitzes verhängte Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO unter der Auflage eingestellt, an eine Geschädigte einen Geldbetrag von 2.500,- Euro zu leisten.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 stellte das Kriminalfachdezernat 3 die am 24. Mai 2007 anlässlich der Durchsuchung der klägerischen Wohnung beschlagnahmten Schmuckgegenstände im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG sicher. In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass der Kläger teilweise als Hehler für eine überwiegend in München lebende, aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Einbrecher- und Räuberbande fungiert habe. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung im Mai 2007 sei eine große Menge Schmuck beschlagnahmt worden, der in verschiedenen Taschen von Kleidungsstücken, zwischen der Wäsche, in einer Aktentasche, im Keller und in einem Verkaufsanhänger aufgefunden worden sei, außerdem Bargeld. Bisher hätten fünf Schmuckstücke zugeordnet bzw. durch Geschädigte identifiziert werden können. Eine goldene Damenarmbanduhr stamme aus einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999 in Düsseldorf; die im Sicherstellungsverzeichnis unter Nummern 2 bis 5 beschriebenen Schmuckstücke stammten aus einem Wohnungsraub vom 9. Juni 2006 in München. Der Kläger habe bei seiner Vernehmung am 24. Mai 2007 zunächst den ihn belastenden Aussagen der dieser Tat Beschuldigten widersprochen und angegeben, diese nicht zu kennen, am 23. Oktober 2007 indes eingeräumt, vier Schmuckstücke, die nachweislich aus einem Wohnungsraub stammten, von dem Beschuldigten Z. erworben zu haben. Die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB sei widerlegt durch die Angaben der beiden Beschuldigten - einer von ihnen sei mittlerweile zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden - und den Umstand, dass der Kläger weder Eigentumsnachweise habe vorlegen können noch glaubhafte Angaben zur Herkunft des Schmuckes habe machen können. Es sei nicht erforderlich, dass der rechtmäßige Eigentümer oder Besitzer bekannt sei.

Diesen Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 19. März 2009 vor dem Verwaltungsgericht anfechten (M 7 K 09.1188), mit der Begründung, er sei - mit Ausnahme der im Bescheid unter Nummern 1 bis 5 bezeichneten Gegenstände - Eigentümer der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände. Es handele sich um Familienschmuck mit hohem materiellem und ideellem Wert bzw. um Schmuck, den der Kläger in Ausübung seines Gewerbes als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Schmuck sowie Flohmarkthändler rechtmäßig erworben habe. Für den Kläger spreche die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB, die auch nicht durch die Angaben der Beschuldigten widerlegt werde. Allenfalls für die aus einem Wohnungsraub stammenden Schmuckstücke Nummern 2 bis 5 könne die Vermutung widerlegt sein. Nicht der Kläger sei verpflichtet, sein Eigentum im Einzelnen nachzuweisen. Dies obliege vielmehr der Polizei, die jedoch seit der Beschlagnahme im Mai 2007 keine Geschädigten habe ermitteln können. Wenn die Staatsanwaltschaft den Vorwurf hätte nachwiesen können, wäre es nicht zu Einstellung des Strafverfahrens wegen Hehlerei gemäß § 154 StPO gekommen. Im Übrigen sei die Sicherstellung knapp zwei Jahre nach der Beschlagnahme unverhältnismäßig.

In der (ersten) mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2010 erklärte der Beklagte, eine Anzahl der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände an den Kläger aushändigen zu wollen; insoweit wurde die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Änderungsbescheid vom 6. August 2010 änderte das Kriminalfachdezernat 3 den Bescheid vom 17. Februar 2009 dahin ab, dass die Sicherstellung der im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007 unter Nr. 12 sowie Nrn. 32.4 bis durchgehend 34.16 aufgeführten Gegenstände aufgehoben wurde.

Mit Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) stellte das Gericht das Verfahren ein, soweit die Beteiligten die Streitsache für erledigt erklärt hatten, und wies die Klage im Übrigen ab.

Rechtsgrundlage der Sicherstellung sei Art. 25 Nr. 2 PAG. Dessen Voraussetzungen seien bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung erfüllt gewesen. Aufgrund der Indizienlage sei das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum an den in seinem unmittelbaren Besitz befindlichen Gegenständen gewesen. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift als widerlegt und der Kläger nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. An dieser polizeilichen Einschätzung sei unter Berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung festzuhalten.

Gegen das Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.

Eine zwischen dem 30. Juni und 12. August 2011 ausgehängte öffentliche Bekanntmachung des Polizeipräsidiums München, mit der die tatsächlichen Eigentümer der Schmuckstücke aufgefordert wurden, die ihnen gehörenden Gegenstände abzuholen, blieb ohne Erfolg.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 1. Februar 2012 und 11. Juli 2013 ließ der Kläger beim Kriminalfachdezernat 3 die Aufhebung der Sicherstellung und die Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 28 Abs. 1 PAG bzw. die Freigabe der sichergestellten Schmuckstücke beantragen.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 hörte das Kriminalfachdezernat 3 den Kläger zu der beabsichtigten Verwertung der Schmuckstücke an. Durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19. Februar 2014 und 14. März 2014 widersprach der Kläger dieser Absicht.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 ordnete das Kriminalfachdezernat 3 bezüglich der am 24. Mai 2007 beschlagnahmten und mittels Bescheid vom 17. Februar 2009 in Verbindung mit dem Abänderungsbescheid vom 6. August 2010 sichergestellten Schmuckgegenstände (aufgeführt im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007) die Verwertung dieser sich noch in amtlicher Verwahrung befindlichen Schmuckstücke an. In den Gründen ist angegeben, eine Herausgabe der sichergestellten Gegenstände komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Sicherstellung seien nicht entfallen und es sei keineswegs eine „Verfestigung“ der Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB zugunsten des Klägers erfolgt. Es bestehe keine Herausgabepflicht der Polizei hinsichtlich der sichergestellten Sachen nach Art. 28 Abs. 1 PAG. Zum einen sei der Zweck der polizeilichen Sicherstellung der betreffenden Gegenstände - der Schutz privater Rechte - nicht dadurch entfallen, dass ein berechtigter Dritter bisher nicht ermittelt werden konnte. Zum anderen bestehe die Herausgabepflicht der Polizei nach Art. 28 Abs. 1 PAG nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer sei somit ausgeschlossen (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707). Auch bei Erfolglosigkeit weiterer Ermittlungen zu den Eigentümern der sichergestellten Sachen sei nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen. Vielmehr dauere der Schutzzweck der Sicherstellung fort, weil es dem mutmaßlichen Willen des unbekannt bleibenden Geschädigten entspreche, einen zu seinem Nachteil eingetretenen Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden (OVG NW, B. v. 12.7.2007 - 5 A 1056/06). Rechtsgrundlage für die Anordnung der Verwertung sei Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG. Nach der Feststellung des Verwaltungsgerichts sei aufgrund der Indizienlage das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift widerlegt, und der Kläger sei nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. Bei einer Herausgabe der Schmuckstücke an den Kläger würden die Voraussetzungen für die Sicherstellung erneut eintreten, womit diese gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ausgeschlossen sei. Die Verwertungsanordnung sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht.

Mit Urteil vom 8. April 2015 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Kriminalfachdezernats 3 vom 31. März 2014 auf und verpflichtete den Beklagten, die in der Anlage K 2 zur Klageschrift aufgeführten Schmuckgegenstände an den Kläger herauszugeben.

In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG könnten sichergestellte Sachen verwertet werden, wenn sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Jahresfrist, die mit der Sicherstellung am 19. Februar 2009 zu laufen begonnen habe, sei abgelaufen. Streitig sei allein, ob die Schmuckstücke nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Aus dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung sei zu schließen, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung im Zeitpunkt des Erlasses der Verwertungsanordnung noch vorliegen müssten.

Das Gericht gehe sowohl davon aus, dass der Kläger als Berechtigter im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen sei, als auch davon, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung bei Erlass der Verwertungsanordnung entfallen gewesen seien.

Nach dem Vollzugshinweis zum Polizeiaufgabengesetz Nr. 27.3 sei Berechtigter jeder, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Davon, dass dem Kläger ein derartiges Recht zustehe, sei das Gericht aus den im Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) bereits dargelegten Gründen indes nicht überzeugt, vielmehr davon, dass er den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Allerdings könne er im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Herausgabeanspruch gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG geltend machen. Um einen Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG zu vermeiden - nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs -, sei nach Auffassung des Gerichts der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 auszulegen.

Danach seien die Sachen zunächst an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG), und nur, wenn dies nicht möglich ist, an eine andere Person (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG). Auch seien die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorliegend entfallen. Denn trotz der Bemühungen des Beklagten habe sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke gefunden (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB), der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, so dass davon auszugehen sei, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Damit sei für die Aufrechterhaltung der Sicherstellung gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG kein Raum mehr. Die Polizei schütze nach Art. 2 Abs. 2 PAG Rechte Privater nur unter der Voraussetzung, dass gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen sei und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Im Rahmen der Ermessensausübung sei der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten maßgebend. Ferner fehle es an der Verhältnismäßigkeit; nach Art. 4 Abs. 3 PAG sei eine Maßnahme nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht sei oder sich zeige, dass er nicht erreicht werden könne.

Allein der zu vermutende deliktische Ursprung der Gegenstände reiche für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht aus. Ihre Rechtmäßigkeit werde zwar grundsätzlich nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolge, noch unbekannt sei. Insoweit genüge, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht auszuschließen sei. In diesem Fall diene die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor dem Verlust seines Eigentums. Davon könne aber dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn aufgrund des Zeitablaufs und der behördlichen Bemühungen zur Ermittlung eines anderweitigen Berechtigten der Schmuckstücke ein solcher endgültig nicht zu ermitteln sei. Dem Herausgabebegehren lasse sich dann nicht entgegenhalten, dass im Rückschluss aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG davon auszugehen sei, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur an einen Berechtigten herausgegeben werden dürfe. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Satz geprägt habe, eine Herausgabe an den Dieb oder Hehler sei ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 10), sei er davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung im Entscheidungszeitpunkt noch vorgelegen hätten. Dasselbe gelte für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - nicht entscheidungserheblich - in Bezug genommenen Beschluss vom 11. August 2010 (5 A 298/09 - juris Rn. 45), in dem ein derartiges Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich qualifiziert worden sei. Die Kammer sei der Auffassung, dass bei Herausgabeverlangen eines mutmaßlichen Diebs oder Hehlers eine dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG nicht in Betracht komme. Dies sowie die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat sei Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) und habe in diesen Vorschriften eine abschließende Regelung gefunden. Neben diesen geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung sei eine präventivpolizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig. Vor diesem Hintergrund sei ein Herausgabeverlangen des von der Sicherstellung Betroffenen auch nicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Da die streitgegenständlichen Schmuckstücke beim Kläger sichergestellt worden seien und ausgeschlossen werden könne, dass sich noch ein anderweitiger Berechtigter finde, seien sie nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auch an ihn wieder herauszugeben. Damit aber hätten im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses die Voraussetzungen für eine Verwertungsanordnung nicht mehr vorgelegen, so dass diese aufzuheben gewesen sei.

Zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Berufung führt der Beklagte im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG lägen vor; die Sicherstellungsvoraussetzungen seien weiterhin gegeben. Das Verwaltungsgericht gehe zu Recht gerade nicht davon aus, dass dem Kläger ein Recht zum Besitz der Sachen zustehe, da es überzeugt sei, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Es verhalte sich aber widersprüchlich, wenn es annehme, der Kläger sei als Berechtigter im Sinn des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen, aber gleichzeitig davon überzeugt sei, dem Kläger stehe kein derartiges Recht zu. Soweit das Verwaltungsgericht dies mit einem zu vermeidenden Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG begründe, weshalb der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auszulegen sei, verstehe das Gericht den Begriff des Berechtigten über die eigentliche Definition hinausgehend. Hierfür gebe es jedoch weder eine rechtliche Grundlage noch bedürfe es einer erweiterten Auslegung; ein Wertungswiderspruch zwischen diesen Normen existiere nicht, der Begriff des Berechtigten sei in Art. 28 ebenso wie in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG auszulegen. Es sei vielmehr zu differenzieren zwischen dem von der Sicherstellung „Betroffenen“ und dem „Berechtigten“. Einen Herausgabeanspruch habe ein von der Sicherstellung „Betroffener“, bei dem die Sache sichergestellt wurde, nur dann, wenn er auch „Berechtigter“ sei. Dies ergebe sich aus dem Sinn und zugleich aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aus der dem Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG zugrundeliegenden Logik und aus dem systematischen Zusammenhang des Art. 28 Abs. 1 PAG mit Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 (und 5) sowie Abs. 2 PAG. Dem Betroffenen im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG müsse ein Recht an der Sache zustehen, er dürfe gerade nicht den Besitz durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt haben (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20). Zwar bleibe in dieser Entscheidung die Frage offen, ab welchem Zeitpunkt ein Berechtigter endgültig nicht mehr ermittelt werden könne. Jedoch sei nicht nachvollziehbar, warum sich an dieser Auslegung allein aus Gründen des Zeitablauf etwas ändern sollte. Diese Argumentation finde auch weitere Unterstützung in der Rechtsprechung. Es bedürfe somit für den Begriff des Berechtigten im Sinn des Herausgabeanspruchs nach Art. 28 keiner anderen Definition als im Art. 27 PAG. Berechtigter im Sinn beider Vorschriften sei der, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Eigentum und Recht zum Besitz an den sichergestellten Gegenständen habe das Verwaltungsgericht aber in Bezug auf den Kläger eindeutig und fehlerfrei verneint.

Die Voraussetzungen der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG würden zudem bei Herausgabe an den Kläger erneut eintreten und seien nicht entfallen. Das Vorliegen der Sicherstellungsvoraussetzungen nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei zunächst rechtskräftig mitUrteil vom 16. November 2011 (M 7 K 09.1188) für den damaligen Zeitpunkt festgestellt worden. Notwendig für den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen sei regelmäßig eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhalts. Allein das zeitliche Moment stelle insoweit noch keine ausreichende Änderung dar. Aus dem Umstand, dass bislang keine weiteren tatsächlichen Eigentümer oder sonst Berechtigte hätten ermittelt werden können, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Unzweifelhaft bestünden noch - nicht ermittelte - Berechtigte, deren Eigentum bzw. Besitzrecht durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützt werden könne. So gehe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nicht weggefallen seien, solange die Eigentumsfrage nicht geklärt sei.

Die polizeiliche Sicherstellung einer Sache zum Eigentumsschutz nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 766 ff. BGB) gerechtfertigt, wenn diese dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspreche. Bei einem Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludenten Willensäußerung entscheide der mutmaßliche Wille und mangels Anhaltpunkten hierfür der Wille, der dem Interesse des Berechtigten entspreche. Der mutmaßliche Wille sei nicht derjenige, den der Geschäftsführer subjektiv annehme, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme geäußert haben würde. Mit der Unverbrüchlichkeit und Gerechtigkeit der Rechtsordnung sei es nicht zu vereinbaren, dass eine Rückgabe der Gegenstände an denjenigen erfolge, der sie unrechtmäßig erworben habe. Vielmehr sei es sachgerecht, dass in dem Fall, dass der wahre Eigentümer/Berechtigte einer Sache nicht mehr zu ermitteln sei, eine Verwertung der Sache zu erfolgen habe. Diese Auffassung entspreche auch dem mutmaßlichen Willen bzw. dem Interesse des wahren Eigentümers/Berechtigten.

Die Verwertungsanordnung sei auch nach Art. 4 PAG geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Begriff der „Präventiven Gewinnabschöpfung“ passe in Konstellationen wie der vorliegenden nicht. Zielrichtung der Aufrechterhaltung der Sicherstellung statt der Herausgabe sei nicht, etwas beim Kläger abzuschöpfen, sondern eine Perpetuierung einer feststehenden Rechtsgutsverletzung beim wahren Eigentümer zu vermeiden. Aus der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Freistaats Bayern für präventivpolizeiliche Maßnahmen folge, dass die Vorschriften der bundesgesetzlichen §§ 73 ff. StGB keine Sperrwirkung gegenüber dem PAG entfalten könnten.

Der Beklagte stellt den Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei rechtmäßig, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe der noch sichergestellten Schmuckstücke zu.

Der Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG habe Vorrang gegenüber einer Verwertung nach Art. 27 PAG. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien weggefallen. Das Verwaltungsgericht habe richtig festgestellt, dass trotz der Bemühungen des Beklagten sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke, der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, gefunden habe. Es sei daher davon auszugehen, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne.

Auch die Herausgabe an den Kläger sei möglich. Er sei sowohl Betroffener als auch Berechtigter. Der Beklagte habe bisher nicht nachweisen können, dass eine Drittberechtigung anderer Personen vorliegen könne. Die Feststellungslast trage der Beklagte. Der Kläger sei Eigentümer der sichergestellten Gegenstände (mit Ausnahme der seinerzeit unter Nrn. 1 bis 5 des Sicherstellungsverzeichnisses aufgeführten Gegenstände). Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) ändere daran nichts. Damals sei die Eigentumslage noch nicht geklärt gewesen. Jetzt handele es sich um die Herausgabe der damals sichergestellten Gegenstände nach über sechs Jahren. Es habe kein wahrer Eigentümer der Schmuckstücke ermittelt werden können. Nach alldem stehe nach jetziger Sachlage fest, dass der Kläger der wahre Eigentümer der streitgegenständlichen sichergestellten Schmuckstücke sei. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB sei nach jetziger Sach- und Rechtslage gegeben. Es sei nämlich nicht erwiesen, dass die sichergestellten Schmuckstücke gestohlen worden, verloren gegangen oder einem sonstigen früheren Besitzer abhanden gekommen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 ist begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände gegen den Beklagten zu (1.), und durch die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckgegenstände wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (2.). Daher war das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Die Klage auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände ist zulässig, aber unbegründet.

1.1 Die Klage ist zulässig. Da aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) feststeht, dass die Sicherstellung der streitgegenständlichen Schmuckstücke jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Maßnahme rechtmäßig war, kann der Kläger nicht mehr im Wege einer Anfechtungsklage gegen die Sicherstellungsverfügung deren Aufhebung (ex tunc) und unter Anwendung des in § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO enthaltenen Folgenbeseitigungsanspruchs die Herausgabe verlangen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 10). Er hat daher zu Recht eine allgemeine Leistungsklage erhoben (Schmidbauer/Steiner, a. a. O.; allgemein Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2016, § 42 Rn. 150). Unschädlich ist, dass das Verwaltungsgericht die Klage insoweit (offenbar) als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) angesehen hat (vgl. UA S. 8 mit dem Verweis auf § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); Zulässigkeitsbedenken wären im Übrigen auch in diesem Fall nicht erkennbar.

1.2. Die Klage ist nicht begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Herausgabe der streitgegenständlichen Schmuckstücke hat.

a) Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ist die Herausgabe jedoch ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für die Sicherstellung eintreten würden.

b) Die begehrte Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke an den Kläger kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen der Sicherstellung noch nicht weggefallen sind und weil der Kläger auch kein Berechtigter im Sinn dieser Vorschrift ist.

Die Sicherstellung der Schmuckstücke durch Bescheid vom 17. Februar 2009 erfolgte auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG, um deren Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor deren Verlust zu schützen. Die Sicherstellungsverfügung wurde durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) für die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke bestätigt. Das Gericht hat dabei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB als widerlegt und den Kläger somit nicht als Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer der Schmuckstücke angesehen. Als Indizien für die Widerlegung der Eigentumsvermutung hat das Gericht damals die nachweisbare Herkunft eines Teils der aufgefundenen Schmuckstücke aus einem Raub bzw. Diebstahl, den Kontakt des Klägers zu den Tätern und deren Aussagen zum Kläger, das Missverhältnis des hohen Wertes der Schmuckstücke zur Einkommenssituation des Klägers, den Umstand, dass der Kläger keinerlei Herkunftsbelege gerade für die hochwertigen Stücke besaß, den Umstand, dass der Kläger zur Herkunft gar keine oder nur vage und widersprüchliche Angaben machen konnte, sowie die Auffindungssituation der Schmuckstücke herangezogen.

Die Rechtskraft des Urteils (§ 121 VwGO) vom 16. März 2011 muss sich der Kläger entgegenhalten lassen; damit steht fest, dass die angefochtene Sicherstellung nicht rechtswidrig erfolgte und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzte. Die dabei getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorgelegen haben, ist für die vorliegende Entscheidung präjudiziell (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 24; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand Oktober 2016, § 121 Rn. 19).

Insoweit sind seither auch keine Änderungen des Sachverhalts eingetreten, die den von der Rechtskraft erfassten Streitgegenstand verändern und den nachträglichen Wegfall der anfänglich vorliegenden Voraussetzungen für die Sicherstellung begründen würden (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 72; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: Oktober 2016, § 121 Rn. 54). Zu keinem der Gesichtspunkte, die im Urteil vom 16. März 2011 für die Überzeugung des Verwaltungsgerichts leitend waren, dass der Kläger nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer sei, hat der Kläger etwas vorgetragen, das die damalige Würdigung nunmehr in neuem Licht erscheinen lassen könnte, noch ist sonst etwas für eine dahingehende Änderung der Sach- und Rechtslage ersichtlich. Allein der Zeitablauf von (weiteren) fünf Jahren, ohne dass die Polizei seither (weitere) Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer der Schmuckstücke ausfindig machen konnte, rechtfertigt es nicht, nunmehr den Kläger trotz fortbestehender gegensätzlicher Indizienlage unter Heranziehung von § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß seiner bloßen Behauptung als Eigentümer anzusehen. Auch das Verwaltungsgericht war im Übrigen in der angefochtenen Entscheidung vom 8. April 2015 weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben hat (UA S. 9).

Nach Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) kann nicht, wie das Verwaltungsgericht annimmt, von einem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen ausgegangen werden, weil nicht mehr erwartet werden könne, in Bezug auf die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke einen Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer ausfindig zu machen. Es ist zunächst keineswegs ausgeschlossen, dass auch nach mehr als 9 Jahren noch ein solcher Berechtigter ermittelt werden kann. Insoweit hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass eine am 24. Mai 2007 beim Kläger aufgefundene goldene Armbanduhr einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999, also 8 Jahre vorher, zugeordnet werden konnte.

Solange jedoch somit die Eigentumsfrage nicht geklärt und der wahre Berechtigte gefunden ist, sind die Voraussetzungen der auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützten Sicherstellung nicht weggefallen, sie würden vielmehr bei einer Herausgabe an den Kläger wieder eintreten (BayVGH, B. v. 11.2.2009 - 10 CE 08.3393 - BayVBl 2009, 569, Rn. 16; ähnlich BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 18; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 7). Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach Art. 25 Nr. 2 PAG zum Schutz privater Rechte tätig wurde und ihr nach Art. 2 Abs. 2 PAG der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt. Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er bisher nicht als Berechtigter ermittelt worden ist bzw. ermittelt werden konnte (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 38 ff.; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 7).

Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen weggefallen sind, weil kein Eigentümer oder rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt, zu dessen Schutz gemäß Art. 25 Abs. 2 PAG die Sicherstellung erfolgt ist, mehr ermittelt werden kann, kann jedenfalls der Kläger nicht die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände an sich verlangen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG hält einer Überprüfung nicht stand.

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind die sichergestellten Sachen zwar grundsätzlich „an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind“. Jedoch besteht die Herausgabepflicht der Polizei nach richtigem Verständnis dieser Bestimmung nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer ist somit ausgeschlossen. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG regelt die Herausgabe der sichergestellten Sache nach der Beendigung des polizeilichen Gewahrsams und der amtlichen Verwahrung an den Betroffenen, dessen Rechte durch den hoheitlichen Eingriff der Sicherstellung beeinträchtigt wurden bzw. werden. Wie sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit Art. 27 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2 PAG ergibt, muss dem von der Sicherstellung Betroffenen für einen Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG ein Recht an der Sache zustehen, er muss „Berechtigter“ sein, also Eigentümer oder berechtigter Besitzer. Die Herausgabe an jemanden, der den Besitz an der Sache durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt hat, kann nach dieser Rechtsgrundlage nicht gefordert werden (so schon BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; ähnlich OVG Berlin-Bbg, B. v. 15.6.2016 - OVG 1 S 21.16 - juris Rn. 14; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 12; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz. Handkommentar, 20. Auflage 2010, Art. 28 Rn. 3; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 28 Rn. 9).

Der Umstand, dass die Polizei bisher trotz entsprechender Bemühungen keinen „Berechtigten“ für die streitgegenständlichen Schmuckstücke ausfindig machen konnte und dass dies (möglicherweise) endgültig nicht mehr möglich ist, führt nicht dazu, dass der Kläger, der zur vollen Überzeugung des Verwaltungsgerichts wie auch des erkennenden Senats nicht der Eigentümer oder berechtigte Besitzer ist, allein aus diesem Grund zum „Berechtigten“ wird. Dies hat auch nicht zur Folge - wie das Verwaltungsgericht meint - dazu, dass deswegen „endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden kann“ (UA S. 9), sondern lediglich dazu, dass die Identität des zu Schützenden unbekannt bleibt. Dass der Berechtigte (noch) nicht bekannt ist, steht jedoch einer Sicherstellung und deren Aufrechterhaltung grundsätzlich nicht entgegen (BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17; BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 15; teilw. noch offen lassend: BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris, Rn. 15; BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17).

Insoweit besteht auch kein Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG, „nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs“, wie das Verwaltungsgericht meint (UA. S. 9). Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG setzt nämlich gerade voraus, dass die sichergestellte Sache nicht herausgegeben werden kann, mithin dass die Sicherstellungsvoraussetzungen noch fortbestehen (Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 27 Rn. 6; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4). Entsteht ein Herausgabeanspruch erst nach der Verwertung, ist nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 PAG der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so ist der Erlös gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 PAG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Angesichts dieser gesetzlichen Regelungssystematik besteht kein Grund, einen Nicht-Berechtigten im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG doch als Berechtigten anzusehen, wenn ein „wahrer“ Berechtigter „endgültig“ nicht mehr ermittelt werden kann.

Im Übrigen ist das Herausgabeverlangen des Klägers auch rechtsmissbräuchlich. Da weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass er Eigentümer oder berechtigter Besitzers der sichergestellten Gegenstände ist, kann er sich zur Begründung seines Herausgabeverlangens nicht darauf berufen, dass ein Berechtigter bislang nicht ermittelt worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 46 ff.; OVG NW, B. v. 11.8.2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 45; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 9).

Diese Auslegung der Vorschriften der präventivpolizeilichen Sicherstellung steht auch nicht im Konflikt mit der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB, insbesondere dem erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. Zwar verfolgt auch diese Vorschrift einen präventiven Zweck: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (so BVerfG, B. v. 14.1.2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1, Rn. 70). § 73d StGB ermöglicht es, dem Betroffenen einen Teil seines Vermögens wegzunehmen, soweit es deliktisch erlangt worden ist, und zwar auch dann, wenn es der Betroffene zivilrechtlich wirksam erlangt hat (BVerfG, a. a. O., Rn. 71, 88). Der Grundsatz, sichergestellte Gegenstände nicht an einen Nicht-Berechtigten herausgeben, hat dagegen eine andere Zielrichtung: es wird damit verhindert, dass eine Person, die nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer ist, eine Sache allein deswegen (zurück-) erhält, weil der wahre Berechtigte nicht ausfindig gemacht werden konnte bzw. kann, und dass damit der nicht der Rechtsordnung entsprechende Zustand wiederhergestellt oder verlängert wird. Es wird damit nicht etwas bei einem Betroffenen „abgeschöpft“, sondern er erhält etwas nicht zurück, was ihm nicht zusteht. Die Regelung im Strafgesetzbuch „sperrt“ damit nicht eine entsprechende Regelung präventivpolizeilicher Eingriffsermächtigungen zur Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung aufgrund des landesrechtlichen Polizeiaufgabengesetzes. Bei der vom Kläger gerügten Anwendung dieser Bestimmungen in seinem Fall handelt es sich im Ergebnis letztlich ebenfalls um eine systemkonforme Auswirkung des „alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatzes, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist“ (BVerfG, a. a. O., Rn. 76).

2. Die Klage gegen die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke in dem Bescheid vom 31. März 2014 ist zulässig, aber unbegründet.

2.1 Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere liegt beim Kläger eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) vor, da der Bescheid an ihn gerichtet ist und er geltend macht, der Eigentümer der Schmuckstücke zu sein; die abschließende Bewertung der Eigentumslage ist Sache der Begründetheit.

2.2 Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil die Anordnung der Verwertung jedenfalls den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG ist die Verwertung einer sichergestellten Sache zulässig, wenn sie nach einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Vorschrift geht davon aus, dass die Sicherstellungsgründe fortbestehen, weil nur dann eine Herausgabe ausscheidet (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand Juni 2016, Art. 27 Rn. 6).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie oben dargelegt, können die sichergestellten Schmuckstücke nicht herausgegeben werden, weil der Kläger nicht Berechtigter ist und ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist. Da der Kläger nicht Berechtigter (Eigentümer oder berechtigter Besitzer) ist, kann er auch nicht eigenen Rechten verletzt sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird geändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Unter Einbeziehung des unanfechtbar gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Urteils erster Instanz wird die Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst:

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Herausgabe von sichergestellten Schmuckstücken.

Am 24. Mai 2007 wurde die Wohnung des Klägers, der seit 1977 gewerblich als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Flohmarkthändler tätig war, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Raubes und Wohnungseinbrüchen durchsucht und dabei unter anderem eine große Menge Schmuck aufgefunden, der zum Teil beschlagnahmt wurde. Daneben wurden eine halbautomatische Pistole mit eingeführtem Magazin, ein ebenfalls geladener Trommelrevolver und verschiedene Munition gefunden. Nachfolgend wurde gegen den Kläger wegen gewerbsmäßiger Hehlerei und unerlaubten Waffen- und Munitionsbesitzes ermittelt und er mit Urteil des Amtsgerichts München vom 7. Oktober 2008 wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren wegen Hehlerei wurde im Hinblick auf die wegen unerlaubten Waffenbesitzes verhängte Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO unter der Auflage eingestellt, an eine Geschädigte einen Geldbetrag von 2.500,- Euro zu leisten.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 stellte das Kriminalfachdezernat 3 die am 24. Mai 2007 anlässlich der Durchsuchung der klägerischen Wohnung beschlagnahmten Schmuckgegenstände im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG sicher. In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass der Kläger teilweise als Hehler für eine überwiegend in München lebende, aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Einbrecher- und Räuberbande fungiert habe. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung im Mai 2007 sei eine große Menge Schmuck beschlagnahmt worden, der in verschiedenen Taschen von Kleidungsstücken, zwischen der Wäsche, in einer Aktentasche, im Keller und in einem Verkaufsanhänger aufgefunden worden sei, außerdem Bargeld. Bisher hätten fünf Schmuckstücke zugeordnet bzw. durch Geschädigte identifiziert werden können. Eine goldene Damenarmbanduhr stamme aus einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999 in Düsseldorf; die im Sicherstellungsverzeichnis unter Nummern 2 bis 5 beschriebenen Schmuckstücke stammten aus einem Wohnungsraub vom 9. Juni 2006 in München. Der Kläger habe bei seiner Vernehmung am 24. Mai 2007 zunächst den ihn belastenden Aussagen der dieser Tat Beschuldigten widersprochen und angegeben, diese nicht zu kennen, am 23. Oktober 2007 indes eingeräumt, vier Schmuckstücke, die nachweislich aus einem Wohnungsraub stammten, von dem Beschuldigten Z. erworben zu haben. Die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB sei widerlegt durch die Angaben der beiden Beschuldigten - einer von ihnen sei mittlerweile zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden - und den Umstand, dass der Kläger weder Eigentumsnachweise habe vorlegen können noch glaubhafte Angaben zur Herkunft des Schmuckes habe machen können. Es sei nicht erforderlich, dass der rechtmäßige Eigentümer oder Besitzer bekannt sei.

Diesen Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 19. März 2009 vor dem Verwaltungsgericht anfechten (M 7 K 09.1188), mit der Begründung, er sei - mit Ausnahme der im Bescheid unter Nummern 1 bis 5 bezeichneten Gegenstände - Eigentümer der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände. Es handele sich um Familienschmuck mit hohem materiellem und ideellem Wert bzw. um Schmuck, den der Kläger in Ausübung seines Gewerbes als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Schmuck sowie Flohmarkthändler rechtmäßig erworben habe. Für den Kläger spreche die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB, die auch nicht durch die Angaben der Beschuldigten widerlegt werde. Allenfalls für die aus einem Wohnungsraub stammenden Schmuckstücke Nummern 2 bis 5 könne die Vermutung widerlegt sein. Nicht der Kläger sei verpflichtet, sein Eigentum im Einzelnen nachzuweisen. Dies obliege vielmehr der Polizei, die jedoch seit der Beschlagnahme im Mai 2007 keine Geschädigten habe ermitteln können. Wenn die Staatsanwaltschaft den Vorwurf hätte nachwiesen können, wäre es nicht zu Einstellung des Strafverfahrens wegen Hehlerei gemäß § 154 StPO gekommen. Im Übrigen sei die Sicherstellung knapp zwei Jahre nach der Beschlagnahme unverhältnismäßig.

In der (ersten) mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2010 erklärte der Beklagte, eine Anzahl der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände an den Kläger aushändigen zu wollen; insoweit wurde die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Änderungsbescheid vom 6. August 2010 änderte das Kriminalfachdezernat 3 den Bescheid vom 17. Februar 2009 dahin ab, dass die Sicherstellung der im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007 unter Nr. 12 sowie Nrn. 32.4 bis durchgehend 34.16 aufgeführten Gegenstände aufgehoben wurde.

Mit Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) stellte das Gericht das Verfahren ein, soweit die Beteiligten die Streitsache für erledigt erklärt hatten, und wies die Klage im Übrigen ab.

Rechtsgrundlage der Sicherstellung sei Art. 25 Nr. 2 PAG. Dessen Voraussetzungen seien bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung erfüllt gewesen. Aufgrund der Indizienlage sei das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum an den in seinem unmittelbaren Besitz befindlichen Gegenständen gewesen. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift als widerlegt und der Kläger nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. An dieser polizeilichen Einschätzung sei unter Berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung festzuhalten.

Gegen das Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.

Eine zwischen dem 30. Juni und 12. August 2011 ausgehängte öffentliche Bekanntmachung des Polizeipräsidiums München, mit der die tatsächlichen Eigentümer der Schmuckstücke aufgefordert wurden, die ihnen gehörenden Gegenstände abzuholen, blieb ohne Erfolg.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 1. Februar 2012 und 11. Juli 2013 ließ der Kläger beim Kriminalfachdezernat 3 die Aufhebung der Sicherstellung und die Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 28 Abs. 1 PAG bzw. die Freigabe der sichergestellten Schmuckstücke beantragen.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 hörte das Kriminalfachdezernat 3 den Kläger zu der beabsichtigten Verwertung der Schmuckstücke an. Durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19. Februar 2014 und 14. März 2014 widersprach der Kläger dieser Absicht.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 ordnete das Kriminalfachdezernat 3 bezüglich der am 24. Mai 2007 beschlagnahmten und mittels Bescheid vom 17. Februar 2009 in Verbindung mit dem Abänderungsbescheid vom 6. August 2010 sichergestellten Schmuckgegenstände (aufgeführt im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007) die Verwertung dieser sich noch in amtlicher Verwahrung befindlichen Schmuckstücke an. In den Gründen ist angegeben, eine Herausgabe der sichergestellten Gegenstände komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Sicherstellung seien nicht entfallen und es sei keineswegs eine „Verfestigung“ der Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB zugunsten des Klägers erfolgt. Es bestehe keine Herausgabepflicht der Polizei hinsichtlich der sichergestellten Sachen nach Art. 28 Abs. 1 PAG. Zum einen sei der Zweck der polizeilichen Sicherstellung der betreffenden Gegenstände - der Schutz privater Rechte - nicht dadurch entfallen, dass ein berechtigter Dritter bisher nicht ermittelt werden konnte. Zum anderen bestehe die Herausgabepflicht der Polizei nach Art. 28 Abs. 1 PAG nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer sei somit ausgeschlossen (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707). Auch bei Erfolglosigkeit weiterer Ermittlungen zu den Eigentümern der sichergestellten Sachen sei nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen. Vielmehr dauere der Schutzzweck der Sicherstellung fort, weil es dem mutmaßlichen Willen des unbekannt bleibenden Geschädigten entspreche, einen zu seinem Nachteil eingetretenen Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden (OVG NW, B. v. 12.7.2007 - 5 A 1056/06). Rechtsgrundlage für die Anordnung der Verwertung sei Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG. Nach der Feststellung des Verwaltungsgerichts sei aufgrund der Indizienlage das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift widerlegt, und der Kläger sei nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. Bei einer Herausgabe der Schmuckstücke an den Kläger würden die Voraussetzungen für die Sicherstellung erneut eintreten, womit diese gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ausgeschlossen sei. Die Verwertungsanordnung sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht.

Mit Urteil vom 8. April 2015 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Kriminalfachdezernats 3 vom 31. März 2014 auf und verpflichtete den Beklagten, die in der Anlage K 2 zur Klageschrift aufgeführten Schmuckgegenstände an den Kläger herauszugeben.

In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG könnten sichergestellte Sachen verwertet werden, wenn sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Jahresfrist, die mit der Sicherstellung am 19. Februar 2009 zu laufen begonnen habe, sei abgelaufen. Streitig sei allein, ob die Schmuckstücke nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Aus dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung sei zu schließen, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung im Zeitpunkt des Erlasses der Verwertungsanordnung noch vorliegen müssten.

Das Gericht gehe sowohl davon aus, dass der Kläger als Berechtigter im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen sei, als auch davon, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung bei Erlass der Verwertungsanordnung entfallen gewesen seien.

Nach dem Vollzugshinweis zum Polizeiaufgabengesetz Nr. 27.3 sei Berechtigter jeder, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Davon, dass dem Kläger ein derartiges Recht zustehe, sei das Gericht aus den im Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) bereits dargelegten Gründen indes nicht überzeugt, vielmehr davon, dass er den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Allerdings könne er im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Herausgabeanspruch gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG geltend machen. Um einen Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG zu vermeiden - nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs -, sei nach Auffassung des Gerichts der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 auszulegen.

Danach seien die Sachen zunächst an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG), und nur, wenn dies nicht möglich ist, an eine andere Person (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG). Auch seien die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorliegend entfallen. Denn trotz der Bemühungen des Beklagten habe sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke gefunden (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB), der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, so dass davon auszugehen sei, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Damit sei für die Aufrechterhaltung der Sicherstellung gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG kein Raum mehr. Die Polizei schütze nach Art. 2 Abs. 2 PAG Rechte Privater nur unter der Voraussetzung, dass gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen sei und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Im Rahmen der Ermessensausübung sei der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten maßgebend. Ferner fehle es an der Verhältnismäßigkeit; nach Art. 4 Abs. 3 PAG sei eine Maßnahme nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht sei oder sich zeige, dass er nicht erreicht werden könne.

Allein der zu vermutende deliktische Ursprung der Gegenstände reiche für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht aus. Ihre Rechtmäßigkeit werde zwar grundsätzlich nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolge, noch unbekannt sei. Insoweit genüge, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht auszuschließen sei. In diesem Fall diene die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor dem Verlust seines Eigentums. Davon könne aber dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn aufgrund des Zeitablaufs und der behördlichen Bemühungen zur Ermittlung eines anderweitigen Berechtigten der Schmuckstücke ein solcher endgültig nicht zu ermitteln sei. Dem Herausgabebegehren lasse sich dann nicht entgegenhalten, dass im Rückschluss aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG davon auszugehen sei, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur an einen Berechtigten herausgegeben werden dürfe. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Satz geprägt habe, eine Herausgabe an den Dieb oder Hehler sei ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 10), sei er davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung im Entscheidungszeitpunkt noch vorgelegen hätten. Dasselbe gelte für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - nicht entscheidungserheblich - in Bezug genommenen Beschluss vom 11. August 2010 (5 A 298/09 - juris Rn. 45), in dem ein derartiges Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich qualifiziert worden sei. Die Kammer sei der Auffassung, dass bei Herausgabeverlangen eines mutmaßlichen Diebs oder Hehlers eine dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG nicht in Betracht komme. Dies sowie die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat sei Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) und habe in diesen Vorschriften eine abschließende Regelung gefunden. Neben diesen geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung sei eine präventivpolizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig. Vor diesem Hintergrund sei ein Herausgabeverlangen des von der Sicherstellung Betroffenen auch nicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Da die streitgegenständlichen Schmuckstücke beim Kläger sichergestellt worden seien und ausgeschlossen werden könne, dass sich noch ein anderweitiger Berechtigter finde, seien sie nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auch an ihn wieder herauszugeben. Damit aber hätten im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses die Voraussetzungen für eine Verwertungsanordnung nicht mehr vorgelegen, so dass diese aufzuheben gewesen sei.

Zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Berufung führt der Beklagte im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG lägen vor; die Sicherstellungsvoraussetzungen seien weiterhin gegeben. Das Verwaltungsgericht gehe zu Recht gerade nicht davon aus, dass dem Kläger ein Recht zum Besitz der Sachen zustehe, da es überzeugt sei, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Es verhalte sich aber widersprüchlich, wenn es annehme, der Kläger sei als Berechtigter im Sinn des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen, aber gleichzeitig davon überzeugt sei, dem Kläger stehe kein derartiges Recht zu. Soweit das Verwaltungsgericht dies mit einem zu vermeidenden Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG begründe, weshalb der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auszulegen sei, verstehe das Gericht den Begriff des Berechtigten über die eigentliche Definition hinausgehend. Hierfür gebe es jedoch weder eine rechtliche Grundlage noch bedürfe es einer erweiterten Auslegung; ein Wertungswiderspruch zwischen diesen Normen existiere nicht, der Begriff des Berechtigten sei in Art. 28 ebenso wie in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG auszulegen. Es sei vielmehr zu differenzieren zwischen dem von der Sicherstellung „Betroffenen“ und dem „Berechtigten“. Einen Herausgabeanspruch habe ein von der Sicherstellung „Betroffener“, bei dem die Sache sichergestellt wurde, nur dann, wenn er auch „Berechtigter“ sei. Dies ergebe sich aus dem Sinn und zugleich aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aus der dem Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG zugrundeliegenden Logik und aus dem systematischen Zusammenhang des Art. 28 Abs. 1 PAG mit Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 (und 5) sowie Abs. 2 PAG. Dem Betroffenen im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG müsse ein Recht an der Sache zustehen, er dürfe gerade nicht den Besitz durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt haben (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20). Zwar bleibe in dieser Entscheidung die Frage offen, ab welchem Zeitpunkt ein Berechtigter endgültig nicht mehr ermittelt werden könne. Jedoch sei nicht nachvollziehbar, warum sich an dieser Auslegung allein aus Gründen des Zeitablauf etwas ändern sollte. Diese Argumentation finde auch weitere Unterstützung in der Rechtsprechung. Es bedürfe somit für den Begriff des Berechtigten im Sinn des Herausgabeanspruchs nach Art. 28 keiner anderen Definition als im Art. 27 PAG. Berechtigter im Sinn beider Vorschriften sei der, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Eigentum und Recht zum Besitz an den sichergestellten Gegenständen habe das Verwaltungsgericht aber in Bezug auf den Kläger eindeutig und fehlerfrei verneint.

Die Voraussetzungen der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG würden zudem bei Herausgabe an den Kläger erneut eintreten und seien nicht entfallen. Das Vorliegen der Sicherstellungsvoraussetzungen nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei zunächst rechtskräftig mitUrteil vom 16. November 2011 (M 7 K 09.1188) für den damaligen Zeitpunkt festgestellt worden. Notwendig für den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen sei regelmäßig eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhalts. Allein das zeitliche Moment stelle insoweit noch keine ausreichende Änderung dar. Aus dem Umstand, dass bislang keine weiteren tatsächlichen Eigentümer oder sonst Berechtigte hätten ermittelt werden können, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Unzweifelhaft bestünden noch - nicht ermittelte - Berechtigte, deren Eigentum bzw. Besitzrecht durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützt werden könne. So gehe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nicht weggefallen seien, solange die Eigentumsfrage nicht geklärt sei.

Die polizeiliche Sicherstellung einer Sache zum Eigentumsschutz nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 766 ff. BGB) gerechtfertigt, wenn diese dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspreche. Bei einem Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludenten Willensäußerung entscheide der mutmaßliche Wille und mangels Anhaltpunkten hierfür der Wille, der dem Interesse des Berechtigten entspreche. Der mutmaßliche Wille sei nicht derjenige, den der Geschäftsführer subjektiv annehme, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme geäußert haben würde. Mit der Unverbrüchlichkeit und Gerechtigkeit der Rechtsordnung sei es nicht zu vereinbaren, dass eine Rückgabe der Gegenstände an denjenigen erfolge, der sie unrechtmäßig erworben habe. Vielmehr sei es sachgerecht, dass in dem Fall, dass der wahre Eigentümer/Berechtigte einer Sache nicht mehr zu ermitteln sei, eine Verwertung der Sache zu erfolgen habe. Diese Auffassung entspreche auch dem mutmaßlichen Willen bzw. dem Interesse des wahren Eigentümers/Berechtigten.

Die Verwertungsanordnung sei auch nach Art. 4 PAG geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Begriff der „Präventiven Gewinnabschöpfung“ passe in Konstellationen wie der vorliegenden nicht. Zielrichtung der Aufrechterhaltung der Sicherstellung statt der Herausgabe sei nicht, etwas beim Kläger abzuschöpfen, sondern eine Perpetuierung einer feststehenden Rechtsgutsverletzung beim wahren Eigentümer zu vermeiden. Aus der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Freistaats Bayern für präventivpolizeiliche Maßnahmen folge, dass die Vorschriften der bundesgesetzlichen §§ 73 ff. StGB keine Sperrwirkung gegenüber dem PAG entfalten könnten.

Der Beklagte stellt den Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei rechtmäßig, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe der noch sichergestellten Schmuckstücke zu.

Der Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG habe Vorrang gegenüber einer Verwertung nach Art. 27 PAG. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien weggefallen. Das Verwaltungsgericht habe richtig festgestellt, dass trotz der Bemühungen des Beklagten sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke, der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, gefunden habe. Es sei daher davon auszugehen, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne.

Auch die Herausgabe an den Kläger sei möglich. Er sei sowohl Betroffener als auch Berechtigter. Der Beklagte habe bisher nicht nachweisen können, dass eine Drittberechtigung anderer Personen vorliegen könne. Die Feststellungslast trage der Beklagte. Der Kläger sei Eigentümer der sichergestellten Gegenstände (mit Ausnahme der seinerzeit unter Nrn. 1 bis 5 des Sicherstellungsverzeichnisses aufgeführten Gegenstände). Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) ändere daran nichts. Damals sei die Eigentumslage noch nicht geklärt gewesen. Jetzt handele es sich um die Herausgabe der damals sichergestellten Gegenstände nach über sechs Jahren. Es habe kein wahrer Eigentümer der Schmuckstücke ermittelt werden können. Nach alldem stehe nach jetziger Sachlage fest, dass der Kläger der wahre Eigentümer der streitgegenständlichen sichergestellten Schmuckstücke sei. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB sei nach jetziger Sach- und Rechtslage gegeben. Es sei nämlich nicht erwiesen, dass die sichergestellten Schmuckstücke gestohlen worden, verloren gegangen oder einem sonstigen früheren Besitzer abhanden gekommen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 ist begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände gegen den Beklagten zu (1.), und durch die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckgegenstände wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (2.). Daher war das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Die Klage auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände ist zulässig, aber unbegründet.

1.1 Die Klage ist zulässig. Da aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) feststeht, dass die Sicherstellung der streitgegenständlichen Schmuckstücke jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Maßnahme rechtmäßig war, kann der Kläger nicht mehr im Wege einer Anfechtungsklage gegen die Sicherstellungsverfügung deren Aufhebung (ex tunc) und unter Anwendung des in § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO enthaltenen Folgenbeseitigungsanspruchs die Herausgabe verlangen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 10). Er hat daher zu Recht eine allgemeine Leistungsklage erhoben (Schmidbauer/Steiner, a. a. O.; allgemein Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2016, § 42 Rn. 150). Unschädlich ist, dass das Verwaltungsgericht die Klage insoweit (offenbar) als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) angesehen hat (vgl. UA S. 8 mit dem Verweis auf § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); Zulässigkeitsbedenken wären im Übrigen auch in diesem Fall nicht erkennbar.

1.2. Die Klage ist nicht begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Herausgabe der streitgegenständlichen Schmuckstücke hat.

a) Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ist die Herausgabe jedoch ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für die Sicherstellung eintreten würden.

b) Die begehrte Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke an den Kläger kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen der Sicherstellung noch nicht weggefallen sind und weil der Kläger auch kein Berechtigter im Sinn dieser Vorschrift ist.

Die Sicherstellung der Schmuckstücke durch Bescheid vom 17. Februar 2009 erfolgte auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG, um deren Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor deren Verlust zu schützen. Die Sicherstellungsverfügung wurde durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) für die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke bestätigt. Das Gericht hat dabei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB als widerlegt und den Kläger somit nicht als Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer der Schmuckstücke angesehen. Als Indizien für die Widerlegung der Eigentumsvermutung hat das Gericht damals die nachweisbare Herkunft eines Teils der aufgefundenen Schmuckstücke aus einem Raub bzw. Diebstahl, den Kontakt des Klägers zu den Tätern und deren Aussagen zum Kläger, das Missverhältnis des hohen Wertes der Schmuckstücke zur Einkommenssituation des Klägers, den Umstand, dass der Kläger keinerlei Herkunftsbelege gerade für die hochwertigen Stücke besaß, den Umstand, dass der Kläger zur Herkunft gar keine oder nur vage und widersprüchliche Angaben machen konnte, sowie die Auffindungssituation der Schmuckstücke herangezogen.

Die Rechtskraft des Urteils (§ 121 VwGO) vom 16. März 2011 muss sich der Kläger entgegenhalten lassen; damit steht fest, dass die angefochtene Sicherstellung nicht rechtswidrig erfolgte und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzte. Die dabei getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorgelegen haben, ist für die vorliegende Entscheidung präjudiziell (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 24; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand Oktober 2016, § 121 Rn. 19).

Insoweit sind seither auch keine Änderungen des Sachverhalts eingetreten, die den von der Rechtskraft erfassten Streitgegenstand verändern und den nachträglichen Wegfall der anfänglich vorliegenden Voraussetzungen für die Sicherstellung begründen würden (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 72; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: Oktober 2016, § 121 Rn. 54). Zu keinem der Gesichtspunkte, die im Urteil vom 16. März 2011 für die Überzeugung des Verwaltungsgerichts leitend waren, dass der Kläger nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer sei, hat der Kläger etwas vorgetragen, das die damalige Würdigung nunmehr in neuem Licht erscheinen lassen könnte, noch ist sonst etwas für eine dahingehende Änderung der Sach- und Rechtslage ersichtlich. Allein der Zeitablauf von (weiteren) fünf Jahren, ohne dass die Polizei seither (weitere) Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer der Schmuckstücke ausfindig machen konnte, rechtfertigt es nicht, nunmehr den Kläger trotz fortbestehender gegensätzlicher Indizienlage unter Heranziehung von § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß seiner bloßen Behauptung als Eigentümer anzusehen. Auch das Verwaltungsgericht war im Übrigen in der angefochtenen Entscheidung vom 8. April 2015 weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben hat (UA S. 9).

Nach Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) kann nicht, wie das Verwaltungsgericht annimmt, von einem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen ausgegangen werden, weil nicht mehr erwartet werden könne, in Bezug auf die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke einen Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer ausfindig zu machen. Es ist zunächst keineswegs ausgeschlossen, dass auch nach mehr als 9 Jahren noch ein solcher Berechtigter ermittelt werden kann. Insoweit hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass eine am 24. Mai 2007 beim Kläger aufgefundene goldene Armbanduhr einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999, also 8 Jahre vorher, zugeordnet werden konnte.

Solange jedoch somit die Eigentumsfrage nicht geklärt und der wahre Berechtigte gefunden ist, sind die Voraussetzungen der auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützten Sicherstellung nicht weggefallen, sie würden vielmehr bei einer Herausgabe an den Kläger wieder eintreten (BayVGH, B. v. 11.2.2009 - 10 CE 08.3393 - BayVBl 2009, 569, Rn. 16; ähnlich BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 18; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 7). Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach Art. 25 Nr. 2 PAG zum Schutz privater Rechte tätig wurde und ihr nach Art. 2 Abs. 2 PAG der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt. Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er bisher nicht als Berechtigter ermittelt worden ist bzw. ermittelt werden konnte (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 38 ff.; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 7).

Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen weggefallen sind, weil kein Eigentümer oder rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt, zu dessen Schutz gemäß Art. 25 Abs. 2 PAG die Sicherstellung erfolgt ist, mehr ermittelt werden kann, kann jedenfalls der Kläger nicht die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände an sich verlangen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG hält einer Überprüfung nicht stand.

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind die sichergestellten Sachen zwar grundsätzlich „an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind“. Jedoch besteht die Herausgabepflicht der Polizei nach richtigem Verständnis dieser Bestimmung nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer ist somit ausgeschlossen. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG regelt die Herausgabe der sichergestellten Sache nach der Beendigung des polizeilichen Gewahrsams und der amtlichen Verwahrung an den Betroffenen, dessen Rechte durch den hoheitlichen Eingriff der Sicherstellung beeinträchtigt wurden bzw. werden. Wie sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit Art. 27 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2 PAG ergibt, muss dem von der Sicherstellung Betroffenen für einen Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG ein Recht an der Sache zustehen, er muss „Berechtigter“ sein, also Eigentümer oder berechtigter Besitzer. Die Herausgabe an jemanden, der den Besitz an der Sache durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt hat, kann nach dieser Rechtsgrundlage nicht gefordert werden (so schon BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; ähnlich OVG Berlin-Bbg, B. v. 15.6.2016 - OVG 1 S 21.16 - juris Rn. 14; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 12; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz. Handkommentar, 20. Auflage 2010, Art. 28 Rn. 3; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 28 Rn. 9).

Der Umstand, dass die Polizei bisher trotz entsprechender Bemühungen keinen „Berechtigten“ für die streitgegenständlichen Schmuckstücke ausfindig machen konnte und dass dies (möglicherweise) endgültig nicht mehr möglich ist, führt nicht dazu, dass der Kläger, der zur vollen Überzeugung des Verwaltungsgerichts wie auch des erkennenden Senats nicht der Eigentümer oder berechtigte Besitzer ist, allein aus diesem Grund zum „Berechtigten“ wird. Dies hat auch nicht zur Folge - wie das Verwaltungsgericht meint - dazu, dass deswegen „endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden kann“ (UA S. 9), sondern lediglich dazu, dass die Identität des zu Schützenden unbekannt bleibt. Dass der Berechtigte (noch) nicht bekannt ist, steht jedoch einer Sicherstellung und deren Aufrechterhaltung grundsätzlich nicht entgegen (BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17; BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 15; teilw. noch offen lassend: BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris, Rn. 15; BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17).

Insoweit besteht auch kein Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG, „nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs“, wie das Verwaltungsgericht meint (UA. S. 9). Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG setzt nämlich gerade voraus, dass die sichergestellte Sache nicht herausgegeben werden kann, mithin dass die Sicherstellungsvoraussetzungen noch fortbestehen (Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 27 Rn. 6; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4). Entsteht ein Herausgabeanspruch erst nach der Verwertung, ist nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 PAG der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so ist der Erlös gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 PAG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Angesichts dieser gesetzlichen Regelungssystematik besteht kein Grund, einen Nicht-Berechtigten im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG doch als Berechtigten anzusehen, wenn ein „wahrer“ Berechtigter „endgültig“ nicht mehr ermittelt werden kann.

Im Übrigen ist das Herausgabeverlangen des Klägers auch rechtsmissbräuchlich. Da weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass er Eigentümer oder berechtigter Besitzers der sichergestellten Gegenstände ist, kann er sich zur Begründung seines Herausgabeverlangens nicht darauf berufen, dass ein Berechtigter bislang nicht ermittelt worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 46 ff.; OVG NW, B. v. 11.8.2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 45; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 9).

Diese Auslegung der Vorschriften der präventivpolizeilichen Sicherstellung steht auch nicht im Konflikt mit der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB, insbesondere dem erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. Zwar verfolgt auch diese Vorschrift einen präventiven Zweck: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (so BVerfG, B. v. 14.1.2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1, Rn. 70). § 73d StGB ermöglicht es, dem Betroffenen einen Teil seines Vermögens wegzunehmen, soweit es deliktisch erlangt worden ist, und zwar auch dann, wenn es der Betroffene zivilrechtlich wirksam erlangt hat (BVerfG, a. a. O., Rn. 71, 88). Der Grundsatz, sichergestellte Gegenstände nicht an einen Nicht-Berechtigten herausgeben, hat dagegen eine andere Zielrichtung: es wird damit verhindert, dass eine Person, die nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer ist, eine Sache allein deswegen (zurück-) erhält, weil der wahre Berechtigte nicht ausfindig gemacht werden konnte bzw. kann, und dass damit der nicht der Rechtsordnung entsprechende Zustand wiederhergestellt oder verlängert wird. Es wird damit nicht etwas bei einem Betroffenen „abgeschöpft“, sondern er erhält etwas nicht zurück, was ihm nicht zusteht. Die Regelung im Strafgesetzbuch „sperrt“ damit nicht eine entsprechende Regelung präventivpolizeilicher Eingriffsermächtigungen zur Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung aufgrund des landesrechtlichen Polizeiaufgabengesetzes. Bei der vom Kläger gerügten Anwendung dieser Bestimmungen in seinem Fall handelt es sich im Ergebnis letztlich ebenfalls um eine systemkonforme Auswirkung des „alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatzes, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist“ (BVerfG, a. a. O., Rn. 76).

2. Die Klage gegen die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke in dem Bescheid vom 31. März 2014 ist zulässig, aber unbegründet.

2.1 Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere liegt beim Kläger eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) vor, da der Bescheid an ihn gerichtet ist und er geltend macht, der Eigentümer der Schmuckstücke zu sein; die abschließende Bewertung der Eigentumslage ist Sache der Begründetheit.

2.2 Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil die Anordnung der Verwertung jedenfalls den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG ist die Verwertung einer sichergestellten Sache zulässig, wenn sie nach einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Vorschrift geht davon aus, dass die Sicherstellungsgründe fortbestehen, weil nur dann eine Herausgabe ausscheidet (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand Juni 2016, Art. 27 Rn. 6).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie oben dargelegt, können die sichergestellten Schmuckstücke nicht herausgegeben werden, weil der Kläger nicht Berechtigter ist und ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist. Da der Kläger nicht Berechtigter (Eigentümer oder berechtigter Besitzer) ist, kann er auch nicht eigenen Rechten verletzt sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, die mit Bescheid vom ... Juni 2013 sichergestellten Gegenstände an den Kläger herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine polizeiliche Sicherstellung.

Am ... Dezember 2011 gegen 22:55 Uhr stellten Polizeibeamte beim Kläger anlässlich einer Personenkontrolle nach dem Schengener Übereinkommen in der Schalterhalle des ...-bahnhofs und bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung wegen des Tatverdachts der gewerbsmäßigen Hehlerei insgesamt sechzehn Apple iPads und vier Mobiltelefone der Marken Apple iPhone und Samsung Galaxy sicher. Auf die Frage der Polizeibeamten, ob er in den beiden ersichtlich schweren Reisetaschen verbotene oder gefährliche Gegenstände mit sich führe, gab der Kläger an, es handele sich um Kleidungsstücke. Er sei soeben mit dem Zug aus ... gekommen, wo er sich ein paar Tage aufgehalten habe. Die Durchsuchung der Reisetaschen ergab, dass der Kläger vierzehn originalverpackte Apple iPads mit sich führte. Auf Frage gab er an, er habe diese in einem Laden in ... gekauft; auf weitere Frage nach dem Geschäftsort änderte er seine Angaben dahin ab, dass er sie in einer Gaststätte von einem ihm unbekannten Verkäufer ohne Rechnung für 5.250,- EUR gekauft habe, mit dem er sich am Bahnhof ... getroffen habe. Den Verkäufer namens „...“ habe er über E-Bay-Kleinanzeigen kennen gelernt. Auf die Frage, ob er etwas über die Herkunft der Geräte erfahren habe, erklärte der Kläger, „...“ habe gesagt, er habe Verbindungen nach Kambodscha. Er benötige keine Rechnung, weil man bei Apple eine direkte Garantie habe. Personen- und Kontaktdaten zu „...“ konnte der Kläger nicht nennen, ebenso wenig einen E-Mail-Verkehr nachweisen. Zur beabsichtigten Verwendung befragt, erklärte er, er wolle die Geräte seiner Familie und seinen Bekannten in der Türkei schicken.

Bei einer anschließenden Durchsuchung der Wohnung des Klägers, der er zustimmte, wurden zwei weitere originalverpackte iPads und vier Mobiltelefone der Marken Apple iPhone und Samsung Galaxy aufgefunden. Hierzu gab der Kläger an, die beiden iPads stammten aus einem bereits Monate zurückliegenden E-Bay-Geschäft. Kaufbelege konnte er nicht vorlegen.

Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass die Firma Apple die iPads an die Firma ... GmbH in ... geliefert hatte, welche sie auf der Homepage der Firma ... vertrieb. Die Geräte wurden sodann zwischen dem 15. November und 8. Dezember 2011 an verschiedene Packstationen im Allgäuer Raum versandt, wo verschiedene Personen sie abholten. Die Firma ... beglich die Kaufpreisforderungen der Firma ... GmbH. Bis Sommer 2013 konnte kein Geschädigter, keine Tatzeit, kein Tatort oder weitere Umstände ermittelt werden. Das Kommissariat ... ging davon aus, dass die voraussichtlich geschädigte Firma ... aufgrund ihrer Insolvenz keine Angaben mehr machen würde (Bl. 70 der Behördenakte). Drei der vier in der Wohnung des Klägers aufgefundenen Mobiltelefone waren auf fremde Inhaber registriert, die sich auf ein polizeiliches Schreiben nicht meldeten bzw. angaben, nie im Besitz des Telefons gewesen zu sein bzw. nicht mehr im Besitz des Telefons zu sein. Zu dem Gerät Samsung konnte nichts ermittelt werden.

Im Bundeszentralregister ist der Kläger mit folgenden Einträgen erfasst:

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Juli 2000 wegen gemein- schädlicher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 215672/00).

Dem lag zugrunde, dass der Kläger in einer Telefonzelle so lange gegen die Scheiben getreten hatte, bis eine davon heraussprang.

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Mai 2003 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen (911 Cs 481 Js 109112/03).

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... November 2007 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen (833 Cs 232 Js 228774/07)

Dieser Verurteilung lag der Diebstahl eines Computers im Wert von 899,- EUR bei der ... GmbH zugrunde.

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Dezember 2007 wegen Sachbeschädigung und Nachstellung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen (840 Cs 232 Js 216247/07)

Dem lag zugrunde, dass der Kläger unbefugt die Wohnung seiner Ex-Freundin betreten, dort eine Tür beschädigt, der Freundin nachgestellt und gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen hatte.

- Verurteilung durch das Amtsgericht ... am ... Januar 2009 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (4 Cs 307 Js 145138/08).

Im Kriminalaktennachweis ist der Kläger mit 17 Eintragungen erfasst, auf die Bezug genommen wird.

Mit Bescheid vom ... Juni 2013 stellte das Kriminalfachdezernat ..., Kommissariat ... die sechzehn Apple iPads und vier Mobiltelefone der Marken Apple iPhone und Samsung Galaxy nach Art. 25 Nr. 2 PAG im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft... im Verfahren 233 Js 120887/12 sicher (Nummer 1). Unter Nummer 2 des Tenors wurde mit der Sicherstellung und Überführung der Gegenstände in ein öffentlichrechtliches Verwahrungsverhältnis gleichzeitig ein gesetzliches Veräußerungsverbot verfügt. Weiter wurde der Sofortvollzug gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO angeordnet (Nummer 3). In den Gründen ist ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der Auffindesituation, der Anzahl der originalverpackten Geräte, des Fehlens geeigneter Herkunftsnachweise und der zum Teil widersprüchlichen und nicht schlüssigen Angaben davon auszugehen sei, dass der Kläger nicht als Berechtigter anzusehen sei, so dass durch eine Aushändigung das Eigentums- und Besitzrecht zulasten des rechtmäßigen Eigentümers widerrechtlich ausgeübt werde. Die sich aus § 1006 BGB ergebende Eigentumsvermutung sei widerlegt durch die widersprüchlichen Angaben am... Dezember 2011. Allein der Wert der angeblich von „...“ in einer Gaststätte erworbenen Geräte liege weit über 5.000,- EUR, nämlich bei insgesamt 10.086 EUR. Auch später habe der Kläger keine glaubhaften Angaben machen können und die Möglichkeit einer Beschuldigtenvernehmung nicht wahrgenommen. Er sei auch in der Vergangenheit schon strafrechtlich, u. a. wegen Eigentumsdelikten, in Erscheinung getreten. Die Angabe, dass er die Geräte in die Türkei zu seiner Familie und Freunden habe mitnehmen wollen, sei als Schutzbehauptung zu werten. Dass die wahren Eigentümer nur unter großen Schwierigkeiten und möglicherweise gar nicht ermittelt werden könnten, lasse die Sicherstellung nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Sie sei angezeigt und ermessensgerecht (Art. 5 PAG). Die sofortige Vollziehung sei erforderlich, um die wahren Berechtigten vor einem Verlust der sichergestellten Gegenstände zu bewahren. Es lägen eine Vielzahl von Anhaltspunkten für einen unrechtmäßigen Erwerb vor. Die aufschiebende Wirkung einer Klage würde den Zweck der Sicherstellung vereiteln. Es bestehe die Besorgnis, dass ein behördlicher Zugriff auf die Gegenstände bei Herausgabe an den Kläger nicht gewährleistet sei.

Ein gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei (233 Js 120887/12) wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft ... vom ... Juni 2013 gem. § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt, dem Kläger sei eine Hehlerei nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Seine Einlassung zum Erwerb der Gegenstände könne ihm nicht widerlegt werden. Insbesondere habe weder ein Geschädigter noch ein genauer Tatort ermittelt werden können.

Im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Warenkreditbetrugs, die Mobiltelefone zum Gegenstand hatten, gab ein Beschuldigter an, dass der Kläger, mit dem er nachweislich seit dem ... Juni 2013 Kontakt hatte, ihm mehrfach hochpreisige betrügerisch erlangte Mobiltelefone abgenommen habe. Deshalb wurde am ... Juli 2013 die Wohnung des Klägers durchsucht und dabei mehrere Mobiltelefone aufgefunden. Der Kläger gab an, mehrfach Mobiltelefone über Kleinanzeigen erworben zu haben und im Nebenerwerb defekte Geräte zu reparieren. Ansonsten machte er keine Angaben zur Sache. Er hatte selbst mehrere Mobiltelefone in Gebrauch. Da die zunächst bei ihm sichergestellten Mobiltelefone nicht mit den gesuchten Geräten identisch waren, wurden sie ihm am ... Juli 2013 wieder herausgegeben. Das am ... Juli 2013 gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei (814 Ds 248 Js 198161/13) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts ... gem. § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt.

Am ... Juli 2013 erhob der Kläger zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Gerichts Klage, zuletzt mit dem Antrag,

den Bescheid des Kriminalfachdezernats ..., Kommissariat ..., ..., vom ... Juni 2013 aufzuheben, hilfsweise, ihm die am ... Dezember 2011 sichergestellten Gegenstände entsprechend dem angefochtenen Bescheid auszuhändigen.

Gleichzeitig stellte er einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (M 7 S 13.3045).

Das Polizeipräsidium ... beantragte mit Schreiben vom ... September 2013,

die Klage abzuweisen,

und nahm umfangreich zu den Vorfällen Stellung, bei denen der Kläger polizeilich bzw. strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Zur Rechtslage wurde u. a. ausgeführt, dass eine Beschlagnahme der Gegenstände nach §§ 111 b StPO ff. einer nachfolgenden Sicherstellung nach Art. 25 PAG, die ein selbstständiges Rechtsinstitut darstelle, nicht entgegenstehe. Das gleiche gelte für die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, weil sich aus ihr nicht ergebe, dass der Kläger die Gegenstände rechtmäßig erworben habe. Allein aufgrund der verbliebenen Verdachtsmomente könne ein Bedürfnis für die Aufrechterhaltung von polizeilichem Gewahrsam bestehen. Die Beweislastregel des § 1006 BGB könne aufgrund von Indizien und Erfahrungssätzen widerlegt werden, mit der Folge, dass sich die Beweislast umkehre. Der Betroffene habe dann den Nachweis des von ihm behaupteten Eigentums an den sichergestellten Gegenständen zu erbringen, d. h. nach zutreffender Auffassung über die konkreten Erwerbsumstände Auskunft geben. Vorliegend sprächen die Anzahl der originalverpackten Geräte, die widersprüchlichen bzw. nicht schlüssigen Angaben, das Fehlen von Kaufbelegen sowie der behauptete, viel zu niedrige Kaufpreis für die iPads ohne plausible Erklärung gegen das Eigentum des Klägers. Im Rahmen der Bewertung der Glaubwürdigkeit des Klägers bzw. der Glaubhaftigkeit seiner Angaben seien die polizeilichen Vorerkenntnisse zu berücksichtigen. Er sei fähig und bereit, Strafgesetze zu verletzen, um sich Vorteile zu verschaffen. Den Straftaten sei zu entnehmen, dass eine Hemmschwelle gegenüber der Verletzung fremden Vermögens und Eigentums nicht bestehe. Angesichts der Fülle von Beweisanzeichen, die gegen das Eigentum des Klägers sprächen, kehre sich die an sich bei der Behörde liegende materielle Beweislast um, mit der Folge, dass der Kläger seinerseits den Nachweis des von ihm behaupteten Eigentums an den sichergestellten Gegenständen zu erbringen habe. Dies gelte auch für den Fall, dass der wahre Eigentümer oder rechtmäßige Gewahrsamsinhaber nicht ermittelt werden könne. Eine weitere Benutzung durch den Kläger sei jedenfalls missbräuchlich.

Am ... Oktober 2013 wurde gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs (233 Js 213219/13) eingeleitet, nachdem die Polizei bei einem türkischen Kurierfahrer ein iPhone 5 aufgefunden hatte, das zur Fahndung ausgeschrieben war und das dieser nach seinen Angaben über Kleinanzeigen vom Kläger in der Originalverpackung erworben hatte. In diesem Ermittlungsverfahren gab der Kläger am ... November 2013 an, das Mobiltelefon im Juli 2013 auf einem Flohmarkt in ... erworben zu haben. Kaufbelege konnte er nicht vorweisen. Das Verfahren wurde gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Zur Begründung seines Eilantrages ließ der Kläger seine Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom ... Mai 2014 vortragen, dass das Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Da damit kein genügender Anlass zur Erhebung öffentlicher Klage gegeben sei, seien die Voraussetzungen des Art. 25 Nr. 2 PAG nicht erfüllt. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Dezember 2011 - 10 B 11.480 - wurde ausgeführt, dass auch vorliegend zu gelten habe, dass zu voller richterlicher Überzeugung feststehen müsse, dass der Betroffene weder Eigentümer noch rechtmäßiger Besitzer und wahrer Eigentümer ein Dritter sei. Ein Verdacht reiche insoweit nicht aus, zumal dieser sich seit zwei Jahren und fünf Monaten nicht habe erhärten lassen. Aus den Schreiben des Kriminalfachdezernats vom ... Oktober 2012 und ... Mai 2013 ergebe sich, dass alle iPads von der Firma Apple an eine Firma ... GmbH ausgeliefert und dann über die Homepage der Firma ... weiterverkauft worden seien. Die Firma ... GmbH habe den Kaufpreis erhalten. Auch die Firma ... habe den Ermittlungsbehörden keinen Schaden und keine Unstimmigkeiten gemeldet. Bis zum Abschluss der Ermittlungen hätten weder ein Geschädigter, eine Tatzeit, ein Tatort noch weitere Umstände ermittelt werden können. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sämtliche sichergestellten Geräte mit einer Seriennummer versehen seien und daher im Fall eines tatsächlich unrechtmäßigen Erwerbes die vermeintlich wahren Eigentümer hätten festgestellt werden können. Soweit sich der Beklagte auf widersprüchliche Angaben berufe, überzeuge dies nicht. Es sei weder verboten, mehrere gleichartige elektronische Geräte zu erwerben, noch könne von einem günstigen Geschäftsabschluss zwangsläufig auf die Unrechtmäßigkeit dieses Geschäftsabschlusses oder dessen Nichtvorliegen geschlossen werden. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass der Erwerb mehrerer gleichartiger elektronischer Geräte zu einem deutlich günstigeren Preis führe. Es bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung, eine Rechnung vorzulegen. Die Darstellung des Beklagten reduziere sich daher letztlich auf die „polizeilichen Vorerkenntnisse“ über den Kläger. Doch auch hier erschließe sich nicht, warum Vorfälle wie Sachbeschädigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis oder Beleidigung dazu führen sollten, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB widerlegt sei, umso mehr, als diese Vorfälle ganz überwiegend mehrere bis viele Jahre zurücklägen. Außerdem verletze die Sicherstellung das Gebot der Verhältnismäßigkeit, da keine Anhaltspunkte für die Berechtigung Dritter vorlägen und die Geräte zwischenzeitlich bereits erheblich an Wert verloren hätten.

Dazu nahm der Beklagte mit Schreiben vom ... Juni 2014 dahingehend Stellung, dass nach der Rechtsprechung eine Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht ausschließe. Die in diesem Rahmen anzustellende Prognose setze keine strafgerichtliche Verurteilung voraus, nicht einmal ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Die zitierte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes habe die Sicherstellung von Geld betroffen, das anders als andere Gegenstände regelmäßig nicht individualisierbar sei. Gegen das Eigentum des Klägers spreche nicht nur die große Anzahl originalverpackter Geräte, sondern auch, dass er bezüglich der Herkunft keine glaubhaften Angaben habe machen können. Die originalverpackten iPads seien im Rahmen eines Lieferwegs- bzw. Lagerdiebstahls bei einer Firma ... GmbH in ... verschwunden. Bezüglich der iPhones sei anzuführen, dass die wahren Berechtigten keine Anzeige erstattet hätten, so dass die Geräte nicht in der Sachfahndungsdatei der Polizei eingestellt seien. Einschlägige polizeiliche Vorbelastungen seien bei der Bewertung unzweifelhaft zu berücksichtigen. Die umfassende Darstellung aller Erkenntnisse über den Kläger sei deshalb erfolgt, weil aus ihnen deutlich hervorgehe, dass polizeiliche Ermittlungen und Strafverfahren mit Verurteilungen den Kläger nicht abschreckten, weiterhin Straftaten zu begehen. Er sei seit 1990 in vielen strafrechtlichen Bereichen wiederholt in Erscheinung getreten. Dass er zwischen 2007 und der Personenkontrolle 2011 nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, streite nicht für den Kläger. Dies sei auch zwischen 1994 und 2000 schon einmal der Fall gewesen. Kurze Zeit nach Erlass des Sicherstellungsbescheides sei gegen den Kläger erneut ein Ermittlungsverfahren wegen Hehlerei (248 Js 198161/12) eingeleitet worden. Er stehe im Verdacht, mehrmals Mobiltelefone betrügerisch erlangt zu haben. Am ... Oktober 2013 sei ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Betrugs eingeleitet worden (233 Js 213219/13). Im Rahmen einer Polizeikontrolle von vier Männern sei bei einem von ihnen ein zur Fahndung ausgeschriebenes Mobiltelefon, iPhone 5, festgestellt worden. Der Beschuldigte habe angegeben, das Handy vor einigen Monaten über E-Bay-Kleinanzeigen vom Kläger erhalten zu haben. Dieser wiederum habe angegeben, das Handy auf einem Flohmarkt in ... erworben zu haben. Das Verfahren sei eingestellt worden.

Am ... Juli 2014 legte der Beklagte weitere Akten vor, aus denen hervorgeht, dass die Firma ... GmbH als Warenlieferant der Firma ... die Daten der beim Kläger sichergestellten Apple iPads mittlerweile bestimmten Kunden zuordnen konnte. Nach Einschätzung der Polizei sind die in den Rechnungen der Firma ... angegebenen Wohnadressen der jeweiligen Empfänger nicht mit den Örtlichkeiten der Packstationen stimmig. Kein Kunde würde eine mehrstündige Fahrzeit für den Empfang einer Bestellung akzeptieren. Für vier Kunden hätten Datensätze festgestellt werden können, die auf Computerbetrug mittels Ausspähens von Kreditkartendaten und Hackens von Packstationsdaten, Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten und andere Straftaten im Zeitraum von November und Dezember 2011 hinwiesen. Als Geschädigte werden in den Formularen teilweise die Emittenten der Kreditkarten, Privatpersonen oder die Firma ... bezeichnet.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2015 wurde streitig zur Sache verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, soweit der Kläger einen Herausgabeanspruch zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts geltend macht, im Übrigen unbegründet.

Im maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (OVG NW, B. v. 11. August 2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 26 f. m. w. N.; OVG Bremen, U. v. 24. Juni 2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 25 a.E.; vgl. auch BayVGH, B. v. 18. Oktober 2010 - 10 C 10.2104, 10 CS 110 CS 10.2099 - juris Rn. 22, B. v. 7. Dezember 2009 - 10 ZB 09.1354 - juris Rn. 15 u. U. v. 16. Januar 2001 - 24 B 99.1571 - juris Rn. 28) war der angefochtene Bescheid vom ... Juni 2013 rechtmäßig, so dass der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei der gegen die polizeiliche Sicherstellung statthaften Anfechtungsklage ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nach obergerichtlicher Rechtsprechung im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich (vgl. BVerwG, B. v. 4. Juli 2006 - 5 B 90/05 - juris Rn. 6). Nachdem Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG bei späterem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen einen eigenständigen Herausgabeanspruch normiert (vgl. Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 3. Aufl. 2014, Art. 28 PAG Rn. 10), besteht kein Bedürfnis, diesen Zeitpunkt auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu verlagern. In der Jahresmitte 2013 lagen die Voraussetzungen für die Sicherstellung noch vor, da hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Gegenstände ihrem Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer abhandengekommen waren. Somit kann der Kläger sein Herausgabebegehren nicht auf den Folgenbeseitigungsanspruch gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sondern nur auf den im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machenden Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG stützen (Schmidbauer/Steiner, a. a. O., Art. 28 PAG Rn. 10; vgl. auch BayVGH. U. v. 1. Dezember 2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 23).

1. Nach Art. 25 Nr. 2 PAG kann die Polizei eine Sache - hier sechzehn iPads und vier Mobiltelefone - sicherstellen, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Eigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt die Sache verliert. Davon durfte der Beklagte bei Sicherstellung der Gegenstände ausgehen. Die vom Kläger zur Herkunft der iPads gemachten Angaben waren unglaubhaft. Er hat gegenüber den Polizeibeamten im ...-bahnhof zunächst falsche Angaben darüber gemacht, was er mit sich führte, und dann behauptet, er habe die vierzehn mitgeführten iPads in einem Laden in ... gekauft, nachfolgend dem widersprechend, er habe sie von einem Bekannten gekauft. Weiter waren die Umstände, unter denen der Kläger die iPads erworben hat, dubios. Zunächst konnte er nicht den Namen des Verkäufers, angeblich eines Bekannten, nennen, dann behauptete er, dessen Vorname laute „...“, er habe ihn über eine Ebay-Kleinanzeige kennen gelernt, Belege über die Kontaktanbahnung gebe es nicht, „...“ telefoniere nur mit unterdrückter Nummer. Die Herkunft der originalverpackten iPads erklärte der Kläger nicht nachvollziehbar damit, dass „...“ „Verbindungen nach Kambodscha“ habe. Er erwarb sie zu einem äußerst niedrigen Preis. All dies hätte bereits das Misstrauen eines redlichen Erwerbers wecken müssen. Dessen ungeachtet ließ sich der Kläger keine Rechnung über das Geschäft ausstellen, sondern wickelte es anonym vor einem Pkw ab. Ferner gab er der Wahrheit zuwider an, in seiner Wohnung befänden sich keine weiteren originalverpackten iPads oder neuwertigen elektronischen Geräte, was durch die anschließende Wohnungsdurchsuchung widerlegt wurde. Aus den Umständen, insbesondere der großen Anzahl originalverpackter Geräte, der teils falschen, teils widersprüchlichen oder unglaubhaften Angaben des Klägers zur Herkunft der sichergestellten Gegenstände, ihres niedrigen Kaufpreises und der Häufigkeit, mit der der Kläger polizeilich bzw. strafrechtlich in Erscheinung getreten war sowie der einschlägigen Verurteilung vom ... November 2007 zu einer nicht unerheblichen Geldstrafe von 150 Tagessätzen, durfte ein verständiger Polizeibeamter schließen, dass die iPads deliktischer Herkunft waren und dem wahren Berechtigten im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB abhandengekommen waren, somit der Kläger nicht ihr rechtmäßiger Besitzer war, und dass es zu befürchten stand, dass die Gegenstände bei einem Nichteinschreiten der Polizei dem wahren Berechtigten dauerhaft entzogen würden. Damit war die für das Eigentum des Klägers sprechende Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB erschüttert (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB). Für die Widerlegung dieser gesetzlichen Vermutung reichen nach obergerichtlicher Rechtsprechung Indizien und Erfahrungssätze aus, sofern sie mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers weniger wahrscheinlich erscheinen lassen als das Eigentum eines Dritten oder die vom Besitzer behaupteten Erwerbstatsachen widerlegen (BGH, U. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - juris Rn. 16; BVerwG, U. v. 24. April 2002 - 8 C 9.01 - juris Rn. 15; OVG NW, U. v. 11. August 2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 29 ff.; BayVGH, B. v. 19. November 2010, a. a. O., Rn. 11). Da sich bis zum Erlass des Sicherstellungsbescheides nicht hatte ermitteln lassen, ob der Fa. ... oder sonstigen Personen ein Schaden entstanden ist, bestand die Sachlage bis zu diesem Zeitpunkt unverändert fort.

Ferner war die Eigentumsvermutung auch bezüglich der vier Mobiltelefone erschüttert. Ihre Anzahl sprach gegen die Deckung eines persönlichen Bedarfs. Weiter sind sie mit Ausnahme des Telefons der Marke Samsung von der Herstellerfirma anderen Inhabern zugeordnet worden. Der Kläger hat keinerlei Angaben zu ihrer Herkunft gemacht und keinen einzigen Beleg hierzu beigebracht, was im Hinblick auf die strafrechtlichen Ermittlungen wegen der iPads und den gegen ihn bestehenden dringenden Verdacht des Diebstahls bzw. der Hehlerei elektronischer Geräte angezeigt gewesen wäre. Bis zum Erlass des Sicherstellungsbescheides hat die Polizei in keinem Fall ermittelt können, dass und wie der Kläger in den Besitz der Telefone gelangt ist. Damit aber war das Eigentum Dritter wesentlich wahrscheinlicher als das seine.

Dass die auf Diebstahl bzw. Hehlerei hinweisenden Erkenntnisse sich nachträglich nicht erhärtet haben, sondern dass weitere Ermittlungen aktuell eine anderweitige deliktische Herkunft nahelegen (siehe dazu 2.) ist im Hinblick auf die konkrete Gefahrenlage im Sommer 2013 unschädlich.

2. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hat der Kläger allerdings gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG einen Anspruch darauf, dass ihm die sichergestellten Gegenstände herausgegeben werden. Nach dieser Bestimmung sind die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Letzteres ist der Fall.

Was die iPads anlangt, sind sie den nachträglichen Ermittlungsergebnissen zufolge der Lieferfirma ... GmbH nicht durch Diebstahl oder Unterschlagung im Sinne von § 935 BGB abhandengekommen, sondern aufgrund eines Computerbetrugs gem. § 263 a StGB freiwillig ausgeliefert worden. Da eine durch Betrug erwirkte Übergabe einer Sache den Eigentumsübergang in der Regel nicht ausschließt, ist die für den Kläger sprechende Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht hinreichend erschüttert. Die Ausnahmeregelung des § 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Vermutung nicht gegenüber einem früheren Besitzer, dem die Sache abhanden gekommen ist, gilt, greift nicht. Somit kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger aufgrund der Umstände beim Erwerb der vierzehn iPads insoweit als bösgläubig im Sinne von § 932 BGB anzusehen wäre und ggf. mit bedingtem Vorsatz (dazu BGH, B. v. 13. November 2012 - 3 StR 364/12 - juris Rn. 5) hinsichtlich einer - ihm jedoch nicht nachgewiesenen - Hehlerei gehandelt hätte.

Nach den jüngsten Ermittlungen stellt sich der Geschehensablauf so dar, dass der Fa. ..., einem Kreditkartenemittenten oder einer Privatperson ein Vermögenschaden dadurch entstanden ist, dass das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch die unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflusst worden ist (§ 263 a 3. oder 4. Alt. StGB). Die Auslieferung der iPads ist aufgrund Zahlung mittels ausgespähter Kreditkarten erwirkt worden, was je nach Einzelfall zu einem Vermögensschaden bei dem Kontoinhaber, dem Kreditkartenaussteller oder dem rückbelasteten Lieferanten führen kann. Die Geschädigten konnten nicht ermittelt werden, u. a. deshalb, weil die Fa. ... insolvenzbedingt polizeiliche Anfragen nicht beantwortet hat. Zur Verschleierung wurden die Geräte an fern vom Wohnort der Empfänger liegende Packstationen versandt.

Die Voraussetzungen für die Sicherstellung sind aber auch deshalb weggefallen, weil mittlerweile der Zeitablauf sowie der Umstand, dass keiner der ermittelten, durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützten potentiellen Berechtigten seine Rechte geltend gemacht hat, dafür sprechen, dass sie kein Interesse an der Wiedererlangung der Gegenstände haben oder dass ein anderweitiger Berechtigter endgültig nicht mehr zu ermitteln ist. In so einem Fall ist für die Aufrechterhaltung der Sicherstellung gem. Art. 25 Nr. 2 PAG kein Raum mehr. Denn die Polizei schützt nach Art. 2 Abs. 2 PAG Rechte Privater nur unter der Voraussetzung, dass gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. BayVGH, B. v. 17. März 2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Im Rahmen der Ermessensausübung ist der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten maßgebend (vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, Art. 25 Rn. 21). Ferner fehlt es an der Verhältnismäßigkeit. Nach Art. 4 Abs. 3 PAG ist eine Maßnahme nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.

Allein der zu vermutende deliktische Ursprung der Gegenstände reicht für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht aus. Ihre Rechtmäßigkeit wird zwar grundsätzlich nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolgt, noch unbekannt ist. Insoweit genügt, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht auszuschließen ist. In diesem Fall dient die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor dem Verlust seines Eigentums. Davon kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Firma, die die iPads ausgeliefert hat, hat ihr Eigentum freiwillig aufgegeben und mangels Schadens auch keine anderweitigen Ansprüche gegenüber dem Kläger. Ansprüche der Firma ... gegen den Kläger zeichnen sich aufgrund der vorhandenen Erkenntnisse ebenfalls nicht ansatzweise ab. Ein anderweitiger Berechtigter des Samsung Mobiltelefon war nicht zu ermitteln; die potentiellen Berechtigten an den iPhones haben ihre Berechtigung geleugnet oder kein Interesse an der Wiedererlangung des Telefons gezeigt.

Dem Herausgabebegehren lässt sich nicht entgegenhalten, dass im Rückschluss aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG davon auszugehen sei, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur an einen Berechtigten herausgegeben werden dürfe (vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, Art. 28 Rn. 3). Zunächst spricht wie dargelegt vieles dafür, dass der Kläger sachenrechtlich als Berechtigter anzusehen ist, auch wenn er die Gegenstände möglicherweise unmittelbar von einem Betrüger erworben hat. Ausreichende Indizien, die die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB widerlegen, sind aus heutiger Sicht gerade nicht vorhanden. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Satz geprägt hat, eine Herausgabe an den Dieb oder Hehler sei ausgeschlossen, ist er davon ausgegangen, dass - anders als hier - die Sache abhandengekommen oder der Besitz sonst unrechtmäßig ist (vgl. BayVGH, B. v. 19. November 2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20; ebenso Schmidbauer/Steiner, a. a. O., Art. 28 PAG Rn. 12, der Eigentum, rechtmäßigen Besitz oder ein sonstiges Recht an der Sache, wie z. B. ein Pfandrecht, voraussetzt). Hiervon ist ersichtlich auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - nicht entscheidungserheblich - in Bezug genommenen Beschluss vom 11. August 2010 (- 5 A 298/09 - juris Rn. 45) ausgegangen, in dem es ein derartiges Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich qualifiziert hat. Im Übrigen mag eine Rolle gespielt haben, dass in beiden Entscheidungen die Voraussetzungen für die Sicherstellung im Entscheidungszeitpunkt noch vorlagen. Nicht entschieden worden ist hingegen die Frage, wie es sich bei dem Herausgabeverlangen eines mutmaßlichen Hehlers handelt, wenn es sich bei der Vortat um einen Betrug oder eine sonstige Straftat handelt, die dem Eigentumserwerb des Hehlers nicht entgegensteht (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 259 Rn. 2).

Die Kammer ist der Auffassung, dass in solchen Fällen eine dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG nicht in Betracht kommt. Dies sowie die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat ist Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) und hat in §§ 73 ff. StGB eine abschließende Regelung gefunden (vgl. OVG Bremen, U. v. 24. Juni 2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 26; Anschluss VG München im U. v. 10. Dezember 2014 - M 7 K 12.4367 - unveröffentlicht). Der erweiterte Verfall (§ 73 d StGB) ermöglicht es dem Strafgericht, den Verfall für Gegenstände eines Täters anzuordnen, wenn Umstände die Annahme rechtfertigen, dass diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind (OVG Bremen, a. a. O.). Mit dem erweiterten Verfall werden präventive Ziele dahingehend verfolgt, dass verhindert werden soll, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (BVerfG, B. v. 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95 - juris Rn. 70). Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; dies soll durch die Gewinnabschöpfung verhindert werden (BVerfG, a. a. O. Rn. 70). Zugleich sollen Anreize für gewinnorientierte Delikte reduziert werden (BVerfG, a. a. O. Rn. 72 ff.). Neben den geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung ist eine präventivpolizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig (OVG Bremen, a. a. O. Rn. 46 m. w. N., u. a. auf BVerfG, U. v. 20. März 2002 - 2 BvR 794/95 - juris, das die Vorschriften über die Vermögensstrafe, die keinen Beweis für die deliktische Herkunft der betroffenen Vermögensgegenstände vorsahen, für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat).

Da die iPads und die Mobiltelefone beim Kläger sichergestellt worden sind und ein anderweitiger Berechtigter nicht ersichtlich ist, sind sie nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auch an ihn wieder herauszugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Unter Abänderung der Nr. III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Dezember 2013 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 88.325,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen bislang erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Polizeipräsidiums Schwaben Nord vom 12. August 2013 weiter. Mit diesem Bescheid stellte der Antragsgegner einen von der Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmten Betrag in Höhe von 176.650,-- Euro für den Fall der Aufhebung der Beschlagnahme sicher und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Sicherstellungsverfügung an.

Der am 30. April 1977 in Bardelow/Slowakei geborene Antragsteller wurde am 17. April 2012 im Fernzug Paris-München in Höhe Augsburg nach einer verdachtsunabhängigen Kontrolle festgenommen. Bei seiner Durchsuchung wurde ein Bargeldbetrag in Höhe von 176.650,-- Euro aufgefunden. Der Bargeldbetrag war in einem Stoffbeutel, der sich in einer kleinen Reisetasche befand, aufbewahrt. Diese Reisetasche hatte der Antragsteller erst am 17. April 2012 in Metz erworben.

Der Antragsteller gab zunächst an, dass er ca. 193.000 Euro bei sich führen würde, die er innerhalb von drei Wochen beim Pokerspiel in einem privaten chinesischen Casino in Paris gewonnen habe. Später gab er an, dass das Geld für eine Hüftoperation seiner Schwester bestimmt sei. Bei einer polizeilichen Vernehmung am 12. Juni 2012 gab er zur Herkunft des Geldes an, dass von dem aufgefundenen Geld 100.000 Euro ihm gehörten und er sich 80.000 Euro von Freunden geliehen habe. Mit diesem Geld habe er einen Lkw kaufen wollen. Einen Lkw-Führerschein habe er jedoch nicht. Bezüglich seiner Einkommensverhältnisse gab der Antragsteller an, dass er seit seinem 20. Lebensjahr zehn Jahre als Prostituierter in Frankreich, Holland und Italien gearbeitet habe. Anschließend habe er in Turin Werbung für Lokale gemacht, womit er 4.000,-- bis 4500,-- Euro im Monat verdient habe. Im März 2011 sei er nach Paris gereist. Dort habe er Immobilien vermittelt und ca. 3.000,-- Euro monatlich verdient.

Wegen des beim Antragsteller aufgefundenen Geldbetrags, der gemäß § 111c StPO beschlagnahmt worden war, leitete die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen den Antragsteller ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Diebstahl und eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz ein. Das Bargeld wurde auf ein Konto der Landesjustizkasse einbezahlt. Ein drug-wipe-Test auf Kokain verlief positiv. Das Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Augsburg mit Verfügung vom 18. Oktober 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Die Beschlagnahme des Bargeldes endete bereits am 9. September 2013. Am 11. September 2013 wurden von der Landesjustizkasse beim Amtsgericht Augsburg - Hinterlegungsstelle - 176.650,-- Euro zur Geldhinterlegung eingezahlt.

Mit Bescheid vom 12. August 2013 stellte der Antragsgegner die am 17. April 2012 beschlagnahmten Gelder in Höhe von 176.650,-- Euro im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gemäß Art. 25 Nr. 1 und 2 PAG sicher und nahm sie in öffentliche Verwahrung. Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung für den Fall der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft an. Rechtsgrundlage für die Anordnung der Sicherstellung seien Art. 25 Nr. 1 und Nr. 2 PAG. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde damit begründet, dass die Besorgnis bestehe, ein behördlicher Zugriff auf das sichergestellte Bargeld wäre im Fall einer Herausgabe an den Antragsteller nicht gewährleistet, da er das Geld unmittelbar nach der Freigabe an unbekannte Dritte weiterleiten würde.

Der Antragsteller erhob gegen den Bescheid vom 12. August 2013 Klage und beantragte zugleich, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Der Sachverhalt sei teilweise unzutreffend dargestellt. Angeblich sei ein drug-wipe-Test des Bargeldes auf Kokain positiv verlaufen. Tatsächlich sei jedoch am Geld kein Nachweis von Kokain geführt worden. Lediglich an den Händen des Antragstellers sei ein Nachweis von Opiaten gefunden worden. Die Geldstückelung sei nicht typisch für Drogengeschäfte. Die Beschuldigtenvernehmung am 12. Juni 2012 sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil dem Antragsteller vorenthalten worden sei, welcher Straftat er beschuldigt werde. Eine gegenwärtige Gefahr i. S. d. Art. 25 Nr. 1 PAG liege nicht vor. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass das Geld der Drogenbeschaffung dienen könne. Der Antragsteller sei niemals wegen Drogendelikten oder Kontakten ins Drogenmilieu in Erscheinung getreten. Die Staatsanwaltschaft Augsburg habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür ermitteln können, dass das Geld aus Diebstahls- oder Betäubungsmittelstraftaten stamme. Auch bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein rechtmäßiger Inhaber des Geldes vor Verlust oder Beschädigung zu schützen sei. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB sei nicht widerlegt. Soweit das Geld illegaler Herkunft sei, sei der Eigentümer des Geldes nicht schutzwürdig. Soweit der Bescheid unter Ziffer 2 ein Verfügungs- und Veräußerungsverbot anordne, fehle es an der rechtlichen Grundlage. Zudem werde übersehen, dass in der Zwischenzeit ein Arrestbeschluss über eine Forderung von 7.095,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 21. Januar 2012 vorliege. Unter dem Datum 31. Juli 2013 sei durch die Rechtsanwälte E. gegenüber der Staatsanwaltschaft Augsburg die Aufforderung zur Auszahlung eines Betrages von 9.1065,08 Euro ergangen. Auch dieser Betrag sei mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Antragsteller wäre deshalb mit weiteren Zinskosten belastet.

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2013 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab. Es ließ ausdrücklich offen, ob Buchgeld Gegenstand einer polizeirechtlichen Sicherstellungsanordnung nach Art. 25 PAG sein könne. Die Sicherstellung des Geldbetrags gemäß Art. 25 Nr. 1 PAG dürfte deshalb rechtswidrig sein, weil sich nach dem Inhalt der Behördenakte und der beigezogenen Strafakten im vorliegenden Fall eine derartige Wahrscheinlichkeit für den Eintritt der Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht ergebe. Der Antragsteller sei bisher nicht im Zusammenhang mit Drogendelikten aufgefallen. Auch aus der Stückelung der beim Antragsteller aufgefundenen Geldscheine könne ein Zusammenhang mit Drogendelikten nicht nachvollzogen werden. Auch im Fall des Art. 25 Nr. 2 PAG komme es entscheidend darauf an, ob nach der Einzahlung der Geldscheine auf das Verwahrkonto der Justizkasse überhaupt noch eine polizeiliche Sicherstellungsanordnung nach dieser Bestimmung ergehen könne. Für den Fall der analogen Anwendung des Art. 25 PAG auf die vorliegende Konstellation sei allerdings davon auszugehen, dass die vom Antragsteller geltend gemachte Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB mit der notwendigen Überzeugungssicherheit widerlegt sei. Insgesamt sei damit die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung des Geldes als offen anzusehen. Die dingliche Sicherungsanordnung des Haftpflicht- bzw. Kaskoversicherers gegenüber dem Antragsteller begründe kein überwiegendes Interesse an der Aussetzung der Vollziehbarkeit der Sicherstellungsanordnung. Die Staatsanwaltschaft Augsburg habe nämlich gegenüber der Versicherung eine Drittschuldnererklärung abgegeben, so dass eine Auszahlung des gepfändeten Betrages möglich sei. Da in der Hauptsache mit einer Entscheidung innerhalb eines kurzen Zeitraums gerechnet werden könne, bestehe ebenfalls kein überwiegendes Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung der Sicherstellungsanordnung abzusehen. Es drohe dem Antragsteller kein nicht mehr rückgängig zu machender Rechtsverlust.

Am 28. Dezember 2013 erhob der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Dezember 2013, ihm zugestellt am 16. Dezember 2013, mit dem Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 20. August 2013 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12. August 2013 wiederherzustellen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass für eine Anordnung der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 1 PAG keine ausreichende Tatsachenbasis gegeben sei. Es bestehe jedoch auch kein Anlass, den Geldbetrag nach Art. 25 Nr. 2 PAG sicherzustellen. Es sei nicht erkennbar, dass Personen existierten, welche Eigentums- oder Besitzansprüche für den Geldbetrag erheben würden oder könnten. Der Antragsteller sei zwar strafrechtlich in Erscheinung getreten. Eine Straftat, aus welcher das sichergestellte Geld stammen könnte, sei jedoch nicht bekannt, obwohl die Staatsanwaltschaft Augsburg seit dem 20. April 2012 wegen Diebstahls ermittelt habe. Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, da sich keinerlei Anhaltspunkte für ein Eigentumsdelikt ergeben hätten. Das Verfahren in Luxemburg beziehe sich auf einen Diebstahl von Schmuck und weiteren Wertgegenständen. Der Wert der in diesem Haftbefehl aufgeführten Gegenstände erreiche keinesfalls die Größenordnung des sichergestellten Geldbetrages. Weder im angegriffenen Bescheid noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren habe der Antragsgegner vorgetragen, wer als Eigentümer bzw. Empfangsberechtigter in Frage kommen solle. Faktisch würde die polizeiliche Beschlagnahme auf Dauer wirken, ohne dass das Geld an einen anderen ausbezahlt würde. Auch wenn der Antragsteller bezüglich der Herkunft des Geldes unterschiedliche, sich widersprechende Angaben gemacht habe, sei die Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB nicht widerlegt. Eine Individualisierung von Banknoten sei nicht möglich, die Herkunft von Banknoten lasse sich üblicherweise nicht nachvollziehen. Ein bloßer Verdacht oder nicht vollständig ausgeräumte Bedenken, Unklarheiten, Ungereimtheiten reichten bei Geldbeträgen regelmäßig gerade nicht aus, die Vermutung des § 1006 BGB zu widerlegen. Inwieweit aufgrund der Hinterlegung des Geldbetrages beim Amtsgericht - Hinterlegungsstelle - ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug fortbestehe, sei nicht ersichtlich. Zwischenzeitlich sei der Antragsgegner einer der Empfangsberechtigten des Hinterlegungsverfahrens.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die im Bescheid des Polizeipräsidiums vom 12. August 2013 angeordnete Sicherstellung finde bereits in Art. 25 Nr. 1 PAG eine tragfähige Rechtsgrundlage. Vorliegend bestünden ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Sicherstellung des Geldes erforderlich gewesen sei, um eine gegenwärtige Gefahr durch die zu erwartende Verwendung des Geldes zur Vorbereitung oder Begehung von Straftaten zu verhindern. Die Sicherstellung finde auch in Art. 25 Nr. 2 PAG eine tragfähige Rechtsgrundlage. Bei der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei dabei nicht erforderlich, dass der tatsächliche Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber bereits bekannt sei. Die Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG diene gerade dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB sei mit der notwendigen Überzeugungssicherheit widerlegt. Es genüge, dass konkrete und belegbare Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Antragsteller nicht rechtmäßiger Besitzer oder gar Eigentümer des bei ihm aufgefundenen Geldbetrages sei. Soweit der Antragsteller vorbringe, die Anordnung eines Verfügungsverbotes widerspreche der Annahme, er sei nicht Eigentümer des Geldes und somit der Sicherstellung, überzeuge dies nicht. Anders als bei der strafprozessualen Beschlagnahme, für die § 111c Abs. 5 StPO ausdrücklich deren Wirkung als Verfügungs- und Veräußerungsverbot regle, fehle eine entsprechende ausdrückliche Regelung in Art. 25 PAG. Dies hindere jedoch nicht deren Anordnung auf der Grundlage von Art. 11 PAG. Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 1 und 2 PAG werde vorliegend auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass das von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Bargeld nach Einzahlung auf ein Verwahrkonto bzw. Hinterlegung oder Transferierung an die Staatsoberkasse Bayern nur noch als Buchgeld vorliege. Insoweit werde auf die Ausführungen des OVG Lüneburg zum inhaltsgleichen § 26 NdsSOG verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12. August 2013 zu Recht abgelehnt. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine Abänderung der Entscheidung. Denn der Antragsteller setzt sich mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Erfolgsaussichten der Klage als offen zu beurteilen seien und das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Herausgabe des sichergestellten Geldbetrages überwiege, nicht hinreichend auseinander (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Zunächst ist das Erstgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Sicherstellungsanordnung als offen anzusehen sind. Dies hat es zutreffend damit begründet, dass die Rechtsfrage, ob Buchgeld überhaupt Gegenstand einer Sicherstellungsanordnung sein kann, noch nicht abschließend geklärt sei. Die Sicherstellung i. S. d. Art. 25 PAG ist die Begründung eines öffentlich-rechtlichen Verwahrverhältnisses durch Sicherstellungsanordnung und deren Vollzug durch Realakt. Gegenstand einer Sicherstellung kann nur eine Sache sein. Grundsätzlich ist daher auch die Sicherstellung von Bargeld auf Grundlage dieser Befugnisnorm des Polizeiaufgabengesetzes möglich (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 3. Aufl. 2011, Art. 25 Rn. 49 ff.; Söllner, Bargeld im Sicherheitsrecht, NJW 2009, 3339 ff.; Hunsicker, Präventive Gewinnabschöpfung, StV 2010, 212; Barthel, Präventive Gewinnabschöpfung als neue Aufgabe der kommunalen Ordnungsbehörden, KommJur 2009, 81 (83); BayVGH, U. v. 1.12.2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 27). Wie genau der Sachbegriff im Polizeirecht zu verstehen ist (vgl. Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz, 20. Aufl. 2010, Vorbem. Art. 25-28 Rn. 9) und ob eine analoge Anwendung des Art. 25 PAG über die präventive Sicherstellung auf Buchgeld zulässig ist, bedarf angesichts der verschiedenen hierzu vertretenen Rechtsauffassungen der Klärung im Hauptsacheverfahren (vgl. zum Meinungsstand: NdsOVG, U.v. 7.3.2013 - 11 LB 438/10 - juris Rn. 31und B.v. 21.11.2013 - LA 135/13 - BeckRS 2013, 58805; Söllner, Bargeld im Sicherheitsrecht, NJW 2009, 3339 (3341) und Anmerkung zum Urteil des NdsOVG vom 7.3.2013, DVBl 2013, 598). Das Beschwerdevorbringen geht auf diese die Entscheidung tragende Argumentation des Erstgerichts nicht ein.

Soweit der Antragsteller in der Beschwerdebegründung rügt, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen habe, die Sicherstellungsanordnung finde ihre Rechtsgrundlage in Art. 25 Nr. 2 PAG, verhilft dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach Auffassung des Senats stellen sich auch insoweit die Erfolgsaussichten der Klage als offen dar.

Nach Art. 25 Nr. 2 PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um den Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen. Da die Norm auf den Schutz privater Rechte abzielt, müssen zunächst die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 PAG vorliegen (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 3. Aufl. 2011, Art. 25 Rn. 21; BayVGH, U.v. 1.12.2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 25). Die Rechtmäßigkeit der Sicherstellung wird grundsätzlich aber nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolgt, noch unbekannt ist. Es genügt, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers der sichergestellten Sache nicht auszuschließen ist. Die Sicherstellung dient insoweit dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor Verlust seines Eigentums (OVG NRW, B.v. 11.8.2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 38; BayVGH, B.v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 15). Ob dies auch dann noch gilt, wenn schon im Zeitpunkt der Sicherstellung nicht mehr damit gerechnet werden kann, den wahren Berechtigten zu ermitteln, erscheint bei einem Eingriff, der private Rechte Dritter sichern will, zumindest zweifelhaft (BayVGH, B.v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011u. a. - juris Rn. 15). Vorliegend bestehen aber bei summarischer Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass schon bei Erlass der Sicherstellungsanordnung feststand, der/die Eigentümer des sichergestellten Geldes könnten nicht mehr ermittelt werden. Auch wenn das Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls gegen den Antragsteller eingestellt wurde, bedeutet dies nicht, dass nicht doch noch in einem angemessenen zeitlichen Rahmen der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber des Geldes ausfindig gemacht werden könnte.

Offen sind die Erfolgsaussichten der Klage auch bezüglich der Frage, ob zugunsten des Antragstellers nicht doch die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB greift. Eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG ist nur möglich, wenn derjenige, bei dem die Sache sichergestellt werden soll, weder Eigentümer noch zum Besitz berechtigt ist. Gemäß § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache ist. Diese gesetzliche Vermutung kann widerlegt werden, allerdings nur durch den Beweis des Gegenteils zur vollen Überzeugung des Gerichts. Nach der Rechtsprechung des Senats reicht es aus, die gesetzliche Eigentumsvermutung mit Hilfe von Indizien und Erfahrungstatsachen zu widerlegen, wenn diese mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers weniger wahrscheinlich sein lassen als das Eigentum eines Dritten (BayVGH, U.v 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 11 m.w.N). Allerdings ist die Widerlegung der Vermutung des § 1006 BGB in den Fällen, in denen es um Banknoten geht, schwerer möglich, als dies bei anderen beweglichen Sachen der Fall ist (BayVGH, U.v. 1.12.2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 32).

Die Anordnung eines Veräußerungsverbots nach Art. 11 PAG sagt - anders als der Antragsteller meint - nichts über die Eigentümerstellung des Antragstellers an den beschlagnahmten Banknoten aus. Fraglich ist insoweit allenfalls, ob neben der Anordnung der Sicherstellung die Anordnung eines Veräußerungsverbots überhaupt erforderlich ist, weil der Geldbetrag mit der Sicherstellung zunächst der Verfügungsgewalt des unmittelbaren Besitzers ohnehin entzogen ist. Eine Verfügungssperre wird in der Regel - anstelle der Sicherstellung - nur bei nicht körperlichen Gegenständen angeordnet (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 3. Aufl. 2011, Art. 25 Rn. 49). Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der sich widersprechenden Angaben des Antragstellers zur Herkunft des Geldes und der Umstände des Transportes zu Recht davon ausgegangen, dass gewichtige Indizien gegen eine Eigentümerstellung des Antragstellers sprechen. Die Behauptung des Antragstellers, er habe 100.000,-- Euro gespart und sich 80.000,-- Euro ausgeliehen, um einen LKW zu kaufen, ist angesichts seines bisherigen Lebenslaufs, seines monatlichen Einkommens und seiner Angaben im Ermittlungsverfahren vor dem Amtsgericht Rosenheim unglaubwürdig. Die Aussage des Antragstellers, er habe das Geld in einem privaten chinesischen Kasino in Paris gewonnen, ist schon deshalb nicht plausibel, weil sich auch insoweit eine Reihe von Ungereimtheiten ergeben. Zunächst konnte der Antragsteller die Höhe des Geldbetrags, den er mit sich führte, nicht annähernd beziffern. Er nannte einen Betrag von 193.000,-- Euro, während tatsächlich nur 176.650,-- Euro beschlagnahmt wurden. Zudem hat er die Reisetasche, in der er die Banknoten transportierte, erst in Metz kurz vor Abfahrt des Zuges erworben. Bei dieser Sachlage spricht einiges für die Annahme des Antragsgegners, dass der Antragsteller nur Überbringer des Geldes war. Woher aber dieses Geld letztlich stammt und wie die Eigentums- und Besitzverhältnisse dann zu beurteilen sind, lässt sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mit der hinreichenden Sicherheit bewerten.

Erweist sich demnach die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren seien offen, auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens als zutreffend, so ist auch das Ergebnis der Interessenabwägung, wonach kein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollzugsanordnung des Antragsgegners bestehe, nicht zu beanstanden. Maßstab ist hierbei die Gewichtigkeit der dem Antragsteller auferlegten Belastung und die Unabänderlichkeit der Maßnahme. Das Verwaltungsgericht hat insoweit darauf abgestellt, dass dem Kläger durch die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs kein Schaden drohe, weil bei einem Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache das Bargeld bzw. das dafür erlangte Surrogat an ihn herausgegeben werden müsste. Eine etwaige zeitliche Verzögerung stellte keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil dar. In seinem Beschwerdevorbringen hat sich der Antragsteller mit diesen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht auseinandergesetzt.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47, § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 GKG).

Tenor

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird geändert, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Unter Einbeziehung des unanfechtbar gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Urteils erster Instanz wird die Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst:

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.